8464/J XXVII. GP

Eingelangt am 04.11.2021
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Anfrage

des Abgeordneten Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

an die Frau Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

 

betreffend Bringt der Green Deal Verluste für die Bauern und wenig für die Umwelt?

 

In der Beantwortung der Anfrage 7713/J wurde auf die Zuständigkeit des Landwirtschaftsministeriums beim Green Deal hingewiesen, aber auch eine allgemeine Stellungnahme abgegeben:

„Seitens meines Ressorts wird festgehalten, dass es mit der Umsetzung der Ziele des Europäischen „Green Deal“ in Österreich nicht zu einer Verschlechterung in der österreichischen Landwirtschaft kommen muss. Zudem ist die Landwirtschaft eine der Hauptbetroffenen der Klimakrise. Durch einen gut aufgestellten nationalen GAP-Strategieplan, der die kleinstrukturierte und klimaresiliente Landwirtschaft unterstützt, durch eine kluge Ausgestaltung des ÖPUL und anderer Programme im Rahmen der Ländlichen Entwicklung können vielen Chancen, die sich bieten, ergriffen werden. Die österreichische Landwirtschaft hat schon bisher bewiesen, dass sie umweltbewusst produzieren kann.“

 

Ganz anders sehen es viele Betroffene aber auch die Folgenabschätzungen der EU:[1]

 

Green Deal: Verluste für die Bauern, höhere Preise für die Konsumenten

 

Der Green Deal der EU Kommission hat „blinde Flecken“ und verfehlt seine Zielsetzungen, zu diesem Fazit kommen sämtliche bisher vorliegenden Folgenabschätzungen. Laut Christian Stockmar, Obmann der IndustrieGruppe Pflanzenschutz (IGP), liegen nun bereits fünf Folgenabschätzungen zum Green Deal am Tisch, die mit unterschiedlichen Methoden, Schwerpunkten und Szenarien allesamt zum selben Ergebnis kommen: Die Farm to Fork- und Biodiversitätsstrategie können in der aktuellen Ausgestaltung ihre ambitionierten Ziele nicht erreichen.

 

Erhebliche Kostensteigerungen, höhere Verbraucherpreise

 

Stattdessen drohen Ertragsverluste in der Landwirtschaft, rückläufige bäuerliche Einkommen, erhebliche Kosten für die EU-Landwirte und höhere Verbraucherpreise. Beispielsweise hat der europäische Verband der Hersteller von Pflanzenschutzmitteln, Croplife Europe, am 12. Oktober 2021 gemeinsam mit Vertretern weiterer Interessengruppen der Lebensmittelversorgungskette eine Folgenabschätzung der Universität Wageningen zum Green Deal präsentiert. Das Ergebnis: Sollten die Ziele der Farm to Fork- und der Biodiversitätsstrategie in der aktuellen Form umgesetzt werden, würde die landwirtschaftliche Produktion um durchschnittlich 10 bis 20 Prozent und bei einigen Kulturen sogar um bis zu 30 Prozent sinken. Eine gemeinsame Erklärung zur Folgenabschätzung haben insgesamt 27 Verbände unterzeichnet.

 

Die EU-Kommission muss ihren Vorschlag überarbeiten 

 

Stockmar: „Die EU-Kommission ist gefordert, nachteilige Effekte durch den Green Deal zu verhindern. Sie sollte lösungsorientierte Strategien entwickeln.“ Nur damit könne eine nachhaltige Transformation der europäischen Landwirtschaft gelingen.

 

Stockmar verweist zudem auf einen „blinden Fleck“ im Green Deal: „Es fehlt die Antwort auf die Frage, wie die Ziele erreicht werden sollen.“ Die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln forcieren einen verstärkten Einsatz von Farm-Management- und digitalen Systemen sowie einen verstärkten Wissenstransfer zwischen Forschung, Beratung, Landwirt und der Gesellschaft. In digitale Lösungen und Biologicals investiert die Pflanzenschutz-Branche bis 2030 insgesamt 14 Milliarden Euro.

 

Die Folgenabschätzungen im Überblick:

 

# Eine Studie des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums beziffert das zu erwartende Minus in der landwirtschaftlichen Produktion in Europa mit 7 bis 12 Prozent. Die Verbraucher spüren dies durch höhere Preise. Link zur USDA-Studie: Economic and Food Security Impacts of EU Farm to Fork Strategy | USDA

 

# Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) nennen den Green Deal in der Zeitschrift Nature „einen schlechten Deal für den Planeten“. Der Import von Agrargütern in die EU wird ansteigen, wodurch die EU ihre Umweltschäden auslagert. Green Deal: Gut für ein klimaneutrales Europa, schlechter für den Planeten

 

# Eine Folgenabschätzung der Universität Kiel ergibt einen erheblichen Rückgang der Produktion in Europa. Bei Getreide und Ölsaaten beträgt die Reduktion rund 20 Prozent. In der Folge steigen die Importe sowie die Preise für Obst und Gemüse, Ölsaaten und Getreide zwischen 10 und 20 Prozent. Link zur Kiel-Studie: Farm_to_fork_Studie_Executive_Summary_DE.pdf (grain-club.de)

 

# Das Joint Research Centre der EU-Kommission attestiert den Strategien, dass sie die formulierten Ziele nicht erreichen und zahlreiche negative Effekte verursachen. Einer Reduktion der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft um knapp 30 Prozent steht ein Produktionsrückgang von 15 Prozent bei Getreide und Ölsaaten gegenüber, weshalb etwa die Getreidepreise um 8 Prozent steigen. Durch die sinkende Produktion werden zudem klimaschädliche Emissionen in Drittländer verlagert. Link zur JRC-Studie: JRC Publications Repository – Modelling environmental and climate ambition in the agricultural sector with the CAPRI model (europa.eu)

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie beurteilen Sie die Folgenabschätzungen der EU zum Green Deal?

2.    Wir es nachhaltig zu Verlusten für die Bäuerinnen und Bauern kommen?

a.    Falls ja, wie sollen die Bäuerinnen und Bauern konkurrenzfähig bleiben?

b.    Falls nein, wie begründen Sie Ihre Stellungnahme?

3.    Wie genau sollen die ambitionierten Ziele des Green Deals erreicht werden und gleichzeitig „kleinstrukturierte und klimaresiliente Landwirtschaft“ erhalten bleiben?

4.    Eine Studie des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums beziffert das zu erwartende Minus in der landwirtschaftlichen Produktion in Europa mit 7 bis 12 Prozent, die Nachfrage wird dann durch Importe gedeckt, wie umweltfreundlich wäre diese Entwicklung?

5.    Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) nennen den Green Deal in der Zeitschrift Nature „einen schlechten Deal für den Planeten“, wie gut oder schlecht ist der Green Deal für unseren Planeten?

6.    Durch die sinkende Produktion werden klimaschädliche Emissionen in Drittländer verlagert, wie ist dies in Hinblick auf Umwelt und Klima zu beurteilen?

7.    Wie beurteilt das Bundesministerium den Einfluss des Green Deals auf das Klima der Welt?

8.    Wie beurteilt das Bundesministerium den Einfluss des Green Deals auf die Emissionen weltweit?



[1] Bauernzeitung, „Green Deal: Verluste für die Bauern, höhere Preise für die Konsumenten“, gefunden am 14.10.2021