Eingelangt am 04.11.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Martina Künsberg
Sarre, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für
Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Umsetzung der
15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik 2018-2022
Im Bereich der Elementarbildung und
Kinderbetreuung bildet seit 1. September 2018 die "Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und
den Ländern über die Elementarpädagogik für die
Kindergartenjahre 2018/19 bis 2021/22" eine wichtige Grundlage für
die Weiterentwicklung dieses Abschnitts der Bildungslaufbahn junger Menschen.
Da sich die Laufzeit der Vereinbarung dem Ende zuneigt und bis dahin eine
Folgevereinbarung verhandelt werden soll, möchten die unterfertigten
Abgeordneten Informationen zum Umsetzungsstand erfragen.
Die Ziele der
gegenständlichen 15a-Vereinbarung waren:
- Stärkung der Rolle der Einrichtungen
als erste Bildungsinstitution
- Ganzheitliche Förderung nach einem
länderübergreifenden Bildungsrahmenplan
- Verbesserung des Übergangsmanagements
zur Volksschule
- Bildung und Erziehung der Kinder nach bundesweit
abgestimmten, empirisch belegten pädagogischen Konzepten
- Verbesserung der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf
- Vermittlung der grundlegenden Werte
der österreichischen Gesellschaft
Dazu sollten laut Abschnitt I der Vereinbarung
umgesetzt werden:
- Förderung des Entwicklungsstandes und der Kenntnis der Bildungssprache Deutsch
- Ganztägige und ganzjährige
Betreuungsangebote im Sinne des Barcelona-Ziels
der EU
- Kostenloses letztes Kindergartenjahr vor Beginn der Schulpflicht
- Bundesweiter Werte- und
Orientierungsleitfaden
- Stärkung der naturwissenschaftlich-technischen
Vorläuferfähigkeiten und des kreativen,
emotionalen, psychosozialen und physischen Entwicklungsstandes der
Kinder
In Abschnitt II wurden die Maßnahmen
näher aufgeschlüsselt.
Der Bund trägt gemäß Abschnitt
III die Verantwortung für die Bereitstellung
- der pädagogischen Grundlagendokumente,
- des Zweckzuschusses,
- der Dokumentationsinstrumente zum kindlichen
Entwicklungsstand und
- der Verfahren der
Sprachstandsfeststellung.
Da drei der vier von der 15a-Vereinbarung
umfassten Kindergartenjahre bereits abgeschlossen sind, wäre zu erwarten,
dass die vereinbarten Maßnahmen gesetzt wurden, die angestrebten Ziele in
Reichweite sind und der Zweckzuschuss des Bundes somit seinen Zweck
erfüllt. In Artikel 19 der Vereinbarung sind Nachweispflichten der
Länder festgehalten, aufgrund derer dem BMBWF b entsprechende
Informationen vorliegen sollten.
Falls die Ziele noch nicht erreicht wurden,
stellt sich die Frage, ob es an der Umsetzung liegt oder ob die Höhe
des Zweckzuschusses des Bundes und der Kofinanzierung der Länder
unzureichend ist, um die genannten Ziele erreichen zu können.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
- Zur Höhe und Ausschöpfung des
Zweckzuschusses des Bundes:
- Welches Budget war 2018, 2019, 2020, 2021
(und, falls bereits bekannt, 2022) für den Zweckzuschuss vonseiten
des Bundes vorgesehen?
- In welchem Ausmaß (absolut und
prozentuell) wurde dieses Budget von den Ländern in den jeweiligen
Jahren abgerufen?
- Sofern es nicht zur Gänze abgerufen
wurde: In welchem Ausmaß (absolut und prozentuell) haben die
einzelnen Bundesländer den ihnen zugeteilten Anteil am Zweckzuschuss
in den jeweiligen Jahren abgerufen?
- Sofern es nicht zur Gänze abgerufen
wurde: Welche Gründe dafür konnte das BMBWF in Erfahrung
bringen und welche Schlüsse ergeben sich daraus ggf. für die
Neuverhandlung der 15a-Vereinbarung?
- Konnte ggf. von einem Bundesland nicht
abgerufenes Budget stattdessen von anderen Bundesländern abgerufen
werden? Wenn nein: Warum nicht, und ist dies zukünftig geplant?
- Gemäß Artikel 14 war vorgesehen,
das der Bundeszuschuss zu mindestens 65 Prozent für den Ausbau des
Bildungs- und Betreuungsangebots und zu mindestens 25 Prozent für
die frühe sprachliche Förderung verwendet wird. Wurde dies
eingehalten? Ist zukünftig geplant, die Aufteilung flexibler zu
gestalten, um den unterschiedlichen Herausforderungen im
großstädtischen und im ländlichen Raum gerecht zu werden?
- In Artikel 14 wurde weiters vereinbart,
dass die Länder je Kindergartenjahr Finanzmittel in der Höhe
von 52,5% des Zweckzuschusses des Bundes zur Verfügung stellen,
mit Ausnahme der Mittel für die Besuchspflicht gemäß
Art. 5. Bitte um Auflistung der geleisteten
Kofinazierungsbeiträge nach Bundesländern und Jahren.
- Zur frühen sprachlichen
Förderung: In Artikel 4, Punkt 1. der Vereinbarung war
vorgesehen, dass frühe sprachliche Förderung in den
letzten beiden Jahren vor Schuleintritt systematisch durchgeführt und
besser mit der Schnittstelle zur Schule abgestimmt wird.
- Zur Feststellung des Förderbedarfs des
jeweiligen Kindes wurde das Beobachtungsinstrument BESK eingeführt.
i. Wurden vonseiten des Bundes Ressourcen zur Verfügung gestellt, um
das Personal für diese diagnostische Tätigkeit auszubilden? Wenn ja,
welche und in welchem Ausmaß?
ii. Wurden vonseiten der Länder Ressourcen zur Verfügung
gestellt, um das Personal für diese diagnostische Tätigkeit
auszubilden? Wenn ja, welche und in welchem Ausmaß?
- Welche Sprachfördermaßnahmen
wurden gesetzt, wenn mittels BESK ein Förderbedarf erkannt
wurde?
i. Welche Maßnahmen waren mit den bestehenden Personalressourcen in
den bestehenden großen Gruppen möglich?
ii. Für welche Maßnahmen wurden einrichtungsinterne
Personalressourcen aufgestockt, etwa für Fördermaßnahmen in
Einzel- oder Kleingruppensettings?
iii. Für welche Maßnahmen wurden externe Personalressourcen
(z.B. mobile Sprachförderkräfte) geschaffen oder aufgestockt?
- Wurde im Sinne einer Best Practice Erhebung
evaluiert, welches der unterschiedlichen Sprachfördermodelle der
Bundesländer (interne Sprachförderkräfte, externe
Sprachförderkräfte, Mischformen, etc.) die beste Wirkung
entfaltet? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
- Wurde die Schnittstelle zur Schule in
Sachen Sprachförderung tatsächlich verbessert? Wenn ja,
inwiefern?
i. Wurden die Anforderungen und Erhebungsmethoden von BESK (Kindergarten)
und MIKA-D (Schule) aufeinander abgestimmt? Wenn nein, ist
dies zukünftig geplant?
ii. Wurden Kindergartenpädagog_innen und Volksschullehrer_innen
hinsichtlich der Anforderungen und Erhebungsmethoden der jeweils anderen
Sprachstandserhebung geschult, um das gegenseitige Verständnis
zu verbessern und Fördermaßnahmen auf einander abzustimmen?
Wenn nein, ist dies zukünftig geplant?
iii. Wurden andere Maßnahmen zur Schnittstellenoptimierung gesetzt?
Wenn ja, welche?
iv. Ist zukünftig geplant, für die Einstufung der Kenntnis
der Unterrichtssprache ergänzend zum punktuellen MIKA-D auch die auf
Langzeitbeobachtung des Kindes basierende Einschätzung durch
die Kindergartenpädagog_innen heranzuziehen?
- Wurde der unter Artikel 15 (2) 2. genannte
Zielzustand erreicht, dass sich die Anzahl der
außerordentlichen Schülerinnen und Schüler in der ersten
Schulstufe pro Bundesland um mindestens 20 Prozent reduziert? Bitte um
Auflistung der erreichten prozentuellen Reduktion für die
einzelnen Bundesländer.
- Zum Ausbau der Bildungs- und
Betreuungsangebote: In Artikel 15 (1) waren Zielzustände
genannt.
- Wurde die Betreuungsquote für unter
Dreijährige pro Bundesland und Jahr um 1 Prozentpunkt angehoben?
Welche Bundesländer haben dieses Ziel erreicht, welche nicht?
- Wurde der Anteil der drei- bis
sechsjährigen Kinder, die elementare Bildungseinrichtungen besuchen,
die den VIF-Kriterien entsprechen, bis zum Kindergartenjahr 2021/22 um 6
Prozentpunkte erhöht?
- Zur widmungsgemäßen Verwendung
des Zweckzuschusses:
- In Artikel 19 (5) ist festgelegt, dass die
Länder die Träger der elementaren
Bildungseinrichtungen prüfen und "im Anlassfall dem
Bund über das Prüfergebnis berichten". Wie oft gab es
solche Anlassfälle? Welche Anlassfälle (oder
ggf. Kategorien von Anlassfällen) waren das?
- Ist für den Bund trotz dieser
"anlassbezogenen" Berichterstattung kontinuierlich
nachvollziehbar, wie die Zuschüsse von den einzelnen Gemeinden und
sonstigen Trägerorganisationen verwendet werden?
- Gemäß Artikel 19 (6)
behält sich das BMBWF das Recht vor, während des Kindergartenjahres
unangekündigte Hospitationen durchzuführen und selbst
Einsichtnahmen in die Abrechnungen gemäß Artikel 17 zu nehmen.
Wie viele dieser Hospitationen und Einsichtnahmen wurden
durchgeführt, und mit welchem Ergebnis?
- Anlässlich des Rechnungshofberichts „Frühe
sprachliche Förderung in Kindergärten“ vom 28. Mai 2021
wurde in einer Aussendung festgehalten: "Der Rechnungshof weist
weiters darauf hin, dass das Land Niederösterreich die
Zweckzuschüsse für bereits bestehende Maßnahmen
verwendete. Somit finanzierte Niederösterreich schon bestehende
Ausgaben zum Teil mit Bundesmitteln." Wurden seitens des BMBWF
Überlegungen angestellt, diese "fehlgeleiteten"
Zweckzuschüsse zurückzufordern und/oder solche
Vorgangsweisen zukünftig zu unterbinden?
- Der Rechnungshof hielt weiters fest:
"Nach Ansicht der Prüferinnen und Prüfer sollten die
Zweckzuschüsse des Bundes jedenfalls den Effekt von messbaren
Qualitätssteigerungen haben und nicht bestehende
Finanzierungsverpflichtungen ersetzen. Der Rechnungshof empfiehlt daher
dem Bildungsministerium, zukünftige Zweckzuschüsse für die
frühe sprachliche Förderung an die Bedingung einer messbaren
Qualitätssteigerung zu knüpfen." Gibt es bereits
Vorschläge des BMBWF, welche Kriterien dafür zukünftig
herangezogen werden und wie sie gemessen werden sollen?
- Zum Thema Qualitätssteigerung und
Verbesserung der Rahmenbedingungen: Neben dem quantitativen
Ausbau der Bildungs- und Betreuungsangebote ist vor allem deren
qualitative Verbesserung die zentrale Herausforderung im Bereich der
Elementarpädagogik in Österreich. Österreich hat etwa im
internationalen Vergleich großen Aufholbedarf beim der
Kinderhöchstzahl pro Gruppe, bei der Fachkraft-Kind-Relation und
anderen Qualitätskriterien. Die aktuelle 15a-Vereinbarung
trägt kaum dazu bei, diese Verbesserungen, die schrittweise
über einen langen Zeitraum erfolgen müssen, in die Wege zu
leiten. Gibt es in Vorbereitung der nächsten 15a-Vereinbarung
Vorschläge des BMBWF, wie die kindbezogene Qualität der
elementaren Bildung und die Arbeitsbedingungen der Pädagog_innen
zukünftig verbessert werden sollen, etwa in Form
- bundesweiter Qualitätskriterien und
Qualitätsziele,
- eines Stufenplans für mehr
Fachpersonal pro Gruppe oder
- eines Stufenplans für weniger Kinder
pro Gruppe,
- eines Mindestausmaßes des
Arbeitszeitanteils der Pädagog_innen für mittelbare
pädagogische Arbeit (Vorbereitungszeit, Elterngespräche,
Teambesprechungen usw.),
- einer bundesweiten Vereinheitlichung und
schrittweise Verbesserung der Ausbildung der Assistenzkräfte,
- der forcierten tertiären Ausbildung
der Pädagog_innen, im ersten Schritt v.a. der
Kindergarten-Leiter_innen,
- dem Einsatz multiprofessioneller Teams zur
Unterstützung der Pädagog_innen?
Bitte um Bereitstellung entsprechender Vorschläge oder Konzepte des
BMBWF, sofern vorhanden.