8519/J XXVII. GP

Eingelangt am 12.11.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

 

betreffend Weidezone Tirol – Rechtliche Überlegungen zu einer möglichen Konstituierung

 

 

Am 5. Juli 2021 berichteten mehrere Medien über eine hitzige „Wolfsdiskussion“ im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Sölden. Im Vorfeld der Debatte wurde die aktuelle Rechtslage anhand von Gerichtsurteilen (EuGH und LVwG Salzburg) und Rechtsnormen (Habitatrichtlinie der Europäischen Union; Tiroler Jagdgesetz) vorgestellt und ein möglicher Weg zur Schaffung einer „Weidezone Tirol“ aufgezeigt.

 

Die juristische Beleuchtung der aktuellen Situation sowie die Vorstellung eines Lösungsvorschlages wurde im Dialog von Frau Renate Suttner und Stefan Brugger vorgetragen. Spätestens seit der parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus betreffend diesem Tiroler Gutachten zur Wolfsproblematik[1] müsste selbiges bekannt sein.

 

Nunmehr stellt die Autorin es in voller Länge zur Verfügung und ermöglicht somit eine detaillierte inhaltliche Auseinandersetzung:

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

Weidezone Tirol

 

 

Rechtliche Überlegungen zu einer möglichen Konstituierung

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Renate Suttner Richterin am Amtsgericht a.D.


 

Zur Entstehung dieser Untersuchung

 

 

Die vorliegende Untersuchung ist als Grundlage für einen Beitrag erstellt worden, der Teil einer in Sölden/Tirol am 03.07.2021 durchgeführten Podiumsdiskussion ist.

 

Trotz großer Sorgfalt kann – wie auch sonst bei juristischen Untersuchungen – keine Gewähr dafür übernommen werden, dass die geprüften Fragen und Probleme nicht auch anders gewertet werden können. Die Verfasserin erhofft sich eine rege Diskussion der Ergebnisse.

 

 

 

 

Danksagung

 

 

Ein herzlicher Dank geht an Stefan Brugger, Sölden, für das mit dem Wunsch nach Erstellung der Untersuchung gezeigte Vertrauen.

 

Und einen besonderen Dank hat sich Enzo Brugger, Sölden, für seine Mitwirkung bei den Recherche-Arbeiten und für seine offene Diskussion der Ergebnisse verdient.


 

Inhaltsverzeichnis

Einführung – Die tatsächliche Ausgangssituation                                                                   1

Teil I – Die gegenwärtige Rechtslage                                                                                     2

1.  Amtsgericht Potsdam, 82 Ds 22/20                                                                           2

2.  Landesverwaltungsgericht Salzburg, 405-1/549/1/61-2020                                      4

3.  Europäischer Gerichtshof, C-674/17                                                                         6

Teil II – Möglichkeiten für die Änderung auf der Ebene der Europäischen Union               10

A.  Zu den materiellen Voraussetzungen für eine Änderung                                             10

1.   Bisherige Änderungen im Anhang IV der FFH-Richtlinie                                       10

2.   Die generelle Bindung an vertragliche Vereinbarungen                                         12

3.   Das Auftreten des Wolfes im österreichischen Alpenraum – oder auch im gesamten   Ostalpenraum – als wesentliche Änderung der Umstände                                        13

B.  Zu den Möglichkeiten für eine Änderung                                                                      19

Teil III – Möglichkeiten für die Änderung der Rechtslage in Österreich selbst                     22

Ausblick – Mögliche politische Perspektiven                                                                        24

- - -

Anhang                                                                                                                                  25

Anhang 1: Finnische Gesetzestexte                                                                                     25

Anhang 2: Schwedische Gesetzestexte                                                                               26

Anhang 3: Veröffentlichungen von svt, der öffentlich-rechtlichen Fernsehgesellschaft Schwedens        28

Abkürzungsverzeichnis                                                                                                         30

Literaturverzeichnis                                                                                                               32


 

Einführung – Die tatsächliche Ausgangssituation

 

Seit einiger Zeit wird nicht nur in Tirol, sondern im gesamten Gebiet der Ostalpen, über die Probleme diskutiert, die mit dem erneuten Auftreten von Wölfen in diesem Gebiet verbunden sind. Bis in die Neuzeit gab es im gesamten Alpenraum eine natürliche Wolfspopulation, die jedoch zumindest in Österreich Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet war. Ende des 20. Jahrhunderts sind zunächst vereinzelte Wölfe festgestellt worden, und seither erreichen immer mehr Wölfe die landwirtschaftlich und touristisch genutzten Almgebiete.1

 

Damit einher gehen immer mehr Risse an Nutztieren, und dies führt nicht nur zu Sorgen bei den unmittelbar betroffenen Bauern. Auch auf politischer und juristischer Ebene wird über die damit verbundenen Probleme diskutiert. So weisen sowohl das Europäische Parlament2 als auch die als Dreier-Landtag bezeichnete Gemeinsame Sitzung des Südtiroler, Tiroler und Trentiner Landtages3 darauf hin, dass die traditionelle landwirtschaftliche Nutzung der Almgebiete in Form der Weideviehhaltung aus ökologischer Sicht wichtig ist. Das Europäische Parlament4 betont darüber hinaus die sozioökonomische Bedeutung gerade dieser Form der Landwirtschaft für die betreffenden Gebiete.

 

Die Wolfsproblematik war auch Gegenstand eines Interviews, das die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ mit Herrn Prof. Dr. Walter Obwexer am 11.09.2020 geführt hat.5 Dabei stellte Obwexer heraus, dass es auch unter der Geltung des Europäischen Rechts verschiedene Möglichkeiten für die Lösung des Problems geben kann.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


1 Dreier-Landtag, S. 76

2 EU-Parlament, Abschnitte J. und P.

3 Dreier-Landtag, S. 76 f.

4 EU-Parlament, Abschnitte K. und M.

5 Obwexer


 

Teil I – Die gegenwärtige Rechtslage

 

Für die gegenwärtige Rechtslage sind zunächst einmal die maßgeblichen Rechtsnormen von Bedeutung. Diese Normen werden aber durch Gerichte angewendet und ausgelegt, so dass sich ihre Grenzen aus der Analyse von aktuellen Entscheidungen ermitteln lassen.

 

1.  AMTSGERICHT POTSDAM, 82 Ds 22/20:

 

Das Amtsgericht Potsdam hatte am 21.06.2021 über einen Jäger zu urteilen, dem vorgeworfen war, im Januar 2019 im Fläming, einem Waldgebiet im deutschen Bundesland Brandenburg, einen Wolf ohne rechtfertigenden Grund erschossen zu haben.6 Dieses Urteil ist zwar in Deutschland unter Anwendung des deutschen Strafrechts ergangen, die Rechtslage in Österreich dürfte jedoch nicht grundsätzlich abweichen.

 

Auszugehen ist dabei davon, dass die Tötung eines streng geschützten Tieres als Verstoß gegen den Naturschutz strafbar ist. Für Deutschland ist dies in § 71 Abs. 1 Nr. 2 und § 69 Abs. 2 Nr. 1 lit. b BNatSchG geregelt, für Österreich in § 181f StGB. Die Regelungen unterscheiden sich im Ergebnis bis auf die Strafdrohung nur unwesentlich; in beiden Ländern ist die Tötung eines Tieres, das durch die FFH-Richtlinie der EU streng geschützt ist, als Vergehen strafbar. Während in Deutschland die Höchststrafe fünf Jahre beträgt, sind es in Österreich zwei Jahre. Allerdings gibt es in Österreich anders als in Deutschland die Möglichkeit, in besonders gelagerten Fällen die gesetzliche Höchststrafe zu überschreiten.

 

In beiden Staaten gibt es aber den Rechtfertigungsgrund des rechtfertigenden Notstandes, der dazu führt, dass die Tat nicht als rechtswidrig angesehen und der Täter deshalb freigesprochen  wird.  In  Deutschland  ist  der  rechtfertigende  Notstand  ausdrücklich  in

§ 34 StGB geregelt:

 

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

 

 

 


6 zitiert nach rbb. Die Originalentscheidung dürfte bislang nicht veröffentlicht sein.


 

 

Eine vergleichbare Regelung findet sich im österreichischen Strafgesetzbuch nicht, dort ist lediglich der entschuldigende Notstand in § 10 normiert. Aber auch in Österreich ist der rechtfertigende Notstand anerkannt,7 und im Ergebnis gibt es hier keinen wesentlichen Unterschied zum deutschen Strafrecht.

 

Die Voraussetzungen für einen rechtfertigenden Notstand sind durchaus streng:

·         Es muss eine gegenwärtige Gefahr bestehen, also nicht nur eine mögliche Bedrohung.

·         Es darf keine andere Möglichkeit zur Abwehr der Gefahr geben.

·         Das Rechtsgut, das durch die Notstandshandlung gerettet werden soll, muss das beeinträchtigte wesentlich überwiegen.8

 

Konkret bedeutet dies, dass die Tötung eines Wolfes nur dann wegen Notstandes gerechtfertigt ist, wenn der Wolf unmittelbar bei einem Angriff auf einen Menschen oder ein Gut, hier ein anderes Tier, angetroffen wird, sich nicht vertreiben lässt und nur durch die Tötung des Wolfes der Mensch oder dieses Tier gerettet werden kann. Schließlich muss der Nachteil für den Menschen oder das zu rettende Tier den drohenden Nachteil für den Wolf und den Schutz des Wolfes allgemein überwiegen.

 

Bei einem Angriff auf einen Menschen ist der drohende Nachteil für den Menschen stets höher zu schätzen als der drohende Nachteil (also der Tod) für den Wolf.9 Schwieriger ist dies jedoch bei einem Angriff des Wolfes auf ein anderes Tier oder gar eine Sache. Denn hier ist auch der strenge Schutz des Wolfes an sich zu berücksichtigen, so dass nicht unbedingt von einem „wesentlich überwiegenden Interesse“ des geretteten Tieres bzw. der geretteten Tiere ausgegangen werden kann. Fuchs und Zerbes10 weisen darauf hin, dass es Fälle gibt, bei denen die Verletzung eines Rechtsgutes der Allgemeinheit (hier der Naturschutz) deshalb nicht gerechtfertigt ist, weil die notwendige Abwägung des wesentlich überwiegenden Interesses bereits bei der Gesetzgebung berücksichtigt worden ist.

 

Die für die Anklage zuständige Staatsanwaltschaft in Potsdam war jedenfalls nicht von einer Notstandslage überzeugt; sonst hätte sie keine Anklage erheben dürfen, sondern das Verfahren nach § 170 Abs. 2 der deutschen StPO einstellen müssen. Das Gleiche gilt auch

 


7 Fuchs/Zerbes, Rn 17/54.

8 Fuchs/Zerbes, Rn 17/55 und 56.

9 Fuchs/Zerbes, Rn 17/57.

10 Fuchs/Zerbes, Rn 17/72.

für die Staatsanwaltschaften in Österreich nach § 190 und § 210 Abs. 1 der österreichischen StPO.

 

Die Staatsanwaltschaft in Potsdam hat von ihrem Recht, gegen die Entscheidung des Amtsgerichts binnen einer Woche Berufung (§ 312 der deutschen StPO) oder Revision   (§ 335 Abs. 1 der deutschen StPO) einzulegen, Gebrauch gemacht.11 Aber selbst, wenn das Urteil durch die zuständigen Obergerichte bestätigt werden sollte, ist offen, ob dieser Entscheidung andere Gerichte in Deutschland oder gar in Österreich folgen werden.

 

Die Amtsgerichte in Deutschland entsprechen nämlich vom Gerichtsaufbau her den Bezirksgerichten in Österreich. Beide Gerichte sind jeweils die niedrigsten innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit, wie sich aus § 24 des deutschen GVG und aus § 30 der österreichischen StPO ergibt. Anders als im anglo-amerikanischen Rechtsbereich besteht weder in Deutschland noch in Österreich eine generelle Bindung der Gerichte untereinander, solange es sich nicht um dieselben Beteiligten handelt. Das gilt insbesondere für Entscheidungen der Amtsgerichte bzw. der Bezirksgerichte.

 

Das bedeutet: Es ist denkbar, dass sich die Rechtsprechung des Amtsgerichts Potsdam allgemein in Deutschland oder auch in Österreich durchsetzt, aber auch andere Entscheidungen sind hier wie dort möglich.

 

 

2.  LANDESVERWALTUNGSGERICHT SALZBURG, 405-1/549/1/61-2020

 

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg entschied am 10.12.2020 über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 17.06.2020.12

 

Nachdem es zu erheblichen Schäden an Nutztieren im Gebiet der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau gekommen war13, von denen ein Teil auf einen Wolf mit dem Genom 59MATK zurückgeführt werden konnte, wurde bei der Bezirkshauptmannschaft im Juli 2019 ein Antrag auf Genehmigung der Entnahme dieses Wolfes gestellt. Die


11 zitiert nach SZ. Der Originalschriftsatz scheint nicht veröffentlicht worden zu sein.

12 LVWG Salzburg, S. 1

13 LVWG Salzburg, S. 10 f.


 

Bezirkshauptmannschaft erteilte daraufhin mit Bescheid vom 17.06.2020 die Genehmigung zur Entnahme genau dieses Wolfes; allerdings wurde die Genehmigung anderen und mehr Personen erteilt, als beantragt worden war.

 

Das Landesverwaltungsgericht hob den Genehmigungsbescheid schon aus formellen Gründen auf, weil die Behörde über den Antrag hinausgegangen war.14 Das Gericht ging dabei davon aus, dass die Behörde wegen des fehlenden Antrags für den Erlass des Bescheides gar nicht zuständig gewesen sei. Schon deshalb sei der Bescheid wegen des Verstoßes gegen den gesetzlichen „Richter“ (Art. 83 Abs. 2 B-VG) verfassungswidrig.15 Denn als „Richter“ im Sinne dieser Vorschrift werden nicht nur Entscheidungsträger bei Gerichten, sondern auch bei Behörden angesehen.16

 

Ergänzend wies das Landesverwaltungsgericht auf folgende faktischen Probleme hin:

 

 

·         Die Genehmigung war von der Bezirkshauptmannschaft für den Abschuss eines genau bestimmten Wolfes und in einem genau bestimmten Gebiet erteilt worden. Wenn einer der Abschussberechtigten jedoch tatsächlich einen Wolf aufspüren sollte, kann er in der Regel vor dem Abschuss gar nicht feststellen, ob es sich um den „Problem-Wolf“ handelt, dessen Abschuss genehmigt worden ist. Bei Zweifeln insoweit muss von der Schussabgabe Abstand genommen werden.17

 

·         Der Wolf, dessen Entnahme beantragt worden war, hatte bereits vor Erlass des Bescheides das Gebiet, für das die Entnahme beantragt worden war, wieder verlassen. Durch weitere Genom-Analysen bei gerissenen Nutztieren konnte nämlich belegt werden, dass sich dieser Wolf 2020 in Tirol aufgehalten hat.18 Weil sich zwischenzeitlich ein anderer einzelner Wolf in Salzburg aufhielt, schätzte das Gericht die Gefahr für bedeutsam ein, dass bei einem Abschuss gar nicht der im Bescheid bezeichnete Wolf, sondern ein anderer getroffen würde.

 

Das bedeutet: Nach der bisherigen Rechtsprechung des Landesverwaltungsgerichts Salzburg hat eine Ausnahmegenehmigung durch die Verwaltungsbehörden allenfalls dann

 


14  LVWG Salzburg, S. 17.

15  LVWG Salzburg, S. 18.

16 Hengstschläger/Leeb, Rn 23/1.

17  LVWG Salzburg, S. 21.

18  LVWG Salzburg, S. 21.


 

 

Aussicht auf Bestand, wenn sich der Wolf im Zeitpunkt der Entscheidung noch in dem bezeichneten Gebiet aufhält und von anderen Tieren deutlich unterschieden werden kann.

 

 

3.  EUROPÄISCHER GERICHTSHOF, C-674/17

 

Der EuGH erkannte mit seinem Urteil vom 10.10.2019 über verschiedene Vorlagefragen des finnischen Obersten Verwaltungsgerichts betreffend die FFH-Richtlinie.19

 

Nach Art. 267 Abs. 1 AEUV entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Verträge der Europäischen Union und über die Gültigkeit und Auslegung von Handlungen der Organe der Union. Bei Zweifeln hinsichtlich der Bedeutung von Richtlinien und Verordnungen der Union sind nationale Gerichte berechtigt, den EuGH zur Klärung anzurufen, Art. 267 Abs. 2 AEUV; letztinstanzielle Gerichte sind zu einer solchen Vorlage sogar verpflichtet, Art. 267 Abs. 3 AEUV. Das finnische Oberste Verwaltungsgericht hat deshalb dem EuGH Fragen zur Auslegung der FFH-Richtlinie, insbesondere zu Art. 16 Abs. 1 lit. e, unterbreitet.20 Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie lautet:

Sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, daß die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13 und

14 sowie des Artikels 15 Buchstaben a) und b) im folgenden Sinne abweichen:

a)     zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume;

b)     zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;

c)     im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;

d)     zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht, einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen;

e)     um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer


19 EuGH (2019), Rn 1 und 2.

20 EuGH (2019), Rn 23.

begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs IV zu erlauben.

 

 

Die zuständige Behörde in Finnland hatte zwei genau bestimmten Personen mit zwei Bescheiden die Ausnahmegenehmigung zur Tötung von insgesamt sieben Wölfen in einem Zeitraum von vier Wochen erteilt, wobei die Jagd vorzugsweise auf junge oder Schaden verursachende Individuen zu richten sei.21 Gegen diese Bescheide erhob eine finnische Umweltschutzvereinigung Klage, die vom Obersten Verwaltungsgericht Finnlands für zulässig erachtet wurde.22

 

Dieses Gericht wies darauf hin, dass die Zahl der Wölfe in den letzten Jahren in Finnland – vermutlich aufgrund von Wilderei – stark schwanke und durch Ausnahmegenehmigungen im Rahmen eines nationalen Bestandspflegeplans die Wilderei eingedämmt werden könne. Außerdem sollen durch die Tötung der Wölfe Schäden an Hunden verhindert und das allgemeine Sicherheitsgefühl der im betreffenden Gebiet wohnenden Menschen erhöht werden.23 Das vorlegende Gericht wollte auch wissen, ob der Erhaltungszustand einer Population im Sinne von Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie auf ein bestimmtes Gebiet eines Mitgliedstaates, auf das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaates oder sogar auf ein noch größeres Verbreitungsgebiet der betreffenden Art bezogen beurteilt werden müsse.24

 

Der EuGH stellte in seinem Erkenntnis einleitend fest, dass die Regelung in Art. 16 Abs. 1 eine restriktiv auszulegende Ausnahme ist.25 Art. 16 Abs. 1 lit. e der FFH-Richtlinie ist auch keine allgemeine Rechtsgrundlage für die Genehmigung von Ausnahmen von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie ist,26 kann vielmehr nur dann als Grund für eine Ausnahmeregelung dienen, wenn die Bestimmungen der Art. 16 Abs. 1 lit. a bis d nicht einschlägig sind.27 Unter Art. 16 Abs. 1 lit. e der Richtlinie kann deshalb von den Argumenten der finnischen Behörde nur die Verhinderung der Wilderei subsumiert werden. Hier hatte der EuGH jedoch Zweifel, ob

 

 

 


21  EuGH (2019), Rn 16 und 17.

22  EuGH (2019), Rn 20 und 21.

23  EuGH (2019), Rn 22.

24  EuGH (2019), Rn 23.

25  EuGH (2019), Rn 30.

26  EuGH (2019), Rn 36.

27  EuGH (2019), Rn 37.


 

 

die erteilte Erlaubnis tatsächlich geeignet sei, die Wilderei so stark zu beschneiden, dass im Ergebnis weniger Wölfe getötet würden.28

 

Für den Schutz der Weidehaltung ist dagegen, wie aus der Argumentation des EuGH zu entnehmen ist, nicht Art. 16 Abs. 1 lit. e, sondern Art. 16 Abs. 1 lit. b und c heranzuziehen. Zu diesen Vorschriften verwies der Gerichtshof darauf, dass für alle Ausnahmen nach  Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie Voraussetzung ist, dass diese ohne Beeinträchtigung eines günstigen Erhaltungszustandes der geschützten Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet erfolgen kann.29

 

Das soll nicht ausschließen, weiterhin Ausnahmen zuzulassen, wenn nachgewiesen ist, dass diese einen ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht weiter verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands behindern.30 Das natürliche Verbreitungsgebiet ist dabei nach geografischen, klimatischen, ökologischen und biologischen Kriterien zu beurteilen31, wobei allerdings Gebiete außerhalb der Europäischen Union nicht zu berücksichtigen sind, weil Drittstaaten an den strengen Schutz der Tier- und Pflanzenwelt nach der FFH-Richtlinie nicht gebunden sind.32

 

An anderer Stelle betont der EuGH jedoch, dass die Mitgliedstaaten aber im Wege der Vorsorge von einer Ausnahmeregelung abzusehen haben, wenn es unsicher ist, ob ein günstiger Erhaltungszustand einer Population trotz der Ausnahme gewahrt oder wiederhergestellt werden kann.33 Welche Regelung nun noch als zulässige Ausnahme vom EuGH akzeptiert würde, wird wohl nur durch künftige Entscheidungen dieses Gerichts zu klären sein.

 

Bereits in einem früheren Verfahren gegen Österreich34 hat der EuGH bereits festgestellt, dass der österreichische Gesetzgeber die notwendigen Regelungen für die Umsetzung der FFH-Richtlinie selbst in Gesetzen vorgeben muss. Allein eine richtlinienkonforme

 


28 EuGH (2019), Rn 51 – 52.

29  EuGH (2019), Rn 55.

30  EuGH (2019), Rn 68.

31  EuGH (2019), Rn 71.

32  EuGH (2019), Rn 60.

33  EuGH (2019), Rn 66.

34 EuGH (2007)


 

 

Auslegung der innerstaatlichen Bestimmungen durch die österreichischen Behörden genügt dagegen nicht, um entsprechende Rechtssicherheit zu schaffen.35

 

Das bedeutet: Solange die FFH-Richtlinie mit ihren Anhängen unverändert für Österreich gilt, ist es nahezu ausgeschlossen, allein durch Bescheide der Bezirkshauptmannschaften einen besseren Schutz der Weidegebiete zu erreichen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


35 EuGH (2007), Rn 78 und 79.

Teil II – Möglichkeiten für die Änderung der Rechtslage auf der Ebene der Europäischen Union

 

Bei der Frage einer möglichen Änderung der europäischen Regelung gibt es zwei Punkte zu unterscheiden, nämlich die materiellen Voraussetzungen für eine Änderung sowie das dafür einzuhaltende Verfahren.

 

A.   Zu den materiellen Voraussetzungen für eine Änderung

 

 

1.     Bisherige Änderungen im Anhang IV der FFH-Richtlinie

 

Im Anhang IV der FFH-Richtlinie sind für den strengen Schutz des Wolfes verschiedene Ausnahmen vorgesehen, aber keine für Österreich speziell oder die Ostalpen generell. Als die Richtlinie 1992 erlassen wurde, lautete die maßgebliche Stelle:

Canis lupus (spanische Populationen: nur die Populationen südlich des Duero, griechische Populationen: nur die Populationen südlich des 39. Breitengrades)

 

In den beiden Gebieten in Nordspanien und Nordgriechenland gab es damals bereits größere Wolfspopulationen. Diese wurden aufgrund der Zahl der Tiere für überlebensfähig gehalten, was der Grund für die Ausnahme gewesen sein dürfte.

 

Bei der Aufnahme von Österreich, Schweden und Finnland in die Europäische Union mit Wirkung zum 01.01.1995 mussten diese drei Staaten die zuvor schon bestehenden Regelungen der  Union und damit  auch die FFH-Richtlinie übernehmen,  wie sich aus  Art. 166 des EU-Beitrittsvertrages ergibt. Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen wurde auch die FFH-Richtlinie an mehreren Stellen ergänzt. Soweit es den Wolf betrifft, lautete die Regelung im EU-Beitrittsvertrag:

nach Canis lupus: „(mit Ausnahme der finnischen Populationen innerhalb des Rentierhaltungsareals im Sinne von Paragraph 2 des finnischen Gesetzes Nr. 848/90 vom 14. September 1990 über die Rentierhaltung)“

 

Ergänzungen für Österreich oder Schweden sind nicht getroffen worden. Dazu berichtete das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im November 2020 auf eine schriftliche parlamentarische Anfrage, dass im


 

Zeitpunkt des Beitritts der Wolf in Österreich als ausgestorben galt und sich eine Sonderregelung für Österreich nicht hätte begründen lassen.36

 

In Finnland gab – und gibt – es eine Wolfspopulation, die sich über den größten Teil des Landes erstreckt und mit der benachbarten Wolfspopulation in Russland verbunden ist. Dies Verbindung über die Grenze hinweg war schließlich der Grund für die Festlegung des EuGH, dass bei der Beurteilung des Erhaltungszustandes einer Population Gebiete außerhalb der Union nicht berücksichtigt werden dürfen.

 

Außerdem gab es in Finnland schon seit 1990 ein Gesetz, mit dem die Rentierhaltungsgebiete37 geregelt worden waren und in dessen § 2 wird das Gebiet genau bezeichnet wird. Die Rentierhaltung ist nämlich für die Kultur der Samen, der Ureinwohner Nordeuropas, von besonderer Bedeutung. Durch dieses Gesetz sollte dieses Kulturgut gesichert werden, obwohl die Rentierhaltung in Finnland heute mehrheitlich von Leuten betrieben wird, die nicht zur samischen Minderheit gehören. Nach § 4 des Rentierhaltungsgesetzes steht die Rentierhaltung nicht nur allen Finnen, sondern allen Bürgern des Europäischen Wirtschaftsraums offen. Die Gebiete mit Wolfspopulation überschneiden sich in Finnland teilweise mit dem Rentierhaltungsgebiet. Innerhalb des Rentierhaltungsgebietes besteht kein strenger Schutz des Wolfes nach Anhang IV zur FFH- Richtlinie; außerhalb dagegen schon. Und das Urteil des EuGH bezog sich gerade auf einen Fall außerhalb des Rentierhaltungsgebietes, weil sonst Art. 16 der FFH-Richtlinie gar nicht zu prüfen gewesen wäre.

 

Eine besondere Regelung für die Rentierhaltung gibt es auch in Schweden38, und das schon nach vorangegangenen älteren Vorschriften seit 1971. Aufgrund der Regelungen in § 1 und § 11 des schwedischen Gesetzes ist dort die Rentierhaltung tatsächlich den Familien mit samischer Abstammung vorbehalten. Die Situation unterscheidet sich auch insofern zwischen diesen beiden Mitgliedstaaten, als sich wie noch zu zeigen sein wird – in Schweden das Rentierhaltungsgebiet mit dem Gebiet, in dem sich schon beim Beitritt des Landes zur Europäischen Union Wölfe aufgehalten haben, nicht überschneidet.

 

Mittlerweile, vor allem 2004, sind viele Staaten neu der Union beigetreten, und dabei ist die Anlage IV abgeändert und ergänzt worden. Bezüglich des Wolfes lautet sie nun:


36 Gewessler, S. 3

37 Renskötsellag; die im Folgenden zitierten Vorschriften finden sich mit einer von der Verfasserin – teilweise in Kurzform – gefertigten Übersetzung im Anhang.

38 Rennäringslag; auch hier finden sich die zitierten Vorschriften mit Übersetzung im Anhang.


 

 

Canis lupus (ausgenommen die griechischen Populationen nördlich des 39. Breitengrades; die estnischen Populationen, die spanischen Populationen nördlich des Duero; die bulgarischen, lettischen, litauischen, polnischen, slowakischen Populationen und die finnischen Populationen innerhalb des Rentierhaltungsareals im Sinne von Paragraf 2 des finnischen Gesetzes Nr. 848/90 vom 14. September 1990 über die Rentierhaltung)

 

Die neu hinzugekommenen Ausnahmen für Estland, Bulgarien, Lettland, Litauen, Polen und die Slowakei beziehen sich sogar jeweils auf das gesamte Gebiet des Mitgliedstaates. Auch in diesen Staaten gibt es Wolfspopulationen mit erheblichem Umfang.

 

2.     Die generelle Bindung an vertragliche Vereinbarungen

 

„Pacta sunt servanda.“ Juristen verwenden gerne, in Österreich sogar noch mehr als in Deutschland, lateinische Sätze, um Grundregeln prägnant auszudrücken. Der zitierte Satz bedeutet auf Deutsch: Verträge sind einzuhalten.

 

Der   Satz   gilt   im   Rechtsverhältnis  von  Bürgern  untereinander,   wie  aus  §  859 und

§ 861 ABGB entnommen werden kann, darüber hinaus aber auch im Verhältnis zwischen Staaten,    also    bei   völkerrechtlichen   Verträgen.    Dieser   schon   seit    Beginn    des

20. Jahrhunderts anerkannte Grundsatz ist mittlerweile auch in Art. 26 WÜV niedergeschrieben. Die Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften und die späteren Beitrittsverträge sind als Verträge zwischen Staaten solche völkerrechtlichen Verträge, auch wenn sich die Union inzwischen zu einer supranationalen Organisation entwickelt hat.

 

Für das Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander gelten die Allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts, soweit sich nicht aus den Europäischen Verträgen etwas anderes ergibt,39 und damit auch die Bindung an geschlossene Verträge. Völkerrechtliche Verträge werden jedoch regelmäßig auf längere oder lange Zeit abgeschlossen, und die Umstände können sich ändern.

 

Das bürgerliche Recht sieht für Dauerschuldverträge im Fall einer wesentlichen Änderung der Umstände die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung des Vertrages vor.40 Für völkerrechtliche Verträge ist deshalb der oben angeführte Satz erweitert worden: „Pacta


39 Herdegen, § 5 Rn 6.

40 Kletečka, Rn 513.

sunt servanda rebus sic stantibus.“ Das bedeutet auf Deutsch: „Verträge sind einzuhalten, solange die Umstände so bleiben.“ Art. 62 WÜV stellt eine Kodifizierung dieses Grundsatzes dar und bestimmt insbesondere in Abs. 1, dass sich der Umstand nach dem Vertragsschluss geändert haben muss und von den Vertragsparteien nicht vorausgesehen wurde.

 

Aber: Nicht jede Änderung ist so gravierend, dass deshalb der Vertrag an sich beendet werden muss. So dürften auch die mittlerweile aufgetretenen Probleme mit Wölfen keinen Grund darstellen, die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union in Frage zu stellen. Österreich kann aber auch als geringeres Mittel auf eine Änderung der entsprechenden Regelung hinwirken und so eine Kündigung der Mitgliedschaft oder auch nur eine Suspendierung des Beitrittsvertrags vermeiden.

 

 

3. Das Auftreten des Wolfes im österreichischen Alpenraum – oder auch im gesamten Ostalpenraum – als wesentliche Änderung der Umstände

 

Biologische Probleme

Wichtig: Für diese Fragen muss die vorliegende Untersuchung rudimentär bleiben, weil die Verfasserin insoweit nicht über entsprechende Kenntnisse und Erfahrungen verfügt.

 

Mit der zunehmenden Verbreitung von einzeln lebenden Wölfen in den Ostalpen besteht die Gefahr der Entstehung von Hybriden aus Wölfen und Haushunden. Haushunde können nämlich nicht nur untereinander gekreuzt werden, um neue Rassen zu züchten, sondern sind auch mit Wölfen paarungsfähig. Biologisch handelt es sich bei Hunden und Wölfen trotz der langen Züchtungstradition immer noch um ein und dieselbe Art, so dass die Nachkommen aus einer solchen Paarung selbst fortpflanzungsfähig sind – anders als Maultiere oder Maulesel. Hybride aus Wolf und Haushund gelten jedoch als gefährlich, weil sie zum einen oft negative Eigenschaften haben und zum anderen ökologisch den Fortbestand der natürlichen Wolfspopulationen beeinträchtigen. Sie können sich ja wieder mit Wölfen paaren, und so kann es zu einer Verbreitung des Erbguts der Haushunde unter den Wölfen kommen.

 

Große Probleme macht eine allein lebende Wölfin aus Thüringen, die sich zunächst mit einem Hund und später mit ihrem eigenen Sohn gepaart hat. Die thüringischen Behörden dürfen die Mischlinge jagen, und sie versuchen auch, erneute Paarungen mit Hunden oder

Mischlingen zu verhindern; doch die Wölfin selbst steht als reinrassiger Wolf unter dem strengen Schutz der FFH-Richtlinie, ist aber den Kontakt mit Hunden und Mischlingen gewohnt.41

 

 

Juristische Argumentation mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz

 

 

Der Gleichbehandlungsgrundsatz („Gleiches Recht für alle!“) ist ein ganz wesentlicher Grundsatz des europäischen Rechts, und zwar sowohl der gesamten Union als auch der einzelnen Mitgliedstaaten.

 

Dieser Grundsatz gilt zunächst für Menschen, weshalb in Art. 3 Abs. 1 GG im Gegensatz zu Art. 7 Abs. 1 B-VG – ganz strikt formuliert ist:

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

 

Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz ist aber auch auf rechtsfähige Vereinigungen jeder Art anzuwenden, die in Rechtsnormen als „juristische Personen“ bezeichnet werden – im Gegensatz zu Menschen als „natürlichen Personen“42. Art. 20 der auch in Österreich geltenden GRCh lautet deshalb – in Anlehnung an Art. 3 Abs. 1 GG:

Alle Personen sind vor dem Gesetz gleich.

 

Schließlich gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz auch für die Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Union. Und so heißt es in Art. 4 Abs 2 Satz 1 EUV:

Die Union achtet die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor den Verträgen und ihre jeweilige nationale Identität,

 

Das bedeutet nicht, dass alle Menschen / Personen / Mitgliedstaaten absolut gleichbehandelt werden müssen, aber dass eine unterschiedliche Behandlung eine sachliche Rechtfertigung braucht.43

 

Um die Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in der Union zu verdeutlichen, soll das Wahlrecht zum Europäischen Parlament herangezogen werden. Hier gibt es zwar ein allgemeines geheimes Wahlrecht, Art. 14 Abs. 3 EUV, aber die Stimmen aus den verschiedenen Staaten sind nicht gleich viel wert, sondern die kleinen Staaten werden bevorzugt. Damit auch die Opposition in den kleinen Staaten überhaupt Vertreter in das

 


41 Möller, S. 116 – 117.

42 Kletečka, Rn 172 – 173.

43 Hengstschläger/Leeb, Rn 7/7.

Europäische Parlament entsenden kann, darf jeder Staat mindestens 6 Parlamentarier wählen, Art. 14 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 3 EUV. Derzeit trifft dies für Malta, Luxemburg und Zypern zu.44 Andererseits soll das Parlament nicht so groß sein, dass es gar nicht mehr arbeiten könnte. Deutschland, der bevölkerungsreichste Staat in der Union, hat ungefähr 160mal so viele Einwohner wie Malta, der kleinste Staat. Und die Union insgesamt hat ziemlich genau 1000mal so viele Einwohner wie Malta. Auch wenn dies die großen Staaten wie Deutschland, Frankreich und Italien und deren Einwohner benachteiligt, funktioniert es nicht, wenn Deutschland 160mal so viele Parlamentarier wählt wie Malta. Auf Deutschland würden dann ja 960 Abgeordnete entfallen, und das Europäische Parlament hätte insgesamt 6.000 Abgeordnete und wäre überhaupt nicht mehr arbeitsfähig. Deshalb gibt es in Art. 14 Abs. 2 Unterabsatz 1 EUV nicht nur eine Mindestzahl von Abgeordneten für jeden Staat, nämlich 6, sondern auch eine Höchstzahl, nämlich 96, und diese Zahl gilt für Deutschland.45 Durch die ungleiche Stimmengewichtung werden zwar die kleinen Staaten und ihre Einwohner bevorzugt und die großen Staaten und ihre Einwohner benachteiligt – und damit auch die Verfasserin als Deutsche; dies ist aber nicht ungerecht, weil es einen sachlichen Grund dafür gibt.

 

Auch bezüglich des Schutzes des Wolfes in den verschiedenen Staaten der Union ist auf die Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu achten. Dazu ist zunächst auf die tatsächliche Verteilung der Wolfspopulationen in Europa einzugehen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


44  Herdegen, § 7 Rn 70.

45  Herdegen, § 7 Rn 70.

 

Abbildung 1 Wolfverbreitung und Populationen in Europa

Quelle: https://chwolf.org/assets/graphics/content/woelfe-kennenlernen/Europa-Wolfpopulationen- 2018_Text.png [01.07.2021]

 

Vom  absoluten  Schutz  des  Wolfes  (also  jedes  einzelnen  Wolfes)  gibt  es  bislang     9 ausdrückliche Ausnahmen im Anhang der Habitat-Richtlinie. 8 davon betreffen Gebiete mit einer so großen Wolfspopulation, dass der weitere Bestand auch ohne Schutz jedes einzelnen Wolfes gesichert ist. Das neunte Gebiet sind die Rentierhaltungsgebiete Finnlands, die beim Beitritt Finnlands zur Union aus der FFH-Richtlinie ausgenommen worden sind. Den absoluten Schutz nach der FFH-Richtlinie genießen dagegen die

Populationen in Mittel-Schweden, in Norddeutschland, in Tschechien, in Rumänien, im Apennin und in den Alpen, vor allem in den Westalpen.

 

Für die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist zu überlegen, ob die Situation in Tirol eher den Gebieten mit absolutem Schutz oder den Gebieten mit eingeschränktem Schutz entspricht. Dabei ist auf die heutige Situation abzustellen, denn auch eine Regelung, die früher dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprochen hat, kann aufgrund veränderter Umstände gleichheitswidrig werden.46

 

In den Gebieten mit strengem Schutz des Wolfes ist die Situation unterschiedlich: In den französischen Alpen und in Italien außerhalb der Region Trentino-Südtirol wird der Wolf tatsächlich teilweise bejagt, wobei nicht auszumachen war, inwieweit dafür eine Rechtsgrundlage besteht. Ähnlich wie in Österreich und im übrigen Ostalpenraum stellt sich die Situation dagegen in Norddeutschland dar. Auch dort sind Wölfe erst nach der Geltung der FFH-Richtlinie eingewandert und bereiten der Landwirtschaft in Form der Wanderschäferei erhebliche Probleme. Und ähnlich wie in den Ostalpen, darunter in Tirol und Salzburg, gibt es auch in Norddeutschland Bestrebungen, den Wolf aus dem strengen Schutzstatus auszunehmen. Im Unterschied zu den Ostalpen gibt es allerdings in Norddeutschland mittlerweile Rudel, die auch Nachwuchs aufziehen.47 Auf die Situation in Schweden wird noch gesondert einzugehen sein.

 

Von den bisherigen Ausnahmegebieten verfügen alle mit Ausnahme Finnlands – anders als Tirol – über eine stabile Wolfspopulation und wurden gerade deshalb aus dem Geltungsbereich der FFH-Richtlinie ausgenommen. Entscheidend ist jedoch der Vergleich mit Finnland: Dort wurde ein Gebiet aus dem Schutzbereich der FFH-Richtlinie ausgenommen, um die traditionelle Kultur der Samen zu schützen, und das sogar, obwohl die Rentierhaltung in Finnland zu einem Großteil nicht durch Samen, sondern durch Leute ohne samische Identität betrieben wird. Eine vergleichbare traditionelle Kultur stellt die Weidehaltung von Schafen und Ziegen in den Hochlagen der Ostalpen dar. Auch sie besteht schon mindestens 6000 Jahre und ist in der besonderen Form der Transhumanz sogar als immaterielles Kulturerbe in das Nationale Verzeichnis der Österreichischen UNESCO-Kommission aufgenommen worden.48 Anders als die Rentierhaltung in Finnland wird die Weidehaltung von Schafen und Ziegen in den Ostalpen sogar nach wie vor im Wesentlichen durch die angestammte Bevölkerung betrieben.


46 Hengstschläger/Leeb, Rn 7/14.

47 wolf.org

48 UNESCO-Kommission

 

Bei Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes spricht deshalb viel dafür, den Weidegebieten der Ostalpen einen ähnlichen Ausnahmestatus wie den finnischen Rentierhaltungsgebieten zu gewähren.

 

 

Ökologische Bedeutung der Schafhaltung

 

 

Als letztes ist auf die ökologische Bedeutung der Schafhaltung einzugehen. Denn je stärker sich ein Rückgang auf andere Bereiche auswirkt, umso eher kann von einer wesentlichen Änderung der Umstände ausgegangen und damit auf eine Änderung eines Vertrages oder hier der FFH-Richtlinie hingewirkt werden.

 

Die Beurteilung der Ökologie der Schafhaltung überschreitet zwar die Kompetenzen der Verfasserin, aber bei den Recherchearbeiten konnte insoweit ein wichtiges Dokument gesichtet werden: die bereits in der Einleitung erwähnte Entschließung des Europäischen Parlaments „zu der derzeitigen Lage und den Zukunftsperspektiven der Schaf- und Ziegenhaltung in der EU“.49

 

In der Entschließung stellt das Parlament fest, dass die Kommission auf die bisherigen Forderungen des Parlaments zu wenig eingegangen sei50, fordert ausdrücklich eine Überprüfung der Anhänge der FFH-Richtlinie51, und schließlich wörtlich „die Einrichtung von Weideschutzgebieten, in denen eine Regulierung der großen Beutegreifer stattfinden kann, damit die Rückkehr der großen Beutegreifer nicht zu Rückschritten bei der artgerechten Tierhaltung (Wanderschäferei, Freilandhaltung) sowie bei der traditionellen Land-, Weidewirtschaft (Sommerweide in Hochlagen) führt".52

 

Das Europäische Parlament stellt also klar, dass nicht nur die Erhaltung der Wölfe als Art ökologisch wichtig ist, sondern mindestens genauso die Erhaltung der Almwirtschaft durch Beweidung der Hochlagen in den Alpen.

 

Zusammengefasst gibt es mehrere gewichtige Gründe für eine Änderung der Anlage IV der FFH-Richtlinie.


49 EU-Parlament

50 EU-Parlament, Erwägung B.

51 EU-Parlament, Erwägung AU und Entschließung 97.

52 EU-Parlament, Entschließung 110.

B.   Zu den Möglichkeiten für eine Änderung

 

In der FFH-Richtlinie ist selbst ein Verfahren für die Änderung der Anhänge vorgesehen:

 

Verfahren zur Änderung der Anhänge Artikel 19

Die Änderungen, die zur Anpassung der Anhänge I, II, III, V und VI an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt erforderlich sind, werden vom Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit beschlossen.

 

Die Änderungen, die zur Anpassung des Anhangs IV an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt erforderlich sind, werden vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig beschlossen.

 

Für eine Änderung des Anhangs IV ist also nach dem Wortlaut der FFH-Richtlinie ein Vorschlag der Kommission und ein einstimmiger Beschluss des Rates notwendig. Ein solcher einstimmiger Beschluss erscheint derzeit politisch nur schwer vorstellbar.

 

Dies bedeutet aber nicht, dass eine Änderung der Anhänge ausgeschlossen ist. Es gibt nämlich die Möglichkeit, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zunächst den Wortlaut von Art. 19 Abs. 2 der FFH-Richtlinie zu ändern und Mehrheitsentscheidungen zuzulassen und danach – oder auch gleichzeitig – den Anhang IV zur Richtlinie bezüglich des Wolfes zu ergänzen und bestimmte Gebiete in den Ostalpen in Österreich oder auch in der Region Trentino-Südtirol als für die Schaf- und Ziegenhaltung „sensible“ Zonen auszuweisen. Der Begriff „sensible“ Zonen stammt dabei aus dem Beschluss des Dreier-Landtags53 und beschreibt gut, was angestrebt werden könnte.

 

Zum Ablauf des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens ist auf die verschiedenen Organe der Union und ihre Kompetenzen einzugehen, wie sie im Vertrag über die Europäische Union und im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union geregelt ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


53 Dreier-Landtag, S. 81.

·         Das Europäische Parlament

 

Diese beiden Verträge sehen das Europäische Parlament als Vertretung aller Unionsbürger vor.54 Die Kompetenzen gehen aber nicht so weit wie die Möglichkeiten, die ein nationales Parlament hat, sei es der Nationalrat in Österreich oder der Bundestag in Deutschland. Gerade bei der Gesetzgebung gibt es wesentliche Einschränkungen.

 

Der Nationalrat in Österreich hat das Recht, selbst Vorschläge für Gesetze zu machen, Art. 41 Abs. 1 B-VG, und dann darüber – mit Bindung für die Regierung und die Verwaltung – abzustimmen. Oft erfolgen Gesetzesvorschläge aus dem Nationalrat heraus in Abstimmung mit der Regierung, z.B. als Vorschlag der Klubs der Koalitionsparteien. Dass Gesetzesvorschläge aber auch tatsächlich völlig unabhängig von der Regierung eingebracht und verabschiedet werden können, war während der Regierung Bierlein 2019 in Österreich zu beobachten.

 

Ein so weit gehendes Recht zur Normsetzung hat das Europäische Parlament bislang nicht. Das Parlament darf lediglich bei Vorschlägen der anderen Organe, vor allem der Kommission, mitwirken, meistens in der Form einer Mitentscheidung.55 Darüber hinaus steht dem Parlament nach Art. 225 AEUV ein Initiativrecht zu, bei dem es die Kommission zur Vorlage von Vorschlägen auffordern kann. Dies ist aber nur ein mittelbares Recht, denn die Kommission kann frei entscheiden, ob sie der Initiative des Parlaments nachkommen will oder nicht.

 

·         Die Europäische Kommission

 

Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung die Kommission zur Überprüfung der Anhänge der FFH-Richtlinie aufgefordert, und die Kommission ist in der Tat das zuständige Organ. Die meisten Verordnungen und Richtlinien können nämlich nur auf Initiative der Kommission erlassen oder geändert werden.56

 

Die Kommission entscheidet in der Regel als Kollegium, bei dem alle Kommissare das gleiche Stimmrecht haben, Art. 250 Unterabsatz 1 AEUV. Es ist also nicht so, dass über

 


54 Herdegen, § 7 Rn 68.

55 Herdegen, § 7 Rn 63 und 83.

56 Herdegen, § 7 Rn 63.

eine Änderung des Anhangs zur FFH-Richtlinie die Kommissare für Landwirtschaft und

/ oder Umwelt allein entscheiden würden.

 

 

Das sogenannte ordentliche Gesetzgebungsverfahren ist in Art. 294 AEUV geregelt. Danach bringt die Kommission einen Vorschlag ein und außer dem Parlament muss auch der Rat mehrheitlich zustimmen. Bei Uneinigkeit zwischen den Organen ist in Art. 294 auch eine Art Vermittlungsverfahren vorgesehen.

 

Neben diesem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren können auch besondere Verfahren vorgesehen werden; die FFH-Richtlinie sieht selbst so ein Verfahren vor, wie oben schon erwähnt.

 

·         Der Rat

 

Der Rat ist das Organ der Union mit den meisten Kompetenzen57. Er ist nicht immer gleich zusammengesetzt, vielmehr entsenden die Regierungen der einzelnen Mitgliedstaaten je nach Fachgebiet ihre Minister oder Staatssekretäre in den jeweiligen Rat, z.B. in den Rat für Wirtschaft und Finanzen58. Für jeden Mitgliedstaat nimmt jeweils ein Vertreter am Rat teil.

 

Der Rat entscheidet nach Art. 16 Abs. 4 Unterabsatz 1 EUV meistens mit einer doppelt qualifizierten Mehrheit. Es müssen mindestens 15 Mitgliedstaaten für den Beschluss sein, die insgesamt mindestens 65 % der Bevölkerung vertreten. So wird – zumindest für den Regelfall sichergestellt, dass weder wenige große Staaten allein aufgrund ihrer Bevölkerungszahl die anderen Staaten dominieren können, noch dass sich mehrere kleine Staaten zusammentun und allein aufgrund der Anzahl ihrer Stimmen die Bevölkerungsmehrheit in der Union überstimmen können.

 

Es gibt also nicht nur triftige materielle Gründe für eine Änderung des Anhangs IV der FFH- Richtlinie, sondern auch ein dafür vorgesehenes Verfahren. Aber dazu müssen das Europäische Parlament, die Europäische Kommission und der Rat der Europäischen Union davon überzeugt werden, dass eine Änderung notwendig ist.

 

 

 

 


57  Herdegen, § 7 Rn 17.

58  Herdegen, § 7 Rn 19.

Teil III – Möglichkeiten für die Änderung der Rechtslage in Österreich selbst

 

Bei den bisherigen Ausführungen ist die Situation in Schweden nicht näher dargestellt worden, weil es für Schweden keine ausdrückliche Regelung auf EU-Ebene gibt. Die nähere Betrachtung der dort ausgeübten Praxis hat jedoch ergeben, dass dies als Beispiel für Österreich (oder auch die Region Trentino-Südtirol) dienen könnte.

 

In Schweden gibt es schon seit 1971 Rennäringslagen, das schwedische Gesetz zur Rentierwirtschaft. In diesem Gesetz ist, wie oben erwähnt, die Rentierzucht und -haltung den Familien mit samischer Abstammung vorbehalten. Das schwedische Gesetz bezeichnet dies als „urminnes hävd“, also als altüberlieferte Tradition. Die Rentierzucht wird gerade deshalb geschützt, weil sie ein wesentlicher Teil der Kultur der Samen ist. Dies zeigt sich auch daran, dass die Einteilung der Weidegebiete in Selbstverwaltung erfolgt. Sie obliegt nämlich dem Sameting, der parlamentarischen Vertretung der Samen.

 

Zum Schutz der Rentierwirtschaft wurden einzelne Wölfe, die aus Finnland nach Nordschweden einwandern wollten, aufgrund der Regelungen in § 25 des Rennäringslag gezielt getötet. Dies führte dazu, dass die Europäische Kommission gegen Schweden wegen Verstoßes gegen die FFH-Richtlinie ein Vertragsverletzungsverfahren einleitete. Die schwedische Regierung verwies auf die besondere Situation der Samen einerseits und die bestehende Wolfs-Population in Mittelschweden andererseits. Die Kommission sandte deshalb Jean-François Brakeland, einen ihrer festangestellten juristischen Berater, als Vertreter nach Nordschweden. Brakeland berichtete, dass es viel zu aufwändig wäre, den Wölfen einen Durchzug durch die Rentiergebiete zu ermöglichen, und nach seinen Ermittlungen stellte die Kommission ihr Vertragsverletzungsverfahren ein59. Heute ist es so, dass Wölfe, die aus Finnland kommend nach Schweden einwandern wollen, im Rahmen einer sogenannten „Schutzjagd“ getötet werden und die EU-Kommission dagegen nichts weiter unternimmt. Was die Kommission allerdings weiter genau beobachtet und auch zum Gegenstand von Vertragsverletzungsverfahren macht, ist der Schutz bzw. die Verfolgung der Wölfe in Mittelschweden60.

 

Daraus ergibt sich eine Möglichkeit für eine interne Lösung in Österreich, wobei wieder der Gleichbehandlungsgrundsatz zum Tragen kommt.


59  svt sápmi

60  svt värmland

 

In Österreich gibt es – wie in Schweden – eine noch relativ geringe Zahl von Wölfen, die in Rudeln im Norden und Osten des Landes leben61. Diese Rudel leben unter anderem in Truppenübungsplätzen und bereiten, soweit der Verfasserin bekannt, der heimischen Landwirtschaft keine Probleme. Nun sind diese einzelnen Rudel wohl noch keine sicher überlebensfähige Population, aber ihr Anwachsen zu einer solchen erscheint gut möglich. Der absoluten Zahl nach sind es zwar deutlich weniger Wölfe als in Mittelschweden, aber Österreich hat auch insgesamt nur etwa ein Fünftel der Fläche Schwedens, und diese Wolfsrudel im Norden und Osten Österreichs können – anders als die Wölfe in Schweden

– auch mit der schon vorhandenen Wolfspopulationen in der ebenfalls der EU angehörenden benachbarten Slowakei Kontakt aufnehmen.

 

Daneben gibt es einzelne umherstreifende Wölfe im Alpenraum, die keinem Rudel angehören und auch keine Möglichkeit haben, sich einem Rudel anzuschließen, weil es solche gerade im österreichischen Alpenraum nicht gibt. Diese Einzelgänger sind es, welche die großen Probleme in der traditionellen Landwirtschaft verursachen. Und dies dürfte der Grund sein, weshalb die Europäische Kommission die Tötung solcher Tiere in den Rentierhaltungsgebieten Nordeuropas duldet – in Finnland aufgrund der ausdrücklichen Ausnahme im Anhang der FFH-Richtlinie, und in Schweden aufgrund einer stillschweigenden Übereinkunft mit der schwedischen Regierung.

 

Österreich könnte entsprechend dem schwedischen Modell eine interne Regelung zur Einrichtung von Schutzzonen für den Wolf einerseits und Zonen für die Weidehaltung auf den Almen andererseits treffen. Zuständig für Jagd- und Naturschutzrecht sind in Österreich nach Art. 15 Abs. 1 B-VG zwar die einzelnen Länder, aber der Bund könnte sich notfalls über eine „Kompetenzdeckungsklausel“62 die Möglichkeit für eine bundeseinheitliche Regelung schaffen. Auf die Einzelheiten für die Zuständigkeit und das Verfahren ist hier nicht einzugehen, weil dies den Rahmen sprengen würde.

 

Man kann darüber streiten, ob ein solches Gesetz dem Geist der FFH-Richtlinie entspricht oder nicht. Im Ernstfall könnte die Kommission versuchen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten, und das letzte Wort hätte dann der Europäische Gerichtshof.

 

 

 


61 Gewessler, S. 4.

62 Perthold-Stoitzner, S. 110.

Ausblick – Mögliche politische Perspektiven

 

Die Frage, ob die notwendigen Mehrheiten auf der Ebene der Union oder auf der Ebene Österreichs gefunden werden können, ist kein juristisches Problem mehr, sondern ein politisches. Doch auch da zeichnen sich auf der Ebene der EU zumindest Perspektiven ab.

 

Die Entschließung des Europäischen Parlaments63 ist schon mehrfach erwähnt worden. Das Parlament scheint deshalb von der Notwendigkeit einer Änderung bereits überzeugt. Aber auch in der Kommission und im Rat könnte sich etwas tun, wenn der politische Druck entsprechend groß wird.

 

Zum einen ist auf eine gemeinsame Initiative der Europaregion Tirol – Südtirol – Trentino hinzuweisen. Bei seiner letzten Tagung im Herbst 2019 hat sich der Dreier-Landtag64 der Region mit Abgeordneten aus Tirol, Südtirol und dem Trentino, für die Ausweisung von sensiblen Zonen im Rahmen eines Wolfmanagements ausgesprochen. Die ausführliche Diskussion und der entsprechende Beschluss hierzu können im Internet nachgelesen werden.

 

Zum anderen hat Leonore Gewessler65 als Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage im November 2020 ausgeführt, dass die Europäische Kommission alle 6 Jahre den Erhaltungszustand des Wolfs in den Mitgliedstaaten evaluieren wird. Der nächste Termin hierfür ist entweder noch 2021 oder aber 2022. Diese anstehende Evaluierung erscheint eine gute Gelegenheit, um die Probleme mit dem Wolf in den Ostalpen gerade jetzt deutlich zu machen. Gewessler hat allerdings auch mitgeteilt, dass das Bundesministerium derzeit keine Maßnahmen beabsichtigt, um den Schutzstatus des Wolfes zu ändern.

 

Wenn Kommission und Rat davon überzeugt werden, dass sich beim strengen Schutz des Wolfes etwas tun muss, kann die Änderung selbst relativ schnell gehen, bestenfalls sogar wegen der anstehenden Evaluierung innerhalb eines Jahres.

 

 

 

 

 

 


63 EU-Parlament

64 Dreier-Landtag

65 Gewessler, S. 3.

 

Anhang

Im Folgenden sind verschiedene Texte aus Finnland und Schweden zu finden, jeweils mit einer von der Verfasserin – teils in abgekürzter Form – gefertigten Übersetzung.

 

Dazu sind zwei Anmerkungen veranlasst:

(1)  Die Verfasserin verfügt über Kenntnisse des Norwegischen (in der Version

„bokmål“) etwa auf Niveau B2.

Diese Kenntnisse führen wegen der erheblichen Ähnlichkeiten der nordischen Sprachen untereinander dazu, dass schwedische Texte in großen Teilen verstanden werden können. Die Verfasserin ist aber keine ausgebildete oder gar vereidigte Übersetzerin für Schwedisch, sodass Ungenauigkeiten in der Übersetzung nicht auszuschließen sind.

(2)  Finnland ist ein Staat mit zwei formell gleichberechtigten Amtssprachen, nämlich Finnisch und Schwedisch. Aus diesem Grund werden alle Gesetze nicht nur auf Finnisch, sondern mit derselben Rechtskraft auch auf Schwedisch veröffentlicht. Für die Zwecke dieser Untersuchung wird die auf Schwedisch veröffentlichte Fassung der Gesetze verwendet.

 

Anhang 1: Finnische Gesetzestexte

 

 

Renskötsellag

 

2 § Renskötselområdet

 

Renskötselområdet omfattar landskapet Lappland, med undantag av Kemi, Keminmaa och Torneå, samt av landskapen Norra Österbotten och Kajanaland omfattar renskötselområdet Kuusamo, Taivalkoski, Pudasjärvi, Suomussalmi och Hyrynsalmi, av Uleåborg det område som utgörs av före detta Yli-Ii kommun och det område av före detta Ylikiiminki kommun som ligger norr om Kiminge älv, av Ii det område som utgörs av före detta Kuivaniemi kommun och av Puolanka och Utajärvi de områden som ligger norr om Kiminge älv och den regionala vägen 891 (Hyrynsalmi– Puolanka), sådana dessa områden var den 31 december 2014.

Rentierhaltungsgesetz

 

§ 2

Rentierhaltungsgebiet

 

Das Rentierhaltungsgebiet umfasst die Provinz Lappland …

 

[Es folgte eine Aufzählung einzelner Gebiete und Gemeinden, die teilweise in der Provinz Lappland, teilweise auch außerhalb davon liegen.]

 

… wie diese Gebiete am 31.12.2014 bestanden haben.


4 § Renägare

 

Renar får ägas endast av sådana medborgare i en stat inom Europeiska ekonomiska samarbetsområdet som har varaktig hemort inom renskötselområdet. Dessutom får Renbeteslagsföreningen äga renar i försöks- och forskningssyfte.

§ 4

Rentierhalter

 

Rentiere dürfen nur von solchen Staatsangehörigen eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes gehalten werden, die ihren ständigen Wohnsitz innerhalb des Rentierhaltungsgebietes haben. Darüber hinaus darf die Rentierzuchtvereinigung Rentiere für Versuchs- und Forschungszwecke halten.

 

 

Anhang 2: Schwedische Gesetzestexte

 

Rennäringslag

Renskötselrätt 1 §

Den som är av samisk härkomst (same) får enligt bestämmelserna i denna lag använda mark och vatten til underhåll för sig och sina renar.

 

Rätten enligt första stycket (renskötselrätten) tillkommer den samiska befolkningen och grundas på urminnes hävd.

Renskötselrätten får utövas av den som är medlem i sameby.

 

 

7 §

Indelning i byområden görs av Sametinget. …

 

Sameby 11 §

Medlem i sameby är

1.    same som deltar i renskötseln inom byns betesområde,

 

2.    same som har deltagit i renskötsel inom byns betesområde och haft detta som stadigvarende yrke och inte overgått till annat huvudsakligt förvärvsarbete,

Rentierwirtschaftsgesetz Rentierhaltungsrecht

§ 1

Wer von samischer Herkunft (Same) ist, darf nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Landschaft und Wasser zum Unterhalt für sich und seine Rentiere verwenden.

Das Recht nach dem ersten Abschnitt [dieses Gesetzes] (Rentierhaltungsrecht) steht der samischen Bevölkerung zu und beruht auf alter Tradition.

Das Rentierhaltungsrecht darf [nur] von denen ausgeübt werden, die Mitglied in einer Samengemeinschaft sind.

 

§ 7

Die Einteilung [der Weideflächen] im Gemeinschaftsgebiet wird durch das Sameting vorgenommen. …

 

Samengemeinschaft

 

§ 11

Mitglied in einer Samengemeinschaft sind

1.    Samen, die an der Rentierhaltung innerhalb der Weidefläche der Gemeinschaft teilnehmen,

2.    Samen, die an der Rentierhaltung innerhalb der Weidefläche der Gemeinschaft teilgenommen haben, dies als ständigen Beruf ausgeübt haben und nicht zu einer anderen


 

 

3. den som är make eller hemmavarande barn till medlem som avses under 1 eller 2 eller so mär efterlevande make eller underårigt barn till avliden sådan medlem.

 

 

25 §

 

En medlem i sameby får jaga och fiska på utmark inom de delar av byns betesområde som hör till renbetesfjällen eller lappmarkerna, när renskötsel är tillåten där.

 

Det som sägs i första stycket gäller även då en medlem i sameby tillfälligt uppehåller sig inom en annan samebys betesområde för renskiljning eller annat ändamål som har samband med renarnas skötsel. I sådant fall får dock medlemmen jaga och fiska endast för sitt uppehälle.

 

 

Uppehåller sig björn, varg, järv eller lo bevisligen i trakten, får jakt efter sådant djur bedrivas på sådan mark som anges i första stycket inom en annan samebys betesområde, i den mån regeringen eller myndighet som regeringen bestämmer tillåter det.

 

Haupt-Erwerbsarbeit gewechselt haben,

3. wer ein Ehegatte oder ein haushaltsangehöriges Kind eines Mitgliedes nach Nr. 1 oder 2 ist oder wer überlebender Ehegatte oder minderjähriges Kind eines verstorbenen solchen Mitgliedes ist.

 

§ 25

 

Ein Mitglied der Samengemeinschaft darf in den Außengebieten innerhalb der Teile des gemeinschaftlichen Weidegebietes, die zu den Weidebergen oder Wäldern gehören, jagen und fischen, wenn dort die Rentierzucht zugelassen ist.

Absatz 1 gilt auch, wenn sich ein Mitglied der Samengemeinschaft vorübergehend innerhalb des Weidegebietes einer anderen Samengemeinschaft wegen der Rentierzucht oder anderer mit der Rentierzucht zusammenhängender Zwecke aufhält. In diesem Fall darf das Mitglied aber nur für seinen eigenen Bedarf jagen und fischen.

Hält sich ein Bär, Wolf, Fuchs oder Luchs nachweislich im Gebiet auf, so darf die Jagd auf ein solches Tier nach den Bestimmungen des Absatzes 1 auf dem Weidegebiet einer anderen Gemeinschaft durchgeführt werden, wenn dies die Regierung oder eine von der Regierung bestimmte Behörde zulässt.

 

 


 

Anhang     3:     Veröffentlichungen     von     svt,      der     öffentlich-rechtlichen Fernsehgesellschaft Schwedens

 

Vargjakten – EU inleder process mot Sverige

 

Publicerad 27 januari 2011

 

EU-kommissionen beslutade på torsdagen att inleda ett så kallat överträdelseärende mot Sverige om varjakten. Det är ett första steg i en process som kan sluta i EU- domstolen.

 

 

 

  Det är min uppgift som kommissionär att skydda unionens lagstiftning, säger miljökommissionären Janez Potocnik.

  Den svenska vargstammen har en ogynnsam bevarandestatus, och allmän licensjakt ska inte bedrivas på sådana arter.

 

Om Sverige i ett första skede inte lämnar svar som kommissionen är nöjd med blir nästa steg ett så kallat motiverat yttrande till Sverige. Nästa steg är sedan att anmäla Sverige till EU:s domstol.

 

 

 

Licensjakt på varg – „EU- kommissionen vill inte försvåra för rennäringen“

 

 

Publicerat måndag 11 juli 2011 kl 05.47

 

Vargen hör inte hemma i renskötselområdet. Det är budskapet från EU kommissionens Jean François Brakeland under Sverigebesöket där han träffade bland andra representanter från Samernas riksförbund, regeringen och naturskyddsorganisationer.

Wolfsjagd – EU leitet ein Verfahren gegen Schweden ein

 

veröffentlicht am 27.01.2011

 

Die EU-Kommission beschloss am Donnerstag, ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Schweden wegen der Wolfsjagd einzuleiten. Das ist der erste Schritt in einem Verfahren, das beim Europäischen Gerichtshof abgeschlossen werden kann.

 

-  Es ist meine Aufgabe als Kommissar, die Gesetzgebung der Union zu schützen, sagt Umweltkommissar Janez Potocnik.

-  Die schwedische Wolfspopulation hat einen ungünstigen Erhaltungszustand, und eine allgemeine Lizenzjagd darf nicht auf solche Arten durchgeführt werden.

 

Wenn Schweden zunächst keine Antworten gibt, mit denen die Kommission zufrieden ist, wird der nächste Schritt eine sogenannte begründete Stellungnahme an Schweden sein. Der nächste Schritt ist dann eine Anklage zum Europäischen Gerichtshof.

 

 

Lizenzjagd auf den Wolf – „Die EU- Kommission wird wegen der Rentierzucht [Schweden] nicht zur Verantwortung ziehen.“

 

veröffentlicht am Montag, 11.07.2011, 05:47 Uhr

 

Der Wolf gehört nicht in das Rentierhaltungsgebiet. Das ist die Botschaft des Vertreters der EU- Kommission Jean François Brakeland während seines Schwedenbesuches, als er unter anderem Vertreter des Reichsbundes der Samen, der Regierung und von Naturschutzorganisationen traf.

Svaret på frågan om licensjakten på varg har en framtid i Sverige förblir oviss, men en vargkorridor genom renskötselområdet

är inte rätt sätt att förnya vargstammen,

Die Antwort auf die Frage, ob die lizenzierte Jagd auf Wölfe in Schweden eine Zukunft hat, bleibt ungewiss, aber ein

Wolfskorridor durch das


menar Brakeland som är ledare för den deligation från EU-kommissionen som besökt Sverige för att diskutera framtiden för licensjakten på varg.

 

 

EU-kommissionen har hotat att ställa Sverige inför rätta om de inte slutar med licensjakt på varg. Under besöktet träffar de olika intressenter och diskuterar olika angreppssätt för hur vargstammen i Sverige ska förbättras.

 

 

 

Efter mötet med Samernas riksförbund tror Brakeland att en vargkorridor genom renskötselområdet skulle vara allt för störande. Istället tror han att man kan att flytta varg från djurparker och andra länder för att på så sätt få in nya gener i den svenska vargstammen.

 

 

Brakeland menar också att det är viktigt att se till hela rovdjurstrycket inom renskötselområdet när man drar upp strategier för vargen. Det gör att skyddsjakt på varg kommer att förbli accepterad.

 

 

- EU-kommisionen vill inte ytterligare

försvåra för rennäringen, säger Jean François Brakeland.

Rentierhaltungsgebiet ist nicht der richtige Weg, um die Wolfspopulation zu erneuern, argumentiert Brakeland, der Leiter der Delegation der EU-Kommission, die Schweden besuchte, um über die Zukunft der lizenzierten Jagd zu diskutieren.

 

Die EU-Kommission hat damit gedroht, Schweden vor den Gerichtshof zu bringen, wenn es die lizenzierte Jagd auf Wölfe [in Mittelschweden] nicht beenden würde.

Während des Besuches trafen sie verschiedene Interessenten und diskutierten verschiedene Möglichkeiten, wie die Wolfspopulation in [Mittel-] Schweden verbessert werden könne.

 

Nach dem Treffen mit dem Reichsbund der Samen glaubt Brakeland, dass ein Wolfskorridor durch das Rentierhaltungsgebiet allzu störend wäre. Stattdessen glaubt er, dass man Wölfe aus Tiergärten oder anderen Ländern umsiedeln solle, damit so neue Gene in die schwedische Wolfspopulation kommen könnten.

 

Brakeland meint auch, dass es wichtig sei, auf die ganze Raubtierpopulation innerhalb des Rentierhaltungsgebietes zu schauen, wenn man Strategien gegen den Wolf entwickelt. Das kann bewirken, dass die Schutzjagd auf den Wolf weiterhin akzeptiert wird.

 

- Die EU-Kommission wird wegen der

Rentierhaltung nichts weiter unternehmen, sagt Jean François Brakeland.

 


 

Abkürzungsverzeichnis

 

 

Gesetze der Republik Österreich:

 

Die Gesetze der Republik Österreich können über https://www.ris.bka.gv.at/, einer Internetseite des österreichischen Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, abgerufen werden.

 

ABGB                       Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch

 

B-VG                        Bundes-Verfassungsgesetz

 

StGB                        Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB)

 

StPO                        Strafprozeßordnung 1975

 

 

Normen der Europäischen Union:

 

Die Normen der Europäischen Union können über https://eur-lex.europa.eu/, einer auch auf Deutsch verfügbaren Internetseite des Amtes für Veröffentlichungen der Europäischen Union, abgerufen werden.

 

AEUV                       Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Konsolidierte Fassung)

 

EU-Beitrittsvertrag VERTRAG ZWISCHEN DEM KÖNIGREICH BELGIEN, DEM KÖNIGREICH DÄNEMARK, DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND, DER GRIECHISCHEN REPUBLIK, DEM KÖNIGREICH SPANIEN, DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK, IRLAND, DER ITALIENISCHEN REPUBLIK, DEM GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG, DEM KÖNIGREICH DER NIEDERLANDE, DER PORTUGIESISCHEN REPUBLIK, DEM VEREINIGTEN KÖNIGREICH GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND (MITGLIEDSTAATEN DER EUROPÄISCHEN UNION) UND DEM KÖNIGREICH NORWEGEN, DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER REPUBLIK FINNLAND, DEM KÖNIGREICH SCHWEDEN ÜBER DEN BEITRITT DES KÖNIGREICHS NORWEGEN, DER REPUBLIK ÖSTERREICH, DER REPUBLIK FINNLAND UND DES KÖNIGREICHS SCHWEDEN ZUR EUROPÄISCHEN UNION SAMT SCHLUSSAKTE (EU- BEITRITTSVERTRAG),

AKTE über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge

 

EUV                         Vertrag über die Europäische Union in der konsolidierten Fassung vom 07.06.2016

 

FFH-Richtlinie          Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

 

GRCh                       Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2007/C 303/01)

Gesetze der Bundesrepublik Deutschland:

 

Die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland können über https://www.gesetze-im- internet.de/, einer Internetseite des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen werden.

 

BNatSchG               Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 25.Februar 2021 (BGBl. I S.

306) geändert worden ist

 

GG                           Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 u. 2 Satz 2 des Gesetzes vom 29. September 2020 (BGBl. I S. 2048) geändert worden ist

 

GVG                         Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom

9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 16. Juni 2021 (BGBl. I S. 1810) geändert worden ist

 

StGB                        Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom

13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16. Juni 2021 (BGBl. I S. 1810) geändert worden ist

 

StPO                        Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. Juni 2021 (BGBl. I S. 1810) geändert worden ist

 

 

sonstige Rechtsnormen:

 

Diese sind, soweit sie auch für Österreich gelten, genauso abrufbar wie österreichische Gesetze.

 

WÜV                        Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, für Österreich in Kraft seit 27. Jänner 1980, BGBl. 1980, 775.

 

 

Sonstige Abkürzungen:

 

Abs.                          Absatz

 

Art.                           Artikel (einer Rechtsnorm)

 

Aufl.                          Auflage

 

BGBl.                       Bundesgesetzblatt

 

EuGH                       Gerichtshof der Europäischen Union

 

lit.                              Buchstabe

 

Rn                            Randnummer

 

S.                              Seite

Literaturverzeichnis

 

Dreier-Landtag:        Gemeinsame Sitzung des Südtiroler, Tiroler und Trentiner Landtages mit Vorarlberg im Beobachterstatus

Dreier-Landtag, Wortprotokoll der Sitzung vom 16.Otkober 2019 veröffentlicht unter

https://www.landtag-bz.org/download/Dreier-Landtag_Seduta- congiunta_2019.pdf [01.07.2021]

 

EuGH (2007):           Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 10. Mai 2007,

Rechtssache C-508/04 veröffentlicht unter

https://eur-lex.europa.eu/legal- content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A62004CJ0508 [01.07.2021]

 

EuGH (2019):           Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 10.Oktober 2019,

Rechtssache veröffentlicht unter

https://eur-lex.europa.eu/legal- content/DE/ALL/?uri=CELEX:62017CJ0674 [01.07.2021]

 

EU-Parlament: Entschließung des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2018 zu der derzeitigen Lage und den Zukunftsperspektiven der Schaf- und Ziegenhaltung in der EU (2017/2117(INI))

veröffentlicht unter

https://eur-lex.europa.eu/legal- content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52018IP0203&qid=1623830131777 [01.07.2021]

 

Fuchs/Zerbes: Helmut Fuchs und Ingeborg Zerbes, Strafrecht Allgemeiner Teil I, Grundlagen und Lehre von der Straftat, 10. Aufl., Verlag Österreich, Wien 2018

 

Gewessler:               Leonore Gewessler, BA, Bundesministerin, Antwort auf eine parlamentarische Anfrage vom November 2020, Geschäftszahl 2020- 0.592.110

veröffentlicht unter https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/AB/AB_03381/imfnam e_847273.pdf [01.07.2021]

 

Hengstschläger/Leeb:

Johannes Hengstschläger und David Leeb, Grundrechte, 2. Aufl. MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Wien 2013

 

Herdegen:                Matthias Herdegen, Europarecht, 22. Aufl., Verlag C.H.Beck oHG, München 2020

 

Kletečka:                  Welser/Kletečka, Grundriss des bürgerlichen Rechts, Band I, Allgemeiner Teil, Sachenrecht, Familienrecht, 15. Aufl., MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Wien 2018

 

LVWG Salzburg: Landesverwaltungsgericht Salzburg, Erkenntnis vom 10.12.2020, veröffentlicht unter

https://www.salzburg.gv.at/lvwg/Documents/405-1-549-1-61- 2020_dms.pdf [01.07.2021]

Möller:                      Möller, Staatssekretär, in: Thüringer Landtag, 7. Wahlperiode, 10.

Sitzung, Freitag, den 06.03.2020 veröffentlicht unter https://www.thueringer-

landtag.de/uploads/tx_tltcalendar/protocols/Arbeitsfassung10.pdf [01.07.2021]

 

Obwexer:                 Rechtsexperte: „EU lässt Ausnahmefälle zum Wolfsschutz zu“, Interview mit der Tageszeitung „Dolomiten“, zitiert nach https://www.stol.it/artikel/politik/wolf-mittelfristig-in-bruessel-das-fell- abziehen [01.07.2021]

 

Perthold-Stoitzner: Bettina Perthold-Stoitzner, Verfassungsrecht, 2. Aufl., MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH, Wien 2018

 

Rennäringslag:         Rennäringslag (1971:437), utfärdad 1971-06-18, ändrad t.o.m. SFS 2018:364

Rentierwirtschaftsgesetz     Schwedens     vom    18.06.1971,     zuletzt geändert durch Gesetz SFS 2018:364, veröffentlicht unter https://www.riksdagen.se/sv/dokument-lagar/dokument/svensk- forfattningssamling/rennaringslag-1971437_sfs-1971-437 [01.07.2021]

 

Renskötsellag:          Renskötsellag, 848/1990, given i Helsingfors den 14 september 1990, uppdaterad lagstiftning,

Rentierhaltungsgesetz Finnlands vom 14.09.1990, in schwedischer Fassung veröffentlicht unter https://finlex.fi/sv/laki/ajantasa/1990/19900848#P4 [01.07.2021]

 

rbb:                           Gericht spricht Jäger nach Wolfsabschuss frei, Bericht auf der Internetseite des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Berlin und Brandenburg

https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2021/06/jaeger-wolf- abschuss-brandenburg-prozess-freispruch.html [01.07.2021]

 

svt sápmi:                 Sameradion & SVT Sápmi, licensjakt på varg – „EU-kommissionen vill inte försvåra för rennärigen

https://sverigesradio.se/artikel/4595808 [01.07.2021]

 

svt värmland:           svt Nyheter Värmland, Vargjakten – EU inleder process mot Sverige https://www.svt.se/nyheter/lokalt/varmland/vargjakten-eu-inleder- process-mot-sverige [01.07.2021]

 

SZ:                            Naturschutz – Potsdam

Wolf erschossen: Nach Freispruch wird Fall neu verhandelt Bericht auf der Internetseite der Süddeutschen Zeitung, München https://www.sueddeutsche.de/wissen/naturschutz-potsdam-wolf-

erschossen-nach-freispruch-wird-fall-neu-verhandelt-dpa.urn-newsml- dpa-com-20090101-210628-99-176017 [01.07.2021]


 

UNESCO-Kommission:

Österreichische   UNESCO-Kommission,   Immaterielles   Kulturerbe, Bräuche,                     Wissen,       Handwerkstechniken,      Transhumanz       Schafwandertriebe in den Ötztaler Alpen https://www.unesco.at/kultur/immaterielles- kulturerbe/oesterreichisches-verzeichnis/detail/article/transhumanz- schafwandertriebe-in-den-oetztaler-alpen [01.07.2021]

 

wolf.org:                   Wölfe kennenlernen – Verbreitung und Lebensräume https://chwolf.org/woelfe-kennenlernen/verbreitung-lebensraeume [01.07.2021]

 

 

Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Überlegungen richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus folgende

 

Anfrage

 

  1. Ist dieses Gutachten in Ihrem Ressort bekannt?
    1. Wenn ja, seit wann?
    2. wie beurteilen Sie dieses?
    3. Wenn ja, welche Schritte haben Sie in Kenntnis dieses Gutachtens gesetzt?
    4. Wenn ja, welche Schritte werden Sie in Kenntnis dieses Gutachtens setzten?
    5. Wenn ja, wann ist Ihnen dieses Gutachten zugegangen?
    6. Wenn ja, wer hat Ihnen dieses Guthaben in welcher Funktion übermittelt?
    7. Wenn nein, warum nicht?
  2. Sind Ihnen weitere Gutachten betreffend des Schutzstatus des Wolfes bekannt?
    1. Wenn ja, welche?
    2. Wenn ja, wann ist Ihnen dieses jeweils zugegangen?
    3. Wenn ja, sind diese öffentlich einsehbar?
    4. Wenn ja, inwiefern werden diese in Ihrem Ressort geprüft?
    5. Wenn nein, haben Sie Schritte zur Einholung von Gutachten gesetzt?
  3. Inwiefern sehen Sie eine Gefährdung der Almwirtschaft bzw. Familien in Almregionen durch Problemwölfe?
  4. Inwiefern besteht eine besondere Gefährdung für Kinder durch Wölfe bwz. Problemwölfe?
  5. In welcher Höhe belaufen sich die Schäden durch Wolfsrisse zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung? (Bitte nach Bundesländern und Art des Schadensfalls aufschlüsseln)
  6. Plant ihr Ressort – in Kenntnis der hohen Zahlen an Wolfsrissen 2021 – Maßnahmen zu setzten, um den Schutzstatus des Wolfes in Österreich zu senken?
    1. Falls ja, welche und wann?
    2. Falls nein, warum nicht?
  7. Gibt es in Ihrem Ressort Vorbereitungshandlungen im Hinblick auf eine Senkung des Schutzstatus des Wolfes?
    1. Wenn ja, welche?
    2. Wenn ja, seit wann?
    3. Wenn ja, wodurch wurden diese veranlasst?
    4. Wenn nein, warum nicht?
  8. Welche konkreten Schritte zur Umsetzung des wolffreundlichen Entschließungsantrags 584/UEA XXVII. GP von ÖVP und Grüne werden zu welchem Zeitpunkt gesetzt? (Bitte je Zeitplan je umzusetzenden Punkt angeben)
  9. Inwiefern unterstützen Sie die Schaffung einer „Weidezone Tirol“?
  10. Inwiefern unterstützen Sie analoge Bestrebungen in anderen Bundesländern?

 

 



[1] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_07984/index.shtml