8666/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.11.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker,  Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales‚ Gesundheit‚ Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Geringfügige Beschäftigungen und Bezug von Sozial(versicherungs-)leistungen

 

 Im Wechselspiel zwischen Erwerbstätigkeit und sozialen Sicherungssystemen ist eine wesentliche Frage zentral: Wie müssen die sozialen Sicherungssysteme gestaltet sein, dass sie Menschen wieder zurück in eine Erwerbstätigkeit und damit ökonomische Unabhängigkeit bringen? In diesem Zusammenhang lassen sich verschiedene Beschäftigungshemnisse identifizieren, die es für Bezieher_innen von Sozial(versicherungs-)leistungen attraktiver scheinen lassen, keine Erwerbstätigkeit aufzunehmen bzw. nur eine Tätigkeit mit niedriger Erwerbsintensität aufzunehmen. Langfristige Folgen staatlicher Abhängigkeit, langsamer Dequalifizierung, geringer Aufstiegschancen und unzureichender finanzieller Absicherung im Alter werden von vielen Betroffenen, die in solchen Inaktivitätsfallen landen, nicht antizipiert (oder können nicht antizipiert werden).

Häufig wird die Geringfügigkeit als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt betrachtet. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Wer bis zur Geringfügigkeitsgrenze von 475 Euro brutto im Monat dazuverdient, kommt auf 6.650 Euro brutto im Jahr. Netto bleiben ebenfalls 6.650 Euro übrig. Wer aber 476 Euro dazuverdient, kommt netto auf 5.666 Euro im Jahr, verliert also 984 Euro. Obwohl das monatliche Bruttogehalt nur um einen Euro im Monat erhöht wurde. Die gesamten Arbeitskosten steigen für den Arbeitgeber jedoch um mehr als 1.300 Euro jährlich. Das Steuersystem verstärkt das Problem, da oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze Abgaben fällig werden, die den Nettolohn reduzieren. Zudem geht der Anspruch auf das Arbeitslosengeld verloren.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wie viele Personen waren seit 2019 je Monat aufgrund eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses gemeldet? (jeweils einzeln für jeden Monat, für Personen die auch bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nicht über der Geringfügigkeitsgrenze verdienten, nach Geschlecht und Branchen getrennt)
  2. Wie viele Bezieher_innen von verschiedenen Sozial(versicherungs-)Leistungen waren seit 2019 im jeweiligen Bezugsmonat auch aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung angemeldet? (jeweils einzeln für jeden Monat, nach Geschlecht und Branchen getrennt)
    1. Arbeitslosengeld
    2. Notstandshilfe
    3. Alterspension
    4. Kinderbetreuungsgeld
    5. Weiterbildungsgeld 
  1. Wie hoch war jeweils die durchschnittliche Beitragsgrundlage aus der geringfügigen Beschäftigung gem. Frage 2 (jeweils einzeln pro Monat, für jede der gelisteten Leistungen a-e einzeln, nach Geschlecht und Branchen getrennt)
  2. Wie viele Bezieher_innen von Sozial(versicherungs-)Leistungen waren im Jahresdurchschnitt seit 2019 während eines Monats, in dem eine solche Leistung bezogen wurde, auch aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung gemeldet? (jährlich für 2019, 2020 und 2021 nach Geschlechtern und Branchen getrennt)
    1. Arbeitslosengeld
    2. Notstandshilfe
    3. Alterspension
    4. Kinderbetreuungsgeld
    5. Weiterbildungsgeld
  1. Wie viele Bezieher_innen von Sozial(versicherungs-)Leistungen waren im Jahresdurchschnitt seit 2019 während eines Monats, in dem eine solche Leistung bezogen wurde, auch aufgrund einer unselbständigen UND selbständigen geringfügigen Beschäftigung gemeldet? (jährlich für 2019, 2020 und 2021 nach Geschlechtern und Branchen getrennt)
  2. Wie viele der Personen laut Frage 5 kamen dabei insgesamt auf ein Einkommen über der jeweils geltenden Geringfügigkeitsgrenze? (jährlich für 2019, 2020 und 2021 nach Geschlechtern und Branchen getrennt)
  3. Welche Gründe stehen einem automatischen Datenabgleich zwischen verschiedenen Zahlstellen von Sozial(-versicherungs-)leistungen (AMS, Sozialversicherungsträger usw.) entgegen?
  4. Würde ein automatischer Datenausgleich zwischen verschiedenen Stellen (z.B. AMS, Sozialversicherungsträger, ...) im Zusammenhang mit der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung nicht flexiblere Zuverdienstmöglichkeiten erlauben?