8731/J XXVII. GP

Eingelangt am 19.11.2021
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Anfrage

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend der Behördlichen Unternehmer- und Mitarbeiterstrafen bei nicht erbrachten PCR-Tests

 

Mit 15. November 2021 trat in Österreich die 3G-Regelung am Arbeitsplatz in Kraft. Mitarbeiter, die nicht genesen oder geimpft waren, durften ab diesem Zeitpunkt nur noch mit einem gültigen PCR-Testnachweis ihren Arbeitsplatz aufsuchen.

Schon während der Übergangsfrist von 1. bis 15. November stellte sich heraus, dass die Teststationen völlig überlastet waren. „Bei uns melden sich hunderte Mitglieder, sowohl geimpft als auch ungeimpft, die berichten, dass die Teststationen völlig überlastet sind und ein ausreichendes Testen für 3G am Arbeitsplatz fast unmöglich ist“, sagte Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA am 9. November.[1]

 

In Kärnten wurden in der ersten Woche der 3G-Regelung am Arbeitsplatz 104.000 Tests an die Bevölkerung gebracht, aber nur 16.000 Tests konnten bis Freitag der besagten Woche ausgewertet werden.[2]

 

„Zusperren mussten Betriebe aufgrund der 3G-Rgel bisher nicht“, sagte Stefan Sternad, Fachgruppenobmann für Gastronomie der Wirtschaftskammer Kärnten, gegenüber der APA am 15. November. „Allerdings haben schon Leute nach Hause geschickt werden müssen, da ihr PCR-Testergebnis auch nach über 24 Stunden noch nicht vorlag. Sternad sprach von chaotischen Zuständen bezüglich der PCR-Testungen und fehlenden Strukturen im Land.“[3]

 

„Laut Schätzungen des Gesundheitsministeriums benötigen wegen der 3-G-Regel am Arbeitsplatz rund 1,4 Millionen Erwerbstätige regelmäßig einen Test. Unter der Annahme, dass sich die Testungen je zur Hälfte auf PCR-Tests und Antigen-Tests aufteilen, werden laut Ministerium pro Tag rund eine Million Tests für 3-G am Arbeitsplatz benötigt.“[4]

 

Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl deklarierte nach Auftreten des Testchaos am 18. November, dass „viele Unternehmen in eine heikle juristische Zwickmühle geraten“. „Auf der einen Seite wären die ungeimpften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch bei gutem Willen nicht rechtzeitig die erforderlichen Testergebnisse bekommen würden; auf der anderen Seite die Auftraggeber, die Pönalen einfordern könnten, wenn Aufträge nicht rechtzeitig fertiggestellt würden.“[5]

 

Die Verwaltungsstrafen für Arbeitnehmer bei Nicht-Einhaltung der 3G-Regel können bis zu 500 Euro betragen, für Arbeitgeber bis zu 3.600 Euro. Der Arbeitgeber darf seine Strafe aber nicht vom Lohn des betroffenen Mitarbeiters abziehen, da es eine Verwaltungsstrafe ist, also an eine Behörde geht.[6]

 

„Neben verwaltungsstrafrechtlichen Konsequenzen drohen Arbeitnehmern aber auch arbeitsrechtliche Folgen. Zum einen besteht für den Zeitraum des fehlenden 3G-Nachweises und der damit verbundenen entfallenden Arbeitsleistung kein Anspruch auf Entgeltzahlung. Zum anderen kann das Fehlen des 3G-Nachweises auch zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen.“[7]

 

„Wenn das Land erwartet, dass sich die Wirtschaft an die neuen Regelungen hält, muss es auch die Möglichkeit dafür schaffen. Wenn sich der Corona-Sprecher des Landes öffentlich für das Testchaos entschuldige und gleichzeitig zugebe, dass es ‚keinen Plan B‘ gebe, dann dürfe diese Situation nicht auf Kosten der Unternehmen und ihrer Beschäftigten gehen“, so WK-Präsident Mandl.5

 

„Vor allem kleinere Gewerbebetriebe seien betroffen. Größere Unternehmen hätten ganz andere Ressourcen sowie teilweise innerbetriebliche Impf- und Testangebote. In Oberösterreich wurden laut Krisenstab am Montag (Anm. 15. November 2021) knapp 370 Betriebe und 1.300 Personen kontrolliert. Dabei gab es knapp 22 Verstöße, für die es Anzeigen beziehungsweise Organmandate setzte.“[8]

 

Laut dem Landesvorsitzenden des ÖGB Kärnten Hermann Lipitsch eskaliert die Situation momentan bereits derart, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Schreiben zum Unterzeichnen vorlegen. „Darin stehe, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei behördlichen Kontrollen auch die Strafen der Arbeitgeber zu bezahlen hätten, wenn kein PCR-Test vorliege. Nicht nur, dass in den Teststraßen das absolute Chaos herrsche, nun würden auch noch die Arbeitnehmer, die sich in ihrer Freizeit stundenlang vor den Teststraßen anstellen müssten, von ihren Arbeitgebern gezwungen, deren Strafen zu begleichen.“[9]

 

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Wie ist die Strafe, die einen Unternehmer bei Nicht-Einhaltung der 3G-Regel am Arbeitsplatz erwartet?

2)    Wie ist die Strafe, die einen Mitarbeiter bei Nicht-Einhaltung der 3G-Regel am Arbeitsplatz erwartet?

3)    Kann der Unternehmer die Begleichung seiner Strafe vom Mitarbeiter „verlangen“ bzw. ihm diese vom Gehalt abziehen?

a)    Wenn ja, warum?

b)    Wenn nein, warum nicht?

4)    Kann ein Mitarbeiter gekündigt werden, wenn er die 3G-Regel am Arbeitsplatz nicht einhält?

5)    Wie viele Betriebe wurden in der Woche vom 15. bis 18. November in Österreich auf die Einhaltung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz kontrolliert? (Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl und Aufschlüsselung nach Bundesländern)

6)    Wie viele 3G-Verstöße am Arbeitsplatz gab es in der Woche vom 15. bis 18. November in Österreich? (Mit der Bitte um Angabe einer Gesamtzahl und Aufschlüsselung nach Bundesländern)

a)    Wie viele davon konnten ihren 3G-Nachweis aufgrund fehlender Testkapazitäten bzw. eines verspäteten Testergebnisses nicht erbringen?

7)    Ist es rechtlich zulässig, dass Arbeitgeber von ihren Arbeitnehmern „verlangen“ ein Schreiben zu unterzeichnen, in dem sie sich bereit erklären, bei behördlichen Kontrollen die Strafen der Unternehmer zu übernehmen?

a)    Wenn ja, warum?

b)    Wenn nein, warum nicht?

8)    Sind von Ihrem Ministerium „Schadensersatzzahlungen“ geplant, wenn Unternehmer Pönalstrafen wegen verzögerter Lieferungen oder Fertigstellungen zahlen müssen, für den Fall, dass die Verzögerung nachweislich auf nicht verfügbare Testtermine bzw. verspätete Testergebnisse der Mitarbeiter zurückgeführt werden kann?



[1] https://www.oe24.at/coronavirus/gewerkschaft-testangebot-fuer-arbeit-ein-schlechter-witz/498219183

[2] https://tvthek.orf.at/profile/Pressekonferenz-Verschaerfung-der-CoV-Massnahmen-in-Kaernten/13893365/Pressekonferenz-Verschaerfung-der-CoV-Massnahmen-in-Kaernten/14113270/Statement-von-Gesundheitsreferentin-Beate-Prettner-SPOe/15035691

[3] https://www.vienna.at/3g-am-arbeitsplatz-chaos-um-pcr-testergebnisse-am-1-tag/7193798

[4] https://orf.at/stories/3236573/

[5] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211118_OTS0028/corona-testchaos-mandl-fordert-aussetzen-von-unternehmerstrafen

[6] https://www.oegb.at/themen/arbeitsrecht/corona-und-arbeitsrecht/3g-am-arbeitsplatz--diese-regeln-gelten-ab-1--november-

[7] https://blog.pwclegal.at/3g-am-arbeitsplatz-was-muessen-arbeitgeber-beachten/

[8] https://www.derstandard.at/story/2000131168424/3g-am-arbeitsplatz-betriebe-mussten-mitarbeiter-nach-hause-schicken

[9] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/oesterreich/2127995-OeGB-Beschaeftigte-genoetigt-Firmenstrafen-zu-zahlen.html