Eingelangt am 24.11.2021
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Julia Seidl,
Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für
Landwirtschaft‚ Regionen und Tourismus
betreffend Selbstbedienungsladen Spanische
Hofreitschule: volle Transparenz und rasche Konsequenzen!
Am 29. Oktober 2021 veröffentlichte der
Rechnungshof einen Bericht betreffend „Spanische Hofreitschule –
Lipizzanergestüt Piber“. Neben Kritik an mangelnder Bewegung der
Lipizzaner sowie einer hohen "Einsatzfrequenz der Hengste (...), die sich
zulasten der Gesundheit der Pferde auswirkte" (1), bemängelte der
Rechnungshof vor allem die fehlende Wirtschaftlichkeit und
Liquiditätsengpässe der Spanischen Hofreitschule -
Lippizanergestüt Piber Gesellschaft öffentlichen Rechts.
Demnach war die Gesellschaft laut Prüfung
durch den Rechnungshof "im Jahr 2014 in ihrem wirtschaftlichen Bestand
gefährdet (...), weil ihr aufgrund der fehlenden liquiden Mittel die
Illiquidität drohte und auch eine Finanzierung durch Geschäftsbanken
ohne Garantie des Bundes nicht mehr möglich war". (2) Zudem hat der
Rechnungshof kritisch angemerkt, dass die Gewährung einer jährlichen
Zuchtförderung durch das Landwirtschaftsministerium an die Gesellschaft
keine mittelfristige Planungssicherheit gewährleistet. Auch das
Abschließen verbindlicher, mehrjähriger Leistungsvereinbarungen
zwischen BMLRT und der Spanischen Hofreitschule - Lippizanergestüt Piber
Gesellschaft öffentlichen Rechts wurde vom Rechnungshof empfohlen.
Doch mit diesem Rechnungshofbericht war die
Aufregung rund um die Spanische Hofreitschule nicht beendet. Rund zwei Wochen nach
Veröffentlichung des Rechnungshofberichts, wurde ein neuer Vorwurf
öffentlich: "Der Aufsichtsratsvorsitzende soll auf Kosten der
Hofreitschule seit Jahren einen Hengst für seine Tochter ausbilden
lassen" (3). Laut ORF-Berichterstattung soll die Tochter des
Aufsichtsratsvorsitzenden 2013 einen Hengst um kolportierte €12.000
gekauft haben, der nunmehr seit acht Jahren von der Spanischen Hofreitschule
ausgebildet wird. Die Einstellgebühren von €1.200/Monat zahlt
angeblich der Vorsitzende. Für Kosten wie tierärztliche
Untersuchungen, Hufbeschlag und Bereiter muss jedoch laut Medienberichten die
Hofreitschule selbst aufkommen (4). Die Höhe des Schadens wird auf
€700.000-€800.000 geschätzt.
Gegenüber dem ORF nahm ein Mitarbeiter
der Spanischen Hofreitschule wie folgt Stellung:
"Er (Anm.
der Aufsichtsratsvorsitzende) mischt sich da schon ein und sagt: Wo sind die
Bereiter für meine Tochter? Ich brauche jetzt jemanden am Heldenberg oder
so. Die Bereiter und Bereiterinnen sind extrem unzufrieden mit der Situation,
weil sie dafür nichts bezahlt bekommen. Und weil ja auch klar ist, dass
auch die Hofreitschule nichts dafür bekommt“ (5)
Quellen:
(1) Bericht des Rechnungshofes,
"Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber", Reihe
BUND 2021/36 (https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/news/news_2/Spanische_Hofreitschule_Lipizzaner_zu_wenig_in_Bewegung.html),
Seite 63
(2) Bericht des Rechnungshofes,
"Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber", Reihe
BUND 2021/36 (https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/news/news/news_2/Spanische_Hofreitschule_Lipizzaner_zu_wenig_in_Bewegung.html),
Seite 41
(3) ORF Wien, "Neuer Vorwurf gegen
Hofreitschule" (15.11.2021) https://wien.orf.at/stories/3130115/
(4) Salzburger Nachrichten, "Starhengst
zum Billigtarif: Lipizzaner ohne Absprache verkauft" (17.11.2021) https://www.sn.at/panorama/oesterreich/starhengst-zum-billigtarif-lipizzaner-ohne-absprache-verkauft-112579594
(5) ORF Wien, "Neuer Vorwurf gegen
Hofreitschule" (15.11.2021) https://wien.orf.at/stories/3130115/
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher
folgende
Anfrage:
Zum Rechnungshofbericht "Spanische
Hofreitschule - Lippizanergestüt Piber", Reihe Bund 2021/36
- Der Rechnungshof empfahl dem BMLRT,
Richtlinien für die Wahrnehmung des Beteiligungsmanagements im Sinne
eines strukturierten Zusammenspiels zwischen Budgetabteilung,
Eigentümervertretung sowie Fachexpertinnen und –experten zu
erstellen und die Sektion Tourismus in das Beteiligungsmanagement
einzubinden (TZ 7).
- Warum hat das BMLRT bisher bei der Erstellung
des Unternehmenskonzepts weder quantifizierte Ziel-, Leistungs- oder
Effizienzvorgaben gemacht noch Evaluierungen zur Umsetzung des
Unternehmenskonzepts 2014-2018 eingefordert?
- Wird das BMLRT der Empfehlung des
Rechnungshofes nachkommen?
i. Wenn ja, welche Schritte und bis wann wird das das BMLRT setzen?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Der Rechnungshof empfahl dem BMLRT, die
Steuerungsmöglichkeiten gegenüber der Spanischen Hofreitschule -
Lippizanergestüt Piber Gesellschaft öffentlichen Rechts, durch
quantifizierte Ziel-, Leistungs- und Effizienzvorgaben verstärkt
wahrzunehmen, deren Erreichung anhand von Performance-Indikatoren zu
überwachen und entsprechende Berichtspflichten im Sinne des
Bundes–Public Corporate Governance Kodex im Regelwerk der Gesellschaft
zu verankern (TZ 7).
- Warum hat das BMLRT bisher keine
Richtlinien für die Zusammenarbeit der Budgetabteilung, der
Eigentümervertretung sowie der zuständigen Fachabteilung
für Tierzucht im Ministerium im Sinne eines angemessenen Einflusses
des Ministeriums erlassen?
- Wird das BMLRT der Empfehlung des
Rechnungshofes nachkommen?
i. Wenn ja, welche Schritte und bis wann wird das das BMLRT setzen?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Der Rechnungshof empfahl dem BMLRT, die
jährlichen finanziellen Zuschüsse an die Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt
Piber Gesellschaft öffentlichen Rechts auf Basis der
Unternehmenskonzepte durch eine mehrjährige Basisabgeltung zu
ersetzen und sich dabei an den Regelungen für andere
Kultureinrichtungen (Museen, Bundestheater) zu orientieren (TZ 12).
- Warum wurden die bisherigen finanziellen
Zuschüsse in Form einer jährlichen Förderung ausbezahlt
und war dem BMLRT bewusst, dass dieser jährliche Zuschuss
mittelfristige Planungssicherheit verunmöglichte?
- War dem BMLRT bewusst, dass die
Gesellschaft nur durch die öffentlichen Zuwendungen wirtschaftlich
überlebensfähig war und Zahlungsunfähigkeit in den Jahren
2014 und 2015 drohte?
- Wird das BMLRT der Empfehlung des
Rechnungshofes nachkommen?
i. Wenn ja, welche Schritte und bis wann wird das das BMLRT setzen?
ii. Wenn ja, hat das Ministerium bereits Austausch mit dem
Bundesministerium für Finanzen gesucht?
iii. Wenn nein, warum nicht?
- Der Rechnungshof empfahl dem BMLRT, eine
verbindliche mehrjährige Leistungsvereinbarung zur effizienten
Leistungserbringung und Finanzierung mit der Spanischen
Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber Gesellschaft
öffentlichen Rechts abzuschließen und die fixierten Ziele und
Maßnahmen in das Unternehmenskonzept mit konkreten Kennzahlen
einfließen zu lassen, um entsprechendes Controlling gewährleisten
zu können (TZ 13).
- Warum wurde bisher keine verbindliche
mehrjährige Leistungsvereinbarung mit der Spanischen
Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber
Gesellschaft öffentlichen Rechts abgeschlossen?
- Wie konnte das BMLRT ohne mehrjährige Leistungsvereinbarung
die Leistungserbringung der Gesellschaft bisher gewährleisten?
- Wird das BMLRT der Empfehlung des
Rechnungshofes nachkommen?
i. Wenn ja, welche Schritte und bis wann wird das das BMLRT setzen?
ii. Wenn ja, bis wann werden die entsprechenden Änderungen im
Spanischen-Hofreitschule-Gesetz vorgenommen?
iii. Wenn nein, warum nicht?
- Der Rechnungshof empfahl dem BMLRT, bei
Abschluss einer Leistungsvereinbarung auch die Interne Revision und deren
Zuständigkeit zu regeln (TZ 18).
- War dem BMLRT bekannt, dass die
Gesellschaft kein umfassendes Internes Kontrollsystem implementiert
hatte, keine den allgemein anerkannten, internationalen
Revisionsstandards entsprechende Interne Revision eingerichtet hatte und
stattdessen den Rechnungshof als Interne Revision anführte?
i. Wenn ja, warum hat das BMLRT keine Schritte unternommen, um zur
Errichtung einer Internen Revision in der Gesellschaft beizutragen?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Wird das BMLRT der Empfehlung des
Rechnungshofes nachkommen?
i. Wenn ja, welche Schritte und bis wann wird das das BMLRT setzen?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Der Rechnungshof empfahl dem BMLRT, in
periodischen Abständen schriftliche Soll–Ist–Vergleiche
in Bezug auf die Umsetzung der Maßnahmen und auf die Erzielung der
beabsichtigten Erlöse einzufordern, um auf dieser Basis
gegebenenfalls Strategiekorrekturen im Sinne einer rollierenden Planung
einzuleiten (TZ 8).
- War dem BMLRT bekannt, dass aufgrund
fehlender Soll-Ist-Vergleiche, Informationen, ob die Gesellschaft bzw.
deren Geschäftsbereiche, Überschüsse oder Verluste
erwirtschafteten, nicht existierten?
i. Wenn ja, warum hat das BMLRT im Rahmen der periodischen
Quartalsberichte keine derartigen Vergleiche eingefordert?
ii. Wenn nein, warum nicht?
- Wird das BMLRT der Empfehlung des
Rechnungshofes nachkommen?
i. Wenn ja, welche Schritte und bis wann wird das das BMLRT setzen?
ii. Wenn nein, warum nicht?
Zu den Vorwürfen rund um den
Aufsichtsratsvorsitzenden
- Ab wann und in welcher Form sind Ihnen oder
Ihrem Kabinett die erhobenen Vorwürfe zur Kenntnis gebracht worden?
- Wurden Ihnen oder Ihrem Kabinett schon
in der Vergangenheit Zweifel an der ordnungsgemäßen
Führung der Geschäfte der Spanischen Hofreitschule zur Kenntnis
gebracht?
- Wenn ja, welche?
- Welche unmittelbaren Maßnahmen wurden
nach Bekanntwerden dieser gravierenden Vorwürfe gesetzt?
- Wie wurde mit gegenständlichem Pferd
seit Bekanntwerden dieser gravierenden Vorwürfe umgegangen?
- Ist dem BMLRT bekannt, ob der Hengst nach
wie vor in den Stallungen der Hofburg bzw. im Lipizzaner
Ausbildungszentrum am Heldenberg, Niederösterreich, eingestellt ist?
- Ist dem BMLRT bekannt, ob der Hengst nach
wie vor bei Vorführungen eingesetzt wird?
- Ist dem BMLRT bekannt, ob die Tochter des
Aufsichtsratsvorsitzenden nach wie vor Reitunterricht auf dem Pferd
nimmt?
- Welchen konkreten Inhalt hatten die
Stellungnahmen der Geschäftsführung und der drei vom Ministerium
entsandten Aufsichtsräte?
- Inwiefern wurde darin auf die
Rechtmäßigkeit von Umfang und Marktüblichkeit des
Einstellvertrags (insbesondere mit Blick auf gültige
Compliance-Bestimmungen) eingegangen?
- Inwiefern wurde darin auf mögliche
Interessenskonflikte bzw. Inanspruchnahme ungerechtfertigter
Vorteile eingegangen?
- Können Sie ausschließen, dass der
Republik Österreich ein Imageschaden entstanden ist?
- Wenn nein, wie hoch ist die Schadenssumme?
- Welche Schritte wurden gesetzt, um für
mögliche Verfahrensschritte das Ausmaß des eingetretenen
Schadens zu berechnen?
- Welche relevanten Schritte wurden
für strafrechtliche Verfahren in dieser Angelegenheit gesetzt?
- Welche relevanten Schritte
wurden für zivilrechtliche Verfahren in dieser Angelegenheit
gesetzt?
- Welche relevanten Schritte wurden für
disziplinarrechtliche Verfahren in dieser Angelegenheit gesetzt?
- Inwiefern sollen Geschäftsführung
und Aufsichtsrat nach diesem Vorfall neu gestaltet werden?
- Welche konkreten Maßnahmen sind
geplant, um solche Missstände in Zukunft zu verhindern?