879/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.02.2020
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Anfrage

 

der Abgeordneten Sabine Schatz, Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Inneres

betreffend das faschistische Ustaša-Treffen in Bleiburg/Kärnten 2019 und 2020

Alljährlich findet in Bleiburg/Kärnten ein Treffen zum Gedenken an die faschistischen Ustaša-Einheiten statt. Das Treffen gilt als eines der größten rechtsextremen Netzwerktreffen Europas. Den österreichischen Bürgerinnen und Bürgern entstehen bei diesen jährlichen Treffen nicht nur hohe Sicherheitskosten, sondern es werden auch Straßen und Bahnstrecken blockiert.

Des Weiteren kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Verstößen gegen das NS-Verbotsgesetz, wie frühere Anfragen ergaben[1]. Neben offen zur Schau gestellten NS-Symbolen und Hitlergrüßen fallen insbesondere auch faschistische Symbole ins Auge, die bisher nach geltender österreichischer Rechtslage keinen strafbaren Tatbestand erfüllten.

Mit der Symbolegesetz-Novelle wurden nun auch die Ustaša-Gruppierungen in den Wirkungsbereich aufgenommen, die viele ihrer Symbole beim Treffen in Bleiburg vermutlich offen zeigen werden[2]. Allerdings sind etliche Symbole der Ustaša-Gruppierung durch die Gesetzesnovelle nicht erfasst, sodass auch heuer wieder davon auszugehen ist, dass viele einschlägige Abzeichen zu sehen sein werden.

Die katholische Kirche erteilt für das Jahr 2019 keine Erlaubnis zur Feier der heiligen Messe auf dem Loibacher Feld bei Bleiburg in Kärnten. Es wird eine politische Instrumentalisierung des Gottesdienstes durch Ustaša-Anhänger sowie fehlende Distanz zu faschistischem Gedankengut geortet.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehende

 

Anfrage

 

1.       Ist in Ihrem Ressort bekannt, wann das Ustaša-Treffen in Bleiburg im Jahr 2020 stattfinden wird?

a.       Wenn ja, wann wir diese Versammlung/Veranstaltung stattfinden?

b.       Wenn ja, wurde für das Jahr 2020 bereits eine Veranstaltung oder Versammlung nach Veranstaltungs- oder Versammlungsrecht angemeldet?

                                                               i.      Wenn ja, von wem für welchen Tag?

c.        Wenn ja, wann?

d.       Wenn ja, wo wird diese Veranstaltung stattfinden?

2.       Wie viele Amtshandlungen fanden beim Ustaša-Treffen 2019 insgesamt statt?

a.       Fanden diese jeweils auf Privatgrund oder öffentlichem Grund statt?

b.       Was war jeweils der Auslöser für diese Amtshandlungen und auf Grund welcher Verstöße? (Bitte um Auflistung)

c.        Wie wurde die Amtshandlung evaluiert und welche Organisationseinheiten des BMI und anderer Ressorts wurden die Ergebnisse zu welchem Zeitpunkt in welcher Form berichtet?

d.       Wurden auch während des Trefens 2019 Bedienstete von Medien im Sinne des MedienG beamtshandelt?

                                                               i.      Wenn ja wie viele, wann, wo und warum?

                                                              ii.      Was geschah jeweils mit den Daten der beamtshandelten JournalistInnen?

3.       Wie haben in diesem Zusammenhang VertreterInnen des Veranstalter-Vereins “Bleiburger Ehrenzug” an den Amtshandlungen mitgewirkt bzw. diese unterstützt oder behindert?

4.       Wie hoch waren jeweils die Kosten des Polizeieinsatzes im Jahr 2018 und 2019? Wie viele BeamtInnen waren von welchen Organisationseinheiten im Einsatz und wie lange dauerte der Einsatz?

5.       Wurden die Kosten den Veranstaltern weiterverrechnet? Wenn nein, warum nicht?

6.       Wurden Mitglieder des privaten Vereins “Bleiburger Ehrenzug” im Jahr 2019 zum “Rundflug” über die Veranstaltung (bzw. Einsatz bzw. „Notlage“) mitgenommen und die Möglichkeit eingeräumt, Fotos anzufertigen?

a.       Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage geschah dies?

7.       Haben Organe der österreichischen Sicherheitsbehörden im Jahr 2019 Fotos angefertigt und diese dann den Mitgliedern des privaten Vereins “Bleiburger Ehrenzug” bzw. den Herausgebern von Publikationen verkauft bzw. überlassen?

a.       Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage geschah der Verkauf bzw. die Überlassung?

b.       Wie hoch waren die entsprechenden Einnahmen? Welche Stelle hat diese Einnahmen verbucht?

8.       In den Jahren vor dem Jahr 2018 wurden vor dem Zutritt zum Gelände des Ustaša-Treffens (Übergang von öffentlicher Straße zu Privatgelände des Vereins „Bleiburger Ehrenzug“) Personenkontrollen durch die österreichischen Sicherheitsbehörden durchgeführt. Im Jahr 2018 führten die Veranstalter der Ustaša-Feier erstmals selbst Zutrittskontrollen durch, die durch eigene Securities umgesetzt wurde. Auf welcher Rechtsgrundlage fand die Personenkontrolle von TeilnehmerInnen in den Jahren 2010 bis 2017 statt?

a.       Wurde 2019 von der Maßnahme abgesehen und diese an private Securities übergeben?

                                                               i.      Wenn ja, welche Person, Stelle oder welches Gremium traf die Entscheidung, die Zutrittskontrollen nicht mehr durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, sondern durch Securities durchführen zu lassen und was war das Datum dieser Festlegung (Datum der Sitzung, o.Ä.)?

9.       Die Zutrittskontrolle im Jahr 2018 wurde auf einer öffentlichen Straße (GstNr 855, EZ 365, KG 76021) durchgeführt, wie zahlreiche Fotos und Videos belegen. Wo und durch welche Personen oder Sicherheitsbehörden fanden im Jahr 2019 die Zutrittskontrollen statt?

a.       Auf welcher gesetzlichen Grundlage können private Securities auf einer öffentlichen Straße Personen und Taschenkontrollen durchführen?

10.    Einigen Personen wurde im Jahr 2018 das Passieren der Zutrittskontrolle verwehrt. Wurde im Jahr 2019 Personen der Zutritt verwehrt?

11.    War die Katholische Kirche Kärntens im Jahr 2019 Veranstalter, Mitveranstalter oder unbeteiligter Dritter?

12.    Aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage (3794/AB vom 26.08.2019 zu 3803/J (XXVI.GP)) geht hervor, dass 2019 seitens der österreichischen Exekutive „zehn kroatisch sprachkundige österreichische Polizeibeamte“ für die Überwachung der 10.000 angereisten, großteils kroatisch sprechenden VeranstaltungsteilnehmerInnen im Einsatz waren. Was gab den Auslöser, bei der Ustaša-Feier im Jahr 2019 mehr kroatisch sprechenden Einsatzkräfte als in den vorangegangenen Jahren einzusetzen?

13.    Im Jahr 2019 kamen zwölf uniformierte kroatische PolizeibeamtInnen zum Einsatz. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte dieser Einsatz?

a.       Welcher Einheit bzw. welchem Verband gehörten diese an?

b.       Wie waren diese eingesetzt?

14.    Welche Kosten entstanden durch den Einsatz der kroatischen PolizistInnen?

15.    Haben die kroatischen PolizistInnen Amtshandlungen gesetzt? Falls ja, welche und auf welcher Rechtsgrundlage?

a.       Haben diese Waffen getragen? Wenn ja, welche und auf welcher gesetzlichen Basis?

16.    Wurde über den Einsatz während der Ustaša-Feier 2019 ein Einsatzbericht erstellt?

a.       Wenn ja, wem wurde der Einsatzbericht der Ustaša-Feier 2019 übermittelt?

17.    Zu welchen sonstigen Amtshandlungen ist es am 18.05.2019 im Bezirk Völkermarkt in Zusammenhang mit der Ustaša-Feier 2019 gekommen? (Bitte um Auflistung)

18.    Wurde der Einsatzbericht auch der Katholischen Kirche Kroatiens oder dem Verein „Bleiburger Ehrenzug“ übermittelt?

a.       Wenn ja, wem, durch wen, wann und warum?

19.    Die Ustaša-Feier am 18.Mai 2019 begann mit einer „Deutschen Messe" beim Kriegerdenkmal im Zentrum der Stadt Bleiburg/Pliberk, geleitet vom Pfarrer der Altkatholischen Kirche, Erich Ickelsheimer, gefolgt vom offiziellen Ustaša-Treffen am Friedhof in Unterloibach/Spodnje Libuče, wo Kerzen und Kränze vor ein Ustaša-Soldatengrab gelegt wurden. Nach dem Kundgebungsmarsch wurde am Loibacher Feld/Libuško polje eine Messe abgehalten, die von der kroatischen Bischofskonferenz veranstaltet wurde. Die Predigt des Bischofs Ivica Petanjak wurde als „Ansprache“ abgehalten. Gab es seitens des BVT oder des LVT eine inhaltliche Auseinandersetzung/gesetzte Handlungen diese Rede betreffend?

a.       Wenn ja, welche?

b.       Wenn ja, erfolgte eine Einstufung seitens des Extremismus-Referates des BVT?

                                                               i.      Wenn ja, wann?

                                                              ii.      Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

20.    Wurde die „Ansprache“ seitens Ihres Ressorts aufgenommen? Wurde das Videomaterial zur Rede ausgewertet?

a.       Wenn ja, wenn ja, wann?

21.    Wurde die „Ansprache“ seitens Ihres Ressorts transkribiert?

a.       Wenn ja, wann?

22.    Wurde das Transkript seitens Ihres Ressorts übersetzt oder wurde eine Transkription angefordert?

a.       Wenn ja, wer erstellte diese Übersetzung?

b.       Wenn ja, wann?

23.    An der Ustaša-Feier 2019 nahmen auch Funktionäre der kroatischen Partei „Unabhängige für Kroatien“ teil. Welche Wahrnehmungen, Kenntnisse haben die Sicherheitsbehörden zu Tomislav Sunić, Zlatko Hasanbegović, Željko Glasnović, Ruža Tomašić?

a.       Sind die genannten Personen amtsbekannt in Österreich?

b.       Gibt es Verbindungen zwischen oben genannten Personen und den österreichischen Identitären?

c.        Gibt es Verbindungen zwischen oben genannten Personen und FunktionärInnen der FPÖ?

d.       Gibt es Verbindungen zwischen oben genannten Personen und österreichischen Burschenschaften?

e.       Gibt es Verbindungen zwischen oben genannten Personen und einschlägig bekannten österreichischen Rechtsextremen?

24.    Wie viele Versammlungen im Sinne des VersammlungsG wurden im Bezirk Völkermarkt für den 18.5.2019 angemeldet?

25.    Wie viele Versammlungen im Sinne des VersammlungsG wurden für den 18.5.2019 untersagt?

26.    Für welchen Zeitraum archivieren die zuständigen Versammlungsbehörden und die zuständigen Landesämter für Verfassungsschutz Informationen zu Versammlungen?

27.    Ist dem BMI bekannt, wie viele VertreterInnen von Vereinen während der Ustaša-Feier 2019 gesprochen haben?

28.    Kam es bei der Ustaša-Feier 2018 auch eine Anzeige nach der Gewerbeordnung wegen unbefugter Gewerbeausübung durch anwesende Polizeibeamte?

a.       Wo wurde die Tat begangen?

b.       Was wurde verkauft?

c.        Bei welcher Behörde erfolgte die Anzeige?

29.    Die Anzeigenstatistik für die Ustaša-Feier 2019 umfasst auch eine Anzeige wegen Übertretung nach dem §3g VerbotsG1947.

a.       Wer stellte die Tat fest und leitete die Amtshandlung ein?

b.       Wo wurde die Tat begangen?

c.        Wann wurde der Verdacht wegen Verstoß nach VerbotsG an die StA Klagenfurt gemeldet?

d.       Mit welchen Ermittlungsschritten wurden die Sicherheitsbehörden in weiterer Folge beauftragt?

30.    Für das Jahr 2020 werden 30.000 BesucherInnen der Ustaša-Feier erwartet. Gibt es Pläne, den Grenzübergang Grablach/Grablje zu sperren oder anderweitig besonders zu sichern?

a.       Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage?

b.       Wenn nein, warum nicht?

31.    In den vergangenen Jahren wurden von den Teilnehmenden öffentliche Straßen als Parkplatz genutzt. Ist dem BMI bzw. den nachgeordneten Dienststellen bekannt, wie man im Jahr 2020 verfahren wird?

32.    Em. o. Univ. Prof. DDr. Heinz Mayer legt in einem verfassungsrechtlichen Gutachten vom 8. April 2019 dar, dass eine Untersagung des Gedenkens geboten sei, da von dem Treffen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen würde. Ist ihrem Ressort dieses Gutachten bekannt?

a.       Wenn ja, werden Sie eine Weisung erteilen, das Treffen zu untersagen und wann?

b.       Wenn ja, welche Organisationseinheiten Ihres Ressorts haben das Gutachten erhalten?

c.        Wenn nein, warum nicht?

 

 



[1] beispielsweise 12852/AB vom 22.08.2017 zu 13643/J (XXV.GP)

[2] siehe Abbildung 1 und 2 in Frage 7