8917/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.12.2021
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Anfrage

 

der Abgeordneten Robert Laimer, Alois Schroll

Genossinnen und Genossen,

 

an die Bundesministerin für Landesverteidigung

 

betreffend Aufgabenerfüllung und Einsatzbereitschaft des Pionierbataillons 3 (PiB 3)

 

Das Bundesministerium für Landesverteidigung gibt auf seiner Website Auskunft über die Streitkräfte des Österreichischen Bundesheeres. Bezüglich des in den niederösterreichischen Garnisonen Melk und Mautern stationierten Pionierbataillons 3 wird festgehalten, dass „das Bataillon, bei der Bevölkerung besser bekannt unter dem Namen "Melker Pioniere", auf eine über 50-jährige, traditionsreiche Geschichte im gesamten Donauraum zurückblicken kann. Der Verband zählt zu einem der kaderstärksten, effizientesten und erfolgreichsten Truppenkörper des Österreichischen Bundesheeres. Die Melker Pioniere stehen der Bevölkerung bei Katastrophen und Unglücksfällen mit vielfältigen Hilfeleistungen zur Seite. Neben Katastropheneinsätzen und Unterstützungsleistungen im Inland liegt beim Pionierbataillon 3 auch die Kompetenz im Feldlagerbau. Dies wurde unter anderem beim Auslandseinsatz des Bundesheeres im Tschad unter Beweis gestellt. Die Aufgaben des Bataillons sind mannigfaltig und umfassen die Ausbildung von Kaderpräsenzsoldaten für Auslandseinsätze, die Teilnahme an Maßnahmen zur Friedenssicherung, den Feldlagerbau, Katastrophen- und humanitären Hilfe im In- und Ausland sowie die pioniertechnische Unterstützung der Kampftruppen durch den Bau von Behelfsbrücken, die Instandsetzung von Straßen und Wegen sowie die Räumung von Sperren und Hindernissen.[1]

 

Im November 2021 kommt nun der Rechnungshof nach einer eingehenden Prüfung in seinem Bericht „Aufgabenerfüllung und Einsatzbereitschaft des Pionierbataillons 3“[2] zum Ergebnis, dass die Einsatzbereitschaft des Pionierbataillons 3 – Mannschaft und Geräte – nicht vollends einsatztauglich ist bzw. sich in einem kritischen Zustand befindet. Es gibt zahlreiche Schwachstellen im System, die auch in den Schlussempfehlungen des Rechnungshofes taxativ dokumentiert sind. 18 Empfehlungen richten sich an das Bundesministerium für Landesverteidigung, 7 an das Pionierbataillon 3.

 

Die Kritik des Rechnungshofes an der lückenhaften Einsatzbereitschaft findet auch in den Medien bzw. nachfolgend in der Öffentlichkeit Einschlag. So schreiben die Niederösterreichischen Nachrichten in ihrem Artikel mit der Überschrift „Schlechtes Zeugnis für die Melker Pioniere“, dass „der Rechnungshof den aktuellen Zustand der Melker Pioniere auf 69 Seiten zerpflückt und darin eine der wichtigsten Einheiten des österreichischen Bundesheeres im Katastrophenschutz in einem kritischen Zustand sieht. Bereits 2019 bewertete das Verteidigungsministerium im Bericht „Unser Heer 2030“ den Zustand der Pioniere als „militärisches Risiko“. Das Bundesheer sei ohne Erneuerung der Pionierkapazitäten nicht in der Lage, feindliche Bewegungen zu hemmen, die eigene Bewegung zu fördern oder durch Baumaßnahmen den eigenen Schutz zu erhören, so der Bericht. Die Liste der Mängel betrifft vor allem die Einsatzfähigkeit der Truppe. Obwohl der Organisationsplan einen Soll-Stand von fünf Schützenpanzern vorsah, verfügen die Pioniere über keinen einzigen. Bei den acht Pionierpanzern sind laut Rechnungshofbericht nur drei einsatzfähig. Ähnlich sieht es bei den geländegängigen Lkw aus. Von vorgesehenen 15 Fahrzeugen gibt es nur acht, wovon allerdings nur vier für den Transport von Mannschaft und Geräte verwendbar sind. Der Rechnungshof kritisiert aber nicht nur die fehlerhaften Geräte, sondern auch die mangelhafte Anzahl an Personal und und die fehlende Ausbildung. Da im Jahr 2020 nur mehr 56 Prozent der Offiziersposten besetzt waren – 2016 waren es noch 76 Prozent –, stiegen auch die Überstunden um etwa 42 Prozent. Durch die Reduktion der Grundwehrdiener zeichnet sich hier ein ähnliches Bild. Sind für die Pioniere pro Einrückungstermin eigentlich 150 Grundwehrdiener nötig, waren es im Oktober 2020 nur 49 Personen. Mangelhaft war in den vergangenen Jahren auch die Umsetzung der Ausbildung, etwa im Bereich Schießübungen. Bei über 35 Prozent des Kaderpersonals konnte kein positiv abgeschlossener Leistungstest für das Jahr 2019 nachgewiesen werden. Die Grundschießfertigkeit fehlte bei 13 Prozent des Personals.[3]

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen aufgrund des kritischen Zustandes des Pionierbataillons 3 daher folgende

 

Anfrage:

 

1. Wie ist der aktuelle Stand des Wehrpflichtigenaufkommens in Niederösterreich? (Stand: 01. Dez 2021)

 

2. Wie gestaltete sich der Stand an Rekruten beim Pionierbataillon 3 im Jahr 2020 und im Jahr 2021 – aufgeschlüsselt nach Monat und Jahr?

 

3. Kann mit der niedrigen Anzahl an Rekruten und dem, laut Rechnungshofbericht, eklatanten Mangel an einsatzbereitem Gerät die Pionierkapazität des Pionierbataillons 3 in qualitativer Hinsicht vollends sichergestellt werden?

 

4. Ist die permanente Erhöhung der Anzahl von SoldatInnen im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz (lit. b), gesundheitsbehördlichem Assistenzeinsatz (lit. c) und bei Unterstützungsleistungen ein Hemmnis für die Ausbildung im Katastrophenschutz bei den Pionieren?

 

5. Wieso wurden erkannte Mangelgüter wie z.B. Boote, Pionierpanzer, Kfz etc. nicht rechtzeitig in die Beschaffung eingebracht?

 

6. Welche Gründe sind ursächlich, warum das Kaderpersonal gewisse Ausbildungsthemen und die Erfüllung der „SoldatInnen-Fertigkeiten“ nicht erbracht haben?

7. Kam bzw. kommt es durch ein Fehlen an Personal (Kader und Rekruten) zu einer Überlastung des Kaderpersonals beim PiB 3?

 

8. Kam bzw. kommt es durch den Einsatz bei Assistenzen oder Unterstützungen zu einer Überlastung des Kaderpersonals beim PiB 3?

 

9. Wie und wann wurde den vorgesetzten Kommanden (Brigade, Kommando Streitkräfte) und Ihnen als zuständige Ministerin gemeldet, dass Ausbildungsziele und erforderliche Fertigkeiten für SoldatInnen nicht erfüllt werden?

 

10. Gab und gibt es Versäumnisse der Führung (Vorgesetzten), die zu dem vom Rechnungshof dargestellten kritischen Zustand des Pionierbataillons 3 beigetragen haben?

 

11. Wann ist für das Pionierbataillons 3 wieder ein volles Grundwehrdienerkontingent vorgesehen, mit dem die Erfüllung von Einsatzaufgaben sichergestellt werden kann?

 

12. Ist eine Zusammenführung aller Einheiten des Pionierbataillons 3 am Standort Biragokaserne (Melk) vorgesehen?

 

12. a. Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt wird die Zusammenführung stattfinden?

 

13. Welche infrastrukturellen Maßnahmen sind dafür erforderlich und wie sind diese im Budget des BMLV abgedeckt?

 

14. Wie viele SoldatInnen und wie viele zivile Bedienstete müssen infolge einer Zusammenführung der Einheiten (nach heutigem Stand) von ihrem bisherigen Arbeitsort nach Melk wechseln?

 

15. Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation beim Kaderpersonal des Pionierbataillons 3 wurden in den Jahren 2020 und 2021 gesetzt?

 

16. Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation beim Kaderpersonal des Pionierbataillons 3 werden in den Jahren 2022 gesetzt?

 

17. Sind die vom Rechnungshof dargestellten Mängel beim Pionierbataillon 3 ein Einzelproblem des Pionierbataillons 3 oder gibt es auch bei den anderen Pionierbataillonen Mängel?

 

17. a. Wenn ja, welche Mängel konnten festgestellt werden – aufgeschlüsselt auf Einheiten und Kategorien Kaderpersonal, Grundwehrdienern, Gerät, Mannesausrüstung?



[1] Vgl. https://www.bundesheer.at/sk/lask/brigaden/pzgrenbrig3/baon/pib3.shtml - vom 29. November 2021

[2] Reihe BUND 2021/39 – Herausgeber Rechnungshof Österreich

[3] Vgl. https://www.noen.at/melk/rechnungshof-uebt-kritik-schlechtes-zeugnis-fuer-die-melker-pioniere-melk-melker-pioniere-rechnungshof-print-302311934 - vom 29. November 2021