8969/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.12.2021
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Anfrage

 

der Abgeordneten Max Lercher,
Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend „Umsetzung der Aarhus- Konvention“


Bei der Aarhus- Konvention handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der Einzelpersonen und Umweltorganisationen Rechte im Umweltbereich einräumt. Das Abkommen wurde von 46 Staaten, darunter alle EU-Mitglieder und der EU selbst, ratifiziert (Ö hat die Konvention am 17.01.2005 ratifiziert). Durch die Ratifizierung ist der Vertrag bindend und Österreich ist völker- und unionsrechtlich zur Umsetzung der Aarhus- Konvention verpflichtet. [1]

In der Konvention sind drei Kern- Rechte enthalten:

1)      Freier Zugang zu Umweltinformationen

2)      Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und in Planungsprozessen

3)      Erleichterter Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten

 

Die EU- Kommission hat bereits 2014 ein Mahnschreiben mit Klagsdrohung aufgrund der mangelnden Umsetzung der Aarhus- Konvention an Österreich gerichtet. Im Juni 2021 hat die EU- Kommission Österreich aufgrund der immer noch mangelhaften Umsetzung der Aarhus- Konvention im Rahmen des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens erneut gemahnt. Es droht eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof. Folgt anschließend Österreich dem EuGH nicht, drohen Strafzahlungen in Millionenhöhe.[2]

Von der Kommission wird hauptsächlich die fehlende Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren, der allgemeine Zugang zu Information, der generelle Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten und die mangelnde Klagebefugnis von Nichtregierungsorganisationen bzw. von Einzelpersonen kritisiert und die Umsetzung dieser Punkte im österreichischen Recht bemängelt. Hier gilt es rasch Verbesserungen im Sinne der Aarhus- Konvention zu erzielen und somit das Vertragsverletzungsverfahren ins Leere laufen zu lassen.

Mit dem Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018 erfolgte lediglich eine mangelhafte und uneinheitliche Umsetzung, die weitere Rechtsstreitigkeiten geradezu provoziert, weil die völkerrechtlich verbindliche Aarhus-Konvention ungenügend berücksichtigt wurde und lediglich auf das europarechtlich gebotene Mindestmaß abgezielt wurde.

Die Stärkung von Demokratie, Rechtsstaat und der Umwelt darf auch in Zeiten der Krise nicht in Vergessenheit geraten! Die Regierung ist daher dringend gefordert, auch die letzten Maßnahmen vertragsgemäß umzusetzen, um dem Inhalt der Aarhus- Konvention zu entsprechen und keine Strafzahlungen zu riskieren.

Neben der Mahnung durch die EU-Kommission stellte die Aarhus-Vertragsstaatenkonferenz Ende Oktober 2021 bereits zum dritten Mal Verstöße gegen die Konvention fest, die bei Nicht-Behebung zu völkerrechtlichen Konsequenzen führen können.[3]

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

1)      Sind von Ihnen und Ihrem Ministerium im Allgemeinen, weiter Maßnahmen geplant, um dem Vertragsverletzungsverfahren der EU- Kommission entgegenzuwirken?

a)    Wenn ja, welche und wie werden diese umgesetzt?

b)    Wenn nein, warum nicht?

2)      Die EU- Kommission ist der Ansicht, dass das IG- L keine ausreichenden Rechtsbehelfe vorsieht, um den wirksamen Rechtsschutz in den unter die Luftqualitäts-Richtlinie fallenden Bereichen zu gewährleisten. Werden Sie sich für eine Novelle des IG- L, welche einen besseren Rechtsschutz vorsieht, einsetzen?

a)    Wenn ja, wie?

b)    Wenn nein, warum nicht und wie wird stattdessen einer Verurteilung durch den EuGH in diesem Bereich entgegengewirkt?

3)      Werden Sie sich für eine Novelle des IG- L, welche die Beteiligung der Öffentlichkeit weiter stärkt, einsetzen?

a)    Wenn ja, wie?

b)    Wenn nein, warum nicht und wie wird stattdessen einer Verurteilung durch den EuGH in diesem Bereich entgegengewirkt?

4)      Die EU- Kommission sieht auch im AWG 2002 eine mangelnde Möglichkeit der Öffentlichkeit, sich an Verfahren zu beteiligen. Werden Sie hiergegen weitere Maßnahmen setzen?

a)    Wenn ja, welche?

b)    Wenn nein, warum nicht?

5)      Das AWG sieht keine Überprüfung von Programmen oder Plänen, wie z.B. von Abfallbewirtschaftungsplänen vor. Das verstößt klar gegen das Übereinkommen von Aarhus. Soll dies geändert werden?

a)    Wenn ja, wie?

b)    Wenn nein, warum nicht?

6)      Wird insgesamt dem Vorhalt der Kommission im Allgemeinen in der aktuellen AWG - Novelle entsprochen?

a)    Wenn ja, wie?

b)    Wenn nein, warum nicht?

c)    Geht Ihr Ministerium von einer Vereinbarkeit des AWG 2002 in seiner jetzigen Fassung mit Europarecht und der Aarhus Konvention als völkerrechtlichem Vertrag aus?

7)      Welche Position vertritt das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, betreffend Behandlungsanlagen nach § 37 Abs 3 AWG (Bodenaushubdeponien, Verbrennungsanlagen zur thermischen Verwertung, Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Altfahrzeugen und Lager von gefährlichen Abfällen)?

a.  Stellen diese aus Sicht des Bundesministeriums kein Potenzial dar, erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu haben?

                                 i.  Wenn ja, wie begründen Sie das?

                               ii.  Wenn nein, warum findet sich dann diese Sichtweise im AWG 2002?

8)      Wird sich Ihr Ministerium auch mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus koordinieren, um die Kritikpunkte der Kommission z.B. im Bereich des Wasserrechtes weiter zu bearbeiten?

a)       Wenn ja, wie und wann?

b)      Wenn nein, warum nicht?

9)       Koordiniert sich eine Stelle in Ihrem Ministerium auch mit den anderen Ressorts der Bundesregierung, welche mit den Thematiken der Aarhus- Konvention konfrontiert sind?

a)    Wenn ja, mit welchen anderen Ressorts und Sektionen und in welchem Zeitabstand?

b)    Wenn nein, warum nicht?

10) Wann werden Sie Schritte für eine Vereinheitlichung der Rechtsinstrumente in den einzelnen Materiengesetzen setzen oder streben sie eine Vereinheitlichung, vergleichbar mit dem deutschen Umwelt-Rechtsbehelfegesetz, an?
11) Welche Schritte unternimmt Ihr Ministerium, um den von der Aarhus-Vertragsstaatenkonferenz kritisierten Rechtszustand zu ändern?
12) In welchen Rechtsmaterien müssten Änderungen erfolgen, um der Kritik der Aarhus-Vertragsstaatenkonferenz gerecht zu werden?



[1] Fragen-und-Antworten-zur-Aarhus-Konvention.pdf (umweltdachverband.at)

[2] EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich - news.ORF.at

[3] https://oekobuero.at/de/news/2021/11/aarhus-vertragsstaatenkonferenz-resultiert-in-vielschichtigen-ergebnissen/