8976/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.12.2021
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Anfrage

 

der Abgeordneten Martin Litschauer, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus 

betreffend Gewässerverunreinigungen an der Thaya und Pulkau durch die Jungbunzlauer Austria AG - erneute Fragestellung wegen offengebliebener Punkte und neuem Kenntnisstand

 

BEGRÜNDUNG

Die Pulkau und Thaya im nördlichen Weinviertel unterhalb der Firma Jungbunzlauer Austria AG sind in mäßigem bis unbefriedigendem Zustand und werden den gem. Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) festgelegten guten Wasserzustand bis 2027 mit sicherem Risiko (Pulkau) und möglichem Risiko (Thaya) nicht erreichen. Der Bericht „Chlorid- Auswirkungen auf die Flora und Fauna“ im Auftrag des Landwirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2014 hat zudem ergeben, dass der aktuelle Richtwert für Chlorid nicht ausreicht, um aquatische Organismen ausreichend zu schützen. Angemerkt wird unter anderem, dass der Richtwert als Jahresdurchschnittswert nicht geeignet ist, um chronische Belastungen, die schon nach wenigen Tagen auftreten können, abzubilden. Außerdem sei der aktuelle Chlorid-Wert von 150 mg/Liter speziell mit Blick auf Plankton- und Algenwachstum als zu hoch einzuschätzen. Wie sich ein vermindertes Wachstum von Plankton und Algen indirekt auf salzresistentere Fische auswirkt, sei noch nicht abschließend geklärt. 

Die Wasserqualität der Thaya und Pulkau beschäftigt seit Jahren aber auch einen örtlichen Landwirt, der um die Funktionsfähigkeit seiner Landwirtschaft fürchtet, wie mittlerweile mehrere Medien berichteten (Falter, Profil, derStandard). Demzufolge wird ein Zusammenhang mit der Firma Jungbunzlauer Austria AG geortet, die ein paar Kilometer flussaufwärts per Bewilligung täglich 40.000 kg Chlorid und 60.000 kg Sulfat einleiten darf. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hat dem Landwirt nun gem. Umweltinformationsgesetz sein Recht auf Offenlegung der betrieblichen Messdaten der Fa Jungbunzlauer zugesichert.

 

Gemäß § 30 ff Wasserrechtsgesetz gilt das Gebot zum Schutz und zur Verbesserung der aquatischen Ökosysteme und der von ihnen abhängigen Landökosysteme. Verschlechterungen müssen vermieden werden.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE

 

1.    Ist es richtig, dass die Richtwerte aus der Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer bzw. Qualitätszielverordnung Chemie Oberflächengewässer in der Pulkau (GZÜV-MS FW31100177) in der Thaya (GZÜV-MS FW311000157) unterhalb des Sitzes der Fa. Jungbunzlauer wiederholt überschritten wurden und der Gewässerzustand in dieser Region nur mäßig bis unbefriedigend im Sinne des Gesetzes ist?

 

2.    Wie hat sich der Gewässerzustand in der Region seit 2015 entwickelt?

 

3.    Welche konkreten, im NGP angeführten Maßnahmen haben das BMLRT bzw. seine Vorgängerressorts bisher schon ergriffen, um im genannten Gebiet einen guten Gewässerzustand zu erzielen?

 

4.    Ist es richtig, dass es gleichzeitig mit den Überschreitungen der Chlorid-Werte 2015 und 2016 an der Pulkau-Messtelle (GZÜV-MS FW31100177) zu Überschreitungen der Richtwerte für leicht freisetzbares Cyanid, Kupfer, Selen, BSB5, Nitrat und Orthophosphat kam?

 

5.    Wird überprüft, ob es aufgrund dieser zeitlichen Überschneidung einen Zusammenhang mit den betrieblichen Emissionen der Fa. Jungbunzlauer gibt? Wenn ja, wann ist dies erfolgt bzw. vorgesehen? Wenn nein, warum nicht?

 

6.    Ist es richtig, dass Messungen im Rahmen eines BOKU-Gutachtens im Auftrag des lokalen Landwirts ergeben haben, dass im Untersuchungszeitraum (14.6.2019 - 26.7.2019) die von der BH Mistelbach genehmigten Emissionsbegrenzungen an fast allen Untersuchungstagen um zwischen 7 und 100 Prozent für Chlorid und um 17 bis 87 Prozent für Sulfat in der Thaya überschritten wurden?

 

7.    Kann hier ein Zusammenhang mit den betrieblichen Emissionen der Fa. Jungbunzlauer ausgeschlossen werden? Wenn ja, auf welcher Grundlage kommt man zu dem Schluss?  

 

8.    Wurden im Zuge der eingebachten Stellungnahme des Landes NÖ zur Beantwortung der ursprünglichen Parlamentarischen Anfrage (4136/AB XXVII. GP, zu Fragen 6-17)

 

a.    Ergebnisse der Eigenüberwachung der im wasserrechtlichen Konsens festgelegten begrenzten Parameter im Ablauf der Betriebskläranlage

b.    Ergebnisse der Fremdüberwachung der im wasserrechtlichen Konsens festgelegten begrenzten Parameter im Ablauf der Betriebskläranlage

c.    Ergebnisse der Messungen in der Thaya

 

an das BMLRT übermittelt? Wenn ja, wird um Übermittlung dieser Daten ersucht.

 

9.    Hat das BMLRT betreffend der in Rede stehenden Anlage der Jungbunzlauer Austria AG

 

a.    Ergebnisse der Eigenüberwachung der im wasserrechtlichen Konsens festgelegten begrenzten Parameter im Ablauf der Betriebskläranlage

b.    Ergebnisse der Fremdüberwachung der im wasserrechtlichen Konsens festgelegten begrenzten Parameter im Ablauf der Betriebskläranlage sowie Messungen in der Thaya

c.    Ergebnisse der Messungen in der Thaya

an die tschechische Seite der Grenzgewässerkommission weitergeleitet? Wenn ja, wird um Übermittlung dieser Daten ersucht.

10. Ist es richtig, dass dem betreffenden Landwirt entgegen den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofs seitens der BH Mistelbach nur Messdaten für Teile des Jahres 2019 ausgefertigt wurden?

 

11. Beabsichtigt das BMLRT als oberste Wasserrechtsbehörde die ordnungsgemäße Nachlieferung der fehlenden Informationen für den gesamten Zeitraum 2015 - 2019 durch die BH Mistelbach sicherzustellen?

 

Ist eine Überarbeitung der nach Expert:innen- Einschätzung unzureichenden Richtwerte für Chlorid der aktuellen Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer in Planung?

 

12. In welchem Zustand befindet sich das Phytobenthos an den genannten Messstellen oberhalb und unterhalb der Fa. Jungbunzlauer?

 

13. Sind weitere wissenschaftliche Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen dem Zustand des Phytobenthos bzw. des Makrozoobenthos und dem fischökologischen Zustand geplant? Falls ja, wann sind sie geplant? Falls nein, wie kann ausgeschlossen werden, dass der fischökologische Zustand unter einem potenziellen Verlust der Nahrungsgrundlage unbeeinträchtigt bleibt?  

 

14. Gibt es seitens des BMLRT Messergebnisse, auf denen die Einschätzung zum guten fischökologischen Zustand im genannten Gebiet beruht? Falls ja, wird um die Übermittlung der Daten gebeten

 

15. Sind Maßnahmen geplant, um den guten Zustand des Makrozoobenthos und des Phytobenthos (Algen) im genannten Gebiet zu erreichen und langfristig zu gewährleisten? 

 

16. Welche weiteren Maßnahmen sind geplant, um den wasserrechtlich festgelegten guten Gewässerzustand der Thaya und Pulkau in der betreffenden Region zu erreichen?

 

17. Bis wann sind weitere Maßnahmen geplant, um den wasserrechtlich festgelegten guten Gewässerzustand der Thaya und Pulkau in der betreffenden Region zu erreichen?