9079/J XXVII. GP
Eingelangt am 16.12.2021
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Anfrage
der Abgeordneten Hannes Amesbauer, Petra Steger
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Inneres
betreffend erneut haben tschetschenische „Sittenwächter“ brutal zugeschlagen
Bereits im August 2020 wurde medial eine hierarchisch strukturierte Gruppe bekannt, die sich als sogenannte „Sittenwächter“ organisierten und Frauen sowie deren Umfeld daran „erinnern“, sich den „Wertvorstellungen“ entsprechend zu verhalten.
„[…] Die Opfer […] berichteten, dass etwa ein Foto in Badebekleidung oder eine Beziehung zu einer nicht tschetschenischstämmigen Person ausgereicht habe, um ins Visier der Gruppe zu geraten. War dies passiert, seien die Täter systematisch vorgegangen, schilderte ein Polizeisprecher am Donnerstag Zuerst sollen die Mitglieder der Gruppierung den Bekanntenkreis, aber auch soziale Medien durchforstet haben. Gab es Anhaltspunkte für „Vergehen“, wurde jemand losgeschickt, um mit der jeweiligen Frau zu sprechen. Hat das nicht gefruchtet, wurden auch Familienmitglieder in die Drohungen einbezogen, so die Polizei. Weiters sollen Bilder der Frauen in Moscheen aufgehängt worden sein, um sie zu denunzieren. Laut Polizei folgten bei Nicht-Einlenken der Frauen weitere Drohungen und auch Gewalt, egal ob zu Hause oder am Arbeitsplatz. Initiiert wurden die Taten laut Polizei eher von den älteren Mitgliedern der Gruppe. […]“, berichtete die „Kronen Zeitung“.
(Quelle: https://www.krone.at/2210337?fbclid=IwAR1cugXoGTEh_joHZezf4wDon-23IdmhMSOwvdPJahfQw6xB2_a2Aaq6xSk)
Dieser Sachverhalt war auch Gegenstand der parlamentarischen Anfrage 3116/J vom 18.08.2020 (XXVII. GP). Wie der entsprechenden Beantwortung 3129/AB vom 16.10.2020 (XXVII. GP) durch Ihren Amtsvorgänger zu entnehmen war, gab es bereits seit 20. Februar 2020 dementsprechende Ermittlungen im Landeskriminalamt Wien. Bei sechs festgenommenen Personen, allesamt Staatsbürger der russischen Föderation, stammend aus der autonomen russischen Republik Tschetschenien im Nordkaukasus, handelte es sich um Asylwerber sowie um zwei subsidiär Schutzberechtigte. Gegen Sie wurden Anzeigen wegen Kriminelle Vereinigung erstattet. Ermittlungen wurden unter anderem wegen der Tatbestände (Schwere) Körperverletzung, Freiheitsentziehung, Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen sowie Verbrecherisches Komplott geführt. Zudem wurde gegen drei weitere Tatverdächtige, ebenso Asylwerber bzw. subsidiär Schutzberechtigte, wegen Nötigung ermittelt.
(Quelle: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_03116/index.shtml)
Aktuell schockierte ein besonders schrecklicher Fall die Öffentlichkeit. Sogenannte Sittenwächter prügelten Frauen brutal nieder. Sogar ein Kleinkind wurde dabei so schwer verletzt, dass es ins Krankenhaus musste. Kurz nach 8 Uhr früh seien am Dienstag, 14. Dezember 2021 Beamte der Wiener Polizeiinspektion Am Schöpfwerk zu einem vermeintlichen Einbruch in einer Wohnung gerufen worden. Dort stellte sich diese fürchterliche Gewalttat, verübt durch mehrere Männer, heraus. „Offensichtlich wollten die Männer so ihr Verständnis der Familienehre verteidigen“, stand im entsprechenden Zeitungsartikel und weiters: „Die Angriffe ‚rechtfertigten‘ die Männer damit, dass sie ‚ohne Erlaubnis gegen ihre religiösen Gesetze verstoßen habe‘, heißt es von der Landespolizeidirektion Wien – alle beteiligten Männer stammen aus der Russischen Föderation. Außerdem warf einer der Männer seiner Ehefrau vor, etwas mit dem Ehemann der anderen anwesenden Frau ‚zu haben‘. Wie eine der Frauen vor der Polizei angab, habe es schon in der Vergangenheit Gewalt gegeben.“
(Quelle: https://www.heute.at/s/maenner-meute-pruegelt-frauen-wegen-religioesen-gesetzen-100179171)
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende
Anfrage
1. Wie viele Männer waren bei der Gewalttat gegen die Frauen beim Einsatz Am Schöpfwerk in Wien beteiligt?
2. Wie viele Tatverdächtige gibt es?
3. Welchen Aufenthaltsstatus haben die Tatverdächtigen?
4. Sofern Asylberechtigte unter den Tatverdächtigen waren, wurden bereits Aberkennungsverfahren eingeleitet?
a. Wenn ja, wie viele?
b. Wenn ja, wie wurden diesen Entschieden?
c. Wenn nein, warum nicht?
5. Wie viele Tatverdächtige wurden festgenommen?
6. Welche Straftaten wurden angezeigt?
7. Wie viele Polizisten waren bei dieser Gewalttat insgesamt im Einsatz?
8. Wurden im Zuge dieses Einsatzes Polizisten verletzt?
9. Gibt es einen Zusammenhang, zwischen diesen Tatverdächtigen und den im Februar 2020 eingeleiteten Ermittlungen betreffend der hierarchisch strukturierten Gruppe?
10. Wenn ja, inwiefern?
11. Wenn nein, kann das nur noch nicht ausgeschlossen werden?
12. Gibt es zwischenzeitlich neue Erkenntnisse hinsichtlich der hierarchisch strukturierten Gruppe?
13. Wenn ja, welche?
14. Halten sich die in der 3129/AB vom 16.10.2020 (XXVII. GP) angeführten sechs festgenommenen Personen sowie die drei weiteren Personen gegen die damals ermittelt wurde aktuell noch in Österreich auf?
15. Wenn ja, welchen Aufenthaltsstatus haben diese Personen mittlerweile?
16. Wurden in diesem Zusammenhang zwischenzeitlich weitere Personen angezeigt oder festgenommen?
17. Wenn ja, wie viele?
18. Wenn ja, aufgrund welcher Straftatbestände?
19. Gibt es zwischenzeitlich Erkenntnisse darüber, ob diese hierarchisch strukturierte Gruppe Kontakte zu ausländischen Organisationen oder Gruppierungen pflegte oder sogar unterstützt oder finanziert wurde?
20. Wenn ja, welche ausländischen Organisationen sind das?
21. Wenn ja, in welcher Form fanden diese Kontakte statt?
22. Wenn ja, in welcher Form bzw. in welchem Umfang fanden Unterstützung oder Finanzierung statt?
23. Gibt es zwischen der hierarchisch organisierten Gruppe oder den Tatverdächtigen der aktuellen Gewalttat irgendwelche Verbindungen zur Tewhid-Moschee?
24. Wenn ja, inwiefern?
25. Sind den Ermittlungsbehörden ähnliche Organisationen, Gruppierungen oder Personen – außerhalb der tschetschenischen Community – bekannt, die als eine Art „Sittenwächter“ im eigenen Interesse agieren?
26. Wenn ja, gegen wie viele Tatverdächtige wird in diesem Zusammenhang ermittelt und welche Staatsbürgerschaften bzw. welchen Migrationshintergrund sowie welchen Aufenthaltsstatus haben diese?
27. Wenn ja, aufgrund welcher Straftatbestände wird in diesem Zusammenhang ermittelt?