9096/J XXVII. GP
Eingelangt am 21.12.2021
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Anfrage
Parlamentarische Anfrage
der Abgeordneten Mag. Wolfgang Gerstl
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Dienstaufsichten gegenüber Staatsanwaltschaften und Beratungsverträge im BMJ
Laut Medienbericht vom 8. November 2021 in der Tageszeitung „Kurier“ soll die Aufsicht über die WKStA, im „Ibiza-Komplex“ zu einem Oberstaatsanwalt in Innsbruck übertragen worden sein. Der Kurier schreibt dazu: „Der Innsbrucker Kollege ist der Wiener OStA dienstzugeteilt, aber „weisungsfrei“ gestellt, erklärt eine Sprecherin des Ministeriums“.
Und weiter heißt es dazu: „Die OStA Wien, oft Widersacher der WKStA, darf sich nicht in die Arbeit des Innsbruckers einmischen, er berichtet direkt an das Justizministerium.“
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang an die Frau Bundesminister für Justiz folgende
Anfrage
1. Staatsanwaltschaften unterliegen der Dienstaufsicht von Oberbehörden. Planen Sie Änderungen in den Dienstaufsichten der Oberstaatsanwaltschaften und des Bundesministeriums für Justiz?
2. Ist es richtig, dass nunmehr ein Oberstaatsanwalt der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck die Aufsicht über die bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anhängigen Verfahren hat?
3. Besteht die Aufsicht des Oberstaatsanwaltes gegenüber der WKStA ausschließlich im sogenannten „Ibiza-Komplex“?
4. Wenn ja, umfasst die Aufsicht alle Verfahren, die die WKStA in dem sogenannten „Ibiza-Komplex“ in einer Aktenzahl zusammengefasst hat?
5. Wenn nein, nach welchen Grundsätzen erfolgt die Dienstaufsicht des Staatsanwaltes aus Innsbruck über welche Verfahren bzw. Verfahrensteile?
6. Was sind die Gründe dafür, dass die Aufsicht mittels Weisung übertragen wurde?
7. Was ist die gesetzliche Grundlage für diese Weisung und Übertragung?
8. Wann wurde diese Weisung von wem erteilt?
9. Nach dem oben zitierten Medienbericht wurde dieser Staatsanwalt „weisungsfrei“ gestellt. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage wurde der Staatsanwalt „weisungsfrei“ gestellt?
10. Nach §47a der Strafprozessordnung ist zur Wahrnehmung des besonderen Rechtschutzes ein Rechtschutzbeauftragter eingerichtet. Dieser ist nach dem Gesetz weisungsfrei gestellt.
In welchem Spannungsverhältnis steht der nach dem Gesetz weisungsfrei gestellte Rechtschutzbeauftragte zu dem vom Ressort „weisungsfrei“ gestellten Staatsanwalt aus Innsbruck in der OStA Wien?
11. In welchen Fällen ist die gesetzlich dafür vorgesehene OStA Wien noch vorgesetzte Behörde für die WKStA?
12. Nach Ansicht der Rechtsschutzbeauftragten widerspricht die derzeitige Zusammenführung unterschiedlichster Sachverhalte in eine Aktenzahl dem Recht auf den gesetzlichen Richter. Hat der dienstzugeteilte „weisungsfreie“ Oberstaatsanwalt aus Innsbruck auf diese Kritik reagiert?
13. Wenn ja, in welcher Form?
14. Ist dem „weisungsfrei“ gestellten Staatsanwalt aus Innsbruck weiteres Personal aus der OStA zugewiesen?
15. Wenn ja, sind auch diese Personen gegenüber dem BMJ „weisungsfrei“ gestellt?
16. Das Bundesministerium für Justiz hat dem Ibiza-Untersuchungsausschuss zahlreiche elektronische Nachrichten im Zusammenhang mit dem Ibiza-Komplex vorgelegt, die für die Strafverfahren nicht relevant und somit auch nicht Teil des Ermittlungsaktes geworden sind. Durch dieses Vorgehen könnten Persönlichkeitsrechte und das Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten mehrerer Personen verletzt worden sein.
Welche oder welcher Datenschutzbeauftragte im Bereich der Zentralstelle des Bundesministeriums für Justiz oder im Bereich der Staatsanwaltschaften war in die Entscheidung, welche Akten und Unterlagen dem Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgelegt wurden, eingebunden?
17. Was war deren oder dessen Einschätzung betreffend die Übermittlung von elektronischen Nachrichten an einen Untersuchungsausschuss, die ausschließlich oder überwiegend der Privatsphäre der Betroffenen zuzuordnen sind?
18. Warum wurden diese elektronischen Nachrichten dem Untersuchungsausschuss übermittelt, auch wenn sie überwiegend der Privatsphäre der Betroffenen zuzuordnen sind?
19. Wurde ein Rechtschutzbeauftragter in diese Entscheidung eingebunden?
20. Wenn nein, warum nicht?
21. Immer wieder wird vermutet, dass Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Informationen an unbefugte Personen weitergäben („Akten-Leaks“). Vgl. dazu auch die Anfrage 8431/J XXVII. GP.
Wird derzeit hinsichtlich derartiger Vorwürfe ermittelt?
22. Wenn nein, warum nicht, zumal im Raum steht, dass es sich bei den Vorwürfen um Offizialdelikte handelt?
23. Wenn ja, von welcher Staatsanwaltschaft?
24. Wem kommt in dieser Causa die Fachaufsicht zu?
25. Hatten Peter Pilz und Walter Geyer im Bundesministerium für Justiz einen oder sogar mehrere Termine mit Ihnen?
26. Wenn ja, zu welchen Themen und welche Inhalte wurden besprochen?
27. Hatten die genannten Herren Termine bei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern des Kabinetts der Frau Bundesminister?
28. Wenn ja, zu welchen Themen und welche Inhalte wurden dabei besprochen?
29. Hatten die genannten Herren Termine bei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern der WKStA?
30. Wenn ja, zu welchen Themen und welche Inhalte wurden dabei besprochen?
31. Sind diese beiden Herren als Berater im Verantwortungsbereich der Frau Bundesminister für Justiz tätig?
32. Wenn ja, auf Grundlage welchen Vertragsverhältnisses?
33. Wenn ja, was ist der Inhalt dieses Vertragsverhältnisses?
34. Wenn ja, wie hoch ist das Entgelt der Berater für diesen Vertrag?
35. Hat das Bundesministerium Dienstleistungsverträge mit externen Beraterinnen oder Beratern in den Jahren 2020 und 2021 abgeschlossen?
36. Wenn ja, wie viele Verträge?
37. Mit welchen natürlichen oder juristischen Personen?
38. Was sind genau deren Aufträge?
39. Was sind die Kosten pro Vertrag und die Kosten insgesamt pro Jahr?