9098/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.12.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Geschäftsraummieten, OGH-Urteile und Rückforderungen der COFAG

 

Die österreichischen Unternehmer_innen stehen aufgrund der rigorosen behördlichen Schließungen vor existentiellen Problemen und kämpfen um ihr Überleben. Der zum Teil gänzliche Wegfall der Geschäftsgrundlagen führt quer über viele Branchen zu akuten Liquiditätsproblemen. Seit Beginn der Krise stellt sich somit für Geschäftsraummieter_innen wie Vermieter_innen solcher Räumlichkeiten unter anderem die wesentliche Frage, ob die Mieten für Geschäftsräume trotz der behördlichen Maßnahmen weiterhin (in vollem Umfang) bezahlt werden müssen. Diesbezüglich herrschte große Unsicherheit und Unwissenheit bei den Unternehmer_innen in Bezug auf allfällige Mietzinsminderungsansprüche bei Geschäftsraummieten in Folge Unbrauchbarkeit des Bestandsobjekts (§§ 1096, 1104, 1105 ABGB). Diese langanhaltende rechtliche Unsicherheit hat einen Berg an Rückzahlungsforderungen geschaffen, der wiederum eine Prozesslawine mit sich bringen könnte.

 

Der OGH bestätigte in seiner jüngsten Entscheidung (3 Ob 184/21m), dass die Corona-Pandemie im Sinne des § 1104 ABGB als Seuche zu qualifizieren ist und daher behördliche Betretungsverbote zur Unbenutzbarkeit von Geschäftslokalen führen. Damit wurde nicht nur ein vorhergegangenes Urteil bestätigt (3 Ob 78/21y), sondern diese Entscheidung hat auch festgehalten, dass ein von Mieter_innen bezogener Fixkostenzuschuss nicht an Vermieter_innen weitergegeben werden muss. Begründet wird dies mit dem Ziel der Maßnahmen, welches laut OGH im Erhalt der Liquidität der betroffenen Unternehmen liege und nicht im Ersatz des Mietzinsentfalls von Vermietern. Demgegenüber steht auf der Webseite des BMF zu den Wirtschaftshilfen (https://www.fixkostenzuschuss.at/ - Stand 10.12.2021) zu lesen, dass beide Formen des Fixkostenzuschusses sowie der Verlustersatz auf die Abdeckung von Fixkosten abstellen, wogegen der Ausfallsbonus eine Liquiditätshilfe darstellt:

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Die bestätigte Entscheidung hinsichtlich der Schadensminderungspflicht lässt zahlreiche Fragen bezüglich des künftigen Vorgehens der COFAG offen und nährt zudem Befürchtungen einer Prozesslawine. Mieter_innen sind demnach verpflichtet, gegenüber Vermieter_innen Zinsminderungsansprüche geltend zu machen. Zudem besteht laut OGH auch eine Rückzahlungspflicht, falls Beihilfe für Mieten bezogen wurden, die letztlich nicht bezahlt wurden. Andererseits könnten Mieter, die ohne Bekanntgabe von Vorbehelten gezahlt haben, Probleme bekommen, die Zahlungen zurückzufordern (RS0033612, RS0033576). In einer Beantwortung einer NEOS-Anfrage (836/AB) stellte der Finanzminister am 19.5.2021 fest, dass stichprobenartig Anträge unter 800.000 EUR überprüft werden, darüber würde dies bereits im Zuge des Antragsprozesses erfolgen. Gleichzeitig bestätigte der Finanzminister, dass nachträgliche (ex post) Überprüfung nach den Bestimmungen des CFPG in Bezug auf bereits ausgezahlte Fixkostenzuschüsse bis dahin noch nicht erfolgt seien und dies erst im Rahmen der tourlichen Betriebsprüfungen passieren soll.

 

Im Ergebnis bestehen derzeit wohl zahlreiche Rückforderungsansprüche von Mieter_innen und letztlich der COFAG. Neuesten Berichten zufolge prüft die COFAG derzeit, wie sie mit diesen Rückforderungsansprüchen umgehen soll, und wartet auf Vorgaben vonseiten des Finanzministeriums. Inwiefern bisher kontrolliert wurde, wie in Zukunft damit umgegangen werden soll und wie das Finanzministerium eine daraus resultierende Prozesslawine verhindern möchte, ist also nicht bekannt. 

 

 

Quellen:

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Austausch zwischen Finanzministerium und COFAG:
    1. Welcher Austausch fand zwischen BMF und COFAG hinsichtlich der Frage der Rückforderungsansprüche für Geschäftsraummieten statt? Bitte Datum der einzelnen Treffen und Ergebnisse angeben.
    2. Welche Vorgaben hat das BMF der COFAG hinsichtlich der Frage der Rückforderungsansprüche für Geschäftsraummieten angesichts jüngster OGH-Entscheidungen gemacht?
    3. Welche Vorgaben hat das BMF der COFAG hinsichtlich der Frage der Rückforderungsansprüche für Geschäftsraummieten gemacht, wenn Mieter ohne Vorbehalt die Bestandszinsen gezahlt haben?
    4. Wie stellt das BMF sicher, dass eine Überförderung ausgeschlossen wird, die durch die Kombination von Fixkostenzuschuss für Mietaufwände einerseits und zivilrechtlicher Mietzinsminderung andererseits entstünde?
    5. Wie stellt das BMF sicher, dass eine Überförderung ausgeschlossen wird, die durch die Kombination von Verlustersatz für Mietaufwände einerseits und zivilrechtlicher Mietzinsminderung andererseits entstünde?
  1. Folgen der Rechtsprechung des OGH:
    1. Welche Anpassungen bzw. Klarstellungen sollen angesichts der aktuellen Rechtsprechung in den Wirtschaftshilfen bzgl. Geschäftsraummiete aufgenommen werden? Bitte jeweils nach Instrument differenzieren
    2. Welches Ziel verfolgen die folgenden Instrumente:

                                          i.    Fixkostenzuschuss?

                                        ii.    Fixkostenzuschuss 800.000?

                                       iii.    Verlustersatz?

                                       iv.    Ausfallsbonus?

    1. Wie stehen die Ziele der Instrumente jeweils im Zusammenhang mit der oben erwähnten Textpassage der Webseite des BMF zu den Wirtschaftshilfen?  
  1. Vorgehen der COFAG:
    1. Wie viele stichprobenartigen Kontrollen der COFAG für Anträge unter 800.000 wurden bisher vorgenommen?
    2. Was waren die Ergebnisse der stichprobenartigen Kontrollen der COFAG für Anträge unter 800.000?

                                          i.    Was waren die Ergebnisse speziell auf die Frage der Schadenminderungspflicht, insbesondere im Zusammenhang mit Geschäftsraummieten?

    1. Wie viele Antragsteller gaben der COFAG bisher eine „Änderung der für die Zuschussgewährung maßgeblichen Verhältnisse“ bekannt?

                                          i.    Wie viele speziell auf die Frage der Schadenminderungspflicht, insbesondere im Zusammenhang mit Geschäftsraummieten?

  1. Vorgehen der Finanzverwaltung:
    1. Was waren die Ergebnisse der Kontrollen der Finanzverwaltung im Rahmen von Betriebsprüfungen hinsichtlich der Schadenminderungspflicht, insbesondere im Zusammenhang mit Geschäftsraummieten?  
    2. Wurden vonseiten der Finanzverwaltung Anzeigen gemäß § 78 StPO und § 16 CFPG hinsichtlich möglichen Förderbetrugs eingereicht? Bitte Zahl der Fälle und potenzielle Schadenshöhe angeben. 
  1. Ansprüche von Vermietern:
    1. Welche Wirtschaftshilfen können Vermieter von Geschäftsräumen wegen des Entfalls von Mietzahlungen beantragen?
  1. Ansprüche von Mietern:
    1. Können Mieter, die ohne Vorbehalt die Bestandszinsen gezahlt haben, den Ersatz dieser Kosten im Rahmen des Fixkostenzuschuss 800.000 beantragen?
    2. Welche Rückforderungsansprüche hat die COFAG hinsichtlich Bestandszinsen, die ohne Vorbehalt gezahlt wurden?
    3. Welche Rückforderungsansprüche hat die COFAG hinsichtlich Bestandszinsen, die mit Vorbehalt gezahlt wurden?