9101/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.12.2021
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Anfrage

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen

an den Vizekanzler und Bundesminister für Kunst‚ Kultur‚ öffentlichen Dienst und Sport

betreffend Austrofaschistisches Herrschaftszeichen am Justizpalast

 

In Beantwortung der Anfrage 8239/J der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen, betreffend "Wappentier des Austrofaschismus am Justizpalast" hat die Bundesministerin für Justiz in der Anfragebeantwortung 8112/AB vom 14.12.2021 zur Frage, ob es bereits Bemühungen seitens des Justizministeriums gibt, den Doppeladler und somit das Herrschaftszeichen des Austro-Faschismus am Justizpalast durch den Bundesadler zu ersetzen, folgendes ausgeführt:

"Im Rahmen der mit der Wiedereröffnungsfeier am 13. Juli 2007 abgeschlossenen, letzten Generalsanierung des Justizpalastes erfolgte eine Prüfung sämtlicher allenfalls erhaltungswürdiger baulicher Elemente (insbesondere) durch das Bundesdenkmalamt (BDA). Im Zuge dessen wurde vom BDA auch beurteilt, die dieser parlamentarischen Anfrage zu Grunde liegenden Symbole als Zeitdokument zu erhalten. Diese befinden sich beim Haupteingang, Vestibül, Gobelin des Verhandlungssaales des Obersten Gerichtshofes als auch beim Aula-Umgang im 1. Obergeschoß. Im Vestibül über dem Eingang zur Aula konnte eine Überdeckung der prominent ausgeführten Darstellung mittels Gipskartonplatte durch den Bundesadler der Zweiten Republik erfolgen. Zugleich wurde eine erklärende Tafel beim Eingang zum Verhandlungssaal des Obersten Gerichtshofes angebracht, um die Darstellungen in den historischen Kontext zu stellen. Die weiteren Darstellungen wurden, wie sämtliche weitere seitens des BDA als erhaltungswürdig eingestufte Symbolik, restauriert. Eine Entfernung dieser Symbole ist demnach nach Einschätzung des BDA aus Gründen des Denkmalschutzes nicht möglich."

"Als die Republik durch den austrofaschistischen Bundesstaat Österreich abgelöst wurde, musste auch das zentrale heraldische Symbol des verhassten Parteienstaates einer Änderung unterzogen werden“ schreibt Peter Diem in seinem 1995 erschienen Buch „Die Symbole Österreichs“. Er zeigt darin auf, wie 1934 anstelle des einköpfigen Adlers wieder ein Doppeladler trat, der zum Symbol eines antidemokratischen Regimes wurde, das ohne Parlament regierte, Parteienverbote verhängte und seine politischen Gegner hinter Stacheldraht setzte.

Somit prangt über dem Haupteingang des Justizpalastes - dem Sitz des Obersten Gerichtshofes, der Generalprokuratur, des Oberlandesgerichtes Wien und des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, also dem wichtigsten Justizgebäude des Landes – noch immer der Ständestaat-Doppeladler.

Es ist – wie Peter Diem schreibt – gedanken- und würdelos, ein Gebäude wie den Justizpalast mit den Symbolen einer Diktatur zu schmücken. Es gebietet das Ansehen eines Höchstgerichtes des demokratischen Österreich, dass sein Amtssitz von Symbolen befreit wird, welche der heutigen Rechts- und Gesellschaftsordnung diametral gegenüberstehen.

Bei allem Respekt vor der Bedeutung des Denkmalschutzes kann es dennoch nicht sein, dass die Herrschaftszeichen eines faschistischen Regimes noch immer eines der wichtigsten Gebäude des demokratischen und rechtsstaatlichen Österreich schmücken, mögen diese Herrschaftszeichen auch - völlig losgelöst von ihrer verhängnisvollen Symbolkraft betrachtet - einen gewissen künstlerischen Wert haben.

Natürlich soll die Zeit des Austrofaschismus nicht versteckt und ausgeblendet werden und ist es gerade im Interesse eines "Nie mehr wieder" geboten, diese Zeit zu dokumentieren und aufzuarbeiten. Eine Hinweistafel am Gebäude, welche eine Distanzierung von den das Gebäude schmückenden Symbolen zum Ausdruck bringt, ist dafür aber eindeutig zu wenig!

Es ist davon auszugehen, dass es in Österreich noch weitere Fälle gibt, in denen die Interessen des Denkmalschutzes mit dem gesellschaftlichen Auftrag kollidieren, den öffentlichen Raum von jeglicher faschistischen oder nationalsozialistischen Symbolik zu befreien. 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. In welcher Form hat das Bundesdenkmalamt im Zuge der Generalsanierung des Justizpalastes, welche im Jahr 2007 abgeschlossen worden ist, zum Ausdruck gebracht, dass die Entfernung der austrofaschistischen Herrschaftszeichen am Justizpalast (Haupteingang, Vestibül, Gobelin des Verhandlungssaales des Obersten Gerichtshofes als auch beim Aula-Umgang im 1. Obergeschoß) als Zeitdokument zu erhalten sind?
  2. Falls dies in Form eines Bescheides erfolgt ist: wurde gegen diesen Bescheid ein Rechtsmittel eingebracht?
  3. Wurden dieser Entscheidung des Bundesdenkmalamtes auch Stellungnahmen externer Fachleute, insbesondere aus dem Fachgebiet der Zeitgeschichte, zugrunde gelegt?
  4. Sind an weiteren öffentliche Gebäuden (Amtsgebäuden) in Österreich aus Gründen des Denkmalschutzes noch immer faschistische oder nationalsozialistische Symbolen sichtbar?
  5. Sind Sie als der für den Denkmalschutz zuständige Minister dazu bereit zu erlassen, dass denkmalschützerische Überlegungen generell kein Grund sein dürfen, dass im öffentlichen Raum faschistische oder nationalsozialistische Symbole erhalten bleiben, sondern dass den Zielsetzungen des Denkmalschutzgesetzes in solchen Fällen auf andere Weise zu entsprechen ist?
  6. Wenn am Justizpalast ein Hakenkreuz versehen mit einer Hinweistafel, welche eine Distanzierung von dem Symbol zum Ausdruck bringt und es als historisches Mahnmal etikettiert, prangen würde – würde man dann auch dem Denkmalschutz den Vorrang vor staatspolitischen Erwägungen geben?
  7. Sind Sie als der für den Denkmalschutz zuständige Minister im speziellen dazu bereit, eine Weisung zu erlassen, dass seitens des Bundesdenkmalamtes die Zustimmung zur Entfernung der austrofaschistischen Herrschaftszeichen am Justizpalast erteilt wird?
  8. Wenn nein, warum nicht?
  9. Laut einer Recherche der Wochenzeitung "Die Zeit" hat das Bundesdenkmalamt dem Eigentümer der Burg Hochkraig vorgeschlagen, ein auf dieser Burg befindliches Hakenkreuz im Zuge von Sanierungsmaßnahmen in ein Quadrat zu verwandeln. Da die denkmalgeschütze Ruine aber als schwer zu erreichen und als extrem einsturzgefährdet galt, hat man mit Kosten iHv bis zu 75.000 Euro gerechnet. Warum wird bei einer Burg, die wohlgemerkt in Privateigentum steht, ein derartig hoher finanzieller Aufwand betrieben, wenn es um die Unkenntlichmachung eines Symbols des Nationalsozialismus geht, hingegen beim Justizpalast, einem der wichtigsten Gebäude des demokratischen und rechtsstaatlichen Österreichs, die Entfernung eindeutig faschistischer Herrschaftszeichen verhindert?