9231/J XXVII. GP

Eingelangt am 07.01.2022
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Interventionen der Vorarlberger Landesregierung gegen Steuerprüfungen bei Unternehmen

 

Die Vorarlberger Illwerke AG und die Vorarlberger Kraftwerke AG gehören dem Land Vorarlberg.

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Die WEG Wertpapiererwerbsgesellschaft m.b.H. ist eine über die Landesvermögen-Verwaltungs­gesellschaft m.b.H. ebenfalls im Eigentum des Landes Vorarlberg stehende Gesellschaft.

Verschiedene Heimfallsrechte des Landes Vorarlberg in Bezug auf Kraftwerke der illwerke/vkw-Gruppe sind seit vielen Jahrzehnten politischer Streitgegenstand. Schon in den 1990er Jahren lagen sich der Bund und das Land Vorarlberg in den Haaren (1). Später lag das Land Vorarlberg im Streit mit dem Land Tirol, mit dem in den 2000er Jahren eine Einigung gefunden wurde. (2)

Die Zahlungsflüsse

Die Versteuerung

Ob das Unternehmen Vorarlberger Illwerke AG seine diesbezüglichen Verpflichtungen stets korrekt bewertet, diese Bewertungen jeweils korrekt angepasst und in der Folge steuerlich korrekt in der Bilanz abgebildet hat, könnte fraglich sein.
Weiters ist offen, ob es sich bei Zahlungen der Vorarlberger Illwerke AG an den Eigentümer, die als "Zahlungen für Heimfallsrechte" deklariert sind, um verdeckte Gewinnausschüttungen handelt, für die die ausschüttende Stelle abzugspflichtig in Bezug auf die Kapitalertragsteuer gewesen wäre.

Die politische Intervention im Sinne des Unternehmens mit ÖVP-Bezug

Einem Bericht der Tageszeitung "Der Standard" zufolge, soll sich die Großbetriebsprüfung des BMF diese Konstruktion genauer angesehen haben. Damit es nicht zu Steuerforderungen des Bundes gegen die Vorarlberger Illwerke AG komme, soll Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) offenbar beim damaligen Finanzminister (ebenfalls ÖVP) mehrfach interveniert haben. (5) Daraufhin sei BMF-intern Druck auf die Mitarbeitenden im Rahmen der Großbetriebsprüfung ausgeübt worden.

Bei den illwerke/VKW-Gruppe handelt es sich um einen Stromanbieter, der zu Marktbedingungen arbeiten sollte (sofern man die österreichischen Zustände rund um die Energieversorgung als "Markt" bezeichnen kann). Politische Interventionen zugunsten eines einzelnen Marktteilnehmers, die zu dessen ungerechtfertigter steuerlicher Besserstellung führen, gehen zunächst zulasten des Mitbewerbs, in weiterer Folge zu Lasten der Kunden und jedenfalls zu Lasten der Gemeinschaft der Steuerzahler. Dass viele Politiker ein gestörtes Verhältnis zur Marktwirtschaft haben, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Wenn sich diese Störung in der rechtswidrigen Anwendung von Steuergesetzen bei einzelnen Marktteilnehmern mit engen Kontakten zur ÖVP äußert, sind allerdings Grenzen überschritten.

Bedenklich an diesen Vorgängen erscheint weiters, dass solche Interventionen von Erfolg gekrönt sind und sich die Tätigkeit von Steuerprüfern durch politische Einflussnahme lenken zu lassen scheint. Von derartigen Missständen profitieren aber nicht die kleinen Leute sondern immer diejenigen, die es sich mit ihren ÖVP-Kontakten richten.

Sollte die Darstellung des "Standard" stimmen, bestünde der Verdacht auf (Anstiftung zum) Amtsmissbrauch, weil gegebenenfalls ein Landeshauptmann vom Herrn BMF persönlich oder von Mitarbeiterin des BMF gesetzwidriges Vorgehen eingefordert hätte mit dem Vorsatz, damit die Gemeinschaft der Steuerzahler an ihren Rechten zu schädigen.

Der vorgeschobene Datenschutz

Von Seiten der Anfragesteller wird a priori darauf hingewiesen, dass das in politisch heiklen Fragen von Ministerien gerne vorgeschobene Datenschutzargument ins Leere geht, weil es sich in der gegenständlichen Causa um eine Streitigkeit zwischen zwei Gebietskörperschaften handelt und auf beiden Streitseiten jeweils eine Steuerzahlergemeinschaft - die Gemeinschaft der österreichischen Steuerzahler vs. die Gemeinschaft der Vorarlberger Steuerzahler - steht, die ein legitimes Interesse an der Verwendung der eigenen Mittel hat. Die gegenständlichen Stromanbieter Vorarlberger Illwerke AG und Vorarlberger Kraftwerke AG stehen zu 100% im öffentlichen Eigentum (Land Vorarlberg und die dem Land Vorarlberg gehörende Wertpapiererwerbsgesellschaft mbH), sind Aktiengesellschaften und müssen ihre Jahresabschlüsse ohnehin im öffentlichen Firmenbuch beibringen, sodass diese Daten bereits öffentlich und nicht weiter zu schützen sind. Die Finanzdaten (Budgets und Rechnungsabschlüsse) von Bund und Ländern sind ebenfalls öffentlich und sollten möglichst transparent sein, sodass es im gegenständlichen Fall keine schützenswerten Daten gibt.

(1) https://presse.vorarlberg.at/land/dist/vlk-62880.html

(2) https://vbgv1.orf.at/stories/186322 

(3) https://suche.vorarlberg.at/vlr/vlr_gov.nsf/0/411C6B01AC01DCCEC1257393002CA59B/$FILE/1212007.pdf

(4) https://www.illwerkevkw.at/media/illwerkevkw_GB2017_Online.pdf, Seite 78; Geschäftsberichte der illwerke/VKW in den Folgejahren verschweigen diesen Umstand

(5) https://www.derstandard.at/story/2000132242380/wie-unsteuerbare-pruefer-der-oevp-einen-strich-durch-die-rechnung 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Wann genau haben Großbetriebsprüfer erstmals die im "Standard" geschilderten steuerlichen Umstände des Heimfallsrechts in Prüfung genommen?
  2. Von wann bis wann haben sich Großbetriebsprüfer mit dem vom "Standard" geschilderten Sachverhalt befasst?
  3. Mit welchem Ergebnis haben die Großbetriebsprüfer ihre Arbeit an diesem Sachverhalt abgeschlossen?
  4. Können Sie ausschließen, dass es in diesem Zusammenhang zu den vom "Standard" berichteten Interventionen von LH Markus Wallner (ÖVP) bei Verantwortungsträgern im BMF gekommen ist?
  5. Wenn nein, 
    1. wann genau hat der Landeshauptmann von Vorarlberg interveniert?
    2. was war das konkrete Ziel seiner Intervention?
    3. bei wem konkret hat der Landeshauptmann von Vorarlberg interveniert?
    4. wie hat das BMF auf die Intervention reagiert?
  1. Können Sie ausschließen, dass Verantwortungsträger im BMF in der gegenständlichen Sache (auch interventionsunabhängig) auf die Mitarbeitenden der Großbetriebsprüfung Einfluss im Sinne eines schonenden Ergebnisses für das Land Vorarlberg bzw. die illwerke/VKW genommen haben?
    1. Wenn nein, wie wurde konkret Einfluss genommen?
    2. Wenn nein, vom wem wurde konkret Einfluss genommen?
  1. Wie beurteilt das BMF solche Verpflichtungen der illwerke/VKW steuerrechtlich, die sich aus den
    1. Heimfallsrechten,
    2. Genussrechten,
    3. Rückkaufsrechten,
    4. Wasserzinsen
      ergeben?
  1. Wie beurteilt das BMF wirtschaftliche Besserstellungen der illwerke/VKW steuerrechtlich, die sich aus dem Verzicht auf
    1. die Ausübung von Rückkaufsrechten
    2. die Ausschüttung von auf Heimfallsrechten basierenden Zahlungen
      ergeben?
  1. Welcher Art von Besteuerung unterliegen die Zahlungen iZm dem Heimfallsrecht, die an den Eigentümer der Gesellschaft gehen, und von wem ist die jeweilige Steuer abzuführen?
  2. Welche Umstände führen zu der rechtlichen Beurteilung durch das BMF, dass diese Zahlungen (laut Frage 7) der Illwerke AG an den Eigentümer Land Vorarlberg keine verdeckten Gewinnausschüttungen sind, für die an der Zahlstelle (Illwerke AG) entsprechend KESt abzuziehen und abzuführen wäre?