9262/J XXVII. GP

Eingelangt am 13.01.2022
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Anfrage

 

der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend Freigängerhaus Grafenstein

 

Österreich hat eine vergleichsweise hohe Gefangenenquote. In den frühen Nullerjahren kam es zu einem dramatischen Anstieg der Gefangenenpopulation. Einige Justizanstalten sind mit ständiger Überbelegung konfrontiert. Arbeit in den Justizanstalten ist nicht immer möglich, die Corona-Pandemie hat die Situation weiter verschärft.

Aktuell gibt das Ministerium die Zahlen per 1. Dezember 2021 mit einer Belagskapazität von 8564, einem InsassInnenstand von 8517 – davon 7652 in Justizanstalten (89,35% der Belagskapazität) an.[1]

Einem Beruf nachzugehen, gilt als wesentlicher Schritt für eine erfolgreiche Resozialisierung.

Der Verein Neustart formuliert es so:

„Eines der Hauptprobleme nach einer längeren Haftstrafe ist der Wiedereinstieg ins Arbeitsleben. Viele unserer Klientinnen und Klienten sind schlecht ausgebildet und aufgrund von langer Arbeitslosigkeit, persönlichen und sozialen Problemen den Anforderungen des Arbeitsmarkts nicht mehr gewachsen.“[2]

 

Freigängerhäuser ermöglichen Berufstätigkeit während der Haft. Am Beispiel Grafenstein ist zu lesen:

„Im Rahmen des Freigangs besteht für Unternehmer die Möglichkeit, Insassen für Arbeiten außerhalb der Justizanstalt heranzuziehen. Bei dieser Art der Beschäftigung können Strafgefangene als so genannte Freigänger am Morgen das Freigängerhaus verlassen. Sie arbeiten tagsüber in Ihrer Firma und kehren nach Arbeitsende wieder zurück in die Außenstelle der Justizanstalt Klagenfurt in Grafenstein. Dies beinhaltet die Möglichkeit im Berufsleben zu bleiben oder bereits während der Haft den Wiedereinstieg in das Berufsleben zu schaffen. Der Vorteil für Sie als Unternehmer besteht darin, dass hochmotivierte Arbeitskräfte sofort zur Verfügung stehen und bei einem derartigen Beschäftigungsverhältnis der Arbeitgeberbeitrag für die Sozialversicherung bei den Lohnkosten entfällt.“[3]

 

Freigängerhäuser wirken sich offensichtlich also positiv auf die Resozialisierung aus und auch ArbeitgeberInnen lokaler Unternehmen können davon profitieren.

Aktuell gibt es immer wieder Gerüchte um eine Schließung des Freigängerhauses Grafenstein.

 

 

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende:

 

Anfrage

1.    Gibt es seitens Ihres Ressorts Bestrebungen, das Freigängerhaus Grafenstein zu schließen?

a) Wenn ja, bis wann?

b) Wenn ja, welche Überlegungen liegen dem zugrunde?

c) Wenn ja, welche Alternativen sind vorgesehen?

2.    Gibt es seitens Ihres Ressorts Bestrebungen, das Freigängerhaus Grafenstein an einen anderen Standort zu verlegen?

a) Wenn ja, wohin?

b) Welche Überlegungen liegen dem zugrunde?

3.    Gibt es seitens Ihres Ressorts Bestrebungen, das Freigängerhaus Grafenstein in den geplanten Neubau der Justizanstalt Klagenfurt zu integrieren?

a) Wenn ja, ist der Betrieb von Grafenstein bis zur Eröffnung des Neubaus sichergestellt?

4.    Wie viele Freigängerplätze gibt es aktuell in Österreich und wo?

5.    Wie hat sich die Zahl in den vergangenen zehn Jahren entwickelt?

6.    Wie ist es um die wirtschaftliche Bilanz der Freigängerhäuser bestellt? Bitte um Auflistung der Einnahmen bzw. Abgänge der einzelnen Häuser in den vergangenen fünf Jahren.

7.    Wie haben sich die Belagszahlen von Grafenstein in den vergangenen fünf Jahren entwickelt?

8.    Planen Sie im Sinne einer Resozialisierung die Plätze in Freigängerhäusern auszubauen?

a) Wenn ja, in welchem Umfang und bis wann?

9.    Planen Sie die zu den Justizanstalten gehörenden Betriebe zu forcieren und Beschäftigungsmöglichkeiten für möglichst viele Häftlinge zu schaffen?

10. Wie viele Häftlinge gehen aktuell einer Beschäftigung nach und wie haben sich die Zahlen in den vergangenen fünf Jahren entwickelt?



[1] Vgl.: Verteilung des Insassinnen- bzw. Insassenstandes (justiz.gv.at)

[2] Vgl.: Werkstatt (neustart.at)

[3] Vgl.: Freigängerhaus Grafenstein (justiz.gv.at)