9294/J XXVII. GP

Eingelangt am 14.01.2022
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort

betreffend 800 Tage Regierungsprogramm - 100 Tage Bundesregierung Nehammer: Reform Standort- und Industriepolitik

 

Chancen nutzen heißt Verantwortung übernehmen“ stellte die Bundesregierung klar, als sie im Zuge ihrer Angelobung am 7. Jänner 2020 das Regierungsprogramm 2020-2024 präsentierte. Bereits vor Ausbruch der Pandemie wurde darin festgehalten, dass es „auch und gerade in politisch, wirtschaftlich und global unsicheren Zeiten“ nötig ist, neue Wege zu gehen. Unterschiedliche Reformvorhaben stehen in diesem Übereinkommen, das trotz zahlreicher Neubesetzungen seither die Arbeitsgrundlage der österreichischen Bundesregierung bildet. Über diese innenpolitisch turbulente Zeit hindurch wurde von unterschiedlichen Kanzlern und Bundesminister_innen stets die Wichtigkeit der Abarbeitung des Regierungsprogramms betont. Bei seiner Antrittsrede versprach der am 6. Dezember 2021 angelobte Bundeskanzler Nehammer, rasch in die Arbeit einzusteigen und sich nicht vom Virus davon abhalten zu lassen, die Arbeit für die Menschen in diesem Land fortzusetzen. Knapp 800 Tage nach Präsentation des Regierungsprogramms 2020 – 2024 und 100 Tage nach Antritt der Regierung Nehammer stellt sich die Frage, was aus all diesen Versprechen geworden ist. Diese Jubiläumsanfrage bietet Gelegenheit, im Rahmen einer Zwischenbilanz ausführlich festzustellen, welche Vorhaben erledigt wurden und wann die verbliebenen Projekte umgesetzt werden sollen. Gerade angesichts der aktuellen Herausforderungen sollte das im Programm formulierte Ziel der Stärkung der Position Österreichs in Europa und in der Welt rasch durch mutige Reformen umgesetzt werden.

 

Fokus Standort- und Industriepolitik

 

Die Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort Margarethe Schramböck hat in Interviews und Pressekonferenzen mehrfach die Erstellung einer Standortstrategie angekündigt. Bei der Pressekonferenz am 26.01.2021 räumte BM Schramböck ein, dass Österreich beim Wachstum seit 2012 hinter Deutschland, der Schweiz, Schweden und Dänemark hinterherhinke. Durch bessere Rezepte solle "die MS Österreich zurück ins Wasser“ gebracht werden - so Schramböck. Der Finanzminister hielt damals fest, dass dafür auch eine bessere Verzahnung der Ressorts Wirtschaft, Finanzen und Arbeit nötig sei. Am Schluss soll eine Vision für das Jahr 2040 herauskommen, um Österreich unter die zehn besten Wirtschaftsnationen weltweit zu bringen (https://kurier.at/wirtschaft/wiederaufbau-trio-feilt-an-vision-2040/401168851). Jahrelanger Reformstau hat die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes stark gemindert und die Abwanderungstendenzen bei heimischen Betrieben verstärkt. Viele Reformempfehlungen werden seit Jahren auch von der Europäischen Union, der OECD und Wirtschaftsexperten vorgebracht. Dennoch gibt es keine Informationen darüber, welche konkreten Empfehlungen in der neuen Standortstrategie berücksichtigt werden sollen. Die Präsentation der Ergebnisse wurde vom Herbst auf Ende des Jahres 2021 verschoben und blieb letztlich aus. Darüber hinaus hat Bundesministerin Schramböck versprochen, ein Gründerpaket im Herbst 2021 in Begutachtung zu schicken. Diese versprochenen Reformvorschläge liegen jedoch Anfang Jänner 2022 nicht vor. Das BMDW hat hierzu ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches weitgehende Vereinfachungen anregt. Die Verzögerungen lassen befürchten, dass vom ambitionierten Ansatz am Ende wenig übrig bleiben wird. Seit Anfang der Legislaturperiode unterstreichen Regierungsmitglieder die Notwendigkeit, durch umfassende Reformen den Standort Österreich wieder zurück an die Spitze bringen zu wollen. Angesichts der zahlreichen Reformversprechungen und der anhaltenden Verzögerungen bei der Präsentation dieser, erscheint es angebracht, einzeln auf die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen einzugehen und von einer pauschalen Beantwortung dieser Anfrage abzusehen. Gegenstand dieser Anfrage sind konkrete Maßnahmen in Federführung oder unter Mitwirkung des BMDW (im Sinne von tatsächlichen Projekten oder Gesetzesinitiativen - keine abstrakten Absichtsbekundungen).

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

Anfrage

zu den Zielen laut Regierungsprogramm

  1. Standortstrategie für die Zukunft entwickeln
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Bestehende Stärken ausbauen, weiterentwickeln und international bewerben (z.B. die Mobilitätsindustrie, erneuerbare Energien, etc.)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Inwiefern fand die internationale Bewerbung bisher statt? (Zielländer, Botschaft, Kosten)
    3. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    4. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

 

  1. Neue Sektoren erschließen (Weiterentwicklung entstehender Stärken - z.B. digitale Geschäftsmodelle, E-Mobilität, etc.)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Internationale Unternehmensansiedlungen und Investitionsentscheidungen für den Standort Österreich gewinnen
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Stärkere Ausrichtung nationaler Maßnahmen am „Green Deal“ der EU-Kommission (Identifikation und Umsetzung von Leuchtturmprojekten im Bereich der Ökologisierung, Entwicklung eines strategischen Maßnahmenplans, Förderung der Entwicklung regionaler Kreislaufwirtschaft, koordinierte Teilnahme an relevanten IPCEI-Programmen)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Kultur der 2. Chance stärker verankern (besonders für Gründer_innen von innovativen Start-ups und KMUs)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?

                                          i.    Welche konkreten Maßnahmen wurden neben der minimalistischen Umsetzung der Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie (EU) 2019/1023 gesetzt?

    1. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    2. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Regulatory Sandboxes umsetzen (z.B. neue Geschäftsmodelle, die sich durch die bestehende Gewerbeordnung nicht abdecken lassen)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Neue Gesellschaftsform schaffen
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?

                                          i.    Welche Aspekte des vom BMDW in Auftrag gegebene Gutachtens werden im Gründerpaket nicht berücksichtigt?

    1. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Unbürokratische Gründung (Stammkapital-Ansparmodelle, digitale Behördenwege, Englisch als Amtssprache)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Flexible Anteilsvergabe an mögliche Investorinnen und Investoren sowie Mitarbeiter_innen (mit minimalen, digitalen Behördenwegen)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

 

 

  1. EU Limited (Einsatz auf europäischer Ebene, dass eine einheitliche, zeitgemäße Gesellschaftsform für innovative Start-ups und KMUs EU-weit umgesetzt wird)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Verbesserte Anreize für privates Risikokapital für innovative Start-ups und KMUs
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Vereinheitlichung und Stärkung des öffentlichen Risikokapitals
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

  1. Aufbau eines nationalen staatlich kofinanzierten Technologie-, Innovations- und Wachstums-Fonds
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?

 

 

  1. Förderungen von Digitalisierungsmaßnahmen im Bereich von produzierenden KMUs („smart factory“)
    1. Welche konkreten Maßnahmen wurden in diesem Bereich gesetzt?
    2. Welche konkreten Maßnahmen sollen in diesem Bereich im Jahr 2022 gesetzt werden?
    3. Welche Organisationseinheiten (Abteilungen) im eigenen Ressort und anderer Bundesministerien waren bzw. sind bei der Erarbeitung involviert?