9334/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.01.2022
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ANFRAGE

der Abgeordneten David Stögmüller, Freundinnen und Freunde

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

betreffend „Spanische Hofreitschule“

Begründung

Seit Oktober 2021 sorgte der Kauf eines Lipizzaners in der Spanischen Hofreitschule für Aufregung. So wurde bekannt, dass die Tochter des ehem. Aufsichtsratsvorsitzenden der Spanischen Hofreitschule einen Lipizzaner Hengst („Maestoso Fantasca-67“) 2013 für 12.000 Euro kaufte, der anschließend an die Hofreitschule verliehen und dort ausgebildet wurde. Kritisiert wurde daran insbesondere, dass sich der Wert des Pferdes durch die Ausbildung, die es im Betrieb der Hofreitschule erhielt, deutlich erhöht haben soll. Zudem stellte der Rechnungshof fest, dass die Eigentümerin neben einer Einstellgebühr auch für sämtliche Kosten der tiermedizinischen Betreuung und des Hufschmieds aufzukommen hätte, diese Kosten aber tatsächlich durch die Spanische Hofreitschule getragen wurden.[1] Medial äußerte sich ein ehem. Oberreiter dahingehend, dass ihm nicht bekannt sei, dass jemals in der Spanischen Hofreitschule ein Privatpferd ausgebildet wurde und in Vorstellungen zum Einsatz kam.[2]

Als zuständige Eigentümervertreterin verlangten Sie in Aufklärung der Vorkommnisse eine fundierte, rechtliche Analyse seitens der Geschäftsführung und seitens der vom Ministerium entsandten AufsichtsrätInnen. Laut Medienberichten kam es zu einem gemeinsamen und mit dem Ministerium akkordierten Bericht von Aufsichtsrat und Geschäftsführung, welcher laut Aufsichtsrat Ulrich Herzog wohl alles für in Ordnung befand.[3] In Folge kam es zu zwei Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft Wien, welche nun ein Ermittlungsverfahren gegen drei Beschuldigte einleitete.

In diesem Zusammenhang stellen sich auch Fragen hinsichtlich der Verkäufe von Tieren durch das Bundesgestüt Piber. So geht aus einem Zeitungsbericht hervor, dass im Jahr 2013, dem Jahr, in dem auch die Tochter des ehem. Aufsichtsratsvorsitzenden ihren Hengst „Maestoso Fantasca-67“ gekaut hat, insgesamt 15 Pferde von der Spanischen Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber verkauft wurden.[4] Zur Frage der Unterbringung der Tiere wurde medial berichtet, dass damals die Hofreitschule Käufern als besondere Option die Einstellung der erworbenen Tiere in den Stallungen am Heldenberg anbot.[5]

Zur Aufklärung des Sachverhalts stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

 

ANFRAGE:

1.    Wann haben Sie zur Aufklärung des Sachverhalts eine Stellungnahme bzw eine rechtliche Analyse der Geschäftsführung und der von Ihnen entsandten Aufsichtsrät:innen verlangt?

 

2.    Haben Sie eine Stellungnahme bzw eine rechtliche Analyse sowohl von der Geschäftsführung der Hofreitschule als auch seitens der von Ihnen entsandten Aufsichtsrät:innen erhalten oder handelt es sich, wie medial kolportiert wurde, um eine gemeinsame Stellungnahme?

 

3.    Der langjährige Aufsichtsrat der Spanischen Hofreitschule und seit 2016 stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende (und nunmehrige interimistische Aufsichtsratsvorsitzende) Ulrich Herzog befand laut Medienbericht „alles in Ordnung“ und meinte wohl „der gemeinsame Bericht von Aufsichtsrat und Geschäftsführung sei mit dem Ministerium akkordiert“.[6] Was ist in diesem Zusammenhang unter „akkordiert“ zu verstehen?

 

4.    Waren Sie oder Ihr Ministerium einschließlich Ihres Kabinetts in die Erstellung der von Ihnen in Auftrag gegebenen rechtlichen Analyse der Aufsichtsrät:innen, welche durch Ihr Haus bestellt wurden, und der Geschäftsführung in irgendeiner Weise eingebunden und wenn ja in welcher Form gab es diesbezüglich eine „Akkordierung“?

 

5.    Was waren die Inhalte dieser rechtlichen Analyse und wurden darin die Aspekte des Verkaufs des Pferdes „Maestoso Fantasca-67“, das unterlassene Zuchtverbot im Rahmen des Verkaufs, die Einstellung und spätere Ausbildung des Pferdes umfassend dargestellt?

 

6.    Legt die von Ihnen im Rahmen der Aufarbeitung des Sachverhalts eingeforderte rechtliche Analyse einen Verstoß oder ein Spannungsverhältnis mit rechtlichen Bestimmungen oder dem seit 5. April 2013 für die Spanische Hofreitschule verbindlichen[7] Public-Corporate-Governance-Kodex nahe?

 

7.    Handelt es sich bei der rechtlichen Analyse um das von der Kanzlei Dorda verfasste Memorandum?

 

8.    Wer hat die Kanzlei Dorda mit der rechtlichen Analyse beauftragt?

 

9.    Welche Kosten sind für die Beauftragung dieser rechtlichen Analyse der Kanzlei Dorda angefallen?

10.  Wurde im Vorfeld mit der Kanzlei Dorda Rücksprache gehalten, ob die Kanzlei Dorda eine der betroffenen Personen, insbesondere den ehem. Aufsichtsratsvorsitzenden Johann Marihart, seine Tochter, die ehemalige Geschäftsführerin Elisabeth Gürtler oder die AGRANA bisher rechtsfreundlich vertreten hat?

 

11.  Kann ausgeschlossen werden, dass die Kanzlei Dorda den ehem. Aufsichtsratsvorsitzenden Johann Marihart, seine Tochter, die ehemalige Geschäftsführerin Elisabeth Gürtler oder die AGRANA bisher in irgendeiner Angelegenheit rechtsfreundlich vertreten hat?

 

12.  Liegt Ihnen das Memorandum der Kanzlei Dorda samt Beilagen vor?

 

13.  Wurde dieses Memorandum samt Beilagen auf seine Schlüssigkeit hin überprüft?

 

14.  Ergibt sich aus den Beilagen, wer die Entscheidung getroffen hat das Pferd „Maestoso Fantasca-67“ auszubilden?

 

15.  Sehen Sie im vorliegenden Sachverhalt betreffend des Verkaufs, der Einstellung und der Ausbildung des Hengstes „Maestoso Fantasca-67“ ein Spannungsverhältnis oder einen Verstoß gegen die Vorgaben des Public-Corporate-Governance-Kodex, zB die Bestimmung, dass Aufsichtsrät:innen keine vergünstigten Leistungen bei eigenen Unternehmen annehmen sollten, die nicht auch anderen Kunden offen stünden?

 

16.  Hat es in Folge dieser Stellungnahme ein Gespräch zwischen Ihnen und Vertreter:innen der Spanischen Hofreitschule (zB Sonja Klima, Erwin Klissenbauer, Johann Marihart, Ulrich Herzog, Ilse Hohenegger, Katrin Völk) gegeben und wenn ja was waren die Inhalte und Ergebnisse der Gespräche?

 

17.  Im Memorandum der Kanzlei Dorda wird zur Frage des Werts eines Tieres auf eine notwendige Klärung durch Sachverständige verwiesen, ein Wert von mehreren hunderttausend Euro jedoch angezweifelt. Mit welchem Wert werden die Pferde aus der „Schulquadrille“ in der Bilanz der Hofreitschule bewertet und mit welchem Wert werden die Tiere auf Tourneen versichert?

 

18.  Anfang Jänner 2022 wurde seitens der Staatsanwaltschaft Wien bekannt gegeben, dass gegen drei Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Haben Sie in der Folge mit Sonja Klima oder Ulrich Herzog ein Gespräch über die von Ihnen in Auftrag gegebene rechtliche Analyse zur Aufklärung des Sachverhalts geführt?

 

19.  Hat sich die Spanische Hofreitschule bisher als Privatbeteiligte im eingeleiteten Ermittlungsverfahren angeschlossen und wenn nein, warum nicht?

20.  Der nunmehrige interimistische Aufsichtsratsvorsitzende Ulrich Herzog befand ja laut Medienbericht alles in Ordnung. Teilen Sie diese Einschätzung?

 

21.  Hatten Sie vor dem nun erfolgten Rückzug von Johann Marihart als Aufsichtsratsvorsitzender Kontakt mit ihm?

 

22.  Haben Sie Johann Marihart den Rückzug nahegelegt?

 

23.  Wie viele Pferde wurden 2013 durch das Gestüt Piber verkauft?

 

24.  An wen und zu welchen Preisen wurden 2013 die Pferde verkauft? (bitte um Auflistung aller Käufer:innen und der Kaufpreise)

 

25.  Wurde im Zuge des Verkaufs des Hengstes „Maestoso Fantasca-67“ ein Zuchtverbot ausgesprochen?

 

26.  Wenn 25. nein, warum nicht?

 

27.  Hinsichtlich welcher Pferde, die 2013 durch das Gestüt Piber verkauft wurden, wurde ein Zuchtverbot ausgesprochen?

 

28.  Wie viele Pferde wurden in den Jahren nach 2013 durch das Gestüt Piber verkauft und wie viele Hengste waren unter den verkauften Tieren?

 

29.  Wurde im Zuge der Verkäufe seit 2013 ein Hengst verkauft ohne dabei ein Zuchtverbot auszusprechen?

 

30.  Wenn ja, wie viele Hengste wurden verkauft ohne ein Zuchtverbot auszusprechen?

 

31.  Für Pferdeverkäufe zeichnet seit 2019 die Geschäftsführerin Sonja Klima verantwortlich.[8] Wer war in der Geschäftsführung der Spanischen Hofreitschule 2013 für den Verkauf der Pferde zuständig und werden die Pferdeverkäufe dem Aufsichtsrat unter Nennung der Käufer:innen und Kaufpreise zur Kenntnis gebracht?

 

32.  Wurde der Verkauf des Pferdes „Maestoso Fantasca-67“ dem Aufsichtsrat der Spanischen Hofreitschule zur Kenntnis gebracht und wurde der Verkauf seitens des Aufsichtsrats genehmigt?

 

33.  Sie haben 2019 einen „Auftrag an die Geschäftsführung der Spanischen Hofreitschule zur Evaluierung insbesondere auch zur Qualitätssicherung der hohen Reitkunst der Spanischen Hofreitschule erteilt“[9]. Was waren die Ergebnisse dieser Evaluierung und welche konkreten Maßnahmen wurden in der Spanischen Hofreitschule seither zur Qualitätssicherung gesetzt?

 

34.  Ab wann war die Einstellung und Ausbildung eines Pferdes, das sich nicht im Eigentum der Spanischen Hofreitschule befindet, im Lipizzaner-Trainingszentrum am Heldenberg möglich und zu welchen Konditionen?

 

35.  Wurde 2013 allen Käufer:innen eines Pferdes aus dem Bundesgestüt Piber als besondere Option die Einstellung der erworbenen Tiere in den Stallungen am Heldenberg angeboten und wenn ja, wie viele Käufer:innen haben dieses Angebot genutzt?

 

36.  Wird Käufer:innen eines Pferdes aus dem Bundesgestüt Piber nach wie vor die Einstellung des erworbenen Tiers in den Stallungen am Heldenberg angeboten?

 

37.  Wie hoch ist der Pachtzins für die Anlage am Heldenberg?

 

38.  Wann wurde der Pachtvertrag für die Anlage am Heldenberg abgeschlossen?

39.  Wurde zu dieser Zeit noch Pacht oder ein anderes Benützungsentgelt für die Sommerfrische in Lainz bezahlt und wenn ja wie lange wurde noch für die Benützung in Lainz gezahlt?

 

40.  Wurde für Lainz ein Pachtzins oder ein Benützungsentgelt gezahlt obwohl keine Nutzung durch die Hofreitschule erfolgte und wenn ja für wie lange?

 

41.  Wurde jemals in der Spanischen Hofreitschule ein Pferd, das sich nicht im Eigentum der Spanischen Hofreitschule befand, also im Eigentum einer Privatperson stand, ausgebildet und bei Vorstellungen eingesetzt?



[1] Bericht des Rechnungshofs „Spanische Hofreitschule – Lipizzanergestüt Piber“, Reihe Bund 2021/36, 61.

[2] Vgl Die Spanische Hofreitschule und die seltsame Causa Grauschimmel, diepresse.com vom 10. Dezember 2021.

[3] Vgl Die Spanische Hofreitschule und die seltsame Causa Grauschimmel, diepresse.com vom 10. Dezember 2021.

[4] Vgl Die seltsame Karriere eines Hengstes, Neue Züricher Zeitung vom 27. Dezember 2021, 12.

[5] Vgl Disput um Hofreitschule Vater der Pferdebesitzerin: Lipizzanerhengst war „Sponsorpferd“, Kleine Zeitung 18. November 2021.

[6] Vgl Die Spanische Hofreitschule und die seltsame Causa Grauschimmel, diepresse.com vom 10. Dezember 2021.

[7] 2735/AB XXVI. GP.

[8] 3354/AB-BR/2019.

[9] 3354/AB-BR/2019.