9516/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.01.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner,

Genossinnen und Genossen an den Bundesminister für Inneres

betreffend Schutz und Sicherheit für Gesundheitspersonal vor Übergriffen durch Maßnahmengegner*innen und Coronaleugner*innen

In den letzten Wochen haben sich die Berichter über Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen aber auch direkt auf Menschen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, gehäuft. Immer wieder werden sie Opfer von Drohungen oder gar von tätlichen Angriffen, häufig nur deshalb, weil sie als medizinisches Personal erkennbar sind, oder ihrer verantwortungsvollen Arbeit am Menschen nachgehen. Das ist auch insofern bedenklich, als dass es durch das Gesundheitsberuferegister zu einer Veröffentlichung des Arbeitsplatzes kommt, der bei selbstständigen Pflegekräften zumindest teilweise gleichlautend dem Wohnort ist, wie die Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes, Elisabeth Potzmann, gegenüber der Wiener Zeitung sagt[1].

Als Reaktion darauf wurde von der DSN eine Handlungsanleitung zur Verfügung gestellt, in der verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen werden, um Gewalttaten vorzubeugen, wobei die Adressat*innen durchaus überraschen dürfen, denn: Das Gesundheitspersonal wird darin aufgefordert, gewisse Handlungen nicht mehr zu setzen, um sich nicht zum Ziel von Angriffen zu machen bzw. Vorbereitungen zu treffen, um sich vor diesen zu schützen. Laut ZIB 2 vom 5. Jänner gehören dazu etwa das Vermeiden von „Arzt im Dienst-Schildern in Fahrzeugen, Kontrolle der Post, das Vermeiden dienstlicher Logos oder Kleidung, wie die Sanitäter-Uniform, oder die Installation einer Alarmanlage. Zudem sollen in der Nähe von Patient*innen keine Gegenstände, die sich als Waffen eignen aufbewahrt werden.

Parallel zu dieser Empfehlung sprach der Innenminister indes von einer niedrigen zweistelligen Anzahl von konkreten Drohungen, gegen Gesundheitspersonal die bekannt seien.

Unabhängig von der Anzahl der Drohungen, ist vielmehr die grundlegende, schwerwiegende Gefahr für unsere Gesamtgesellschaft dahinter zu sehen. Personen, die es sich zur beruflichen Aufgabe gemacht haben, ihren Mitmenschen zu helfen, können sich auf Grund ihres Berufs offenbar nicht mehr sicher fühlen, weil der Staat und die zuständige Behörde es offenbar nicht schaffen diese wirkungsvoll zu schützen. Besonders das Schreiben der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, scheint ein Ausdruck von Hilflosigkeit zu sein, wäre es doch eigentlich die Aufgabe ebenjener Behörde, radikalisierte Personen oder Gruppen zu erkennen, zu beobachten und im Gefährdungsfall einzuschreiten, bevor es zu Übergriffen auf andere Menschen kommt. Im Bereich der radikalen Maßnahmengegner*innen, die Gesundheitspersonal bedrohen, scheint man dazu jedoch nicht in der Lage zu sein.

Weil dieser Umstand nicht nur aus sicherheitspolitischer Sicht nicht zufriedenstellend, sondern eine reale Bedrohung für Menschen in unserem Land ist, die es wirksam zu schützen gilt, stellen die unterfertigten Abgeordneten folgende

Anfrage

 

1)    Wie viele Fälle von konkreten gefährlichen Drohungen, etwa via Telefon, Mail, Brief,

etc. gegen Gesundheitspersonal sind Ihnen bzw. Ihrem Ressort bekannt?

2)    In wie vielen Fällen sind die Sicherheitsbehörden konkret tätig geworden um eine

tatsächliche Bedrohung abzuwenden? Falls ja, welche Maßnahmen wurden konkret gesetzt?

3)   Wie viele tatsächliche Übergriffe wurden angezeigt und in weiterer Folge verfolgt?

Bitte listen Sie die Delikte und den Stand der Ermittlungen sowie das Bundesland auf, in dem es dazu kam.

4)   Können Sie bzw. die DSN feststellen, wie groß der Kreis jener Personen ist, die sich

wegen der Corona-Maßnahmen radikalisiert haben, sodass sie andere Menschen auf Grund Ihres Berufs im Gesundheitswesen bedrohen?

5)    Liegen Ihnen vergleichbare Informationen bei der Bedrohung anderer Berufsgruppen

ebenso vor, wie beispielsweise bei Journalist*innen, Mitarbeiter*innen von Behörden oder Politiker*innen, etc.?

a.       Wenn ja: Haben Sie vor, auch dort Handlungsanleitungen für die Vorbeugung von Gewalt gegen diese Gruppen herauszugeben, oder werden Sie andere Maßnahmen in die Wege leiten?

6)   Wird es abseits der besagten Handlungsanleitung auch weitere Maßnahmen zum

Schutz des Gesundheits- und Pflegepersonals vor Übergriffen geben?

a.       Wenn ja: Wie werden sich diese konkret gestalten?

b.       Wenn ja: Bis wann kommen diese zur Umsetzung?

c.       Wenn nein: Warum nicht?

7)    Ist die Handlungsanleitung, die an die Gesundheitsberufe gerichtet wurde, öffentlich

einsehbar?

a.       Wenn ja: Wo genau?

b.       Wenn nein: Aus welchen konkreten Gründen nicht?

Sollte es keine konkreten Schutzzwecken des Gesundheitspersonals dienen, ersuchen wie Sie diese im Anhang der Anfragebeantwortung beizugeben.

8)    Werden Sie auf Grund der offenbar bestehenden Bedrohung des Gesundheitspersonals

mit Gesundheitsminister Mückstein in Kontakt treten, um eine Verbesserung der Sicherheitslage durch einen veränderten Umgang mit Daten im Gesundheitsberuferegister zu erwirken?

a.       Wenn ja: Wie sollen diese Änderungen konkret aussehen?

b.       Wenn ja: Bis wann sollen diese Änderungen umgesetzt sein?

c.       Wenn nein: Warum nicht?

9)      Haben Sie eine Gesamtstrategie, wie Sie mit der sich zuspitzenden Radikalisierung der Maßnahmengegner*innen umgehen werden?

a.       Wenn ja: Wie gestaltet sich diese?

b.       Wenn ja: Wird darin neben der Verhinderung von kriminellen Handlungen auch die Prophylaxe von Radikalisierung mitbedacht?

c.       Wenn nein: Warum nicht?

10)  Sie werden in einer Aussendung der APA dahingehend zitiert, dass es „nicht unserer gewachsenen demokratischen Tradition [entspricht], wenn im Parlament vertretene Parteien bewusst die Diskussion auf die Straße verlegen und tausende Polizistinnen und Polizisten in gefährliche Situationen bringen'1. Insofern dürfte Ihnen die Radikalisierung der Demonstrationen schon zu denken geben - sehen sie darin eine Gefahr für unsere Demokratie und Gesellschaft?

11)  Was werden Sie unternehmen, um das Demonstrationsrecht und damit eines der höchsten Güter demokratisch verfasster Staaten vor einer Beschädigung durch radikale Kräfte zu schützen?

12)  Ist die DSN in der Lage die Menschen in Österreich und damit auch das Gesundheits­und Pflegepersonal wirkungsvoll gegen Angriffe zu schützen?

13)  Hinsichtlich der Einordnung der Demonstrationen: Wie kann es sein, dass regelmäßig rechtsextreme Splittergruppen, die bekanntermaßen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes standen, die Spitze der Demonstrationen bilden?

14)  Gibt es zwischen der Mehrzahl der Demonstrant*innen und den rechtsextremen Kräften, die regelmäßig mit fragwürdigen Aktionen, wie zuletzt in St. Peter in der Au (Bezirk Amstetten/NÖ), wo sie die Polizei mit den Aufseher*innen in Konzentrationslagern verglichen, auffallen, einen ideologischen Zusammenhang?

15)  Gibt es hinsichtlich der Überschneidungen der rechtsextremen Gruppen, die sich auf den Demonstrationen tummeln und jenen, die auf Grund ihrer anderen Umtriebe vom Verfassungsschutz beobachtet werden, Überschneidungen?

a.       Wenn ja: Wie sind diese festzumachen?

b.        Wenn ja: Haben sie Einfluss auf die Gefährdungseinschätzung der Lage?



[1] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2134133-Sicherheitsluecke-bei-Pflegekraeften.html (Stand 14.01.2021).