959/J XXVII. GP

Eingelangt am 20.02.2020
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Intransparenz: Fragen zum rot-schwarzen ÖGK-Defizit-Hickhack

 

Ominöses ÖGK-Defizit

In den letzten Tagen ist aufgrund von völliger Intransparenz im Kassensystem ein massiver Streit zwischen roten und schwarzen Kammer-/Kassenfunktionären ausgebrochen. Prognosen der ÖGK sollen ein Defizit von über 500 Mio. Euro im Jahr 2024 zeigen. Daraufhin warfen rote Kammerfunktionäre den schwarzen Kammerfunktionären vor, dass dieses Defizit mit der GKK-Fusion zusammenhängen würde. Nun ist zwar bekannt, dass NEOS der GKK-Fusion nicht zugestimmt hat, da dabei lediglich schwarze Kammerfunktionäre an die ÖGK-Schalthebel gehievt wurden und keine Verbesserung für die Versicherten geschaffen wurde. Allerdings erscheinen 500 Mio. Euro Defizit allein aufgrund der Fusion absolut unplausibel. Vor allem da die Anfragebeantwortungen AB/355 XXVII. GP und AB/359 XXVII. GP von Fusions- und Leistungsharmonisierungsaufwänden im niedrigen Millionenbereich berichtet haben.

 

Welche Faktoren stecken tatsächlich hinter dem möglichen Defizit? Ausgabentreibende Entscheidungen bereits 2017/2018 getroffen?

 

Ein Defizit-Faktor, der bekannt ist, sind die AUVA-Pauschalzahlungen gem. § 319a ASVG an die ÖGK, die ab 2023 wegfallen werden (jährlich 209 Mio. Euro). Dieser Wegfall ist insofern problematisch, da zwischen den Krankenkassen ersatzweise kein Risikostrukturausgleich etabliert wird. Trotzdem verbleibt ein Defizit in Höhe von knapp 300 Mio. Euro, das mit den Fusionskosten nicht erklärt werden kann. Hier stellt sich natürlich auch die Frage, ob bereits während der GKK-Fusionsphase Leistungsvereinbarungen eingegangen wurden, die die künftigen Ausgaben der ÖGK in die Höhe treiben sollten. Die Theorie wird dadurch gestärkt, dass die roten Kammerfunktionäre in den GKKn ab 2018 einen Machtverlust zu erwarten hatten. Auch die Zahlen stärken diese Theorie. So sind die von den Kassen steuerbaren Leistungsausgaben zwischen 2008 und 2017 im Schnitt jährlich um 4,0% gestiegen, während sie 2018 um 4,9% angestiegen sind. (https://www.sozialversicherung.at/cdscontent/load?contentid=10008.643707)

 

SV-Ergebnisprognosen müssen regelmäßig detailliert offengelegt werden

Grundsätzlich zeigt die Angelegenheit erneut, wie sehr Intransparenz zu unnötiger Aufregung führen kann. Neben der Offenlegung der Gebarungsvorschau im Zuge der Anfragebeantwortung, sollten die detaillierten Gebarungsvorschauen der einzelnen Sozialversicherungsträger künftig regelmäßig offengelegt werden. Diese Vorgehensweise wählte beispielsweise die NÖGKK noch vor einigen Jahren (siehe unten).

 

 

 Gebarungsvorschau: NÖGKK

 

_scroll_external/attachments/image2020-2-18_18-51-17-18e1f43327f26b77a9ffaa24cfe34fb2fa196f00ebc7cce988c097859f49c5f7.png

Quelle: NÖGKK

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:



1.    Wie oft jährlich und wann aktualisieren die Sozialversicherungsträger ihre Gebarungsvorschauen?

a.    Wo werden diese veröffentlicht?

b.    Wenn nicht veröffentlicht, warum nicht und bis wann werden diese im Sinne der Transparenz auf den Webseiten der SV-Träger veröffentlicht?

2.    Wie oft jährlich und wann übermitteln die Sozialversicherungsträger ihre aktualisierten Gebarungsvorschauen der Aufsicht (BMSGPK)?

a.    Wo werden diese veröffentlicht?

b.    Wenn nicht veröffentlicht, warum nicht und bis wann werden diese im Sinne der Transparenz auf der Webseite des BMSGPK veröffentlicht?

3.    Mit welcher Begründung hat die SV die vierteljährliche Gebarungsvorschau für die Krankenversicherung dieses Jahr am 15.2. nicht veröffentlicht?

4.    Aus welchen Gründen sind in der ÖGK die Aufwände im Jahr 2018 überdurchschnittlich stark gestiegen?

a.    Liegen dem BMSGPK als Aufsicht Informationen vor, dass die GKKn in der Wahlkampfphase 2017 bzw. in der darauffolgenden Fusionsphase 2018 Leistungsvereinbarungen eingegangen sind, die die Ausgaben der ÖGK nachhaltig erhöhen sollten und nun die Finanzkraft der ÖGK überstrapazieren könnten?

 

5.    Ärztliche Leistungen:

a.    Wie hoch waren die Aufwendungen für 2018 und 2019? (Darstellung je Jahr und KV-Träger)

b.    Wie hoch werden diese lt. Gebarungsvorschau bis 2024 sein? (Darstellung je Jahr und KV-Träger)

6.    Zahnärztliche Leistungen (Zahnbehandlung und Zahnersatz):

a.    Wie hoch waren die Aufwendungen für 2018 und 2019? (Darstellung je Jahr und KV-Träger)

b.    Wie hoch werden diese lt. Gebarungsvorschau bis 2024 sein? (Darstellung je Jahr und KV-Träger)

7.    Heilmittel (Arzneien):

a.    Wie hoch waren die Aufwendungen für 2018 und 2019? (Darstellung je Jahr und KV-Träger)

b.    Wie hoch werden diese lt. Gebarungsvorschau bis 2024 sein? (Darstellung je Jahr und KV-Träger)

8.    Heilbehelfe und Hilfsmittel:

a.    Wie hoch waren die Aufwendungen für 2018 und 2019? (Darstellung je Jahr und KV-Träger)

b.    Wie hoch werden diese lt. Gebarungsvorschau bis 2024 sein? (Darstellung je Jahr und KV-Träger)

9.    Summe der Versicherungsleistungen:

a.    Wie hoch waren die Aufwendungen für 2018 und 2019? (Darstellung je Jahr und KV-Träger, inklusive AUVA)

b.    Wie hoch werden diese lt. Gebarungsvorschau bis 2024 sein? (Darstellung je Jahr und KV-Träger, inklusive AUVA)

10. Summe der Aufwendungen:

a.    Wie hoch waren die Aufwendungen für 2018 und 2019? (Darstellung je Jahr und KV-Träger, inklusive AUVA)

b.    Wie hoch werden diese lt. Gebarungsvorschau bis 2024 sein? (Darstellung je Jahr und KV-Träger, inklusive AUVA)


11. Summe der Beiträge:

a.    Wie hoch waren die Beiträge für 2018 und 2019? (Darstellung je Jahr und KV-Träger, inklusive AUVA)

b.    Wie hoch werden diese lt. Gebarungsvorschau bis 2024 sein? (Darstellung je Jahr und KV-Träger, inklusive AUVA)

12. Summe der Erträge:

a.    Wie hoch waren die Erträge für 2018 und 2019? (Darstellung je Jahr und KV-Träger, inklusive AUVA)

b.    Wie hoch werden diese lt. Gebarungsvorschau bis 2024 sein? (Darstellung je Jahr und KV-Träger, inklusive AUVA)

13. Wie stellen Sie sicher, dass die ÖGK künftig bedarfsgerecht finanziert ist?

14. Die drei Sozialversicherungsstudien (IV/IHS, WKÖ/c-alm, BMASK/LSE) aus dem Jahr 2017 haben die Etablierung eines RSA empfohlen. Die modernsten Krankenkassensysteme (CH, D, NL) besitzen einen RSA. Planen Sie im Sinne von mehr Verteilungsgerechtigkeit im Kassensystem eine Gesetzesvorlage für die Etablierung eines Risikostrukturausgleichs auszuarbeiten?