961/J XXVII. GP
Eingelangt am 20.02.2020
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Externe Kosten für Überwachungsmaßnahmen
· Ein_e Staatsanwält_in kostet der Republik ca. € 105.000 pro Jahr.
· 30 neue Planstellen in diesem Bereich würden demnach das Budget im Jahr mit ca. € 3,15 Mio. belasten.
· Gleichzeitig betragen allein die externen Kosten für Überwachungsmaßnahmen von Telekommunikationsmitteln ca. € 15 Mio. pro Jahr.
Der internationale Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland zeigt, dass die Republik Österreich für die gleiche Leistung, an teils die gleichen Unternehmen, das vielfache zahlt wie die die Bundesrepublik Deutschland. Dies liegt daran, dass in Deutschland deutlich niedrigere Pauschalbeträge festgelegt wurden, wonach etwa für die Überwachung einer Rufnummer für einen Monat im Regelfall einem Telekomanbieter € 155,- zustehen. In Österreich jedoch darf derselbe Anbieter der Republik dafür über € 1.000,- in Rechnung stellen. Hier drängt sich die naheliegende Frage auf, wodurch diese immensen Kosten entstehen.
Die Rechtsgrundlage findet sich in § 94 des Telekommunikationsgesetz 2003 – TKG 2003, wonach Telekomanbieter nach Maßgabe der gemäß Abs. 3 und §§ 97 Abs. 1a und 102b Abs. 6 erlassenen Verordnungen verpflichtet sind, alle Einrichtungen bereitzustellen, die zur Überwachung von Nachrichten und zur Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung nach den Bestimmungen der StPO, zur Auskunft über Daten nach § 11 Abs. 1 Z 7 PStSG, zur Auskunft über Daten nach § 99 Abs. 3a FinStrG sowie zur Erfüllung der Verpflichtungen gemäß § 97 Abs. 1a erforderlich sind.
Der Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz hat gem § 94 Abs 2 TKG im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung einen angemessenen Kostenersatz vorzusehen. Dabei ist insbesondere auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit des Aufwandes, auf ein allfälliges Interesse des betroffenen Unternehmers an den zu erbringenden Leistungen und auf eine allfällige durch die gebotenen technischen Möglichkeiten bewirkte Gefährdung, der durch die verlangte Mitwirkung entgegengewirkt werden soll, sowie der öffentlichen Aufgabe der Rechtspflege Bedacht zu nehmen.
Durch Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den Ersatz der Kosten der Anbieter für die Mitwirkung an der Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung, der Auskunft über Vorratsdaten und der Überwachung von Nachrichten (Überwachungskostenverordnung – ÜKVO) idgF von BGBl. II Nr. 133/2012 wurden die Höhe des Kostenersatzes festgelegt.
Die deutsche Parallelregelung findet sich in § 23 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) sowie der Anlage 3 (zu § 23 Abs. 1) des JVEG.
(Abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/jveg/__23.html; https://www.gesetze-im-internet.de/jveg/anlage_3.html)
Für Anträge, die zentral über das jeweilige Landeskriminalamt an die TK-Betreiber geschickt werden, trifft Absatz 2 der Allgemeinen Vorbemerkung zu Anlage 3 zu § 23 Abs. 1 JVEG zu, so dass sich die normale „Schaltgebühr“ für die TKÜ um 20 Prozent von 100 € auf 80 € ermäßigt. Auf dieser Grundlage kostet in Deutschland beispielsweise ein Monat Telefonüberwachung bei einer normalen Handynummer in Summe 155,- €. (Vergleiche Nummer 100 und 104 der Anlage zum JVEG)
In Österreich fallen demgegenüber für die selbe Maßnahme an Kosten gemäß ÜKVO für die Überwachung (§ 2 Z 3) von Nachrichten gemäß § 9 leg cit an:
1. für die Einrichtung und Herstellung der Überwachungsverbindung € 128,00 und sodann
2. für das Aufrechterhalten der Verbindung, die Kontrolle und Auswertung der Daten pro überwachten Tag je 25,00€ (multipliziert auf ein Monat sind das € 775,00)
3. zu dem gebührt gemäß § 6 leg cit dem Anbieter zusätzlich ein Zuschlag von 100% für Leistungen an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie an Werktagen zwischen 22.00 und 6.00 Uhr.
Rechnet man so zb in Österreich mit einer einmonatigen Telefonüberwachung incl Samstage und Sonntag, so gelangt man in Österreich rasch auf einen das 10 fache übersteigenden, des in Deutschland entgoltenen Betrags.
Im Lichte der prekären Budgetsituation, in der sich die österreichische Justiz derzeit befindet, erscheinen solche "Luxus-Überwachungskosten" unangebracht.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
1. Seit wann ist Ihnen, Ihrem Kabinett bzw den zuständigen Fachabteilungen Ihres Ressorts der oben ausgeführte internationale Vergleich bekannt?
2. Welche Schlüsse ziehen Sie als Ressortchefin aus diesem eklatanten Unterschieden in der Vergütungspolitik? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
3. Wann fanden zum letzten Mal Preisverhandlungen für Telefonüberwachungsmaßnahmen mit Mobilfunkanbietern statt?
a. Unter wessen Vorsitz?
b. Wurde im Zuge dieser Verhandlungen eine Evaluierung einer Preisdeckelung durchgeführt?
i. Wenn ja, was waren die Ergebnisse? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
ii. Wenn nein, weshalb nicht? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
c. War zum Zeitpunkt der letzten Verhandlungen in den Jahren 2011/2012 das deutsche Preisniveau bekannt?
i. Wenn nein, wieso nicht?
ii. Wenn ja, weshalb entschied man sich für derart hohe Kostensätze? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
4. Halten Sie die Tarife der geltenden Überwachungskostenverordnung für unangemessen hoch? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
a. Wenn nein, weshalb nicht?
b. Wenn ja, inwiefern?
5. Halten Sie die genannten "Feiertagszuschläge" der Überwachungskostenverordnung für angemessen? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
6. Halten Sie eine Angleichung der Tarife der Überwachungskostenverordnung auf deutsches Niveau für die Betreiber im Lichte der öffentlichen Aufgabe der Rechtspflege für wirtschaftlich zumutbar? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
a. Wenn nein, weshalb nicht?
b. Wenn ja, inwiefern?
7. Für wann planen Sie die nächsten Preisverhandlungen mit Mobilfunkanbietern für Telefonüberwachungsmaßnahmen? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
8. Ist/War ihr Ressort diesbezüglich schon im Gespräch mit dem zuständigen Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus?
a. Wenn ja, welche Organisationseinheit des Ministeriums ist dort zuständig?
b. Wenn ja, wann fand/findet der Austausch statt und welchen Inhalt bzw welches Ergebnis hatte der Austausch?
9. Ist/War ihr Ressort diesbezüglich schon im Gespräch mit dem Bundesministerium für Inneres?
a. Wenn ja, welche Organisationseinheit des Ministeriums ist dort zuständig?
b. Wenn ja, wann fand/findet der Austausch statt und welchen Inhalt bzw welches Ergebnis hatte der Austausch?
10. Ist/War ihr Ressort diesbezüglich schon im Gespräch mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie?
a. Wenn ja, welche Organisationseinheit des Ministeriums ist dort zuständig?
b. Wenn ja, wann fand/findet der Austausch statt und welchen Inhalt bzw welches Ergebnis hatte der Austausch?
11. Ist/War ihr Ressort diesbezüglich schon im Gespräch mit dem Bundesministerium für Finanzen?
a. Wenn ja, welche Organisationseinheit des Ministeriums ist dort zuständig?
b. Wenn ja, wann fand/findet der Austausch statt und welchen Inhalt bzw welches Ergebnis hatte der Austausch?
12. Ist/War ihr Ressort diesbezüglich schon im Gespräch mit dem Bundesministerium für Landesverteidigung?
a. Wenn ja, welche Organisationseinheit des Ministeriums ist dort zuständig?
b. Wenn ja, wann fand/findet der Austausch statt und welchen Inhalt bzw welches Ergebnis hatte der Austausch?
13. Wurde bereits der Frage nachgegangen ob es in der Überwachungskostenverordnung (ÜKVO) zu einer Senkung der Tarifposten kommen soll?
a. Wenn ja, mit welchem Ergebnis? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
b. Wenn nein, weshalb nicht?
14. Beabsichtigen Sie, Tarife wie sie in Deutschland in Geltung stehen, auszuverhandeln?
a. Wenn ja, wann?
b. Wenn ja, wie hoch werden diese erstrebt?
c. Wenn nein, weshalb nicht? (Um detaillierte Erläuterung wird ersucht.)
15. Wie viele Überwachungen gem § 135 StPO wurden im vergangenen Jahr – aufgeschlüsselt nach Überwachungsmaßnahmen und OStA-Sprengel – in Österreich durchgeführt?
16. Wie hoch waren die Kosten – aufgeschlüsselt nach Personal- und Sachaufwand – für Überwachungsmaßnahmen gem § 135 StPO in den letzten 3 Jahren? Bitte um Aufstellung nach Jahren.
17. Wie hoch waren die Zahlungen an Mobilfunkunternehmen für Überwachungsmaßnahmen gem § 135 StPO in den letzten 3 Jahren? Bitte um Aufstellung nach Jahren.
a. Wie hoch waren die durchschnittlichen Zahlungen an Mobilfunkunternehmen (Median oder Mittelwert) für einen solchen Fall?
18. Wie viele Überwachungen gem § 136 StPO wurden im vergangenen Jahr – aufgeschlüsselt nach Überwachungsmaßnahmen und OStA-Sprengel – in Österreich durchgeführt?
19. Wie hoch waren die Kosten – aufgeschlüsselt nach Personal- und Sachaufwand – für Überwachungen gem § 136 StPO in den letzten 3 Jahren? Bitte um Aufstellung nach Jahren.
20. Wie hoch waren die Zahlungen an Mobilfunkunternehmen für Überwachungen gem § 136 StPO in den letzten 3 Jahren? Bitte um Aufstellung nach Jahren.
a. Wie hoch waren die durchschnittlichen Zahlungen an Mobilfunkunternehmen (Median oder Mittelwert) für einen solchen Fall?
21. Wie oft wurden Telekommunikationsanbieter um Auskunft über Stammdaten eines Teilnehmers gem § 76a StPO ersucht?
22. Wie hoch waren die Kosten – aufgeschlüsselt nach Personal- und Sachaufwand – für Auskunftsersuchen über Stammdaten eines Teilnehmers gem § 76a StPO in den letzten 3 Jahren? Bitte um Aufstellung nach Jahren.
23. Wie hoch waren die Zahlungen an Mobilfunkunternehmen für Auskunftsersuchen über Stammdaten eines Teilnehmers gem § 76a StPO in den letzten 3 Jahren? Bitte um Aufstellung nach Jahren.
a. Wie hoch waren die durchschnittlichen Zahlungen an Mobilfunkunternehmen (Median oder Mittelwert) für einen solchen Fall?
24. Wie hoch waren die Zahlungen Ihres Ressorts an Mobilfunkunternehmen für Auskunftsersuchen gemäß der Überwachungskostenverordnung – ÜKVO in den letzten 3 Jahren in Summe? Bitte auch um Aufstellung nach Jahren.