9637/J XXVII. GP
Eingelangt am 03.02.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Mag. Drobits und GenossInnen
an den Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport
betreffend „Datenschutz und Persönlichkeitsrechte bei den Olympischen Winterspielen in China/Peking 2022“
Die Olympischen Sommerspiele 2021 (2020) sowie die anschließenden Paralympics Games wurden trotz der Corona Pandemie durchgeführt und abgeschlossen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch kein abschließendes Resümee bekannt, auch nicht was die Pandemie bzw. die Corona Infektionen für Japan im speziellen und generell für sportliche Großveranstaltungen bedeutet hat.
Auch in China werden bei den kommenden Winterspielen, vom 04. – 20. Februar 2022 alle TeilnehmerInnen, wie SportlerInnen, Betreuungspersonen, FunktionärInnen und JournalistInnen mit diesen Problemen wieder – wie auch mit anderen Problemen und neuen Herausforderungen - konfrontiert sein. Die CoV-Testregeln mit höheren Grenzwerten wurden erst kürzlich geändert, um eine „null Weiterverbreitung“ in der Blase sicher zu stellen. Dies wird zu heftigen Diskussionen führen, wenn es zu Quarantäne-Entscheidungen kommt.
Im Mittelpunkt der politischen Debatte stehen aber die Menschenrechtsprobleme in China: der Umgang mit den Uiguren in Xinjiang, die Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong, die Verfolgung von Bürgerrechtlern sowie die fehlende Pressefreiheit. Einige Teilnehmerstaaten haben zu einem diplomatischen (politischen) Boykott der Spiele aufgerufen. Auch der Druck der Öffentlichkeit auf die Sponsoren wächst. Es muss aber wohl bezweifelt werden, dass sich mit diesen Spielen an der Menschenrechtslage in China etwas verbessert.
Eines der ganz großen Probleme betrifft aber die Einhaltung europäischer Datenschutzprinzipien (DSGVO) und der Persönlichkeitsrechte aller europäischer TeilnehmerInnen an diesen Winterspielen in China. China ist bekannt für sein perfektes Bürger-Überwachungssystem (technikbasierte Gesellschaftskontrolle), u. a. auch für den Einsatz von verschiedenen Gesichtserkennungstechnologien.
Für China gibt es aber im Gegensatz zu den letzten Sommerspielen Japan keine Adäquanzentscheidung nach der DSGVO; es gibt in China kein angemessenes Datenschutzniveau. Die Einhaltung europäischer Datenschutzprinzipien ist somit während der Winterspiele und danach nicht garantiert.
Es ist in der Öffentlichkeit nie bekannt geworden, ob das IOC bzw. die Europäische Kommission mit China in Verhandlungen getreten sind, um die europäischen Datenschutzprinzipien sowie die Einhaltung der DSGVO und der Persönlichkeitsrechte (Grundrechte) aller TeilnehmerInnen sicherzustellen.
Medienberichten zufolge müssen alle TeilnehmerInnen der Winterspiele in Beijing die App MY2022 nutzen – und zwar egal ob Sportler, Journalisten oder Zuschauer. Die App dient der Corona-Kontaktverfolgung, bietet darüber hinaus noch einen Messenger, eine Übersetzungs-KI und standortbasierte touristische Empfehlungen. Die Teilnehmer müssen verpflichtend sensible Daten eintragen. Informationen zum Gesundheitszustand sind täglich anzugeben, wer nicht aus China stammt, muss zudem noch Passdaten nennen. Die Daten werden an verschiedene Institutionen wie das Olympiaorganisationskomitee übertragen. Ein Check der MY2022-App hat ergeben, dass Daten abgegriffen oder den Nutzern manipulierte Daten angezeigt werden können. Betroffen sind hier unter anderem die besonders sensiblen Pass- und Gesundheitsdaten. Auch die in China vorgeschriebenen Zensurmechanismen finden sich in der App.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehende
Anfrage:
1. Gelten
auch in China vor, während und nach den Olympischen Spielen 2022 für
europäische TeilnehmerInnen, deren personenbezogene Daten zu
Teilnahmezwecken oder zu Akkreditierung verarbeitet werden, die
europäischen Datenschutzprinzipien und die DSGVO? Wenn nein, warum nicht?
2. Aufgrund
welcher Rechtsgrundlage kann das Grundrecht auf Datenschutz für
europäische TeilnehmerInnen bei diesen Spielen ausgeschlossen werden?
3. Mussten
alle TeilnehmerInnen eine Einverständniserklärung zur
Datenverarbeitung für die Akkreditierung und Teilnahme abgeben? Wenn ja,
ist diese nach der DSGVO rechtswirksam? Kann diese Erklärung jederzeit
widerrufen werden?
4. Müssen
TeilnehmerInnen während der Olympischen Spiele eine – nicht
coronabedingte - Einschränkung ihrer Privatsphäre in Kauf nehmen?
Wenn ja, welche?
5. Gibt bzw.
gab es Verhandlungen durch die Europäische Kommission mit China, um bei
den kommenden Winterspielen 2022 die europäischen Datenschutzprinzipien,
die Einhaltung der DSGVO und die Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer
sicherzustellen?
6. Wenn
nein, werden Sie derartige Verhandlungen und entsprechende datenschutzrechtliche
Garantien einfordern? Wie ist der Stand der Verhandlungen bzw. welche
Vereinbarungen wurden diesbezüglich getroffen?
7. Gibt bzw.
gab es Verhandlungen durch das IOC mit China, um bei den kommenden
Winterspielen 2022 in Peking europäische Datenschutzprinzipien, die
Einhaltung der DSGVO und die Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer
sicherzustellen?
8. Wenn
nein, werden Sie derartige Verhandlungen und entsprechende datenschutzrechtliche
Garantien einfordern?
9. Wie
ist der Stand der Verhandlungen bzw. welche datenschutzrechtlichen Vereinbarungen
wurden diesbezüglich getroffen?
10. Welche personenbezogenen
Daten österreichischer SportlerInnen, Betreuungspersonen und
FunktionärInnen wurden vom IOC dem Nationalen Chinesischen Olympischen
Commitee bzw. dem chinesischen Veranstalter für Peking 2022
übermittelt?
11. Lag dafür eine
Genehmigung der dafür zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde
vor?
12. Welche personenbezogenen
Daten österreichischer SportlerInnen, Betreuungspersonen und
FunktionärInnen wurden vom ÖOC oder Sportverbänden dem IOC, dem
Nationalen Chinesischen Olympischen Comitee bzw. dem chinesischen Veranstalter
für Peking 2022 übermittelt?
13. Lag dafür eine
Genehmigung der nationalen Aufsichtsbehörde vor (DSB) vor? Wenn ja, wann
wurde diese erteilt?
14. Ist die Entscheidung
des Schrems II Urteiles hinsichtlich des Datenverkehrs mit China und der Datenverarbeitung
– so wie gegenüber den USA - anzuwenden?
15. Welche
Datensicherheits-Maßnahmen wurden zwischen China und dem IOC bzw. den
nationalen Olympischen Comitees vereinbart? Wer ist für die
verpflichtenden Datensicherheitsmaßnahmen bei diesen Spielen
verantwortlich?
16. Welche personenbezogenen
Daten müssen SportlerInnen, JournalistInnen, Betreuungspersonen sowie
Funktionäre bekannt geben, um akkredidiert zu werden bzw. an den Spielen
in Peking teilnehmen zu können (bitte um Aufschlüsselung dieser
personenbezogenen Daten)?
17. Wer ist
datenschutzrechtlich Verantwortlicher? Das IOC, das ÖOC,
Sportverbände oder der Chinesische Staat, Peking oder das chinesische
Nationale olympische Comitee?
18. Wer tritt bei diesen
Spielen in Peking datenschutzrechtlich als Auftragsverarbeiter auf?
19. Welche
Überwachungstechnologgien - insbesondere Gesichtserkennungstechnologien - die
zur Identifizierung einer natürlichen Person verwendet werden
(biometrische Daten) - werden in China während der Winterspiele 2022
eingesetzt? Wie soll die rechtzeitige und vollständige Löschung
eingescannter bzw. aufgenommener Bilder und Daten sichergestellt werden?
20. Ist Ihnen bekannt, dass
alle TeilnehmerInnen der Winterspiele in
Beijing die App MY2022 zur Corona-Kontaktverfolgung nutzen müssen? Wie wird die
rechtzeitige und vollständige Löschung damit erfasster Daten
sichergestellt?
21. Welche Rechtsschutz-Möglichkeiten
besitzen in China betroffene TeilnehmerInnen, deren Grundrecht auf Datenschutz vor,
während und nach den Spielen in Peking verletzt wurde? Wie können
europäische TeilnehmerInnen ihre Betroffenenrechte nach der DSGVO
wahrnehmen?
22. Wurde der
Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) oder eine andere nationale
Aufsichtsbehörde, wie in Österreich die DSB mit
datenschutzrechtlichen Fragen befasst und konsultiert?
23. Gibt es für die
Winterspiele in Peking 2022 einen Datenschutzbeauftragten? Wenn nein, warum
nicht?
24. Werden Sie oder namhafte Vertreter ihres Ressorts diesen Winterspielen in Peking einen offiziellen Besuch abstatten? Wenn ja, warum?