9690/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.02.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen

an den Vizekanzler und Bundesminister für Kunst‚ Kultur‚ öffentlichen Dienst und Sport

betreffend Sideletter Regierung zum ORF

 

Ende Jänner 2021 wurden bekannt, dass es neben der Regierungsvereinbarung einen Sideletter zwischen den Regierungsparteien ÖVP und Grüne gibt. Dieser beinhaltet – neben anderen Absprachen zu Posten und politisch heiklen Themen – auch Absprachen zum ORF. Darin werden die ORF-Direktoriumsposten im Verhältnis drei ÖVP – inklusive Generaldirektor – versus zwei Grüne aufgeteilt. Alexander Wrabetz war laut Salzburger Nachrichten zwar bewusst, dass es Abmachungen gab, er meinte jedoch: "(...)aber ich bin erstaunt, dass das so detailliert geregelt war. Das ist selbst in der ORF-Geschichte ungewöhnlich." Man müsse nun daraus lernen und etwa darüber nachdenken, den Stiftungsrat pluralistischer aufzustellen. (https://www.derstandard.at/story/2000133002881/ex-orf-chef-wrabetz-bestaetigte-postenabsprachen-unter-tuerkis-blauer-regierung). Auch der ORF-Redakteursrat hat sich per Aussendung zu der Thematik sehr kritisch geäußert.

Überdies stellt sich die Frage, ob die aufgetauchten Absprachen überhaupt mit dem ORF-Gesetz vereinbar sind, in dem es unter §1 Abs 3 heißt: „Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seines Auftrages auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder sowie auf den Grundsatz der Freiheit der Kunst, Bedacht zu nehmen und die Sicherung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit von Personen und Organen des Österreichischen Rundfunks, die mit der Besorgung der Aufgaben des Österreichischen Rundfunks beauftragt sind, gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten.“

Auch an Vizekanzler Werner Kogler, der für die Grünen federführend bei den Verhandlungen für den Sideletter verantwortlich war, gibt es einige offenen Fragen. Denn wer "Saubere Politik" und sich selbst auf Plakate abbildet, sollte auch danach handeln und nicht in alter Manier fragwürdige Nebenabsprachen treffen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

 

  1. Was haben Sie mit wem zum Thema ORF im Sideletter vereinbart?
  2. Wer war in der Verhandlungsrunde zum Sideletter seitens Ihrer Fraktion eingebunden?
  3. Wer war in die Erstellung des finalen Entwurfes von Ihrer Seite eingebunden?
  4. Haben sie auch Zeitpläne für die Umsetzung besprochen?
    1. Wenn ja, wie sehen diese aus?
    2. Wenn nein, warum nicht?
  1. Welche konkreten Postenbesetzungen im ORF haben Sie mit wem besprochen?
  2. Wen haben Sie als Stiftungsrat-Vorsitzenden mit ihrem Koalitionspartner vereinbart?
  3. Klubobfrau Sigrid Maurer befürchtete unlängst eine "Orbanisierung des ORF". Sind Sie der Meinung, dass der Sideletter seinen Teil dazu beiträgt?  
  4. Sind Sie der Meinung, dass Direktor_innenposten im ORF politisch besetzt und im Zuge von Koalitionsverhandlungen bei Nebenabreden ausgehandelt werden sollten?
    1. Wenn ja, warum?
    2. Wenn nein, warum haben Sie genau das gemacht?
  1. Wurden auch jene Personen für die nun fixierten Direktor_innenposten im ORF wie im Sideletter vereinbart, ausgewählt?
    1. Wenn nein, weshalb wurde die Absprache im Sideletter nicht eingehalten?
    2. Wenn ja, wie lief die Suche und Besetzung der Direktorinnen und Direktoren nun ab?

                                          i.    Welche davon sind den Grünen, welche davon der ÖVP zuzuordnen?