9702/J XXVII. GP

Eingelangt am 09.02.2022
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Peter Wurm

und weiterer Abgeordneter 

an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz

betreffend Vorauszahlung bei Flugtickets ohne gesetzliche Grundlage

 

„Help“, das Ö1 Konsumentenmagazin berichtete am 29. Jänner 2022:

 

„AK: Vorauszahlung bei Flugtickets ohne gesetzliche Grundlage

Wer einen Flug bucht, muss in der Regel sofort bezahlen, auch wenn die Reise erst viele Monate später beginnt. In Folge der Pandemie hatten Konsumentinnen und Konsumenten häufig Schwierigkeiten, ihr Geld für stornierte Buchungen wieder zurückzubekommen. Und das, obwohl das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) bei Kaufverträgen eigentlich keine Vorauszahlungen vorsieht.“

 

„Seit Beginn der Pandemie blieben viele Konsumentinnen und Konsumenten, die zum Teil bereits Monate im Voraus Flugtickets und Übernachtungen zur Gänze zahlen mussten, ohne Gegenleistung auf ihren Kosten sitzen. Dabei sieht das ABGB bei Kaufverträgen eigentlich keine Vorauszahlung für später erbrachte Leistungen vor, sagt die Juristin Bettina Schrittwieser, sie leitet die Konsumentenschutzabteilung der Arbeiterkammer (AK) Steiermark.“

 

„Juristin: Unternehmen zwingen zur Vorkasse

Vorkasse dürfe nur dann verlangt werden, wenn sie mit dem Konsumenten vorher vereinbart wurde. Von einer Vereinbarung könne aber keine Rede sein, wenn man als Kunde keine Wahlmöglichkeit habe. Mit der Vorkasse würden die Unternehmen ihren Kunden eine Zahlungsweise aufzwingen, so Schrittwieser.

Sei ein Konsument nicht bereit, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt teilweise oder sogar zur Gänze zu bezahlen, werde ihm verweigert, mit dem Unternehmen ein Geschäft abzuschließen, so die Juristin. Das sei keine Wahlmöglichkeit, sondern vielmehr die Vorgabe einer einzigen Zahlungsbedingung. „Das ärgert uns vor allem in letzter Zeit sehr“, so Schrittwieser.“

 

„Auch Peter Bydlinski, Professor für bürgerliches Recht an der Universität Graz, sieht die Problematik. Er selbst habe während der vergangenen drei Jahre gleich zweimal Schwierigkeiten gehabt, Geld für Flugtickets wieder zurückzubekommen. Einmal habe er nichts erhalten, das zweite Mal erst nach vielen Wochen. Auch Bydlinski sieht hier einen gesetzlichen Handlungsbedarf, um Kunden besser zu schützen.

Bei Pauschalreisen sieht Bydlinski das Problem allerdings bereits als gelöst an. Erst kürzlich habe die Europäische Union hier gesetzliche Änderungen vorgenommen. Eine Vorauszahlungspflicht für Pauschalreisende sei zwar weiter zulässig, aber es müsse nun eine Absicherung etwa mittels einer Versicherung erfolgen. Geht dann bei der Reise etwas schief, kann der Konsument unter anderem über die Pflichtversicherung sein Geld zurückverlangen. Ein solches Modell könnte man auch auf andere Branchen umlegen, so Bydlinski.“

 

„Die AK Steiermark geht noch weiter und fordert eine Absicherung für sämtliche Vorauszahlungen, denen keine Vorleistung des Unternehmens gegenübersteht. Eine solche Vorleistung sei etwa dann gegeben, wenn in einer Tischlerei für die Anfertigung eines Kastens vorab Holz bestellt werden muss, so AK-Juristin Schrittwieser.

Bei Flügen und Hotels sieht die Juristin hingegen keine solche Vorleistung. Mit der aufgezwungenen Vorauszahlung würden Fluglinien und Gastbetriebe ihr unternehmerisches Risiko auf die Kundinnen und Kunden abwälzen, so Schrittwieser. Sie fordert deshalb eine Änderung im ABGB, die die Vorauszahlungen von Konsumenten und Konsumentinnen absichert. Eine solche Versicherung könne entweder der Unternehmer selbst abschließen, oder dieser könne wie bei der Insolvenz im Arbeitsrecht einen Fond einrichten, der das Risiko bei Vorauszahlungen für Konsumenten und Konsumentinnen abdeckt.“

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende

 

ANFRAGE

 

1)    Liegen dem BMSGPK Daten vor, wie viele Konsumenten nach wie vor auf eine Kostenrückerstattung im Zusammenhang mit einem Corona bedingten Ausfall von bereits bezahlten Flugtickets bzw. Übernachtungen warten?

2)    Ist Ihnen bekannt, dass das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) bei Kaufverträgen eigentlich keine Vorauszahlungen vorsieht?

3)    Wie bewerten Sie die bisherige Praxis von Fluglinien und Unternehmen, mithilfe einer aufgezwungenen Vorauszahlung ihr unternehmerisches Risiko auf die Kunden abzuwälzen?

4)    Sehen Sie hier einen gesetzlichen Handlungsbedarf, um Kunden besser zu schützen?

5)    Wenn ja, welche Schritte bzw. Maßnahmen werden Sie nun im Sinne der Konsumenten setzen?

6)    Wie bewerten Sie die Forderung der AK Steiermark, wonach eine Absicherung für sämtliche Vorauszahlungen, denen keine Vorleistung des Unternehmens gegenübersteht, gesetzlich festgelegt werden soll?