9712/J XXVII. GP
Eingelangt am 09.02.2022
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Christian Ragger, Mag. Gerhard Kaniak
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Offenlegung der Verträge mit COVID-Impfstoffherstellern
Am 3. Februar 2022 ist ein interessanter Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung erschienen, in welchem die Rolle der von den Behörden geheim gehaltenen Verträge mit Impfstoffherstellern diskutiert wird. Der Schweizer Jurist und Politiker Rémy Wyssmann fordert im Sinne der Transparenz und der Interessen der Steuerzahler von der Eidgenossenschaft Einsicht in die Verträge und entkräftet das Argument, wonach Pharmaunternehmen im Falle einer Veröffentlichung mit Benachteiligungen drohen, besonders im Zusammenhang mit einer eingeschränkten weiteren Versorgung mit Impfstoff. Die Schweiz sei gut versorgt mit notwendigen Dosen, wodurch diese Befürchtung haltlos wäre. Sollten aber problematische Vereinbarungen in diesen Papieren enthalten seien, so hätten die Bürger das Recht auf Information.
Die Warnung, dass die Pharmafirmen gegenüber der Schweiz ungnädig reagieren könnten, sei blosse Angstmacherei, sagt der Solothurner Anwalt und SVP-Politiker.
Was steht in den Verträgen, die der Bund mit den Herstellern von Impfstoffen abgeschlossen hat? Wie viel wurde Pfizer, Moderna und den anderen Pharmafirmen bezahlt? Welche Haftungsregeln gelten bei Impfschäden? Solche und weitere Fragen geben zu reden, dies umso mehr, weil im Laufe der letzten Monate Informationen über Lieferverträge zwischen den Pharmafirmen und anderen Staaten durchgesickert sind, die teilweise kuriose Klauseln enthalten sollen. Doch Antworten gibt es bis jetzt keine, denn der Inhalt der Verträge ist vertraulich. Dies zum Schutz der wirtschaftspolitischen Interessen der Schweiz, so die Haltung des Bundesamts für Gesundheit (BAG).
Für Rémy Wyssmann sind diese Erklärungen nicht überzeugend. Der Anwalt und Solothurner SVP-Kantonsrat fordert vom BAG Einsicht in die Verträge. Wyssmann ist nicht der Einzige, der wissen will, was der Bund genau unterzeichnet hat; derzeit sind mehrere entsprechende Gesuche hängig. Einen ersten Sieg hat er bereits erzielt. Vor ein paar Tagen hat sich der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) weitgehend auf Wyssmanns Seite geschlagen. Die Verträge seien öffentlich zugänglich zu machen, so die Empfehlung des EDÖB. Zuvor solle das BAG die Pharmafirmen anhören und in Erfahrung bringen, was sie von diesem Vorgehen hielten.
Ihm gehe es um Transparenz, sagt Wyssmann auf die Frage, was er sich vom Einblick in die Impfstoffverträge verspreche. «Sonnenlicht ist das beste Desinfektionsmittel, wie es ein früherer Richter am Obersten Gericht der USA einst treffend formuliert hat.» Sein Engagement sei fachlich begründet, als Anwalt setze er sich schon seit Jahren dafür ein, dass die Verwaltung den Bürgern Einblick in ihr Tun und in ihre Abläufe gewähren müsse. Wyssmann, der sich auf Haftpflicht- und Versicherungsrecht spezialisiert hat, verweist auf ein Leiturteil des Bundesgerichts von 2018, wo er sich gegen den Widerstand der Behörden Zugang zu IV-Gutachten erstritten habe.
«Wenn sich Juristen in der Bundesverwaltung plötzlich über Verfassung und Gesetz hinwegsetzen und die Auffassung vertreten, sie könnten Verträge mit dem Argument der ‹wirtschaftspolitischen Interessen› unter dem Deckel behalten, dann ist das ein gefährliches Präjudiz. Das wäre der Grundstein, um weitere Mauern zu errichten.» Wyssmann spricht gar von Omertà. Dass die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission dem BAG bei der Impfstoffbeschaffung ein gutes Zeugnis ausgestellt hat, beruhigt ihn nicht.
Macht sich der Anwalt keine Sorgen, dass Pfizer und Co. ungnädig reagieren könnten, wenn der Bund entgegen der Abmachung die abgeschlossenen Verträge offenlegen würde? Immerhin warnt die Pharmabranche eindringlich davor, dass die Schweiz diesfalls gewärtigen müsse, keinen oder nur noch erschwerten Zugang zu Impfstoffen und Covid-Medikamenten zu erhalten. Wyssmann wischt solche Argumente beiseite: Dabei handle es sich um blosse Spekulationen und um Angstmacherei. Die Schweiz verfüge über genügend Impfstoff, sagt er, die Versorgungssicherheit sei gewährleistet. Zudem zählten nicht nur die Interessen der Pharmalobby, sondern auch jene der Steuerzahler.
Dem BAG bleiben noch ein paar Tage Zeit zu entscheiden, ob es die Empfehlung des EDÖB akzeptieren will oder nicht. Man sei daran, das weitere Vorgehen zu prüfen, heisst es. Stellt sich das Amt quer, wird sich wohl das Bundesverwaltungsgericht mit der Frage befassen müssen. Wyssmann, ganz der Anwalt, weiss Rat. «Wenn die BAG-Verantwortlichen clever sind, spielen sie den Ball an die Impfstoffhersteller weiter», meint er. Diese sollten Stellung beziehen, ob sie der Schweiz tatsächlich nachteiligere Konditionen bei der künftigen Beschaffung von Impfstoffen gewähren würden, wenn sie die Verträge offenlege. «Marketingmässig wäre das für die Pharmafirmen allerdings ein Eigengoal.»“
https://www.nzz.ch/schweiz/svp-politiker-legt-sich-mit-der-pharmabranche-an-ld.1667791?mktcid=smsh&mktcval=E-mail%3CBR%3Ehttps%3A%2F%2Fwww.nzz.ch
Die Mediengruppe RAI hatte bereits einen vermeintlichen Vertrag der Republik Italien mit BioNtech/Pfizer unter folgendem Link veröffentlicht:
https://www.rai.it/dl/doc/2021/04/17/1618676600910_APA%20BioNTech%20Pfizer__.pdf Die Echtheit bleibt jedoch anzuzweifeln. Sollte jedoch ein ähnlicher Wortlaut mit den österreichischen Verträgen vorliegen, so müsse dies durch die gegenständliche Anfrage zu erheben sein.
Auch die österreichische Bundesregierung täte gut daran, den von Rémy Wyssmann aufgestellten Forderungen Folge zu leisten. Das von der Bundesregierung geforderte und geförderte Bekämpfen von Fake-News, Desinformation und Verschwörungstheorien würde durch die Offenlegung ungemein unterstützt werden, stehen doch einige Mythen mit diesen Unterlagen in Zusammenhang. Der Tenor müsse sein, sich von Pharmaunternehmen weder erpressen zu lassen, noch es zu gestatten, unter Druck gesetzt zu werden oder Vorschreibungen als Staat von privaten Unternehmen hinzunehmen. Wenn ein solches Vorgehen an den Tag gelegt werden sollte, bedarf es nach Aufklärung. Im Sinne von Transparenz und demokratiepolitischer Verantwortung müssen diese Verträge den österreichischen Bürgern zugänglich gemacht werden.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz nachstehende
ANFRAGE
1) Warum hat die Bundesregierung bislang keine Verträge mit COVID-Impfstoffherstellern offengelegt?
2) Ist eine Offenlegung dieser Verträge künftig geplant?
3) Wenn ja, wann?
4) Wenn nein, warum nicht?
5) Enthalten diese Verträge Bestimmungen, Informationen bzw. Übereinkünfte, die den Bürgern nicht zugänglich sein sollen?
6) Wenn ja, warum?
7) Wenn ja, wie begründen Sie rechtlich und demokratiepolitisch diese Geheimhaltung?
8) Wenn nein, warum werden diese dann nicht veröffentlicht?
9) Ist diese Geheimhaltung Gegenstand des jeweiligen Vertrags?
10) Ist im Falle einer Veröffentlichung eines dieser Verträge mit Nachteilen für die Republik Österreich zu rechnen?
11) Können Sie etwaige Benachteiligungen als Begründung für die Geheimhaltung ausschließen?
12) Wenn nein, welche Benachteiligungen würden aus welchen Verträgen mit welchen Pharmaunternehmen erwachsen?
13) Welche weiteren Benachteiligungen der Republik im Falle einer Vertragsoffenlegung vor der Öffentlichkeit sind von welchen Unternehmen nicht auszuschließen?
14) Ist die Impfstoffversorgung Gegenstand einer solchen Bedrohung?
15) Wenn ja, welche Unternehmen haben dies angedroht?
16) Können Sie ausschließen, dass in diesem Zusammenhang Androhungen von Benachteiligungen bzw. Konsequenzen von Pharmaunternehmen gegen die Republik vertraglich bzw. schriftlich festgehalten wurden?
17) Wenn nein, wo sind diese ersichtlich?
18) Können Sie ausschließen, dass in diesem Zusammenhang Androhungen von Benachteiligungen bzw. Konsequenzen von Pharmaunternehmen gegen die Republik mündlich getätigt bzw. in nichtschriftlicher Form festgehalten wurden?
19) Wenn nein, welche Aufzeichnungen, Protokolle oder Aktenvermerke gibt es hierzu?
20) Welche Informationen beinhalten diese Aufzeichnungen, Protokolle oder Aktenvermerke?
21) Ist eine ausreichende Versorgung mit den bisher eingekauften Impfstoffdosen gewährleistet?
22) Wenn nein, warum nicht?
23) Wenn ja, was spricht in diesem Zusammenhang gegen eine Offenlegung der Verträge?
24) Bis wann ist eine ausreichende Versorgung mit den bisher eingekauften Impfstoffdosen gewährleistet?
25) Wie viele Impfstoffdosen welcher Hersteller zu welchem Preis wurden bislang eingekauft bzw. geliefert?
26) Wie viele Impfstoffdosen welcher Hersteller zu welchem Preis sollen noch eingekauft bzw. geliefert werden?
27) Wie viele dieser Dosen sind davon an aktuell zirkulierende Stämme angepasst?
28) Wie viel Geld der Republik Österreich floss bislang insgesamt (gelistet nach Einkäufen, Förderungen, sonstigen Zuwendungen etc.) an die einzelnen COVID-Impfstoff-herstellenden Pharmaunternehmen?
29) Gibt es in diesen Verträgen oder weiteren Schriftstücken mit diesen Pharmaunternehmen Abmachungen, die (monetäre oder anderweitige) Förderungen und Personalbesetzungen in Bezug auf öffentliche, medizinische, wissenschaftliche oder politische Institutionen und Behörden bzw. Mediengruppen betreffen?
30) Wenn ja, welche?
31) Können Sie ausschließen, dass es in diesen Verträgen oder weiteren Schriftstücken mit diesen Pharmaunternehmen Abmachungen gibt, die (monetäre oder anderweitige) Förderungen und Personalbesetzungen in Bezug auf öffentliche, medizinische, wissenschaftliche oder politische Institutionen und Behörden bzw. Mediengruppen betreffen?
32) Wenn nein, warum nicht?
33) Welchen Einfluss üben COVID-Impfstoff-herstellende Pharmaunternehmen auf öffentliche, medizinische, wissenschaftliche oder politische Institutionen und Behörden bzw. Mediengruppen in Österreich aus?
34) Liegt es im Interesse Ihres Ministeriums, dass diese Pharmaunternehmen keinen Einfluss auf öffentliche, medizinische, wissenschaftliche oder politische Institutionen und Behörden bzw. Mediengruppen ausüben können?
35) Wenn nein, warum nicht?
36) Wenn nein, welche Vorteile erwarten Sie sich in diesem Zusammenhang?
37) Welche Maßnahmen ergreifen Sie, damit diese Pharmaunternehmen keinen Einfluss auf öffentliche, medizinische, wissenschaftliche oder politische Institutionen und Behörden bzw. Mediengruppen ausüben?
38) Inwiefern liegen Ihnen Hinweise vor, wonach COVID-Impfstoff-herstellende Pharmaunternehmen die öffentliche Meinung durch (monetäre oder anderweitige) Förderungen und Personalbesetzungen, die öffentliche, medizinische, wissenschaftliche oder politische Institutionen und Behörden bzw. Mediengruppen betreffen, beeinflussen?
39) Sind in den gegenständlichen Verträgen Klauseln zu Impfschäden festgehalten?
40) Wenn nein, warum nicht?
41) Wenn ja, wie lauten diese?
42) Wenn ja, wer haftet im Falle eines Impfschadens?
43) Sind in den gegenständlichen Verträgen Klauseln zu Verantwortlichkeiten der Republik bzw. der Impfstoffhersteller festgehalten?
44) Wenn nein, warum nicht?
45) Wenn ja, welche Rechte und Pflichten bestehen für die Republik bzw. die Impfstoffhersteller?
46) Sind zu diesen Fragen Übereinkünfte in den Verträgen enthalten, die Sie öffentlich nicht nennen können bzw. dürfen?
47) Ist Ihnen das von der Mediengruppe RAI zugänglich gemachte Dokument bekannt?
48) Können Sie ausschließen, dass dieses Dokument eine Fälschung ist?
49) Ähnelt dieses in Form und Inhalt den Ihnen für die Republik Österreich vorliegenden Vertrag?
50) Wenn ja, inwiefern gibt es Übereinstimmungen?
51) Wenn nein, welche Passagen sind dezidiert nicht für Österreich zutreffend und falsch?