9732/J XXVII. GP
Eingelangt am 10.02.2022
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch, Peter Wurm,
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend Tätigkeitsbericht Sonderbeauftragter (Special Envoy) für Gesundheit
Am 15. März 2021 erschien in der Tageszeitung „Der Standard“ folgender Artikel:
„Clemens Martin Auer: Ein schwarzes Feindbild für den Kanzler
Auer ist ein schwarzer Beamter, der den türkisen Anschluss verpasst hat. Die ÖVP macht ihn für Verfehlungen bei der Impfstoffbeschaffung verantwortlich“
„Wien – Clemens Martin Auer ist kein Grüner und kein Roter, er ist schwarzes Urgestein und dennoch für ÖVP-Chef und Bundeskanzler Sebastian Kurz ein Feindbild. Auer ist im Gesundheitsministerium Sonderbeauftragter und außerdem stellvertretender Vorsitzender jenes Steuerungsgremiums in der EU, das für die Impfstoffbeschaffung zuständig ist. Wesentliche Entscheidungen laufen über seinen Schreibtisch. Jetzt fordert die ÖVP seine Suspendierung. Die Generalsekretärin im Gesundheitsministerium, Ines Stilling, müsse ebenfalls suspendiert werden. Sie hatte Auer verteidigt.“
„Für Kurz ist Auer offenbar ein überkorrekter Beamter, jedenfalls ein Beamter durch und durch, wenig flexibel, ein bisschen zu langsam und bürokratisch, sehr dem Amtsweg verhaftet. Der Kanzler hatte Auer bereits früher kritisiert und ihn für den schleppenden Start der Impfaktion in Österreich verantwortlich gemacht. Da hatte Kurz auch das erste Mal direkt in die Agenden des Gesundheitsministeriums eingegriffen und einen früheren Impfstart organisiert, was freilich an der tatsächlichen Umsetzung gar nichts änderte.“
„Nicht mit der Zeit gegangen
Auer ist keineswegs eine Erfindung von Minister Rudolf Anschober, sondern bereits seit 2003 im Ressort tätig. Damals hatte ihn Ministerin Maria Rauch-Kallat als ihren Kabinettschef geholt. Zuvor war Auer erst unter Vizekanzler Erhard Busek und dann unter Kanzler Wolfgang Schüssel Leiter der Politischen Abteilung der ÖVP. Er ist also schwarz. Und offenbar zu wenig türkis, also nicht mit der Zeit gegangen.“
„Nicht unter allen Ministern und Ministerinnen, die er seitdem erlebt hat, war Auer wohlgelitten, dennoch gilt er als graue Eminenz im Ministerium. Dass Anschober so hartnäckig an ihm festhält, wundert viele, auch innerhalb der Grünen. Für Auer spricht jedenfalls, dass er bestens vernetzt ist und auf eine tiefgehende Erfahrung im Gesundheitswesen zurückblicken kann. Wesentliche Reformen sind ihm zuzuschreiben. Fraglich ist, ob Anschober ihm jetzt treu bleibt und er die Kurz-Attacken politisch überlebt.“ (völ, 15.3.2021)[1]
Am 12. Juni 2021 erschien in der Tageszeitung „Kleine Zeitung“ folgender Artikel:
„Unbemerkter Aufstieg
Clemens-Martin Auer einer von vier Vize-Chefs der WHO
Clemens-Martin Auer, als Impfkoordinator von der türkis-grünen Bundesregierung abgelöst, wurde Anfang Juni einer von vier stellvertretenden Vorsitzenden des Executive Board der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der Aufstieg blieb in Österreich nahezu unbemerkt.“
„Es ist irgendwie kurios: Da steigt ein Österreicher an die Spitze der in Zeiten der Corona-Pandemie nicht unwesentlichen Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf und keiner redet davon: Offenbar wurde es nicht einmal richtig registriert, denn auch auf der Webseite des Gesundheitsministerium wurde das Avencement bisher nicht erwähnt. Die Kleine Zeitung wurde über Twitter darauf aufmerksam, dass der in Österreich nach der Debatte über verzögerte Beschaffung abgehalfterte Impfkoordinator auf der Weltbühne reussierte.“
„Das Gesundheitsministerium bestätigte schließlich: Clemens-Martin Auer sei am 2. Juni bei der Sitzung des Executive Boards der WHO zu einem von vier stellvertretenden Vorsitzenden von dessen Chef, Patrick Amoth aus Kenia, bestellt worden. Relevanter in den Augen der österreichischen Experten sei allerdings, dass Österreich vor einigen Jahren überhaupt in den Kreis der 34 Mitglieder dieses Führungsgremiums aufgenommen worden sei.“
„Clemens Martin Auer war bis zum 15. März 2021 als Sonderbeauftragte federführend für die Beschaffung von COVID19-Impfstoffen verantwortlich. 2020 gehörte er auch der Verhandlungsgruppe der EU, zur Beschaffung von Impfstoffen für die Mitgliedsländer der EU an. Nach massiver Kritik an intransparenten Beschaffungsvorgängen von Impfstoffen hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober die Abberufung von Clemens Martin Auer als österreichischem Vertreter im EU-Impfgremium veranlasst, wobei Auer selbst sich eher als "Bauernopfer" sah.“
„Seine nationalen wie internationalen Aufgaben im Impfprogramm übernahm die Direktorin für öffentliche Gesundheit im Bundesministerium, Katharina Reich. Auer blieb allerdings Sonderbeauftragter für internationale Angelegenheiten.“[2]
Es gibt mutmaßliche Hinweise, dass es im Zusammenhang mit der Abberufung von Clemens Martin Auer als Vertreter Österreichs im EU-Impfgremium zu umfangreichen organisatorischen und personellen Absprachen zwischen den Koalitionsparteien ÖVP und Grünen gekommen ist.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz folgende
ANFRAGE
1) Wann wurde der Beschluss durch das BMSGPK bzw. das Ministerkabinett bzw. den zuständigen Bundesminister, Ihren Vorgänger BM a.D. Rudolf Anschober gefasst, den Sonderbeauftragten (Special Envoy) für Gesundheit, Dr. Clemens Martin Auer aus dem EU-Impfgremium abzuberufen?
2) Wie wurde dieser Beschluss verwaltungsintern abgewickelt und welche Begründung wurde dieser Abberufung „aktenmäßig“ zu Grund gelegt?
3) Hat diese Abberufung der zuständige Bundesminister, Ihr Vorgänger BM a.D. Rudolf Anschober gefasst und unterzeichnet?
4) Hat diese Abberufung die Generalsekretärin im BMSGPK, Mag. Ines Stilling gefasst und unterzeichnet?
5) Hat diese Abberufung die Sektionschefin im BMSGPK, Dr. Katharina Reich gefasst und unterzeichnet?
6) Welche genaue Aktenlage haben Sie zu diesem Vorgang (Fragen 1. bis 5.) bei Ihrer Amtsübernahme vorgefunden bzw. übernommen?
7) Welche Unterlagen über Kommunikationsvorgänge mit dem Bundeskanzleramt, insbesondere dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinem Kabinett haben Sie zu diesem Vorgang (Fragen 1. bis 5.) bei Ihrer Amtsübernahme vorgefunden bzw. übernommen?
8) Wann wurde der Beschluss durch das BMSGPK bzw. das Ministerkabinett bzw. Ihnen als zuständigem Bundesminister gefasst, den Sonderbeauftragten (Special Envoy) für Gesundheit, Dr. Clemens Martin Auer zu einem der vier stellvertretenden Vorsitzenden des Executive Board der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu nominieren bzw. dessen Bestellung zu unterstützen?
9) Haben diese Nominierung Sie als zuständiger Bundesminister gefasst und unterzeichnet?
10) Hat diese Nominierung die Generalsekretärin im BMSGPK, Mag. Ines Stilling gefasst und unterzeichnet?
11) Hat diese Nominierung die Sektionschefin im BMSGPK, Dr. Katharina Reich gefasst und unterzeichnet?
12) Welche konkreten Tätigkeiten hat der Sonderbeauftragte (Special Envoy) für Gesundheit, Dr. Clemens Martin Auer 2020 und 2021 im Zusammenhang mit der österreichischen Impfstoffbeschaffung und seiner Tätigkeit im EU-Impfgremium im Einzelnen ausgeführt?
13) Nennen Sie uns die Termine die der Sonderbeauftragte (Special Envoy) für Gesundheit, Dr. Clemens Martin Auer 2020 und 2021 im Zusammenhang mit der österreichischen Impfstoffbeschaffung durchgeführt hat (Gegenstand des Termins, Zeit, Ort, Teilnehmer)?
14) Nennen Sie uns die Termine die der Sonderbeauftragte (Special Envoy) für Gesundheit, Dr. Clemens Martin Auer 2020 und 2021 im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft im EU-Impfgremium durchgeführt hat (Gegenstand des Termins, Zeit, Ort, Teilnehmer)?
15) Nennen Sie uns die Termine die der Sonderbeauftragte (Special Envoy) für Gesundheit, Dr. Clemens Martin Auer 2021 und 2022 (bis zum Datum der Anfragestellung) im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als stellvertretender Vorsitzenden des Executive Board der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführt hat (Gegenstand des Termins, Zeit, Ort, Teilnehmer)?