9766/J XXVII. GP

Eingelangt am 15.02.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Julia Herr,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus

betreffend Holzmafia und illegale Rodungen - Wie streng kontrolliert Österreich?

Illegale Rodungen, weitreichende Korruption, verbotene Absprachen: All das finden wir im Holzhandel. Umweltkriminalität ist zum drittgrößten Betätigungsfeld der organisierten Kriminalität geworden- darin macht der illegale Holzhandel den mit Abstand größten Anteil aus. Vor wenigen Jahren rückten dabei auch österreichische Konzerne ins Rampenlicht. In Rumänien und der Ukraine soll mit der Holzmafia zusammengearbeitet worden sein. Von illegaler Rodung betroffen sind dabei ausgerechnet die letzten großen Urwälder Europas!

Verdacht auf schwerwiegendes Fehlverhalten gibt es dabei schon lange. So berichtete Profil 2016 über Vorwürfe gegen den österreichischen Holzkonzern Schweighofer.[1] Bereits im Jahr davor brachte der WWF eine Beschwerde gegen Schweighofer beim Forest Stewardship Council (FSC) ein.[2] FSC zertifiziert und kontrolliert die Holzwirtschaft und möchte damit dafür sorgen, dass Rodungen und Handel von Holz unter Einhaltung von Menschen- und Umweltschutzrechten passiert. 2017 trennte sich der FSC in Folge der schweren Vorwürfe im Bereich der Beteiligung und Förderung von illegalem Holzhandel von Schweighofer (heute die HS Timber Group).[3] Mitte 2018 berichteten Medien über schwere Vorwürfe auch gegen zwei weitere österreichische Holzkonzerne (Kronospan und Egger) durch die Umweltorganisation EIA (Environmental Investigation Agency) und die NGO Earthsight.[4] Mehreren Medien zufolge wurden alle drei österreichischen Konzerne wegen illegaler Marktabsprachen Anfang 2021 in Rumänien zu einer Millionenstrafe verurteilt.[5]

Die letzten Urwälder Europas sind für den illegalen Holzhandel nicht mehr als eine erträgliche Profitquelle. Dabei sind die Wälder eine der letzten unberührten Flecken in Europa und daher besonders schützenswert. Die alten Bäume, beispielsweise 150 Jahre alte Buchen in den Karpaten, sind außerdem wichtige Speicher für C02. Wie so oft kommen hier also Umwelt- und Klimaschutz zusammen und sehen sich durch das Streben nach Gewinn durch die Holzmafia und Holzkonzerne einer wachsenden Gefahr ausgesetzt. Klar ist auch: Urwälder lassen sich nicht wieder regenerieren. Sind sie erst einmal zerstört, sind sie für immer verloren!

Im Zuge der umfangreichen Aufdeckungsarbeit, beispielsweise durch die EIA und weitere Nichtregierungsorganisationen, sowie diverse Medienberichte, beispielsweise durch Addendum,[6] kamen auch die österreichischen Behörden in die Kritik. Denn mit der EU-Holzhandelsverordnung (EUTR, EU-Timber Regulation) gibt es seit 2013 die rechtliche Grundlage gegen illegalen Holzhandel vorzugehen. Doch müssen dafür Kontrollen in ausreichender Zahl und Strenge und abschreckenden Strafen durchgeführt werden. Genau dafür mangelt es in Österreich aber bei Personal, Ausbildung und Willen. Berichte aus 2019 zeigen, dass beim zuständigen Bundesamt für Wald (CA; competent authority) nur vier Personen für EUTR-Kontrollen mit Schwerpunkt auf die Ukraine zuständig waren.[7] Viel zu wenig für die Menge an Holzimporten! Das zeigen auch die Kontrollen und ihre Ergebnisse selbst: Zum Zeitpunkt des Berichtes 2019 wurden seit Inkrafttreten der EUTR erst acht Kontrollen bei Holzimporten aus der Ukraine durchgeführt. Dabei wurden bei sieben, also fast allen, Verstöße gegen die Sorgfaltspflicht festgestellt! Der WWF hat wegen dieser Mängel 2021 eine Beschwerde gegen Österreich bei der EU-Kommission eingereicht.[8]

Holz und Holzhandel sind für Österreich von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Doch dürfen wir die Natur nicht den Profitinteressen unterordnen. Wälder und ganz besonders Urwälder sind von unschätzbarem Wert und nicht in Geld aufzuwiegen. Deshalb ist es von hoher Wichtigkeit, dass Regeln zum Schutz unserer Wälder eingehalten und kontrolliert werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.       Wie viele Personen sind zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung beim Bundesamt für Wald für Kontrollen im Zuge der EU-Holzhandelsverordnung (EUTR, European Timber Regulation) zuständig?

a.        Wie hat sich diese Zahl in den letzten fünf Jahren verändert?

b.       Wie viele dieser Personen sind schwerpunktmäßig für Importe aus der Ukraine zuständig?

c.        Auch wenn Rumänien EU-Mitgliedsstaat ist, wurden Kontrollen durchgeführt und wenn ja, wie viele Personen sind dafür schwerpunktmäßig zuständig?

2.     2017 trennte sich der FSC von Schweighofer[9] (aus dem FSC-Bericht vom Oktober 2016:

...the complaints panel has found variety of clear and convincing evidence that the Company [Schweighofer] has ... purchased timber from sources that cannot be defined as legal under the Romanian legislation “). Wie oben angeführt gab es in den Jahren 2018 und 2019 immer wieder Medienberichte über Vorwürfe betreffend Verbindungen österreichischer Konzerne zu illegalen Holzfällungen in Rumänien und der Ukraine. Welche Konsequenzen wurden für die Kontrollen gezogen?

a.        Wird das für EUTR-Kontrollen zuständige Personal besser geschult?

b.       Arbeitet das Bundesamt für Wald gemäß Artikel 12 EUTR mit den Competent Authorities in Osteuropa insbesondere Rumänien aktiv zusammen, um den Vorwürfen auf den Grund zu gehen? Wie genau sieht diese Zusammenarbeit aus?

c.        Wurde den WWF-Hinweisen („begründete Bedenken Dritter“; 2015 und 201 8), dass Schweighofer gegen die EUTR verstoßen haben könnte, nachgegangen? Sind die Ermittlungen abgeschlossen? Was ist das Ergebnis?

3.       Wie läuft eine EUTR-Kontrolle durch das Bundesamt für Wald ab? Mit Bitte um eine Beschreibung des üblichen Ablaufs einer solchen Kontrolle unter besonderer Rücksichtnahme folgender Punkte:

a.        Wer entscheidet, wer kontrolliert wird (welche Lieferung, welcher Konzern, ...)?

b.     Zu welchem Zeitpunkt wird kontrolliert (Grenzübertritt nach Österreich, im Werk,

...)?

c.        Sind die Kontrollen angekündigt oder unangekündigt?

d.       Was wird kontrolliert?

e.        Wie lange dauert eine solche Kontrolle im Schnitt?

f.         Wie viele Personen sind an einer einzelnen Kontrolle beteiligt?

4.       Was sind die Qualitätskriterien für eine ordnungsgemäße Kontrolle?

a.        Können diese bei den durchgeführten Kontrollen eingehalten werden?

b.       Wenn nein, warum nicht?

c.        Wenn nein, wie soll dieser Missstand behoben werden?

5.       Gibt es eine interne Kontrolle, ob EUTR-Kontrollen ordnungsgemäß durchgefiihrt werden?

a.        Wenn ja, was ist das Ergebnis dieser internen Kontrolle?

b.       Wenn nein, warum nicht?

6.       Wie viele EUTR-Kontrollen wurden in den Jahren 2019, 2020 und 2021 durchgeführt?

a.        Wie viele und welche Firmen wurden kontrolliert? (Sollte aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Nennung einzelner Firmen möglich sein, so bitte um Nennung der Anzahl verschiedener Firmen je Branche und Umsatz, die kontrolliert wurden)

b.       Bei wie vielen dieser Firmen wurden Verstöße festgestellt? (Sollte aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Nennung einzelner Firmen möglich sein, so bitte um Nennung des Anteils je Branche an allen kontrollierten Firmen dieser Branche)

c.        Wie hoch ist insgesamt der Anteil der kontrollierten Unternehmen, die gegen Pflichten der EUTR verstoßen haben? Wie viele Verstöße wurden in absoluten Zahlen festgestellt?

d.       Welcher Art waren diese Verstöße?

e.        Wie wurden diese Verstöße geahndet? Wenn es Geldstrafen gab, wie hoch waren die minimalen, maximalen und durchschnittlichen Geldstrafen? Nach welchem Schema werden die Strafen festgelegt?

f.         Waren diese (Geld-) Strafen abschreckend im Sinne des Artikels 19 der EUTR?

7.       Wie viele EUTR-Kontrollen für Holzimporte aus der Ukraine wurden in den Jahren 2019, 2020 und 2021 durchgeführt?

a.        Wie viele Verstöße wurden dabei festgestellt?

b.       Welcher Art waren diese Verstöße?

c.        Welche Finnen wurden kontrolliert? (Sollte aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Nennung einzelner Firmen möglich sein, so bitte um Nennung der Anzahl verschiedener Firmen, die kontrolliert wurden)

d.       Bei welchen dieser Firmen wurden Verstöße festgestellt? (Sollte aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Nennung einzelner Firmen möglich sein, so bitte um Nennung des Anteils an allen kontrollierten Firmen)

8.       Wie viel Holz und Holzprodukte wurden in den Jahren 2019, 2020 und 2021 importiert? Mit Bitte um Auflistung nach Ursprungsland unter Aufschlüsselung nach Holzart bzw. Holzprodukt sowie unter Angabe des Wertes in Euro.

9.       Wie viel Holz wurde in den Jahren 2019, 2020 und 2021 aus der Ukraine importiert?

a.        Um welche Holzarten und Holzprodukte handelte es sich dabei?

b.       Wer waren die Importeure?

c.        Wer waren die Exporteure?

d.       Welchen Wert in Euro hatten diese Importe?

e.        Wurde geprüft, ob ggf. ukrainisches Holz über andere EU-Länder nach Österreich gelangt ist? Gab es hierzu Zusammenarbeit mit anderen Competent Authorities in anderen Ländern?

10.    Wie viel Holz wurde in den Jahren 2019, 2020 und 2021 aus Rumänien importiert?

a.        Um welche Holzarten und Holzprodukte handelte es sich dabei?

b.       Wer waren die Importeure?

c.        Wer waren die Exporteure?

d.       Welchen Wert in Euro hatten diese Importe?

11.    Wie viel Holz und Holzprodukte wurden in den Jahren 2019, 2020 und 2021 exportiert? Mit Bitte um Auflistung nach Zielland unter Aufschlüsselung nach Holzart bzw. Holzprodukt sowie unter Angabe des Wertes in Euro.

12.   Auf der COP26 haben sich 141 Länder, darunter Österreich, dazu bekannt, bis 2030

Entwaldung zu stoppen. Illegale Rodungen in den letzten Urwäldern Europas sind mit diesem Ziel unvereinbar. Welche Schritte leiten Sie aus der Einigung der COP26 für Ihr Ministerium ab? Mit Bitte um Auflistung von Punkten betreffend Kontrolle von Holzimporten und darüber hinaus.



[1] https://www.profil.at/wirtschaft/schwere-vorwuerfe-holzkonzern-schwaighofer-rumaenien-6268676

[2]  https://www.wwf.at/wwf-legt-beschwerde-gegen-holzindustrie-schweighofer-bei-fsc-ein/

[3]  https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170217_OTS0060/fsc-beendet-die-bewaehrungsfrist-und-trennt-sich-von-der-schweighofer- gruppe

[4]  https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/oesterreich/977985_Holzhandel-mit-Beigeschmack.html

[5]  https://www.derstandard.at/story/2000123431074/oesterreichische-holzkonzerne-in-rumaenien-zu-millionenstrafen-verurteilt

[6]  https://www.addendum.org/holzmafia/parkett-ukraine/

[7]  Ebd.

[8] https://www.wwf.at/illegaler-holzhandel-wwf-oesterreich-reicht-eu-beschwerde-ein/

[9] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170217_OTS0060/fsc-beendet-die-bewaehrungsfrist-und-trennt-sich-von-der-schweighofer-
gruppe