9774/J XXVII. GP

Eingelangt am 16.02.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Ing. Reinhold Einwallner,

Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Inneres

betreffend Nebenbeschäftigungen bei leitenden Beamten im Staatsschutz

Die Affäre um die Bestellung des Kärntner LVT-Leiters Stephan Tauschitz ziehen immer neue Kreise. Neben seinen Auftritten beim Ulrichsbergtreffen, die neben dem Kärntner Landeshauptmann, der Israeliti­schen Kultusgemeinde und SOS Mitmensch mittlerweile auch der KZ-Verband und das Mauthausen-Ko- mitee scharf kritisieren, war auch immer wieder seine Parteikarriere in der ÖVP Grund für Kritik an seiner Bestellung.

Zudem wurde im Zuge der Diskussion um seinen Dienstantritt aber auch eine Nebenbeschäftigung bekannt, die er im Rahmen der Firma HDTS Consulting GmbH[1] wahrnehmen soll. Dort ist er im Firmenbuch offen­bar als Gesellschafter angeführt, wie die Tageszeitung der Standard berichtet.

Im Rahmen der BVT-Reform, an deren Ende die Schaffung der Direktion Staatsschutz und Nachrichten­dienst (DSN) stand, wurde klargestellt, dass Nebenbeschäftigungen für Leiter*innen der Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) als auch für den Leiter der DSN nicht zulässig seien.

Laut § 2a SNG und der Vertrauenswürdigkeitsverordnung ist zu prüfen, ob ein Bediensteter vertrauenswür­dig ist. Darunter fällt unter anderem laut § 1 Abs. 1 lit. a der Vertrauenswürdigkeitsverordnung:

„Name, Titel und akademischer Grad, Wohnsitz, Staatsbürgerschaft, Geburtsort und -datum. Ge­schlecht, berufliche Tätigkeit und Nebenbeschäftigung, Ausbildung, religiöse Überzeugung:“[2]

Die Nebenbeschäftigung hätte also bekannt sein müssen, mit dem Verbot einer Nebenbeschäftigung als Leiter des LVT Kärnten ist diese nicht vereinbar. Insofern sind neben den bereits genannten und breit be­sprochenen Themen wie der Teilnahme am rechtsextremen Ulrichsbergtreffen und der großen Nähe zur ÖVP also auch andere Vorgaben offenbar nicht emstgenommen oder bewusst umgangen worden. Sein Abzug aus der Verantwortung als LVT-Chef ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber war eigentlich nur dadurch notwendig geworden, dass er überhaupt bestellt worden war.

Angesichts der schwerwiegenden Verstrickungen von ehemaligen BVT-Mitarbeiter*innen in die Wirecard- Causa zeigt sich, dass auch der Besitz von Vermögensrechten durch Mitarbeiter*innen des Nachrichten- diesntes ein ernsthaftes Sicherheitsproblem darstellt. Um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederho­len und die Reform des Nachrichtendienstes mit der gebotenen Sensibilität durchzuführen, ist offensicht­lich, dass auch solche Vermögensrechte als Nebenbeschäftigung gewertet werden müssen. Damit die Re­form nicht jetzt schon als gescheitert betrachtet werden muss, hat das Innenministerium von vornherein eine größere Sorgfalt bei der Bestellung von Leitungspositionen an den Tag zulegen, als dies im Fall Tau­schitz bisher geschehen ist.

Aus diesem Grund stellen unterfertigte Abgeordnete folgende

Anfrage

1)       War dem Innenministerium die Nebenbeschäftigung von Stephan Tauschitz bekannt?

a.   Wenn ja: Wieso wurde er dennoch in die neue Funktion bestellt?

b. Wenn nein: Wie konnte das trotz Vertrauenswürdigkeitsüberprüfung verborgen bleiben?

2)       Gibt es bei den weiteren Landesämtern für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Lei­tungspersonen, die einer Nebenbeschäftigung nachgehen?

a.        Wenn ja: Wer und in welchem Bundesland?

b.       Wenn ja: Wie ist das mit dem Verbot von Nebenbeschäftigungen vereinbar?

c.        Wenn ja: Was werden Sie unternehmen, um diesen Missstand zu beheben?

d.       Wenn ja: Wurde auch bei allen anderen Leitungspersonen eine Vertrauenswürdigkeits­überprüfung vorgenommen?

e.        Wenn nein: Wieso ist es dann in Kärnten möglich, einer Nebenbeschäftigung nachzuge­hen?

3)       Gibt es Direktoren oder stellvertretende Direktoren der DSN, die einer Nebenbeschäftigung nach­gehen?

a.        Wenn ja: Wer und welcher Nebenbeschäftigung geht die Person nach?

b.       Wenn ja: Ist das mit dem Verbot von Nebenbeschäftigungen, wie sie für LVT-Leitungs- personal gilt, vereinbar?

c.        Wenn ja: Wurden alle Direktoren und deren Stellvertretungen einer Vertrauenswürdig­keitsüberprüfung unterzogen?

4)       Gab es in den 12 Monaten vor Funktionsantritt als Direktor oder stellvertretender Direktor der DSN eine Nebenbeschäftigung?

5)       Gibt es Abteilungsleiter*innen in der DSN, die einer Nebenbeschäftigung nachgehen?

a.        Wenn ja: Wer und welcher Nebenbeschäftigung geht die Person nach?

b.       Wenn ja: Ist das mit dem Verbot von Nebenbeschäftigungen, wie sie für LVT-Leitungs- personal gilt, vereinbar?

c.        Wenn ja: Wurden alle Abteilungsleiter*innen in der DSN einer Vertrauenswürdigkeits­prüfung unterzogen?

6)       Ist das Innehaben von Vermögensrechten, beispielsweise durch die Funktion eines Gesellschaf­ters, unvereinbar mit der Tätigkeit des Leiters des LVT, des Direktors oder seiner Stellvertretun­gen in der DSN oder als Abteilungsleiter*^ der DSN?

7)       Laut einem Interview mit dem Experten für Nachrichtendienste, Siegfried Beer, in der Kleinen Zeitung beruft sich Tauschitz darauf, dass seine Rolle als Gesellschafter keine Nebenbeschäfti­gung, sondern das Innehaben von Vermögensrechten sei. Einen finanziellen Vorteil zieht er mut­maßlich dennoch daraus. Ist diese Abgrenzung zwischen Beteiligung im Gegensatz zu einer Ne­benbeschäftigung rechtens und im Sinne der Vorgaben Ihres Hauses?

8)       Gibt es bei den weiteren Landesämtern für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Lei­tungspersonen, die Vermögensrechte im Sinne einer Beteiligung innehaben?

a.        Wenn ja: Wer und in welchem Bundesland?

b.       Wenn ja: Wie ist das mit dem Verbot von Nebenbeschäftigungen vereinbar?

c.        Wenn ja: Was werden Sie unternehmen, um diesen Missstand zu beheben?

 

9)    Gibt es Direktoren oder stellvertretende Direktoren der DSN, die Vermögensrechte im Sinne ei­ner Beteiligung innehaben?

a.        Wenn ja: Wer und welche Beteiligungen besitzt die jeweilige Person?

b.       Wenn ja: Ist das mit dem Verbot von Nebenbeschäftigungen, wie sie für LVT-Leitungs- personal gilt, vereinbar?

 

 

10)   Gab es in den 12 Monaten vor Funktionsantritt als Direktor oder stellvertretender Direktor der DSN Vermögensrechte im Sinne einer Beteiligung?

11)   Gibt es Abteilungsleiter*innen in der DSN, die Vermögensrechte im Sinne einer Beteiligung in­nehaben?

a.        Wenn ja: Wer und welche Beteiligungen besitzt die jeweilige Person?

b.       Wenn ja: Ist das mit dem Verbot von Nebenbeschäftigungen, wie sie für LVT-Leitungs- personal gilt, vereinbar?

12)   Welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit es derartige Nebenbeschäftigungen oder aber auch Vermögensrechte im Sinne von Beteiligungen bei Spitzenbeamt*innen Ihres Hauses zukünftig nicht mehr gibt?

13)   Wird die Nebenbeschäftigung (oder das Innehaben von Vermögensrechten als Gesellschafter) von Stephan Tauschitz zu dienstrechtlichen Konsequenzen führen?

14)   Gab es eine Sondergenehmigung für die Nebenbeschäftigung bzw. die Beteiligung von Tauschitz durch das Innenministerium oder eine untergeordnete Dienststelle?

a.        Wenn ja: Durch wen konkret?

b.       Wenn ja: Aus welchem Grund?

c.        Wenn ja: Läuft eine derartige Sondergenehmigung nicht den grundlegenden Vorgaben hinsichtlich des Verbots einer Nebenbeschäftigung zuwider?

15)   Es ist eine unabhängige Kontrollkommission geplant, die dem Ministerium nicht weisungsgebun­den ist und in genau solchen Fällen Entscheidungen trifft. Wie ist der Stand bei der Einrichtung dieser Kontrollkommission und bis wann ist damit zu rechnen, dass sie ihre Arbeit aufnimmt?



[1] https://www.derstandard.at/story/2000133152706_verfassungsschutz-und-unternehmensberatung-weitere-kritik-an-
kaerntens-lvt-leiter-tauschitz

[2] https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage_Bundesnormen&Gesetzesnummer=20011280