9792/J XXVII. GP
Eingelangt am 17.02.2022
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mag. Stefan
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Syrische Foltergeneräle in Österreich
Die Tageszeitung „Die Presse“ veröffentlichte am 4. Juli 2021 einen Artikel[1] über die in Österreich schleppenden Verfahren gegen Folterknechte des syrischen Regimes und gegen den ehemaligen Leiter der syrischen Staatssicherheitsabteilung „Branch 335“ in der syrischen Stadt Raqqa, Khaled H. Laut „Die Presse“ wurde 2018 bei der Staatsanwaltschaft Wien im Namen von 16 Folteropfern Strafanzeige gegen 24 führende Mitglieder des syrischen Sicherheitsapparates eingebracht. So wurden auch Beweise gegen den genannten Ex-Brigadegeneral Khaled H. gesammelt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung hatte diesem zu Asyl in Österreich verholfen, obwohl er laut der französischen Asylbehörde als Organ der syrischen Staatssicherheit direkt in die in Syrien vorgenommen Repressionsmaßnahmen und Menschenrechtsverletzungen involviert gewesen war.
Die FPÖ hatte in diesen beiden Angelegenheiten bereits 2020 zwei parlamentarische Anfragen gestellt. So an die Bundesministerin für Justiz am 22. Juni 2020 betreffend „langsames Vorgehen der österreichischen Justiz bei der Befragung von Zeugen in Bezug zu Prozessen über Menschenrechtsverletzungen im Nahen Osten“ (2440/J)[2] sowie an den Bundesminister für Inneres am 7. Oktober 2020 betreffend „Asyl, Wohnung und falsche Identität für mutmaßlichen syrischen Kriegsverbrecher-General in Österreich auf Betreiben des BVT“ (3682/J)[3].
Viele der 16 Folteropfer sollen sich in Österreich aufhalten. Die FPÖ fragte daher bereits vor über einem Jahr, wie viele davon als Zeugen einvernommen worden seien. Während Justizministerin Zadic diese Frage nicht beantworten wollte, konnte aus dem „Die Presse“-Artikel entnommen werden, dass bis zu dessen Erscheinen nur ein einziger davon von der Staatsanwaltschaft befragt wurde. Der befragte Zeuge ist ein österreichisches Folteropfer, dem vorgeworfen wurde, 2012 illegal Waffen nach Syrien geliefert zu haben, 2013 aber dann von einem syrischen Anti-Terrorgericht freigesprochen wurde. Zur Frage, warum in der Angelegenheit nichts weitergeht, wollte sich die Staatsanwaltschaft Wien gegenüber der „Presse“ nicht äußern.
Nun berichtete[4] das Digitalmedium „eXXpress“ am 7. November 2021, dass neben dem obgenannten Ex-Brigadegeneral Khaled H., vier weitere syrische Offiziere in Wien untergetaucht sein. Laut „eXXpress“ handelt es sich dabei u.a. um Oberstleutnant Abdalmalek A., Brigadegeneral Zyan A. und um Oberst Talar A. Ein mit Österreich “befreundeter Staat” soll - so „eXXpress“ weiter - mit Unterstützung Österreichs für die Kosten der Unterkünfte und der Versorgung der fünf syrischen Offiziere aufkommen. Eine Stellungnahme des BMI zu diesem Sachverhalt sei laut eXXpress nicht erfolgt. Laut Artikel[5] in der Zeitschrift „The New Yorker“ vom 20. September 2021 soll Aussagen des Anwalts von Khaled al-Halabis zufolge, der Asylstatus seines Mandanten aufgehoben worden sein und weiterhin Ermittlungen gegen Khaled al-Halabi geführt werden. Diese gestalteten sich deswegen so schleppend, weil man im Bundesministerium für Justiz der Meinung sei „es handelt sich um Syrien, es ist Krieg. Alle foltern“.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage
1. Sind bzw waren (ehemalige) syrische Offiziere in Österreich aufhältig?
a. Wenn ja, wie viele sind bzw waren in Österreich aufhältig?
b. Wenn ja, in welchem Zeitraum sind bzw waren diese in Österreich aufhältig?
2. Erhält bzw erhielt eine oder mehrere dieser Personen Leistungen seitens Ihres Ministeriums?
a. Wenn ja, warum?
b. Wenn ja, in welchem Zeitraum werden bzw wurden Leistungen an diese Personen erbracht?
c. Wenn ja, worin bestehen / bestanden diese Leistungen?
3. Erhält bzw erhielt eine oder mehrere dieser Personen mit Wissen Ihres Ministeriums Leistungen anderer Staaten oder anderweitiger dritter Seite?
a. Wenn ja, warum?
b. Wenn ja, in welchem Zeitraum werden bzw wurden Leistungen an diese Personen erbracht?
c. Wenn ja, worin bestehen / bestanden diese Leistungen?
4. Hat eine oder mehrere dieser Personen in Österreich Asylstatus erhalten?
a. Wenn ja, wer und wann?
b. Wenn ja, wie viele davon haben einen Konventionsreisepass erhalten?
c. Wenn ja, wie vielen davon wurde der Asylstatus wieder aberkannt und aus welchen Gründen?
5. In Beantwortung der Frage 8 der parlamentarischen Anfrage betreffend „Asyl, Wohnung und falsche Identität für mutmaßlichen syrischen Kriegsverbrecher-General in Österreich auf Betreiben des BVT" (3687 /AB)[6] gaben Sie an, dass es nicht Aufgabe des BVT sei, Kriegsverbrecher für andere Staaten nach Österreich zu holen und diese in das Asylsystem einzuschleusen. Wie erklären Sie sich dann den Artikel[7] im Digitalmedium „eXXpress“, wonach fünf syrische Offiziere in Österreich untergetaucht sein?
a. Entsprechen diese Darstellungen den Tatsachen?
i. Wenn nein, warum nicht?
6. Ist Ihnen die in der Tageszeitung „Die Presse“ vom 4. Juli 2021 wiedergegebene Zeugenaussage[8] aus amtlichen oder gerichtlichen Quellen bekannt?
a. Wenn ja, seit wann?
7. Wie viele Folteropfer wurden bisher als Zeugen einvernommen?
8. Werden die Zeugen durch ein Zeugenschutzprogramm oder durch andere Maßnahmen gegen mögliche Repressalien geschützt?
a. Wenn nein, warum nicht?
9. Erhalten oder erhielten die in Österreich aufhältigen Folteropfer Unterstützungen durch Ihr Ministerium?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, inwiefern wird Ihr Ministerium unterstützend tätig?
10. In Beantwortung der Frage 3 der parlamentarischen Anfrage betreffend „langsames Vorgehen der österreichischen Justiz bei der Befragung von Zeugen in Bezug zu Prozessen über Menschenrechtsverletzungen im Nahen Osten“ (2480/AB)[9] wurde den zuständigen Staatsanwaltschaften hohes Engagement attestiert. Welche Resultate hat dieses Engagement seit Beantwortung der Anfrage am 21. August 2020 gezeitigt?
a. In der Beantwortung zur selben Frage heißt es, dass österreichische Rechtshilfeersuchen "nicht durch sämtliche Staaten beantwortet" wurden. An wie viele Staaten wurden Rechtshilfeersuchen in der gegenständlichen Causa gestellt?
b. Welche Staaten habe diese beantwortet, welche nicht?
c. Auf welcher innerstaatlichen bzw völkerrechtlichen Rechtsgrundlage wurden die Rechtshilfeersuchen gestellt?
11. Wurde das Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (BMEIA) ersucht, bei jenen Staaten zu intervenieren, die die österreichischen Rechtshilfeersuchen nicht beantwortet haben, um eine Beantwortung zu erwirken?
a. Wenn nein, warum nicht?
12. Wurde der Umstand der Nichtbeantwortung österreichischer Rechtshilfeersuchen im Rahmen des in Wien ansässigen United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) thematisiert?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
13. Wurde seitens Ihres Ministeriums direkt oder über das BMEIA die Österreichische Vertretung bei den Vereinten Nationen in Wien mit der Nichtbeantwortung der österreichischen Rechtshilfeansuchen zwecks Erwirken einer entsprechenden Behandlung im Rahmen des UNODC befasst?
a. Wenn nein, warum nicht?
[1] Die Presse, Das Grauen und der Kampf um Gerechtigkeit, https://www.diepresse.com/6003257/das-grauen-und-der-kampf-um-gerechtigkeit
[2] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_02440/index.shtml
[3] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_03682/index.shtml
[4] eXXpress, Asyl-Skandal: Noch vier weitere syrische Folter-Offiziere bei uns, https://exxpress.at/asyl-skandal-noch-vier-weitere-syrische-folter-offiziere-bei-uns/
[5] The Ney Yorker, How a Syrian War Criminal and Double Agent Disappeared in Europe, https://www.newyorker.com/about/us?verso=true
[6] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_03682/index.shtml
[7] eXXpress, Asyl-Skandal: Noch vier weitere syrische Folter-Offiziere bei uns, https://exxpress.at/asyl-skandal-noch-vier-weitere-syrische-folter-offiziere-bei-uns/
[8] Die Presse, Das Grauen und der Kampf um Gerechtigkeit, https://www.diepresse.com/6003257/das-grauen-und-der-kampf-um-gerechtigkeit
[9] https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_02440/index.shtml