9817/J XXVII. GP

Eingelangt am 18.02.2022
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Anfrage

der Abgeordneten Katharina Kucharowits,

Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt

betreffend Ein Jahr Kommunikationsplattformengesetz

Die Verbreitung von Hass und Hetze über Soziale Medien stellt ein gravierendes Problem dar. Für betroffene Personen oder Gruppen, aber auch für die gesamte Gesellschaft. Das Netz bzw. Plattformen werden oftmals dazu benutzt, gezielt einzelne Personen oder Gruppen zu diffamieren, sie zu verleumden oder gänzlich aus dem Diskurs und damit der digitalen Teilhabe auszuschließen. All dies ist demokratiepolitisch brisant und es gilt gesamtgesellschaftlich sowie politisch dem entgegen zu wirken.

Um die Verantwortung von Plattformen bzgl. Hass im Netz zu verdeutlichen bzw. Plattformen in die Pflicht zu nehmen, hat die Österreichische Bundesregierung - im europäischen Alleingang, abgesehen von Deutschland - den Weg eines Bundesgesetzes über Maßnahmen zum Schutz der Nutzer*innen auf Kommunikationsplattformen – kurz Kommunikationsplattformengesetz (KoPl-G) – gewählt, das im Dezember 2020 im Parlament beschlossen wurde und mit 1.1.2021 in Kraft getreten ist. Den Diensteanbieter*innen wurde eine Frist bis 31. März 2021 für die Umsetzung gewährt. Nutzer*innen sollte es damit einfacher gemacht werden, rechtswidrige Inhalte zu melden, darüber hinaus wurden Berichtspflichten für Plattformen festgelegt.

Im Vorfeld der Beschlussfassung gab es rege Diskussionen über die Angemessenheit der Regelungen und ob damit wirklich ein substantieller Beitrag zur Verringerung von Hass im Netz geleistet werden kann. Wesentliche Diskussionspunkte waren hier neben dem besseren Schutz von Opfern von Hass im Netz auch der Schutz der Meinungsfreiheit. Die Rolle der Online-Monopolisten wurde ebenso thematisiert wie die Frage, welche Auswirkungen es haben wird, dass durch das Kommunikationsplattformengesetz Plattformen zur zentralen Instanz für die Beurteilung werden, ob Äußerungen gesetzeskonform sind oder nicht.

Nach einem Jahr seit In-Kraft-Treten des Gesetzes sollten bereits erste Erfahrungen vorliegen, die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE 

1.       Zunächst zum Anwendungsbereich des Gesetzes: Welche Plattformen unterliegen dem Kommunikationsplattformengesetz? Bitte um namentliche Auflistung aller Plattformen, die dem Gesetz derzeit unterliegen.

2.       Welchen Beitrag hat das KoPl-G konkret bisher zur Bekämpfung von Hass im Netz geleistet?

3.       Gemäß dem KoPl-G überwacht die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) die Einhaltung des Gesetzes durch die Plattformen. Wie wurde die KommAustria für diese zusätzliche Arbeit personell und finanziell aufgestellt?

a.       Wer überprüft konkret wie die Einhaltung des KoPl-G?

b.       Welche zusätzlichen finanziellen Mittel hat die KommAustria 2021 aus dem Bundeshaushalt erhalten, um die Einhaltung des KoPl-G zu überwachen?

c.       § 8 Abs. 4 KoPl-G regelt zudem, dass die Diensteanbieter*innen einen Finanzierungsbeitrag, abhängig von ihrem erzielten Umsatz, zu leisten haben. Bitte um Auflistung der Finanzierungsbeiträge der einzelnen Plattformen im Jahr 2021.

4.       Das KoPl-G sieht halbjährliche oder jährliche Berichte aller von diesem Gesetz erfassten Diensteanbieter*innen vor. Gemäß einer Meldung der RTR von Anfang November 2021 haben sechs von sieben dazu verpflichteten Plattformen ihren ersten Bericht bereits gemeldet (Vgl. https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211103_OTS0047/kommunikationsplattformen-legen-medienbehoerde-kommaustria-erstmals-transparenzberichte-zum-umgang-mit-beschwerden-vor) Haben inzwischen alle vom Gesetz umfassten Plattformen die vorgesehenen Berichtslegungen bis zum Zeitpunkt der Beantwortung der Anfrage erfüllt?

a.       Welche der Plattformen, die gemäß diesem Gesetz dazu verpflichtet sind, haben bereits für welche Zeiträume Berichte geliefert? Bitte um konkrete Auflistung der Berichte der einzelnen Plattformen.

b.       In welchem Intervall haben die betroffenen Plattformen jeweils zu berichten?

c.       Welche Plattform war es, die Stand Anfang November noch keinen Bericht geliefert hatte? Wurde dieser Bericht bereits nachgereicht?

d.       Wenn nein, welche Schritte wurden gegen die betroffene Plattform unternommen?

5.       Die „24. Verordnung der Kommunikationsbehörde Austria über die Ausgestaltung der Berichte und zum Umfang der Berichtspflicht von Diensteanbietern“ schreibt detailliert und übersichtlich die praktische Umsetzung der Berichtspflichten der Plattformen fest. Wie ist die Erfahrung mit den bisher vorliegenden Berichten?

a.       Erfüllten alle Plattformen die Vorgaben für die Berichtspflichten gemäß dieser Verordnung?

b.       Wenn nein, in welchen Bereichen gibt es besondere Mängel in der Berichtslegung?

c.       Wenn nein, welche Konsequenzen hatte dies?

6.       § 4 der Verordnung sieht vor, dass die Transparenzberichte den Grundsätzen der Barrierefreiheit entsprechen sollen. Wurde diese Vorgabe von den Plattformen umgesetzt?

7.       § 5 Abs. 1 Z 4 der Verordnung fordert, dass Plattformen über „die zur Vermeidung von Overblocking ergriffenen Maßnahmen“ berichten müssen. Welche Maßnahmen werden hier in der Regel zur Vermeidung von Overblocking angeführt?

a.       Gibt es in den Berichten Hinweise darauf, dass es im vergangenen Jahr aufgrund des Kommunikationsplattformen-Gesetzes verstärkt zu Overblocking gekommen ist?

8.       Gewährleisten alle Plattformen ein wirksames und transparentes Meldeverfahren, das für Nutzer*innen leicht auffindbar und ständig verfügbar ist?

a.       Wenn nein, welche Plattformen sind hier säumig und welche Konsequenzen hatte das bisher?

b.       Verfügen auch alle Plattformen über ein Überprüfungsverfahren?

c.       Wenn nein, welche Plattformen sind hier säumig und welche Konsequenzen hatte das bisher?

d.       In wieviel Prozent der gemeldeten Fälle wurde ein Antrag auf Überprüfung gestellt? Bitte pro Plattform aufschlüsseln.

e.       In wieviel Prozent der Fälle wurde aufgrund der Überprüfung die ursprüngliche Entscheidung bei Meldung revidiert? Bitte pro Plattform aufschlüsseln.

f.        Welche sind die von den Plattformen genannten Entscheidungskriterien, die zur Löschung oder Sperrung von rechtswidrigen Inhalten herangezogen werden?

9.       § 9 der Verordnung regelt die Berichtspflichten über die organisatorische, technische und personelle Ausstattung. Wie viele Personen mit Kenntnis des österreichischen Rechts sind bei den Plattformen jeweils beschäftigt bzw. werden zur Entscheidung, ob ein Inhalt gelöscht werden soll oder nicht, hinzugezogen?

a.       Welche Maßnahmen werden von den Plattformen konkret getroffen, um Mitarbeiter*innen im Umgang mit den Bestimmungen des KoPl-G und der Verordnung der KommAustria zu schulen und auszubilden?

10.   Wie kann überprüft werden, dass die von den Plattformen in ihren Berichten angeführten Daten auch tatsächlich der Realität entsprechen?

a.       Welche Konsequenzen sind vorgesehen, sollte das nicht der Fall sein?

11.   In einem Artikel aus Der Standard (https://www.derstandard.at/story/2000130941577/hass-im-netz-gesetz-youtube-loeschte-bisher-keinen-einzigen-kommentar) heißt es: „Bei Youtube ging […] hingegen keine einzige Meldung ein, die im Sinne des KoPl-G rechtswidrig ist. Dementsprechend wurde auch nichts gelöscht.“ Laut dem Artikel werden Kommentare nach den eigenen Community Richtlinien geprüft, das Formular sei für Nutzer*innen schwer zu finden und kompliziert zu befüllen, da Verweise und Links zu den Gesetzen, gegen die verstoßen wurde, genannt werden müssen.

a.       Entspricht das Meldesystem von Youtube dem KoPl-G und der genannten Verordnung seitens KommAustria?

b.       Falls dieses Verhalten nicht im Einklang mit dem KoPl-G bzw. der genannten Verordnung steht, welche Folgen hat das für Youtube?

12.   Das KoPl-G sieht vor, dass Plattformen einen verantwortlichen Beauftragten und einen Zustellungsbevollmächtigten nennen müssen. Sind dieser Verpflichtung alle Plattformen nachgekommen?

a.       Wer sind diese Personen der jeweiligen Plattform? Bitte um Auflistung nach Plattform.

b.       Wenn nein, welche Schritte wurden gegen die betroffene Plattform gesetzt?

c.       Welche Erfahrungen wurden im Zusammenhang mit der Greifbarkeit von Plattformen gemacht. Hat hier das KoPl-G die Situation verbessert?

13.   Wurden bisher bereits Geldstrafen für Diensteanbieter*innen verhängt?

a.       Wenn ja, bitte um Auflistung der Höhe der Strafe, der konkreten Plattform und Art des Verstoßes.

14.   § 7 KoPl-G sieht vor, dass sich Nutzer*innen bei Unzulänglichkeit des Melde- oder Überprüfungsverfahrens an eine Beschwerdestelle wenden können. Wie viele Nutzer*innen haben sich bisher an die Beschwerdestelle gewandt? Bitte um Auflistung nach Plattform sowie Grund, aus dem sich die Nutzer*innen an die Stelle gewandt haben.

a.       Wie ist diese Beschwerdestelle personell und finanziell ausgestattet?

b.       Welche Handlungsmöglichkeiten stehen der Beschwerdestelle offen?

15.   Bei mehr als fünf begründeten Beschwerden während eines Monats aufgrund einer Mitteilung durch die Beschwerdestelle oder aber nach eigener Einschätzung, dass die im KoPl-G normierten Pflichten verletzt wurden, soll die Aufsichtsbehörde ein Aufsichtsverfahren durchführen. Kam es bereits vor, dass die KommAustria ein Verfahren einleiten musste? Wenn ja, bitte um detaillierte Schilderung der Ausgangslage/des Sachverhalts, des Verfahrens und des Ergebnisses fürs jedes bisher geführte und aktive Aufsichtsverfahren.

16.   Laut § 7 KoPl-G ist die Beschwerdestelle verpflichtet, einen monatlichen Bericht über die eingelangten Beschwerden zu führen. Sind diese Berichte öffentlich zugänglich?

a.       Wenn nein, warum nicht? Bitte um Beifügung der bisherigen Berichte an diese Anfragebeantwortung.

17.   Der Digital Services Act (DSA) wurde im Jänner im Europäischen Parlament beschlossen. Welchen Beitrag hat Österreich auf Ratsebene geleistet bzw. wird in den Verhandlungen rund um den DSA leisten?

a.       Welche Schwerpunkte wurden von österreichischer Seite in den Verhandlungen eingebracht?

b.       Welche Forderungen waren und sind für die Bundesregierung prioritär, unverrückbar?

c.        Hat Österreich Erfahrungsberichte aus dem bestehenden KoPl-G in die Gesetzwerdung auf EU-Ebene einfließen lassen? Wenn ja, wie und wo? Und welche Erfahrungsberichte?

d.       Wie werden Sie mit dem KoPl-G verfahren, wenn der DSA auf nationaler Ebene in Kraft ist?