9820/J XXVII. GP
Eingelangt am 21.02.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Ermittlungen wegen Verdachts der Falschaussage vor parlamentarischen U-Ausschüssen
In Ihrer Beantwortung (1504/AB) der Anfrage betreffend Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in Zusammenhang mit den im Raum stehenden Falschaussagen im "BVT-Untersuchungsausschuss" teilten Sie, sehr geehrte Frau Bundesministerin Dr. Alma Zadić, unter anderem mit, dass die Staatsanwaltschaft hinsichtlich zweier Auskunftspersonen konkrete Anhaltspunkte für eine Falschaussage fand und diesbezüglich Ermittlungen aufgenommen wurden.
In Ihrer Beantwortung (5681/AB) der Anfrage 5674/J betreffend Falschaussagen vor dem „Ibiza“-Untersuchungsausschuss nach § 288 Abs. 3 StGB führten Sie unter anderem Folgendes aus:
Zur Frage 1:
• Wer sind die insgesamt elf weiteren Personen (mit dem Berichtsstichtag 10. Dezember 2020), gegen die Anzeigen wegen des Vorwurfs der falschen Beweisaussage im Zusammenhang mit dem "Ibiza-Untersuchungsausschuss" (§ 288 Abs. 3 StGB) einlangten?
„Ich bitte um Verständnis, dass die Namen der angezeigten Personen aus datenschutzrechtlichen Gründen sowie im Hinblick auf die Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens nicht genannt werden können. In Bezug auf die genannten Personen werden von der Staatsanwaltschaft Wien zwei Ermittlungsverfahren geführt. In deren Rahmen nahm die Anklagebehörde im Jänner und Februar 2021 zwei Beschuldigtenvernehmungen und im Jänner 2020 bzw Februar 2021 zwei Zeugenvernehmungen vor. Weiters langte bei der Staatsanwaltschaft Wien eine schriftliche Stellungnahme eines Beschuldigten ein. Eine Anklage wurde bislang nicht eingebracht. Ein weiteres Ermittlungsverfahren zu diesem Themenkreis wurde von der Staatsanwaltschaft Wien mit Verfügung vom 11. Jänner 2021 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt. Der Bezug habende Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Wien vom 16. April 2020 bzw. der die Genehmigung dieses des Vorhabens in Aussicht nehmende Bericht der Oberstaatsanwaltschaft Wien vom 30. April 2020 wurde mit ho. Erlass vom 03. November 2020 unter Befassung des Weisungsrates genehmigt. Eine Veröffentlichung der Einstellungsbegründung in der Ediktsdatei erfolgte nicht. Nicht jede Entscheidung über die Beendigung einer Berichtspflicht an die Fachaufsicht auslösenden Ermittlungsverfahrens ist im Sinne des § 35a StAG nicht für die Veröffentlichung geeignet; eine Pflicht der Strafverfolgungsbehörden zur Veröffentlichung besteht nicht. Vielmehr ist der Oberstaatsanwaltschaft bei der Entscheidung, ob eine Einstellungs- bzw „Zurücklegungs-“ Begründung veröffentlicht wird Ermessen eingeräumt. Bei dessen Ausübung ist das Interesse von Verfahrensbeteiligten an Geheimhaltung dem in § 35a Abs 1 StAG genannten öffentlichen Interesse gegenüberzustellen. Fallkonkret ergab diese Interessenabwägung für die zuständige Behörde, dass besonderes, eine Durchbrechung der Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten (zu deren Schutz die StPO verpflichtet) rechtfertigendes Interesse der Öffentlichkeit an der Strafsache (wie von § 35a Abs 1 StAG verlangt) nicht anzunehmen war. In keinem der bei der Staatsanwaltschaft Wien anhängigen gegenstandsbezogenen Verfahren wurden von der Fachaufsicht Weisungen erteilt. Bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck wurde ein einschlägiges Ermittlungsverfahren gegen zwei Beschuldigte geführt. Betreffend den Verdacht gegen einen dieser Beschuldigten liegt mittlerweile ein genehmigtes Einstellungsvorhaben der Staatsanwaltschaft vor. Eine diesbezügliche Einstellungsbegründung wird gemäß § 35a StAG veröffentlicht werden. Das Ermittlungsverfahren gegen den anderen Beschuldigten ist noch nicht abgeschlossen; hier wurde die Staatsanwaltschaft um ergänzende Ermittlungen ersucht.“
Zur Frage 2:
• Sind in der Zwischenzeit (nach dem Berichtsstichtag 10. Dezember 2020) neue Anzeigen wegen Aussagedelikten gegen weitere Personen bei einer Staatsanwaltschaft eingelangt?
„Im Februar 2021 langte bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Anzeige gegen eine Person wegen des Verdachts der falschen Beweisaussage ein. Das Bezug habende Verfahren wurde zuständigkeitshalber an die WKStA abgetreten.“
Zu den Fragen 3 bis 5:
• Wie lautet der Stand des Verfahrens im Fall der Ermittlungen wegen des Verdachts der falschen Beweisaussage gegen Mag. Bettina Glatz-Kremsner?
• Konnte die Prüfung eines Anfangsverdachts gegen MMag. Thomas Schmid in der Zwischenzeit abgeschlossen werden?
• Konnte die Prüfung eines Anfangsverdachts gegen Mag. Wolfgang Sobotka in der Zwischenzeit abgeschlossen werden?
„Bei diesen Verfahren ist die Prüfung durch die Staatsanwaltschaft bzw die Oberbehörden noch nicht abgeschlossen. Ich ersuche um Verständnis, dass eine Bekanntgabe von Verfahrensdetails bzw. -inhalten aus den nichtöffentlichen Verfahren daher nicht möglich ist. Eine Weisung wurde in keinem der genannten Verfahren erteilt.“
(...)
Weiters sei in diesem Zusammenhang und im Lichte aktueller Berichterstattung zu Besetzungsverfahren im Bereich des BMI auf folgende Passage aus dem Kommuniqué des Untersuchungsausschusses über die politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT-Untersuchungsausschuss) (3/US XXVI.GP) Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Mag. Wolfgang Sobotka in der 37. Sitzung vom 7. Mai 2019 (https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/KOMM/KOMM_00225/fnameorig_764766.html) verwiesen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Haben Sie Wahrnehmungen zu parteipolitisch motivierten Postenbesetzungen im BVT oder zu mit dem BVT in Verbindung stehenden Stellen im BMI während des Untersuchungszeitraums?
Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, dass wir immer danach Posten besetzt haben, welche Leute sich beworben haben, Hausbesetzungen externen vorgezogen haben und die Besten zum Zug kommen haben lassen.
Diese Aussage scheint im Licht der aktuellen Berichterstattung über die parteipolitische Beeinflussung von Besetzungsverfahren im BMI und entsprechende "Interventionslisten" näher zu überprüfen (https://www.derstandard.at/story/2000133175727/rote-bleiben-gsindl-mikl-leitners-unmut-und-sobotkas-interventionsliste).
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wenn ja, welche wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, welche wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wird diese Begründung gemäß § 35a StAG in der Ediktsdatei veröffentlicht, und wenn ja, bis wann ist damit zu rechnen?
1. Wenn nein, warum nicht?
2. Wenn nein, falls die Begründung lautet, es bestehe kein öffentliches Interesse: inwiefern lässt sich dies argumentieren?
3. Wenn nein, falls die Begründung lautet, es sei ein Verschlussakt:
a. Es wurden im "Casino"- und "Ibiza"-Verfahrenskomplex, bei denen es sich auch um Verschlussakte handelt, viele Zurücklegungen veröffentlicht; inwiefern ist hier ein gegenteiliges Vorgehen gerechtfertigt?
b. War nicht auch das Verfahren zur Anzeige gegen Anna Thalhammer unter Verschluss und wurde dennoch veröffentlicht?
i. Wann erfolgte die Entscheidung zur
Einstellung
des Verfahrens?
ii. Wann erfolgte die Veröffentlichung der Entscheidung zur Einstellung des Verfahrens?
i. In welchem/n Fall/Fällen wurden bereits jeweils wann Anklagen erhoben und mit welcher Begründung?
ii. In welchem/n Fall/Fällen wurden bereits jeweils wann die Ermittlungen eingestellt?
1. Wird diese Begründung gemäß § 35a StAG in der Ediktsdatei veröffentlicht, und wenn ja, bis wann ist damit zu rechnen?
a. Wenn nein, warum nicht?
b. Wenn nein, falls die Begründung lautet, es bestehe kein öffentliches Interesse: inwiefern lässt sich dies argumentieren?
i. Gab es in den gegenständlichen Verfahren Weisungen der OStA?
1. Wenn ja, wann, durch wen an wen, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?
ii. Gab es in den gegenständlichen Verfahren Weisungen der Bundesministerin für Justiz oder sonstiger befugter Organe?
1. Wenn ja, wann, durch wen an wen, in welchem Zusammenhang und wie lautete deren Inhalt?