9827/J XXVII. GP

Eingelangt am 21.02.2022
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Anfrage

 

des Abgeordneten Kainz

und weiterer Abgeordneten

an den Bundesminister für Inneres

betreffend Auswirkungen der Pandemie auf die Schubhaft

 

Unter der Schubhaft versteht man die Verhaftung eines Fremden zur Sicherung der zwangsweisen Außerlandesbringung dieser Person (Abschiebung). Grund für die Abschiebung kann das Vorliegen einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot sein.

 

§ 80 des Fremdenpolizeigesetztes regelt in Bezug auf die Dauer der Schubhaft folgendes:

 

 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

 

 

Im März 2021 berichtete die Wiener Zeitung folgendes:

 

„(...) Auch abseits des Kindeswohls gibt es aber regelmäßig Kritik an der heimischen Abschiebe- und Schubhaftpraxis. Aktuell auch daran, dass inmitten einer globalen Pandemie überhaupt Menschen abgeschoben werden. Obwohl etwa die Gesundheitssysteme in den Herkunftsländern der meisten Asyl-Antragssteller kaum gerüstet sind, um der Corona-Krise zu begegnen. Immer wieder kamen daher Forderungen auf, Abschiebungen bis zum Ende der Pandemie weitgehend oder ganz auszusetzen. Tatsächlich wurden in Österreich während des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr nur wenige Menschen außer Landes gebracht. Mit den Öffnungsschritten Anfang Mai änderte sich diese Praxis aber wieder.

"Wenn es wegen der Pandemie sogar Reisewarnungen und unsichere Verhältnisse in den Herkunftsländern gibt, ist das ein starker Grund, Abschiebungen auszusetzen", sagt Menschenrechtsexperte Manfred Nowak zur "Wiener Zeitung". "Rechtlich würde ich aber nicht so weit gehen, Abschiebungen während einer Pandemie grundsätzlich zu verbieten. (...)" [1]

 

Die Dauer der Schubhaft war früher zeitlich unbegrenzt, nun darf sie im Falle von

Fremden, welche das 18. Lebensjahr bereits überschritten haben, jedoch nur maximal sechs Monate dauern. Nicht durchgeführte Abschiebungen aufgrund der Corona Pandemie haben daher Auswirkungen auf die Dauer der Schubhaft und verlängern diese.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Inneres folgende

 

Anfrage

 

1.    Wie viele Personen sind mit Stichtag der Beantwortung dieser Anfrage in Schubhaft? Bitte um Aufgliederung nach Polizeianhaltezentrum, Herkunftsland, Alter, Geschlecht und Beginn und Dauer der Schubhaft sowie um Angabe in welches Land die Personen jeweils abgeschoben werden sollen.

2.    Wie viele Personen befanden sich in den Jahren 2020 und 2021 jeweils insgesamt in Schubhaft? Bitte um Aufgliederung nach Jahren, Polizeianhaltezentrum, Herkunftsland, Alter, Geschlecht und Beginn und Dauer der Schubhaft.

3.    Wie viele Personen wurden in den Jahren 2020 und 2021 jeweils abgeschoben? Bitte um Aufgliederung nach Jahren, dem jeweilig untergebrachten Polizeianhaltezentrum, Herkunftsland, Alter, Geschlecht und Beginn und Dauer der Schubhaft sowie um Angabe in welches Land abgeschoben wurde.

4.    Welche Auswirkungen hatte die Corona Pandemie auf die Abschiebungen? Bitte um konkrete Erläuterung.

5.    Warum befinden sich manche Personen, entgegen der gesetzlichen Regelung, länger als 6 Monate in Schubhaft? Bitte um konkrete Erläuterung, wie viele Personen in den Jahren 2020 und 2021 länger als 3 oder länger als 6 Monate in Schubhaft waren, Herkunftsland dieser Personen sowie der Grund warum die Abschiebung nicht bzw. nicht früher durchgeführt wurde.

6.    Wie hoch sind die Kapazitäten in den Polizeianhaltezentren, welche für die Schubhaft bereit stehen? Bitte um Aufgliederung nach den einzelnen Polizeianhaltezentren.

7.    Werden Afghanen derzeit noch in Schubhaft genommen, obwohl sie, wie auch der VfGH bestätigt hat, aufgrund der Lage in Afghanistan gar nicht abgeschoben werden können?
a.) Falls ja, warum?
b.) Falls nein, wie wird im Fall von Afghanen, welche eigentlich abgeschoben werden müssen, nun vorgegangen? Bitte um konkrete Erläuterung.

 

 



[1] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/oesterreich/2096718-Intransparente-Abschiebungen.html