9890/J XXVII. GP
Eingelangt am 23.02.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Bildung‚ Wissenschaft und Forschung
betreffend Verleihung des Ehrentitels "Professor" an Gert Schmidt
In den Medienberichten über die schockierenden Vorgänge rund um Casinos Austria, Novomatic und die Ibiza-Affäre tauchte immer wieder ein Name auf, der sich ansonsten weniger oft in den Nachrichten findet: Gert Schmidt. Genauer gesagt: Professor Gert Schmidt.
Die Ehrenprofessur wurde durch eine Entschließung des Bundespräsidenten geschaffen und dient zur Auszeichnung von Personen, die sich in langjähriger Ausübung ihres Berufes Verdienste um die Republik Österreich erworben haben. So wurde auch Gert Schmidt, laut einer OTS des BMWF vom 23. Juni 2010, mit folgender Begründung der Titel "Professor" durch die damalige ÖVP-Ministerin Beatrix Karl verliehen (https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20100623_OTS0098/beatrix-karl-verleiht-hohe-auszeichnungen-bereicherung-fuer-den-wissenschaftsstandort-oesterreich):
"Mit dem Berufstitel
"Professor" wird auch Gert Schmidt ausgezeichnet, der sich seit
vielen Jahren intensiv mit dem Thema "Spielerschutz" befasst. Er hat
dabei die ethischen Aspekte des Glücksspiels in besonderer Weise vertreten
und immer versucht, gegen illegale Betreiber Maßnahmen zu setzen, wie
etwa Initiativen für parlamentarische Anfragen, Begleitung der
Novellierung des Glücksspielgesetzes im Sinne des Spielerschutzes, durch
zahlreiche Auftritte in der Öffentlichkeit sowie durch Anregung von
Musterverfahren und Sachverhaltsdarstellungen an die Staatsanwaltschaft. Seine
Aktivitäten, die den Zusammenhang von Spiel, Spielsucht und Ethik deutlich
herausstellten, erforderten auch in Hinblick auf den rechtlichen Rahmen mutige
Entscheidungen.
In seinen wissenschaftlichen Arbeiten setzt sich Schmidt sehr engagiert mit
den sozialen Dimensionen des Glücksspiels und mit
Präventionsmaßnahmen zum Spielerschutz auseinander. Er hat dadurch
ein geschärftes Problembewusstsein bei entsprechenden öffentlichen
Stellen und in der medialen Diskussion geschaffen. Schmidt ist auch Herausgeber
und Chefredakteur des Wirtschaftsmagazins "ERFOLG"."
Gert Schmidt wurde im Falter porträtiert, wo die Verleihung dieses Titels wie folgt kommentiert wurde: "In der Glücksspielbranche ist Schmidts Name seit Jahrzehnten wohlbekannt, er tritt mit seiner Plattform "spieler-info.at" als "Spielerschützer" und Kämpfer gegen das illegale Glücksspiel an, dafür arbeitet er mit "Betreibern legaler Glücksspielangebote" zusammen. Für sein -im Milieu nicht unumstrittenes -Spielerschutz-Engagement bekam Schmidt 2010 auch den Professorentitel verliehen."
So wurde in einem weiteren Bericht des Falter die Tätigkeit Schmidts etwas genauer unter die Lupe genommen. Im Artikel "Spieler, Spitzel, Professoren" beschrieb Josef Redl diese ausgiebig (FALTER 35/18). Daraus seien hier einige Auszüge zitiert.
"Im Jahr 2009 vertritt Sochowsky bereits rund 100 Spieler, die ihre Forderungen teilweise an ihn abgetreten haben. Plötzlich erhält Sochowsky ein attraktives Angebot. Der Unternehmer Gert Schmidt, ebenfalls bestens vernetzt in der Glücksspielbranche, will ihm die Forderungen abkaufen. Um sie selbst vor Gericht durchzusetzen. Professioneller als Sochowsky, mit mehr Personal, besseren Anwälten. Sochowsky willigt ein und erhält rund 900.000 Euro von Schmidt. Für Sochowsky ein gutes Geschäft, aber nicht für die Spieler. Schmidt, der oft als unabhängiger Experte für Spielerschutz auftritt, benennt die Sochowsky-Website von spielerklage.at in spieler-info.at um. Die geplanten Klagen gegen Novomatic werden gar nicht erst eingebracht.
Dabei ist Gert Schmidt (er wurde 2010 übrigens für seine Verdienste um den Spielerschutz mit dem Titel Professor ausgezeichnet) ein recht klagsfreudiger Mensch. In den vergangenen Jahren hat er zahlreiche juristische Auseinandersetzungen geführt. Gegen Sochowsky, aber auch gegen Vertreter von Spielerschutzvereinen oder Automatenaufstellern. In einem solchen Verfahren im Jahr 2016 gab Schmidt Bemerkenswertes zu Protokoll. „Herr Sochowsky hat in den Medien einen großen Wirbel mit seinem Projekt gemacht und der Novomatic sehr geschadet. Aus Eigeninitiative habe ich mich dann an Herrn Sochowsky gewendet“, so Schmidt. Und warum? „Das war von mir eine gute Tat für die Novomatic. Der Hintergrund war schon, dass ich gute Kontakte zu Herrn Graf hatte und daraus ein Geschäft machen wollte. (...) Der Sinn wäre gewesen, dass die Novomatic medial eine Ruhe hat“, erklärt Gert Schmidt vor Gericht. Ein Spielerschützer, der 900.000 Euro zahlt, damit ein Glücksspielkonzern „medial eine Ruhe hat“?"
Eine gute Tat für die Novomatic war es also, die der "Spielerschützer" im Sinn hatte. Für den kritischen Beobachter mag eine solche Aussage eines selbsternannten Spielerschützers nur kaum zu glauben sein, ein Branchenexperte wie Gert Schmidt weiß jedoch, wie gut Spieler (oder deren Geld) bei der Novomatic aufgehoben sind.
Neben dem Kampf gegen Spielerklagen und negative Medienberichterstattung über die Novomatic steht für Gert Schmidt der Kampf gegen Betreiber des illegalen Glücksspiels im Vordergrund. Nachdem bereits sowohl verwaltungsgerichtlich als auch durch den OGH festgestellt wurde, dass die Novomatic jahrelang illegales Glücksspiel betrieb, ist für die korrekte Trennung zwischen Spielerschutz und gezieltem Protegieren der Novomatic ein messerscharfer Verstand von Nöten. Zweifelsohne weiß Herr Professor Schmidt, wo der Hebel anzusetzen und welche Knöpfe zu drücken sind.
Besonders hervorzuheben ist aber nicht nur das Engagement für die Novomatic, sondern insbesondere das Engagement gegen Personen, die es wagen die Vorgänge rund um die Novomatic zu hinterfragen. So erschienen auch prompt nach Einbringung parlamentarischer Anfragen seitens der Anfragestellerin Kommentare Gert Schmidts auf dessen Seite "spieler-info.at", welche, gespickt mit völlig aus der Luft gegriffenen Behauptungen, versuchten sowohl die Anfragestellerin, als auch deren Intention zu verunglimpfen. Einige Zitate aus den auf parlamentarische Anfragen Bezug nehmenden Artikeln:
"Besondere Beachtung verdienen die "Verflechtungen" der NEOS mit Personen aus dem illegalen Glücksspielbereich."
"Dieses letzte Aufgebot der illegalen Glücksspielindustrie verfügt über die Cash-Mittel aus dem illegalen Glücksspiel, durch Geldwäsche nunmehr - indirekt - auch in die Politik geschleust."
"Besonders tragisch - und auch gefährlich - ist nun die Tatsache, dass es dieser Gruppierung gelungen ist, eine kleine politische Partei von ihren Aktionen zu überzeugen und sogar parlamentarische Unterstützung zu erlangen."
"Zwischenzeitlich haben intensive Recherchen von "spieler-info.at" ergeben, dass über und mit Hilfe der möglicherweise ziemlich ahnungslosen, mit einigen Mandaten im Wiener Parlament vertretenen NEOS, eine für derartige Informationsmanipulationen sattsam bekannte Prozess-FinanzierungsGesmbH die Fäden gezogen hat."
Der Professor teilt aus. Ahnungslosigkeit, Parteispenden, Marionettentum und parlamentarische Unterstützung der illegalen Glücksspielindustrie wird einer Partei unterstellt, welche eine Anfrage einbringt, die sich in weitesten Teilen auf eine Entscheidung des OGH sowie ebenfalls auf die Judikatur der Verwaltungsgerichte bezieht.
Mag sich auch der Einsatz gegen unliebsame parlamentarische Anfragen in maximaler Bedeutungslosigkeit erschöpfen, so zeitigt das Engagement gegen Kritiker oder auch Kläger in anderen Fällen durchwegs Früchte. Ebenso im Falter-Artikel zu finden: "Über Gert Schmidt darf man allerdings relativ kühne Behauptungen aufstellen. „Ich habe in diesem Verfahren 2016 den Schutzverband gegen unlauteres Glücksspiel vertreten, der von Gert Schmidt wegen verschiedener Aussagen auf seiner Website geklagt wurde. Das Gericht hat unter anderem entschieden, dass die Behauptung, Herr Schmidt würde Personen zu Bespitzelungen anstiften, einen ausreichenden Tatsachenkern hat“, erklärt die Rechtsanwältin Julia Eckhart."
In einem höchstgerichtlichen Urteil wurde Gert Schmidt auch untersagt, einen Spieler, der die Novomatic klagte, als Mitglied einer "Bluffer-Bande" und als "Betrüger" zu bezeichnen.
Artikel V der Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Schaffung von Berufstiteln lautet:
Die Verleihung des Berufstitels kann widerrufen werden, wenn später Tatsachen bekannt werden, die einer Verleihung entgegengestanden wären oder der bzw. die Beliehene nachträglich ein Verhalten setzt, das einer Verleihung entgegenstünde.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
i. Wenn positiv: inwiefern werden Spieler dadurch besser geschützt?
ii. Wenn negativ: welche Änderungen sind daher wann vorgenommen worden bzw. für wann in welcher Form geplant?
i. Wenn ja, welche konkret?
ii. Wenn nein, warum nicht?
i. Wenn ja, welche und wann?
ii. Wenn nein, warum nicht?