9904/J XXVII. GP
Eingelangt am 23.02.2022
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Anfrage
des Abgeordneten Erwin Angerer
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
betreffend Maßnahmen gegen Teuerungswelle
Die steigenden Treibstoff- und Energiepreise haben in Österreich bereits im Dezember 2021 für eine hohe Inflationsrate von 4,3 Prozent gesorgt. Im Euroraum erreichte die Inflation mit 5,0 Prozent sogar den höchsten Wert seit Beginn der Statistik 1997. Damit liegt die Inflationsrate weit mehr als doppelt so hoch wie das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), die mittelfristig eine Rate von 2,0 Prozent als optimalen Wert für die Wirtschaft anpeilt.
Lebensmittel, Alkohol und Tabak kosteten um 3,2 Prozent mehr als im Dezember 2020. Industriegüter (ohne Energie) verteuerten sich um 2,9 Prozent, Dienstleistungen um 2,4 Prozent. Stärkster Preistreiber war Energie.[1]
Die steigenden Strom- und Energiekosten stellen sowohl für Privathaushalte als auch für Unternehmen eine enorme Herausforderung dar. Wie die Kronen Zeitung berichtete, haben heuer bereits 43 Energieanbieter den Strompreis angehoben. Die Bandbreite liegt zwischen plus sechs und plus 243 Prozent. Umgerechnet auf einen Durchschnittshaushalt, bedeutet dies Mehrkosten von jährlich bis zu 886 Euro. Eine Beruhigung der Märkte sei in nächster Zeit nicht in Sicht.[2]
Aufgrund der grünen Inflation durch die sogenannte „ökosoziale“ Steuerreform werden Mitte des Jahres die Preise für Diesel und Benzin, Heizkosten und Energiekosten noch einmal deutlich steigen. Auch die jüngste Gesetzesänderung zum „Erneuerbaren Ausbaugesetz“, könnte dazu führen, dass die Preise für Endverbraucher weiter erhöht werden.
Das „Erneuerbaren Ausbaugesetz“ (EAG), wurde bereits 2021 beschlossen und sollte als „grünes Prestigeprojekt“ Basis für die Energiewende sein. Nun wurden in der Nationalratssitzung im Jänner 2022 letzte Anpassungen des Gesetzes in Form eines Abänderungsantrages vorgenommen, die für Stromkunden folgenreich sein und große Auswirkungen auf die Energiepreise haben könnten. Laut dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) ist eine „massive Schlechterstellung“ für Kunden beschlossen worden. Im § 80 des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes wurde eine Barriere gegen Preiserhöhungen in bestehenden Verträgen abgebaut, die beispielsweise Fixpreise für Kilowattstunden vorsehen. Energieanbieter haben nun, so der VKI, ‚freie Hand für Preiserhöhungen‘. Entsprechend dem Gesetzeswortlaut käme es nun nur noch darauf an, dass diese ‚angemessen‘ sind – was jedoch nicht näher definiert wird. Damit bleibe auch nach Inkrafttreten der Novelle unklar, wann eine Preiserhöhung zulässig sei. „Stromversorger, die unter den Preiserhöhungen leiden, hätten damit eine bisher rechtlich nicht vorgesehene Möglichkeit, ihre Mehrkosten auf ihre Kunden abzuwälzen.“ [3][4]
Im Abänderungsantrag (AA-217) finden sich folgende Ergänzungen zum §80:[5]
3. § 80 Abs. 2 lautet:
„(2) Änderungen der Geschäftsbedingungen und der vertraglich vereinbarten Entgelte sind dem Kunden schriftlich in einem persönlich an ihn gerichteten Schreiben oder auf dessen Wunsch elektronisch mitzuteilen. In diesem Schreiben sind die Änderungen der Allgemeinen Bedingungen nachvollziehbar wiederzugeben. Gleichzeitig ist der Kunde darauf hinzuweisen, dass er berechtigt ist, die Kündigung des Vertrags binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens kostenlos und ungeachtet allfälliger vertraglicher Bindungen zu erklären."
4. Nach § 80 Abs. 2 werden folgende Abs. 2a und 2b eingefügt:
„(2a) Änderungen der vertraglich vereinbarten Entgelte von Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG und Kleinunternehmern mit unbefristeten Verträgen müssen in einem angemessenen Verhältnis zum für die Änderung maßgebenden Umstand stehen. Bei Änderung oder Wegfall des Umstands für eine Entgelterhöhung hat eine entsprechende Entgeltsenkung zu erfolgen. Verbraucher und Kleinunternehmer müssen über Anlass, Voraussetzung, Umfang und erstmalige Wirksamkeit der Entgeltänderungen auf transparente und verständliche Weise mindestens ein Monat vor erstmaliger Wirksamkeit der Änderungen schriftlich in einem persönlich an sie gerichteten Informationsschreiben oder auf ihren Wunsch elektronisch informiert werden. Gleichzeitig sind Verbraucher und Kleinunternehmer darauf hinzuweisen, dass sie berechtigt sind, die Kündigung des Vertrags binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens kostenlos und ungeachtet allfälliger vertraglicher Bindungen zu erklären. Versorger haben dabei von der Regulierungsbehörde zur Verfügung gestellte Musterformulierungen zu verwenden.
(2b) Im Falle einer Kündigung gemäß Abs. 2 oder 2a endet das Vertragsverhältnis zu den bisherigen Vertragsbedingungen bzw. Entgelten mit dem nach einer Frist von drei Monaten folgenden Monatsletzten ab Wirksamkeit der Änderungen, sofern der Kunde bzw. Verbraucher oder Kleinunternehmer nicht zu einem früheren Zeitpunkt einen neuen Lieferanten (Versorger) namhaft macht und von diesem beliefert wird. Der Versorger hat Verbraucher in einem gesonderten Schreiben über das Recht der Inanspruchnahme der Grundversorgung gemäß § 77 transparent und verständlich aufzuklären, wobei in diesem auch die Kontaktdaten der Anlauf- und Beratungsstellen gemäß § 82 Abs. 7 sowie der Schlichtungsstelle der Regulierungsbehörde anzuführen sind. Für das Schreiben sind von der Regulierungsbehörde zur Verfügung gestellte Musterformulierungen zu verwenden."
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie folgende
ANFRAGE
1. Was war die konkrete Zielsetzung der zuletzt erfolgten Änderung des § 80 Elektrizitätswirtschaftsgesetz?
2. Warum bezieht sich § 80 Abs. 2a ausschließlich auf unbefristete Verträge?
3. Was ist unter einem „angemessenen Verhältnis“ zu verstehen?
4. Haben Stromanbieter nun die Möglichkeit Verträge ohne Fixpreise für Kilowattstunden zu vereinbaren?
a. Wenn ja, warum?
b. Wenn nein, warum nicht?
5. Unter welchen Bedingungen ist eine Preiserhöhung seitens des Stromanbieters gesetzlich möglich und wann nicht?
6. Wurde mit dem Abänderungsantrag eine Barriere gegen Preiserhöhungen in bestehenden Verträgen abgebaut?
a. Wenn ja, warum und was ist das Ziel der Gesetzesänderung?
b. Wenn ja, wie sind diese Änderungen in Anbetracht der derzeitigen, hohen Inflation, massiver Teuerungsraten und Belastungen für den Endverbraucher zu rechtfertigen?
c. Wenn nein, warum nicht?
7. Haben Energieversorger mit dieser Änderung des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes nun die Möglichkeit ihre Mehrkosten auf den Endverbraucher „abzuwälzen“?
a. Wenn ja, in welchem Ausmaß?
b. Wenn nein, warum nicht?
8. Hat es Interventionen zur vorgenommenen Gesetzesänderung gegeben?
a. Wenn ja, welche, von wem und warum wurde die Gesetzesänderung dann trotzdem vorgenommen?
9. Wie bewerten Sie diese Gesetzesänderung in Anbetracht der derzeitigen Inflationsrate und der stetig steigenden Energiepreise?
10. Sind Ihrerseits Schritte geplant, um einem weiteren Ansteigen der Stromkosten entgegenzuwirken?
a. Wenn ja, wann und welche?
b. Wenn nein, warum nicht?
11. Sind Ihrerseits Maßnahmen geplant, um die Stromkosten für den Endverbraucher zu senken?
a. Wenn ja, wann und welche?
b. Wenn nein, warum nicht?
12. Sind Ihrerseits Maßnahmen geplant, um den Endverbraucher in Bezug auf die stetig steigenden Fixkosten, wie Miete, Energie und Heizen, zu entlasten?
a. Wenn ja, wann und welche?
b. Wenn nein, warum nicht?
13. Wie bewerten Sie die „ökosoziale“ Steuerreform und die dadurch zu erwartenden Preisanstiege Mitte des Jahres 2022?
14. Sind Ihrerseits Maßnahmen geplant, um die von Experten erwarteten negativen finanziellen Auswirkungen der „ökosozialen“ Steuerreform abzufedern?
a. Wenn ja, wann und welche?
b. Wenn nein, warum nicht?
[1] https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/international/2133534-lnflation-im-Euroraum-steigt-auf-Rekordhoch-von-5-Prozent.html
[3] https://krone.at/2624236
[4] https://krone.at/2606294
[5] https://krone.at/2628989