9931/J XXVII. GP
Eingelangt am 24.02.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Mag.a Selma Yildirim, Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Arbeit
betreffend Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie
Die „Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ („EU-Whistleblower-Richtlinie‘- kurz „EUWR“)[1], hätten in Österreich bis zum 17.12.2021 umgesetzt werden müssen.
Die Bundesregierung, im speziellen das Justiz- oder Arbeitsministerium, haben allerdings keinen Vorschlag vorgelegt. Die EU-Kommission hat daher gegen Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass Österreich vom Europäischen Gerichtshof verurteilt könnte.
Die Initiative der EU geht auf Skandale wie dem Facebook-Datenleck oder den Panama-Papers zurück, die erst durch Whistleblower an die Öffentlichkeit gekommen sind. Es sollte ein einheitlicher Schutz von Hinweisgebern umgesetzt werden. Auch in Österreich gab es in der Vergangenheit gehäuft Vorfälle betreffend Korruption, die eine gesetzliche Regelung für Hinweisgeber mehr als notwendig erscheinen lässt.
„Österreich hat es trotz öffentlichen Beteuerungen von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern verpasst, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Knapp zwei Monate nach der Deadline wurde weder ein Entwurf präsentiert noch der Begutachtungsprozess gestartet. Das ist ein Armutszeugnis und ein Paradebeispiel, weshalb Österreich im Corruption Perceptions Index mit immer schlechteren Ergebnissen konfrontiert ist. Dies wirkt sich auch auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes aus“, kritisiert Eva Geiblinger, Vorstandsvorsitzende von Transparency International-Austria.[2]
Im internationalen Korruptionsranking hat Österreich 2021 weiter Punkte verloren und erreichte damit heuer das schlechteste Ergebnis seit dem Jahr 2014. Umso unverständlicher ist es, dass Österreich noch immer keinen Vorschlag zur Umsetzung der Richtlinie vorgelegt hat.
Die EU-Richtlinie sieht u.a. vor, dass Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeiter*innen eine Stelle für Meldungen von Hinweisgeber einrichten müssen. Diesen soll es aber freigestellt bleiben, ob sie sich lieber an eine andere Stelle wenden möchten. Die EU regt zudem eine Ausweitung des Anwendungsbereiches an.[3]
Maßnahmen zum Schutz von Hinweisgebern bestehen in Österreich seit dem Jahr 2013. Der Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU 2021 vermeldet, dass dieses „Whistleblower-Tool“ zunehmend genutzt wird. Betrieben wird es von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. „Daten vom 31. Dezember 2020 zeigen, dass im System mehr als 10 945 potenzielle Straftaten gemeldet wurden. Es wurde nur ein sehr geringer Anteil ohne Begründung gemeldet (unter 5 %).“[4]
Die Stadt Wien hat vor einem Jahr ein anonymes Meldesystem für Hinweisgerber*innen eingerichtet. Seither sind 197 Meldungen eingelangt.[5]
Die unterzeichneten Abgeordneten richten an den Bundesminister für Arbeit nachstehende:
Anfrage
1. Wann wird die Bundesregierung dem Nationalrat endlich eine Regierungsvorlage bzgl. EU-Whistleblowing-Richtlinie vorlegen, um weiteren Schaden von der Republik Österreich abzuwenden?
2. Warum wurde bisher kein Entwurf vorgelegt?
3. Wurden seitens Ihres Ressorts bereits Vorarbeiten geleistet?
a) Wenn nein, warum nicht?
b) Wenn ja, welcher Art?
4. Wann rechnen Sie mit dem Beginn der Begutachtungsfrist?
5. Wann rechnen Sie mit einem Beschluss des Nationalrates?
6. Wie wollen Sie in der Zwischenzeit weiteren Schaden von Österreich abwenden?
7. An welchen anderen Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung arbeitet Ihr Ressort aktuell?
8. Welchen Beitrag werden Sie seitens Ihres Ressorts leisten, damit Österreich künftig im Korruptionsranking wieder besser abschneidet?
[1] Vgl.: Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (europa.eu)
[2] Vgl.: Whistleblowing – EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich! | Transparency International - Austrian Chapter (ti-austria.at)
[3] Vgl.: Österreich säumig bei Schutz von Whistleblowern - news.ORF.at
[4] Vgl.: Rechtsstaatlichkeitsbericht der EU 2021, Länderkapitel Österreich, S. 14; 2021 Rule of law report - Communication and country chapters | European Commission (europa.eu)
[5] Vgl.: 197 Meldungen bei Wiens Whistleblower-Plattform | kurier.at