9936/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.02.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Max Lercher,

Genossinnen und Genossen

an den ßundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend „Vertragskündigungen durch Energieanbieter"

Momentan kommt es zu Massenkündigungen von VerbraucherInnen durch Stromanbieter. Den KundInnen werden Schreiben mit kräftigen Preiserhöhungen geschickt, welchen zugestimmt werden muss. Wenn nicht, wird nach Ablauf von acht Wochen der Vertrag gekündigt. Oftmals passiert dies trotz bestehender Preisgarantien von einem Jahr und mehr. Auch auf das Element einer Erklärungsfiktion wird im Zusammenhang mit einer fehlenden Reaktion der KonsumentInnen zurückgegriffen.[1]

Durch dieses Vorgehen wird die bestehende Energie-Grundversorgung der KonsumentInnen gemäß §1 Abs. 1 Z 2 KSchG ausgehebelt. Aber nicht nur Privathaushalte sind betroffen, auch viele Betriebe gehören zu den Leidtragenden der Preissteigerungen.

Die Gesetzeskonformität dieses Vorgehens ist mehr als nur fragwürdig. Die KundInnen sind gezwungen einen neuen (teureren) Lieferanten zu suchen, da sonst die Abschaltung der Stromversorgung droht. Auch wenn die (zumeist überraschende) Kündigung nur übersehen wird, droht eine kalte und finstere Wohnung da, wenn kein Liefervertrag besteht, der Strom oder das Gas einfach abgedreht werden. Das eigentliche, gesetzlich vorgesehene mehrstufige Mahnverfahren greift hier nicht. Jene KonsumentInnen, welche von ihrem Lieferanten gekündigt werden, sind somit noch schlechter gestellt als säumige ZahlerInnen.[2]

Auf Nachfrage wird den KonsumentInnen dann mitgeteilt, dass diese Vorgehensweise aufgrund der momentanen Energiepreise notwendig geworden ist. Der steile Anstieg der Strom- und Gaspreise im europäischen Großhandel ist tatsächlich enorm. Eine Megawattstunde Elektrizität kostet aktuell mehr als 200C. Das ist drei Mal so viel wie noch zu Jahresbeginn.[3]

Dies bringt immer mehr Lieferanten in Schwierigkeiten. Vor allem die Billiganbieter und regionale Kleinanbieter können nicht mehr mithalten, denn für diese Preissteigerungen auf dem Großhandelsmarkt haben nur die wenigsten Vorkehrungen getroffen. Manche Anbieter ziehen sich gar ganz aus dem Markt zurück und hinterlassen rat- und hilflose KundInnen, denen dann erst die Energie-Regulierungsbehörde per Los einen neuen Versorger zuteilen muss. Aber selbst etablierte Energieversorger haben eine Erhöhung der Stromkosten angekündigt. Die prozentuellen Verteuerungen werden in den meisten Fällen knapp zweistellig ausfallen,[4]in besonders dramatischen Fällen sind sogar Steigerungen um 243 % (!)[5] zu verzeichnen.

Es gilt dringend Verbesserungen und Rechtssicherheit für alle StromabnehmerInnen herzustellen. Die Versorgung mit Energie gehört zu den menschlichen Grundbedürfnissen und muss auch dementsprechend sicher (mit staatlicher Unterstützung) zur Verfügung gestellt werden. Die

Regierung ist daher dringend gefordert, aktiv zu werden und der Bevölkerung die wesentliche

Grundversorgung mit Energie zu gewähren.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage

1)      Sind von Ihnen und Ihrem Ministerium im Allgemeinen, Maßnahmen geplant, um diesem bürgerfeindlichen Verhalten der Stromlieferanten entgegenzuwirken?

a)    Wenn ja, welche und wie werden diese umgesetzt?

b)   Wenn nein, warum nicht?

2)      Werden die steigenden Kosten für Energie insgesamt, von Ihrem Ministerium als Problem für die KonsumentInnen in Österreich gesehen?

a)    Wenn ja, was wird vonseiten Ihres Ministeriums dagegen unternommen?

b)    Wenn nein, warum nicht und wie wird dies argumentiert?

3)      Welche Maßnahmen würden aus Sicht Ihres Ressorts die Rechte der KonsumentInnen im Rahmen von Kündigungen stärken?

a)

4)      Werden Sie sich für eine Verbesserung der rechtlichen Stellung der VerbraucherInnen bezüglich vertraglich garantierter Preisgarantien einsetzen?

a)    Wenn ja, wie?

b)    Wenn nein, warum nicht?

5)      Werden Sie sich für eine Verbesserung der rechtlichen Stellung der VerbraucherInnen im Allgemeinen einsetzen?

a)    Wenn ja, wie?

b)    Wenn nein, warum nicht?

6)      Soll Ihrer Meinung nach der Zugang zu Energie als soziales Grundrecht in der österreichischen Gesetzgebung verankert werden?

a)    Sind Sie zu diesem Thema im Austausch mit Energieministerin Gewessler?

7)      Wie stehen Sie zu einem kostenfreien Grundkontingent an Elektrizität („Energiegrundversorgung") für alle österreichischen Haushalte?

8)      Haben Sie vor die bereits vorhandene Schlichtungsstelle, welche nach dem „Alternative­Streitbeilegung- Gesetz" geregelt ist, weiter zu stärken?

a)    Wenn ja, wie?

b)    Wenn nein, warum nicht?

9)      Wie stehen Sie zu einer verpflichtenden Verwendung von leichter/ einfacher Sprache auf Verträgen und Rechnungen von Energieanbietern (Vertragsbedingungen und Kosten müssen leicht verständlich und transparent sein)?

10)   Wie stehen Sie zu einem Heizkostenzuschuss oder einer Energiesteuersenkung für finanziell schwächere Haushalte?

11)   Gibt es in Ihrem Ressort Überlegungen für einen bundesweiten Heizkostenzuschuss (in Ergänzung zu den Maßnahmen der Länder)?

12)   In Anbetracht der immer weiter steigenden Energiepreise: Was kann vonseiten Ihres Ministeriums unternommen werden, damit den Menschen in Österreich auch zukünftig noch leistbare Energie zur Verfügung steht?

13)   Wird Ihr Ministerium gegen versteckte Gebühren beim Versorgerwechsel vorgehen?

a.       Wenn ja, wie?

b.       Wenn nein, warum nicht?

14)   Koordiniert sich eine Stelle in Ihrem Ministerium auch mit den anderen Ressorts der Bundesregierung, welche mit den Thematiken der Energieversorgung konfrontiert sind?

a)     Wenn ja, mit welchen anderen Ressorts und Sektionen?

b)    Wenn nein, warum nicht?

15)   Wie soll in Zukunft eine verbraucherfreundliche, finanzierbare Versorgung österreichischer Haushalte mit Energie sichergestellt werden?

16)   Waren Sie in die Erstellung der Maßnahmen für den sogenannten „Energiegipfel" der Bundesregierung vom 28.1.2022 eingebunden?

a)    Wenn ja, was war der Beitrag Ihres Ministeriums?

b)    Wenn nein, auf eigenen Wunsch?

17)   Sind sie in die Abwicklung des sogenannten „Energiekostenausgleichs" (in Höhe von 150 Euro) eingebunden?

a)    Wenn ja, was war der Beitrag Ihres Ministeriums?

b)    Wenn nein, warum nicht?

18)   Zuerst sollte der „Energiekostenausgleich" - wie auch immer - über die Energieversorger abgewickelt werden, dann ventilierte der Bundeskanzler die Idee, allen BürgerInnen einen Gutschein zu senden, den aber nicht alle EmpfängerInnen einlösen dürfen, welche Lösung wäre aus Sicht Ihres Ministeriums praktikabel und rasch umsetzbar?



[1] Massenkündigung bei Stromanbietern: Was Betroffene tun können - help.ORF.at

[2] Verträge werden trotz Preisgarantie gekündigt: AK hilft Konsumenten gegen dreiste Praktiken von Energielieferanten I Arbeiterkammer Oberösterreich, 04.11.2021 (ots.at)

[3] Preise erhöhen klingt leichter, als es ist I DiePresse.com

[4] Fehlkalkulation treibt Strom- und Gaslieferanten in die Flucht - Unternehmen - derStandard.at > Wirtschaft

[5] https://www.e-control.at/de/konsumenten/aktuelle-preisaenderungen