9947/J XXVII. GP

Eingelangt am 24.02.2022
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Anfrage

 

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend Steuermehreinnahmen in Folge von Inflationshoch

 

 

In einem Interview mit der Kärntner Woche (vom 2. Februar 2022) erklärte Finanzminister Magnus Brunner, dass das Thema Inflation „große Sorgen“ bereite, und die maßgeblichen Inflationstreiber in Österreich im Energiebereich zu finden seien. Laut Brunner könne die Inflation nicht in Österreich geregelt werden, sondern würde hauptsächlich von der „geopolitischen Situation“ abhängen.[1] Öl, Gas und andere Waren aus dem Ausland haben somit zu einer Verteuerung beigetragen und zu einer importierten Inflation geführt. Die Teuerungen seit Jahresbeginn 2022 haben mittlerweile den höchsten Wert seit 1984 erreicht und sollen Schätzungen der Statistik Austria zufolge allein für Jänner 2022 einen Inflationsanstieg von 5,1 Prozent mit sich gebracht haben.[2]

 

Eindeutige Verlierer des Inflationshochs sind Bezieher von Niedrig- und Kleineinkommen, für die die ständigen Verteuerungen eine finanzielle Last mit sich bringen, die sie kaum bewältigen können. Kommt zusätzlich die kalte Progression zu tragen, ist die wirtschaftliche Existenzgrundlage vieler Österreicherinnen und Österreicher bedroht. Aufgrund der vorherrschenden kalten Progression werden zwar Löhne an die Inflation angepasst, die Steuertarife jedoch nicht, sodass Inflationssteigerungen unweigerlich auch zu einer steuerlichen Mehrbelastung jedes Einzelnen führen können. Einziger Profiteur in dieser schwierigen Situation dürfte – mit Blick auf Deutschland – der Staat an sich sein. Allein für Juli 2021 wurde in Deutschland ein Zuwachs bei Steuereinnahmen von Bund und Ländern von 6,67 Milliarden Euro (+12,5%) gemeldet, während die Inflationsrate im selben Monat mit 3,8 Prozent so hoch wie nie seit 1993 lag. Die größten Preistreiber laut Statistischem Bundesamt waren in den Bereichen Heizöl, Kraftstoffe, Gemüse und Haushaltsenergie angesiedelt.[3] Mit Ende Jänner 2022 wurde das Mehr an Steuereinnahmen für Deutschland mit 11,5% im Vergleich von 2021 zu 2020 angegeben. Sogar ein leichter Anstieg der Steuereinnahmen im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 konnte verzeichnet werden. Gleichzeitig zog auch in Deutschland die Inflation stark an. Es ist anzunehmen, dass sich die Situation in Österreich nicht viel anders präsentiert. Die Inflation stellt ein äußerst lukratives Geschäft für den Staat dar: Ein Prozentpunk Inflation bedeutet rund 250 Millionen Euro Plus für die Staatskasse.[4] Der Staat besteuert durch das Werkzeug der Kalten Progression zusätzlich die Inflation, womit die Inflation mit einer heimlichen Steuererhöhung einhergeht („Inflationssteuer“), die allein in den Jahren 2016 bis 2019 2,1 Milliarden Euro zusätzliches Steuergeld in die Staatskassen gespült hat.[5] Bedenkt man, dass es Mehrwert-, Lohnsteuer und Energiesteuern sind, die einen Großteil der staatlichen Steuereinnahmen darstellen, ist nachvollziehbar, dass der energiepreisgetriebene Anstieg der Inflation in Kombination mit einer „inoffiziellen“ Inflationssteuer – in Folge der kalten Progression – nicht zum Nachteil des Staatsbudgets sein kann.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

 

Anfrage

 

 

1.    Wo liegen die Gründe für den im Vergleich zum Bundesvoranschlag 2021 höheren Abgabenerfolg des Bundes im Jahr 2021?

2.    Rechnen Sie für 2022 gegenüber den im Bundesvoranschlag angenommenen Einnahmen mit einem Steuereinnahmenplus?

a.    Wenn ja, aus welchen Gründen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.    Gab es zum Zeitpunkt der Budgeterstellung Hinweise auf Preissteigerungen und Inflation?

a.    Wenn ja, inwiefern und wurden diese in irgendeiner Form berücksichtigt?

b.    Wenn nein, auf welche Prognosen stützte sich das Budget?

4.    War aufgrund diverser Corona-Maßnahmen (bspw. zwischenzeitliche Senkung diverser Mehrwertsteuersätze) mit einer Veränderung der Inflation zu rechnen?

a.    Wenn ja, inwiefern und wie wurde darauf reagiert?

b.    Wenn nein, warum nicht?

5.    In welchem Ausmaß wirken sich die massiv steigende Inflation und Preissteigerungen generell auf die Steuereinnahmen aus?

6.    Mit welchen inflationsbedingten Steuermehreinnahmen ist zu rechnen?

7.    Gib es von Seiten des Finanzministeriums eine Erklärung für die massiv steigende Inflation?

a.    Wenn ja, welche?

b.    Wenn nein, warum nicht?

8.    Liegen dem BMF Prognosen vor, wie sich die Inflation weiterentwickeln wird?

a.    Wenn ja, bitte um Übermittlung dieser?

b.    Wenn nein, warum nicht?

9.    Inwiefern werden bei der weiteren Finanz- bzw. Budgetgebarung aktuelle Inflationsprognosen berücksichtigt?

10. Mit welchen Auswirkungen ist aufgrund der steigenden Inflation auf das Budget zu rechnen?

11. In welchen Bereichen bzw. Produktgruppen ist mit Mehreinnahmen infolge des Inflationshochs zu rechnen?

12. Wie hoch schätzen Sie das steuerliche Plus pro steigendem Inflationsprozentpunkt?

13. Wie hoch waren die Steuereinnahmen von 2016 – 2021 infolge der kalten Progression („Inflationssteuer“)?

14. Ließe sich die inflationsbedingte Belastung der Österreicherinnen und Österreich unabhängig der erwähnten „geopolitischen Situation“ durch entsprechende Anpassungen im Steuersystem (bspw. Abschaffung der kalten Progression) reduzieren?

a.    Wenn ja, werden solche oder ähnliche Modelle angedacht?           

b.    Wenn nein, warum nicht?

15. Welche Modelle/Möglichkeiten gäbe es für entsprechende Anpassungen im Steuersystem, um einen weiteren Inflationsanstieg zu verhindern?

16. Welche Möglichkeiten wird das BMF nutzen, um die Preissteigerungen zu stoppen und einen weiteren Inflationsanstieg zu verhindern?

 



[1] Woche Kärnten (2022): „Die Inflation macht uns große Sorgen“, Interview mit Magnus Brunner, Ausgabe vom 2. Februar 2022.

[2] Vgl. APA-Meldung (2022): Teuerung steigt zu Jahresbeginn auf höchsten Wert seit 1984, URL: https://www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/teuerung-steigt-zu-jahresbeginn-auf-hoechsten-wert-seit-1984-116431321, Download vom 3.2.2022.

[3] Vgl. FAZ (2021): Steuereinnahmen steigen um fast sieben Milliarden Euro, URL: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/steuereinnahmen-steigen-um-fast-sieben-milliarden-euro-17493336.html, Download vom 3.2.2022.

[4] Vgl. Schellhorn (2021): Wie der Staat unsere Einkommen plündert, URL: https://www.profil.at/meinung/wie-der-staat-unsere-einkommen-pluendert/401484757, Download vom 3.2.2022.

[5] Vgl. Agenda Austria (2019): Steuern auf die Inflation: Wie der Staat den Bürgern jedes Jahr ein bisschen mehr abknöpft, URL: https://www.agenda-austria.at/publikationen/do-it-now/steuer-auf-die-inflation-wie-der-staat-den-buergern-jedes-jahr-ein-bisschen-mehr-abknoepft/, Download vom 2.2.2022.