9981/J XXVII. GP
Eingelangt am 24.02.2022
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Petra Vorderwinkler,
Genossinnen und Genossen
an den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung betreffend „Neue §15a Vereinbarung zur Elementarpädagogik"
Frühkindliche Bildung ist der wichtigste Grundstein für das spätere Leben. Alle Kinder müssen zu Beginn ihrer Bildungslaufbahn die gleichen Chancen haben. Ein Jahr mehr Bildung bedeutet im Schnitt im späteren Leben um 9 % mehr Einkommen. Aber nicht nur das. Zusätzliche positive Effekte ergeben sich aus der verbesserten Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Eltern, vor allem Frauen. Eine Unterdotierung ist hier daher wohl besonders kurzsichtig und auch nachteilig für ganz Österreich.
Ziel muss es daher sein, dass Österreich in diesem wichtigen Zukunftsbereich jährlich zumindest eine Milliarde Euro zusätzlich investiert. Diese Milliarde mehr ist gut angelegtes Geld, denn jeder Euro, der in frühkindliche Bildung investiert wird, kommt laut Erhebungen 8-fach zurück. Gerade im internationalen Vergleich besteht hier noch Aufholbedarf. Es braucht dringend den Ausbau der elementarpädagogischen Einrichtungen in ganz Österreich, ganztägig, kostenlos und qualitätsvoll, denn nur so ist eine umfassende Bildung, Begleitung und Förderung umsetzbar und kann Chancengerechtigkeit für alle Kinder bestmöglich gesichert werden. Gelingen kann das nur in einer gemeinsamen Anstrengung von Bund, Ländern und Gemeinden.
Da das elementare Bildungswesen in Österreich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung Sache der Länder ist und ein einheitliches Bundesrahmengesetz wohl noch immer in weiter Ferne liegt, wurde eine Vereinbarung gem. Art. 15a B-VG [1] zwischen dem Bund und den Ländern beschlossen, damit der Bund Investitionen, die an bestimmte Bedingungen für die Länder geknüpft sind, tätigt.
Die derzeit geltende Vereinbarung von September 2018 sieht vor, dass die Gemeinden als Erhalter von Kindergärten und elementarpädagogischen Einrichtungen, von Bund und Ländern mit 180 Millionen Euro jährlich unterstützt werden (142 Millionen vom Bund, 38 von den Ländern). Mit diesen grundlegenden Punkten ist eine Investitionsrichtung für die Länder vorgegeben. Gemäß Artikel 25 tritt die Vereinbarung nach positiver Entscheidung über die vorzulegenden Berichte für das Kindergartenjahr 2021/22 außer Kraft. Für das nächste Kindergartenjahr 2022/23 gibt es aber noch kein neues Übereinkommen.
Aktuell müsste somit eine neue Vereinbarung zwischen Bund und Ländern verhandelt werden, um ein Auslaufen der Förderung von Investitionen im Bildungsbereich mit Herbst zu verhindern. Im Oktober 2021 hat der Bund aber bestenfalls grobe Eckpunkte für die geplante neue Bund-Länder- Vereinbarung zur Elementarpädagogik bekannt gegeben. Einzelne Landeshauptleute melden sich derzeit vor allem mit finanziellen Forderungen an den Bund zu Wort. Es wäre jetzt aber nicht nur wichtig, die Verhandlungen mit Nachdruck zu führen und Erfahrungen aus der Praxis von Pädagogen und Pädagoginnen miteinfließen zu lassen, sondern auch das angekündigte deutliche Aufstocken der monetären Mittel für elementare Bildungseinrichtungen bei dieser Gelegenheit endlich umzusetzen.
Denn eines ist klar: Es ist mehr als nur an der Zeit, wesentliche Weichen in der Elementarpädagogik in Richtung Ausbau, mehr Qualität und Chancengerechtigkeit zu stellen.
Die Unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1) In welcher Höhe ist der tatsächliche Zweckzuschuss vonseiten des Bundes für die im Rahmen der zukünftigen §15a Vereinbarung abgedeckten Jahre vorgesehen?
2) Das zur Verfügung gestellte Budget konnte bekannterweise nicht zur Gänze verbraucht werden. Haben Sie nach wie vor keine Übersicht, wie viel der veranschlagten Fördersumme (18o Millionen Euro) tatsächlich in den Jahren 2018-2022 von den einzelnen Bundesländern abgerufen wurde?
a) Wenn ja, wie wird dieser Mangel von Ihrem Ministerium behoben?
b) Wenn nein, wo sind diese Förderbeträge einsehbar?
3) Sind dem BMBWF die Gründe für oben Genanntes bekannt und wenn ja, wie werden diese bei der Neuverhandlung der §15a Vereinbarung mitbedacht?
4) Auf welcher Grundlage wird die neue §15a Vereinbarung verhandelt, wenn nicht genau bekannt ist, wie die Mittel der alten Vereinbarung tatsächlich investiert wurden?
5) Haben Sie eine Übersicht, inwiefern die Zielzustände des Artikel 15 der §15a Vereinbarung erreicht werden konnten?
a) Wenn ja, wie sieht diese aus?
b) Wenn nein, wie gedenken Sie in diesem Fall die Zielerreichung sicherzustellen?
6) Wie weit sind die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern über eine neue §15a Vereinbarung fortgeschritten?
7) Wie sieht das genaue Prozedere bis zum Beschluss einer neuen §15a Vereinbarung aus?
a) Wie ist der Verhandlungsablauf bzw. der Zeitplan hierfür?
b) Wie viele Verhandlungsrunden finden statt? Oder haben diese bereits stattgefunden?
c) Welche Personen/ Verhandlungsteams nehmen an diesen Verhandlungen genau teil und wie wurden sie ausgewählt?
d) Wie sieht die genaue Art der Zusammenarbeit mit dem Familienministerium aus?
8) Wird aufgrund der bis jetzt noch nicht präsentierten neuen §15a Vereinbarung vom BMBWF auch in Betracht gezogen, die aktuelle Vereinbarung nur zu verlängern, anstatt sie sinnvollerweise zu überarbeiten?
9) Warum ist bis jetzt noch nicht allen Bundesländern ein konkreter Entwurf für die neue §15a Vereinbarung vorgelegt worden?
10) Gibt es konkrete Zielsetzungen und Positionen von Ihrem Ministerium für die Verhandlungen?
a) Wenn ja, wie schauen sie aus?
b) Wenn nein, warum nicht?
11) Werden Sie sich für bessere und langfristige Planungssicherheit für die Gemeinden einsetzen?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort dazu?
b) Wenn nein, warum nicht?
12) Werden Sie sich für ein Bundesrahmengesetz für die Elementarbildung einsetzen?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. wie schaut die Verhandlungsposition Ihres Ressorts hierzu aus?
b) Wenn nein, warum nicht?
13) Werden Sie sich für einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und Kinderbildung ab dem ersten Lebensjahr einsetzen?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort dazu?
c) Wenn nein, warum nicht?
14) Werden Sie sich für einheitliche Öffnungszeiten von Kinderbetreuungs- und Kinderbildungsstätten bzw. die generelle Einhaltung der VIF- Kriterien in diesen einsetzen?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort dazu?
b) Wenn nein, warum nicht?
15) Werden Sie sich für eine an die heutigen Bedürfnisse der Kinder angepasste Gruppengröße, mit dem passenden Betreuungsschlüssel (qualifiziertes Personal) einsetzen?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort dazu?
b) Wenn nein, warum nicht?
16) Werden Sie sich für eine Verbesserung der Aus-, Fort- und Weiterbildung im Bereich der Elementarpädagogik einsetzen?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort dazu?
b) Wenn nein, warum nicht?
17) Werden Sie sich für eine faire, höhere Entlohnung der MitarbeiterInnen im Bereich der Elementarpädagogik einsetzen?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort dazu?
b) Wenn nein, wie begründen Sie dies?
18) Planen Sie in Zukunft Vor- und Nachbereitungszeiten im elementarpädagogischen Bereich als Arbeitsleistung zu werten/ zu entlohnen?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort dazu?
b) Wenn nein, wie begründen Sie dies?
19) Planen Sie in Zukunft ein bundesweit einheitliches Konzept zur frühen Sprachförderung im elementarpädagogischen Bereich zu implementieren?
c) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort dazu?
d) Wenn nein, wie begründen Sie dies?
20) Werden Sie eine Verbesserung der Inklusion im elementarpädagogischen Bereich priorisieren?
a) Wenn ja, was ist hier konkret geplant bzw. welche Verhandlungsposition bezieht ihr Ressort vor allem im Hinblick auf höhere Betreuungsschlüssel, kleinere Gruppengrößen und eine allgemeine Verbesserung der Ausbildung in diesem wichtigen Bereich?
b) Wenn nein, wie begründen Sie dies?
21) Welche Kriterien für die Zuteilung von Ressourcen wurden von Ihrem Ministerium konkret erstellt?
22) Welche Kriterien für die Förderung- und Abrechnung wurden von Ihrem Ministerium konkret erstellt?
23) Sind die Vorschläge des Beirats für Elementarpädagogik öffentlich einsehbar?
a) Wenn nein, warum nicht?
b) Wenn ja, wo und wie lauten diese?
24) Die Aufteilung des Zuschusses ist unflexibel gestaltet. Wie soll zukünftig den differenzierten Herausforderungen im großstädtischen und im ländlichen Raum gerecht geworden werden?
25) Der Rechnungshof hat in seinem Bericht vom 28. Mai 2021 empfohlen, „zukünftige Zweckzuschüsse für die frühe sprachliche Förderung an die Bedingungen einer messbaren Qualitätssteigerung zu knüpfen." Wie möchte das BMBWF diese Empfehlung umsetzen?
26) Welche neuen, zukünftigen Zielzustände werden im Allgemeinen im Hinblick auf die Verbesserung der Situation im Bereich der Elementarpädagogik in Österreich von Ihrem Ministerium, im Vergleich zu jenen von 2018 gesetzt?
[1] RiS - Elementarpädagogik für die Kindergarteniahre 2018/19 bis 2021/22 - Bundesrecht konsolidiert. Fassung vom 15.02.2022 (bka.gv.at)