9987/J XXVII. GP
Eingelangt am 28.02.2022
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Anfrage
der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Mag. Gerald Loacker,
Kolleginnen
und Kollegen
an die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie,
Mobilität, Innovation
und Technologie
betreffend Abweichungen beim Ausbau des Zugsicherungssystems ETCS
Nach Jahren des überaus zähen Vorankommens kommt der Ausbau des Zugsicherungssystems ETCS bei der ÖBB wieder in Schwung. Heuer wird laut Verkehrsministerium Equipment des European Train Control System (ETCS) im Wert von rund 25 Millionen Euro angeschafft.
Das Zugsicherungssystem ETCS ermöglicht eine starke Vereinfachung der signaltechnischen Ausrüstung der Züge in den transeuropäischen Netzen (TEN) sowie einen einheitlich hohen Sicherheitsstandard der Infrastruktur. Österreich hat bezüglich ETCS einiges an Aufholbedarf, der dazugehörige Plan stammt aus dem Jahr 2017. Denn im Gegensatz zur Schweiz, in der Züge auf dem hochrangigen Schienennetz seit mehr als zehn Jahren mit ETCS-Level 2 unterwegs sind, ist die europäische Norm in Österreich nicht einmal auf der Weststrecke durchgängig implementiert. Überwiegens ist auf dieser Strecke noch das wohl kompatible ETCS-Level 1, teils fährt man aber noch mit Vorgängertechnologien wie dem Linienzugbeeinflussungssystem (LZB) oder, wie bei der Wiener Schnellbahn, gar mit PZB, bei der die Zugbeeinflussung an Punkten erfolgt (ohne Geschwindigkeitsprüfeinrichtung).
Bis 2026 werden laut dem Plan des für Infrastrukturfinanzierung verantwortlichen Ministeriums insgesamt 180 Millionen investiert. Davon wurden rund 100 Millionen beim aktuellen Förderaufruf der EU (CEF-T) eingereicht.
Mit der Materie befasste Insider kritisieren, dass unter Regie der zuständigen Sektionsleiterin Verkehr, Judith Engel, bis Weihnachten an "Abweichungen" gearbeitet wurde, die nun beim ETCS-Einbau eigene Genehmigungsverfahren (und damit Kosten) nach sich ziehen würden, wobei es sich dabei nicht um Technisches handelt. Die Interoperabilität sei gewährleistet. Umsetzen darf diese Spezifikationen der betrieblichen Vorschriften jedenfalls ebendiese Sektionsleiterin a. D.; sie wechselte zu Jahreswechsel wie berichtet in den Vorstand des Teilkonzerns ÖBB-Infrastruktur AG, konnte sich also im Ministerium genau die Rahmenbedingungen selbst schnitzen, die jetzt für sie als ÖBB-Infra-Vorstand gelten.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
Anfrage:
1. Wie stellen Sie sicher, dass es beim Ausbau des Zugsicherungssystems ETCS der ÖBB-Infrastruktur zu keinen Abweichungen von der europäischen Norm kommt?
2. Welche sachlichen Gründe sprechen für etwaige Abweichungen vom ETCS- Level 2, welches eine weiter verbreitete europäische Norm darstellt?
3. Können Sie ausschließen, dass die Abweichungen finanzielle Gründe haben?
4. Wie hoch sind die heuer geplanten ETCS-Investitionen der ÖBB und wie viel davon wird beim EU-RRF eingereicht bzw. geltend gemacht?
5. Wo wird ETCS eingebaut? Gibt es einen Ausbauplan zur sukzessiven Umrüstung der Sicherungstechnik? Werden bestimmte Eisenbahnlinien zeitlich priorisiert? Was ist das Endausbauziel?
6. Unternimmt das Verkehrsministerium Schritte, damit Stadt-, Lokal und Regionalbahnen in Österreich mit Light Rail Technologie (z.B. sogenannten Tram Trains) betrieben werden können?
a. Wurden bei der legistischen Umsetzung der EU-Vorgaben ausreichende Ausnahmetatbestände vorgesehen?
b. Besteht für Nebenbahnen eine Möglichkeit, eine Ausnahme ihrer Infrastruktur von den Vorgaben der Interoperabilität zu erwirken, auch wenn sie vernetzt sind und Fahrten aus dem und in das interoperable Netz möglich sind?
c. Gibt es konkrete Beispiele solcher Ausnahmen?
7. Hat die per Jahreswechsel in den Vorstand der ÖBB-Infrastruktur gewechselte Sektionsleiterin Judith Engel kurz vor ihrem Abgang die Regelungen für diese Abweichungen festgelegt?
a. Welche Festlegungen wurden in den vergangenen drei Jahren getroffen?
b. Wie werden diese begründet?
c. Warum gab es keine Cooling-off-Periode vor dem Wechsel zur Infrastrukturbetreiberin der ÖBB?
8. Aufgrund welcher Kriterien wurde die Nachfolgerin von Judith Engel ausgewählt?
9. Warum gibt es eine Sektion Verkehr und eine Sektion Mobilität?
a. Was ist der sachliche Unterschied?
b. Gemäß der am 26. Oktober veröffentlichten Geschäftseinteilung hat die Sektion Mobilität das Geld und die Sektion Verkehr macht die Vorschriften und die Überwachung. Was ist der Vorteil dieser ungewöhnlichen Teilung?
c. Was ist die sachliche Begründung dieser Teilung?
d. Wozu braucht es die Sektion Verkehr, wenn man beide Bereiche in der Sektion Mobilität bündeln könnte?