22/JPR XXVII. GP

Eingelangt am 26.11.2020
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

an den Präsidenten des Nationalrats

betreffend geheimer Medientermin des Nationalratspräsidenten während der Sondersitzung infolge des islamistischen Terroranschlags am 05. November 2020

Am 05. November 2020 fand eine Sondersitzung des Nationalrates in Folge des drei Tage zuvor stattgefundenen islamistischen Terroranschlags in Wien, bei dem vier Menschen getötet wurden, statt. Während die Abgeordneten ihrer Trauer und ihrem Entsetzen Ausdruck verliehen sowie unter anderem auch darüber debattierten, dass dieser Anschlag verhindert werden hätte können, luden Sie Medienberichten zufolge nach Übergabe des Vorsitzes ausgewählte Journalisten zu einem diskreten Termin in Ihr Büro. Der ehemalige Innenpolitikchef der Tageszeitung „Kurier“ schrieb dazu in einem Kommentar, der in Ausgabe 46/2020 des Wirtschaftsmagazins „trend“ erschienen ist unter anderem wie folgt:

„Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka eröffnet die außerordentliche Parlamentssitzung dem Anlass angemessen nicht mit der üblichen Routine, sondern mit einer Grundsatzerklärung: "Wir sind alle stärker als der Hass. Wir sind eine wehrhafte Demokratie", proklamiert der protokollarisch zweite Mann im Staate.

Ausgerechnet der Parlamentspräsident, von Amts wegen zu Überparteilichkeit und Ausgleich verpflichtet, fällt kurz danach aus der Rolle - nicht auf der Vorderbühne, sondern klammheimlich hinter den Kulissen. Er übergibt den Vorsitz und zieht sich zu einem dringenderen Termin zurück. Während im Plenarsaal die Debatte über die politischen Folgen des ersten IS-Terroranschlags in Österreichs wogt, begrüßt Wolfgang Sobotka in seinem Büro eine Handvoll Journalisten.

Der Termin ist vom Einlader als höchst vertraulich deklariert. Dass Sobotka weder direkt noch indirekt zitiert werden soll, versteht sich bei einem Hintergrundgespräch von selbst. Außergewöhnlich bleibt: Nicht einmal die Tatsache, dass dieses Gespräch stattgefunden habe, dürfe nach außen dringen, werden die Teilnehmer eingeschworen. Einziges Thema: Wolfgang Sobotka geißelt Ex-FPÖ-Innenminister Herbert KickI als "Zerstörer des BVT".

Der ungewöhnliche Termin hinterlässt nur auf den ersten Blick mehr Fragen als Antworten: Warum fühlt sich ausgerechnet der ehemalige ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka auch in seiner neuen Rolle als überparteilicher Nationalratspräsident bemüßigt, seinen Amtsnachfolger und Ex-Regierungspartner hinterrücks derart massiv anzupatzen?“

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Präsidenten des Nationalrates folgende

Anfrage

1.    Welche Personen wurden zu diesem Termin eingeladen?

a.    Nach welchen Kriterien erfolgte diese Auswahl?

b.    Welche Personen außer den Medienvertretern waren dabei noch anwesend?

c.     Sagten geladene Medienvertreter ihre Teilnahme ab?

d.    Wenn ja, welche und aus welchen Gründen jeweils?

e.  Welchen Zeitraum nahm die Abhaltung dieses Termins in Anspruch?

2.    In welcher Räumlichkeit des Parlaments fand dieses „Hintergrundgespräch“ statt?

a.    Wie viele Mitarbeiter waren mit der Vorbereitung desselben in welchem Stundenausmaß jeweils beschäftigt?

b.    Inwiefern wurde die Einhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen bei diesem Termin im Rahmen der Vorbereitungen sichergestellt?

3.    Welche Getränke und Speisen wurden im Zuge dieses Hintergrundgesprächs gereicht?

a.    Von wem wurden diese bereitgestellt?

b.    Auf welche Höhe beliefen sich die dafür aufgewendeten Kosten?

c.    Aus welchen Budgetposten wurden diese bedeckt?

d.    Wurde hinsichtlich des Auf- und Abtragens der Getränke bzw. Speisen auf Personal der Parlamentsdirektion zurückgegriffen?

e.  Wenn ja, in welchem personellen und zeitlichen Ausmaß?

f.      Falls nein, wurde dies durch andere Personen, beispielsweise Angestellte einer Catering-Firma, durchgeführt?

4.    Welche aus Ihrem Amt als Präsident des Nationalrates abgeleitete Veranlassung lag diesem Termin zugrunde?

a.    Welche Informationen kommunizierten Sie dabei den Anwesenden?

b.    Aus welcher Quelle bzw. welchen Quellen bezogen Sie diese Informationen?

c.     Können Sie ausschließen, dass Sie Informationen an Journalisten weitergegeben haben, die Sie auf dem Weg des Verrats von Amtsgeheimnissen erhalten haben?

d.    War Klubobmann Herbert Kickl Gegenstand Ihrer Kommunikation?

e.    Wenn ja, sehen Sie es als zu Ihrem Aufgabengebiet als der Überparteilichkeit verpflichteter Nationalratspräsident gehörig an, in geheimen Hintergrundgesprächen politische Kommunikation bezogen auf den Klubobmann einer Parlamentsfraktion zu führen?

f.      Falls ja, inwiefern?

g.    Wie wurde die Einhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen bei der Abhaltung dieses Termins gewährleistet?