31/JPR XXVII. GP

Eingelangt am 20.01.2021
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Anfrage

 

des Abgeordneten Christian Hafenecker, MA

und weiterer Abgeordneter

an den Präsidenten des Nationalrates

betreffend Zensur von Plenarreden österreichischer Abgeordneter zum Nationalrat durch Social-Media-Monopolisten

 

 

Seit längerem ist es für soziale Plattformen betreibende Medienkonzerne zur gängigen Praxis geworden, gesetzlich unbedenkliche Inhalte und Meinungen von Nutzern mit Warnhinweisen zu versehen oder gänzlich zu löschen und so willkürliche Zensur auszuüben. Neben unzähligen Bürgern sind mittlerweile auch bereits Parlamentarier von dieser inakzeptablen Einschränkung der Meinungs- und Redefreiheit betroffen, in dem auf diese Plattformen hochgeladene Debattenbeiträge aus Plenarsitzungen unter völlig absurden Begründungen zensiert werden. Jüngstes Beispiel hierfür ist die Löschung der Rede von Klubobmann Herbert Kickl aus der Sitzung des Nationalrates am 13. Jänner 2021, in welcher er den Umgang der Bundesregierung mit dem neuartigen Coronavirus kritisierte, durch Youtube, der auch eine Sperre des Kanals „Österreich zuerst“ folgte. Begründet wurde dies mit einem Verstoß gegen die „Richtlinie zu medizinischen Fehlinformationen über COVID-19“. Von solcher Zensur betroffen wurde in der jüngeren Vergangenheit auch ein Debattenbeitrag zur Thematik der sogenannten „Moria-Flüchtlinge" des Abgeordneten zum Nationalrat Michael Schnedlitz aus der Nationalratssitzung am 23. September 2020, Facebook löschte dieses Video mit der absurden Begründung, dass dessen Inhalte gegen die „Gemeinschaftsstandards gegen Hassrede" verstoßen würden. Einen von der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Dagmar Belakowitsch ebenfalls am 23. September 2020 veröffentlichten Redebeitrag auf Facebook, den sie im Zuge der an diesem Tag stattgefundenen Plenarsitzung gehalten hatte und in welchem sie vor einem Angriff auf die Grund- und Freiheitsrechte durch die Anti-Corona-Politik der Bundesregierung warnte, versah der Betreiber mit folgendem Warnhinweis: „Dieses Video zeigt möglicherweise Gewaltdarstellungen oder explizite Inhalte. Wir haben dieses Video verdeckt. Du kannst selbst entscheiden, ob du es ansehen möchtest."

Dass parlamentarische Reden von demokratisch gewählten Volksvertretern der Zensurwillkür der Betreiber sozialer Medien unterworfen werden, ist zutiefst verabscheuungswürdig und mit den Grundprinzipien unserer Verfassung, auf welcher unsere Demokratie fußt, auf keine Weise vereinbar. Daher kann auch ein Verweis auf die Nutzungsbedingungen dieser sozialen Plattformen, deren Betreiber de facto eine Monopolstellung einnehmen, nicht als Argumentation zugelassen werden, wie dies der Präsident des Nationalrates in der Beantwortung (16/ABPR) einer vorhergegangenen Anfrage (16/JPR) zur Thematik ausgeführt hat: „Da die ausdrückliche Akzeptanz der Nutzungsbedingungen von Social-Media-Plattformen Voraussetzung für die Nutzung ist, gehe ich davon aus, dass alle Abgeordneten über diese Nutzungsbedingungen in Kenntnis sind. Vom Präsidenten des Nationalrats eine Änderung solcher Bedingungen zu verlangen, ist für mich nicht nachvollziehbar.“  

Die Meinungs- und Redefreiheit sind Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung, müssen jedem Bürger und den von diesem gewählten Abgeordneten in jeder Hinsicht und zu jedem Zeitpunkt garantiert werden und dürfen nicht durch volatile Nutzungsbedingungen internationaler Konzerne unterworfen werden. Immerhin bedeutet eine derartig willkürliche Zensur auch einen Eingriff in die österreichische Innenpolitik und in den Parlamentarismus, welcher nicht weiterhin zugelassen werden darf. Wie am 15. Jänner 2021 bekannt wurde, plant Polen nun ein Gesetz, mit welchem derartige Zensur von Inhalten, welche nicht gegen geltende Rechtsvorschriften, durch Social-Media-Betreiber verboten werden.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Präsidenten des Nationalrates folgende

 

Anfrage

 

1.    Aus welchen Gründen halten Sie es als Präsident des österreichischen Nationalrats für berechtigt, dass soziale Plattformen betreibende internationale Konzerne mit Monopolstellung durch willkürliche Auslegung ihrer Nutzungsbedingungen Zensurmaßnahmen gegenüber Abgeordneten zum Nationalrat setzen und Einfluss auf die österreichische Innenpolitik nehmen?

a.    Halten Sie diese Praxis für vereinbar mit den Grundrechten wie Meinungs- und Meinungsäußerungsfreiheit?

b.    Wenn ja, inwiefern?

2.    In welchen anderen Bereichen sehen Sie darüber hinaus eine Unterordnung des Staates unter multinationale Konzerne mit Monopolstellung für gerechtfertigt?

3.    Werden Sie als der Überparteilichkeit verpflichteter Nationalratspräsident öffentlich Stellung gegen die Zensurpolitik internationaler Social-Media-Konzerne beziehen, wie es Ihre Parteikollegin und Bundesministerin für Verfassung in einem Gastbeitrag in der Tageszeitung „Der Standard“ getan hat?

a.    Falls ja, inwiefern?

b.    Wenn nein, würden Sie auch die Zensur von Parlamentariern durch heimische Privatsender unkommentiert lassen?