Eingelangt am 19.01.2023
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möglich.
Anfrage
Anfrage gemäß § 89 Abs. 1 GOG-NR
des Abgeordneten Andreas Hanger
an den Präsidenten des Nationalrates als Vorsitzender des Untersuchungsausschusses
betreffend das Vorgehen des Mitgliedes des Untersuchungsausschusses4/US Kai Jan Krainer
Wie erst am Mittwoch, den 18. Jänner 2023, durch einen Bericht der Tageszeitung Kurier mit der Headline „Krainer schaltete Staatsanwaltschaft ein“ öffentlich bekannt wurde, hat der Abgeordnete Kai Jan Krainer bereits am 17. November 2022 zahlreiche Werbeagenturen und Personen namentlich sowie weitere „unbekannte Täter in der ÖVP Niederösterreich“ bei der WKStA angezeigt. Offenkundig geht es dabei darum, dem politischen Gegner im Landtagswahlkampf 2023 in Niederösterreich Schaden zuzufügen. Neben zahlreichen Vorwürfen hinsichtlich gewerbsmäßigen Betruges und wettbewerbsbeschränkenden Absprachen behauptetet der Abgeordnete Krainer laut einem Bericht des Standards vom 19.1.2023 sogar, dass die von ihm ins Visier genommene Werbeagentur tatsächlich der Volkspartei Niederösterreich gehöre. Die Namen der betroffenen Personen, Unternehmen und Verbände sind dem Untersuchungsausschuss bis heute nicht bekannt.
Art. 6 EMRK, die in Österreich im Verfassungsrang steht, sichert für jedermann das Recht auf ein faires Verfahren im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen. Dazu gehört auch, zu Vorwürfen zu schweigen. Die Befragung von Auskunftspersonen vor dem Untersuchungsausschusssteht im Spannungsverhältnis zu Art. 6 EMRK, weshalb die Verfahrensordnung für Untersuchungs-ausschüsse entsprechende Entschlagungsgründe (§ 43 Abs. 1 Z 1 VO-UA) vorsieht. Weiß eine Auskunftsperson nichts von geben sie geführten Ermittlungen, werden diese Entschlagungsrechte und damit die Grundrechte dieser Person nach Art. 6 EMRK unterlaufen.
Außerdem verpflichtet die Verfahrensordnung für Untersuchungsausschüsse den Vorsitzenden, den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt — in unterschiedlichem Ausmaß - zur Wahrung der Grund- und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen. Weiß der Vorsitzende, der Verfahrensrichter oder der Verfahrensanwalt nicht von gegen eine Auskunftsperson geführten Ermittlungen, kann er seinen geschäftsordnungsmäßigen Verpflichtungen nicht dem gesetzlichen Auftrag entsprechend nachkommen.
Am 30.11.2022 - als nach der Anzeige des Abgeordneten Krainer bei der WKStA - wurde der Landesgeschäftsführer der Volkspartei Niederösterreich vor dem Untersuchungsausschuss befragt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen in diesem Zusammenhang folgende
Anfrage:
1. Hat der Abgeordnete Kai Jan Krainer Ihnen, der Sie gemäß VO-UA für den Schutz der Rechte der Auskunftsperson verantwortlich sind, im Vorfeld oder während der Befragung des Landesgeschäftsführers der Volkspartei Niederösterreich im Untersuchungs-ausschuss 4/US mitgeteilt, dass er 14 Tage vor dieser Befragung zahlreiche Personen im Umfeld der Volkspartei Niederösterreich angezeigt hat, und Sie so auf mögliche Grundrechtseingriffe hinsichtlich Ar. 6 EMRK im Rahmen der Befragung der Auskunftsperson hingewiesen?
2. Hat der Abgeordnete Kai Jan Krainer dem Verfahrensrichter oder seine Stellvertreterin, die Sie gemäß VO-UA bei der Wahrnehmung Ihrer Aufgaben zu unterstützten haben und die selbst zum Schutz der Grund- und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen berufen sind, im Vorfeld oder während der Befragung des Landesgeschäftsführers der Volkspartei Niederösterreich mitgeteilt, dass er 14 Tage vor dieser Befragung zahlreiche Personen im Umfeld der Volkspartei Niederösterreich angezeigt hat, und den Verfahrensrichter oder seine Stellvertreterin so auf mögliche Grundrechtseingriffe hinsichtlich Art. 6 EMRK im Rahmen der Befragung der Auskunftsperson hingewiesen?
3. Hat der Abgeordnete Kai Jan Krainer der Verfahrensanwältin oder ihrem Stellvertreter die zum Schutz der Grund- und Persönlichkeitsrechte von Auskunftspersonen berufen sind, im Vorfeld oder während der Befragung des Landesgeschäftsführers der Volkspartei Niederösterreich mitgeteilt, dass er 14 Tage vor dieser Befragung zahlreiche Personen im Umfeld der Volkspartei Niederösterreich angezeigt hat, und den Verfahrensrichter oder seine Stellvertreterin so auf mögliche Grundrechtseingriffe hinsichtlich Art 6 EMRK im Rahmen der Befragung der Auskunftsperson hingewiesen?