79/JPR XXVII. GP
Eingelangt am 30.08.2023
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst
an den Präsidenten des Nationalrats
betreffend Sprachliche Gestaltung von amtlichen Schriftstücken
Am 29. Juli 2023 veröffentlichte das Nachrichtenmagazin „profil“ die Ergebnisse einer Umfrage zum sogenannten „Gendern“ in der Verwaltung. Demnach sprechen sich 40 Prozent unbedingt und weitere 19 Prozent eher dafür aus, die Verwendung von orthografischen Zeichen oder Sonderzeichen im Wortinneren zur Kenntlichmachung der zwei natürlichen bzw. von noch mehr eingebildeten Geschlechtern zu verbieten.
Die Umfragen bestätigt eindrucksvoll die Entscheidung des Landes Niederösterreich auf Initiative der FPÖ, derartige Verunstaltungen der Sprache zu untersagen. Per 1. August 2023 hat Niederösterreich via Kanzleiordnung festgelegt, dass bei der Erstellung von Schriftstücken und Erledigungen den Empfehlungen des Rats der deutschen Rechtschreibung Folge zu leisten ist.[1]
Das Amt legt damit in der Kanzlei-Ordnung fest, dass Frauen und Männer sprachlich gleichgestellt, aber auf „Gender-Stern“, „Gender-Gap“, „Gender-Doppelpunkt“ und „Binnen-I“ gemäß der zuständigen Instanz für die Regelung der einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum verzichtet wird. Das dient unter anderem der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit amtlicher Texte.
Der Rat der deutschen Rechtschreibung hatte erst im Juli 2023 die Empfehlung zum Verzicht auf Sonderzeichen im Wortinneren bekräftigt und dies wie folgt begründet:[2]
Die Besonderheit der Wortbinnenzeichen zur Kennzeichnung einer geschlechterübergreifenden Bedeutung liegt darin, dass sie auf die orthografisch korrekte Schreibung von Wörtern unmittelbar einwirken. […] Bei den Sonderzeichen mit Geschlechterbezug soll jedoch eine metasprachliche Bedeutung transportiert werden. Ihre Setzung kann in verschiedenen Fällen zu grammatischen Folgeproblemen führen, die noch nicht geklärt sind, z. B. in syntaktischen Zusammenhängen zur Mehrfachnennung von Artikeln oder Pronomen (der*die Präsident*in).
In diesem Zusammenhang stellt die unterfertigte Abgeordnete an den Präsidenten des Nationalrats folgende
Anfrage
1. Wie ist in der Parlamentsdirektion die sprachliche Gestaltung von amtlichen Schriftstücken in Bezug auf „geschlechtergerechte Schreibung“ geregelt? (Bitte um Übermittlung der entsprechenden Regelungen.)
2. Wann wurden die jeweiligen Regelungen in Kraft gesetzt?
3. Wann wurden die jeweiligen Regelungen zuletzt geändert?
4. Was waren die letzten vorgenommenen Änderungen?
5. Welche Schriftstücke sind von den Regelungen umfasst?
a. Sind davon insbesondere auch folgende Schriftstücke umfasst:
i. Präsidialrundläufe?
ii. Präsidialprotokolle?
iii. Stellungnahmen und Gutachten der Parlamentsdirektion?
6. Sofern die Regelungen auf Protokolle Anwendung finden, werden auch Wortmeldungen von Teilnehmern, insbesondere Abgeordneten, den Regelungen entsprechend wiedergegeben, auch wenn diese tatsächlich in anderem Wortlaut erfolgten?
7. Werden auch von Abgeordneten eingebrachten Verhandlungsgegenstände (beispielweise Anfragen und Anträge) vor ihrer Veröffentlichung auf der Homepage abgeändert, sodass sie den Regelungen entsprechen?
a. Wenn nein, ist eine derartige Änderung von Verhandlungsgegenständen geplant?
8. Existieren in der Parlamentsdirektion auch Regelungen, die sich auf informelle bzw. auf mündliche Kommunikation, beispielsweise auf Mails zwischen Mitarbeitern oder auf Vorträge/Referate bei Parlamentsveranstaltungen beziehen?
a. Wenn ja, welche sind das konkret? (Bitte um Übermittlung der entsprechenden Regelungen.)
9. Haben die Regelungen (Fragen 1-8) den Charakter einer Verpflichtung oder einer Empfehlung?
10. Knüpfen sich an eine Nichtbeachtung der Regelungen (Fragen 1-8) mögliche Konsequenzen?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn ja, gab es bereits für Mitarbeiter der Parlamentsdirektion entsprechende Konsequenzen aufgrund der Nichtbeachtung von Regelungen zur „geschlechtergerechten Schreibung“
i. Wenn ja, in wie vielen Fällen?
ii. Wenn ja, welche Konsequenzen wurden in den einzelnen Fällen gezogen?
11. Wird in der Parlamentsdirektion der besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit amtlicher Texte durch ein Verbot bzw. eine Empfehlung zur Vermeidung von Wortbinnenzeichen zur Kennzeichnung einer geschlechterübergreifenden Bedeutung Rechnung getragen?
a. Wenn nein, welche Überlegungen haben dazu geführt, den Empfehlungen des Rats der deutschen Rechtschreibung nicht Folge zu leisten?
b. Wenn nein, planen Sie nun – basierend auf der in einer aktuellen Umfrage festgestellten breiten Ablehnung des „Genderns“ in der Verwaltung – eine Änderung der Richtlinien?
i. Wenn ja, bis wann?
ii. Wenn ja, mit welchen konkreten Änderungen?
iii. Wenn nein, warum nicht?