270/KOMM XXVII. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) (1/US XXVII.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr.in Alma Zadić, LL.M. in der 54. Sitzung vom 30. Juni 2021

Der Untersuchungsausschuss betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 56. Sitzung am 15. Juli 2021 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr.in Alma Zadić, LL.M. zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

 

 

Wien, 2021 07 15

                               Mag. Ernst Gödl                                                      Mag. Friedrich Ofenauer

                                     Schriftführer                                                               Vorsitzender-Stellvertreter

 


 

Untersuchungsausschuss

BETREFFEND MUTMAẞLICHE KÄUFLICHKEIT DER türkis-blauen Bundesregierung
(Ibiza-Untersuchungsausschuss)


Stenographisches Protokoll

 

54. Sitzung/medienöffentlich

 

Mittwoch, 30. Juni 2021

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Gesamtdauer der 54. Sitzung
13.33 Uhr – 18.58 Uhr

 

Camineum

Befragung der Auskunftsperson Bundesministerin für Justiz
Dr. Alma Zadić, LL.M.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Frau Bundesministerin Dr. Zadić, ich darf Sie auch in eigenem Namen begrüßen. Mein Name ist Dr. Rohrer, ich bin heute der Verfahrensrichter und habe Ihnen im Auftrag des Herrn Präsidenten Folgendes zu Ihren heutigen Rechten und Pflichten zu sagen: Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss zur mutmaßlichen Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung als Auskunftsperson zum Thema Ermittlungen in der Ibiza-Affäre angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie auf diese schriftliche Belehrung hin.

Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit Freiheitsstrafe bestraft werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen auch glaubhaft zu machen.

Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von der Vertrauensperson an sich genommen werden. Weder Sie noch Ihre Vertrauensperson dürfen davon Kopien, Notizen oder Auszüge anfertigen.

Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Nun zu Ihnen, Herr Dr. Tschachler: Ich darf auch Sie in eigenem Namen begrüßen und ebenfalls im Auftrag des Herrn Vorsitzenden folgende Belehrung an Sie richten: Ich belehre auch Sie über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage. Auch eine allfällige Mittäterschaft an einer vorsätzlich falschen Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht bestraft werden.

Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz.

Die Auskunftsperson kann Sie als Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen. Sie selbst sind jedoch nicht berechtigt, das Wort im Untersuchungsausschuss zu ergreifen.

Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson steht es Ihnen frei, sich unmittelbar an mich oder den Verfahrensanwalt zu wenden.

Danke, Herr Präsident.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke.

Als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Diese soll 20 Minuten nicht übersteigen. Wollen Sie das tun, Frau Minister? (Auskunftsperson Zadić: Ja!) – Bitte sehr.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Geschätzter Herr Verfahrensrichter! Herr Verfahrensanwalt! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Medienvertreterinnen und Medienvertreter! Wie Sie wissen, ist die Stärkung der unabhängigen Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften und auch der Schutz der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsarbeit eines meiner zentralsten politischen Anliegen, und so habe ich auch in der Vergangenheit, seit ich im Amt bin, einige Schritte gesetzt, um diesem Ziel näherzukommen.

Ich möchte hervorheben, dass wir die Strafrechtssektion in eine Sektion, die für die Legistik zuständig ist, und eine Sektion, die für die Einzelstrafsachen, sprich für die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, zuständig ist, geteilt haben. Des Weiteren haben wir uns bemüht, in den letzten und den vorletzten Budgetverhandlungen endlich das Budgetdefizit der Justiz aufzulösen. Sie wissen, die Justiz ist in den letzten zehn Jahren chronisch unterfinanziert, und das spiegelt sich wider. Daher war es einfach immens wichtig, auch bei den Budgetverhandlungen eine Trendwende beim Justizbudget zu erzielen. Wir sind aber noch lange nicht dort, wo wir sein müssen, und daher wird es entscheidend sein, uns in den nächsten Budgetverhandlungen dafür einzusetzen, dass mehr Personal und mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Der nächste wichtige Punkt, der mir auch ein großes Anliegen ist – und das habe ich auch von Anfang an immer gesagt –: Die Berichtspflichten waren in den letzten Monaten, Jahren immer wieder ein Thema, weil es geheißen hat und weil auch immer wieder gesagt wurde, dass überbordende Berichtspflichten die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsarbeit lähmen. Daher habe ich mich schon in den Regierungsverhandlungen dafür eingesetzt, dass wir darauf schauen, dass diese Berichtspflichten überall dort, wo es zu viele Berichtspflichten gibt, wo es überbordende und nicht notwendige Berichtspflichten gibt, beseitigt werden. Daher habe ich in Auftrag gegeben, dass der Berichtspflichtenerlass überprüft wird.

Es ist - - In Wien gab es ja die Möglichkeit einer Dreitagesberichtspflicht, es gab also eigentlich die Pflicht einer Dreitagesberichtspflicht. Das wurde zurückgenommen, das heißt, die Staatsanwaltschaften müssen jetzt nicht mehr drei Tage vor Durchführung einer Hausdurchsuchung an die Oberstaatsanwaltschaften berichten. Wir haben in diesem Zusammenhang auch den Berichtspflichtenerlass reformiert, nämlich auch mit dem Ziel, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen vor überbordenden Berichtspflichten zu befreien, damit die Staatsanwaltschaft auch die Ressourcen frei hat, um ermitteln zu können. Als nächster Schritt, das wissen Sie, tagen jetzt auch die Arbeitsgruppen zum sogenannten Bundesstaatsanwalt, wo es letztendlich auch darum geht, die politische Weisungsspitze unabhängig und weisungsfrei zu stellen.

Einen zweiten Punkt möchte ich auch noch kurz erwähnen, weil das in den letzten Monaten auch immer wieder Thema war, und zwar sind das eben immer wieder die Angriffe auf die Justiz und auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich möchte vielleicht insofern auch dazu Stellung beziehen, weil – und ich glaube, es ist wichtig, das in diesem Forum auch zu erklären und zu erläutern – sich die Justiz sehr oft nicht selbst zur Wehr setzen kann, denn die Staatsanwaltschaften führen Ermittlungsverfahren und können dann nicht in der Öffentlichkeit über Ermittlungsschritte sprechen. Sie können auch nicht in der Öffentlichkeit über Personen sprechen, weil einfach auch Persönlichkeitsrechte verletzt werden können. Daher befinden wir uns sehr oft in der Situation, wo über die Justiz, aber nicht mit der Justiz gesprochen wird; und ich sehe das schon auch als meine Aufgabe als Justizministerin, immer wieder drauf hinzuweisen, dass pauschale Angriffe auf die Justiz und auf die Staatsanwaltschaften und vor allem auch Einschüchterungsversuche einzelner Staatsanwälte und -anwältinnen hintanzustellen sind, weil die Staatsanwaltschaft unabhängig und auch ohne politische Zurufe ermitteln muss.

Einen weiteren Punkt möchte ich auch noch erwähnen, weil das auch immer wieder medial ein Thema war, und zwar geht es um die Vorlage von Akten und von Nachrichten, sogenannten Chatnachrichten, wie sie immer genannt werden. Es ist einfach wichtig, hier noch einmal auf die Rechtslage hinzuweisen, und das möchte ich auch gerne tun, denn es gibt immer wieder Kritik, dass zu viele Akten oder zu viele Nachrichten an den Untersuchungsausschuss geliefert werden. Ich möchte klarstellen, dass eine derartige Vielzahl an Kommunikation, wie sie von der Justiz an den Untersuchungsausschuss geliefert wird, auch für die Justiz eine neue Situation ist. Es ist auch für uns nicht von Anfang an klar gewesen, dass die Staatsanwaltschaften alle Daten, die sichergestellt werden, für den Untersuchungsausschuss sichten müssen.

Wie Sie auch wissen, hat sich damals, als der Punkt aufgekommen ist, ob das Ibizavideo zu liefern oder nicht zu liefern ist, das Justizministerium auf den Standpunkt gestellt: Eigentlich sind da Persönlichkeitsrechte betroffen, die zu schützen sind. Daher ist das Ibizavideo aus unserer Sicht nicht zu liefern gewesen.

Es ist, das sei vielleicht noch einmal erwähnt, auch hier eine ungeklärte Rechtsfrage gewesen, weil bis jetzt der Standpunkt und die geübte Praxis und auch das, was in den Erlässen des Justizministeriums drinsteht, immer so gewesen ist, dass das, was im strafrechtlichen Ermittlungsakt ist, auch an den Untersuchungsausschuss zu liefern ist.

Sie wissen auch, dass wir vor den Verfassungsgerichtshof gezogen sind, um eben diese Frage zu klären: Ist nur das, was im Ermittlungsakt ist, dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung zu stellen oder ist alles, sind auch alle Rohdaten, die quasi gesammelt werden, alle Rohdaten, die sichergestellt werden, nach abstrakter Relevanz zu liefern? Der Verfassungsgerichtshof hat uns einen ganz klaren Auftrag erteilt. Der Verfassungsgerichtshof hat der Justiz ausgerichtet und gesagt – und als Justizministerin muss ich mich nach Punkt und Beistrich danach richten –, dass alles, was zur Klärung der politischen Verantwortung relevant ist, beziehungsweise alles, von dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zur Klärung der politischen Verantwortung relevant sein könnte, dem Untersuchungsausschuss vorzulegen ist. Das tut die Staatsanwaltschaft mit wirklich unglaublichem Einsatz, denn die Staatsanwaltschaft ist eigentlich dazu da, für die Strafverfahren zu ermitteln, aber sie befolgt selbstverständlich das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs und wertet jetzt natürlich auch die Rohdaten danach aus, ob sie eine abstrakte Relevanz für den Untersuchungsausschuss haben.

Jetzt muss ich schauen, ob ich noch etwas ausgelassen habe, was ich Ihnen noch sagen wollte.

Wenn es um den Schutz der Persönlichkeitsrechte geht, so kommt natürlich dann die Klassifizierungsstufe - - sind natürlich dann die Klassifizierungsstufen gefragt, und ich kann mich da auch auf die - -; die Staatsanwaltschaften schauen sich das an und die Oberbehörden werden mit eingebunden, und es wird entschieden, in welcher Klassifizierungsstufe zu liefern ist. Diesen Vorgaben folge ich natürlich auch als Justizministerin selbstverständlich.

Wie viel Zeit habe ich noch?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ausreichend, 11:55 Minuten, also jede Menge.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Jetzt ist es aber so, dass Nachrichten dennoch ihren Weg an die Öffentlichkeit finden, und ich möchte schon noch einmal eine Sache sagen: Das Justizministerium liefert keine Nachrichten und keine Akten in der Klassifizierungsstufe 0, sondern es wird immer in der Klassifizierungsstufe 1 oder höher geliefert. Das bedeutet nicht, dass das sofort - - dass das veröffentlicht werden kann. Diese Daten werden für den Untersuchungsausschuss geliefert und stehen dem Untersuchungsausschuss – so wie eben der Auftrag des Verfassungsgerichtshofs lautet – auch zur Verfügung.

Ich habe da zwar noch einige Sachen stehen (in den Unterlagen blätternd), aber ich glaube, Sie werden mich auch befragen und daher werde ich das eine oder andere vielleicht näher in den Befragungen erläutern.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön. Ich darf den Herrn Verfahrensrichter um seine Erstbefragung ersuchen. – Bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Frau Bundesministerin, danke für Ihre Stellungnahme. Ich darf vielleicht mit einer ganz allgemeinen Frage beginnen, und zwar: Haben Sie aus der Zeit vor Ihrer Ernennung zur Justizministerin schon Wahrnehmungen zum Ibizavideo und zu den Ermittlungen in der Ibizaaffäre gehabt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe keine Wahrnehmungen zu den Ibizaermittlungen vor meiner Zeit als Justizministerin.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Sie haben bei Ihrer Anhörung am 5.6.2020 unter anderem gesagt, dass Sie keine Detailkenntnisse über einzelne Ermittlungsschritte in der Ibizaaffäre haben. Trifft das auch heute noch zu?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also als Justizministerin habe ich selbstverständlich auch keine detaillierten Kenntnisse über einzelne Ermittlungsschritte, und insofern trifft das auch heute nach wie vor zu.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Haben Sie Wahrnehmungen, dass versucht wurde, auf die Ermittlungen in der Ibizaaffäre politisch Einfluss zu nehmen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wie gesagt, ich habe jetzt keine detaillierten Wahrnehmungen, aber es gibt immer wieder Verdachtsmomente, die von unterschiedlichen Staatsanwaltschaften oder von unterschiedlichen Stellen an mich herangetragen werden. Es ist in den letzten eineinhalb Jahren oftmals so gewesen, dass mir auch zugetragen wurde, dass es gewisse Verdachtsmomente gibt, und ich habe als Justizministerin meine Aufgabe dahin gehend gesehen, jedem Verdacht, der an mich herangetragen wird, auch nachzugehen, indem ich auch einzelne Prüfungen beauftragt habe.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Könnten Sie uns beispielsweise diese Verdachtsmomente bitte inhaltlich beschreiben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es gibt verschiedene Verdachtsmomente, die an mich herangetragen wurde, so beispielsweise hat die WKStA auch meinem Kabinett mitgeteilt, dass sie immer wieder mit überbordenden Berichten zu tun haben, auch mit aus ihrer Sicht schikanösen Berichten. Es hat auch zum Beispiel die Oberstaatsanwaltschaft immer wieder mitgeteilt, dass die WKStA ihre Berichte provokant formuliert. Ich würde das jetzt nicht als politisch betrachten, aber in diesem Zusammenhang hat es immer wieder in diesem großen Verfahren gewisse Punkte gegeben, die an mich herangetragen wurden, die jetzt nicht per se ermittlungsrelevant sind, sondern die mehr den Charakter haben, dass diese Fachaufsicht und die ermittelnde Staatsanwaltschaft immer wieder das Gefühl hatten – oder der Eindruck entstanden ist –, dass hier nicht alles sehr reibungslos verläuft.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Heißt das, es hat auch Hinweise auf unmittelbare politische Einflussnahme gegeben, oder wurde das von Ihnen nur als Behinderung gewertet oder gibt es da einen politischen Hintergrund?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Politische Einflussnahme ist mir jetzt nach meinem Kenntnisstand nicht bekannt, also wenn Sie jetzt konkret auf die politische - - da geht es nur um die Behinderung, ja.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Diese Behinderungen, die wir auch schon von anderer Seite gehört haben, die also insbesondere mit Bezug auf die Berichtspflichten berichtet wurden: Gibt es nach Ihrem Kenntnisstand darüber hinaus auch Behinderungen vonseiten von Mitarbeitern des Ministeriums oder bezieht sich das ausschließlich auf Mitarbeiter der OStA?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Wahrnehmungen, die ich habe - - die Vorwürfe, die da im Raum sind, habe ich geschildert, aber über Mitarbeiter des Justizministeriums ist mir jetzt nichts bekannt.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Eine Frage noch: Es wurde, damals, noch unter Minister Moser, eine Arbeitsgruppe Effizienzsteigerung und Qualitätssicherung im Ermittlungsverfahren eingesetzt. Nach unserem Wissensstand wurde diese Arbeitsgruppe mit einem Bericht abgeschlossen, aber gleichzeitig angekündigt, man wolle einen externen Bericht einholen. Ist das geschehen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also es hat mehrere Arbeitsgruppen gegeben, daher kann ich mich jetzt nicht so ganz genau erinnern, um welche Arbeitsgruppe es geht. Es hat auch Arbeitsgruppen unter Minister Jabloner gegeben, und das, was dort auch zutage gekommen ist, ist, dass zum Beispiel Weisungen zu verschriftlichen sind oder Besprechungen auch - - also wie Besprechungen ablaufen. Diese Punkte haben wir beispielsweise in den Berichtspflichtenerlass aufgenommen, aber es gibt wirklich viele Arbeitsgruppen, die derzeit im Justizministerium tagen, daher kann ich jetzt wie gesagt zu dieser konkreten - - jetzt habe ich keine Erinnerung oder Wahrnehmung.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Diese Arbeitsgruppe dürfte sich auf die Arbeit der Staatsanwaltschaften bezogen haben. Ob es da also ein externes Weiterführen mit einem Bericht oder Gutachten gibt, wissen Sie nicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das weiß ich jetzt nicht im Detail, ja.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Gut. Ich danke Ihnen vielmals.

Danke, Herr Präsident.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke. Im Sinne der Redevereinbarung darf ich Abgeordneter Krisper - -

Entschuldigung, Abgeordneter Hafenecker hat sich zur Geschäftsordnung gemeldet.

*****

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe bewusst jetzt den Zeitpunkt für die Geschäftsordnungsmeldung gewählt, weil die Frau Ministerin jetzt auch herinnen ist und ich vorher den Verfahrensrichter nicht stören wollte. Ich möchte trotzdem ganz kurz Bezug auf etwas nehmen, das uns ja heute medial erreicht hat, und zwar geht es um diese Kurz-Tapes, also diese Mitschnitte aus dem Untersuchungsausschuss, die heute in einem Onlinemedium veröffentlicht worden sind. Jetzt geht es mir gar nicht so sehr darum, dass das öffentlich geworden ist, weil ich alles, was dort von mir gekommen ist, auch vertreten kann und weil es in Wahrheit ein Vorgriff auf die Öffentlichmachung des Untersuchungsausschusses ist, aber nichtsdestotrotz kommt da für mich ein Spin heraus, bei dem ich einfach jetzt gerne auch von Ihnen, Herr Vorsitzender, hätte, dass wir vielleicht zumindest gewisse Dinge ausschließen können.

Ich gehe davon aus, dass diese Tonbänder die Mitschnitte des Stenographischen Protokolls sind, die an die Justiz geliefert worden sind. Jetzt würde ich einmal für die Mitarbeiter hier im Parlament die Hand ins Feuer legen, dass hier nichts hinausgegangen ist. Ich kenne die Herrschaften schon seit Jahren und einige Untersuchungsausschüsse lang, also gehe ich davon aus, dass das nicht da das Haus in Richtung der Medien verlassen hat.

Jetzt ist meine Frage: Können Sie uns sagen, an wen diese Bänder konkret geliefert worden sind? Ist da zum Beispiel auch die OStA Wien und so weiter und so fort dabei gewesen? Wie ist dieser Weg verlaufen? Das wäre die erste Frage.

Die zweite Frage betrifft etwas, was mir nämlich auch eigenartig vorkommt, und deswegen habe ich vorher von einem Spin gesprochen: Es ist gestern schon vorab in der Presse ein Artikel erschienen, der sich ziemlich genau mit den Ermittlungstaktiken der WKStA befasst hat. Es fällt auf, dass in diesen Mitschnitten nur Mitschnitte von SPÖ und NEOS, einer von mir, also einer von der FPÖ, gar keiner von den Regierungsparteien veröffentlicht worden sind. All das – ich fasse es jetzt einfach einmal ins Wort – ist dazu angetan, aus meiner Sicht, ein schlechtes Licht auf die WKStA zu werfen, vor allem seitens der Regierungsparteien, weil beide ja nicht drinnen sind. Deswegen meine Frage an Sie: Sind Sie der Sache nachgegangen? Haben Sie eine Idee, wo dieses Leak herkommt? Wie sehen Sie das? Beziehungsweise noch eine weitere Frage: Sind auch Anwälte, private Anwälte, in der Lage, in diesen Akt einzusehen und haben sie auch Zugriff auf diese Tondokumente?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Hanger zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Herr Vorsitzender. Ich möchte das aufgreifen, was Kollege Hafenecker gesagt hat. Es freut mich auch, dass ich das unter Anwesenheit der Frau Justizministerin sagen kann. Herr Kollege Hafenecker hat irgendwie so salopp formuliert: Das ist halt einmal so!

Also ich halte das für unglaublich, was wir hier seit Wochen und Monaten erleben: dass permanent – permanent! – Themen zum Ermittlungsakt genommen werden und wir dann zwei Tage später dieses Thema in den Medien haben. Das ist ein unhaltbarer Zustand: Alle betonen immer wieder, dass Ermittlungshandlungen geheim zu führen sind, um die Ergebnisse nicht zu gefährden. Es müssen Persönlichkeitsrechte geschützt werden. Ich greife die Wortmeldung von Herrn Kollegen Hafenecker dahin gehend auf, wenn er sagt: Na ja, das ist halt einmal so! – Wir müssen dringend handeln. Es kann nicht sein, dass permanent diese Themen zum Ermittlungsakt genommen werden, es offensichtlich dann immer wieder sehr viele Verfahrensbeteiligte gibt und dann der Weg automatisch in die Medien führt. Das ist ein Zustand, den wir nicht nur in diesem Einzelfall, sondern schon von vielen anderen Themen kennen. Ich muss da wirklich meinen scharfen Protest zum Ausdruck bringen, und ich möchte schon auch die Frau Justizministerin bitten, hier Handlungen zu setzen, damit das zukünftig verhindert werden kann. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stögmüller.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Bitte auch abzuklären, ob die Akten nicht auch schon zu den Anwälten gekommen sind, ob es hier bereits eine Vorlage gegeben hat – das ist ja genauso abzuklären; es ist ja nicht nur möglich, dass es vonseiten der Justiz oder vom Parlament rausgegangen ist. Das möchte ich nur anmerken.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wir können nach meiner Information ausschließen, dass es bei einem Nachhören durch Mitarbeiter der Parlamentsfraktionen hinausgegangen ist. Es gibt ein amtswegiges Ersuchen der WKStA vom 26. Mai. Dem wurde Folge geleistet, indem es dem Akt H.-C. Strache und andere Beschuldigte zugeführt wird. Wer jetzt bei den anderen Beschuldigten gemeint ist und wie viele das sind, wer Akteneinsicht hat – wir kennen das –: Der Strafakt ist riesengroß geworden. Das ist offenbar eine Praxis, damit man auf diese Art und Weise eine möglichst große Breite hat und sich die Situation schlussendlich nicht mehr nachvollziehbar darstellt. Ich kann nichts anderes tun. (Abg. Krainer: Das war jetzt aber eine Unterstellung!) Hier sind meine Möglichkeiten gebunden. Dass das unerfreulich ist, ist gar keine Frage. Wir haben das heute Früh schon in der Parlamentsdirektion diskutiert: Rechtlich haben wir keine anderen Möglichkeiten. Wir sind auch noch weiterhin in Gesprächen. Wir mussten dem Amtshilfeersuchen auch zwingend entsprechen. Normalerweise dienen die Aufnahmen ja nur dazu, dass man das dementsprechend im Protokoll noch genauer nachjustieren kann, wenn man das braucht. (Abg. Tomaselli hebt die Hand.) – Bitte, Frau Abgeordnete Tomaselli.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Nur zur Klarstellung: Haben Sie eruieren können, ob die Tonaufnahme zum Akt genommen worden ist? Weil Sie es heute diskutiert haben, weil - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Für diese Frage bin ich der falsche Adressat. Ich habe dem Amtshilfeersuchen natürlich Folge geleistet, was ich auch tun muss. Das ist auch selbstverständlich, dass wir das tun. Ich nehme an, dass es zum Akt gekommen ist. Das war nicht das erste und wird wahrscheinlich auch nicht das letzte sein. (Abg. Krainer hebt die Hand.) – Abgeordneter Krainer, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich ersuche Sie, Ihre unterstellenden Bemerkungen zurückzunehmen, dass es Absicht wäre, hier einen möglichst großen Akt anzulegen, damit alles an die Öffentlichkeit kommt. Das geziemt sich nicht, dass der Vorsitzende gegenüber den Bediensteten des Justizressorts unterstellende Bemerkungen ausübt. (Abg. Hanger hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hanger.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (zur Geschäftsbehandlung): Was wir wissen, ist, dass es dieses Amtshilfeersuchen der WKStA an das Parlament gegeben hat. Ich möchte ausdrücklich festhalten: Ich glaube nicht, dass dieses Dokument von der WKStA geleakt worden ist – das glaube ich ganz einfach nicht. Die einzige Erklärung kann nur sein, dass es zum Ermittlungsakt genommen worden ist und es von sehr vielen Verfahrensbeteiligten Akteneinsicht gegeben hat. Da müssen wir genauer hinschauen, das ist der Punkt: Wir haben strukturell das große Problem, dass es mittlerweile ein großer Akt ist, in den unglaublich viele Verfahrensbeteiligte Akteneinsicht haben. Das ist der erste Lösungsansatz, nämlich die Frage, ob man den Akt nicht trennen kann – das ist die erste Überlegung.

Da müssen wir schon mit der Frage umgehen: Wenn Verfahrensbeteiligte da sind, die man kennt, muss es ja letztlich auch nachvollziehbar sein, wo dieser Leak passiert. Da sind wir aber schon auch in einer Situation, in der wir einen Rechtsrahmen diskutieren müssen. Ich glaube, es wäre im Interesse aller, das besser handzuhaben. (Die Abgeordneten Hafenecker und Stocker heben die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hafenecker und danach Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte nur ein bissel nachpräzisieren. Damit das nicht nach einem Paarlauf zwischen Hanger und Hafenecker ausschaut: Nein, ich habe eigentlich eine ganz andere Frage gestellt. Man muss sich einfach die Frage stellen: Cui bono? – Es gibt eine ÖVP hier herinnen, die seit Wochen über die WKStA herzieht, und es gab gestern in einer Zeitung, die sehr ÖVP-freundlich Bericht erstattet, eine Vorgeschichte dazu, und heute ist es in Zackzack. Wenn man schaut, welche Befragungen veröffentlicht worden sind, dann sieht man: Das waren ausschließlich Befragungen der Opposition.

Aus meiner Sicht ist das dazu angetan, den Eindruck zu erwecken, dass die WKStA gemeinsam mit der Opposition Akten leakt und gemeinsame Sache macht. Genau diesen Eindruck möchte ich absolut nicht entstehen lassen. Ich kann mir schon vorstellen, wie der Spin der ÖVP aussieht, und deswegen habe ich es hier angesprochen. Darum geht es mir. Es wäre deswegen umso interessanter, herauszufinden, ob nicht sogar vonseiten der Regierungsparteien etwas in Umlauf gebraucht worden ist. Da sind wir wieder bei den vielen Personen, die hier Einsicht nehmen können. Vielleicht kann man nachvollziehen, wer das gewesen sein könnte.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich weise ausdrücklich zurück, dass die Volkspartei irgendetwas damit zu tun hat und in irgendeiner Weise einen Spin in die Welt setzt. Es ist einigermaßen originell, wenn man das Medium Zackzack mit der Volkspartei in Verbindung bringt – aber soll so sein.

Ich erlaube mir lediglich, festzuhalten: Solange diese Tonfiles im Rahmen des Untersuchungsausschusses bei der Parlamentsdirektion waren, hat es kein Leak gegeben. Nachdem Sie von der WKStA angefordert wurden – und was immer dann passiert ist –, hat es dieses Leak gegeben.

Das Zweite ist, dass man aus meiner Sicht die Vielzahl der Verfahren, die hier in einem konzentriert sind, schon auch der WKStA zum Vorwurf machen muss, weil dadurch dem Umstand Vorschub geleistet wird, dass nicht mehr nachverfolgt werden kann, wo ein Leak passiert oder wo nicht. Dass man dieses Leak bei der Parlamentsdirektion oder bei der ÖVP sucht, wirft darauf auch ein bezeichnendes Licht. (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich finde das interessant, insbesondere die Ausführungen des Kollegen Stocker. Wir haben vorhin ausführlich gehört, wie wichtig Persönlichkeitsrechte sind: Die gelten wohl auch im Verfahren, und im Verfahren hat man eben als Beschuldigter – und das ist auch gut so – Recht auf volle Akteneinsicht. Es geht ja letzten Endes auch um Waffengleichheit.

Zu dem, was Kollege Hafenecker gesagt hat: Weil Sie im Plural geredet haben – „Regierungsparteien“ – möchte ich für meine Regierungspartei in Anspruch nehmen, dass wir weder direkt noch indirekt Möglichkeiten haben, in den Akt – obwohl er schon so groß ist, obwohl der so viele Beschuldigte hat – Einsicht zu nehmen. (Abg. Hanger hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hanger.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte die Ausführung von Herrn Kollegen Hafenecker klarstellen: Er hat wieder behauptet, wir greifen pauschal die WKStA an. Das stimmt in der Form nicht. Das zu betonen ist mir wichtig, auch da die Frau Justizministerin im Raum ist: Es hat keinerlei pauschale Kritik von unserer Seite am Justizsystem gegeben, es hat keinerlei pauschale Kritik an der WKStA gegeben. Was es gegeben hat, ist vereinzelte Kritik an einzelnen Staatsanwälten.

Frau Justizministerin, ich darf Sie erinnern: Sie haben das in der gleichen Form genauso gemacht, als Sie noch Abgeordnete waren – ich könnte den Bericht zitieren. Also diese Klarstellung ist mir wichtig: niemals pauschal, sondern immer nur vereinzelt und aus unserer Sicht sehr berechtigt. (Abg. Hafenecker hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hafenecker.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Nur eine kleine Anmerkung zum Kollegen Stocker, der vorher sinngemäß gesagt hat, dass es irgendwie verwegen sei, die ÖVP mit dem Medium Zackzack in Verbindung zu bringen. Ich möchte nur darauf verweisen, dass erst gestern Landeshauptmann Stelzer Zackzack ein Interview gegeben hat, Herr Kollege Stocker! (Abg. Matznetter hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Matznetter, bitte.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender, ich will daran erinnern, dass wir aus der Befragung des Oberstaatsanwalts ja wissen, dass dieses – mühsam genügte – Leak der Beschuldigtenverständigung oben in der ersten Fassung die Metadaten des Elektronischen Rechtsverkehrs, ERV, gezeigt hat und sich herausgestellt hat: Es war die Akteneinsicht der Kanzlei Suppan. Dass wir gerade deswegen einen misstrauischen Blick auf Kollegen Hanger und Co richten, ist damit, glaube ich, durchaus verständlich.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wenn es keine weiteren Geschäftsordnungsdebattenbeiträge mehr gibt, darf ich zur ersten Fragerunde kommen und Frau Abgeordneter Krisper das Wort erteilen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich würde Sie – weil Sie gerade gestern medial verkündet haben, die Berichtspflichten zu reduzieren – gerne fragen, ob das auch für den Bereich der Berichtspflichten zwischen WKStA und Oberstaatsanwaltschaft gilt oder welche Bereiche Sie hier per Erlass neu geregelt haben.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also in erster Linie geht es darum, zu regeln, was ich im Rahmen unserer gesetzlichen Möglichkeiten oder meiner gesetzlichen Möglichkeiten regeln kann, und das ist, eben im Rahmen dieses Berichtspflichtenerlasses, die Berichte innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu reduzieren. Das bezieht sich natürlich auf das Justizministerium, dieser Berichtspflichtenerlass wurde aber natürlich mit den Oberstaatsanwaltschaften abgestimmt und abgesprochen. Ich gehe davon aus, dass es hier auch Anpassungen geben wird – wenn Sie das auf die Erlässe der Oberstaatsanwaltschaften beziehen. (Abg. Tomaselli: Entschuldigung, Frau Justizministerin, könnten Sie bitte ganz nah ans Mikro gehen, denn es ist eine akustische Herausforderung hier herinnen!) – Alles klar. (Abg. Tomaselli: Danke!)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole meine Frage, wegen der Akustik, aber auch wegen der sehr offenen Antwort. Meine Frage war nämlich konkret, ob hier auch schon per Erlass Berichtspflichten zwischen WKStA und OStA reduziert wurden.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also der Berichtspflichtenerlass reduziert mehrere Berichte, die im Rahmen dieser gesetzlichen Möglichkeit - -, die im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten möglich sind. Es geht um Informationsberichte, die reduziert werden, es geht auch darum, dass Anmeldungen eines Rechtsmittelverfahrens nicht mehr berichtet werden müssen, es geht auch darum, dass nur noch Verfahrensschritte, in denen es quasi um schwerwiegende Grundrechtseingriffe geht, nach oben, sprich zu mir ins Justizministerium, berichtet werden müssen.

Die Oberstaatsanwaltschaften waren in die Ausarbeitung miteingebunden und werden da auch nachziehen, wenn es in ihren Erlässen anderslautende Berichtsaufträge gibt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, werden Ihrer Wahrnehmung nach hier Berichtspflichten der WKStA an die OStA reduziert, die sie im Moment sehr belasten? Wird das eine große Auswirkung auf die Berichtspflicht und deren Ausmaß haben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das ist das Ziel des Berichtspflichtenerlasses und das ist auch der Oberstaatsanwaltschaft Wien bekannt. Die waren mit in die Ausarbeitung eingebunden und werden auch ihre Berichtspflichtenerlässe entsprechend unserem Erlass nachziehen. Dafür bin ich wie gesagt aber nicht zuständig. Ich kann nur das in meinen eigenen Zuständigkeitsbereichen regeln, und dieser Berichtspflichtenerlass bindet ja auch die Oberstaatsanwaltschaften.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, der Erlass bezüglich WKStAOStA wird erst kommen, über die OStA?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also der Erlass des Justizministeriums bindet ja alle unterstehenden Behörden und die müssen – sollten ihre Erlässe anders lauten – dem nachziehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben in Ihrem Eingangsstatement gemeint, dass Ihnen der Schutz der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsarbeiten ein großes Anliegen sei. Wir haben hier im Untersuchungsausschuss das Beweisthema möglicher politischer Einflussnahme auf die Ermittlungen, und wenn Sie heute sagen, dass Sie abseits von wenigen Wahrnehmungen meinen, dass es da eigentlich sonst recht reibungslos abliefe, dann entspricht das nicht den Wahrnehmungen, die wir hier seit dem Untersuchungsausschuss haben. Ich möchte nur an die Aussage der gegangenen Staatsanwältin Jilek erinnern, dass aufgrund der Störfeuer effiziente Ermittlungen nicht möglich waren.

Damit komme ich zu Pilnacek und anderen. Anfang 2020 wurde medial bekannt, dass sich Christian Pilnacek mit Rothensteiner und Pröll, zwei Beschuldigten in der Casinos-Causa, traf. Warum schenkten Sie ihm danach weiterhin Ihr Vertrauen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich möchte kurz - -, weil ich es nicht ganz verstanden habe, weil Sie gesagt haben, ich hätte gesagt, das funktioniert ganz reibungslos, die Zusammenarbeit – oder was haben Sie gesagt?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Auf die Frage des Herrn Richters haben Sie gemeint, abseits des schon Gesagten hätten Sie keine Wahrnehmungen mehr, dass es nicht sehr reibungslos abliefe.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Dass es nicht reibungslos abläuft.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mhm.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Genau. Also ich habe jetzt verstanden, Sie würden sagen, ich habe gesagt, es läuft reibungslos. (Abg. Krisper schüttelt den Kopf.)

Die zweite Frage war: Pilnacek hat zwei Beschuldigte getroffen – und was war die Frage?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum Sie ihm danach weiterhin Ihr Vertrauen schenkten.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe dem Sektionschef Pilnacek, als mir von meinem Kabinett mitgeteilt wurde, dass es ein Treffen zwischen Sektionschef Pilnacek und den zwei Beschuldigten in den Amtsräumlichkeiten des Justizministeriums gegeben hat - -, habe ich ein Gespräch auch gesucht und veranlasst, dass es eine generelle Weisung, sowohl an die gesamte Sektion - -, gibt, die besagt, dass Beschuldigte in laufenden Ermittlungsverfahren nicht zu treffen sind. Also ich kann mich jetzt nicht genau an den Wortlaut dieser Weisung erinnern, aber das Ziel der Weisung war, einmal ein für alle Mal klarzustellen – weil das in der Vergangenheit offensichtlich wohl nicht so üblich war –, einfach einmal klarzustellen, dass Treffen zwischen einer Fachaufsicht und Beschuldigten in öffentlich- -, also in Verfahren, die öffentlichkeitswirksam sind, dass diese zu unterlassen sind. Das ist eine Weisung des - -, von mir als Justizministerin, damit das auch einfach einmal klargestellt ist. Sollte man dagegen - -, sollte man es - -, dieser Weisung nicht entsprechen, dann sind die Konsequenzen ja auch ganz klar.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das war aber nicht meine Frage. Ich wiederhole: Warum schenkten Sie Pilnacek weiterhin Ihr Vertrauen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also noch einmal: Ich kann nur untermauern, was ich auch vorhin schon gesagt habe: Alle Verdachtsmomente oder alle Sachen, die an mich herangetragen wurden, habe ich ganz genau geprüft, und in diesem Zusammenhang habe ich Sektionschef Pilnacek und die dafür zuständige Sektion angewiesen, dass Beschuldigte in solchen Verfahren – insbesondere dort, wo dann die Fachaufsicht im Ministerium zuständig ist – nicht zu treffen sind.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Trotz ausständiger Antwort frage ich weiter. Am 16. Mai 2020 veröffentlichte das „Profil“ nächtliche E-Mails zwischen Pilnacek und Fuchs, in denen eine Negativ-PR-Kampagne diskutiert wurde. Ich lege es Ihnen gerne vor. Warum schenkten Sie Pilnacek nach Bekanntwerden dieser Tatsachen weiterhin Ihr Vertrauen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Können Sie mir das vorlegen oder noch einmal kurz sagen, wann es war und was es war?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter zur Beurteilung der Frage, bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wir reden hier von Wahrnehmungen, nicht subjektiven Empfindungen der Auskunftsperson. Vertrauen ist etwas Subjektives, das bei uns hier kein Kriterium ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gut, dann ganz einfach umformuliert: Hatten Sie Wahrnehmungen dadurch, dass es eine mögliche politische Einflussnahme auf das Strafverfahren oder auf die Arbeit der WKStA geben könnte?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: In welchem Zusammenhang jetzt?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aufgrund der E-Mails zwischen Pilnacek und Fuchs, in denen eine Negativ-PR gegen die WKStA geplant wurde – das wurde am 16. Mai 2020 öffentlich.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es geht um die E-Mails zwischen Pilnacek und Fuchs, 16. Mai 2020?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die wurden am 16. Mai öffentlich.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Und was ist jetzt die Frage?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ob Sie dadurch nicht eine Wahrnehmung hatten, dass hier möglicherweise politische Einflussnahme auf das Strafverfahren genommen wird, das bei der WKStA liegt, die hier durch eine Negativkampagne in Kritik gebracht werden sollte? (Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson und Verfahrensanwalt.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Meinen Sie die E-Mails aus dem Jahr 2019, die 2020 veröffentlicht wurden?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich versuche nur, kurz nachzuvollziehen - -, ich kann mich natürlich an die Veröffentlichung erinnern, und ich weiß, dass es daraufhin mehrere Gespräche gegeben hat – sowohl mit der WKStA als auch mit der LOStA als auch mit Sektionschef Pilnacek.

Die genauen Details müsste ich mir jetzt aber kurz aus den Unterlagen zusammensuchen, wenn Sie das wünschen. (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Die Auskunftsperson hat schon gebeten, ob man das E-Mail nicht vorlegen kann, damit man weiß, worum es geht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wenn Sie die Chats, die Sie meinen, vorlegen würden, damit es sich aus dem erschließt! Es geht ja um die Chatvorlage, aus der sich erschließen könnte, dass dadurch eine Einflussnahme auf das Verfahren passiert sei. Bitte, wenn Sie die Chats vorlegen! (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe sie jetzt leider nicht, ich mache es in der nächsten Runde. Ich komme aber auch schon zum nächsten Punkt.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege die Beilagen Ihres Treffens mit der WKStA am 25. Mai 2020 vor: Die WKStA hat in diesen drei Beilagen sehr fundiert ausgeführt, inwiefern hier Druck auf sie ausgeübt und ihre Ermittlungstätigkeit massiv erschwert wird. (Die Auskunftsperson liest in den ihr vorgelegten Schriftstücken und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Meine erste Frage dazu wäre: Frau Justizministerin, Sie haben uns diese Beilagen nicht zukommen lassen, sondern wir haben im Tagebuch diesen Eintrag gesehen und durch eine ergänzende Beweisanforderung die Beilagen erst von Ihnen verlangen müssen. Warum haben Sie die Beilagen nicht sogleich an den Untersuchungsausschuss geliefert? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie beziehen sich auf das Konvolut der WKStA? (Abg. Krisper: Mhm!) – Das - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich nur bitten, ein bisschen zu warten? Wir haben die Unterlagen noch gar nicht, wir können noch gar nichts feststellen. (Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson und Verfahrensanwalt. – Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dokumentennummer 68111, 68112 und 68113.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dürfte ich 68112 haben? Ich habe zweimal die 68111, aber kein 68112 – und der Herr Verfahrensrichter auch nicht. Bitte, wenn Sie so nett sind und das austeilen!

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Was ist jetzt noch einmal die Frage? Oder was soll ich mit diesen Berichten machen?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage – noch einmal außerhalb der Fragezeit wiederholt – war, warum Sie die Beilagen nicht vor einer eigens dafür vorgenommenen ergänzenden Beweisanforderung dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stellten.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich kann jetzt - - Ich weiß, dass mein Auftrag an alle immer lautet, alles, was abstrakt relevant ist, zu liefern. Soviel mir bekannt ist (in den Unterlagen blätternd), wurde das auch dem Untersuchungsausschuss geliefert, aber nageln Sie mich jetzt nicht fest. Ich habe keine - - Ich weiß nicht, wann genau was geliefert wurde. Mein Auftrag an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch an die Staatsanwaltschaften ist, alles, was abstrakt relevant ist, dem Untersuchungsausschuss vorzulegen.

Dort, wo uns mitgeteilt wurde – nämlich auch von der WKStA –, dass bestimmte Sachen nicht geliefert wurden, haben wir die Sektion V – also eben die für Einzelstrafsachen und für die Lieferungen zuständige – beauftragt, zu prüfen, ob gewisse E-Mails veraktet und dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt wurden, und dass das dort, wo das nicht passiert ist, nachzuholen ist. Das haben wir beauftragt (in den Unterlagen blätternd), aber ich weiß jetzt nicht, ob sich das auf das bezieht, weil ich es jetzt nicht genau nachlesen kann oder zumindest die Zeit nicht habe, das nachzulesen. Wenn Sie sich aber auf ein - -, wenn Sie sich auf E-Mails beziehen, die ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter meines Amtsvorgängers der WKStA zur Verfügung gestellt hat, dann kann ich sagen: also nein oder doch - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nein, es geht nur um die Beilagen. Die Beilagen wurden erst nach einer ergänzenden Beweisanforderung geliefert – die drei Beilagen, die Sie hier haben.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich kann nur sagen, was ich gemacht habe: Ich habe immer den Auftrag erteilt, alles, was abstrakt relevant ist, an den Untersuchungsausschuss zu liefern. Das ist etwas, was mir immer wichtig ist. Wenn an mich herangetragen wurde, dass gewisse Sachen nicht geliefert wurden oder nicht veraktet sind und daher nicht geliefert wurden, dann habe ich das beauftragt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gut, wir bekamen dann die Unterlagen, die sehr fundiert vonseiten der WKStA ausführen, wie ihr die Arbeit vonseiten Pilnacek, Fuchs, Soko erschwert wird. Haben Sie danach weiterhin keine Wahrnehmung gehabt, dass es möglicherweise zu politischer Einflussnahme auf das Strafverfahren kommt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Auf welche Kommunikation beziehen Sie sich noch einmal?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Auf die Argumentation in den seitenlangen Beilagen, die Ihnen bekannt ist.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Und Sie beziehen sich dann auf das Treffen, das mit der WKStA Ende Mai stattgefunden hat?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mhm, wo Ihnen diese Beilagen übergeben wurden.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es hat ein Treffen mit mir, meinen Kabinettsmitarbeitern, der Leiterin der WKStA und ein paar Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von ihr stattgefunden. Ich habe selbstverständlich diese Ak- - Also dieses Konvolut hat das Kabinett auch an sich genommen und prüfen lassen. Es wurde beantragt, hier die strukturelle Befangenheit zu prüfen, nämlich wurde von der WKStA beantragt, dass die Oberstaatsanwaltschaft die strukturelle Befangenheit prüft. Das ist passiert. Wir haben die dafür zuständige Präsidialsektion beauftragt, diese Prüfung vorzunehmen, und ich habe selbst auch meinen Kabinettsmitarbeiter beauftragt, zu prüfen, unter welchen Bedingungen eine Befangenheit gegeben ist.

Es war aus dem Konvolut – und das war erstens die Rückmeldung aus der Präsidialsektion, aber auch nach eigenen Recherchen – erkennbar, dass es sehr wohl manche Berichte, Berichtspflichten gab, die überbordend waren, dass aber nicht rechtswidrig gehandelt wurde – in dem Zusammenhang, dass jetzt eine Befangenheit der gesamten Oberstaatsanwaltschaft gegeben wäre. Sie wissen aber, es haben sich im Laufe der Zeit - - sind neue Sachen ans Tageslicht gekommen und deswegen wurden auch gewisse Schritte gesetzt. Es hat eine Suspendierung in meinem Ministerium gegeben, es hat - - der Leitende Oberstaatsanwalt der Oberstaatsanwaltschaft Wien ist nicht mehr für die Verfahren der WKStA und den Untersuchungsausschuss zuständig. Es hat also sehr wohl Konsequenzen gegeben, wenn etwas herangetragen wurde, das strafrechtlich relevant ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Entschuldigung, Frau Ministerin, aber spätestens Ende Mai war – nach diesem Treffen und diesen Argumentationen und den multiplen Vorgängen davor – schon ausreichend viel Substrat da. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.) Deswegen wiederum meine Frage, ob Sie nicht die Wahrnehmung hatten, dass es hier möglicherweise zu einer politischen Einflussnahme kam, insbesondere weil Christian Pilnacek dann viel später – im Februar – wegen einer anderen Sache, wegen Tojner suspendiert wurde. Dass Sie da kein Problem sahen – spätestens dann! –, ist mir nicht erklärlich, dementsprechend meine Frage.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Als Justizministerin ist es meine Aufgabe, nach dem Gesetz zu handeln und gesetzlich zu handeln, alles andere würde Amtsmissbrauch bedeuten. Daher prüfe ich alle Eingaben, die an mich herangetragen wurden. Insofern haben wir - - habe ich dieses Konvolut sowohl von der dafür zuständigen Präsidialsektion daraufhin prüfen lassen, ob eine strukturelle Befangenheit besteht, und ich habe – einen Moment! (die Auskunftsperson liest in den Unterlagen und berät sich mit ihrer Vertrauensperson) – selbst auch in meinem Kabinett beauftragt, dass nachgeschaut wird, unter welchen Voraussetzungen tatsächlich auch eine Befangenheit bestehen würde. Es hat sich jetzt so ergeben – also vielleicht auch, um die Rechtslage dazu zu klären –: Wenn etwas systematisch grob rechtswidrig oder unsachlich ist, also wenn die Vorgehensweise der Oberstaatsanwaltschaft systematisch grob rechtswidrig oder unsachlich ist, dann könnte man eine Befangenheit ableiten, aber nicht aus einzelnen überbordenden Berichtspflichten oder Berichtsaufträgen.

Dass es aber sehr wohl gewisse Berichtspflichten in diesem Konvolut drinnen gab, die meines Erachtens nicht notwendig und nicht in Ordnung waren – um nicht zu sagen: teilweise auch schikanös waren –, habe ich zum Anlass genommen, mit Oberstaatsanwalt Fuchs diesbezüglich auch noch einmal ein Gespräch zu führen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es geht um die Frage Ihres Vertrauens, dass hier jemand nicht aufgrund der Ausübung des Amtes das Ansehen dieses Amtes beschädigt, also sehr wohl auch um Suspendierungen. Pilnacek ist nun zum momentanen Zeitpunkt geklärt. Bei Fuchs stellt sich für mich auch die Frage, die ich an Sie richten möchte, warum Sie hier glauben, dass die Fachaufsicht jetzt unabhängig, also objektiv, ausgeübt wird, wenn Herrn Oberstaatsanwalt Fuchs hier zwar formell die Fachaufsicht entzogen wurde, er aber noch physisch präsent ist, und ob Sie hier garantieren können, dass nun ohne dessen Einfluss die Fachaufsicht über das Verfahren geführt wird, und warum.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, ich darf Sie bezüglich der Zulässigkeit der Frage fragen. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wo liegen wir denn im Zeitraum? Wir haben ja keine Nachwirkung. Wenn Sie heute sagen: Wie schaut die Situation heute in der Oberstaatsanwaltschaft aus?, so hat das mit den eigentlich zu untersuchenden Vorkommnissen 2017 bis 2019 nichts zu tun. Uns geht es primär immer um diese Zeit, daher ist es durchaus zulässig, zu fragen, was also mit Pilnacek und so weiter ist. Was aber die neue Führung der OStA anlangt, sehe ich keinen Zusammenhang. (Abg. Krainer hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es geht ja auch um Einfluss auf die Ermittlungen und die gelten bis heute. Da ist natürlich jede Änderung in den Ermittlungsbehörden Untersuchungsgegenstand.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wir haben aber trotzdem einen Untersuchungszeitraum, also den wollen wir nicht ganz weglassen. (Die Abgeordneten Krisper, Krainer und Hanger heben die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Und es geht um die Wahrnehmung dazu und nicht um die Frage, was passiert.

Frau Abgeordnete – ich weiß nicht, wer zuerst war – Krisper, oder? – Hanger war zuerst.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Also recht viel eindeutiger können wir ja nicht mehr außerhalb des Untersuchungszeitraumes sein. Wie der Herr Verfahrensrichter richtigerweise ausgeführt hat: Wenn quasi ein Zusammenhang mit dem Untersuchungszeitraum herstellbar ist, okay, dann kann man das natürlich auch interpretieren und es ist eine Auslegungssache, aber wenn es quasi um eine konkrete Handlung geht, die außerhalb des Untersuchungszeitraumes passiert, ist das ja gar nicht mehr eindeutig. Ich kann das nur unterstützen, was der Herr Verfahrensrichter gesagt hat. (Abg. Matznetter hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zuerst Abgeordneter Krainer dann Krisper und Matznetter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Bei den Ermittlungen gibt es keinen abgegrenzten Untersuchungszeitraum. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Den kann es auch gar nicht geben, sonst hätten wir zum Beispiel überhaupt keine einzige Frage zur Feststellung des Videos, zur Übergabe des Videos stellen dürfen, weil das natürlich alles außerhalb des Untersuchungszeitraumes war. Die Ermittlungen beziehen sich aber auf den Untersuchungszeitraum, auch das, was gestern in den Ermittlungen passiert ist, muss auch noch immer Gegenstand des Untersuchungsausschusses sein können, weil es um die mutmaßliche politische Einflussnahme auf diese Ermittlungen geht.

Deswegen ist jede Änderung – vor allem politisch veranlasste Änderung – bei Ermittlungsbehörden natürlich Untersuchungsgegenstand, auch wenn sie erst ab dem Jänner 2020 passieren. Es wurden hier bereits Dutzende Fragen zu Ermittlungshandlungen, die nach Dezember 2019 passiert sind, also quasi außerhalb des eigentlichen Untersuchungszeitraumes, gestellt und zugelassen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Krisper, bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bin sehr verwundert, weil wir ja immer zu den Ermittlungen bis hin in die jeweilige Gegenwart des Befragungstages gefragt haben. Es scheint – abgesehen von dieser Usance, auf die ich jetzt, wenn da kein Argument wäre, nicht viel halten würde – aber auch argumentativ ganz klar, weil es hier auch eine Personalunion der Personen, die hier tätig sind, und derer, die im Untersuchungszeitraum tätig waren, gibt und dementsprechend ein Verhalten, das hier aufklärungsbedürftig wäre, bis hin zur Gegenwart auch relevant wäre, nachwirkend für ihr Verhalten während des Untersuchungszeitraumes. Bei den Ermittlungsverfahren war es bis jetzt immer so, dass wir bis in die Gegenwart fragen konnten, weil wir auch bis in die Gegenwart die Akten erhalten. (Abg. Hanger hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Matznetter und dann Abgeordneter Hanger.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde gerne die Wortmeldungen von Abgeordnetem Krainer und Abgeordneter Krisper unterstützen, und zwar mit einem ganz einfachen Hinweis: Um zu beurteilen, wie die Fachaufsicht während der Zeit des Untersuchungszeitraumes gewirkt hat, muss es zulässig sein, zu fragen, wie es jetzt gehandhabt wird und – um dann die Folgewirkungen beurteilen zu können – ob die Fachaufsicht im Rahmen der Ibizaermittlungen im Untersuchungszeitraum korrekt funktioniert hat.

Um aber beurteilen zu können, wie sie gemacht gehört und was unter Umständen in dieser Zeit falsch gemacht wurde, muss die Frage zulässig sein, wie denn das jetzt funktioniert, sonst kann ich ja diese Erkundung nicht machen, um dann im Ermittlungszeitraum eine politische Verantwortlichkeit oder ein Missverhalten in der Verwaltung während der Zeit des Untersuchungsgegenstandes feststellen zu können. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich glaube, es geht vor allem um die Frage der Wahrnehmung, aber bitte. Es geht nicht um die Frage, dass wir den Zeitraum nicht zulassen, wenn er dementsprechend auch wirklich hergeleitet werden kann. Es ist eindeutig festzustellen, dass es einen Bezug gibt, aber es geht auch immer um die Fragestellung zur Wahrnehmung.

Bitte, Abgeordneter Hanger.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bin ja gespannt, ob Kollege Krainer oder Kollegin Krisper nach der Befragung wieder von mühsamen Geschäftsordnungsdebatten sprechen. Ja, aber die sind schon wirklich von euch angezettelt, weil eine klare Einschätzung des Verfahrensrichters ja längst am Tisch liegt.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Also keinesfalls lässt sich damit aber vereinen, dass Sie hier die Eindrücke der Ministerin abfragen. Das würde sogar der Argumentationslinie des Abgeordneten Matznetter widersprechen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Stellen Sie noch einmal die Frage außerhalb Ihrer Redezeit, dass wir sie noch einmal beurteilen können, Frau Abgeordnete Krisper! Dann können wir sie auch ganz klar noch einmal beurteilen.

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage war, ob Sie, Frau Ministerin, die Wahrnehmung haben, dass jetzt, weil Sie zwar die Fachaufsicht Herrn Oberstaatsanwalt Fuchs für den Fall entzogen haben, er aber dennoch in der Justiz physisch weiterhin präsent ist, hier die Ermittlungen effizient und unabhängig und ohne Störfeuer vorgenommen werden können.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ja, bitte. – Sie ist zuerst nicht so gestellt worden, nur zur Klarheit.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also die Frage ist jetzt innerhalb des Untersuchungszeitraumes, habe ich jetzt verstanden, oder ist zu beantworten?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ja, bitte.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also nachdem ja gewisse Punkte bekannt wurden, hat der LOStA Fuchs nicht mehr die Fach- und Dienstaufsicht über die WKStA und auch nicht - - und bearbeitet auch keine Verschlusssachen mehr. Gegen seine Vertreter liegt meines Wissens nach auch nichts strafrechtlich Relevantes vor, und seine Vertreter üben jetzt die Fach- und Dienstaufsicht über - - gerade wenn es um das Ibizaverfahren geht. Wenn es Vorwürfe oder Sachen, die hier nicht gesetzeskonform ablaufen sollten, gibt, so bitte ich, das an mich heranzutragen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie sind sich der Aussagen von Oberstaatsanwalt Fuchs im Untersuchungsausschuss bewusst, die ist Ihnen bekannt, nämlich dass er nicht ausschließen kann, dass er mit Pilnacek noch zu Verfahren in Korrespondenz stand, als dieser nicht mehr zuständig war, und dass bei der Auswertung des Mobiltelefons von Pilnacek auch klar wurde, dass es Dokumente gab, die übermittelt wurden. Dennoch schreiben Sie in einer Anfragebeantwortung an mich, dass Sie von einer Suspendierung Abstand nahmen, weil es Ihnen ausreichend erschien, die Fachaufsicht für das Verfahren zu entziehen.

Sehen Sie das noch immer so, nachdem bekannt wurde – und ich lege den Artikel „So wollte Pilnacek an die Mails der WKStA kommen“ vor –, nachdem aufgrund dieser Chats bekannt wurde, dass innerhalb der OStA geplant war, die E-Mails der WKStA-Mitarbeiter sicherzustellen, oder haben Sie langsam die Wahrnehmung, dass es eine politische Einflussnahme auf das Verfahren gibt und auf jeden Fall gab? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Da ist Oberstaatsanwalt Fuchs ganz klar eingebunden, OStA weiß Bescheid, und auf Seite 5: „Laut Hans besprechen“ das die Beamten der OStA „morgen um 10:00“, wie man an die E-Mails der WKStA herankommt.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Frage war noch zur Wahrnehmung der politischen Einflussnahme.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ob Sie langsam die Wahrnehmung haben, dass da Einfluss genommen wird.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie sind schon 40 Sekunden über Ihrer Fragezeit.

Frau Minister! Die Frage war, ob Sie jetzt Wahrnehmungen haben, dass es da mögliche politische Einflussnahme durch Pilnacek gegeben hat.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe jetzt nicht die Zeit, alle hier vorgelegten Nachrichten zu analysieren. Wenn Sie mich fragen, ob es Weisungen gegeben hat, in welchem Zusammenhang auch immer: Also ich müsste mir das eigentlich genau anschauen, um zu sagen, was dann passiert ist. Sie haben auch von irgendeiner parlamentarischen Anfrage an mich geredet. Könnten Sie mir die auch vorlegen? Aber ich weiß nicht - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Das machen wir in der nächsten Runde, bitte.

Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Frau Bundesministerin, in Ihrem Eingangsstatement haben Sie gesagt, Ihr zentrales Anliegen ist der Schutz der Staatsanwaltschaften. Können Sie mir erklären, wovor Sie die Staatsanwaltschaften schützen wollen? (Abg. Matznetter: Vor der Familie!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensanwalt.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Das bezieht sich ja wieder auf den derzeitigen Zeitpunkt und hat also mit den Erhebungen über das Ibizavideo auch nicht im Entferntesten etwas zu tun.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich darf die Frage präzisieren: Haben Sie Wahrnehmungen über Vorfälle im Untersuchungszeitraum oder im Zusammenhang mit den Ermittlungen in der Ibizaaffäre, die Sie veranlassen, dass Sie die Staatsanwaltschaften schützen müssen? (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Frau Abgeordnete Tomaselli.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender! Bei uns in der Verfahrensordnung ist ja normiert, dass wir nicht unterstellende, aber vor allem auch bestimmte Fragen stellen. Ist das jetzt nicht sehr allgemein formuliert?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wir sind zwar im Untersuchungszeitraum, nur war die Auskunftsperson meines Wissens zu dieser Zeit noch nicht Ministerin.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsordnung: Auch wenn sie nicht Ministerin war, kann sie Wahrnehmungen dazu haben. (Abg. Stögmüller: ... sie war Abgeordnete!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ja. Ob sie Wahrnehmungen hat, wird sie beantworten. (Abg. Tomaselli hebt die Hand.) – Bitte.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, aber die Auskunftsperson war damals Abgeordnete im Haus, und hier im Untersuchungsausschuss untersuchen wir ja vor allem das Verwaltungshandeln und das Handeln der Regierenden und weniger das unserer Abgeordnetenkollegen, auch wenn es damals Abgeordnetenkollegen waren und jetzt eben Regierende sind. (Abg. Stocker hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Mich amüsiert das wirklich. Im Eingangsstatement sagt die Frau Bundesministerin, ihr zentrales Anliegen als Ministerin ist der Schutz der Staatsanwaltschaften, und bezieht sich da ganz klar auf ihre heutige Vernehmung im Untersuchungsausschuss. Wenn man dann fragt, wovor sie die Staatsanwaltschaften schützen will, dann darf man das nicht tun, weil das dann angeblich auf einmal keine Relevanz hat und die Frau Ministerin gar nicht in der Vollziehung, sondern noch in der Gesetzgebung war. Ich halte das für sehr bemerkenswert, aber es soll so sein. Ich halte die Frage aufrecht. Wenn sie der Herr Verfahrensrichter für nicht zulässig erachtet, stelle ich die nächste.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Die zuletzt gestellte Frage nach der Wahrnehmung während ihrer Zeit als Abgeordnete ist natürlich zulässig, weil auch Abgeordnete Wahrnehmungen hinsichtlich der Ermittlungen in der Ibizaaffäre haben können. Das ist ja nicht ausgeschlossen.

*****

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also können Sie mir noch einmal die Frage wiederholen? Geht es um - - Wann und - - Welche Wahrnehmungen wollen Sie von mir?

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich wiederhole die Frage außerhalb meiner Redezeit. Ich habe Sie gefragt, ob Sie Wahrnehmungen dazu haben, dass es Vorfälle gibt, die sich auf den Untersuchungszeitraum und die Ermittlungen in der Ibizaaffäre beziehen und Vorfälle sind, die geeignet sind, dass Sie die Staatsanwaltschaft vor diesen Machenschaften, Umständen, Situationen in Schutz nehmen müssen, ob Sie Wahrnehmungen zu solchen Vorfällen haben, die sich auf den Untersuchungsgegenstand, Ermittlungen in der Ibizaaffäre, und den Untersuchungszeitraum beziehen.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also Sie packen da in die Frage – wenn ich mir diesen Kommentar erlauben kann – zwei Fragen hinein, nämlich das, was ich im Eingangsstatement zu der Stärkung der Unabhängigkeit der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungshandlungen und dem Schutz der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsarbeit vor unzulässiger Einflussnahme gesagt habe. Das hat nichts mit Wahrnehmungen zu tun, das ist für mich ein zentrales politisches Anliegen. Das haben wir auch im Regierungsprogramm so vereinbart, das haben wir als Regierungskoalition auch gemeinsam beschlossen, dass die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt wird. Ich habe aufgezählt, wie das zu passieren hat. Jegliche unzulässige Einflussnahmen sind natürlich nicht erlaubt. Da geht es darum, das in diesem Zusammenhang noch einmal auch zu betonen.

Wenn Sie mich über Ermittlungsarbeiten der Staatsanwaltschaft zu einer Zeit befragen, als ich Abgeordnete war, so, kann ich Ihnen sagen, hatte ich keine Wahrnehmungen über das Ibizaverfahren.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen, ob es unzulässige Einflussnahmen auf die Ermittlungen in der Ibizaaffäre gegeben hat?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Frage hat, glaube ich, auch der Verfahrensrichter gestellt. Ich glaube, dass hier dieser Untersuchungsausschuss dazu da ist, die politischen Konsequenzen zu ziehen und zu schauen, ob es hier politische Einflussnahmen gab, und es ist auch die Frage der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Ich möchte weder dem einen noch dem anderen vorgreifen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Der Herr Verfahrensrichter hat sich konkret auf politische Einflussnahme bezogen. Ich frage, ob es nach Ihrer Wahrnehmung unzulässige Einflussnahmen auf die Ermittlungen in der Ibizaaffäre gegeben hat. (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Jede unzulässige - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Frau Abgeordnete Tomaselli.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Unzulässige Einflussnahmen wären ja jedenfalls strafrechtlich relevant, und die Frau Justizministerin ist eben kein Teil der unabhängigen Gerichtsbarkeit, sondern Teil der Regierung. Wenn, dann müsste das meiner Auffassung nach ein unabhängiges Gericht klären. (Abg. Stögmüller: Das ist ja auch disziplinarrechtlich relevant!)

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Unzulässig ist nicht zwingend strafrechtlich relevant. Es gibt für den Beamten viele Dinge, die unzulässig sind, ohne dass sie deshalb durch das Strafrecht bedroht sind. Also diese Frage würde ich für zulässig erachten. (Abg. Stögmüller: Ja, aber disziplinarrechtlich!)

*****

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielleicht können Sie, Herr Abgeordneter, Ihre Frage etwas konkretisieren, damit ich das einschränkend auch beantworten kann, aber wenn Sie „unzulässige Einflussnahmen“ sagen, kann ich - - Es ist erstens meines Erachtens auch eine Unterstellung, weil jede Beeinflussung eines Ermittlungsverfahrens eine unzulässige Beeinflussung eines Ermittlungsverfahrens wäre, etwas, das - - Also wenn ich Wahrnehmungen dazu habe, wäre ich auch dazu verpflichtet, sowohl disziplinarrechtlich als auch strafrechtlich dagegen vorzugehen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Außerhalb meiner Redezeit präzisiere ich die Frage: Ich verwende - - (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nur keine Aufregung! Sie brauchen sich gar nicht aufzuregen. Ich akzeptiere das eben nur dann, wenn ich es akzeptiere und nicht, wenn der Abgeordnete sagt: außerhalb der Redezeit! Das gilt für alle Abgeordneten, bitte sehr.

Stellen Sie die nächste Frage, Herr Abgeordneter Stocker!

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ja, es ist schon so: Wenn ich immer Fragen präzisieren soll, die eh präzise genug sind, dann ist das meines Erachtens außerhalb der Redezeit.

Ich habe die Worte der Frau Bundesminister verwendet, die gesagt hat, sie will die Staatsanwaltschaften „vor unzulässiger Einflussnahme“ schützen, und ich habe sie gefragt, ob es Wahrnehmungen gibt, ob es unzulässige Einflussnahmen bei den Ermittlungen in der Ibizaaffäre gegeben hat – Punkt. So schwer ist das nicht.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe die Frage vorhin auch beantwortet, aber ich kann gerne noch mal näher ausführen. Es geht auch um jeglichen - - Es geht auch darum – und das ist auch meine Aufgabe als Justizministerin –, sicherzustellen, dass jeglicher Anschein einer Befangenheit - -, dass es keinen Anschein einer Befangenheit im Verfahren gibt, und deswegen habe ich auch die Punkte aufgezählt, die ich in meiner Amtszeit auch gemacht habe: zum einen die Teilung der Strafrechtssektion, zum anderen die Reduktion der Berichtspflichten, weil ich auch nicht will, dass irgendein Anschein irgendeiner unzulässigen Einflussnahme entstehen könnte.

Was wichtig und zentral ist – und das gibt uns sogar die Europäische Kommission vor –: Wir müssen sicherstellen – und da bin ich als Justizministerin auch gefordert –, dass die staatsanwaltschaftliche - -, dass die Staatsanwaltschaften unabhängig ermitteln können.

Ich habe einige Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, ich habe ein Großverfahren evaluieren lassen, ich habe die Sektionschefin der Sektion V zuständig für Einzelstrafsachen, damit beauftragt, zu prüfen, wie wir die Unabhängigkeit noch weiter stärken können, nämlich im Zusammenhang mit diesen Berichtspflichtenerlass. Also das sind viele Punkte, die ich als Justizministerin auch gemacht habe und nach wie vor tue, um die unabhängige Ermittlungsarbeit sicherzustellen, weil ich jeglichen Anschein irgendeiner Befangenheit von vorneherein vermeiden möchte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich halte fest, dass ich die Befangenheit nicht abgefragt habe. Offensichtlich gibt es keine unzulässige Einflussnahme. Ich nehme das zur Kenntnis und lege Ihnen einen Artikel aus dem „Kurier“ vom heutigen Tag vor und bitte Sie, sich diesen anzusehen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Meine Frage ist: Kennen Sie diesen Artikel oder haben Sie ihn schon gekannt, bevor ich ihn jetzt vorgelegt habe?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe den Artikel heute in der Früh gelesen, ja.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): In diesem Artikel wird ein Aktenkonvolut von 103 Seiten des Herrn Oberstaatsanwaltes Fuchs genannt. Kennen Sie dieses Konvolut?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das - - Ich weiß vom Konvolut, aber ich kenne nicht die genauen Details des Konvoluts, aber ich weiß, dass es seine Existenz gibt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie es gelesen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Nein.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen zu dem, was in diesem Artikel aus dem Konvolut zitiert wird?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Können Sie das näher ausführen, bitte?

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt Fuchs hat in diesem Konvolut offensichtlich ausgeführt, dass bei der WKStA 40 Staatsanwälte arbeiten, aber primär geht es um vier, „die, so die Kritik von Fuchs, ‚die Aufsichtstätigkeit der Oberbehörden in clamorosen Strafsachen bewusst und systematisch infrage stellen‘.“

Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wenn Sie erlauben, werde ich das nur ganz kurz noch einmal nachlesen. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Also wie schon eingangs gesagt: Ich habe das Konvolut nicht im Detail gelesen. Ich weiß, dass es das gibt. Das wurde an das Justizministerium herangetragen. In diesem Konvolut wird generell über das Vertrauensverhältnis gesprochen und auch darüber, dass hier einfach - - Also nämlich von der Oberstaatsanwaltschaft Wien wird auch gesagt, dass es hier ein gewisses Misstrauen der WKStA gegenüber der Fachaufsicht gibt. Die Oberstaatsanwaltschaft hat eben auch angeregt, da disziplinarrechtlich vorzugehen, weil die Berichte, wie sie geschrieben waren, auch gewisse Formulierungen enthalten haben, die die Fachaufsicht - -, also die jetzt darauf hinweisen, dass das Verhältnis zwischen der WKStA und der OStA nicht – um das euphemistisch zu sagen – das beste ist.

Vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Monate versteht man freilich auch – natürlich! –, woher das Misstrauen kommt. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat aber angeregt, dass man hier disziplinarrechtlich vorgeht. Ich habe damals diesen Bericht bekommen und auch wieder an die zuständige Sektion meines Hauses weitergeleitet und mit ihnen auch - -, sie beauftragt, das zu prüfen und die weitere Vorgehensweise zu besprechen.

Ich habe sie auch beauftragt – eben nach dem Ersuchen, dass disziplinarrechtlich vorzugehen ist –, auch disziplinarrechtliches Vorgehen zu prüfen, und habe mit den ‑ - Nach Gesprächen mit der Sektion sind wir übereingekommen, dass es weitere Gespräche mit den Beteiligten geben wird, aber dass hier keine disziplinarrechtlichen Schritte zu setzen sind.

Ich habe auch jetzt vor Kurzem die Sektionschefin meines Hauses beauftragt. Sie wissen, es haben sich die Ereignisse der letzten Monate überschlagen.

Vielleicht auch Ihre Feststellung von vorhin: Sie haben gesagt - - Also Ihre Feststellung von vorhin möchte ich schon noch kurz aufgreifen, denn Sie wissen, ein Sektionschef bei mir im Haus ist suspendiert, und es laufen dienstrechtliche und strafrechtliche Ermittlungsverfahren auch gegen Oberstaatsanwalt Fuchs und auch gegen Sektionschef Pilnacek. Da sind auch gewisse Vorwürfe drinnen, die ich selbstverständlich als Justizministerin nicht kommentieren kann und nicht kommentieren werde. Daher ist Ihre Schlussfolgerung auch insofern zu hinterfragen, also zum einen, und zum anderen habe ich – aufgrund einerseits der Suspendierung des Sektionschefs, andererseits auch der Situation des Oberstaatsanwalts Fuchs – die Sektionschefin in der dafür zuständigen Sektion beauftragt, die neue Situation jetzt noch einmal zu prüfen und zu schauen, wie jetzt die Fach- und Dienstaufsicht funktioniert.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ja. Ich darf nur festhalten, dass die Fragen unter Wahrheitspflicht zu beantworten sind und die Entschlagungsrechte in der Geschäftsordnung, die Ihnen ja aus Ihrer Zeit als Abgeordnete bekannt ist, definiert sind. Das, was Sie jetzt genannt haben, fällt meines Erachtens nicht darunter.

Meine Frage ist aber: Warum wurde dieses 103-Seiten-Konvolut dem Untersuchungsausschuss nicht geliefert?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: So viel mir bekannt wurde - - Also ich habe das heute in der Früh gelesen. – Bitte? (Der Vorsitzende berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Minister, Sie sind am Wort.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe dann auch nachgefragt. Es gibt einen ergänzenden Beweisbeschluss dazu, wie ich gehört habe. Das wurde dann - -, ist geprüft worden, und ich gehe davon aus, dass das geliefert wird oder geliefert wurde. Das weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich schaue mir nicht jede Lieferung an, ganz im Gegenteil. Ich sage, ich habe beauftragt, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Ministerium alles, was abstrakt relevant ist, zu liefern haben, und stehe auch dann jederzeit gerne bereit, wenn es ergänzende Beweisanforderungen gibt, diese auch zu liefern.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen, dass auch das, was nicht angefordert ist, wenn es von abstrakter Relevanz ist, mit den Unterlagen mitzuliefern ist, weil alles bei den Aktenanforderungen vorzulegen ist?

Und meine Frage ist: Halten Sie das, was in diesem Konvolut steht, für abstrakt relevant für den Untersuchungsausschuss? Haben Sie dazu Wahrnehmungen, dass der Inhalt für uns abstrakt relevant ist? (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung: Abgeordnete Tomaselli.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Die Auskunftsperson kann diese Frage gar nicht beantworten, weil sie gesagt hat, sie hat das Konvolut nicht gelesen und kennt den Inhalt nicht (die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson) – und somit kann sie auch nicht bewerten, ob es relevant ist oder nicht.

Vorlegen tun es normalerweise diejenigen, die die Besitzer dieser Dokumente sind – und das ist nun, so, wie ich der Ausführung der Justizministerin gefolgt bin, nicht die Justizministerin. Die hat das Dokument ja gar nicht.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Die Frage, ob Sie Wahrnehmungen hat, ob dieses Dokument relevant für den Untersuchungsausschuss ist, ist meiner Meinung nach jedenfalls zulässig. Sie kann das ja, nehme ich an, aus eigener Wahrnehmung sagen, ob sie dazu etwas sagen kann oder nicht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte nur ausführen, dass ich auch gerne zur Kenntnis nehme, dass die Frau Bundesminister ein derartiges Dokument nicht kennt, wenn sie keine Wahrnehmungen dazu hat.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesminister. (Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson, Verfahrensrichter-Stellvertreter und Verfahrensanwalt. – Abg. Stögmüller: ... unabhängige Justiz, das muss der Kollege Hanger mal lernen!)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wie ich vorher ausgeführt habe, habe ich das Dokument nicht gelesen, also kann ich nicht über jede einzelne Seite - -, habe ich nicht über jede einzelne Seite meine eigenen Wahrnehmungen; aber ich habe mich mit der Sektion III dazu ausgetauscht, als es vorgelegt wurde. Es hat dann Beweis- - Mir wurde berichtet, dass es eine ergänzende Beweisanforderung dazu gibt. Die dafür zuständige Sektion hat das geprüft, und hat - - oder wird vorlegen oder - - Das weiß ich jetzt nicht, ja.

Ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, weil ich persönlich das nicht prüfe - - Das sind nicht meine, das ist nicht - - Ich persönlich prüfe die einzelnen Daten nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wir haben ja in der Vergangenheit mit Aktenlieferungen und damit, wie damit umgegangen wird, wenn Bundesminister den Auftrag geben, dass vollständig geliefert werden muss, so unsere Erfahrungen gemacht.

Sie haben gesagt, Sie haben den Auftrag gegeben. Haben Sie es auch kontrolliert? Haben Sie irgendetwas getan, um zu überprüfen, ob alles geliefert wird?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe mehrfach festgestellt und festgehalten, dass abstrakt relevantes Material zu liefern ist; und das habe ich auch sowohl der Sektion III, die dafür zuständig ist, als auch der Sektion V immer wieder auch in E-Mails mitgeteilt beziehungsweise von meinem Kabinett mitteilen lassen, dass abstrakt Relevantes für den Untersuchungsausschuss zu liefern ist, sei es in der Staatsanwaltschaft oder bei mir im Kabinett.

Und ich glaube, wenn Sie sich anschauen, wie viele Seiten und Akten das Justizministerium bis jetzt geliefert hat und jeden Monat immer noch liefert, dann, glaube ich, können Sie durchaus sagen, dass das Justizministerium umfassend liefert und auch allen Beweisanforderungen nachkommt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sie sind ja von Beruf Anwältin, und ich darf daher die Kenntnis des Artikel 90a des Bundes-Verfassungsgesetzes voraussetzen – und auch der Kommentare, die Ihnen wahrscheinlich bekannt sind, auch vom Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes –, dass die Staatsanwaltschaften selbstverständlich nicht unabhängig, sondern weisungsgebunden sind.

Und in diesem Zusammenhang frage ich Sie, ob es Ihre Aufgabe ist, sich als Weisungsspitze in Ihrem Ministerium um diese Angelegenheiten, die aus dem Artikel hervorgehen, den ich Ihnen vorgelegt habe, und von Oberstaatsanwalt Fuchs beschrieben worden sind, auch als Ministerin zu kümmern. (Ruf: Ist das eine Rechtsauskunft?) – Das ist keine Rechtsauskunft, sondern das ist die Frage, ob es für die Frau Bundesminister nach ihren Wahrnehmungen aus diesem Artikel Handlungsbedarf gibt. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Diese Frage ist zulässig, die letzte. (Abg. Stögmüller: ... zur Geschäftsordnung!)

Die letzte Frage ist in der Form zulässig: ob Sie aus diesem Artikel heraus Wahrnehmungen haben, einschreiten zu müssen.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Könnten Sie mir sagen, auf welche Passage dieses Artikels Sie sich beziehen und welches Einschreiten von mir aus welchen da zitierten Punkten - -, oder wo sehen - - Ja, spezifizieren Sie einfach Ihre Frage, bitte!

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wenn Sie den Artikel durchlesen, finden Sie da eine Reihe von Angaben von Oberstaatsanwalt Fuchs, der zur WKStA, auch zu der Vorgangsweise von Frau Jilek hinsichtlich der Weisung des damaligen Ministers Jabloner Ausführungen gemacht hat. Wenn Sie sich das bitte durchlesen! Und Sie können es ja dann nach Ihrer Wahrnehmung sagen, dass, wenn Sie das alles lesen, es für Sie von keiner Relevanz ist, schon von Relevanz ist, und was Sie zu tun gedenken.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich würde Sie wirklich noch einmal bitten, Herr Abgeordneter, mich darauf hinzuweisen, welche - - (Abg. Stögmüller: Entschuldigung, zur Geschäftsordnung!), weil das ein Artikel von einer Journalistin ist, der Sachen zusammenfasst. Ich würde Sie wirklich bitten, mir kurz zu zitieren, aus welcher Passage in diesem Artikel Sie eine Vorgehensweise von mir sehen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stögmüller, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie mich doch einmal drannehmen. Ich sehe da eine Rechtsauskunft dahinter. Warum soll die Ministerin irgendeine Weisung machen? Das ist meiner Meinung nach eine Rechtsauskunft; Kollege Stocker verlangt da von der Frau Ministerin, dass sie aus einem aktuellen Anlass – aus einem Dokument, das uns nicht vollständig vorliegt, von einer Journalistin von gestern Abend – herauszitieren soll, aus zitierten Passagen irgendeine Rechtsmeinung ableiten soll.

Ich verstehe nicht, warum Sie das zulassen. Können Sie das vielleicht erläutern?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stocker, zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP: (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsordnung: Zum einen bin ich, glaube ich, nicht verpflichtet, ein Dokument, das ich vorgelegt habe, auch noch vorzulesen. Soweit sollte jede Auskunftsperson in der Lage sein, das selbst zu tun.

Ich habe auch nicht nach einer Rechtsauskunft gefragt, sondern nach Maßnahmen, die allenfalls daraus abgeleitet werden, wenn das die Wahrnehmungen sind, die da dokumentiert sind. Dass aus einem Zeitungsartikel unter Anführungszeichen zitiert wird – also ein Zitat, und nicht eine Meinung des Journalisten –, heißt, dass aus dem Dokument zitiert wird. Damit haben ja auch die Kollegen der anderen Fraktionen ausreichend Erfahrung hier im Ausschuss. Ich halte das für selbstverständlich zulässig, dass so gefragt wird – und es geht nicht um Rechtsausführungen. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in den Unterlagen.)

Die Frau Minister selbst hat die Berichtspflichten, die ihrer Meinung nach überbordend sind, worüber wir uns vielleicht noch unterhalten können, hier angeführt, sodass ich frage, ob sie in ihrer Funktion als Weisungsspitze im Ministerium gegenüber den Staatsanwaltschaften Handlungsbedarf aus diesen zitierten Angaben sieht oder nicht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Hanger!

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Wir haben schon die bemerkenswerte Situation, dass Herr Oberstaatsanwalt Mag. Purkart vor einigen Wochen diesen Bericht zitiert, wir ihn alle vor einigen Wochen nicht kennen. Wir machen eine ergänzende Beweismittelanforderung und bis zum heutigen Tag liegt dieser Bericht nicht vor. Wir müssen aus den Medien zitieren. Das ist eine Situation, die in Wirklichkeit ja unglaublich ist – und dieses Dokument, Frau Ministerin, ist schon sehr zentral, weil es diesen Konflikt zwischen der WKStA und der Dienst- und Fachaufsicht beschreibt. Das ist ganz zentral, weil wir, glaube ich, alle ein Interesse daran haben, dass dieser Konflikt aufgelöst wird – und es irritiert ein bisschen, wenn Sie dieses Papier nicht im Detail kennen, sondern eine zuständige Sektion damit beauftragen. Das ist schon der Sachverhalt, der nun für mich da im Mittelpunkt steht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stögmüller, zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Na, und Herr Verfahrensrichter, bitte können Sie das auch einordnen? Wir reden nun über aktuelle Maßnahmen, die die Frau Ministerin aktuell umsetzen soll, darüber, Berichtspflichten einzuschränken, und alles Mögliche. Was hat das bitte mit dem Untersuchungsgegenstand - - Das ist ja kein Justizausschuss, in dem wir über aktuelle Ereignisse diskutieren, die die Frau Ministerin jetzt durchführt, sondern da geht es um einen Untersuchungsgegenstand und den Untersuchungszeitraum.

Wir haben dieses Dokument nicht vorliegen. Es ist ein Zitat aus einem „Kurier“-Artikel. Ich bitte, das schon ein bissl einzudämmen, dass wir im Untersuchungsgegenstand sind, und nicht über aktuelle Ereignisse, die die Frau Ministerin vielleicht vorhat, zu diskutieren.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung? – Dann darf ich den Herrn Verfahrensrichter bitten.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Abgesehen davon, dass wir tatsächlich wieder in der Problematik sind, dass wir nicht aktuelle Geschehnisse kommentieren, steht dem aber ganz massiv der Art. 53 Abs. 4 der Bundesverfassung entgegen. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Da besteht weder die Vorlagepflicht noch die Auskunftspflicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung – oder von einzelnen ihrer Mitglieder – oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird. Wir können also ein Mitglied der Bundesregierung nicht danach fragen, was es zu bestimmten Vorfällen zu tun gedenkt – daher: unzulässig.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage, bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen, dass Sie die WKStA vor der Fach- und Dienstaufsicht schützen müssen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich möchte nur kurz auch ausführen, weil das, glaube ich, in meiner Beantwortung untergegangen ist, dass dieser Bericht von der Oberstaatsanwaltschaft an das Justizministerium geliefert wurde – jetzt nicht mir persönlich, sondern dem Justizministerium. Das wurde mir bekanntgegeben, und es wurde mir auch bekannt gegeben, dass es da Punkte gibt, über die sich die Oberstaatsanwaltschaft Wien über die WKStA beschwert.

Ich habe die dafür zuständige Sektion, die für das Disziplinarrecht zuständig ist, damit beauftragt, zu prüfen, ob hier disziplinarrechtlich vorzugehen ist – und ich als Justizministerin verlasse mich auch auf die Einschätzung der dafür zuständigen und erfahrenen Beamtinnen und Beamten in meinem Ministerium, die sich im Disziplinarrecht sehr gut auskennen –, mir zu sagen, ob hier ein disziplinarrechtliches Vorgehen angebracht ist oder nicht. Nach einem Gespräch mit der dafür zuständigen Sektion wurde das Substrat, das für disziplinarrechtliches Vorgehen geliefert ist, für nicht ausreichend empfunden. Das ist das, was mir mitgeteilt wurde.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen, ob irgendeine andere Staatsanwaltschaft in Österreich außer der WKStA ähnliche Probleme mit der Dienst- und Fachaufsicht hat?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie sprechen diesen Konflikt zwischen der WKStA und der Oberstaatsanwaltschaft an – und das ist ein Konflikt, der Jahre zurückliegt, also seit Jahren eigentlich schon besteht, muss man fairerweise sagen, und das hat der - - Die Vorgängerminister haben versucht, das in den Griff zu bekommen; es ist ihnen nicht gelungen. Ich habe diesen Konflikt geerbt und habe mich seit Beginn meiner Amtszeit in vielerlei Momenten damit beschäftigt, zahlreiche Gespräche zu führen – sowohl mit der Leiterin der WKStA als auch mit dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft als auch der jetzt zuständigen Sektionschefin –, und werde das auch weiterhin tun, weil es mir ein großes Anliegen ist, dass die Dienst- und Fachaufsicht reibungslos funktioniert.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie konkrete Wahrnehmungen, welche überbordenden Berichtspflichten die Ermittlungen in der Ibizaaffäre behindert hätten?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: An mich beziehungsweise an das Ministerium wurden sowohl von der WKStA als auch von der Oberstaatsanwaltschaft Wien Berichte oder Konvolute übermittelt. Die WKStA hat sich darüber beschwert, dass sie zu viele Berichte schreiben.

Anfang des Jahres wurde das auch ausgehoben, wie viele Berichte jetzt tatsächlich auch geschrieben wurden. Die Statistik kann ich Ihnen sagen, ich muss es nur kurz finden – das zum einen. Sie haben sich auch über zu viele und überbordende Berichte beschwert, die sie und ihre Kapazitäten insofern binden, als sie letzten Endes diese Kapazitäten dann nicht für die Ermittlungen frei haben.

Und das Zweite ist, dass die Oberstaatsanwaltschaft Wien auch Konvolute an mich beziehungsweise an das Ministerium übermittelt hat, wo sie sich über die Vorgehensweise oder den Ton in manchen Berichten beschwert.

Ich habe beides zum Anlass genommen, das von der zuständigen Sektion auch prüfen zu lassen – nämlich von den Beamtinnen und Beamten, die für das Dienstrecht zuständig sind, und diese Beamtinnen und Beamten haben auch mir beziehungsweise meinem Kabinett ihre Einschätzung mitgeteilt; und ich versuche, hier auf unterschiedlichsten Ebenen diesen Konflikt auch, wenn man es so sagen will, zu schlichten. Dort, wo disziplinarrechtlich oder strafrechtlich vorgegangen werden muss, weil es Verdachtsmomente gibt, greifen bestimmte Verfahren, und dort, wo das nicht der Fall ist, habe ich das auch möglichst zeitnah den Behörden, die das an mich herangetragen haben, mitgeteilt, weil mir einfach wichtig ist: Alle Verdachtsmomente, die da sind, sollen auch dem Justizministerium gemeldet werden. Ich veranlasse, dass das so schnell wie möglich geprüft wird und dass die Stelle, die ihre Beschwerde einreicht, um das technisch zu sagen, auch möglichst rasch die Antwort auf ihr Begehren bekommt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich darf Ihnen die vorläufigen Stenographischen Protokolle aus der Befragung von Frau Mag. Vrabl-Sanda vom 9. 6., Seiten 6 und 27, und von Herrn Mag. Purkart vom 25. 5., die Seiten 42 und 43, vorlegen (die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück), wenn Sie sich diese Urkunden bitte ansehen. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson. – Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Was genau soll ich vorlesen oder durchlesen?

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Meine Frage bezieht sich auf Seite 6 und auf Seite 27 im Protokoll vom 9.6.2021. Auf Seite 6 führt Frau Mag. Vrabl-Sanda aus, dass sie ein Dienstaufsichtsverfahren thematisiert, das als dienstaufsichtsrechtliche Prüfung durch die Oberstaatsanwaltschaft eingeleitet worden sei oder beabsichtigt war, und das wird als tendenziös bemerkt. Auf Seite 27 bezieht sie sich dann auf die Verletzung des Amtsgeheimnisses im Zusammenhang mit dem Verfahren des Bundeskanzlers.

Herr Mag. Purkart hat auf Seite 43 des Protokolls vom 25.5. – Entschuldigung, auf Seite 42! – eine Frage von Frau Kollegin Krisper erhalten, in der ein Herr Salzmann genannt ist, im Zusammenhang mit dem Verfahren des Bundeskanzlers.

Haben Sie Kenntnis von dem Ermittlungsstand im Verfahren des Bundeskanzlers Sebastian Kurz?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ihre Frage war, ob ich vom Ermittlungsstand des Verfahrens gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz Kenntnis habe. Ich habe, wie gesagt - - Ich glaube, erstens unterliegt das nicht dem Untersuchungsausschuss und zweitens – das habe ich immer gesagt – werde ich mich nicht in laufende Ermittlungsverfahren einmischen, solange es nicht bei mir am Tisch ist.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist vorbei. – Abgeordneter Krainer stellt die nächste Frage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, ich darf einen Artikel von Zackzack vorlegen, in dem es um E-Mail-Verkehr zwischen Herrn Pilnacek und einer Frau Martini geht. (Die Vertrauensperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt. – Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich unterbreche die Sitzung für 10 Minuten.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 15.29 Uhr bis 15.41 Uhr.)

*****

15.41

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.

Herr Abgeordneter Krainer, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie den Artikel gelesen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Entschuldigung, ich habe Sie jetzt nicht gehört.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie den Artikel gelesen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Den Artikel?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gelesen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Den Artikel von Zackzack, den Sie mir vorgelegt haben?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Habe ich nicht gelesen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann wollen Sie das vielleicht tun, denn ich habe Fragen dazu?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Alles klar, dann werde ich das machen.

Kann ich zuvor vielleicht noch kurz die Gelegenheit nutzen, weil ich mich in meinem Einleitungsstatement versprochen habe? – Ich habe gesagt, es wurden keine Berichte in Stufe 0 vorgelegt. Das ist insofern nicht richtig, als es offensichtlich schon Berichte in der Stufe 0 gab. Ich möchte meine Aussage also dahin gehend korrigieren. Es hat Berichte der Stufe 0 gegeben, nicht viele, aber es hat sie gegeben.

Und jetzt lese ich den Artikel. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) – Ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist im Wesentlichen ein Chatverkehr zwischen Herrn Pilnacek und einer gewissen Frau Martini vom 23. August 2019 in den späten Nachmittags- oder frühen Abendstunden, im Wesentlichen zwischen 17 und 18 Uhr. Kennen Sie Frau Martini?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ja, ich kenne Abteilungsleiterin Martini.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie, welche Funktion Frau Martini zu diesem Zeitpunkt, im August 2019, hatte?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Der Zeitpunkt war, als Minister Jabloner Justizminister und Vizekanzler war, wenn ich das jetzt - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich glaube, Sie war Kabinettschefin.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, das deckt sich auch mit unseren Recherchen.

Herr Pilnacek schreibt da eben um 17.03 Uhr an sie: „Staatsanwaltschaft ermittelte bis vor kurzem gegen ein Mitglied der Soko Ibiza. Es geht munter weiter, das kann man sich nicht gefallen lassen!!!“ – Worauf sie, Frau Martini, um 17.08 Uhr antwortet: „Jetzt wäre echt mal das BMI dran. Das wird wohl auch Peschorn aufregen.“ – Worauf um 17.13 Uhr Pilnacek antwortet: „Ja, aber wir müssen auch einmal aktiv werden; accounts der WKStA sichern.“ – Frau Martini antwortet um 17.26 Uhr: „Ja, die OStA [...] kümmert sich darum!“

Haben Sie Wahrnehmungen, dass sich bereits im August 2019 die Oberstaatsanwaltschaft in irgendeiner Form darum kümmert, die Accounts der WKStA zu sichern?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich kann Ihnen sagen, als ich von dieser Sache erfahren habe, haben wir begonnen, uns die Sache anzuschauen, und es gibt derzeit auch dienstrechtliche Prüfungen des Sachverhalts.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dienstrechtliche Prüfungen welchen Dienstnehmern gegenüber?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich würde Sie - - Ich kann in der öffentlichen Sitzung nicht dazu reden.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Pilnacek antwortet dann um 18.02 Uhr: „Es ist alles so erbärmlich; bitte K. nichts erzählen (Freund von A.).“ – K. ist ein Mitglied des Kabinetts von Jabloner und A. ist ein fallführender Staatsanwalt in der WKStA. – Frau Martini antwortet um 18.03 Uhr: „Nein, mach ich sowieso nicht! (Hbm“ – ich nehme an, hier ist Herr Bundesminister Jabloner gemeint – „erzählt ihm immer nur alles, aber das ist eh Sache der OStA. Das muss ich hbm jetzt nicht im Detail erzählen.)“

Haben Sie Wahrnehmungen, dass Kabinettschefs Aufträge im Namen des Ministers erteilen, den Minister aber dann darüber nicht informieren?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Könnten Sie die Frage noch einmal wiederholen?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass Kabinettschefs oder Kabinettschefinnen im Namen des Ministers Aufträge geben – die können immer nur im Namen des Ministers Aufträge geben, weil sie ja selber keine Funktion in der Struktur haben –, dem Minister aber davon nicht erzählen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Grundsätzlich ist es ja so, dass der Minister oder ein allfälliger Generalsekretär weisungsbefugt sind, aber nicht Kabinettsmitarbeiter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): In der Praxis können Kabinettsmitarbeiter im Namen des Ministers schon Weisungen erteilen oder Wünsche äußern.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Im Namen des (Abg. Krainer: Ministers!) Ministers kann der Kabinettschef Aufträge erteilen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass es Kabinettschefs gibt, die Weisungen oder Aufträge im Namen des Ministers erteilen, aber explizit den Minister darüber nicht informieren?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe nur Wahrnehmungen aus meinem eigenen Kabinett – zu anderen habe ich keine Wahrnehmungen –, und ich werde von meinem Kabinettschef über die von mir erteilten Aufträge auch informiert.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Um 18.05 Uhr antwortet dann Pilnacek: „Ok, man muss aber auch HBK von diesen seltsamen Verbindungen erzählen.“ HBK: Ist das das Kürzel für Herr Bundeskanzler? Ist Ihnen das als dieses Kürzel geläufig?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: HBK ist das Kürzel für Herr Bundeskanzler und HVK für Herr Vizekanzler.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Im August 2019 gab es aber gar keinen Herrn Bundeskanzler. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Da gab es ja nur eine Frau Bundeskanzler. Wir gehen davon aus, dass da der ehemalige und dann nachfolgende Bundeskanzler Kurz gemeint war.

Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass Kabinettschefin Martini im August 2019 zwar den eigenen Minister nicht informieren wollte, aber die Privatperson Kurz? (Zwischenrufe der Abgeordneten Stögmüller und Matznetter.) – Er war auch nicht Abgeordneter, bitte. (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe keine Wahrnehmungen dazu.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Martini antwortet dann um 18.07 Uhr: „Ich glaub, ich hab das schon erwähnt. kann das ja wiederholen.“ – Und Herr Pilnacek antwortet um 18.32 Uhr: „Unbedingt, er ist das Zentrum, was mit“ – ich nehme an, das soll mir heißen – „Lang bestätigt hat.“

Sie haben gesagt: Als uns das bekannt geworden ist, haben wir das geprüft. – Das heißt, diese Chats kennen Sie an und für sich schon?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich kann Ihnen jetzt nicht genau sagen, wann mir das wer wie mitgeteilt hat. Ich kann nur sagen, dass wir begonnen haben, uns die Sache anzuschauen, es gab einige Medienanfragen dazu und es hat auch einen ersten Termin mit der betreffenden Person gegeben, um das Thema zu besprechen, aber wie gesagt, es laufen derzeit eben auch dienstrechtliche Prüfungen des Sachverhalts.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wann war dieser Termin?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das ist ein Termin, der vor Kurzem stattgefunden hat. Ich kann Ihnen aber ehrlich gesagt nicht sagen, wann, denn nicht ich war anwesend, sondern Mitarbeiter meines Kabinetts. Es geht um einen Termin zur Klärung des Sachverhalts, weil es auch Anfragen seitens der Medien gab und diese Chats veröffentlicht wurden, und deswegen wurde von meinem Kabinett ein Gespräch mit der betroffenen Abteilungsleiterin geführt, und zusätzlich gibt es dienstrechtliche Prüfungen insgesamt zu diesem Sachverhalt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wer war bei diesem Termin anwesend, außer Frau Martini selbst?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das kann ich Ihnen derzeit nicht sagen, meine Kabinettschefin hat mir mitgeteilt, dass es diesen Termin gegeben hat. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben vorhin gesagt, es waren MitarbeiterInnen – ich nehme an, mit großem I – Ihres Kabinetts dabei. Welche waren das?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich kann es Ihnen nicht sagen, ich weiß es jetzt ehrlich gesagt nicht. Ich weiß, dass mir meine Kabinettschefin mitgeteilt hat, dass es, nachdem das bekannt wurde, einen Termin mit der betroffenen Abteilungsleiterin gab.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Und welche Inhalte des Termins hat Ihnen Ihre Kabinettschefin mitgeteilt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Bitte?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Welche Inhalte dieses Termins hat sie Ihnen mitgeteilt?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Tomaselli zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde um Einschätzung des Verfahrensrichters bitten, ob wir noch im Untersuchungsgegenstand sind. Dass die Causa sicher im Untersuchungsgegenstand ist, ist, glaube ich, sehr klar, aber die Frage ist, was das mit dem Jetztzeitpunkt, 2021 zu tun hat. (Die Vertrauensperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Das ist eben das Problem. Wir haben das ja schon erörtert: Es gibt zwar diesen Strang der Geschehnisse, der weiterverfolgt werden darf, aber hier geht es sozusagen um einen völlig anderen Schauplatz, nämlich jenen, dass Besprechungen mit völlig anderen Menschen abgehalten wurden, weit außerhalb des Untersuchungszeitraumes; und da kann man auch nicht sagen, es geht irgendwie um die Ermittlungen im Ibiza-Ausschuss – das tut es auch gar nicht –, es geht um die Qualifizierung allfälliger dienst- oder strafrechtlicher Konsequenzen dieser bestimmten Personen. Das ist daher außerhalb von Zeit und Gegenstand der Untersuchung.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Frage, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehe ich gar nicht so. Hier geht es um Vorfälle, die im Untersuchungszeitraum stattfinden, und Ermittlungen, die hier begonnen werden, oder Vorermittlungen, die im natürlichen Zusammenhang mit dem Auffliegen oder mit dem Bekanntwerden dieser Ereignisse des Ibizavideos stehen. Sie haben vorhin bei der ÖVP-Befragung Fragen zu einem 103-seitigen Dossier, das ab Jänner 2020 erstellt wurde, zugelassen, und da haben Sie nicht gesagt, es wäre außerhalb des Untersuchungszeitraums – und einen Zeitungsartikel, der, glaube ich, von gestern oder heute ist – von heute – dazu. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ich glaube, ich habe es erklärt, und es müsste verständlich gewesen sein: Es geht um den Strang der Geschehnisse, der weiterverfolgt wird und natürlich auch bei diesem Dossier voll betroffen ist, während es hier um disziplinarrechtliche, strafrechtliche Prüfung von Menschen geht, die nicht unmittelbar in diese Geschichte verwickelt waren.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte die nächste Frage. – Zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es geht hier um eine gewisse Frau Martini, die natürlich in dieses Geschehen verwickelt war. Sonst interessiert mich jetzt keine andere Person, und die Fragestellung war ausschließlich auf Frau Martini bezogen, die zu diesem Zeitpunkt Kabinettschefin war, das heißt, auch Untersuchungsgegenstand ist. Die ist also eindeutig drin. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Abschließend: Nur ihre disziplinarrechtliche Verantwortlichkeit oder strafrechtliche Verantwortlichkeit ist nicht Untersuchungsgegenstand. (Abg. Krainer hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Wieso nicht?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Akzeptieren Sie es, Sie können wieder zu einem Schiedsgericht gehen! Nehmen Sie es so hin, stellen Sie die nächste Frage!

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass Frau Martini den damaligen Herrn Kurz über diese Vorgänge, die in diesem Chat besprochen werden, informiert hat?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Dazu habe ich keine persönlichen Wahrnehmungen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie davon gehört oder sind Sie von MitarbeiterInnen Ihres Kabinetts über diese Fragen informiert worden?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Über was genau?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ob Frau Martini tatsächlich Herrn Kurz über das, was in diesem Chat besprochen wird, informiert hat.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das wurde mir auch nicht mitgeteilt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gar nichts über die Inhalte dessen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also wie gesagt, ich kann es nur noch einmal wiederholen: Es ist ‑ ‑ Der Sachverhalt, der da aufgetaucht ist, wird gerade geprüft. Wenn Sie mich fragen, ob Frau Martini bestätigt oder gesagt hat, dass sie XY oder wen auch immer informiert hat, dann kann ich mich inhaltlich nicht - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich noch einmal den Herrn Verfahrensrichter grundsätzlich um Einschätzung ersuchen?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Noch einmal: Auch über laufende Verfahren wird die Frau Bundesminister keine Auskunft geben können.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich habe überhaupt nicht nach laufenden Verfahren gefragt, sondern nach ihren Wahrnehmungen.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich glaube, ich habe Ihnen geantwortet, dass ich keine Wahrnehmungen dazu habe.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich darf ein Schreiben, das heute aus dem aus dem Justizministerium eingegangen ist, vorlegen, nämlich dass das Justizministerium keine Akten zu den Schenkungsmeldungen des Herrn Graf vorlegen will. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich will mir kurz das Schreiben durchlesen. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Was ist jetzt noch einmal die Frage zu dem Schreiben?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Frage ist, dass hier steht, dass die Schenkungen des Herrn Graf und die Schenkungsmeldungen und Ermittlungen, die es dazu gibt, nicht unter den Untersuchungsgegenstand beziehungsweise eines seiner Beweisthemen fallen würden. (Auskunftsperson Zadić: Also - -) Das ist mir nicht ganz klar. Deswegen meine erste Frage: Kennen Sie den Untersuchungsgegenstand? Der ist Ihnen ja glaube ich bei der Ladung mitgeschickt worden.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich kenne den Untersuchungsgegenstand, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Und der Punkt d) berührt genau diese Schenkungsmeldungen, explizit.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Punkt d), was noch einmal - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der Punkt d) des Untersuchungsgegenstandes.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Darf ich darauf hinweisen, dass die Auskunftsperson ausschließlich zum Beweisthema Ermittlungen in der Ibiza-Affäre geladen ist. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Krainer, zur Geschäftsordnung. (Die Vertrauensperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das ist eine Frage zur Aktenvorlage, die hier immer wieder Gegenstand ist und auch immer wieder zugelassen wurde.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben Sie akustisch nicht verstanden. Wenn Sie das Mikrofon bitte näher nehmen, dann geht es leichter.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Näher geht es nicht, weil dann habe ich es im Mund drinnen, dann schmatze ich so wie andere, und das will ich hier vermeiden.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann müssen Sie lauter reden!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es ist eine Frage zur Aktenvorlage, und Fragen zur Aktenvorlage an die jeweiligen Ministerinnen oder Minister waren hier natürlich immer zulässig oder sind immer zugelassen worden. Da geht es um Aktenvorlage.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Da haben Sie völlig recht, aber die Auskunftsperson muss jetzt sicher nicht unter die einzelnen Punkte des Untersuchungsgegenstandes subsummieren, genauso wenig wie von ihr verlangt werden kann, den Untersuchungsgegenstand auswendig zu kennen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das unterstellt auch niemand, dass sie es auswendig kennen muss. Deswegen habe ich ja ausdrücklich gefragt, ob ihr der Untersuchungsgegenstand bei der Ladung auch schriftlich mitgeteilt wurde.

Das ist ein Schreiben, das unterschrieben ist mit „Für die Bundesministerin“. Das heißt, das ist ein Schreiben von ihr, und zu diesem Schreiben in ihrem Namen kann ich wohl Fragen stellen. Da steht drin, dass eben diese Schenkungen, ich zitiere wörtlich: „Unterstellbarkeit unter den Untersuchungsgegenstand bzw. eines der Beweisthemen liegt nicht vor.“ (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Der Untersuchungsgegenstand ist ihr mit der Ladung zu dieser Sitzung schriftlich mitgeteilt worden. Unter Punkt d) steht ausdrücklich „Vollziehung der § 121a BAO, sowie Art. 1 § 49a FinStrG“ – Finanzstrafgesetz – „idjgF“ – in der jeweils geltenden Fassung – „in Bezug auf die in lit. b genannten Personen“, und da geht es genau um Schenkungsmeldungen und Verfahren nach dem Finanzstrafgesetz zu Schenkungsmeldungen. (Die Vertrauensperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

In Punkt b) steht quasi, die indirekten und direkten Eigentümer der Casinos AG, und Herr Graf ist unbestreitbar ein indirekter Eigentümer der Casinos AG. Das heißt, dessen Schenkungen sind unbestreitbar absolut Untersuchungsgegenstand. Ich meine, das steht ja nicht zufällig hier, sondern weil wir es absichtlich so reingeschrieben haben.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Aber Sie müssen auch noch die Beweisthemen beachten, und da wäre es interessant, unter welches das fällt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Begünstigung von Dritten – abgesehen davon, dass hier in diesem Schreiben nicht zwischen den beiden unterschieden wird und auch der VfGH in seiner Rechtsprechung ausdrücklich darauf hinweist, dass der Untersuchungsgegenstand und die Beweisthemen eine Einheit bilden. (Vorsitzender berät sich mit dem Verfahrensrichter-Stellvertreter.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nach Beratung darf ich Ihnen mitteilen: Die anderen Minister waren zu allen Punkten zur Befragung zugelassen, und daher war natürlich die Aktenlieferung aller Punkte der Beweisthemen auch gedeckt. Da die Frau Bundesministerin nur zu Beweisthema 5 geladen ist und dieses Schreiben zweifelsohne nicht unter 5 fällt, ist diese Frage dementsprechend auch nicht zulässig. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es wird in diesem Schreiben ausdrücklich auf das Ermittlungsverfahren, Beweisthema 5, Bezug genommen, und es geht um die Aktenvorlage von Ermittlungsverfahren, und die fallen zweifellos unter 5. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, es wird nicht zu den Ermittlungsverfahren im Ibizaverfahren - - Das haben Sie vielleicht nicht so genau gelesen: „zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption [...] betreffend Meldungen von Schenkungen“: ja, aber nicht zur Ibizaaffäre. Also auch wenn Sie es noch einmal drehen - - Stellen Sie bitte die nächste Frage, Herr Abgeordneter Krainer.

Ich lasse sie nicht zu. – Bitte, Sie können es noch einmal zur Geschäftsordnung probieren.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Nein, Entschuldigung, aber ich meine, Sie müssen Argumente, die vorgebracht werden, schon prüfen, und das Beweisthema 5 lautet: „Aufklärung über die politische Einflussnahme auf den Zeitablauf, die Vorgangsweise, Kommunikation und Strategie der behördlichen Ermittlungen in Folge des Bekanntwerdens des Ibiza-Videos einschließlich der Tätigkeiten“ und so weiter.

In Folge des Bekanntwerdens des Ibizavideos fanden Hausdurchsuchungen bei einem gewissen Herrn Graf statt. Dort wurden diese Schenkungsmeldungen gefunden, und aufgrund dessen wurden ein Ermittlungsverfahren und ein Finanzstrafverfahren eingeleitet. Das heißt, wir sind hier in Beweisthema 5, es geht hier nämlich ausdrücklich um behördliche Ermittlungen in Folge des Bekanntwerdens des Ibizavideos, und natürlich fallen diese Schenkungsmeldung, Ermittlungen und Strafverfahren unter 5, weil das infolge des Bekanntwerdens des Ibizavideos eingeleitet wurde.

Meine Frage ist wie gesagt: Geht es hier um eine Aktenübermittlung, dass uns heute mitgeteilt wird, dass die Frau Justizministerin – oder jemand in ihrem Namen jedenfalls – der Meinung ist, dass das nicht in den Untersuchungsgegenstand fallen würde? – Das tut es aber zweifellos, weil es explizit im UG in Punkt d) genau normiert ist.

Deswegen muss man ja der Ministerin die Möglichkeit geben, Stellung zu dem Schreiben zu nehmen, das in ihrem Namen an den Untersuchungsausschuss gerichtet wurde, wo ausdrücklich drinnen steht – oder behauptet wird –, dass das nicht in den Untersuchungsgegenstand fallen würde, obwohl das hier explizit nicht der Fall sein kann.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ja, es hilft trotzdem nichts. Es heißt unter Punkt 5 „Aufklärung über die politische Einflussnahme auf den Zeitablauf, die Vorgangsweise, Kommunikation und Strategie der behördlichen Ermittlungen in Folge des Bekanntwerdens des Ibiza-Videos einschließlich der Tätigkeiten und Zusammensetzung der SOKO Ibiza.“ – Schenkungen sind da halt nicht gedeckt. Da hätten Sie das andere Beweisthema anführen müssen.

Sie können es jetzt noch einmal verzögern. Ich lasse es nicht zu, weil die Ansicht gut begründet ist. Ich habe das jetzt mehrmals mit dem Verfahrensrichter abgestimmt und auch mit dem Verfahrensanwalt. – Also bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Aber Sie gehen auf meine Argumentation gar nicht ein.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Frage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dieses Schreiben, das Sie uns heute geschickt haben: Bleiben Sie dabei, dass Sie die Akten und Unterlagen dieses Ermittlungsverfahrens dem Untersuchungsausschuss nicht übermitteln wollen?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Diese Frage ist unterstellend und daher, Herr Verfahrensrichter, würde ich Sie bitten noch einmal zu prüfen.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Es ändert sich ja nichts an dem, was gerade vorhin zur Begründung der Unzulässigkeit der Frage gesagt wurde.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben uns heute ein Schreiben geschickt. Verstehe ich das richtig, dass Sie in diesem Schreiben sagen, dass Sie die Ermittlungen, die im Zusammenhang mit Schenkungen des Herrn Graf eingeleitet wurden, nicht an den Untersuchungsausschuss übermitteln wollen?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordnete Krainer, das wird nicht besser. Sie unterstellen permanent. Ich weise das zurück. Sie sollten vielleicht § 41 Abs. 2 doch einmal berücksichtigen und keine verfänglichen, beleidigenden oder unterstellenden Fragen stellen. Stellen Sie die nächste Frage! (Abg. Krainer hebt die Hand.) – Bitte.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe meine Frage mit den Worten „Verstehe ich das richtig“ eingeleitet. Ich wüsste nicht, inwiefern das unterstellend sein soll, sondern ich will nur wissen, ob ich dieses Schreiben richtig verstehe, das heute in ihrem Namen an den Untersuchungsausschuss geschickt wurde.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wenn Sie die Zeit mit den Geschäftsordnungsdebatten zubringen wollen, dann tun Sie so weiter. Die Frage ist nicht zulässig – Punkt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe noch nicht verstanden, wieso sie nicht zulässig wäre. (Abg. Matznetter: Ich auch nicht!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Das verstehe ich, dass Sie das auch nicht verstanden haben.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Werden Sie dem Untersuchungsausschuss die Akten und Unterlagen vorlegen, die aufgrund des Bekanntwerdens des Ibizavideos im Zusammenhang mit Schenkungen des Herrn Graf zusammengestellt wurden? Werden Sie die dem Untersuchungsausschuss liefern?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also die - - Ich kann Ihnen sagen, wie das Prozedere normalerweise läuft – und es gibt ja immer auch ein Konsultationsverfahren zu Sachen und zu gewissen Begehren –: Der fallführende Staatsanwalt bewertet, ob Sachen abstrakt relevant sind oder nicht, unter Einbindung der Oberstaatsanwaltschaft. Insofern ist diese Bewertung so ausgefallen, wie es hier in diesem Schreiben ausgeführt ist, dass es eben nicht abstrakt relevant ist. Wenn Sie anderer Meinung sind, dann können Sie das jederzeit rügen und ausführen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Ries.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Frau Bundesminister, was im Zusammenhang mit diesem Ihnen vorgelegten Dokument aus meiner Sicht noch zu fragen wäre: Kennen Sie dieses Schreiben und wurde der Inhalt dieses Schreibens mit Ihnen akkordiert?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Um welches Schreiben geht es da?

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Das Kollege Krainer zuvor vorgelegt hat.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Verfahrensrichter Dr. Rohrer.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wir sind da jetzt genauso außerhalb des Untersuchungsgegenstandes.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Frau Dr. Zadić, die Staatsanwälte der WKStA Jilek und Purkart haben - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie ersuchen ein bisschen näher an das Mikrofon zu gehen. Es ist wirklich schwer zu hören.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Die Staatsanwälte der WKStA Jilek und Purkart haben hier ausgesagt, dass sie den Eindruck haben, das Verfahren würde aktuell systematisch durch Einflussnahmen behindert. Sie haben zuvor schon Kollegen Stocker gegenüber erwähnt, dass Sie evident haben, wie viele Berichte zur Ibizaaffäre von der WKStA durch die OStA angefordert wurden. Könnten Sie uns das sagen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sagen Sie - - Können Sie mir das noch einmal kurz wiederholen?

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Um zu beurteilen, ob das richtig ist, was die WKStA moniert, dass das Verfahren durch ständige Anfragen beziehungsweise angeforderte Berichte durch die OStA behindert werde, wäre es wichtig, zu wissen, wie viele Berichte tatsächlich angefordert und übermittelt wurden.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also wir haben - - Also mir sind diese Beschwerden natürlich bekannt, dass es Berichtsaufträge gibt – also die Beschwerden der WKStA über zahlreiche Berichtsaufträge.

Wir haben das deswegen Anfang des Jahres im Februar ausheben lassen: Insgesamt waren es zum Evaluierungsstichtag – das war eben der 4. Februar – 181 Berichte. Von diesen Berichten hat die WKStA 90, also fast genau die Hälfte, aus Eigenem aufgrund der gesetzlichen Berichtspflichten erstattet. 91 Berichte sind aufgrund von Aufträgen des Justizministeriums und der Oberstaatsanwaltschaft erstellt worden, und von diesen Berichtsaufträgen sind wiederum 58 aufgrund von parlamentarischen Anfragen und Beweismittelanforderungen dieses Untersuchungsausschusses ergangen; und die verbleibenden 33 sind aus fachaufsichtsbehördlichen Gründen ergangen, davon 17 aus dem Justizministerium und 16 aus der Oberstaatsanwaltschaft.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Jetzt sind Sie noch nicht so lange Bundesministerin, aber: Ist das üblich, so viele Berichte anzufordern?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also tatsächlich habe ich jetzt keine Wahrnehmung über einen längeren Zeitraum. Ich bin eineinhalb Jahre Justizministerin. 81 Berichte sind wirklich sehr viel, und wie eben ausgeführt wird die Hälfte davon aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen von der WKStA erstattet und die andere Hälfte sind eben Aufträge des Justizministeriums und der Oberstaatsanwaltschaft und davon die Hälfte - - Und man muss halt dazusagen, der Justizausschuss - - der Untersuchungsausschuss läuft gerade, und da gibt es natürlich auch zahlreiche parlamentarische Anforderungen und Beweismittelanforderungen, und damit setzt sich die Staatsanwaltschaft immer sehr genau auseinander.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Das heißt, dann würde ich das für mich einmal so werten, dass das Monieren, dass man hier über Gebühr mit Berichten belastet wird, durchaus zutreffend ist.

Frau Mag. Jilek hat hier eben auch ausgesagt, dass sie durch eine Ausstellung im Personalakt seitens des Oberstaatsanwalts Fuchs mehr oder weniger – ich weiß nicht, wie ich sagen soll – belastet wird. Können Sie den Begriff der Ausstellung - - Ich bin im Beamten-Dienstrechtsgesetz bewandert, aber der Begriff der Ausstellung ist mir gänzlich unbekannt. Was ist damit gemeint? Ist das eine Mängelrüge oder - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Also wenn die Auskunftsperson darauf antworten will, kann sie das gerne tun, aber grundsätzlich ist sie nicht dazu da, hier jetzt einen Unterricht im Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz zu geben.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also vielleicht nur ganz kurz: Die Ausstellung ist eine formale Rüge, die im Personalakt vermerkt wird – also ganz untechnisch gesprochen.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Wissen Sie, ob diese Rüge zu Recht erfolgt ist?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wie Sie wissen, hat die zuständige Sektion für dienstrechtliche Angelegenheiten diese Sache geprüft und ist zum Schluss gekommen, dass keine dienstrechtlichen Schritte einzuleiten sind, und somit war die Ausstellung auch zurückgezogen worden.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Kommen wir zu dem 103-seitigen Konvolut von Oberstaatsanwalt Fuchs. Das wurde - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte das Mikro nutzen! Es tut uns leid, Sie müssen das Mikro nutzen!

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Kommen wir zum 103-seitigen Konvolut.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke! (Abg. Ries: Geht es?) – Ja, super.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Dazu wurde Ihnen dieser Zeitungsartikel aus dem heutigen „Kurier“ vorgelegt. Zu welchem Zweck hat das Oberstaatsanwalt Fuchs angefertigt? – Zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens oder wozu?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also in diesem Konvolut wurden disziplinarrechtliche Maßnahmen angeregt. Ich habe beauftragt, nämlich die Sektion, die dafür zuständig ist, die für das Disziplinarrecht beauftragte, das zu prüfen, und es hat sich herausgestellt, dass das Substrat für ein disziplinarrechtliches Vorgehen gegen einzelne Mitarbeiter nicht ausreicht.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Aber Sie pflichten mir, glaube ich, bei, wenn ich sage, zur Veröffentlichung sind solche Konvolute nicht gedacht, oder?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es ist ein Dokument, das in der Oberstaatsanwaltschaft angefertigt wurde und dem Justizministerium weitergeleitet wurde.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Aber es ist schon ein Dokument, das vom Amtsgeheimnis umfasst ist, oder?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das weiß ich jetzt nicht, aber ich gehe davon aus. Das ist jetzt nichts, was in der Öffentlichkeit - -, das zur Veröffentlichung ansteht. Es wird aber geprüft – oder wurde geprüft, das weiß ich nicht –, weil es da dieses Beweisanforderungsschreiben gab, dass das dem Untersuchungsausschuss zugeführt wird, und ich glaube, das ist geschehen oder wird noch geschehen, also jedenfalls will ich dieser Prüfung nicht vorgreifen.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Kollege Stocker hat gefragt, ob sich aus diesem Zeitungsartikel für Sie irgendein Handlungsbedarf ergibt. Aus meiner Sicht würde sich zumindest ein Handlungsbedarf ergeben. Wenn ein Dokument, das zur Veröffentlichung nicht gedacht ist – ein internes Schriftstück eines Ministeriums –, in einer Zeitung steht, wäre dadurch aus meiner Sicht das Amtsgeheimnis verletzt worden. Sind diesbezüglich Erhebungen eingeleitet worden?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Dieser Artikel ist heute erschienen, aber ich werde mir das anschauen.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Wurde der WKStA die Möglichkeit einer Stellungnahme zum Inhalt des Konvoluts gegeben. Sie haben gesagt, es werden Maßnahmen angeregt, aber damit ich Maßnahmen anregen kann, muss ja eine Dienstpflichtverletzung in irgendeiner Form vorliegen.

Staatsanwalt Purkart hat gesagt, er kennt das Konvolut nicht. Wurde es seitens der WKStA angefordert, und haben sie es bekommen beziehungsweise hatten sie die Möglichkeit, eine Stellungnahme dazu abzugeben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe mit der zuständigen Sektion meines Hauses die weitere Vorgehensweise besprochen, und wir haben auch gesagt, dass es weitere Gespräche mit allen Beteiligten geben wird. Also zunächst einmal wurde von der zuständigen Sektion geprüft, ob da überhaupt disziplinarrechtlich vorzugehen ist. Nachdem das verneint wurde, weil das Substrat nicht ausreichend war, ist trotzdem die Frage übrig geblieben: Wie geht man insgesamt damit und auch mit dem Vorgehen um? – Und wir sind zum Schluss gekommen: Es müssen jedenfalls weitere Gespräche mit allen Beteiligten stattfinden, weil auch nicht im Wege des Dispziplinarrechts - -, weil es auch schwierig ist, dass mit Mitteln des Disziplinarrechts versucht wird, sich gegenseitig Sachen auszurichten. Deswegen werden wir weitere Gespräche führen.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Sie können aber jetzt nicht sagen – was ja auch legitim ist –, ob die WKStA dieses Schreiben oder dieses Konvolut mittlerweile kennt.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe persönlich keine Wahrnehmungen dazu, wie die Sektion, die dafür zuständig ist, bei ihrer Prüfung vorgegangen ist.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Dann würde ich die Fragezeit gerne in die nächste Runde mitnehmen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Zadić, könnten Sie uns bitte schildern, wie es zur Suspendierung von Sektionschef Pilnacek gekommen ist?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe Sie akustisch nicht verstanden.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Können Sie uns schildern, wie es zur Suspendierung von Sektionschef Pilnacek gekommen ist?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, darf ich Sie um Beurteilung dieser Frage bitten?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wir haben wieder dasselbe Problem, das wir schon einige Male hatten: Wie weit hängt das mit unserem Untersuchungsgegenstand zusammen? Wo liegt der Zusammenhang, bitte?

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Zur Geschäftsbehandlung: Ich würde sagen, der Zusammenhang liegt insofern darin, dass laut Medienberichten die Grundlagen dafür unter anderem auch die Akten und Chats waren, die für den Untersuchungsausschuss sichergestellt worden sind – und dazu würde ich gerne die Auskunftsperson befragen.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Vielleicht kann man das konkret formulieren, bitte.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ist ein Grund oder der Grund, wieso es zur Suspendierung von Sektionschef Pilnacek gekommen ist, dass Akten mit entsprechend für ihn negativem Inhalt dem Untersuchungsausschuss vorgelegt worden sind oder durch den Untersuchungsausschuss gefunden worden sind?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Mikrofon und bitte ganz nahe rangehen.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Nachrichten, die von Sektionschef Pilnacek an den Untersuchungsausschuss geliefert wurden, sind meines Wissens in Stufe 2 geliefert worden. Das heißt, alles, was ich dazu sage, kann ich nur in einer nicht-öffentlichen Sitzung sagen.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wir haben auch Nachrichten bekommen, die in Stufe 1 zu dieser Causa geliefert worden sind. Ich kann sie jetzt nicht vollständig aufzählen, es sind ja mehrere Dinge, unter anderem geht es zum Beispiel um dieses doch berühmt gewordene SMS: Wer vorbereitet eigentlich Gernot?, oder: Das ist ein Putschversuch!, oder auch die Causa um die Anfrage, die an Sie als Justizministerin gestellt worden ist.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also wenn es das Disziplinarrechtsverfahren betrifft, dann kann ich in einer medienöffentlichen Sitzung leider auch nicht viel dazu sagen. Ich glaube, es ist medial bekannt, dass Sektionschef Pilnacek vorläufig suspendiert wurde und dass die Suspendierung vom Bundesverwaltungsgerichtshof bestätigt wurde – sowohl die vorläufige als auch die endgültige.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung: Kollege Hanger.

*****

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte nur anmerken, dass – wie die Frau Justizministerin angesprochen hat – auch Akten in der Informationsstufe 2 geliefert wurden. Dazu hatten wir ja dieses Thema, dass das von den NEOS rechtswidrig veröffentlicht worden ist, was dann ja auch zugegeben worden ist. Bis heute ist keine Verantwortung dafür übernommen worden.

Ich möchte aber jetzt sachlich schon noch festhalten, Herr Verfahrensrichter: Auch da ist es ja so, was diese Chatlieferungen betrifft: Wir sind jedenfalls – was den Sachverhalt betrifft – außerhalb des Untersuchungsgegenstands, in der zeitlichen Situation, aber auch inhaltlich ist es höchst umstritten, ob wir damit beim Untersuchungsgegenstand sind, weil es ja um eine ganz, ganz andere Causa geht, die mit dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun hat.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsordnung: Ich verstehe jetzt den Beitrag von Kollegen Hanger nicht. Ich habe ja nicht einmal eine Frage gestellt - - Also ich habe eine Frage gestellt, die Auskunftsperson hat darauf geantwortet, und er kommentiert das dann im Nachhinein. Ich weiß nicht, ist das jetzt eine Geschäftsordnungsmeldung oder ist das ein Kommentar, ist es ein Teil einer Pressekonferenz? – Man weiß es nicht. Wissen Sie es, Herr Vorsitzender?

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Stellen Sie die nächste Frage, bitte.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Zadić, den Medienberichten ist ja zu entnehmen: Es geht da vor allem um vier Vorwürfe, es geht um eine mögliche verratene Hausdurchsuchung, um verratene Geheimnisse über Medien, um eben diese Beratung für – unter Anführungszeichen – „Gernot“, also: Wer vorbereitet eigentlich Gernot?, und es geht um Akten, die von der Oberstaatsanwaltschaft laut Handyauswertung an den nicht mehr zuständigen Sektionschef Pilnacek geschickt worden sind.

Sind Ihnen diese Inhalte erst einerseits durch die Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft, durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft beziehungsweise auch durch die Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss bekannt oder war Ihnen das vorher schon bekannt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Viele Sachen werden im Untersuchungsausschuss besprochen, und einige dieser Nachrichten waren auch in Medien zu lesen. Das Einzige, was ich in öffentlicher Sitzung sagen kann, ist, dass alles, was an uns herangetragen wurde, alles, was wir gesehen haben, also alle Nachrichten, die wir gesehen haben, auch der dafür zuständigen Sektion mitgeteilt wurden und Eingang in die Anzeige beziehungsweise Nachtragsanzeige gefunden haben.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Danke. Dann möchte ich Sie noch zu einem anderen Fragenkomplex befragen, der uns immer wieder vor allen seitens einer Fraktion in diesem Untersuchungsausschuss begleitet, nämlich die Frage der Aktenlieferung und der Auswertung der SMS-Chat-Unterlagen. Sie sind darauf schon in Ihrem Eingangsstatement ausführlich eingegangen. Eine Frage, die jedenfalls bei uns im Untersuchungsausschuss dazu auch mal aufgetaucht ist: Gibt es vonseiten des Bundesjustizministeriums einen Kriterienkatalog, anhand dessen bewertet wird, welche SMS vorzulegen sind und welche nicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M. (in den Unterlagen blätternd): Es gibt verschiedene rechtliche Grundlagen für die Aktenlieferung: zum einen natürlich Artikel 53 BV-G, die Verfahrensordnung, die einschlägige Judikatur des Verfassungsgerichtshofs. Es gibt einen Vorlageerlass des Justizministeriums, der das Ganze weiter konkretisiert. Sie wissen, aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom Ende des vorigen Jahres ist eine neue Situation für die Justiz eingetreten, weil jetzt nicht nur das, was dem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakt geliefert werden muss, sondern auch alle Rohdaten, also alles, was sichergestellt wurde, auf abstrakte Relevanz geprüft werden muss. Der Verfassungsgerichtshof hat das Ganze klargestellt, und Präsident Grabenwarter hat das ja auch in seinem Kommentar niedergeschrieben. Alles, von dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zur Klärung der politischen Verantwortung relevant sein könnte, ist dem Untersuchungsausschuss zu liefern. Diese Interpretation und dieses Erkenntnis haben wir im Rahmen der Beantwortung von Fragen auch den Staatsanwaltschaften mitgeteilt.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wie wird mit Nachrichten umgegangen, die den höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen? Was ist dort das Kriterium? Wird das überhaupt vorgelegt? Gibt es eine Weisung, solche Dinge vorzulegen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also, grundsätzlich ist es so, dass alles, was abstrakt relevant ist oder von dem man nicht ausschließen kann, dass es abstrakt relevant ist, vorzulegen ist. Unabhängig davon, ob das jetzt eine private Nachricht ist oder keine private Nachricht, ist es vorzulegen. Die Frage, inwiefern gewisse Rechte von Parteien beeinflusst oder beeinträchtigt sind, ist eine Frage der Informationsordnung, des Informationsordnungsgesetzes. Danach richtet sich, ob, wenn gewisse Rechte verletzt sind - - in welcher Klassifizierungsstufe vorgelegt wird. Dann obliegt es natürlich dem Untersuchungsausschuss, sensibel mit diesen Informationen umzugehen, denn das sind auch alles sehr sensible Daten, ja.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Also wenn ich es noch einmal zusammenfassen darf: Private Nachrichten sind vorzulegen, wenn sie für den Untersuchungsausschuss abstrakt relevant sein könnten.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das hat uns der Verfassungsgerichtshof klar gesagt, und ich möchte nur auf Art. 53 BV-G verweisen. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes selbst hat einen Kommentar dazu geschrieben, und darin steht ganz klar: Im Umfang des Untersuchungsgegenstandes stehen daher der Übermittlung der vom Untersuchungsausschuss angeforderten Akten weder § 1 DSG noch Artikel 8 EMRK entgegen. Das vorlagepflichtige Organ hat diese Akten vielmehr ohne Rücksicht auf allfällige Verschwiegenheitsverpflichtungen unabgedeckt zu übermitteln.

In diesem Kommentar führt Präsident Grabenwarter weiter aus: Es ist Sache des Untersuchungsausschusses, darauf zu achten, dass diese Sachen nicht an die Öffentlichkeit zu bringen sind. – Randziffer 7, wer es nachschauen möchte.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ich frage Sie jetzt etwas Hypothetisches. Sie müssen es nicht beantworten; es ist nicht von der Verfahrensordnung gedeckt; Sie können es aber laut Verfahrensordnung beantworten. Was würde denn passieren, wenn ein Staatsanwalt, der ja vorlagepflichtig ist, sich nicht an dieses Reglement hält, das der Verfassungsgerichtshof vorgegeben hat?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, darf ich Sie bitten, die Frage zu prüfen: Was würden Sie tun, wenn - -

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Sehr theoretische Frage. (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Stellen Sie den Bezug zum Untersuchungsgegenstand her!

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Zur Geschäftsbehandlung: Den kann ich sehr gerne herstellen, denn die Frage ist ja hier schon oft behandelt worden, insbesondere bei den Fragen, die an die Staatsanwälte der WKStA gerichtet worden sind, wieso sie diverse Nachrichten aus dem privaten und persönlichen Bereich vorlegen. Es gibt dazu – die Justizministerin hat es ausgeführt – ein Reglement, das auch vom Verfassungsgesetz und auch vom VfGH-Erkenntnis umfasst ist, dass nämlich auch private Nachrichten vorzulegen sind, sobald sie für den Untersuchungsausschuss abstrakt relevant sein könnten. Jetzt ist halt meine Frage, die mich interessieren würde: Wenn jetzt ein Staatsanwalt eine private Nachricht, obwohl sie abstrakt relevant sein könnte, nicht vorlegt, was würde ihm dann blühen?

Ich weiß, das ist eine Rechtsauskunft; deshalb habe ich es gleich eingangs auch gesagt, dass es eine hypothetische Frage ist. Sie können sie beantworten, müssen es aber nicht. Das habe ich eingangs vorangestellt. Also, wenn Sie nicht möchten, dann beantworten Sie es halt nicht. Da habe ich auch kein Problem damit.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also, ich kann nur sagen, dass die Staatsanwaltschaft angehalten ist, eben wie Sie ausgeführt haben, alles, was abstrakt relevant ist, zu liefern – unabhängig von der Frage, ob das jetzt private Nachrichten sind oder nicht. Ich kann ein Beispiel nennen, um das zu veranschaulichen: Wenn jemand, ein Minister XY – das ist jetzt wirklich komplett erfunden – seiner Frau oder seiner Schwester sagt: Ich habe dieses Gesetz für das und das für dieses und jenes Geld geschrieben!, dann ist das natürlich eine private Nachricht, aber sie ist für den Untersuchungsausschuss hoch relevant, ja. Insofern bezieht sich das Justizministerium, und das war auch meine Interpretation dieses Verfassungsgerichtshoferkenntnisses und des Kommentars, dass alles, was abstrakt relevant ist - -, dass alle Nachrichten auf ihre abstrakte Relevanz zu prüfen sind. Das sind wirklich - - Allein in der Causa Schmid sind das Hunderttausende Nachrichten, und die Staatsanwaltschaft ist angehalten, jede Nachricht durchzuschauen und zu fragen, ob sie abstrakt relevant ist oder nicht, und das wird meines Wissens auch sehr akribisch gemacht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Hanger zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Nur zur Klarstellung: Es kann ja nicht so sein, dass mit dem Begriff der abstrakten Relevanz alles und jedes geliefert wird und Persönlichkeitsrechte gar keine Rolle mehr spielen. Also das möchte ich nur dagegen argumentieren. (Abg. Stögmüller: Kann man das nicht einfach nach draußen verlegen, Herr Präsident? Das ist schließlich Ihre Fraktion!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Kollege Stögmüller! Sie können ein bisschen mehr Disziplin an den Tag legen, und wenn Sie sich zur Geschäftsordnung zu Wort melden wollen, dann bitte ich Sie, das auch zu tun. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Bitte, Frau Abgeordnete.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Das ist schon ein bissel wie ein Fußballspiel, und Hanger ist der Kommentator.

Jetzt hätte ich noch eine Frage, Frau Zadić, nämlich: Wieso wurden aus Ihrer Sicht die Chats von Thomas Schmid als Erstes an den Untersuchungsausschuss geliefert und die von H.-C. Strache noch nicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also das Justizministerium und die Staatsanwaltschaft handeln in diesem Fall im Auftrag des Untersuchungsausschusses und auch basierend auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes. Das bedeutet für uns, wenn uns der Ausschuss sagt: Wir hätten gerne eine Auswertung der Thomas-Schmid-Chats!, dann macht das die Staatsanwaltschaft, weil das die Beauftragung durch den Untersuchungsausschuss ist. Wenn der Untersuchungsausschuss zum Schluss gelangt, er braucht diese Chats nicht, sondern hätte gerne andere Chats, dann brauchen wir ein Verlangen dieses Untersuchungsausschusses, und die Staatsanwaltschaft wird danach handeln.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Liegt Ihnen so ein Verlangen vor?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Derzeit werten wir so, wie das in der Konsultationsvereinbarung an uns herangetragen wurde, die Chats von Thomas Schmid aus, weil das zwischen dem Untersuchungsausschuss und dem Justizministerium auch so vereinbart worden ist. Wenn der Wunsch ein anderer ist, dann kann das die Staatsanwaltschaft tun. Ich möchte aber nur noch einmal darauf hinweisen: Es sind wirklich unfassbar viele Nachrichten, die sichergestellt wurden, die gesichtet werden müssen. Da geht es um Hunderttausende Nachrichten. Und in welcher Reihenfolge das vorzunehmen ist – da bitte ich wirklich den Untersuchungsausschuss, uns das mitzuteilen.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann möchte ich Sie noch zu einer Causa fragen, die bei einer Fraktion immer für Aufruhr sorgt, nämlich die sogenannten Katzian-Chats. Sind Ihnen diese aus den Medien bekannt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ja.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dort ist auch schon öfters die Frage aufgetaucht, wieso diese Katzian-Chats nicht zum Strafakt genommen worden sind. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Warum sie nicht zum Strafakt genommen worden sind?

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Zum Strafakt, ja. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das kann ich so jetzt nicht beantworten, warum sie zu welchem Akt genommen werden. Das ist Sache des fallführenden Staatsanwalts, der darauf schaut, ob - - Also es gibt den Staatsanwalt, der die Sichtung für den Strafakt vornimmt. Das heißt, der sichtet, ob die Sachen strafrechtlich relevant sind oder nicht. Und es gibt dann auch den Staatsanwalt, der darauf schaut, ob das jetzt abstrakt relevant für den Untersuchungsausschuss ist. Das sind zwei verschiedene Vorgänge.

Ich bin aber nicht die fallführende Staatsanwältin und kann daher die Frage so nicht beantworten.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Den Ärger gibt es ja vor allem auf Seiten der ÖVP, was das anbelangt. Jetzt haben wir im Untersuchungsausschuss die Information bekommen, dass keiner der Beschuldigten der ÖVP – es ist ja ein sehr großes Verfahren – ein Rechtsmittel ergriffen hat, dass man diese Chats zum Akt nehmen soll oder dass die noch fehlen. Ist das noch der aktuelle Stand oder ist Ihnen da bekannt, dass mittlerweile von jemanden ein Rechtsmittel eingelegt worden ist?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe dazu noch keine Informationen bekommen, aber es werden auch nicht alle Verfahrensschritte an mich herangetragen.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wie viel Zeit habe ich noch?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: 1:41 Minuten.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Das möchte ich gerne mitnehmen.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Krisper!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich lege Ihnen jetzt nachträglich den Artikel des „Profil“ vom Mai 2020 vor, nächtliche Mails zwischen Fuchs und Pilnacek zur Negativ-PR-Kampagne gegen die WKStA. Sie haben die Beilagen vom Treffen mit der WKStA auch vom Mai 2020 schon bei sich liegen.

Ich lege Ihnen weiters die Mails von Fuchs an Vrabl-Sanda in den ersten Tagen nach Erscheinen des Ibizavideos vor, in denen er, wie die WKStA multipel ausführte, eine ihre Ermittlungsmöglichkeiten massiv einschränkende Weisung gab, nämlich nur Erkundigungen zur Prüfung eines Anfangsverdachts einzuholen und nicht schon den Anfangsverdacht zu prüfen. (Der Auskunftsperson werden Schriftstücke vorgelegt.)

Weiters haben Sie schließlich schon den Zackzack-Artikel zum Versuch von Pilnacek, über Sicherstellung an die E-Mails der WKStA zu kommen, und die Eingebundenheit von Oberstaatsanwalt Fuchs in dieser Sache vorliegen. Weiters ist Ihnen bekannt, dass Oberstaatsanwalt Fuchs hier im Ausschuss eigentlich amtsmissbräuchliches Verhalten nicht ausschließen wollte, nämlich an Pilnacek Dokumente aus dem Verfahrensakt geschickt zu haben.

Daher meine Frage: Haben Sie aufgrund all dieser Tatsachen – und das sind nicht alle – nicht die Wahrnehmung, dass aufgrund der Tätigkeit von Oberstaatsanwalt Fuchs die Gefahr einer politischen Einflussnahme auf das Verfahren besteht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ein paar dieser Sachen, die Sie geschildert haben, sind ja Gegenstand des dienstrechtlichen Verfahrens und – ich bin mir jetzt nicht sicher, nageln Sie mich jetzt nicht fest – auch des strafrechtlichen Verfahrens. Daher kann ich mich dazu nicht äußern.

Ich kann Ihnen aber schon sagen, dass das Justizministerium eine Disziplinaranzeige gegen Oberstaatsanwalt Fuchs erstattet hat. Darin ist auch die Suspendierung angeregt worden. Der dafür zuständige Oberste Gerichtshof hat seine Entscheidung getroffen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, denn es laufen disziplinarrechtliche und eben auch strafrechtliche Verfahren.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum haben aber Sie keine einstweilige Suspendierung vorgenommen, zu keiner Zeit, nach keiner dieser Erkenntnisse?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, „Warum haben [...] Sie keine Suspendierung vorgenommen“, halten Sie das für gültig?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Was soll das bewirken? Ich habe geglaubt, es ist eine Suspendierung vorgenommen worden. (Abg. Krisper: Fuchs nicht!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Also die grundsätzliche Frage: Ist das Handeln der Ministerin jetzt Gegenstand des Untersuchungsgegenstandes?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Nein, ganz sicher nicht! Also das war schon mit dem Vertrauen so. Wir hatten das ja vorhin schon. Es ist also nicht zulässig.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Folge des Nichtsuspendierens ist, dass Oberstaatsanwalt Fuchs in der Justiz weiterhin physisch präsent ist.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also der Oberste Gerichtshof - - Wir haben die Suspendierung - - Als Justizministerin habe ich die Suspendierung auch angeregt; der Oberste Gerichtshof hat es geprüft und keine Suspendierung ausgesprochen. Insofern habe ich das zur Kenntnis zu nehmen, habe aber – das war kurz nachdem ich aus dem Mutterschutz gekommen bin – mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt Fuchs gesprochen, und er ist nicht mehr für die WKStA und Verschlusssachen zuständig.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Stellvertretend ist jetzt zum Beispiel Herr Salzmann tätig. Dieser hat die Dienstaufsichtsprüfung gegen Mag. Purkart betreffend das Verfahren gegen Sebastian Kurz eingeleitet. Haben Sie davon Kenntnis?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Entschuldigung! Können Sie das noch einmal wiederholen?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege das Protokoll der Befragung Purkart vor, Seite 5. Da können Sie es nachlesen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Protokoll Purkart, Seite 5.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Auf Seite 5 führt Purkart zur Dienstaufsichtsprüfung aus, und laut seinen Aussagen ging das von Mag. Salzmann aus. Und meine Frage war, ob Sie davon Kenntnis haben. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Da steht nichts von Salzmann. Oder vielleicht sagen Sie mir, wo es steht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Er führt zur Aufsichtsprüfung aus auf Seite 5. Ich kann in der nächsten Runde die Seite 22 zu Salzmann vorlegen, aber auch wenn das jetzt nicht da ist, bleibt die Frage, ob Sie die Wahrnehmung hatten, dass das von Mag. Salzmann ausgegangen ist.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ob ich Wahrnehmungen habe, dass Mag. Salzmann - - Ich hab das nicht - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Dienstaufsichtsprüfung gegen Purkart initiiert hat.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es hat eine Dienstaufsichtsprüfung oder ein Begehren gegeben, dass dienstrechtlich geprüft wird. Die ist aber vom Tisch, wenn Sie die meinen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dennoch gab es die.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es wurde geprüft und gesagt: Nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es hat dennoch wieder die WKStA beschäftigt.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es wurde sehr zeitnah, also wirklich ziemlich schnell entschieden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nur zu Ihrer Information – ich habe dazu keine Frage – oder eine, die nicht zugelassen werden wird: Haben Sie Wahrnehmungen, dass Herr Dr. Salzmann die WKStA in den Rechtsanwaltsanwärterkursen sehr kritisch darstellt? Sie können sich die Unterlage der Schulung vom 28.6.2021 anschauen, wenn es Sie interessiert.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Könnten Sie mir die bitte weiterleiten?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mal schauen, aber Sie kriegen sie sicher. Meine Frage wäre noch generell: Wurden je vonseiten eines ÖVP-Vertreters – sagen wir mal: Regierung, Kanzler, Minister oder deren Mitarbeiter – Wünsche geäußert, gegen Pilnacek, gegen Fuchs keine Maßnahmen zu ergreifen, Berichtspflichten nicht abzuschaffen? Gab es je Wünsche vonseiten der ÖVP, nichts am derzeitigen gesetzlichen und erlassmäßigen Zustand in Strafverfahren in clamorosen Fällen zu ändern und auch niemanden zu suspendieren? (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich habe jetzt einen Berichtspflichtenerlass herausgegeben und somit die Berichte, die überbordend waren, im Einvernehmen mit den Oberstaatsanwaltschaften und auch auf Anregung der Vereinigung für Staatsanwälte überarbeitet und erlassen. Wir haben auch ein Gesetz ausgearbeitet, das jetzt in politischer Abstimmung ist, und die Dreitagesberichtspflicht wurde auch Anfang des Jahres aufgehoben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, die hat Interimsjustizminister Kogler aufgehoben.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist leider vorbei. Sie sind schon 8 Sekunden – beim letzten Mal 26 – drüber. Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich darf da anschließen. Diese Dienstaufsichtsprüfung im Zusammenhang mit Dr. Salzmann: Was war der Grund für diese Dienstaufsichtsprüfung? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Entschuldigen Sie, ich habe mich noch mit meiner Vertrauensperson beraten, ich habe es nicht gehört.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich wiederhole gern.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist außerhalb der Redezeit.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich wiederhole gerne die Frage. Ich schließe an die Ausführungen von Frau Kollegin Krisper und ihre Fragen an. Dienstaufsichtsprüfung Dr. Salzmann: Was war der Inhalt dieser Dienstaufsichtsprüfung?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich müsste mir die Unterlagen diesbezüglich besorgen. Ich kann mich derzeit nur erinnern, dass eine Dienstaufsichtsprüfung oder dienstrechtliche Prüfung begehrt wurde, die aber vom Tisch ist.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Stand diese im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen Bundeskanzler Kurz?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wie gesagt, ich müsste mir das wirklich noch einmal anschauen, ich möchte hier nichts Falsches sagen, ich weiß es schlicht und ergreifend derzeit nicht, aber ich kann mir gerne meine Unterlagen ausheben.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie auf die Entscheidung in diesem Dienstprüfungsverfahren Einfluss genommen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wie Sie wissen, nehme ich keinen Einfluss auf laufende Verfahren. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich komme noch einmal auf die 103 Seiten, und zwar auf das Beweisverlangen, das dem Ministerium zugestellt wurde, zurück. Kennen Sie die Beweisanforderung?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Welche Beweisanforderung sprechen Sie an?

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich lege sie vor.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Danke. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte die Unterlagen immer rechtzeitig vorlegen, sodass wir sie auch dementsprechend beurteilen können.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Okay, ich habe es überflogen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Die Frage war, ob Sie es kennen – also nicht jetzt, sondern ob Sie es gekannt haben, bevor ich es vorgelegt habe.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich kenne das in dieser Form nicht, aber das Verlangen – der Inhalt des Verlangens – ist mir selbst an sich bekannt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wer ist im Ministerium für Justiz für die Aktenvorlage an den Untersuchungsausschuss verantwortlich?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Je nachdem, welche Akten vorgelegt werden: Letzten Endes obliegt die Verantwortung immer der Ministerin. Wenn es um staatsanwaltschaftliche Verfahren geht, prüft der leitende - - oder der Staatsanwalt, der das Verfahren leitet, ob es abstrakt relevant ist. Das wird nachher mit den Oberbehörden abgestimmt, die Oberbehörden leiten es an den Untersuchungsausschuss weiter, und damit ich meine Letztverantwortung wahren kann, wird das gleichzeitig auch an das Ministerium, nämlich an die Sektion V, geliefert. So ist das im staatsanwaltschaftlichen Verfahren. Und alles, was aus dem Justizministerium dem Untersuchungsausschuss zu liefern ist: Ich habe noch einmal alle darauf hingewiesen und angewiesen, dass alles, was abstrakt relevant ist, auch zu liefern ist, und ich gehe davon aus, dass dieses Verlangen, das bei uns eingelangt ist – ich weiß nicht, wann es bei uns eingelangt ist –, auch bearbeitet wird. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Das Verlangen ist am 9.6. eingelangt – mit einer Frist von zwei Wochen, und diese ist am 23. 6. abgelaufen. Letztverantwortlich für die Aktenlieferung sind Sie als Bundesministerin für Justiz. Weshalb wurde nicht – und zwar bis zum heutigen Tage nicht – geliefert? (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Das ist ein falscher Vorhalt. Es wurde heute geliefert. (Abg. Stögmüller – in Richtung Abg. Stocker –: Kennst die Aktenlage nicht?) Sorry, das ist leider ein falscher Vorhalt, es wurde heute geliefert.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Es wurde heute geliefert – der 103-Seiten-Bericht? (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Haben Sie es nicht gefunden?

*****

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also wie Ihnen mitgeteilt wurde, ist offensichtlich die Prüfung schon durch und wurde es Ihnen geliefert.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Die Frist war am 23.6. aus, es wurde jetzt, während des Ausschusses, geliefert. Ist der Grund der nicht fristgerechten Lieferung, dass Sie heute damit nicht konfrontiert werden wollten?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Diese Frage ist unterstellend, Herr Abgeordneter, die werde ich so nicht zulassen.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Die ist schon sehr unterstellend.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Dann ziehe ich diese Frage zurück, es kann sich jeder ein Bild machen.

Ich komme zu den Chatlieferungen. Können Sie bitte dem Ausschuss darlegen, wer diese Chatlieferungen beurteilt, was relevant ist, nach welchen Kriterien das erfolgt, mit welchen Verfahren in der Abstufung, in der Beurteilung in Ihrem Ministerium diese Chatlieferungen dann an den Ausschuss kommen? (Die Vertrauensperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Verfahrensanwalt.

Verfahrensanwalt Dr. Andreas Joklik: Die Vertrauensperson hat mir noch einmal gesagt, auch Ihr zweites Statement zu dem Thema wäre eine Unterstellung in anderer Wortwahl gewesen – nur um das auch im Protokoll zu haben.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Es war keine Frage. Das politische Statements ist das Statement. Die Frage ist - - (Abg. Stögmüller: Wir können nicht Unterstellungen hier stehen lassen!) Das wäre schön, wenn ich das die ganze Zeit abstellen könnte, wenn Sie quer durch die Bank politische Statements geben. (Abg. Matznetter: Die Unterstellung, nicht die politischen Statements!) Das wäre wunderbar, wenn wir das hätten, denn dieser Ausschuss hätte schon längst eine andere Wendung genommen, wenn es nicht permanent um ein politisches Statement ginge. – Zur Geschäftsordnung!

*****

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ja bitte, zur Geschäftsordnung! Auf eines möchte ich schon hinweisen: Ich halte es wirklich für eine ganz besondere Vorgangsweise, um nicht zu sagen für respektlos gegenüber dem Ausschuss, dass eine Frist für die Aktenvorlage verstreicht. Wenn man im Ausschuss damit konfrontiert wird, liefert man es am selben Tag. Niemand kann sich darauf vorbereiten, die Auskunftsperson muss nicht gewärtigen, dass sie mit dieser Unterlage konfrontiert wird und dazu und über Vorhalte auch Auskunft geben kann. Das ist eine – können Sie ruhig sagen! – Unterstellung von mir, aber meine Bewertung ist so, dass ich glaube, dass das nicht zufällig ist. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stögmüller – zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Nein, ich erspare mir jetzt den Kommentar, weil ich glaube, jeder kann beurteilen, was das Finanzministerium und Ihr Minister Blümel ausführen und dementsprechend gegenüber dem Ausschuss an Respektlosigkeit offenbaren, also da braucht man jetzt auch nichts - - – und das war auch ein politisches Statement, Herr Sobotka.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Frage ist gestellt. Bitte würden Sie, Frau Minister, die Fragen beantworten, die der Herr Abgeordnete gestellt hat? (Abg. Matznetter: Wo war die Frage?) – O ja, das war eine ganze Reihe von Fragen.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich nehme ab, es geht um die Regierungs- -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wiederholen Sie die Fragen noch einmal außerhalb der Redezeit! Dann würde ich bitten, dass man das dann nicht mit Geschäftsordnungsmeldungen unterbricht. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Die Frage war: Wer entscheidet in Ihrem Ministerium, welche Chats relevant sind – abstrakt relevant sind –, welche Chats vorzulegen sind? Nach welchen Kriterien erfolgt das und wie ist der Ablauf der Übermittlung dieser Chats an den Untersuchungsausschuss?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also durch die Klassifizierung sollen natürlich auch Persönlichkeitsrechte und auch das Recht auf Privatsphäre geschützt werden, und das richtet sich nach dem Informationsordnungsgesetz. Die Klassifizierungen nehmen die zuständigen Staatsanwaltschaften im Einvernehmen mit der übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft vor.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wie ist der Ablauf bis zur Vorlage an den Ausschuss?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die zuständige Staatsanwaltschaft schlägt etwas vor, die überge- - im Einvernehmen mit der übergeordneten Oberstaatsanwaltschaft. Danach wird an den Untersuchungsausschuss geliefert, und damit das - -, also ich als Justizministerin auch meiner Pflicht nachkommen kann, werden dann natürlich die Sachen, die parallel ans Justiz- - an den Untersuchungsausschuss geliefert werden, auch an das Ministerium geliefert.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich lege Ihnen das Protokoll der Befragung vom 9.6.2021, und zwar Herrn Dr. Weratschnig betreffend – Seiten 43 und 44 –, vor und bitte, Ihr Augenmerk auf den letzten Absatz auf Seite 43 und den ersten Absatz auf Seite 44 zu lenken. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielleicht nur zur vorigen Frage – nicht, damit da etwas unbeantwortet stehen bleibt –: Wenn es Meinungsverschiedenheiten gibt, dann werden die auch, was die Klassifizierungsstufen betrifft - - wird das auch an die Sektion, an die dafür zuständige Sektion, herangetragen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter (in den Unterlagen blätternd), wir haben keine Seite 43. Wir haben Seite 17 und Seite 18. Ich würde bitten, dass wir uns die Dokumente - - Es ist leichter, wenn Sie gleich kennzeichnen, um welche Textstelle es sich handelt, dann ist das effizienter. Auf Seite 43 ist die Textstelle gekennzeichnet. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Es handelt sich dabei um die Chats zwischen Strache und Gudenus, und Herr Dr. Weratschnig sagt: Die Daten sind „weitestgehend ausgewertet“, wurden aber nicht vorgelegt, weil der „Auftrag“ dazu „nicht da“ war! – Die Anforderung gibt es seit Langem. Wieso wurde kein Auftrag erteilt?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Auf der Seite 44.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ah, 44! (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Es ist im zweiten Absatz bezeichnet, Frau Minister.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich würde mir nur gerne seine vorhergehende Antwort auch durchlesen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Auf Seite 43 ist es bezeichnet, und da steht das drin, dass die Daten weitestgehend ausgewertet wurden. – Können Sie das sehen, Frau Minister?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ja.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Und dann Seite 44 die Wendung, das war das, was zuerst - - (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Und die Frage war, warum es nicht geliefert wurde.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Verstehe! Also wie gesagt – ich habe das zu Beginn auch ausgeführt –: Die Staatsanwaltschaft und das Ministerium handeln im Auftrag des Untersuchungsausschusses und basierend auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Das heißt, wenn der Auftrag des Untersuchungsausschusses ist, die über 300 000 Chats von Thomas Schmid nach abstrakter Relevanz auszuwerten, dann macht das die Staatsanwaltschaft. Wenn der Untersuchungsausschuss der Meinung ist, es sollen andere Chats ausgewertet werden, dann bitte ich, dass da ein Einvernehmen zwischen den Fraktionen hergestellt wird und dieser Auftrag an das Justizministerium erteilt wird, weil der Auftrag, den das Justizministerium verfassungsrechtlich hat, lediglich ist, strafrechtliche Sachen zu sichten, also strafrechtlich Relevantes zu sichten. Alles, was für den Untersuchungsausschuss ist: Das ist der Auftrag des Parlaments, und diesen Auftrag brauchen wir, sonst sind wir nicht mit der Verfassung konform.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Diese Aktenlieferung wäre meines Erachtens schon durch den grundsätzlichen Beweisbeschluss gedeckt. Da fehlt offensichtlich der Auftrag. Von wem hätte der kommen müssen? Haben Sie den Auftrag erteilt, dass die Chats geliefert werden?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Der Auftrag kommt vom Untersuchungsausschuss und von den Konsultationsvereinbarungen. Wenn es eine Konsultationsvereinbarung gibt, dass das, was nicht im Strafrechtsakt ist - - Das ist nämlich der Auftrag des Verfassungsgerichtshofs: dass alles, was nicht im Strafrechtsakt ist, zu analysieren, also nach der abstrakten Relevanz zu sichten ist. Deswegen hat es auch Konsultationsvereinbarungen gegeben, und der Untersuchungsausschuss hat das Justizministerium beziehungsweise die Staatsanwaltschaft beauftragt, nach abstrakter Relevanz zu sichern. Nachdem das eine Unmenge an Daten ist, wurde von Ihnen uns weitergegeben oder wurden wir beauftragt, die Chats von Thomas Schmid zu sichern. Jederzeit gehen wir davon ab, wenn uns ein Auftrag erteilt wird.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Die Auswertung ist „weitestgehend“ erfolgt, hat Herr Dr. Weratschnig gesagt. Gudenus/Strache sind Chats mitten im Untersuchungsgegenstand. Warum wurden die nicht geliefert? (Die Abgeordneten Stögmüller und Tomaselli heben die Hand. – Abg. Stögmüller: Entschuldigung, zur Geschäftsordnung!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung. Zuerst Abgeordnete Tomaselli und dann Abgeordneter Stögmüller.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich verstehe jetzt die Frage nicht. Das ist insofern auch ein falscher Vorhalt, weil natürlich auch Chats von den beiden geliefert worden sind: diejenigen nämlich, die strafrechtlich relevant sind und Eingang in den Strafakt gefunden haben. Dort sind Chatunterhaltungen jedenfalls geliefert worden – respektive zum Beispiel auch aus dieser Sechsergruppe.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Fürlinger. (Zwischenruf des Abg. Fürlinger.) – Bitte? Ja, Fürlinger. (Abg. Stögmüller: Nein, ich war vorher dran!) – Oder Abgeordneter Stögmüller. Bitte, gerne.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde gern den Vorhalt haben, wo das Herr Dr. Weratschnig gesagt hat. Das fehlt mir noch.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Seite 43, letzter Absatz: Da steht das drinnen. – Abgeordneter Fürlinger zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Der Vorhalt ist natürlich nicht falsch, denn wie wir jetzt am Ende dieses Ausschusses wissen, ist die strafrechtliche Relevanz relativ négligeable, denn wir haben, glaube ich, 20 Millionen A4-Seiten, von denen weiß ich nicht wie viele strafrechtlich keinerlei Relevanz haben – genau die Argumentation, die sonst dafür verwendet wird, dass man im Finanzministerium bis zu den privaten Daten alles liefern muss! Hier hätten wir wirklich Themen gehabt, die den Untersuchungsausschuss im Kern treffen, und wenn das nicht geliefert wird, trotzdem es angefordert und scheinbar auch ausgearbeitet ist, dann gibt es dagegen wenig zu sagen, und dann ist der Vorhalt – die Frage – mehr als berechtigt, und es wundert mich, dass hier im Hause so mit zweierlei Maß gemessen wird.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, aber es ist eben halt doch ein falscher Vorhalt, Kollege Fürlinger, weil Sie es auch nicht korrekt sagen. Ihr müsst es uns bitte auseinanderhalten: Es geht um die SMS, die strafrechtlich relevant und in dem Strafakt sind. Dort kriegen wir alle, die nicht vom Konsultationsmechanismus erfasst wurden, also all jene, die keine weiteren Ermittlungsschritte gefährden. Dazu hat Bernhard Weratschnig gesagt: „Hinsichtlich der Datenauswertung für den Strafakt: Wie gesagt, ich mache die Datenauswertung nicht selbst, aber ich gehe davon aus, dass die Daten weitestgehend ausgewertet wurden“. – Das bezieht sich auf die SMS im Strafakt. Was anderes sind die SMS, die wir als Untersuchungsausschuss bekommen, wobei die Ermittlungsbehörde nämlich tatsächlich für uns ermittelt.

Auch dort, und darauf hat sich die Auskunftsperson heute sehr, sehr oft bezogen, gibt es eine gültige Konsultationsvereinbarung, die besagt, dass Thomas Schmid als Erster dran ist.

In dieser Konsultationsvereinbarung aus dem Februar ist übrigens auch festgehalten worden, dass die Staatsanwaltschaft damals schon gesagt hat, dass das so viel ist und sie zu diesem Zeitpunkt gar kein Ende absehen können.

Da wir noch nicht am Ende angekommen sind oder die Staatsanwaltschaft bei den Thomas-Schmid-SMS noch nicht dort angekommen ist, sind die anderen nicht da  as simple as it is. Es ist aber tatsächlich ein falscher Vorhalt. Bernhard Weratschnig hat nie gesagt, dass die Auswertung für den Untersuchungsausschuss fertig ist, sondern hinsichtlich der Datenauswertung für den Strafakt. Ich zitiere aus der Vorlage, aus dem Vorhalt der ÖVP.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ja zur Geschäftsordnung, zu diesem Ansinnen, dass der Vorhalt falsch wäre, darf ich Folgendes ausführen: Ich habe gefragt, ob die Chatauswertungen von Strache und Gudenus, die den Untersuchungsausschuss interessieren, bereits ausgewertet wurden, da es ja geheißen hat, es sei keine Kapazität vorhanden. Auf diese Frage hat dann Herr Dr. Weratschnig gefragt, ob ich den Strafakt oder den Untersuchungsausschuss meine. Ich habe gesagt beides, also auch den Untersuchungsausschuss, und er sagt: Die Daten sind jetzt weitestgehend ausgewertet.

Also offensichtlich sind sie jetzt so weit und dann sind sie – ich verweise darauf, was hier bei Finanzminister Blümel immer releviert wurde – ohne Weiteres vorzulegen. Punkt, aus, fertig! Die Frage, warum das nicht vorgelegt wurde, ist zulässig und der Vorhalt ist richtig.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli: Zur Geschäftsordnung.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Stocker, Sie haben das ja korrekt ausgeführt, die Antwort war auf beides. Ich möchte aber auch, dass die Journalistinnen und Journalisten, die den Akt nicht vor sich haben, das auch hören. Die Antwort von Bernhard Weratschnig auf den ersten Teil der Frage war: „Zum Untersuchungsausschuss nämlich – ich ziehe das vor ist es so, dass wir hier reine Dienstleister sind. Die Reihenfolge bestimmen nicht wir, das bestimmt die Oberstaatsanwaltschaft - - ich oder das Justizministerium, vielleicht auch in Abstimmung mit dem Parlament, aber dazu kann ich eigentlich nichts sagen, über die Reihenfolge bin nicht ich oder die WKStA entscheidungsbefugt.“ – So, da machen wir mal einen Punkt, das war der erste Teil der Frage.

Der zweite Teil der Frage, weil sie nach beiden  Untersuchungsausschuss und Strafakt  gefragt haben: „Hinsichtlich der Datenauswertung für den Strafakt: Wie gesagt, ich mache die Datenauswertung nicht selbst, aber ich gehe davon aus, dass die Daten weitestgehend ausgewertet wurden“.

Ihr Vorhalt ist – pardon, Herr Vorsitzender, ich bitte Sie, da zu entscheiden – einfach falsch. Bernhard Weratschnig hat nie gesagt, dass die Daten für den Untersuchungsausschuss weitestgehend ausgewertet sind. Er hat sich hinsichtlich der Datenauswertung auf den Strafakt bezogen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stocker, zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): (zur Geschäftsbehandlung): Aus meiner Sicht ist es so, dass sich die Frage ausdrücklich darauf bezogen hat, dass die Daten, die, als wir angefragt haben, noch nicht ausgewertet worden sind es hat geheißen: wir haben keine Kapazität , jetzt offensichtlich da sind. Meine Frage ist ich kann sie dann insoweit präzisieren –: Sind alle ausgewerteten Daten aus den Chats Strache/Gudenus an den Untersuchungsausschuss geliefert wurden? Wenn nein: Warum nicht?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Also was die Auslegung dieses Protokolls betrifft, stimme ich zu. Dieser zweite Absatz beginnt ganz klar mit „Hinsichtlich der Datenauswertung für den Strafakt“, also dass die Daten weitestgehend ausgewertet sind, würde ich daher auf die für den Strafakt relevanten Daten beziehen. Allerdings scheint mir die Frage so allgemein gestellt, vor allem vor dem Hintergrund dieser Formulierungen, hier zulässig, falls es die Auskunftsperson beurteilen kann.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Minister, bitte.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe auch eingangs erwähnt, es gibt - - es ist wirklich ein sehr umfassendes Verfahren. Es gibt Staatsanwälte, oder einen Staatsanwalt, der die Sichtung für den Strafakt vornimmt, dann werden zusätzlich auch unter Beiziehung von anderen Staatsanwälten und Unterstützung zusätzlich die Rohdaten für die abstrakte Relevanz des Untersuchungsausschusses ausgewertet. Das sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Das eine wird aufgrund der Strafprozessordnung ausgewertet, also quasi der Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, alles, was strafrechtlich relevant ist, in den Akt, in den Ermittlungsakt zu nehmen. Das ist die Verpflichtung, die die Staatsanwaltschaften aufgrund der Strafprozessordnung auch haben.

Die Auswertung von sichergestellten Rohdaten basiert nicht auf der Strafprozessordnung, das heißt, es kann die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus sichten, weil sie das Gefühl hat, sie soll das für den Untersuchungsausschuss tun, sondern der Untersuchungsausschuss muss einen Auftrag erteilen. Und dieser Auftrag lautet: Thomas-Schmid-Nachrichten. Wenn sie gerne andere Nachrichten ausgewertet haben wollen, die nicht im Strafakt sind – ich beziehe mich nur auf diese Rohdaten –, dann braucht die Staatsanwaltschaft – und somit wir als Ministerium – ein Verlangen, also ein Konsultationsverfahren, eine Konsultationsvereinbarung.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Seitens des Ausschusses, habe ich gehört, ist der Auftrag erteilt worden. Meine Frage: Sie sind verantwortlich für die Lieferung. Können Sie mir sagen, dass wir alle Chats haben? Wenn nein: Warum nicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Seit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs stehen wir vor der Situation, dass nicht nur das, was im Akt ist, sondern auch diese Rohdaten dem Untersuchungsausschuss zu liefern sind. Und deswegen – dazu können wahrscheinlich die Referenten, die dort anwesend waren, und auch die, die die jeweiligen Fraktionen leiten, Stellung beziehen – wurde dort danach vereinbart, dass aufgrund der Datenmenge jetzt Stück für Stück vorzugehen ist. Und deswegen gab es eine Konsultationsvereinbarung, die besagt: Auswertung Thomas-Schmid-Nachrichten.

Wenn es andere Konsultationsvereinbarungen gibt und wenn es da ein Einvernehmen gibt, dann bitte an das Justizministerium weiterleiten. Es ist nur unser Auftrag, die Daten auszuwerten, die Sie uns sagen. Meine, unsere Verpflichtung, die staatsanwaltliche Verpflichtung ist, für strafrechtliche Ermittlungsverfahren zu sorgen und strafrechtlich zu ermitteln. Wir sind in dem Zusammenhang Hilfsorgan des Untersuchungsausschusses, also bitte, wenn es hier eine anders lautende Vereinbarung des Untersuchungsausschusses gibt: An uns herantragen, wir führen es aus!

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Letzte Frage, bevor ich an Kollegen Hanger weitergebe: Hat der Ausschuss jetzt alle Daten, Chatauswertung Gudenus/Strache, ja oder nein? Wenn nein: Warum nicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das kann ich Ihnen so nicht beantworten, weil ich nicht den Überblick über alle Daten habe. Sie müssen verstehen: Allein beim Thomas Schmid gibt es über 300 000 Nachrichten. Es sind wahnsinnig viele Sachen sichergestellt worden, das weiß ich einfach nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sie haben die Verantwortung, Sie müssten auch den Überblick haben. Ich gebe weiter an Kollegen Hanger.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben noch 23 Sekunden, Herr Kollege.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger: Ich lege Ihnen mit der Dokumentennummer 77762 Auszüge aus Chatverläufen zwischen Mag. Thomas Schmid und Mag. Melanie Laure vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielleicht kann ich noch einmal dazusagen: Über nicht ausgewertete Rohdaten, die niemand angeschaut hat, kann auch niemand die Übersicht haben. Ich glaube, das sollten Sie wissen. Ich bin keine Hellseherin.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger: Ich darf Ihre Aufmerksamkeit auf die Seiten 455 und 456 leiten: „Wir sind mitten in den vorstadtweibern“, „Staffel 5“, „Nur leider in der Hauptrolle“, „Ich glaub, der orf sollte mal mit einer Kamera vorbei kommen – das ist wie eine schlechte telenovela“. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: 456?

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger: 455 und 456, ich habe den Chat, auf den ich referenziere, gerade vorgelesen.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ja, mhm.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger: Sie sind verantwortlich für diese Chatlieferung. Können Sie mir erklären, wieso Anspannungen und Streitigkeiten von Mitarbeitern relevant für den Untersuchungsausschuss sind? (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Frau Abgeordnete Tomaselli. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Pardon, das war nicht die Grundlage – auch nicht der liefernden Stellen, die das geklärt haben. Die Grundlage ist nicht, ob Streitereien relevant sind oder nicht.

Wenn man nämlich den Akt genau durchschaut - - Es ist, glaube ich, auch wichtig zu wissen, dass ja die WKStA oder die vorliegende Stelle jede einzelne Nachricht genau beurteilt. Hier ist das deshalb vorgelegt worden, da sich die Nachricht auf die Nachrichten 513 bis 5539 beziehen. Insofern müsste man die mit beurteilen. (Abg. Hanger: Gerne!)

*****

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe jetzt weitergelesen. Was ist jetzt der Stand?

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Der Stand ist – außerhalb der Redezeit natürlich –: Ich versuche, dem Ausschuss zu erklären, wo hier die abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand ist. Es geht um die Verletzung von Persönlichkeitsrechten.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist vorbei. – Bitte, zur Geschäftsordnung. (Abg. Tomaselli: Nein, wenn die Zeit vorbei ist, ist sie vorbei!) – Die Antwort von der Frau Minister fehlt ja noch. (Abg. Tomaselli: Na dann zur Geschäftsbehandlung!) – Bitte.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Insofern ist der Vorhalt einfach leider falsch, weil es eben, wie Abgeordneter Hanger eingangs gesagt hat, nicht um die Bewertung von Streitereien geht. Es ist nicht so einfach, alles nachzuvollziehen, man muss halt auch einmal vorblättern. Wenn man bei der Nachricht 55513, die ja von der vorliegenden Stelle mitbeurteilt worden ist, schaut, geht es da um die Planung eines Termins von Thomas Schmid mit Stefan Pierer, ÖVP-Großspender. Thomas Schmid und Melanie Laure möchten da mit Gabi – das ist vermutlich Gabriela Spiegelfeld – an diesem Treffen teilnehmen.

Es wird genau ausgeführt, warum und wieso das vorzulegen ist und warum das im Zusammenhang steht. Also es ging nie um die Vorlage einer Streiterei, sondern es geht darum, darzulegen, dass es die Planung eines Treffens mit einem ÖVP-Großspender gegeben hat. (Abg. Hanger hebt die Hand.) Wir untersuchen hier ja die mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung, da ist abstrakte Relevanz jedenfalls sicher nicht auszuschließen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung: Abgeordneter Hanger.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Also, Frau Kollegin Tomaselli, das ist eine sehr bemerkenswerte Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Vielleicht sollten Sie die Rollen tauschen und gleich als Auskunftsperson Platz nehmen. Sie haben ja versucht, die Frage zu beantworten. Die Frage war an die Auskunftsperson gerichtet, und ich ersuche um eine Antwort.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Es ist nicht entschieden, ob es überhaupt zugelassen ist. (Abg. Hanger hebt die Hand.) Du hast einen falschen Vorhalt gemacht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Hanger.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe eins zu eins aus einem Dokument zitiert, das dem Untersuchungsausschuss unter dem Begriff der abstrakten Relevanz geliefert worden ist. Was kann hier ein falscher Vorhalt sein? Ich habe nur darum gebeten, den Untersuchungsausschuss aufzuklären, ob und in welchem Zusammenhang eine abstrakte Relevanz vorliegt. Wenn das nicht so ist, dann haben wir schon ein großes Problem, das möchte ich schon ausdrücklich festhalten, denn dann werden Persönlichkeitsrechte verletzt. Das ist schon eine Situation, die wir, glaube ich, auch klären müssen. (Zwischenruf der Abgeordneten Krainer und Stögmüller. Der Vorsitzende berät sich mit dem Verfahrensrichter-Stellvertreter.)

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Frage ist zulässig. Beantworten Sie bitte, wie die abstrakte Relevanz ist.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich kann noch einmal kurz ausführen: Der Staatsanwalt oder die Staatsanwältin, die das Verfahren leitet, kann am besten beurteilen, was abstrakt relevant ist, weil diese Person auch alle Akten kennt. Das wird an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt und die Oberstaatsanwaltschaft leitet das dem Untersuchungsausschuss weiter und gleichzeitig mit der Weiterleitung (Zwischenruf des Abg. Hanger) – ich würde Sie bitten, mich nicht zu unterbrechen – an den Untersuchungsausschuss wird es auch an das Ministerium vorgelegt. Ich habe als Justizministerin mein Kabinett angewiesen, mehrfach darauf hinzuweisen, dass ausschließlich abstrakt Relevantes an den Untersuchungsausschuss zu liefern ist.

So haben wir beispielsweise in einer E-Mail an die Sektionen III und V im Wortlaut Folgendes gesagt: Anknüpfend an das heute stattgefundene Konsultationsverfahren ersuchen wir erneut darum, dass private Nachrichten und höchstpersönliche Inhalte geschwärzt beziehungsweise nicht vorgelegt werden. Diesbezüglich verweisen wir auch auf das Gutachten von Prof. Lewisch, das uns von der ÖVP übermittelt wurde und wir bereits zur Kenntnis an Sie übermittelt haben. – Zitatende.

Das ist deswegen relevant, weil ich – noch einmal – meiner Pflicht nachgekommen bin, alle darauf hinzuweisen, die dafür zuständig sind – eben die Sektion III als auch die Sektion V, die für die Staatsanwaltschaften zuständig ist –, auch ihre Behörden noch einmal darauf hinzuweisen: Alles, was abstrakt relevant ist, ist vorzulegen. Wir haben auch explizit das uns von Ihnen zugegangene Gutachten von Prof. Lewisch zur Kenntnis gebracht.

Darüber hinaus haben wir auch ersucht, dass die Auswertungen auch von anderen Staatsanwaltschaften so vorgenommen wurden, wie das auch bei der WKStA gemacht wird, dass nämlich immer dazugeschrieben ist, warum nicht ausgeschlossen werden kann, dass es abstrakt relevant ist. (Abg. Hanger hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Hanger.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich muss wirklich klar außerhalb meiner Fragezeit festhalten: Frau Bundesminister, es tut mir sehr leid - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben keine Fragezeit mehr. (Abg. Hanger: Die Frage wurde nicht beantwortet!) – Sie können sich nur zur Geschäftsordnung melden, aber keine Frage stellen.

*****

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Dann melde ich mich zur Geschäftsordnung und halte ausdrücklich fest, dass die Frage nicht beantwortet wurde. Ich habe sehr klar nach einem konkreten, einzelnen Chat gefragt und habe gebeten, da die abstrakte Relevanz auszuführen. Frau Bundesminister, Sie sind verantwortlich, Sie sind in der Letztverantwortung. Sie können uns nicht eine allgemeine Situation schildern, dass Sie irgendein nettes E-Mail an irgendwen geschickt haben, denn Sie sind in der Letztverantwortung, deshalb ist meine Frage: Wo ist der abstrakte Zusammenhang?, mehr als berechtigt. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller. – Abg. Krainer hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Abgeordneter Krainer. – Zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte nur fürs Protokoll noch festhalten, dass ich Ihre Entscheidungen, Herr Vorsitzender, was die Zulässigkeit von Fragen bei meiner letzten Befragung betrifft, nur als intellektuelle Beleidigung klassifizieren und das auch so im Protokoll stehen haben möchte. Ich darf jetzt, wenn Sie einverstanden sind, mit meiner Befragung beginnen.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich lege einen Akt vor, der keine Nummer hat. Das ist ein Tagebuch von der WKStA, das heute geliefert wurde. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Um welche Textstelle geht es jetzt?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): „Management Summary“.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Alle Seiten lesen oder wie?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, das beginnt bei Ihnen, glaube ich, ab Seite 4 oder so etwas, Entschuldigung, auf Seite 2. Da ist die Überschrift „Management Summary“.

„Das ‚Ibiza‘-Ermittlungsteam hält im Hinblick auf die untragbare und bislang trotz entsprechender wiederholt vorgetragener Bitten um Hilfestellung (über den Teamleiter an die Behördenleitung bislang nicht verbesserte Belastungssituation nachfolgende Umstände fest und spricht unmissverständlich in Ausübung der dienstrechtlichen Warnpflicht aus, dass die bereits anhängigen Ermittlungsaufgaben im Stammkomplex und die fortlaufend im Ibiza-Komplex neu hinzutretenden Aufgaben (neue Sachverhalte und Anzeigen) nicht mehr in der nach Ansicht der Sachbearbeiter gesetzlich gebotenen und für erforderlich geachteten Weise qualitativ geführt werden können. Rechtsverletzungen im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot, die Nichtbearbeitung von (auch dringlichen) Angelegenheiten und ein massiv zunehmendes Risiko für Fehler werden nicht nur eine mögliche, sondern eine geradezu höchstwahrscheinlich eintretende Folge sein.“

Das ist eine Warnung der WKStA vom 1. Juni 2021, die auch im Tagebuch festgehalten wurde. Hat Sie diese Warnung erreicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich kenne diese Management Summary nicht.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat Sie diese Warnung inhaltlich erreicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Mir wird immer wieder - - also wir werden immer wieder darauf hingewiesen, dass die Auswertungen von Rohdaten, die sichergestellt wurden, die für die Staatsanwaltschaften sehr viele Kapazitäten und Ressourcen bündeln, sehr viele Ressourcen auch in Anspruch nehmen, und dadurch ist es einfach schwieriger und belastender geworden, ja.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Na, das steht nicht da. Hier steht: Wir können das Notwendige qualitativ nicht mehr durchführen!; und: „Rechtsverletzungen im Hinblick auf das Beschleunigungsgebot, die Nichtbearbeitung von (auch dringlichen) Angelegenheiten und ein massiv zunehmendes Risiko für Fehler werden nicht nur eine mögliche, sondern eine geradezu höchstwahrscheinlich eintretende Folge sein.“ – Hat Sie diese Warnung in dieser Dringlichkeit bis heute erreicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich persönlich habe keine Wahrnehmungen dazu, aber ich werde dem nachgehen. Fakt ist aber, dass die Staatsanwaltschaften – und halt insbesondere die WKStA – mit diesem Verfahren auch sehr viel - -, dieses Verfahren auch sehr komplex ist und sehr viele Ressourcen erfordert. Wie Sie wissen, ist das Justizministerium in den letzten zehn Jahren budgetär ausgehungert worden. (Abg. Stocker hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stocker, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich will zur Geschäftsordnung nur festhalten, dass Herr Kollege Krainer, der sich hier in seiner Befragung mit dieser Tagebucheintragung beschäftigt, selbst mindestens drei Anzeigen erstattet hat. Er hätte es sich selber beantworten können, warum die WKStA hier nicht mehr genügend Zeit für Ermittlungen hat. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Im Übrigen scheint es auch deshalb merkwürdig, weil die WKStA das Verfahren gegen Kurz geradezu akribisch an sich gezogen hat. Also offensichtlich gibt es Kapazitäten. (Abg. Matznetter: Da war der Sachverhalt einfacher!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Matznetter, zur Geschäftsordnung? Ich habe es akustisch nicht gut gehört. (Abg. Matznetter: Es zahlt sich nicht aus, auf Kollegen Stocker zu replizieren!)

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat Sie eine dienstrechtliche Warnpflicht des Ibizaermittlungsteams der WKStA erreicht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Warnpflicht zu was? Zum Ibizaverfahren, also das, was Sie mir gerade vorgelesen haben?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die dienstrechtliche Warnpflicht des Ibizaermittlungsteams der WKStA – ob Sie eine dienstrechtliche Warnpflicht erreicht hat.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich persönlich habe noch keine Wahrnehmungen zu dieser konkreten Warnpflicht, aber ich werde mich dessen annehmen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat es bei Ihnen Interventionen in Zusammenhang mit Herrn Pilnacek gegeben, und zwar bei der Frage der Teilung der Sektion, der sogenannten Dienst- und Fachaufsicht und der Legistik? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Kann Herr Abgeordneter Krainer bitte den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herstellen?

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Politische Einflussnahme auf Ermittlungsverfahren: Natürlich hatte die Trennung der Sektionen einen Unterschied in der Weisungskette zur Folge und damit Einfluss auf das Ermittlungsverfahren. Meine Frage war ausdrücklich, ob es politische Interventionen gab.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ja, das erachte ich für zulässig.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich verstehe nicht, warum die Frage zulässig ist oder warum die Frage vom Untersuchungsgegenstand umfasst ist. Ich kann aber trotzdem beantworten, dass ich die Sektionsteilung vorgenommen habe, weil ich eine innere Gewaltenteilung im Justizministerium vornehmen wollte. Bei der inneren Gewaltenteilung geht es nicht um das Ibizaverfahren, da geht es darum, dass ich diese innere Gewaltenteilung herstellen wollte – zum einen eine Sektion, die zuständig für die Staatsanwaltschaft ist, und zum anderen eine Sektion, die zuständig für die Legistik ist –, weil ich es nicht für richtig befunden habe, dass ein Sektionsleiter, der im Rahmen der legistischen Tätigkeit mit Abgeordneten oder Stakeholdern tagtäglich zu tun hat, am nächsten Tag vielleicht darüber entscheiden muss, ob gegen den einen oder anderen eine Anklage erhoben wird oder nicht. Das ist der Grund, warum ich jeden Anschein der Befangenheit vermeiden wollte und daher diese Sektionsteilung durchgeführt habe.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung: Kollege Krainer.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich habe nicht nach der Motivation, nach der politischen Motivation der Auskunftsperson gefragt, sondern ob es in diesem Zusammenhang politische Interventionen gab. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Und die Frage ist noch nicht beantwortet.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Frage ist natürlich beantwortet, ob es Ihnen passt, ist wieder etwas anderes. Sie können ja noch einmal etwas anderes fragen.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Können Sie meine Frage bitte beantworten? Gab es politische Interventionen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wenn Sie zu politischen Interventionen zu Verfahren fragen – und zu diesem Untersuchungsgegenstand bin ich auch geladen –, so habe ich das bisher ausführlich dargelegt. Ich habe auch alles zum Verfahren oder auch zu dem dargestellt. Wenn es um die Sektionsteilung geht, so hat das nichts mit dem Ibizaverfahren zu tun, sondern mit meinem Wunsch, hier eine innere Gewaltenteilung herzustellen, und das habe ich auch gemacht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Krainer.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Frage ist aber zugelassen und deswegen kann ich die Frage noch einmal wiederholen: Hat es bei dieser Frage politische Interventionen gegeben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielleicht definieren Sie „politische Interventionen“!

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stögmüller zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Verfahrensrichter, können Sie die Frage trotzdem noch einmal überprüfen? Meiner Meinung nach ist die Frage, warum und wieso die Frau Ministerin das gemacht hat, eine, die wir gerne im Justizausschuss besprechen können. Ich sehe hier aber keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand, wenn Sie sagt, das ist aufgrund ihres politischen Willens, aufgrund dessen, dass sie auch im Übereinkommen mit der Regierung gestanden hat, dass wir ja im Justizbereich vereinfachen und auch Strukturierungen ändern wollen, geschehen. Diese Geschäftsperiode und deren Umsetzung hat aber nichts mit diesem Untersuchungsausschuss zu tun. (Abg. Krainer hebt die Hand.) Vielleicht können Sie noch einmal aufklären, wohin diese Frage führen soll.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Frage wurde vom Herrn Verfahrensrichter zugelassen und die Frau Minister hat eine Antwort gegeben. Die passt Herrn Abgeordneten Krainer nicht, daher kann er noch einmal fragen. Er kann eine Geschäftsordnungsdiskussion bemühen, ja bitte, gerne. – Zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Krainer. Die Frage ist beantwortet und sie wird auch weiterhin die Antwort geben, die sie zu geben bereit ist.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Wenn meine Frage gelautet hätte: Was war Ihre politische Intention?, dann hätte ich a) verstanden, dass sie nicht zugelassen worden wäre und b) wäre Ihre Antwort auch in einem Zusammenhang mit meiner Frage gestanden. Meine Frage war: Hat es politische Interventionen gegeben? Sie wollten wissen, was politische Interventionen sind: Das ist zum Beispiel, wenn Herr Sobotka Sie anruft und darauf anspricht. Das wäre zum Beispiel eine politische Intervention.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Stellen Sie die nächste Frage, Herr Abgeordneter, bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Meine Frage ist noch offen und nicht beantwortet und ich ersuche die Auskunftsperson um Beantwortung. (Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson und Verfahrensanwalt.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Frau Minister hat sie beantwortet, Sie können die nächste Frage stellen.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich warte noch auf die Antwort. Sie hat mich gefragt, was eine politische Intervention ist, und das hab ich gesagt.

Sie müssen nicht permanent allen sagen, sie sollen meine Geschäftsordnungswortmeldungen mitstoppen, als ob sie Teil der Befragung wären.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Noch einmal: Sie haben eine Frage gestellt. Die Frau Minister hat geantwortet und Sie sind nicht einverstanden. Sie haben sich zur Geschäftsordnung gemeldet. Jetzt stellen Sie die nächste Frage!

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Die ist noch offen. Ich habe die nächste Frage gestellt. Das ist Ihnen entgangen und ich warte noch auf die Antwort. (Der Verfahrensrichter-Stellvertreter spricht mit der Auskunftsperson.)

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Minister.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also in Zusammenhang mit den Ibizaermittlungen hat es – in diesem Zusammenhang – keine politischen Interventionen gegeben.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat es bei der Frage der Teilung der Sektion politische Interventionen gegeben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Noch einmal? Ich habe das jetzt - -

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat es in Zusammenhang mit der Teilung der Sektion politische Interventionen gegeben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Teilung der Sektion ist per se politisch, weil ich als politische Spitze die Teilung der Sektion auch durchgeführt habe.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, vielleicht erklären Sie es Kollegen Krainer noch einmal!

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Die Frau Ministerin hat diese Frage beantwortet. Unser Thema sind ausschließlich die Erhebungen in der Ibizaaffäre, und sie hat gesagt: Im Hinblick auf die Ibizaaffäre und die Teilung der Sektion hat es keine politische Intervention gegeben. – Das reicht für mich aus.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat es Interventionen in Bezug auf die Suspendierung von Herrn Pilnacek gegeben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Zu der Zeit, als Sektionschef Pilnacek suspendiert wurde, war er als Sektionschef für die Legistik zuständig und hat damit nichts mit Strafverfahren zu tun.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hat es Interventionen gegeben? (Die Auskunftsperson berät sich mit dem Verfahrensanwalt. – Abg. Krainer hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Antwort ist noch ausständig; oder zur Geschäftsordnung? – Herr Abgeordneter Krainer, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Das stimmt natürlich, dass er formell damit nichts zu tun hatte, aber wie ja die Ermittlungen der Dienstbehörde ergeben haben, hatte er trotzdem eine Reihe von fallrelevanten Unterlagen zum Beispiel auf seinem Handy. Das heißt, er war zumindest informell in diese Ibizaermittlungen einbezogen. Insofern sind natürlich Fragen zur politischen Intervention seine Person betreffend zu jedem Zeitpunkt – ob das die Teilung der Sektion ist – unabhängig von der Intention der Ministerin.

Wenn Herr Sobotka dort anruft, kann ja die Ministerin nicht wissen, welche Intention Herr Sobotka bei einer Intervention hatte. Insofern ist die Frage nach der Intervention unabhängig von ihrer persönlichen politischen Motivation oder Intention zu sehen. Natürlich sind alle Fragen nach Interventionen, die im Zusammenhang mit Herrn Pilnacek stehen, seit Beginn des Untersuchungszeitraumes und fortlaufend, weil es auch um Verdunklungshandlungen geht, zulässig und auch von der Auskunftsperson zu beantworten.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wenn diese Interventionen im Zusammenhang mit den Erhebungen stehen. Wenn nur jemand interveniert und sagt: Pilnacek ist mir unsympathisch!, ist das für uns irrelevant. (Abg. Krainer hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Insofern nicht, dass das - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sollten wir aber eine Geschäftsordnungsdiskussion wollen, dann unterbreche ich kurz (Abg. Krainer: Gerne!), damit wir uns dieser stellen; dann würde ich bitten, eine kurze Stehung zu machen, weil das sonst immer auf die Befragungszeit geht.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 17.45 Uhr bis 17.51 Uhr.)

*****

17.51

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und erteile Herrn Abgeordneten Krainer das Wort. – Bitte, die nächste Frage.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen über Einflussnahmen von Herrn Pilnacek auf das Ibizaverfahren?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Alle Irregularitäten, die in diesem Zusammenhang an mich herangetragen wurden, habe ich geprüft, prüfen lassen, und es laufen derzeit dienstrechtliche und strafrechtliche Verfahren gegen Sektionschef Pilnacek. Also ich kann Ihnen nochmals versichern: Alle Wahrnehmungen, die ich dazu habe, plus die, die an mich herangetragen wurden, habe ich prüfen lassen. Es wird derzeit auch ermittelt.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass Herr Pilnacek Bundesminister Moser immer über Weisungen, die er in seinem Namen weitergegeben hat, informiert hat?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen, aber ich habe keine persönlichen Wahrnehmungen zur Amtszeit meines Amtsvorgängers.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Ries.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Frau Bundesminister, ich komme nur noch einmal kurz auf diese 103 Seiten zurück. Kann man das als Bericht der Fachaufsicht bezeichnen? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also ich würde das nicht als Bericht der Fachaufsicht bezeichnen. So, wie sich das dargestellt hat, ist das eine Zusammenstellung von gewissen Fakten, anhand derer die Oberstaatsanwaltschaft beziehungsweise Leitender Oberstaatsanwalt Fuchs auch dienstrechtliche Vergehen gesehen hat, und diese sind an das Justizministerium herangetragen worden.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe vergessen, zu melden, dass wir schon über die drei Stunden hinaus sind; es sind 3:17 Stunden.

Bitte, nächste Frage.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Ist das das Dokument, in dem Sie gerade blättern?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Nein. (Abg. Ries: Nein! Okay!) – Nein, das sind nur meine Zusammenstellungen, damit ich die Fülle an Sachen, die in eineinhalb Jahren passiert sind, Ihnen auch wahrheitsgemäß beantworten kann.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Ich fasse aber richtig zusammen: Diese 103 Seiten ergaben keine Relevanz zur Einleitung eines disziplinarrechtlichen Verfahrens, ebenso nicht diese Ausstellung oder Mängelrüge – die auch nicht für eine disziplinarrechtliche Pflichtverletzung tatbildlich war?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Diese Eingaben hatten kein dienstrechtliches - -, also da war das Substrat einfach zu dünn. Es hat keine dienstrechtlichen - -, wir haben keine dienstrechtlichen Vergehen oder Verletzungen gesehen.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Also unbegründet oder nicht ausreichend begründet?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also es wird ja alles - - Wir haben das - - Die dafür zuständige Sektion III – das ist die Präsidialsektion, die für die Prüfung des Disziplinarrechts auch zuständig ist; also Sie müssen wissen, das ist ein großes Ressort mit über 10 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – prüft immer wieder, wenn disziplinarrechtliche Vergehen im Raum stehen. Dieses Konvolut wurde der Sektion auch zugetragen, und sie hat das geprüft und festgestellt, dass es hier keine disziplinarrechtlichen Vergehen gibt.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Dann kommen wir zur Aktenlieferung Finanzministerium. Jeder, der Zeitung liest, weiß, dass es dazu ein VfGH-Erkenntnis betreffend einen Handlungsauftrag an den Herrn Bundespräsidenten zur Exekution dieses Erkenntnisses gibt.

Haben Sie mit dem Bundesminister für Finanzen bezüglich der Aktenlieferung Kontakt gehabt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Nein, also es ist ja nicht meine Aufgabe.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Hat der Herr Bundespräsident bei Ihnen bezüglich dieses VfGH-Erkenntnisses angefragt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das VfGH-Erkenntnis betreffend Aktenlieferung aus dem Finanzministerium? – Nein.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Wurde vom Bundeskanzler bei Ihnen diesbezüglich angefragt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Nein.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Von jemandem aus dem ÖVP-Klub?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Nein – betreffend? Es geht wieder nur (Abg. Ries: Immer noch um dasselbe, ja!) um die Aktenlieferung des Finanzministeriums? – Also dazu habe ich keine Wahrnehmungen, gar nichts.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Dann noch eine Frage betreffend die Causa einer möglichen Falschaussage von Bundeskanzler Kurz hier im Untersuchungsausschuss. Zum Ablauf: Wann wird der Weisungsrat damit betraut, der ja in weiterer Folge zuständig sein wird, beziehungsweise ist der Weisungsrat jetzt schon flankierend tätig oder wird abgewartet, bis sozusagen die Anzeige gerichtsfertig ist?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wären Sie so nett, den Bezug zum Untersuchungsgegenstand herzustellen?

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Na ja, es geht um eine mögliche Falschaussage hier im Untersuchungsausschuss und um das weitere Verfahren.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Der Untersuchungsgegenstand, zu dem die Frau Ministerin geladen ist, sind aber nur die Ermittlungen in der Ibizaaffäre.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Eine Falschaussage hier im Untersuchungsausschuss hat also keine Relevanz, um hier nachgefragt zu werden?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Es muss zum Thema sein, und unser Thema sind die Erhebungen in der Ibizaaffäre.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Falschaussage ist ja nicht durch ein Gerichtsurteil bestätigt, das ist eine Anzeige.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Noch haben wir kein Urteil.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Ich habe ja vorhin „mögliche Falschaussage“ gesagt.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Es geht darum, die Verknüpfung zum Gegenstand herzustellen, vor allem zum Teil, zu dem die Frau Minister befragt wird – das ist das Beweisthema 5.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Das heißt, ich könnte auch nicht nachfragen, ob es eine sonstige Einflussnahme zum Verfahren Kurz gäbe?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Na, sicher nicht.

Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Dann nehme ich die Fragezeit mit in die nächste Runde.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli, bitte.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Zadić, haben Sie Wahrnehmungen zu Leaks von Akteninhalten, die aus der Justiz stammen könnten, in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand, auf Akten, die dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung stehen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also grundsätzlich ist es so, dass die Staatsanwaltschaften kein Interesse daran haben, dass Akten aus laufenden Ermittlungen den Weg in die Öffentlichkeit finden, weil das auch unter Umständen die Ermittlungen gefährden könnte, beispielsweise eben den Überraschungseffekt einer Hausdurchsuchung oder Ähnliches. Immer dort aber, wo ein konkreter Verdacht da ist, dass etwas aus der Sphäre der Justiz kommt, bitte ich, das an mich heranzutragen, weil ich selbstverständlich jedem Verdacht nachgehe und dort, wo ein Verdacht da ist, dass aus der Sphäre der Justiz etwas rausgekommen ist, auch Anzeigen erstatte.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sind solche Verdachtslagen in den letzten eineinhalb Jahren an Sie herangetragen worden?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe immer wieder, wenn ich Sachen in der Zeitung gelesen habe oder wenn man mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass das etwas aus der Justiz sein könnte, Anzeigen erstattet, aber in diesem - -

Grundsätzlich ist es so, dass die Staatsanwaltschaft kein Interesse daran hat, ihre Ermittlungen zu gefährden.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Welches Ergebnis haben diese Anzeigen erbracht?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das kann ich Ihnen jetzt im Detail nicht sagen.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Hat es Leaks bei den Staatsanwaltschaften, die mit den Verfahren, die auch untersuchungsgegenstandsrelevant sind, im Zusammenhang stehen, gegeben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also mir sind jetzt in diesem Zusammenhang - -, also ich kann nur aus meinen Wahrnehmungen oder aus dem, was wir auch tatsächlich im Justizministerium machen, berichten: Meiner Erinnerung nach hat es keinen bestätigten Vorwurf gegeben, dass es hier ein Leak bei der Staatsanwaltschaft gibt. – Aber nageln Sie mich jetzt hier nicht fest! Das sind wirklich viele Anzeigen aus verschiedensten Richtungen. Ich kann das einfach nicht im Detail beantworten, zumal ich auch diesen Detailgrad und dieses Detailwissen nicht habe.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Aus der WKStA?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also wie gesagt, ich kann das so im Detail nicht beantworten. Meines Wissens gibt es keinen bestätigten Vorwurf eines Leaks bei den Staatsanwaltschaften.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Gilt das auch für die Oberstaatsanwaltschaft?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es laufen derzeit Strafverfahren und auch disziplinäre Verfahren gegen den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, daher kann ich und möchte ich das Ganze nicht weiter vertiefen.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay, also da gibt es zumindest bei der Oberstaatsanwaltschaft eine Verdachtslage?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Es gibt ein laufendes Strafverfahren, ja.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ist Ihnen auch bekannt oder haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass Verfahrensbeteiligte, insbesondere beim Ibizakomplex, zum Beispiel in Hintergrundgesprächen oder anderweitig Akten auch an Medien weitergeben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe jetzt keine Informationen dazu. Ich weiß nicht, was Sie - - Ich kann Ihnen die Frage derzeit nicht beantworten, das müsste ich ausheben lassen.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie derzeit keine persönlichen Wahrnehmungen dazu?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wozu genau jetzt? Zu Verfahrensbeteiligten? (Abg. Tomaselli: Mhm!) – Ist mir jetzt nicht erinnerlich.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Es gibt zum Beispiel Berichte von Journalisten, die sagen, dass sie von Anwälten, von Verfahrensbeteiligten Akten bekommen haben. Es ist auch hier im Untersuchungsausschuss schon Thema geworden – Herr Mag. Purkart hat es auch ausgeführt –, dass man dem auch nachgegangen ist, woher diese Akten stammen. In diesem speziellen Fall hat er ausgeführt, dass es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus den Händen der ÖVP gekommen ist.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also es ist ja so, dass es im Ibizaverfahren sehr, sehr viele Parteien gibt und dadurch auch sehr viele Anwälte Akteneinsicht haben. Wenn sie Akteneinsicht haben, dann haben die Rechtsanwälte natürlich auch die Befugnis, diese Akten auch zu verwenden, auch medial zu verwenden – das ist ihr gutes Recht, ihr Beschuldigtenrecht –, und das machen sie auch.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie einen ungefähren Überblick, wie viele Verfahrensbeteiligte es mittlerweile gibt? Ich beziehe mich auf das Dokument, das Kollege Krainer vorhin verteilt hat.

Die Staatsanwaltschaft führt da aus, angefangen haben sie mit der Ermittlung zu „dem ursprünglichen Vorwurf in Bezug auf die Vorstandsbestellung von Mag. SIDLO“, und mittlerweile gibt es umfangreiche Ermittlungen. Sie führen da aus (aus den Unterlagen vorlesend): „Untreue in Bezug auf Beendigung der Vorstandsverträge der CASAG“, „Amtsmissbrauch in Bezug auf die Eignungsprüfung von Mag. SIDLO nach dem GspG“ – nach dem Glücksspielgesetz –, „Bestechung im Zusammenhang mit der Entsendung von Dr. STIEGLITZ in den AR“ – in den Aufsichtsrat – „der ASFINAG“, „Bestechung im Zusammenhang mit dem PRIFKRAF-G“ – Prikrafgesetz –, „Bestechung im Zusammenhang mit“ Peter „ZANONI“, „Bestechung von StS“ – Staatssekretär – „DDr. FUCHS“, „Bestechung durch Zahlungen der NOVOMATIC an das ISP“, „Abgabenhinterziehung im Zusammenhang mit Schenkung durch Johann GRAF“, „Bestechung im Zusammenhang mit einer Spende an die ÖVP (Mag. Blümel [...])“, „Amtsmissbrauch durch Einsicht in Steuerakten“, „Untreue durch Spenden der PREMIQUAMED“, „Falsche Beweisaussage von MMag. SCHMID“, „Falsche Beweisaussage von Mag. LAURE“, „Falsche Beweisaussage von Mag. GLATZ-KREMSNER“, „Falsche Beweisaussage von KURZ“, falsche Beweisaussage von Herrn „BONELLI“.

Das sind ja sehr, sehr viele Verfahren, die alle mit dem Untersuchungsgegenstand mutmaßliche Käuflichkeit – hört man ja auch schon heraus – zu tun haben. Wissen Sie ungefähr, wie viele Verfahrensbeteiligte es da gibt?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das kann ich Ihnen im Detail nicht beantworten. Das ist ein sehr, sehr umfassendes Verfahren mit sehr vielen Parteien, und es kommen laufend welche dazu. Also es ist für mich nicht möglich, das, ohne jetzt genau in die Berichte Einschau zu halten, zu beantworten.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann möchte ich Sie auch noch bitten: Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu, wo bei der Ermittlung vor allem in den vergangenen Jahren der Fokus gelegen ist? Im Grunde genommen kann man immer sagen, der Ibizakomplex ist das eine – alles, was mit dem Video zu tun hat, mit den Hintermännern – und das andere alles, was sozusagen durch die Ermittlungen angestoßen worden ist, die ganzen Verfahren – ich habe es ja jetzt vorgelegt. Haben Sie Wahrnehmungen, welchen Fokus es da insbesondere bei der Soko Tape gegeben hat?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe immer gesagt, ich mische mich nicht in laufende Verfahren ein. Wenn Berichte ans Justizministerium kommen und Entscheidungen anstehen, dann schon, weil das dann auch meine Aufgabe ist, aber vorher nicht. Daher lasse ich die Staatsanwaltschaften auch weiter unabhängig ermitteln.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Das Verfahren ist ja auf zwei verschiedene Staatsanwaltschaften aufgeteilt: Die Aussagen im Video sozusagen prüft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die Hintermänner die Staatsanwaltschaft. – Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu, dass das getrennt voneinander geführt wird?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Inwiefern meinen Sie: „welche Wahrnehmungen“?

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen, wieso das voneinander getrennt worden ist? Wie ist Ihr Eindruck: Welchen Einfluss hat das insbesondere in der operativen Umsetzung des Verfahrens?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben dann noch 12 Sekunden. (Abg. Tomaselli: Schade!)

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also das eine Verfahren wird ja – ich glaube, da haben wir uns das letzte Mal auch im Untersuchungsausschuss darüber unterhalten – gegen die Hintermänner des Videos geführt und das andere Verfahren wird generell wegen des Korruptionsverdachts geführt. Das, wo es um den Korruptionsverdacht geht, wird von der WKStA geführt, und das, wo es um die Hintermänner geht, von der Staatsanwaltschaft Wien, weil es in dem Zusammenhang auch keinen Korruptionsvorwurf gibt.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Und jetzt noch abschließend, weil tatsächlich das erste Mal, als Sie da waren – das war der zweite Untersuchungsausschusstag –, ja auch die öffentliche Pressekonferenz der Soko Tape und die Fahndung nach der sogenannten Oligarchennichte großes Thema war – diese öffentliche Fahndung ist dann zurückgenommen worden –: Haben Sie da neue Ermittlungsschritte, die Sie dem Untersuchungsausschuss mitteilen können? Ist das jemals erfolgreich gewesen, diese internationale Fahndung mit großer Pressekonferenz und Trara?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: 20 Sekunden überzogen.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe derzeit keine Informationen dazu, aber es kann schon sein, dass ich mal Informationen dazu hatte. Aber es ist einfach einer Fülle von Informationen geschuldet, dass ich jetzt einfach die Frage nicht beantworten kann.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordnete Krisper, bitte.

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Ministerin, inwiefern haben sich die Ressourcen in der WKStA verbessert, seit Sie im Amt sind?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich möchte vielleicht diese Frage noch einmal zum Anlass nehmen, vielleicht kurz eine Sache richtigzustellen, weil Abgeordneter Krainer mir diesen Vorhalt der Management Summary von der WKStA vom 1. Juni 2021 - - mir das vorgehalten hat. Vielleicht um zu spezifizieren: Also zu diesem Vorhalt vom 1. Juni 2021 habe ich jetzt keine konkreten Wahrnehmungen, aber was sehr wohl immer wieder von der WKStA - -, aber das, glaube ich, habe ich ausgeführt, nur, falls nicht, mache ich das jetzt noch einmal: Die WKStA ist immer wieder mit der Bitte an das Kabinett beziehungsweise das Justizministerium herangetreten, dass sie mehr Ressourcen bekommen, weil einfach aufgrund der Komplexität und des Umfangs der Verfahren die Ressourcen sehr knapp sind.

Wir wissen, dass es in den letzten zehn Jahren einfach immer weniger Budget für die Justiz gegeben hat. Und in den letzten zwei Jahren, also in den letzten zwei Budgetverhandlungen, ist es mir gelungen, hier mehr Budget rauszuholen. Ich habe geschaut, dass ich insbesondere die ersten Instanzen, nämlich die Staatsanwaltschaften, mit mehr Ressourcen ausstatte. Das muss sich aber natürlich weiterziehen. Also, weil wir vorhin auch über das Justizministerium und die Sektion V gesprochen haben: Es sind derzeit fünf Personen in der zuständigen Abteilung V, die den Untersuchungsausschuss betreuen, die auch alle Anfragebeantwortungen im Zusammenhang mit staatsanwaltschaftlichen Verfahren betreuen. Also es ist einfach - - Es mangelt an allen Ecken und Enden an Ressourcen, sei es im Ministerium, in den Staatsanwaltschaften, und da werden wir jedenfalls mehr brauchen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole meine Frage.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Mit dem Untersuchungsgegenstand hat das nichts zu tun, aber die Frau Minister hat geantwortet. – Bitte.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage schon, und die wiederhole ich, nämlich inwiefern Sie die Ressourcen in der WKStA verbessert haben – weil das auch positiv für dieses Verfahren wäre.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe es akustisch nicht verstanden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich wiederhole meine Frage: Inwiefern haben sich die Ressourcen in der WKStA seit Ihrem Amtsbeginn verbessert? (Auskunftsperson Zadić: Also, wir haben - -!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Der Herr Verfahrensrichter, bitte einmal.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Wie ist denn da nun der Zusammenhang mit den Erhebungen in der Ibizaaffäre?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Weil die Erhebungen zur Ibizaaffäre in der WKStA getätigt werden, und wenn sich die Ressourcen verbessern, dann wohl auch in diesem Verfahren. Es ist genau das, was die Staatsanwälte hier ausgeführt haben: Sie bräuchten, um effizient zu ermitteln, laut Staatsanwalt Purkart auf jeden Fall sechs Staatsanwälte mehr.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich kann das vielleicht auch kurz sagen: Wir haben die Planstellen der Staatsanwaltschaften generell aufgestockt und bei der WKStA um 10 Prozent. Mir ist klar, es braucht wahrscheinlich auch wesentlich mehr, aber uns ist es gelungen, in den Verhandlungen zumindest hier eine gewisse Aufstockung zu erzielen, und mir persönlich war es wichtig, dass nicht nur die Staatsanwaltschaften im Allgemeinen, sondern auch die WKStA hier 10 Prozent bekommt – das ist ja eigentlich teilweise mehr als in den anderen Staatsanwaltschaften.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Inwiefern hat sich konkret im Ibizaverfahrenskomplex der Personalstand verbessert? Gab es da Aufstockungen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Also im Konkreten, was Ibiza betrifft, gibt es eine Zuteilung von Personal für die Unterstützung der Chatauswertungen für den Ibiza-Untersuchungsausschuss, und es werden gerade auch Vorbereitungen einer Zuteilung eines Staatsanwalts aus dem Sprengel der OStA Graz zur WKStA getroffen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Also einen Staatsanwalt mehr wird es bald geben?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vier, also - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zusätzlich zu den jetzigen?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Insgesamt gibt es eine Aufstockung von 10 Prozent an Planstellen, und die gilt es ja auch, zu besetzen. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob die jetzt tatsächlich besetzt wurden oder nicht. Wir haben im Ministerium alles daran gesetzt, dass die tatsächlich auch - -, dass es hier eine Interessentensuche gibt, und es wurde zwecks Unterstützung für die Chatauswertungen auch extra Personal zugeteilt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber ich meine Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Ibizaverfahren im Konkreten. Wie viele planen Sie da wann aufzustocken? Ich referenziere noch einmal auf die Aussage von Staatsanwalt Purkart, dass es auf jeden Fall mehrere StaatsanwältInnen bräuchte, um überhaupt effizient ermitteln zu können.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich kann mich dem Staatsanwalt sehr anschließen. Meine Aufgabe als Justizministerin ist, bei den Budgetverhandlungen dafür zu sorgen, dass es genug Planstellen gibt, und die auch den einzelnen Staatsanwaltschaften zur Verfügung zu stellen. Wie diese Planstellen innerhalb der Staatsanwaltschaft organisiert werden, ist dann natürlich auch eine Frage der Behördenleiterin.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber Sie haben sehr wohl Einfluss auf die Zuteilungen. Also es wäre möglich, durch Zuteilungen der WKStA in diesem Verfahrenskomplex die ausreichende Unterstützung zukommen zu lassen.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das eine ist Zuteilung, und Zuteilung bedeutet immer, es wird von jemanden was weggenommen, um es dorthin zu befördern. Das andere ist das, was ich als Justizministerin mache, nämlich in Budgetverhandlungen für zusätzlich mehr Planstellen zu sorgen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zuteilungen wären also sehr wohl möglich.

Es ist ja eine Staatsanwältin, die laut den anderen Kolleginnen und Kollegen die größte Stütze war, gegangen – insbesondere deswegen, weil Oberstaatsanwalt Fuchs sie da mit einer ihrer Meinung nach ungerechtfertigten Ausstellung zermürbte. Haben Sie sich je dieser Causa angenommen und sich unterstützend - -

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielleicht nur kurz zur letzten Frage: Diese vier Planstellen, die es gibt, die wurden leider noch nicht besetzt oder meiner Information nach zum Teil nicht besetzt, und wir versuchen hier auch mit der Interessentensuche und anderen Möglichkeiten zu schauen, dass da Staatsanwälte rekrutiert werden. Es gibt auch Zuteilung von Personal für die Unterstützung für die Chatauswertung; aber das habe ich auch schon erwähnt.

Die zweite Frage war betreffend Ausstellung?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, weil schließlich eine der wichtigsten Stützen im Verfahren – Jilek – gegangen ist, auch insbesondere aufgrund des zermürbenden Verhaltens von Oberstaatsanwalt Fuchs, durch die Ausstellung begründet. Deswegen war meine Frage, ob Sie sich dieser Causa je gewidmet haben, sich Staatsanwältin Jilek unterstützend zur Seite gestellt haben, sich interessiert haben und auch das Gespräch mit Oberstaatsanwalt Fuchs gesucht haben.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Als bekannt geworden ist, dass es hier eine Ausstellung geben wird, hat die Sektion III, die ja eigentlich für die dienstrechtliche Prüfung zuständig ist, das geprüft und festgestellt, dass hier keine Ausstellung erteilt werden soll, und daher ist das rückgängig gemacht worden – das ist auch binnen ein paar Tagen passiert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie auch Oberstaatsanwalt Fuchs damit konfrontiert? Ich verstehe, dass Sie immer - -

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe regelmäßige Gespräche mit dem Oberstaatsanwalt Fuchs, auch regelmäßige Gespräche mit der Leiterin der WKStA und mit der Sektionschefin. Es sind, wie Sie auch im heutigen Ausschuss gesehen haben, viele Anregungen, Eingaben an das Ministerium eingelangt, wo um die Prüfung dienstrechtlicher Konsequenzen ersucht wurde, sei es im Rahmen - -, sei es das Begehren der WKStA, die Oberstaatsanwaltschaft Wien für strukturell befangen zu erklären, sei es das Begehren von der Oberstaatsanwaltschaft Wien, dienstrechtliche Konsequenzen aus dem Verhalten der WKStA zu ziehen oder seien es auch andere Begehren und Eingaben.

Ich als Justizministerin habe immer diese Eingaben geprüft, und dort, wo es nicht gerechtfertigt war, haben wir - -, sind tatsächlich Konsequenzen gezogen worden, und das war im Fall der begehrten Ausstellung tatsächlich nicht der Fall. Die zuständige Sektion III hat sehr rasch gehandelt und hat die Ausstellung zurückgenommen. Das heißt, binnen weniger Tage ist die Ausstellung zurückgenommen worden.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben noch 17 Sekunden.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ja, und um die Frage zu beantworten: Es hat zig Gespräche zu all diesen Begehrlichkeiten, die von unterschiedlichen Seiten an uns herangetragen wurden, gegeben – sei es auf Ebene meines Kabinetts, sei es auf Ebene der Sektionschefin, sei es auf meiner Ebene –, sowohl mit LOStA Fuchs – noch vor meinem Mutterschutz –, als auch mit der Leiterin der WKStA und mit der Sektionschefin.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich halte es für keine Begehrlichkeit, mit einer ungerechtfertigten Ausstellung beschäftigt und demotiviert zu werden. Haben Sie versucht, Staatsanwältin Jilek zu motivieren, wieder in das Ibizaverfahrensteam zurückzukehren?

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Staatsanwältin hat sich für eine Stelle bei der Gerichtsbarkeit beworben.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da Sie immer auf Strafverfahren, Disziplinarverfahren, Zuständigkeiten anderer Sektionen, Entscheidungen durch andere Sektionen referenzieren: Sie haben medial mehrfach verkündet, dass eine vorläufige Suspendierung von Oberstaatsanwalt Fuchs rechtlich nicht möglich wäre, und das ist ja laut Anfragebeantwortung nun nicht mehr Ihre Meinung, weil Sie sehr wohl ausgeführt haben, warum Sie keine einstweilige Suspendierung vorgenommen haben.

Bleiben Sie dabei, das wäre nämlich Ihre persönliche Entscheidung, dass Sie bei dem Wissensstand um die Verfehlungen des Oberstaatsanwalts keine einstweilige Suspendierung für notwendig erachten würden?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte die Frage zu beurteilen, ob sie zulässig ist!

Die Zeit ist mit 30 Sekunden total überschritten.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Das hatten wir ja heute schon einmal: Das ist also nicht Verfahrensgegenstand.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Hanger. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich referenziere wieder auf Dokument 77762, das schon vorliegt, Seite 212: „Meine Dosis szabo Drama ist erreicht“, „Nach dem Geburtstagdrama brauch ich das nicht mehr.“ – Frau Laure antwortet: „Er ist halt eine Diva, dafür“ ist er „heute gut ausgeschlafen“, und Schmid antwortet: „Eine Mega Diva die einem mit dem gejammere Mega auf die Nerven gehen kann!“ (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Frau Justizministerin, ich würde Sie wieder ersuchen, die abstrakte Relevanz mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen. (Abg. Tomaselli: Entschuldigung, auf welcher Seite war das?) – 212.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe Ihnen vorhin ausgeführt, was mein Ersuchen an die fallführenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ist, nämlich dass nur abstrakt Relevantes vorzulegen ist und da auf Persönlichkeitsrechte zu achten beziehungsweise zu schwärzen ist.

Die WKStA, wie Sie sehen, macht das auch sehr akribisch und schreibt Ihnen auch immer bei jeder Nachricht dazu, ob sie vorzulegen ist oder nicht, das heißt, ob es abstrakt relevant ist oder nicht, und es steht auch hier: „Category comment: Siehe Ausführungen zu Nachricht 3647. Die dortigen Ausführungen gelten auch hier.“

Nachdem ich ja nicht dieses gesamte Konvolut, diese gesamten SMS - -, würde ich Sie bitten, selbst bei der Nachricht 3647 nachzuschauen, was denn dort ausgeführt ist und warum hier nicht ausgeschlossen werden kann, dass es abstrakt relevant ist. Das ist da vorgelegt. (Abg. Hanger hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich darf das nun erklären, auf was sich das bezieht, nämlich es geht um diese ausgeschlafene Diva. Da wird auf ein Treffen referenziert, dessen Inhalt unbekannt ist. Das ist die Erklärung, wieso dieser Chat geliefert worden ist.

Also für mich ist das eine Nullantwort, wenn ich ganz ehrlich bin. Da nun einen Zusammenhang herzustellen und eine abstrakte Relevanz abzuleiten, ist schon so derartig weit hergeholt, und ich verstehe schon, Frau Justizministerin, dass Sie die abstrakte Relevanz da nicht erklären können. (Auskunftsperson Zadić: Ich habe jetzt die zweite Unterstellung nicht verstanden! – Abg. Stögmüller: Das ist wieder eine Unterstellung! Das ist schon wieder eine Unterstellung!) – Nein, ich habe aus dem Dokument zitiert, das dem Untersuchungsausschuss vorliegt. (Abg. Krainer: Nein! – Auskunftsperson Zadić: Nein, Sie haben den - -!) Seite 204, bitte. Das kann kein Mensch erklären, aber wenn Herr Stögmüller es kann - - (Abg. Stögmüller: Das ist ja keine Geschäftsordnungsdebatte!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Abgeordneter Stögmüller.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Na, Herr Hanger meldet sich zur Geschäftsordnung, aber das ist keine Geschäftsordnungsdebatte. Können Sie das bitte aufklären, Herr Präsident?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Noch eine Wortmeldung?

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich bin gebeten worden, es zu erklären, weil die Frau Justizministerin gesagt hat - - (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Moment, wir haben das bei allen zugelassen, ich glaube, in einem zigfachen Hin und Her. (Abg. Krainer: Außer bei mir, da geben Sie immer die Anweisung, zu stoppen!)

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich halte fest, dass die abstrakte Relevanz nicht erörtert werden konnte.

Sind Ihrer Meinung nach Persönlichkeitsrechte ausreichend geschützt, wenn solche Chats vorgelegt werden?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Meinung ist, Herr Verf- - (Abg. Stögmüller: Entschuldigung, zur Geschäftsordnung!)

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich präzisiere, okay.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Na, Moment, ich würde um Unaufgeregtheit bitten. Der Verfahrensrichter ist dabei, die Frage, ob die Persönlichkeitsrechte ausreichend geschützt sind, zu prüfen. Dann können Sie sich zu Wort melden.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ich darf einmal grundsätzlich zu diesem Vorhalt dieser Chats etwas sagen. Es ist schon klar, dass die Frau Ministerin grundsätzlich für die Übermittlung dieser Chats verantwortlich ist, aber sicher nicht für die Auswahl jedes einzelnen Chats. Es ihr daher vorzuhalten, halte ich für etwas unfair, weil sie es nicht wissen kann. Sie kann bei diesen 100 000 Chats nicht bei einem heraussuchen, warum da nun genau das steht oder nicht steht. (Abg. Stögmüller: Entschuldigung!)

Sie haben es zu Protokoll bringen können, dass offenbar Chats dabei sind, aus denen sich nicht sofort erklärt, warum sie da sind – gar keine Frage –, aber von der Ministerin eine Qualifikation zu wollen, ob das nun in Persönlichkeitsrechte eingreift oder nicht – also ein rechtliches Urteil, ein Gutachten –, dazu ist sie zweifelsohne nicht da und auch nicht verpflichtet.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Abgeordnete Tomaselli. – Nicht? Stögmüller?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte noch etwas ergänzen, damit das nun auch zu Protokoll kommt; ich führe das auch an, was da die WKStA mitteilt. Im „Category comment“ steht drin:

„Die Nachrichten 3647 bis 3717 stehen offensichtlich in Verbindung zu dem Aufenthalt in Salzburg, zu dem unter anderem Gabriela Spiegelfeld und Edith Hlawati eingeladen waren. Augenscheinlich fand während dieses Aufenthalts auch eine Geburtstagsfeier statt. Der Zweck des Aufenthalts ist allerdings nicht eindeutig ersichtlich. Es kann daher auch nicht abschließend ausgeschlossen werden, dass dieser Aufenthalt im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stand. Die Nachrichten 3688 bis 3707 beinhalten zwar abwertende Bemerkungen bezüglich Balázs Szabó, diese stehen aber in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zu den übrigen Nachrichten. Im Zweifel wären diese Nachrichten im Sinne der Weisung vom 22. Jänner 2021 zu Jv 441/21v-02 dem Untersuchungsausschuss vorzulegen.“

Ich möchte das nur anführen, weil die WKStA jede einzelne SMS auch wirklich ausführlich begründet und ausführt, auch wenn es manchen hier einfach schwerfällt, zu lesen. Ich möchte das nicht so stehen haben, als wären das da nun irgendwelche SMS, sondern es wird auch alles begründet, wie der Herr Verfahrensrichter sehr wohl auch weiß, weil er ja die Akten auch liest.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Abgeordneter Hanger.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich halte nur fest, dass Kollege Stögmüller den Zusammenhang nicht hat herstellen können, denn wo ist der Zusammenhang zur „Diva“? – Der ist weit und breit nicht erkennbar, und wenn schon, dann hätte man es zumindest schwärzen können. Das ist schon sehr klar in der Argumentation.

Darf ich in meiner Befragung fortfahren?

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Frage.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich referenziere auf Seite 246, Chat Nummer 3891: „Sehr schön“, „Kärnten ist halt einfach so schön im Sommer, habt ihr noch ein Lokal gefunden?“, und die Antwort: „Man braucht drei Hauptgänge um satt zu werden sagt die Kellnerin“. – „Oh Gott, das wäre ja nichts für den Balazs“. – „Wenn der so weiter macht soll er sich sowieso wieder an mc Donalds gewöhnen“. – „Du bist zu grausam“.

Frau Justizministerin, darf ich Sie ersuchen, die abstrakte Relevanz zum Untersuchungsgegenstand herzustellen? (Abg. Stögmüller: Das ist wieder das Gleiche! Das ist wieder das Gleiche!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Ich habe es ja schon vorhin gesagt und ich wiederhole es noch einmal: Die Frage ist nicht an die Auskunftsperson zu stellen, weil sie hier nicht dazu da ist, Chats, die vorgelegt wurden, zu qualifizieren.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stocker, zur Geschäftsordnung.

*****

 Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte nur festhalten, dass die Letztverantwortung für die Lieferung von Unterlagen beim Finanzminister und auch beim Bundeskanzler ganz anders gesehen wurde, weil diese bei jeder einzelnen Mail verantwortlich waren, zu prüfen, ob es zu liefern ist, ob es nicht zu liefern ist – bis zu einer Exekution.

Es ist meines Erachtens zweierlei Maß, mit dem gemessen wird, wenn einerseits verlangt wird, dass Minister und Bundeskanzler das ganz genau wissen sollen – und zwar bis ins Detail –, die Postfächer ihrer Mitarbeiter kennen sollen, und entscheiden müssen, was relevant und was nicht relevant ist und was abstrakt relevant ist, und die Frau Bundesminister für Justiz muss als ebenfalls Letztverantwortliche hier nicht beantworten, wo die Relevanz der Chats ist, die von ihr, in ihrer Verantwortung geliefert wurden.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stögmüller zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte nur eines anmerken: Es gibt schon einen wesentlichen Unterschied zu dem, was Herr Blümel und der Herr Bundeskanzler machen. Der Frau Bundesminister kann man vielleicht vorwerfen – so wie es die ÖVP machen würde oder wird, ich tue das nicht –, dass sie diesem Untersuchungsausschuss zu viel vorlegt, das heißt, dem Parlament, dem Instrument der Kontrolle, zu viel zuschickt; im Gegensatz anscheinend zu Herrn Blümel, bei dem jetzt die Exekution ansteht. Es ist da vielleicht ein Vorwurf, dass zu wenig geliefert worden ist. Es gibt vonseiten der Opposition Vermutungen, dass da nicht ausreichend Datenmaterial geliefert worden ist.

Wenn es die ÖVP lieber hat, dass man weniger liefert, das verstehe ich schon – warum man das politisch haben möchte, dass man nicht alle SMS vorlegt. Wenn aber die Frau Ministerin das tun würde, wäre sie aber die erste Partei, die schreien würde: Ah, man weiß ja gar nicht den Zusammenhang! Man weiß ja gar nicht, in welchem Zusammenhang in den SMS Aussagen getätigt worden sind. – Eine einzelne SMS aus einem Zusammenhang herauszureißen, ist ja auch nicht der Sinn der Sache, sondern es muss schon eine Übersicht gegeben werden, worauf sich diese SMS überhaupt bezieht und wie der Verlauf ist.

Dazu möchte ich wieder die WKStA zitieren: „In Nachricht 3854, wird Santer erwähnt (möglicherweise Martin Santer, späterer Geschäftsführer des ÖBB Business Competence Center), weshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser an dem Abendessen teilnahm. Zweck und Inhalt dieses Treffens sind nicht bekannt. Es kann aber auch nicht abschließend ausgeschlossen werden, dass dieses Treffen im Zusammenhang mit Postenbesetzungen iSd Punktes f) des Untersuchungsgegenstandes stand, da Santer einige Monate später“ – und das ist interessant – „zum Geschäftsführer bestellt wurde. Im Zweifel wären diese Nachrichten im Sinne der Weisung vom 22. Jänner“ – das habe ich vorhin schon zitiert – „dem Untersuchungsausschuss vorzulegen.“

Auch dabei ist es also wieder so: Es gibt ein Abendessen. – Das Rundherum muss dem Untersuchungsausschuss aber natürlich auch geliefert werden, weil wir auch wissen müssen, in welchem Kontext diese SMS steht, damit nicht nur einfach kommt: Ja, Santer war bei dem Abendessen dabei!, denn dann wäre unsere nächste Frage als Untersuchungsausschuss: Worum ging es denn bei diesem Abendessen, was war da noch alles Inhalt?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich halte fest, wir sind nicht der Meinung, dass die Frau Bundesminister zu viel geliefert hat, sondern dass sie zu wenig geliefert hat, was den Chatverlauf Strache-Gudenus betrifft, dass sie verspätet geliefert hat, was das Dossier von 103 Seiten betrifft, das wir heute diskutiert haben, und dass sie Dinge geliefert hat, die von keiner Relevanz sind. Das heißt nicht zu viel, sondern das Falsche und das Richtige verspätet oder gar nicht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch eine Geschäftsordnungsmeldung? – Nein.

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Abgeordneter Hanger, fahren Sie mit der Befragung fort!

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich lege das Dokument mit der Dokumentennummer 77763 vor. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Es geht wieder um Chats, Szabó-Schmid. Die Nachricht Nummer 2925 auf Seite 26 enthält folgenden Kommentar der WKStA: „Nachricht 2925 bis 2958 betreffen Reisen des Thomas Schmid nach Italien und Mallorca bzw. von Planänderungen. Hierbei dürfte es sich um Urlaubsreisen handeln. Zusammenhänge mit einem der Untersuchungsgegenstände lassen sich nicht feststellen und sind diese Nachrichten daher nicht vorzulegen.“

Auf den Seiten 26 bis 34 sind trotz dieser Beurteilung, dass kein Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand festgestellt werden kann und deshalb nicht vorzulegen ist, genau diese Nachrichten ungeschwärzt abgedruckt und geliefert worden. Frau Justizministerin, können Sie sich das erklären? (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli.

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Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Wissen Sie, was mich schon sehr, sehr wundert, ist: Kollege Hanger ist ja der Erste, der beklagt, wenn man die Meinung oder das Urteil des Verfahrensrichters nicht akzeptiert, und jetzt hören wir es gerade zum dritten Mal, dass Sie der Auskunftsperson irgendwelche Chats vorhalten, die sie einzeln bewerten soll, obwohl Sie ganz genau wissen, dass das in dem Sinn, wie Sie sich das erwarten, nicht möglich ist.

In dem Sinn muss ich einfach feststellen, dass auch Sie ganz vorne mit dabei sind, Kollege Hanger, indem Sie einfach nicht und nicht zur Kenntnis nehmen wollen, was der Verfahrensrichter gesagt hat. Er hat nämlich gesagt, die Justizministerin als Auskunftsperson ist nicht dafür hier, um einzelne Dinge zu bewerten.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stocker, zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Es ist in diesem Fall so, dass ich schon darauf hingewiesen habe, dass die Frau Bundesminister die Letztverantwortung für die Vorlage dieser Chats hat. Wenn der Inhalt Persönlichkeitsrechte verletzt, dann ist es die Aufgabe der Frau Bundesminister, dafür zu sorgen, dass das nicht passiert, und dann kann man sich nicht damit entschuldigen, dass man sich die Dinge nicht ansieht, für die man verantwortlich ist.

Das ist meine Meinung, und daher glaube ich, dass die Fragen zulässig sind und sie auch relevant sind, denn es kann nicht sein, dass Verantwortlichkeiten einfach dort aufhören, wo man keine Zeit findet, sich Dinge anzusehen. (Abg. Stögmüller: Jetzt reicht es aber!) Das war bei dem 103-Seiten-Dossier schon der Fall, und jetzt hören wir, dass Chatverläufe vorgelegt werden. Für diese Chatverläufe hat es interessanterweise Zeit gegeben. Ich möchte nur festhalten: Dafür hat die Staatsanwaltschaft, die WKStA, Zeit gehabt, für Gudenus-Strache hat sie keine Zeit gehabt. Das ist in der Verantwortung der Auskunftsperson, und daher glaube ich, dass auch die Frage durchaus berechtigt ist.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli zur Geschäftsordnung.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich glaube, das kann man zurückweisen, das ist nämlich eine Unterstellung. Sehr geehrter Kollege Stocker, Sie sagen, Persönlichkeitsrechte werden verletzt. Das ist Ihre Meinung, die Sie als Tatsache darstellen – das konnten Sie bisher überhaupt nicht beweisen. Ich finde, wenn es einen Rechtsbruch gibt, dann gibt es einen Schiedsrichter im Rechtsstaat, der das feststellen kann, und das ist der Rechtsstaat und das ist nicht Ihre Privatmeinung.

In dem Sinn ist der Vorhalt einfach auch falsch, weil die Auskunftsperson auch sehr ausführlich dargelegt hat, dass der Verfassungsgerichtshof ja mit dem Erkenntnis eine Abwägung getroffen hat, nämlich eine Abwägung zwischen dem Kontrollrecht des Parlaments auf der einen Seite und dem Persönlichkeitsrecht der Verfahrensbeteiligten im Strafverfahren auf der anderen Seite – und er ist in dieser Abwägung dazu gekommen, dass das Kontrollrecht, zumindest was diesen Untersuchungsgegenstand anbelangt, das Vorrecht hat.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrechter, darf ich Sie um Ihre Einschätzung bitten?

Verfahrensrichter-Stellvertreter Dr. Ronald Rohrer: Also wenn es um diesen einen Chat auf Seite 26 geht – ich glaube, den haben Sie angesprochen, den zweiter Chat –, so unterscheidet sich die Sache von den vorherigen. Es ist auffällig, dass da steht, es ist „daher nicht vorzulegen“; das ist natürlich schon auffällig. Ich glaube daher, auch die Frage an die Auskunftsperson, wie sie sich das erklären kann, ist grundsätzlich zulässig. Es ist in meinen Augen aber trotzdem realistisch, bei 300 000 Chats keine Antwort zu erwarten.

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Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Da die Befragungszeit abgelaufen ist, hat nur mehr die Frau Ministerin die Möglichkeit, die Antwort zu geben.

Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass es sich hier um Hunderttausende von Chats handelt, und die einzigen, die beantworten können, ob etwas abstrakt relevant ist, sind Personen, die den Akt kennen – dadurch können sie auch beurteilen, ob Sachen abstrakt relevant sind.

Als verantwortliche Ressortchefin habe ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesagt und sie noch einmal – mehrfach – darauf hingewiesen, im Wortlaut – da kann ich noch einmal die E-Mail zitieren (aus den Unterlagen vorlesend) –:

Anknüpfend an das heute stattgefundene Konsultationsverfahren ersuchen wir erneut darum, dass private Nachrichten und höchstpersönliche Inhalte geschwärzt beziehungsweise nicht vorgelegt werden. Diesbezüglich verweisen wir auch auf das Gutachten von Professor Lewisch, das uns von der ÖVP übermittelt wurde und wir bereits zur Kenntnis an Sie übermittelt haben. – Zitatende.

Wir haben weiters auch darauf verwiesen, dass die Auswertungen und Vorlagen von Chats an den Untersuchungsausschuss jedenfalls in der Vorgehensweise so zu gestalten sind, dass auch tatsächlich bei jeder ausdrücklich auch hingeschrieben wird, warum etwas relevant oder nicht relevant ist, also abstrakt oder nicht abstrakt relevant ist.

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Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke. 

Die Befragungsdauer ist gemäß § 37 Abs. 4 mit 4 Stunden ausgeschöpft, daher erkläre ich die Befragung für beendet. Frau Minister Dr. Alma Zadić, LL.M. ich bedanke mich bei Ihnen und Ihrer Vertrauensperson für das Erscheinen.