460/KOMM XXVII. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen
ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)
(4/US XXVII.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Oberstaatsanwalt Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M. in der 6. Sitzung vom 9. März 2022

Der Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 15. Sitzung am 4. Mai 2022 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Oberstaatsanwalt Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M. nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2022 05 04

                  Mag. Corinna Scharzenberger                                         Mag. Friedrich Ofenauer

                                    Schriftführerin                                                              Vorsitzender-Stellvertreter


 

Untersuchungsausschuss

betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder
(ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)


Stenographisches Protokoll

 

6. Sitzung/medienöffentlich

 

Mittwoch, 9. März 2022

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Gesamtdauer der 6. Sitzung
10.03 Uhr – 20.03 Uhr

 

Camineum

Befragung der Auskunftsperson
Oberstaatsanwalt Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Damit komme ich über Ersuchen des Herrn Vorsitzenden auch zur Belehrung der Auskunftsperson und der Vertrauensperson.

Herr Oberstaatsanwalt Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, Sie haben ein Datenblatt ausgefüllt. Ich gehe davon aus, dass die Daten, die hier aufscheinen, der Wahrheit entsprechen. (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.)

Ich darf Ihnen nachfolgende Belehrung über Ihre heutige Position als Auskunftsperson zukommen lassen, wohl wissend, dass Sie am 9. Juni 2021 im Ibiza-Ausschuss schon so eine Belehrung erhalten haben, und wohl wissend, dass Sie als Jurist über Ihre Position heute doch weitestgehend Bescheid wissen.

Herr Oberstaatsanwalt, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder als Auskunftsperson zu den Themen, erstens, Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren, zweitens, Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes, drittens, Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit, viertens, Begünstigung bei der Personalauswahl – kurz: zu allen Themen dieses Ausschusses –, angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie auf diese schriftliche Belehrung hin. Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 des Strafgesetzbuches vor Gericht geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.

Dem Ausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von der Vertrauensperson an sich genommen werden. Weder Sie noch Ihre Vertrauensperson dürfen davon Kopien, Notizen oder Auszüge anfertigen.

Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Damit bin ich mit der Belehrung, Herr Oberstaatsanwalt, was Ihre Person betrifft, am Ende angelangt, und komme über Ersuchen des Herrn Präsidenten auch zur Belehrung der Vertrauensperson.

Frau Mag. Elisabeth Täubl, auch Sie, glaube ich, waren hier im Ausschuss schon wiederholt vertreten, nichtsdestotrotz muss ich auch Ihnen ein paar Worte zukommen lassen. Ich belehre auch Sie über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage. Auch eine allfällige Mittäterschaft an einer vorsätzlich falschen Aussage vor dem Ausschuss kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz.

Die Auskunftsperson kann Sie als Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen und Sie können sich mit der Auskunftsperson ohne zeitliche Beschränkung beraten. Die Auskunftsperson darf dabei jedoch nicht an der Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflusst oder behindert werden.

Sie selbst sind nicht berechtigt, das Wort im Ausschuss zu ergreifen. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson steht es Ihnen frei, sich unmittelbar an mich als den Verfahrensrichter oder an die rechts neben mir sitzende Frau Verfahrensanwältin zu wenden.

Herr Vorsitzender, ich bin damit mit meiner Belehrung am Ende. Danke.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Wollen Sie das tun? (Die Auskunftsperson bejaht dies.) Diese soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte sehr.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrte Frau Verfahrensanwältin! Hoher Untersuchungsausschuss! Der Inhalt dieser Ermittlungen hält allen Staatsgewalten einen schonungslosen Spiegel vor. Das ist unbequem und in dieser Tragweite einzigartig, bietet aber auch eine Chance, nämlich daraus für die Zukunft etwas Positives zu generieren. Nichts aus all dem zu lernen wäre eine vergebene Gelegenheit. Grundlage dafür ist aber eine umfassende Aufarbeitung und dass strafrechtliche Ermittlungen ungestört geführt werden können. Die WKStA wird ihren Teil beitragen, den Sachverhalt objektiv und vorbehaltlos aufzuklären.

Ich bin seit Mitte 2011 bei der WKStA und seit 2013 Gruppenleiter. Seit Ende 2014 bin ich Vorsitzender des Dienststellenausschusses und seit 2017 im erweiterten Vorstand der Vereinigung österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Seit Beginn der Ermittlungen bin ich auch als Teamleiter im Verfahrenskomplex Ibiza eingesetzt. Als Teamleiter erfülle ich die Aufgaben der Gruppenleitung sowie bestimmte Organisations- und Koordinationsaufgaben. Der Gesamtkomplex besteht aus circa 110 Aktenvorgängen, wobei für diesen Untersuchungsausschuss nur eine geringe Anzahl von Akten relevant ist.

Von zentraler Relevanz ist der Akt mit dem Aktenzeichen 17 St 5/19d, der aus etwa 2 300 Aktenstücken, sogenannten Ordnungsnummern, besteht. Oder anders ausgedrückt umfasst der Akt rund 3 000 Dateien inklusive Beilagen, bestehend aus insgesamt rund 55 000 Seiten. Selbst das Tagebuch, also die interne Dokumentation des staatsanwaltschaftlichen Handelns, umfasst rund 8 000 Seiten.

In diesem Verfahren wurden bis heute 124 Berichte an die vorgesetzten Behörden verfasst, 24 Terabyte an Rohdaten sichergestellt, die im Wesentlichen von den Teammitgliedern beziehungsweise Experten ausgewertet und analysiert werden. Es wurden circa 20 Auswertungsberichte im Umfang von knapp 6 000 Seiten verfasst.

Seit Beginn der Ermittlungen Mitte 2019 erlebe ich – und das gesamte Team – viele Höhen und Tiefen, nehme Vorgänge wahr, die ich für mich nach beinahe 15 Jahren Erfahrung als Staatsanwalt hätte ausschließen können, erlebe eine beispiellose Medienkampagne gegen einzelne Mitarbeiter beziehungsweise gegen die WKStA als solche, erlebe, wie Mitarbeiter persönlich diffamiert werden, erlebe, wie dienstrechtlich versucht wurde, Druck zu erzeugen. Und es scheint, als wäre die volle Dimension dieser Vorgänge noch nicht bekannt, wie auch die gestern neu bekannt gewordenen Veröffentlichungen belegen.

Zuletzt wurde unter anderem berichtet, dass auch eine Observation eines Oberstaatsanwaltes des Teams beabsichtigt beziehungsweise angedacht war, und dies ohne eine erkennbare rechtliche Grundlage, also ohne Anfangsverdacht, was für mich einen weiteren bedenklichen Höhepunkt darstellt. Deshalb habe ich mich als Belegschaftsvertreter in einem offenen Brief an die Frau Bundesministerin gewandt und unter anderem eine vollständige Aufklärung dieser Vorgänge gefordert. Eine schonungslose Aufarbeitung und ein Lernen daraus sollte und müsste innerhalb der Justiz eine Selbstverständlichkeit sein.

Es gibt aber auch einzelne Schritte in eine positive Richtung: Berichtspflichten sowie Berichtsaufträge wurden deutlich reduziert, die Dienst- und Fachaufsicht in diesem Verfahrenskomplex wird seit August 2021 von einem dienstzugeteilten Oberstaatsanwalt der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck wahrgenommen, und die WKStA wird insgesamt als eine wichtige Einrichtung der Strafverfolgung in Österreich erkannt und auch anerkannt.

Ebenso trugen die Ermittlungen dazu bei, dass man die Problematik einer politischen Weisungsspitze erkannt hat. Es ist nun wichtig, die erforderlichen Maßnahmen zur Veränderung zu ergreifen. Das kann aber nur der Beginn sein, interne Organisationsabläufe zu evaluieren, neu zu regeln und neu zu strukturieren und Vergangenes vollständig aufzuarbeiten. Danke.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Ich darf den Herrn Verfahrensrichter um seine Erstbefragung bitten.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Oberstaatsanwalt, Sie haben bei Ihrer Befragung am 9. Juni des vergangenen Jahres im Zuge des Ibiza-Untersuchungsausschusses heftige Kritik geübt, was die Dienstaufsicht anlangt. Sie haben damals bemängelt, dass keine Unterstützung gegeben ist, sondern dass eine Repression der übergeordneten Stellen, nämlich der Oberstaatsanwaltschaft und des Ministeriums, ausgeübt werde. Sie haben auch bemängelt, dass da die Dienst- und Fachaufsicht nicht in Ordnung wären. Sie haben jetzt hier in Ihrer einleitenden Stellungnahme bereits Andeutungen gemacht oder gemeint, dass seit damals hier wesentliche Verbesserungen eingetreten sind. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Sind Sie mit den derzeitigen übergeordneten oder vorgeschalteten Behörden, sprich der Oberstaatsanwaltschaft in Form des Kollegen aus Innsbruck und dem Ministerium, zufrieden, oder haben Sie nach wie vor eine Kritik anzubringen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Danke für die Frage. Vieles, was ich damals gesagt habe und auch heute zum Teil wiederholt habe, hat sich ja inzwischen auch manifestiert oder bestätigt durch bekannt gewordene Chats, und insoweit hat sich an dieser Kritik nichts geändert, sondern im Gegenteil: Sie besteht nach wie vor. Ich habe auch erwähnt, und das ist auch zutreffend, dass durch eine Änderung in der Dienst- und Fachaufsicht mit August 2021 ein Arbeiten möglich ist, dass unserem gesetzlichen Auftrag entsprechend abgewickelt werden kann.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Sie sind ja Gruppenleiter. Ist Ihre Gruppe verstärkt worden? Damals bestand die Gruppe aus Adamovic, aus Purkart und aus Jilek, und wir haben damals von Ihnen gehört, dass Sie bedauern, dass Frau Oberstaatsanwältin Jilek nach Graz gegangen ist. Mittlerweile habe ich gehört, dass Frau Oberstaatsanwältin Jilek wieder in Wien tätig sein soll. Können Sie mir dazu etwas sagen? Können Sie mir auch sagen, wie viele Personen jetzt in Ihrer Gruppe eingesetzt sind?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Danke auch für diese Frage. Seit meiner letzten Befragung ist die Zeit nicht stillgestanden und es sind natürlich auch sehr viele neue Aspekte hinzugekommen, insoweit ist der Verfahrenskomplex auch sehr gewachsen. Das Team besteht derzeit aus sieben Personen, und zwar aus einem dienstzugeteilten Staatsanwalt, aus einer dienstzugeteilten Richterin, eben Kollegin Jilek, einer Oberstaatsanwältin und vier Oberstaatsanwälten der WKStA. Ich möchte aber betonen, dass nicht alle Kollegen mit ihrer vollen Kapazität an diesem Verfahrenskomplex arbeiten können, und es wäre auf jeden Fall nach wie vor gut, wenn wir die Möglichkeit hätten, Kapazitäten aufzustocken.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, das liegt nicht im Bereich des Untersuchungsausschusses. Was mir aber auch bei Ihrer einleitenden Stellungnahme aufgefallen ist, ist, dass sämtliche Verfahren in einem Akt, nämlich im Akt 17 St 5/19d, betrifft Casag, geführt werden. Mittlerweile sind bedeutende andere Sachverhalte dazugekommen – Verfahren wie Beinschab, wie Wolf et cetera –, die nach meinem Wissensstand auch alle in diesem einen Akt geführt werden. Macht das nicht erhebliche Schwierigkeiten bei der Aktenführung?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Diese Frage, die Sie ansprechen, ist keine Frage der Aktenführung, sondern eine gesetzliche Notwendigkeit. Dreh- und Angelpunkt ist Herr MMag. Thomas Schmid, der als Beteiligter oder als unmittelbarer oder Beitragstäter in allen Verfahrenssträngen beteiligt ist. Und § 26 Strafprozessordnung sieht eben vor, das Verfahren mit einer subjektiven Konnexität gemeinsam zu führen sind, weil hier Fragen der Beweiswürdigung natürlich gesamt und allumfassend zu treffen sind. Insoweit würde ich eher das Gegenteil meinen, dass eine gemeinsame Verfahrensführung eher zielführend und zweckmäßig ist. Weil wenn man 20 Verfahren – also ich sage jetzt eine beliebige Zahl, aber beispielsweise 20 verschiedene Verfahren – hat: dass hier Informationen vielleicht nicht umfassend gewichtet und gewertet werden könnten, liegt hier auf der Hand. Und ich glaube, es würde auch nicht einer Verfahrensbeschleunigung dienen. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson. Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Wenn Sie dieser Ansicht sind; aber an und für sich würde § 27 der Strafprozessordnung, ohne dass ich hier eine fachliche Diskussion führen möchte, doch vorsehen, dass man eine Trennung vornehmen kann, dann nämlich, wenn Verzögerungen vermieden werden könnten. Ich meine, dass das Casag-Verfahren und die jetzt aufgepoppten Verfahren Beinschab und Wolf ja eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Das bleibt aber selbstverständlich Ihrer Beurteilung überlassen.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Darf ich kurz darauf replizieren? Ich bin auch sehr dankbar für diese Frage. Diese Frage - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Moment, das ist keine Frage gewesen. Sie können dann im Zuge der nächsten Frage noch darauf eingehen. (Auskunftsperson Weratschnig: Ach so! Okay! Entschuldigung!) – Bitte sehr, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Damit komme ich zu der Frage der Leaks, der undichten Stellen. Es ist nach wie vor so, dass immer wieder Dinge an die Öffentlichkeit gelangen, bevor sie noch vor diesem Untersuchungsausschuss behandelt werden können. Ich wollte Sie fragen, ob Sie eine Erklärung dafür haben. Das wäre meine Frage. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt können Sie alles andere auch noch in die Antwort packen.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Danke.

Zunächst, bevor ich auf die Frage eingehe, möchte ich noch kurz auf § 27[1], den Sie, Herr Verfahrensrichter, angesprochen haben, eingehen. Und zwar gibt es zwei Fälle, die eine Trennung von Verfahren vorsieht: nämlich um Verzögerungen zu vermeiden und um U-Haften zu verkürzen.

Und ich habe das auch bei der Beantwortung zu Frage 26[2] gesagt, dass wir keine dieser Voraussetzungen erfüllt sehen, nämlich weder was eine Verfahrensbeschleunigung noch eben hier Verkürzung von U-Haften anbelangt. Ich kann Ihnen aber auch noch ergänzend sagen, dass diese Frage auch bei den Rechtsmittelgerichten, also beim Oberlandesgericht, anhängig ist, und es wird hier vielleicht irgendwann auch diese Frage gerichtlich geklärt werden.

Zu den Aktenleaks: Diese Frage ist auch eine, die uns ständig beschäftigt. Ich habe das auch schon im letzten U-Ausschuss gesagt: Ich finde Aktenleaks sind etwas, was absolut zu verwerfen ist, und für uns als Staatsanwälte wären Aktenleaks sogar strafbar. Ich habe hier auch, das war Gegenstand im vergangenen U-Ausschuss - - hatte man ja teilweise belegen können, woher die Aktenleaks auch kommen. Ich erlebe das, und das kann ich ergänzend noch ausführen: Es ist ja das Einmaleins der Litigation-PR, dass man, wenn man Informationen, die schlecht für einen sind, der Erste sein sollte, der diese Informationen verbreitet, dann kann man sie mit dem nötigen Spin versehen und hier vielleicht die öffentliche Diskussion in einen bestimmten Kanal oder in eine Richtung lenken.

Gleichzeitig wird das auch noch gepaart mit Unterstellungen, dass die WKStA Leaks macht – und hier kann man auch ganz gut verschleiern oder vernebeln und auch die Diskussion in eine andere Richtung lenken. Also ich bin davon überzeugt, und ich kann auch für meine Kolleginnen und Kollegen die Hand ins Feuer halten, dass kein Mitglied des Teams Aktenleaks vornimmt.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Vorsitzender, ich bin mit meiner Erstbefragung am Ende. Ich danke Ihnen vielmals.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön, Herr Verfahrensrichter.

Als Erste ist Frau Abgeordnete Krisper an der Reihe. – Bitte sehr.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Richter, ich bin schon der Meinung, dass die Frage der Ressourcen eine Frage für den U-Ausschuss ist, weil es ist die direkteste politische Einflussnahme, Verfahren, die unangenehm sind, durch Ressourcenmangel verhungern zu lassen. Demnach würde ich Herrn Weratschnig gerne fragen: Wie viele Mitarbeiter haben Sie derzeit, sind diese Vollzeit, und wie viele bräuchten Sie, Ihrer Wahrnehmung nach, um effizient in diesen Verfahren ermitteln zu können?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ich habe gesagt, wir sind sieben Personen, mit mir acht. Drei Personen können derzeit 100 Prozent der Arbeitskapazitäten verwenden, alle anderen haben nebenbei noch Großverfahren zu führen. Ich habe auch ein Großverfahren zu führen, nebenbei noch ein eigenes Referat mit Akten. Daher wäre hier auf jeden Fall eine Kapazitätserweiterung sehr sinnvoll. Ich denke, mit bis zu zehn Personen wäre ein großer Schritt geleistet.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zehn Personen mehr?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nein, nein insgesamt. Entschuldigung!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Insgesamt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, insgesamt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, zwei Vollzeit dazu?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Drei Vollzeit.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich komme zu den Zwangsmaßnahmen, die Sie schon angesprochen haben, die hier vonseiten mancher Personen aus der Justiz gegen Staatsanwälte angedacht wurden, und lege Ihnen ein Dokument vor: Vorlage 1, Dokument 26302, Seite 24, aus dem Strafakt Pilnacek/Fuchs aus Innsbruck. Ich bin hier bei der Stelle – um hier anzuknüpfen –, die Sie vorhin genannt haben, wo Pilnacek am 22. August 2019 schreibt: „ich stelle mir Observation vor“.

Sie meinten, das war für Sie ein bedenklicher Höhepunkt. Da Sie diese Korrespondenz, glaube ich, noch nicht kennen, würde ich Sie bitten, von dort weiterzulesen, auf jeden Fall die nächste Seite, also Seite 25, um mir zu sagen, was sonst für Sie rechtswidrig oder höchst irritierend ist. Ich glaube, Sie werden noch Stellen finden. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben das Dokument noch nicht am Bildschirm. Könnten Sie uns das - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wenn die Technik versagt, kann ich es austeilen lassen. Ich habe es auch ausgedruckt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Seite?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): 24, 25. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Darf ich schon antworten?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, sicher.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, also vielleicht grundsätzlich: Ich habe jetzt die PDF-Seiten 24 und 25, nicht mehr und auch nicht weniger. Da mir nicht der gesamte Chatverlauf zur Verfügung steht und ich ihn in dieser Zeit auch nicht durchlesen kann, kann ich natürlich nur eine Grobschätzung abgeben, und das vielleicht auch nicht hundertprozentig verifizieren.

Es sind hier teilweise Dinge dabei, die schon im vergangenen U-Ausschuss angesprochen wurden. Das waren diese Sicherstellungen nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz, und das – habe ich auch schon das letzte Mal gesagt – hat mich auch erschüttert.

Auf der Seite 25 sind für mich neue Inhalte da, nämlich – was hier anbelangt –, dass seitens Pilnacek und Fuchs angedacht war, über die Soko eine Art Ermittlungsleistung über die WKStA und über angebliche Leaks zu erreichen. Das ist für mich aus sehr vielen Hinsichten, aus mehreren Aspekten sehr bemerkenswert und ungewöhnlich: Einerseits hat hier, und das entnehme ich dem Chat, der ehemalige Leiter Lang gesagt, dass das Leak über Akten vom BVT kommt und nicht von der WKStA. Diesen Umstand ist man hier offensichtlich übergangen und hat hier ohne eine entsprechende Verdachtslage offensichtlich versucht, Schritte einzuleiten.

Wenn ich das aus der Sicht von Herrn Oberstaatsanwalt Fuchs beleuchten darf, so drängen sich mir hier Themen auf wie eine Befangenheit und ein Wissen der Unzuständigkeit: Also ich beantra- - oder ich begehre Informationen oder Ermittlungen, wie immer man das jetzt juristisch einordnen möchte, durch eine unzuständige Dienststelle, nämlich durch die Soko, die ja dafür nicht zuständig ist, sondern es wäre ja das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung zuständig. Weiters ist die Soko ja auch befangen, weil sie ja als potenzielle Leakstelle ebenfalls in Betracht kommt, genauso wie auch Herr Oberstaatsanwalt Fuchs selbst. Also auch er wäre ja ein Geheimnisträger und potenziell - -, ermöglicht hier, Akten zu leaken.

Man hat hier auch die Grundsätze der StPO etwas vernachlässigt, nämlich: ohne einen Verdacht Ermittlungsschritte zu setzen. Es ist ja nicht so, dass man hier ermittelt und dann schaut, ob ein Anfangsverdacht oder eine Verdachtslage da ist, sondern es muss ja zuerst ein Verdacht da sein und erst dann kann man entsprechende Schritte setzen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist ja anscheinend nicht der Fall – nur damit die Journalisten verstehen, worüber wir reden –: Pilnacek schreibt nämlich: „Franz Lang meint, dass diesmal das BVT Quelle des Leaks ist;“ (Auskunftsperson Weratschnig: Genau!) „egal, irgendwann muss effektiv ermittelt werden“.

Also wissend (Auskunftsperson Weratschnig: Ja!), dass innerhalb des Innenministeriums die Wahrnehmung nicht ist, dass das Leak hier die WKStA ist, wird es herangezogen, um in Ermittlungsmaßnahmen zu gehen und die zu planen. In weiterer Folge kopiert Fuchs hier Korrespondenzen mit Andreas Holzer hinein, der hier auch die Wahrnehmung sogar der Unzuständigkeit hat, weil eigentlich das BAK zuständig wäre, das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung, aber auch das scheint egal beziehungsweise will man hier, dass die Soko Tape ermittelt, ohne Verdachtslage. Richtig?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: So erweckt es den Eindruck, und ich wollte noch zur Soko Tape - - Auch die Sicht der Soko Tape ist etwas ungewöhnlich. Einerseits sind sie unzuständig, wie sie es ja auch selbst erkannt haben. Weiters ist auch evident, dass es hier keinen Verdacht in Richtung WKStA gibt, indem auch der eigene Vorgesetzte von Herrn Holzer das so offensichtlich gesagt hat, und das wird auch intern kommuniziert, und weiters liegen auch Befangenheiten in doppelter Hinsicht vor, nämlich sind einerseits auch die Mitglieder der Soko als potenzielle Leaker oder Geheimnisverräter in Betracht zu ziehen, und zweitens – und das finde ich auch bemerkenswert – ist ja die Soko - - soll die Soko ja mit der WKStA aufklären und nicht gegen die WKStA ermitteln. Also ich glaube, so ein Vorgang ist wahrscheinlich einzigartig in der Republik, dass eine ermittelnde Polizei nicht nur für, sondern auch gegen die Staatsanwälte ermittelt oder arbeitet.

Das ist, würde ich sagen, mir bisher nicht untergekommen, das würde ich als sehr ungewöhnlich einstufen, und allein deswegen hätte man sich hier eigentlich, so wie es für mich den Eindruck erweckt, zu enthalten gehabt. Für mich als Personalvertreter, wenn ich einmal dieses Kapperl aufsetze, bestärkt das meinen offenen Brief an die Frau Bundesministerin, dass hier ein extremer Aufarbeitungsbedarf besteht, nämlich zu sehen: Warum ist das möglich gewesen? Welche Kontrollmechanismen gibt es? Kann man das zukünftig verhindern?

Mir ist schon klar, kein System ist perfekt, aber man sollte aus solchen Vorfällen auch für die Zukunft lernen, und das wäre aus meiner Sicht auch entsprechend notwendig. Für mich als Personalvertreter ist auch schwer verständlich, dass es da zu keinen Konsequenzen kommt. Christian Pilnacek ist ja mittlerweile suspendiert, aber der Leitende Oberstaatsanwalt ist nach wie vor Leitender Oberstaatsanwalt. Er hat zwar nicht mehr die Dienst- und Fachaufsicht über die WKStA, aber trotzdem über andere Bereiche der staatsanwaltschaftlichen Tätigkeiten von anderen Staatsanwaltschaften, und hat aber auch die Dienst- und Fachaufsicht über die Oberstaatsanwälte, die die Dienst- und Fachaufsicht über die WKStA haben. Also hier sehe ich eigentlich als Personalvertreter dringenden Handlungsbedarf.

Wenn ich noch kurz ergänzen darf: Wir hatten in der WKStA, das wurde auch medial bekannt - - Eine Kollegin wurde dienstfrei gestellt wegen eines weitaus geringeren Vorwurfs, nämlich sie hätte einen Polizeibeamten in ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin versucht, zu bestimmen, ein Amtsgeheimnis zu verletzen. Diese Kollegin wurde von der Oberstaatsanwaltschaft Wien umgehend dienstfrei gestellt, mit der Begründung, dass gerade im Bereich der Korruptionsbekämpfung ein besonders strenges Maß anzulegen und anzuwenden ist. Ich denke, hier sollte man einheitlich vorgehen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ein einmaliger Vorgang, wie Sie ihn noch nie gesehen haben. Andreas Holzer ist mittlerweile Leiter des Bundeskriminalamts geworden. Hier sehen wir, dass er in rechtlich unzulässige, formlose Ermittlungsersuchen ohne Verdachtslage an unsere zuständigen Behörden involviert ist – dass überlegt wird, diese zu erteilen. Haben Sie Wahrnehmungen, dass wegen Amtsmissbrauchs oder Sonstigem zu diesen Sachverhalten ermittelt wird?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, Sie haben das ja eingangs erwähnt, das kommt aus dem Verfahren in Innsbruck. Ich persönlich habe dazu keine Wahrnehmungen. Ich gehe aber davon aus, dass natürlich die Unterlagen, die von den Kollegen an den U-Ausschuss geliefert werden, auch geprüft werden und vielleicht - - Aber ob das im konkreten Fall erfolgt ist, weiß ich nicht.

Ich kann nur vielleicht zur Ergänzung sagen, wie wir – also mit „wir“ meine ich die WKStA – die Akten oder die Chatvorlagen machen. Also das wird entsprechend nach Relevanz sortiert, und dann schaut sich auch ein Staatsanwalt durch, ob das einerseits von abstrakter Relevanz für den U-Ausschuss ist, andererseits aber auch, ob das allenfalls für Ermittlungsgefährdungen noch im Konsultationsmechanismus einzubeziehen ist oder ob das allenfalls etwas ist, was noch nicht bekannt ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Von dieser Spitze des Eisbergs an zerstörerischen Plänen, die Arbeit der Korruptionsermittler zu torpedieren: Der Berg ist größer, es gibt noch andere Ebenen. Es gab den Fall Poppenwimmer. Ich darf Dokument 1478 vorlegen, Seite 106, Vorlage 19.

Die Frage ist hier wieder: Wofür arbeitet hier wer in Justiz und BMI (Heiterkeit der Rednerin), für Korruptionsermittlung oder gegen Korruptionsermittlung? Sie finden hier einen Kalendereintrag, und zwar auf Seite 106. Haben Sie es noch nicht? Okay.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Seite 106, Frau Abgeordnete?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja. Klappt’s bei Ihnen? Bei mir nicht. –

Entschuldigung, die Technik, die heute neu ist.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Vielleicht können wir doch auf die Papierform umsteigen, wenn es geht?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich möchte Ihnen den abfotografierten Kalendereintrag zeigen, von Poppenwimmer an Fuchs über eine Dienstbesprechung Adamovic/B.[3], worüber auch medial berichtet wurde – das Bild springt nur dauernd um. Da aber darüber medial berichtet wurde – die WKStA hat es auch medial erfahren ‑: Was macht das mit Mitarbeitern in so einem Verfahren?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also zum Hintergrund: Das dürfte - - In der WKStA wird ein Kalender geführt, wo jeder seine Termine einträgt, damit man weiß, wer da ist, wer nicht da ist, wer verhindert ist und so weiter. Deswegen - - Das ist auf freiwilliger Basis. Und das scheint eine Besprechung im sogenannten Schenkungsakt gewesen zu sein, der ist hier nicht relevant, aber - -, und die dritte Person, die da auch noch angeführt ist, das war ein zugeteilter Mitarbeiter des Finanzministeriums aus der – ich glaube – Großbetriebsprüfung. Da gibt es ein Kooperationsübereinkommen mit dem Finanzministerium, die uns unterstützen, und hier ging es ja um steuerrechtliche Fragen.

Sie haben mich konkret zur Kollegin Poppenwimmer gefragt - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Seite 2.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ah, Seite 2, Entschuldigung. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in den Unterlagen.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Seite 2? (Abg. Krisper: Ja!) – Seite 2 kriege ich nicht hinein. Es beginnt bei mir erst mit Seite 3.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Deswegen haben wir es auch zuerst nicht gefunden.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die elektronische Seite 2 brauchen wir jetzt immer genannt und nicht die aufgedruckte; die elektronische Seite 2, oben in der Leiste, Herr Vorsitzender.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Es geht um die elektronische Seite 2, die mit der Dokumentenseite nicht in Übereinstimmung ist. Das ist die Seite 4 im Dokument. Was ist jetzt die Frage, Frau Abgeordnete?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Schon gestellt. Elektronische Seite 2, nachgeliefert für Herrn Weratschnig zur Frage, die er schon beantwortet. (Auskunftsperson Weratschnig: Ah, okay!) – Einfach nicht stören lassen.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nein! Sprechen Sie in Ihrer Frage auch den Eintrag oder dieses Mail ganz unten auf der Seite 2 an?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, ich kann mich jetzt inhaltlich nicht mehr erinnern, aber ich nehme an, das war eine Information, die ich als Belegschaftsvertreter an die Gesamtbelegschaft gemacht habe, und die dürfte offensichtlich - - Offensichtlich dürfte diese Nachricht abfotografiert worden sein und weitergeleitet worden sein.

Was der konkrete Inhalt dieser Nachricht war, kann ich jetzt nicht eruieren, da müsste ich nachsehen. Ich vermute, wenn ich das zeitlich richtig einordne, dürfte es sich um die medial bekannten Chats handeln, die zwischen Pilnacek und Fuchs, im „Profil“, glaube ich, war es, abgedruckt waren, wo es darum geht, dass man das aufkeimende Problem nachhaltig beseitigen müsste oder wo auch eine Medienkampagne, sage ich einmal, Negativ-PR, angekündigt oder in Aussicht gestellt wurde. Ich habe damals ein Schreiben als Personalvertreter an die Frau Bundesministerin gerichtet, und es könnte sein, dass sich das auf das bezieht – dass ich der Belegschaft mitteile, was ich als Belegschaftsvertreter getan habe.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Um zum Kalendereintrag zurückzukommen, den Poppenwimmer abfotografiert und an Fuchs geschickt hat - -

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, also auch auf diese Frage bin ich als Personalvertreter in meinem offenen Brief an die Frau Ministerin eingegangen. Das ist natürlich ein Verhalten, das aus unserer Sicht nicht akzeptabel ist. Offensichtlich ohne Einhaltung der dafür vorgesehenen Instanzen und des Amts- oder Dienstweges werden hier Interna weitergeleitet, und der Kollegin Poppenwimmer steht es ja nicht zu, die Dienst- und Fachaufsicht über die Kollegen auszuüben. Wenn ihr ein Umstand aufgefallen ist, den sie für bedenklich hält, dann wäre der erste Weg natürlich, das mit der Behördenleiterin zu besprechen, denn der Dienstweg geht ja über die Behördenleiterin. Dadurch, durch diesen Chatverkehr, wird natürlich dieser Dienstweg außer Kraft gesetzt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ein weiteres Element dieses Berges an unüblichen Vorgehensweisen rund um die Ibizacausa und gegenüber der WKStA: Es gab ja auch den Fall Aicher, die Rechtsschutzbeauftragte, die sich sehr kritisch äußerte und sich dafür gerade aus der Kanzlei, die zwei Beschuldigte in dem Verfahren vertritt, Input holte. Da hat die Frau Ministerin erst sehr spät das Gespräch gefunden, nämlich nachdem der Vorfall, ich denke im November – oder noch viel früher –, bekannt wurde, erst Mitte Dezember. Haben Sie Wahrnehmungen, ob es da Konsequenzen gab?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe keine unmittelbaren Wahrnehmungen. Mittelbar, glaube ich, hat sich nichts geändert, weil Frau Prof.in Dr. Aicher nach wie vor Eingaben bei uns gemacht hat. Also eine Konsequenz ist für mich nicht erkennbar. Sie hat beispielsweise in einem anderen Verfahrenskomplex, was ihr als Rechtsschutzbeauftragter zusteht, eine Aktenkopie beantragt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Erachten Sie das aufgrund des nun Bekannten als schwierig?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also diese Frage - - Ich tu mir ein bisschen schwer, diese Frage jetzt zu beantworten, weil die auch Gegenstand eines offenen Vorhabenberichtes ist, aus unserer Sicht (Abg. Krisper: Okay!), und das würde ich jetzt nicht beantworten wollen. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Vielleicht noch ergänzend: Es ist natürlich – und das kann man auch aus unserer Stellungnahme zur Beschwerde ersehen – - -, dass der Vorgang natürlich problematisch ist und hier auch Dinge behauptet oder vorgebracht wurden, die unserer Meinung nach nicht zutreffen. Über die Beschwerde der Frau Prof.in Aicher ist noch nicht entschieden worden. Es hängt noch beim Oberlandesgericht Wien, und ich glaube, was es dazu zu sagen gibt, haben wir in unserer Stellungnahme zur Beschwerde geäußert.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ihre eigene Stellungnahme muss ich Ihnen nicht vorlegen. Warum haben Sie den Bedarf gesehen? Sehen Sie nicht, dass da vonseiten der Ministerin ausreichend schnell und unterstützend reagiert wird, oder sehen Sie die Möglichkeit, auch gesetzlich vorgesehene Maßnahmen wie Suspendierungen et cetera, die noch nicht getätigt wurden, vorzunehmen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, diese Fragen oder diese Dinge, die Sie angesprochen haben, liegen nicht in meiner Kompetenz, zu entscheiden. Unter welchen Rahmenbedingungen derartige Schritte möglich sind, kann ich nicht entscheiden und darf ich auch nicht entscheiden. Meine Aufgabe oder die Aufgabe des Teams ist, auf verschiedene Umstände hinzuweisen und das entsprechend darzulegen. Welche Schlüsse daraus gezogen werden, das liegt dann nicht in meiner Ingerenz und in meiner Hand.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie werden aber auch schon sehr - - Es ist klar, dass hier vieles unterlassen wurde, wenn zum Beispiel ein Vorhabensbericht bezüglich Aicher geplant ist, also da anscheinend Ermittlungen angedacht sind. Das lasse ich aber und lege Ihnen Nummer vier der Vorlagen, Dokument 158307, vor und komme zu einem anderen Verfahren, bitte Sie aber um Ihre Wahrnehmungen als Staatsanwalt. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da geht es nämlich um die - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Seite? (Abg. Krisper: 1!) – 1.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das ist ein Dokument aus der Befragung Pilz, in dem aus dem Abschlussbericht der AG Fama zu den Kloibmüller-Chats zitiert wird, die schon seit 4. März 2021 im Besitz der Staatsanwaltschaft Wien sind.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte kommen Sie zur Frage, die Zeit ist vorbei.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Können Sie das Vorgehen, das da zusammengefasst ist, als Staatsanwalt, der bei Verdacht zu ermitteln hat, nachvollziehen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich kann gerne Ihre Frage beantworten, aber ich würde vorher noch klären, ob diese Kloibmüller-Chats vom Untersuchungsgegenstand gedeckt sind – Zeitraum und thematisch.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wir haben mit Peter Pilz Stunden dazu verbracht, unter Bures’ Vorsitz. (Verfahrensrichter und Verfahrensanwältin beraten sich.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte um Ihre Einschätzung.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Wenn das im August 2017 war, dann ist es vor dem Untersuchungszeitraum, der beginnt mit 18. Dezember 2017; aber bisher haben alle Kloibmüller-Chats Eingang in dieses Verfahren gefunden. Ich kann im Moment nicht sagen, was der Inhalt dieses Chats ist, aber wir haben bislang alle Kloibmüller-Chats hier für eine Beurteilung zugelassen. Ich gehe davon aus, dass das auch in diesem Fall der Fall sein wird, ohne dass ich den Inhalt des Chats genau kenne.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Danke für diese Klarstellung. Ja, für mich ist es schwer, ein Verfahren einer anderen Staatsanwaltschaft zu kommentieren, ohne genaue Aktenkenntnis und die Details zu kennen. Ich bin nicht befugt, hier Dienst- und Fachaufsicht zu sein, deswegen tue ich mir schwer, diese Frage zu beantworten, ob das jetzt in Ordnung war oder nicht in Ordnung war.

Aus meiner eigenen Wahrnehmung zu den Kloibmüller-Chats kann ich sagen, dass diese auch der WKStA – das ist auch medial bekannt – übergeben wurden, und die werden bei uns in Hinsicht auf bereits anhängige Gegenstände, Verfahrensgegenstände geprüft, ob hier ergänzendes Beweismaterial generiert werden kann.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Also Sie haben nicht so wie die Staatsanwaltschaft Wien, „um einen weiteren Missbrauch der Daten hintanzuhalten“, die Sticks nicht zu einem Akt genommen, sondern - -

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ich glaube - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Zeit ist schon weit überschritten. (Abg. Krainer: Aber antworten darf er schon!)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, die sichergestellten Daten nicht zum Akt zu nehmen ist von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gedeckt. Auch wir haben die sichergest- -, diese Datenübergaben, diese übergebenen Daten nicht zum Akt genommen, sondern die werden bei uns in das System, in den Datenpool eingespielt und dann ausgewertet; und nur was relevant für unser Verfahren ist, findet dann Eingang in den Ermittlungsakt. So ist es auch vorgesehen; da gibt es seit Kurzem eine einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Dr. Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Herr Präsident! Herr Oberstaatsanwalt! Ich komme zurück auf den Komplex Beeinflussung von Verfahren und frage Sie, ob Sie Wahrnehmungen betreffend eine politische Einflussnahme auf Ihre Ermittlungstätigkeit oder staatsanwaltschaftliche Arbeit beziehungsweise die Arbeit der WKStA haben? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, danke für die Frage. Ich bin, glaube ich, diese Frage auch schon das letzte Mal gefragt worden und kann dazu sagen: Es gibt natürlich als unterste Instanz, sprich als erstinstanzlich tätiger Staatsanwalt - - erfolgt keine direkte politische Intervention. Die erfolgt auch nicht über offizielle Akten, wenn es eine gibt, und ich habe dazu keine direkten, keine eigenen Wahrnehmungen.

Ich habe das letzte Mal im Untersuchungsausschuss, als ich danach gefragt wurde, gesagt, es gibt einen Aspekt, nämlich - - Aber das betrifft jetzt nicht dieses konkrete Verfahren, sondern das Verfahren zu dem Ibizavideo, zu den Vereinen. Hier gibt es ja diesen entsprechenden Chatverlauf, wo Pilnacek sich an Fuchs unter Bezugnahme auf Moser einen bestimmten Gang des Verfahrens vorstellt. Hier habe ich gesagt, da könnten Indizien für eine politische Einflussnahme vorliegen – aber sonst eine direkte politische Beeinflussung habe ich aus meiner Wahrnehmung nicht gemacht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Worin sehen sie das Indiz für eine politische Einflussnahme bei dem von Ihnen genannten Chatverlauf?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das habe ich schon gesagt. Er bezieht sich ja hier auf den Herrn Bundesminister oder ehemaligen Bundesminister Moser, und das ist eine Indizwirkung, dass es hier einen politischen Willen gibt. Ob dieses Gespräch zwischen Moser, Pilnacek so stattgefunden hat, weiß ich natürlich nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie über diesen Chatverlauf hinaus keine Wahrnehmungen zu einer politischen Einflussnahme auf Ihre Arbeit beziehungsweise die Arbeit der WKStA haben? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ich glaube, diese Frage habe ich auch schon grundsätzlich beantwortet. Und wie auch die Auswertungen der Chats zeigen, erfolgt das ja nicht über offiziellen Weg, sondern – wenn – durch irgendwelche nicht transparenten und nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Kommunikationsverläufe, durch Chats, und da könnte man - - Ich kann natürlich nicht interpretieren, welche Motivationslagen hier bei Mag. Fuchs und Mag. Pilnacek vorgelegen haben; das kann ich natürlich nicht beantworten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, Sie stellen jetzt in den Raum, dass derartige Beeinflussungen auf anderen Wegen wie bei Ihnen amtskundig üblich erfolgt wären. Das ist irgendwie so ein Indiz für Sie, dass es das gegeben hat – oder nicht?

Meine Frage war ganz konkret – Ihre Wahrnehmung. Haben Sie eine Wahrnehmung, dass Ihre Ermittlungsarbeit oder die Arbeit der WKStA in den gegenständlichen Verfahren politisch beeinflusst wurde, ausgenommen diesen Chatverlauf zu Beginn des Ibizakomplexes?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ich habe diese Frage, glaube ich, sehr wohl beantwortet und habe gesagt: Nein, aus meiner Wahrnehmung nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sie haben jetzt in Ihrem Eingangsstatement beziehungsweise auch in Ihren Ausführungen sowohl Pilnacek als auch Fuchs vorgeworfen, eine Einflussnahme ausgeübt zu haben. Können Sie konkret sagen, in welcher Weise, in welcher Form und was Sie Pilnacek und/oder Fuchs im Hinblick auf Ihre Arbeit konkret vorwerfen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Es ist - - Diese Frage kann ich natürlich insoweit beantworten, als ich nur ein Segment der gesamten Chatverläufe kenne, und die zeichnen ein Bild, dass hier sehr wohl versucht wurde, Druck auf die Sachbearbeiter auszuüben; sei es dadurch, dass hier – das ist auch schon im letzten U-Ausschuss thematisiert worden – sehr viele Dienstaufsichtsbeschwerden eingebracht oder, nicht eingebracht, Verfahren eingeleitet wurden, wo wir zur Stellungnahme aufgefordert wurden. Es wurde – und das ist auch im letzten U-Ausschuss bekannt gewesen – ein 103-seitiges Konvolut über die Mitarbeiter, die Teammitarbeiter erstellt, ohne einen für mich nachvollziehbaren Anlass. Und es hat auch eine Ausstellung – der Kollegin Jilek – gegeben, die vom Herrn Leitenden Oberstaatsanwalt Fuchs unterfertigt wurde. Also es gibt hier schon konkrete Vorgänge, die das belegen.

Vielleicht noch ergänzend: Diese nun auf- - Wenn man - - Dieses Segment, das ich hier durch die öffentliche Berichterstattung wahrgenommen habe, die hier verwendete Terminologie, zeigt für mich natürlich sehr deutlich, dass hier einfach eine Befangenheit vorliegt. Ich verweise auf Aussagen wie: „die Truppe ist das Letzte“, „irre“ – ich weiß nicht – et cetera. Solche Worte sind ja in diesen Chats gefallen – oder: „Exempel statuieren“ –; das deutet für mich natürlich schon auf eine massive Befangenheit hin, noch dazu, wo ja der Leitende Oberstaatsanwalt Fuchs auch unmittelbar vor Beginn der Ermittlungen – Ibiza – deklariert hat, dass er sich gegenüber der Leitenden Staatsanwältin Vrabl-Sanda und zwei Teammitgliedern ausdrücklich als befangen erachtet.

Folgt man den Complianceleitlinien der Justiz, die ja einen sehr umfassenden Verhaltenskodex darstellen, dann müsste man sich, wenn man befangen ist, auch von Amtshandlungen distanzieren und nicht vornehmen. Also soweit ich das hier beobachten kann, gibt es hier sehr wohl Indizien, und wir haben diese Indizien auch beginnend mit Mai an die vorgesetzten Dienststellen berichtet.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sie haben jetzt Chatverläufe genannt und anderes. Können Sie konkret sagen, welche Handlungen, Äußerungen von Pilnacek und/oder Fuchs Einfluss auf Ihre Ermittlungsarbeit – im Sinne einer unsachgemäßen Beeinflussung – genommen haben? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auch diese Frage habe ich beantwortet. Allein durch die Ausstellung ist massiv in die Arbeit der Ermittlungen eingegriffen worden, indem eine eingearbeitete Kollegin einfach nicht mehr unter diesen Bedingungen arbeiten konnte, und das hat die Ermittlungen massiv verzögert.

Oder wenn man sich noch verschiedene andere Chats anschaut - - Ich habe mich jetzt nicht gezielt auf diese Chats vorbereitet, weil das nicht mein Verfahren ist, und ich kenne ja auch nicht alle. Darum: Wenn ich alle Chats vorliegen hätte – die müsste ich mir dann zu einem zeitlichen Konnex analysieren, unter Zusammenschau aller uns zur Verfügung stehenden Unterlagen –, dann könnte ich ein anderes Bild zeichnen, aber so, aus der - -, ad hoc tue ich mir hier schwer, weil das ja Nachrichten sind, die nicht in unserem Verfahren aufgetaucht sind.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wie können Chats, die Sie gar nicht kennen, Ihre Arbeit beeinflussen? (Ruf: Oh Gott!)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Na ja, die Chats per se beeinflussen unsere Arbeit nicht, sie dokumentieren ja nur das, was vorgefallen ist, und werfen ein anderes Licht auf diese Geschehnisse.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, die Chats werfen retrospektiv ein Licht auf die Geschehnisse, aber die Frage ist: Was hat sich in Ihrer Arbeit dokumentiert? Haben Sie Weisungen erhalten? Haben Sie Eingriffe in Ihre Arbeit bemerkt, die sich in Aktenvermerken, in behördlichen Handlungen manifestiert haben, oder ist das alles etwas, das Sie aus Ihrer nachträglichen Kenntnis der Chatverläufe rückschließen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auch das, glaube ich, habe ich schon beantwortet; ich kann das noch ein bisschen ausführen. Das habe ich auch schon bei meiner letzten Befragung ausgeführt.

Es gibt viele Beispiele, die ich wahrscheinlich hier jetzt ad hoc gar nicht wiedergeben kann, aber es gibt viele Beispiele, wo wir die Oberbehörden um Hilfe, um Unterstützung gebeten haben, und wir haben keine Rückmeldung bekommen. Wir haben um Klarstellung ersucht, wie konkrete Erlässe zu verstehen sind, haben keine Antwort bekommen, und wir haben natürlich auch Weisungen bekommen. Ich verweise da auf die Weisung – das ist halt hier jetzt nicht gegenständlich, aber im Gesamtkontext zu sehen –, was die Schredderaffäre anbelangt, dass wir hier nicht mehr zuständig sind.

Also es wurden meiner Ansicht nach schon konkrete Maßnahmen getätigt, die natürlich auch in die Verfahrensführung eingreifen sollten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Jetzt ist ja nicht jeder Eingriff in die Verfahrensführung an sich verwerflich. Ich gehe davon aus, dass mit der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht – Sie können mich gerne korrigieren, wenn ich da falsch liege – natürlich auch immer eine Einflussnahme verbunden ist, sonst braucht man ja keine Dienst- und Fachaufsicht, wenn sich die nicht manifestiert.

Die Frage ist: Das, was Sie jetzt genannt haben, würden Sie das persönlich als eine unsachgemäße beziehungsweise nicht den Ermittlungen entsprechende, allenfalls auch nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Vorgangsweise der Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht werten? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wir haben - - Ich glaube, in diesem Untersuchungsausschuss haben Sie noch nicht den ganzen Akt, der wird erst - -, teilweise auch das Tagebuch mit unseren internen Berichten ist noch nicht vorgelegt worden, weil der noch quasi geschwärzt werden wird, nämlich im Hinblick auf die Verfahrensrelevanz für diesen Untersuchungsausschuss, deswegen liegen Ihnen auch noch nicht alle Berichte, internen Berichte, vor.

Wir haben in sehr vielen Berichten darauf hingewiesen, dass wir eine Vorgehensweise als unsachlich empfinden. Ich weise auf die Ausführungen im Bericht zu der Weisung betreffend Übernahme des Ibizavideos hin; das hat nicht den Formerfordernissen und auch inhaltlich nicht den Formerfordernissen entsprochen. Das haben wir offen dargelegt und unsere Bedenken an die vorgesetzten Dienststellen geäußert.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass seitens der WKStA noch gar nicht alle Akten, die angefordert wurden, vorgelegt worden sind?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, das ist Gegenstand der Konsultations- - und im ständigen Austausch mit dem Parlament. Der Untersuchungsgegenstand ist ja diesmal ein anderer als beim letzten Untersuchungsgegenstand, daher ist nicht der gesamte Akt, der relevante Fünferakt, hier vorzulegen; deswegen werden für die nicht relevanten Teile entsprechende Schwärzungen und Aus- - oder bestimmte Ordnungsnummern und Verfahrensstränge ausgenommen, und das ist, glaube ich, etwas, was im Parlament hier bekannt sein müsste.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Mir ist vor allem bekannt, dass im Zusammenhang mit dem Finanzministerium alles vorzulegen war, daher bin ich etwas überrascht, dass jetzt hier noch Bedenken bestehen, dass der Untersuchungsausschuss alles erhalten soll. Ich darf darauf hinweisen: Es geht um die abstrakte Relevanz – und zwar in Form des Konjunktivs: also alles, was abstrakt relevant sein könnte –, und deshalb bin ich einigermaßen befremdet über diese Vorgangsweise, aber will es dabei belassen.

Meine Frage an Sie ist folgende: Sie haben zur Vorlage der Kollegin Krisper, und zwar betrifft das den Chatverlauf aus dem Dokument mit der Endnummer 26302, gesagt, Sie kannten diesen Chatverlauf bis zur Vorlage hier im Ausschuss nicht. Ist das richtig?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nicht ganz. Ich habe schon in meinem Eingangsstatement gesagt, dass das ja auch Gegenstand der gestrigen medialen Berichterstattung war.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Aber nur aus den Medien und aus dem Ausschuss sozusagen? (Die Auskunftsperson nickt.) Dieser Chatverlauf wurde von Ihnen ja jetzt im Sinne dessen, was an Ermittlungsmöglichkeiten angedacht war, kritisiert. Hat sich das, was aus dem Chatverlauf hier jetzt besprochen wurde, in irgendeiner Weise niedergeschlagen? Ist das in Ermittlungsanordnungen umgesetzt worden oder war das einfach ein Gedankenaustausch, den wir hier sehen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also Ihre Frage kann ich mit Ja und Nein beantworten. Nein, ich weiß nicht – weil hier in diesem Dokument ja auch die Staatsanwaltschaft Wien angesprochen wird –, ob und wenn ja, was hier allenfalls gemacht wurde. Und Ja kann ich schon sagen: In den Sachstandsbericht der Soko hat sehr wohl eine begleitende Medienanalyse Eingang gefunden, indem in diesem Sachstandsbericht der WKStA auch Leaks vorgeworfen wurden, die aber allesamt kein Substrat beinhaltet haben, warum uns eigentlich Leaks vorgeworfen werden. Wir waren damals sehr erstaunt über diese Ausführungen im Sachstandsbericht und haben dazu auch Stellung genommen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich konnte das jetzt nicht ganz einordnen. Die Frage war, ob sich aus diesen Chatverläufen und aus dem Gedankenaustausch, der da sichtbar wurde, Ermittlungshandlungen ergeben haben, insbesondere Observationen oder Ähnliches.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das habe ich Ihnen ja gesagt. Was die Staatsanwaltschaft Wien, die ja hier in den Chats genannt wurde, tatsächlich gemacht hat, weiß ich nicht. Ich habe nur gesagt, dass eine Medienanalyse insoweit Eingang gefunden hat, dass es im Sachstandsbericht erwähnt wurde.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Was ist eine Medienanalyse? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wie konkret der Arbeitsauftrag – oder wie immer man das auch nennen mag – zwischen Fuchs und Holzer ausgesehen hat, kann ich natürlich nicht beantworten. Ich entnehme den Chats, dass hier begleitend Medienberichterstattungen bewertet, analysiert werden sollten, um mögliche Rückschlüsse ziehen zu können. Wie das konkret gemacht wurde, kann ich natürlich nicht beantworten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ist es richtig, dass sie dazu überhaupt keine Wahrnehmungen haben und das alles jetzt nur aus dem Chatverlauf rückschließen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wir drehen uns hier irgendwie im Kreis. Ich habe Ihnen ja schon gesagt, meine Wahrnehmungen beziehen sich auf den Sachstandsbericht – da habe ich eigene Wahrnehmungen –; was die Kollegen der StA Wien gemacht haben, kann ich natürlich nicht beantworten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, dass für Sie sehr verwunderlich ist, dass Staatsanwälte Gegenstand von Ermittlungshandlungen werden. (Die Auskunftsperson schüttelt den Kopf.) – O ja, ich habe es mitgeschrieben.

Meine Frage, die ich daran anschließe: Haben Sie Wahrnehmungen darüber, dass im Bereich der WKStA auch Überlegungen stattgefunden haben, Herrn Pilnacek festzunehmen oder zu verhaften? (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich weiß zwar nicht, in welchem Zusammenhang Sie jetzt diese Frage stellen und was Sie - -, ich kann aber diese Frage mit einem klaren Nein beantworten. Aus meiner Sicht war das nie intendiert. Ich kann jetzt natürlich nicht für die gesamte WKStA sprechen, nur für die Teile, die ich sehe, aber mir ist Derartiges überhaupt nicht bekannt. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stögmüller, zur Geschäftsbehandlung.

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte jetzt nicht reingrätschen, aber Kollege Stocker verlangt von jeder Sache, zu der wir irgendwelche Wahrnehmungen erfragen, immer eine Vorlage oder einen sonstigen Zusammenhang. Sind das jetzt einfach reine Behauptungen und Abfragen von Allgemeinem? Dann können wir, wenn wir das jetzt feststellen, bei allen Auskunftspersonen Wahrnehmungen nach irgendetwas abfragen, ob das oder das war – nur damit wir klar eine rote Linie für den gesamten Untersuchungsausschuss zusammenbringen.

Wenn das also jetzt möglich ist, dass wir allgemein irgendetwas fragen können, Wahrnehmungen abfragen können, dann möchten wir das bei allen Auskunftspersonen so machen und haben. Ob irgendjemand eventuell verhaftet worden ist – da kann ich eine ganze Liste abfragen. Wenn das ab jetzt immer so gilt, dann möchten wir das auch so festhalten.

*****

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wie lange habe ich noch?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben noch 32 Sekunden. – Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Abgeordneter Stögmüller, ich glaube, generell kann man das nie sagen, das muss man immer im Einzelfall einer Beurteilung zuführen; aber wenn ich Ihre Frage so verstanden haben, ob es Unterlagen gäbe, die Herr Abgeordneter Stocker nicht vorgelegt - - (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stocker stellt die nächste Frage. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich komme zurück zum Verfahrenskomplex Ibiza und zur Aktenzahl 17 St 5/19d. Wie viele verschiedene Ermittlungsstränge sind in diesem Verfahren beinhaltet?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich kann das jetzt ad hoc - - Ich müsste mir den Akt durchschauen und durchscrollen, um das exakt einzuordnen. Ich kann Ihnen nur einen groben Überblick geben: Der Beginn waren die Ermittlungen rund um die Bestellung Sidlo, Casag, es ist dann ausgeweitet worden, und es sind auch mehrere Verfahren wegen falscher Beweisaussage anhängig. Es gibt dann natürlich noch einen anderen Strang, aber der ist hier nicht verfahrensgegenständlich, deswegen würde ich ihn nicht erwähnen.

Es gibt dann noch die Hauptstränge, natürlich das sogenannte Beinschab-„Österreich“- ‑, und dann die Postenbesetzungen und die Vorgänge rund um Wolf und Wöginger. Das sind so die Haupt- -, aber ich kann das jetzt nominell nicht genau sagen, es sind ja auch schon einzelne Verfahrensstränge erledigt worden. Dann müsste man noch definieren: Was alles ist ein Verfahrensstrang? Ist eine Anzeige, die zurückgelegt wurde, auch ein Verfahrensstrang? Darum tue ich mir schwer, Ihnen diese Frage hier umfassend beantworten zu können.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Können Sie sagen, gegen wie viele Personen als Beschuldigte das Verfahren geführt wird?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auswendig kann ich Ihnen das nicht sagen. Ich müsste das bei uns in der Verfahrensautomation Justiz im Register nachsehen, dann könnte ich diese Frage beantworten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Können Sie beantworten, wie viele Ermittlungsstränge mit einer Einstellung geendet haben und wie viele noch offen sind?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Vielleicht generell – auch wenn das für Sie unbefriedigend erscheinen mag –: Wir führen dazu keine Statistik, das wird auch nicht gesondert erfasst. Man müsste sich den Akt vom Anfang bis zum Ende durchsehen, um diese Frage beantworten zu können, und das kann ich heute hier nicht machen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich lege Ihnen das Dokument 3308 vor und bitte Sie, Ihre Aufmerksamkeit auf die Seiten 9 und 10 zu richten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben Ihre Fragezeit schon erschöpft – kurze Frage.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich nehme diese Frage in die nächste Runde mit.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön. 

Die nächsten Fragen stellt Frau Abgeordnete Herr. – Bitte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich schließe gleich bei der sehr spannenden Frageführung der ÖVP an, mit einer Frage zu Herrn Hanger, der auf einer Pressekonferenz zum Thema: „Sind die linken Zellen der WKStA am linken Auge blind?“, gesprochen hat. Wie ist dazu Ihre Wahrnehmung, Herr Oberstaatsanwalt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, also ich glaube, das war auch schon im letzten U-Ausschuss Thema. Die linken Zellen gibt es nicht. Ich bin, wie ich eingangs erwähnt habe, seit 2014 Personalvertreter und daher auch Mitglied in der Personalkommission, und in dieser Funktion hätte ich Derartiges nicht wahrgenommen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Welche Auswirkungen hat das auf die Arbeit der WKStA, wenn von politisch motivierten Vorgängen gesprochen wird? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Unsere Aufgabe als Staatsanwälte ist es, die Ermittlungsarbeit zu machen – unbeeinflusst. Es ist unangenehm, wenn über Medien Dinge über den einzelnen Sachbearbeiter verbreitet werden, aber unsere Arbeit beeinflusst das nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Danke schön.

Wie ist Ihre Wahrnehmung betreffend Weitergabe von Informationen zu Zwangsmaßnahmen wie Hausdurchsuchungen? Da wurde immer wieder kolportiert, es gibt Verdachtsfälle – Hausdurchsuchung von Neumann, von Löger, von Blümel. Hat sich da Ihre Wahrnehmung verändert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auch diese Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten, weil wir natürlich auch in einem Gelegenheitsverhältnis stehen und als potenzielle Täter infrage kämen – wie viele andere auch –; deswegen werden ja solche Verfahren nicht bei der WKStA geführt, sondern bei anderen Staatsanwaltschaften. Es gibt sehr viele Verfahren über Aktenleaks und auch möglicherweise verratene Hausdurchsuchungen, teilweise sind sie im eigenen Sprengel, also bei der Staatsanwaltschaft Wien. Ich glaube auch, die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat hier einmal ein Verfahren - -, also das wird verteilt, aber ich habe keine Information über das Ergebnis.

Ich weiß nur so viel, dass noch kein Kollege – oder Kollegin – als Beschuldigter diesbezüglich einvernommen wurde und eigentlich, soweit mein Verfahrensstand ist, bisher nichts herausgekommen ist. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich lenke die Aufmerksamkeit noch einmal konkret auf die Hausdurchsuchung bei der ÖVP: Wie erklären Sie sich, dass es möglich ist, dass die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin davor ankündigt, es ist „nichts mehr da“? Was ist Ihre Wahrnehmung dazu?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also das ist ein politisches Statement, das hat für uns überhaupt keine Relevanz. Wir haben einen gesetzlichen Auftrag, dem gehen wir nach, unabhängig davon, was für Äußerungen hier medial kolportiert werden.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Und im Normalfall, bevor eine Hausdurchsuchung durchgeführt wird, wie läuft da die Kommunikation ab? Wer hat darüber Informationen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das ist nicht immer ganz ident. Grundsätzlich ist es so, dass natürlich eine Zwangsmaßnahme - -, eine Anordnung wird bei uns in der WKStA erstellt, dann wird das zu Gericht geschickt, weil man ja auch eine gerichtliche Bewilligung braucht. Wenn die Bewilligung erfolgt, dann nimmt man – oder schon teilweise parallel dazu – auch Kontakt mit der Polizei auf, ersucht sie, die Standorte entsprechend zu prüfen, zu schauen, ob Waffengebrauch bei den betreffenden Personen ist et cetera. Da gibt es sehr viele Dinge abzuklären. Dann kommuniziert man das mit der Polizei, dann, je nach vorhandenen Ressourcen, wird halt ein Termin fixiert und dann erfolgt an diesem Termin das Einschreiten.

Und vielleicht noch: Wie der interne Berichtsverlauf bei der Kriminalpolizei ist, weiß ich im Detail nicht. Ich kann nur sagen, im staatsanwaltschaftlichen Bereich ist es so, dass wir am Tag des Einschreitens die Oberstaatsanwaltschaft Wien informieren – im Ibizaverfahren konkret in der Person des zugeteilten Oberstaatsanwaltes aus Innsbruck, und dieser informiert an dem Tag des Einschreitens dann seinerseits das Justizministerium. Aber wie die Informations- und Berichtswege im Polizeibereich sind, dazu kann ich Ihnen keine genaue Auskunft geben.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Danke schön.

Wir legen aus dem Akt 1808, aus der Einvernahme mit dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft, Herrn Fuchs, Seite 39 vor. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Da wird erklärt, dass Herr Fuchs Herrn Pilnacek meistens telefonisch vorab informiert hat bezüglich - - Sie haben die Stelle markiert. Was ist Ihre Wahrnehmung dazu? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, danke für diese Frage. Meine Wahrnehmungen dazu sind die: Wir hatten, ich kann das jetzt - -, ich glaube, es war im Dezember 2019 oder 2018, weiß ich nicht mehr genau, eine Dienstbesprechung in der WKStA, wo Christian Pilnacek und Hans Fuchs anwesend waren, und da wurde auch diese dreitägige Berichtspflicht thematisiert. Dort haben uns beide versichert, dass kein Informationsfluss zwischen Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium erfolgt. Das haben sie uns dort versichert. Inzwischen ist es ja auch schon, glaube ich, im Protokoll; im U-Ausschuss hat er das ja dann etwas anders dargestellt.

Also meine Wahrnehmung ist die, dass er uns gegenüber gesagt hat, dass diese drei Tage zur internen Prüfung - -, und erst dann am Tag des Einschreitens wird das Justizministerium informiert.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, das steht im klaren Widerspruch zu der Aussage hier, wo von einer kurzen telefonischen Info an Herrn Pilnacek - -, wo es darum geht.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wie diese Aussagen zu werten sind, werden die Kollegen machen, aber uns hat er gesagt, dass eben kein Informationsfluss erfolgt.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Okay, danke.

Ich bleibe gleich bei Herrn Fuchs und würde ein weiteres Dokument vorlegen, Dokument Nummer 1786. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Das ist ein Aktenvermerk zur potenziellen Löschung des Mobilgeräts von Herrn Fuchs. Im Browserverlauf sehen wir, dass hier sehr viel recherchiert wurde zu dem Löschen von Daten, zum Wiederherstellen von Daten, wie das funktioniert, wie man auch Messengerdienste löschen kann. Was ist dazu Ihre Wahrnehmung?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also meine eigene unmittelbare Wahrnehmung dazu ist die - - Das sehe ich natürlich heute zum ersten Mal, ich kenne den Akt der Staatsanwaltschaft Innsbruck nicht. Ich habe aber eine unmittelbare Wahrnehmung dahin gehend: Als die Sicherstellung bei Sektionschef Pilnacek erfolgte, habe ich eine Nachricht von Herrn Mag. Fuchs bekommen, wie andere auch, also ich in meiner Funktion als Personalvertreter, dass sein Handy kaputt ist und er für längere Zeit oder für einen Tag oder so – ich habe das jetzt nicht mehr in Erinnerung – nicht erreichbar sei. Und das war im zeitlichen Nahbereich zu dieser Sicherstellung, der durchgeführten Sicherstellung bei Sektionschef Pilnacek. Ansonsten sagt mir dieser Aktenvermerk nichts.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wie ist das oft bei anderen Beschuldigten, wenn es um Handys geht, die auch beschlagnahmt werden? Ist das durchaus üblich, dass versucht wird, zu recherchieren, wie man Nachrichten verschwinden lassen kann?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ist denkbar, aber ich mache bei uns nicht die Datenauswertung. Dadurch bin ich jetzt hier auch nicht berufen oder bin ich hier auch nicht gut fähig, hier eine belastbare Aussage zu machen, weil ich die Daten nicht auswerte, aber ich kann mir vorstellen, dass es durchaus üblich ist. Und wenn ich das richtig in Erinnerung habe, war das bei Mag. Beinschab ja auch ein Thema.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Danke.

Ich weise darauf hin, dass ja dann tatsächlich beispielsweise beim Messengerdienst Signal keine Daten mehr am Handy zu finden waren, im Zusammenhang mit diesem Browserverlauf. Sie als Staatsanwalt, sehen Sie da einen Zusammenhang, wenn keine Daten vorhanden sind und wenn der Suchverlauf zeigt, dass es hier Nachforschung gab? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich kann diese Frage auch nur sehr pauschal beantworten, weil die Bewertung der Vorgänge der fallführenden Staatsanwaltschaft obliegt. Es kann hier vielleicht eine schiefe Optik erzeugen, aber wie das zu bewerten ist, muss dann die fallführende Staatsanwaltschaft tun.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Danke schön.

Spannend ist ja auch, dass dieser Browserverlauf auch mit der Aussage des Herrn Fuchs im U-Ausschuss zeitlich zusammenfällt. Aber zurück zur Frage: Sie haben vorhin gesagt, Sie haben auch in einem Ersuchen an die Frau Ministerin um die Überprüfung der Befangenheit von Herrn Fuchs nachgefragt. Vielleicht können Sie da noch einmal die Konsequenzen aus diesem Ersuchen schildern. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Sie beziehen sich da auf Vorgänge welchen Jahres?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Es geht darum, dass Herr Fuchs ja nach wie vor auch für die WKStA zuständig ist und ob das hinsichtlich einer Befangenheit geprüft wurde.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe das, glaube ich, schon kurz erwähnt, aber ich wiederhole das gerne. Die Chronologie ist dergestalt, dass wir - - Nachdem im, glaube ich, „Profil“ im Mai 2020 ein nächtlicher Mailverkehr zwischen Pilnacek und Fuchs veröffentlicht wurde, sind wir an die Frau Bundesministerin herangetreten und haben hier auch Befangenheiten thematisiert. Wir haben das auch noch in folgenden Berichten gemacht und haben hier Befangenheiten auch entsprechend dokumentiert und belegt. Wir haben das an die zuständige Sektion im Justizministerium zur Prüfung geschickt. Die gleiche Prüfung haben wir aber auch der Oberstaatsanwaltschaft Wien zur Kenntnisnahme übermittelt.

Aus meiner Sicht habe ich keine Wahrnehmung, dass etwas unternommen wurde, also für mich erkennbar unternommen wurde. Das wäre ja auch ein Punkt, den ich als Personalvertreter gefordert habe, dass man hier entsprechende Aufklärungen macht, nämlich: Wie wurden Entscheidungen getroffen, auf welcher Basis wurden Entscheidungen getroffen und welche Stellungnahmen wurden eingeholt?, et cetera. Das wäre ein Vorgang, den man hier aufarbeiten sollte, um in Zukunft hier Schranken einzubauen, um mögliche Problemfelder früher zu erkennen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Danke schön.

Wir legen den Akt mit der Nummer 1478 vor. Es sind wieder Stellen gekennzeichnet. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Meine erste Frage bezieht sich auf Seite 6: Ist es normal oder ist es üblich, dass interne Abläufe innerhalb der WKStA von einer Staatsanwältin mit dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft auf direktem Wege besprochen werden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Meiner Wahrnehmung nach ist das unüblich. Es besteht ja die Möglichkeit, wenn man Änderungs- oder Verbesserungsvorschläge in der Geschäftsverteilung hat – um das geht es hier –, kann man das ja mit der Behördenleitung besprechen. Dass dieser interne Vorgang auch an den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft weitergeleitet wird, würde ich als unüblich empfinden.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sehr spannend, danke.

Machen wir weiter auf Seite 9, auch da ist wieder eine Stelle markiert. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Da schreibt Staatsanwältin Poppenwimmer, ob in den nächsten Tagen Zeit für ein Telefonat zu Eurofighter und WKStA bei Herrn Fuchs besteht, und dann weiter, ob er ein Eurofighter-Update haben will. Ist das üblich, dass Updates an den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft auf diesem Wege weitergegeben werden, in einem Verhandlungsstrang, wo er quasi nicht zuständig ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe diese Frage auch schon in einem vorigen Statement umrissen. Also der Dienstweg ist ein anderer. Der Berichtsweg ist ja der, dass man als Staatsanwalt über die Leiterin, also die Leiterin der WKStA, an die Oberbehörden berichtet, und das geht immer über den Tisch der Chefin oder über eine in ihrem Auftrag tätige Person. Dass man hier diesen Dienstweg umgeht, würde ich auch als ungewöhnlich empfinden.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ist es generell üblich, dass einzelne Ermittlungsschritte auf diese Art und Weise besprochen werden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Es gibt ja keine Grundlage dafür, für eine derartige Kommunikation. Wenn man etwas zu besprechen hat, dann macht man eine Dienstbesprechung, dazu gibt es ein Protokoll. Diese Kommunikation ist im StAG so nicht vorgesehen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut, dann gehen wir auf Seite 12. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Da ist wieder von Frau Poppenwimmer von politischer Motivation in der WKStA zu lesen. Ist das ein Wording, das Ihnen auch aus anderer Quelle bekannt ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich kann diesen Inhalt dieser Nachricht schwer kommentieren. Ich weiß nicht, was sie konkret damit gemeint hat. Es wäre natürlich auch hier - - Vielleicht kann man das aus dem Gesamtkontext der Nachrichten erschließen, auf was sie hier anspielt oder ob dann später eine Erklärung dieser Frage erfolgt ist, aber mit dieser Einzelnachricht - -, die kann ich so nicht bewerten oder beurteilen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Mhm. „Offenbar hatten es sich einige wieder zum Ziel gesetzt, CP“ – Christian Pilnacek, ist anzunehmen – „zu provozieren [...] Bei nächster Gelegenheit kann ich dir noch ein paar interessante Dinge zu Leaks und politischen Motiven in der WKStA erzählen... Da tun sich Abgründe auf!“

Sehr spannend aus meiner Sicht, vor allem deshalb, weil sich dieses Wording mit den „politischen Motiven in der WKStA“ allein heute noch einmal wiederholt hat, auch vonseiten der ÖVP-Abgeordneten. Also es ist sehr spannend, wie sich hier manche Chats dann später auch in medialer Berichterstattung wiederfinden; aber gehen wir weiter zur nächsten Seite.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete, können Sie uns sagen, wo die Stelle ist, die Sie zitiert haben?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Seite 12. (Auskunftsperson Weratschnig: Chat 155!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ach so, das ist wieder die andere Seite, die Seitenzahlen sind unten angeschrieben. Ja, danke.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann gehen wir weiter zu Seite 17. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Da heißt es: „anbei die E-Mail des DSA zur Info“. Diese wurde hier wieder weitergeschickt. Können Sie sich erinnern, worum es damals in dieser E-Mail ging?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Welcher Chat ist das? Können Sie die Nummer sagen?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): 241 oder 242, glaube ich.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich denke, das war auch dieses Foto, das mir auch Abgeordnete Krisper vorgelegt hat. Das bezieht sich, glaube ich, auf das Schreiben, das ich als Dienststellenausschussvorsitzender an die Frau Bundesministerin gerichtet habe, glaube ich, nämlich am 19.5.2020. Ich müsste in meinen internen Dokumenten nachschauen, ob das zeitlich zusammenpasst, aber ich gehe einmal davon aus, dass es sich um dieses Schreiben handelt.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wiederum sehr spannend, ja.

Dann gehen wir weiter zur Seite 18. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Da lesen wir: „Es geht zumindest in kleinen Schritten Richtung Normalisierung der Belegschaft“, schreibt Frau Poppenwimmer. Was ist Ihre Wahrnehmung dazu auch als Belegschaftsvertreter?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Welcher Chat ist das bitte? Wenn Sie so lieb sind und das dazusagen, dann finden wir es schneller.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): 264; ich sage es jetzt dazu.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Da ich diese Chats heute das erste Mal sehe und sie auch nicht in der Gesamtheit kenne, tue ich mir etwas schwer, das entsprechend einzuordnen. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, auf was sich das bezieht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Der nächste Chat, 265: „Der Putsch war leider erfolgreich...“. – Was haben Sie dazu für eine Wahrnehmung, zum Vorwurf des Putsches? (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auch dazu kann ich nicht wirklich etwas Erhellendes beitragen. Was sie damit gemeint hat, kann wahrscheinlich nur Poppenwimmer selbst darlegen. Ich kann das nicht zuordnen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich würde es auch in Zusammenhang sehen mit dem Wording des Herrn Pilnacek, der ja in Zusammenhang mit der Hausdurchsuchung beim ehemaligen Minister Blümel von Putsch gesprochen hat; aus unserer Sicht ganz spannend.

Dann würde ich noch einen weiteren Chat ansprechen, auf Seite 19, und zwar Nummer 286.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Entschuldigung, welche Nummer?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): 286 – und vielleicht auch gleich 291. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Da spricht Frau Poppenwimmer davon, dass sie sich schon auf die kommende Zuteilung freut. Ist das dann tatsächlich erfolgt, also ist dann eine andere Zuteilung vorgenommen worden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, Kollegin Poppenwimmer wurde zur Generalprokuratur dienstzugeteilt. Ich kann Ihnen jetzt den genauen Zeitraum, von wann bis wann die Zuteilung gedauert hat, nicht aus dem Gedächtnis sagen, aber es hat definitiv eine Zuteilung gegeben, ja.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sehr spannend, dass das dann erfolgt ist, nachdem hier darüber gechattet wurde.

Und zur letzten Frage noch an Sie, Nummer 327 auf der Seite 21, bitte. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Ist es üblich, dass ganze Aktenteile auf diesem Weg an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt werden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auch dafür gibt es an und für sich andere Regelungen. Ich bin natürlich jetzt nicht - - Ich weiß jetzt nicht, auf welches Verfahren – ich nehme an Eurofighter – sich das bezieht. Es ist an und für sich schon üblich oder zulässig, und das wird auch gemacht, dass die Oberstaatsanwaltschaft eine Aktenkopie bekommt, aber das in der Regel mit elektronischer Kopie und im Wege eines Berichtes, sei es ein Informationsbericht oder ein Vorhabensbericht. Dass Akten abfotografiert werden – undokumentiert –, ist mir aber nicht geläufig und würde ich als unüblich bezeichnen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie sind genau auf null – Punktlandung.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann: danke schön.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Hohe Präzision.

Abgeordneter Hafenecker. (Zwischenbemerkung von Auskunftsperson Weratschnig.) – Pause? Ja, gerne.

Ich unterbreche für 5 bis 7 Minuten.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 12.01 Uhr bis 12.12 Uhr.)

*****

12.12

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.

Herr Dr. Weratschnig, wenn Sie bereit sind, dann setzen wir fort. – Die nächsten Fragen stellt Herr Abgeordneter Hafenecker.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Oberstaatsanwalt, ich habe Ihrem Eingangsstatement natürlich aufmerksam zugehört. Sie haben gesagt, es haben sich einige Dinge in der WKStA verändert, und zwar haben Sie konkret auf die Berichtspflicht Bezug genommen. Da wollte ich fragen: Inwieweit hat Sie das vorher beeinträchtigt und was hat sich jetzt verbessert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also zum Teil habe ich das auch schon erwähnt. Geändert hat sich diese Dreitagesberichtspflicht, also dass man drei Tage vor einer beabsichtigten Zwangsmaßnahme berichten musste. Das ist weggefallen, entfallen. Weiters habe ich einen – würde ich einmal sagen – Kulturwandel wahrgenommen. Wir mussten früher sehr viel zu Medienberichten et cetera oder auch zu Dienstaufsichtsverfahren, die von Amtswegen initiiert wurden, berichten. Diese Sachen sind de facto weggefallen. Insoweit haben wir weniger zu berichten, was die Arbeitsbelastung insgesamt etwas reduziert. Wir berichten im Wesentlichen in dem Umfang, den das Gesetz beziehungsweise die Erlasslage hergibt, also entsprechende Informations- oder Vorhabensberichte, aber keine zusätzlichen Berichte. Insoweit hat sich hier ein gewisser Wandel eingestellt.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie haben auch noch von der Problematik mit der Weisungsspitze gesprochen. Was konkret war da die Problematik, also was ist jetzt verbessert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also verbessert - - Derzeit ist ja das System noch nicht geändert. Es ist eine Arbeitsgruppe im Justizministerium eingerichtet, die sich damit befasst, eine Lösung zu finden, dass die Weisungsspitze nicht mehr in letzter Konsequenz oder in letzter Verantwortung der Minister oder die Ministerin innehat, sondern eben eine unabhängige Person oder Institution – wie immer das dann konkret ausgestaltet ist. Derzeit haben wir natürlich noch das System wie bisher, aber die Ermittlungen haben ja hier eine jahrzehntelange Diskussion oder vielleicht auch Abwehrhaltung aufgelockert. Insoweit wurde hier die Initiative ergriffen, und offensichtlich ist auch hier der politische Wille vorhanden, eine Änderung herbeizuführen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie haben ja vorhin über die Rechtsschutzbeauftragte Aicher gesprochen. Meine Frage: Wissen Sie, ob gegen sie Ermittlungen laufen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe dazu keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Was die Personalstruktur der WKStA betrifft, wissen wir, dass die stellvertretende Leiterin der WKStA, Frau Bundesminister Edtstadler, karenziert ist. Wie schaut denn das bei Frau Poppenwimmer aus? Ist die auch karenziert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Die ist auch karenziert, für die Dauer von einem Jahr, beginnend, glaube ich, mit Dezember, Mitte Dezember bis eben Dezember dieses Jahres.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wie muss man sich das vorstellen? Gibt es für die Karenzierten Ersatz oder versitzen die quasi einen Platz, um es jetzt flapsig auszudrücken?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich kann Ihnen die Frage jetzt nicht zu 100 Prozent genau beantworten. Ich denke, grundsätzlich ist es so, dass man natürlich für so eine lange Abwesenheit eine Ersatzplanstelle bekommt. Wir haben durch die Dienstzuteilungen derzeit zusätzliches Personal bekommen, weshalb ich glaube, dass Kollegin Poppenwimmer jetzt nicht durch eine Ersatzplanstelle ersetzt wurde.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Das heißt, die fehlt offenbar.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, aber wir haben ja auch Dienstzuteilungen bekommen, die das dann wieder kompensiert haben. Ich muss aber auch eingestehen, dass ich das jetzt im Detail nicht weiß, weil ich die Anzahl der Planstellen und Abgänge und Zugänge nicht genau im Kopf habe. Ich vermute, dass hier durch Dienstzuteilungen – beispielsweise von Kollegin Jilek – natürlich eine entsprechende Kompensation eingetreten ist.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke schön.

Ich möchte jetzt zu einem anderen Themenkomplex kommen, und zwar beschwört die ÖVP ja immer wieder mantraartig, bei Aufklärung und Transparenz dabei sein zu wollen – wesentliche ÖVP-Vertreter haben das auch gesagt. Zum Beispiel sagte Sebastian Kurz, dass er selbstverständlich die Chance nützen wird, die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben worden sind, zu entkräften und zu widerlegen. Ich möchte das Beispiel von Kollege Hanger bringen, der auch immer wieder sagt, dass die ÖVP für volle Transparenz und Aufklärung steht.

Frau Sachslehner hat das noch ein bisschen getoppt: Sie hat gesagt: „Aus den Beinschab-Aussagen geht eindeutig hervor, dass Sebastian Kurz stets zu Recht alle Vorwürfe zurückgewiesen hat. Die @volkspartei hat sich zu jeder Zeit an der Aufklärung aller Vorwürfe beteiligt“ – und so weiter und so fort. Es gibt jetzt sogar noch einen Twitter-Account, bei dem es darum geht, dass man für Transparenz und Aufklärung steht. Ich habe das zuerst für ein Satireprojekt gehalten, aber anscheinend ist es wirklich vom ÖVP-Klub.

Jetzt zu meiner Frage: Gibt es oder gab es Anfragen und Ersuchen zur Einvernahme an Sebastian Kurz in der Causa Beinschab, also haben Sie mit ihm diesbezüglich Kontakt aufgenommen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich bin nicht der Sachbearbeiter, sondern der Gruppenleiter, daher kann ich hier vielleicht eine Unschärfe erzeugen. Meiner Erinnerung nach wurde versucht, auch zum Faktum Beinschab einen Einvernahmetermin zu bekommen. Wir haben das, glaube ich, auch bei Gericht beantragt, § 101 Abs. 2 StPO, und dieser Termin kam nicht zustande.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Kurz hat ja gesagt, er möchte dazu beitragen. Wissen Sie, warum dieser Termin nicht zustande kam? Hat er keine Zeit gehabt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Soweit ich das in Erinnerung habe, war die Kommunikation über den Verteidiger, der gesagt hat, dass man zuerst die Beweisergebnisse abwarte und dann Stellung nehmen möchte.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Der Verteidiger ist Herr Suppan, oder?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wissen Sie, ob er ansonsten kooperativ ist und irgendwie den Eindruck macht, als ob er sich da schon an der Aufklärung beteiligen wollen würde? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich tue mir schwer, hier eine Bewertung abzugeben. Es ist die Verantwortung des Verteidigers, wie er die Verteidigungsstrategie anlegt, und nicht meine Aufgabe hier, das entsprechend zu bewerten.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ja, das verstehe ich schon. Ich möchte nur herausarbeiten, ob es tatsächlich auch der Wahrheit entspricht, was die ÖVP medial trommelt: dass sie bereit wäre, da überall mitzuarbeiten, bei Transparenz und Aufklärung. Nur wenn man dann sieht, dass solche Termine dann wiederum nicht zustande kommen, ergibt sich daraus vielleicht ein anderes Bild, und das wollte ich ein bisschen herausarbeiten.

Gibt es noch andere Anfragen und Ersuchen an Herrn Kurz bei laufenden Ermittlungen? Sind Sie darüber informiert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Entschuldigung, können Sie die Frage kurz wiederholen?

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gibt es noch andere Anfragen oder Ersuchen an Herrn Kurz, im Zusammenhang mit Ermittlungen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ist mir jetzt nicht bekannt.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wissen Sie, ob es im Zusammenhang mit den Ermittlungen Kontaktaufnahmen der WKStA mit anderen Vertretern der ÖVP gibt, und wenn ja, wie würden Sie da die Kooperation bezeichnen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Können Sie die Frage ein bisschen präzisieren, was Sie damit meinen – mit „Vertretern der ÖVP“ und „Kooperation“?

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ja. Wenn es zum Beispiel um die Causa Beinschab geht, könnte ich mir vorstellen, dass auch andere ÖVP-Funktionäre gebeten worden sind, Auskunft zu geben, oder wie auch immer; und ich wollte einfach nur wissen, ob es da Kontaktaufnahmen gegeben hat, und wenn es die gegeben hat, ob eine Kooperationswilligkeit erkennbar ist oder nicht.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also es hat - - Gleich zu Beginn nach den Hausdurchsuchungen im Oktober haben wir, haben die Sachbearbeiter zu den Verteidigern – zu sämtlichen Beschuldigten und Verteidigern – Kontakt aufgenommen, ob Aussagebereitschaft besteht. Die Aussagebereitschaft wurde damals verneint, und man hat darauf gewartet, dass mehr Beweise vorliegen, um dann abschließend Stellung zu nehmen. Es hat vor - - Im Dezember war ein Termin mit MMag. Schmid geplant. Der wurde kurzfristig wegen einer Erkrankung abgesagt, wurde aber, wie Sie es vielleicht auch medial mitbekommen haben, diese Woche nachgeholt.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Mit wem genau von der ÖVP wurde in diesem Zusammenhang Kontakt aufgenommen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Mit den Beschuldigten. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Ich weiß ja nicht, ob alle Beschuldigten auch Mitglied der Volkspartei sind, darum habe ich das gesagt: mit „sämtlichen Beschuldigten“, zu diesem Faktum.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie haben Thomas Schmid ja bereits erwähnt, und wir haben halt im Untersuchungsausschuss nur feststellen müssen, dass er nicht zu seiner Befragung kommen wollte beziehungsweise keine Zeit gehabt hat und abgesagt hat. Mittlerweile hat es ja die Aussage bei der WKStA gegeben. Ich hoffe, dass er demnächst auch vor dem Untersuchungsausschuss erscheint. In diesem Zusammenhang die Frage an Sie: Gibt es Wahrnehmungen dazu, ob Thomas Schmid bei der Aufklärung eine Rolle eingenommen hat, dass er wirklich mitmachen wollte, oder war er da eher reserviert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich bitte um Nachsicht oder um Verständnis, dass ich zu einzelnen Ermittlungsschritten keine Auskunft erteilen möchte.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gut, muss ich zur Kenntnis nehmen. Gibt es in dem Zusammenhang Wahrnehmungen von Ihrer Seite, was die Kooperationswilligkeit von Frau Karmasin betrifft?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auch hier knüpfe ich an die Beantwortung der letzten Frage an. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gut, danke.

Ich hätte jetzt einen größeren Komplex, das geht sich aber nicht mehr aus. Ich nehme die Zeit mit in die nächste Runde.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Dann kommt der nächste Fragesteller dran. Das ist Abgeordneter Stögmüller. – Bitte sehr.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Herr Oberstaatsanwalt, ich komme zum Verfahren AZ – also Aktenzahl – 10 St 3/21m. Das ist ein Verfahren gegen Gernot Blümel wegen § 302 Abs. 1 StGB, also die Exekution betreffend die Nichtlieferung der Akten nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes am 3. März. Da sind Sie fallführender Staatsanwalt, da gibt es einen Amts- - also einen Verschlussakt, und da wird auch ein Beitragstäter genannt, nämlich Wolfgang Peschorn von der Finanzprokuratur. Da kam uns jetzt eine Verschlusssache zu, eine Dienstaufsichtsbeschwerde der Finanzprokuratur. Können Sie kurz erläutern, worum es da konkret geht? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Wir können das auch gerne vorlegen, damit alle mitsehen können. Das ist in Dokument 3451. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Mich würde einmal interessieren: Was war eigentlich der Gegenstand der Dienstaufsichtsbeschwerde der Finanzprokuratur?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, also Gegenstand ist die Aktenlieferung oder die verspätete Lieferung der Akten an den Ibiza-U-Ausschuss durch Finanzminister Mag. Blümel; das ist der Gegenstand dieses Verfahrens. Da ist derzeit ein Vorhabensbericht - - oder mehrere Vorhabensberichte sind da noch offen, weshalb hier dieser Inhalt in Konsultation ist.

Konkret zu dieser Aufsichtsbeschwerde hat die Finanzprokuratur – oder war es Herr Dr. Peschorn als Person, das weiß ich jetzt nicht mehr – erhoben und hat hier diverse Verfahrensmängel releviert. Das war der Inhalt dieser Aufsichtsbeschwerde.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Welche Verfahrensmängel hat er konkret bemängelt? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich weiß das jetzt nicht mehr ganz genau. Ich glaube, er hat bemängelt, dass ich die subjektive Tatseite falsch eingeschätzt hätte und dass ich - -, ich glaube, die Eröff- - Ich weiß es - - Ich kann es jetzt nicht mehr genau sagen. Ich habe dazu Stellung genommen, ich weiß aber nicht, was das Ergebnis dieses Verfahrens ist.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Na, wir haben Ihre Stellungnahme ja eh auch. Ich lege es auch vor. Das ist Dokument 3946, das ist Ihre Stellungnahme. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Aufgrund welcher Begründung der WKStA wird auch Herr Dr. Peschorn als Beitragstäter geführt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Die Begründung ist die, dass er hier auch entsprechend beteiligt war, die Lieferung nicht entsprechend zeitnah zu machen. Er ist ja - - Wie es ja auch Ihnen bekannt sein dürfte, hat er ja im Namen oder im Auftrag des damaligen Finanzministers versucht, mit dem Ausschuss Kontakt aufzunehmen und ein Prozedere zu entwickeln, wie Daten aussortiert oder selektiert werden sollten, damit nicht alles geliefert werden sollte; und das ist die Beitragshandlung.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie viel später war dann diese Dienstaufsichtsbeschwerde an Frau Sektionschefin Göth-Flemmich? Vielleicht können Sie das kurz erläutern, die Journalisten und die Menschen wissen ja nicht wirklich, worum es da geht.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, das ist relativ zeitnah gekommen, ich kann es jetzt zeitlich auch nicht einordnen. Ich habe dieses Auskunftsersuchen an das Bundesministerium für Finanzen gerichtet (in den Unterlagen blätternd), und das ist datiert mit (in die Unterlagen blickend) August – Anfang August – 2021; und wie ich hier in den Unterlagen sehe, wurde ich mit Erlass vom 20. September aufgefordert, Stellung zu nehmen, also circa, würde ich sagen: ein gutes Monat oder ein bisschen mehr.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sie führen in dieser Stellungnahme auch an, dass Sie sogar von Amts wegen dazu verpflichtet sind, Erkundigungen einzuholen, um einen Anfangsverdacht zu prüfen. Wäre es dem entgegenstehend sozusagen eine Pflichtverletzung, wenn Sie es nicht tun würden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich würde es so sehen. Es gibt hier – das muss man auch einräumen – sicher ein sehr breites Ermessen, und das ist vielleicht auch von der Arbeitsweise geprägt, aber ich würde das durchaus so sehen, dass man verpflichtet ist, alles Erdenkliche zu tun, soweit das im Rahmen des Zulässigen ist, um einen Sachverhalt abschließend beurteilen zu können.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie ist dann weiter mit dieser Beschwerde der Finanzprokuratur verfahren worden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich habe (in den Unterlagen blätternd) meine Stellungnahme, die Sie mir vorgelegt haben, eben abgegeben und ich habe seither nichts mehr davon gehört. Ich weiß nicht, ob das abgeschlossen oder noch offen ist; das weiß ich nicht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Bei unseren Recherchen haben wir im Tagebuch die Information gefunden, dass am 24.12.2021 ein Bericht an die OStA ergangen ist. Sind da seither auch weitere Ermittlungsschritte gesetzt worden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wo? In meinem Akt jetzt, oder was meinen Sie?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Im Tagebuch. Wir können das auch vorlegen, Dokument 3297, Seite 8. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nur zur Klarstellung, Herr Abgeordneter: Bezieht sich Ihre Frage auf die Sachbearbeitung in meinem Akt oder in der Dienstaufsichtsbeschwerde im Verfahren? Das sind zwei getrennte Verfahren.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Natürlich auf das Verfahren selber, Entschuldigung. (Auskunftsperson Weratschnig: Ah, okay!) Die Dienstaufsichtsbeschwerde liegt ja woanders; ich meine jetzt bei Ihnen, bei dem Verfahren selber, wo auch sozusagen gegen Blümel und Peschorn - -

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe Ihnen das auch schon gesagt: Es gibt, glaube ich, insgesamt drei Vorhabensberichte, die sind nach wie vor offen, und ich habe keine weiteren Schritte gesetzt. Ich warte das Ergebnis ab.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Dann möchte ich noch einen anderen Themenkomplex aufgreifen. Da geht es um das Verfahren GZ – Geschäftszahl – 43 St 2/21g. Da sind Sie ja der zuständige Gruppenleiter – ist das korrekt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Gegen wen richtet sich dieses Verfahren?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das Verfahren ist das Verfahren gegen die Raiffeisenbank, also die - -, was jetzt in der Strabag ist. Thema ist die Raiffeisen Evolution GmbH – zu diesem Zeitpunkt. Jetzt ist das Strabag Real Estate – glaube ich, heißt das jetzt, ist umbenannt worden –, wo der Geschäftsführer beziehungsweise auch eine Abgeordnete als TäterIn geführt werden.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Darf ich kurz einhaken: Mein Letztstand ist der, dass dieser Akt nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses ist und nicht vorgelegt wurde. Ist das so?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ist kein Problem, ich kann es natürlich begründen – außerhalb der Fragezeit, zur Geschäftsordnung.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Können Sie das Dokument vorlegen?

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Nein, es gibt keine Dokumente dazu, es gibt nur das Auslieferungsbegehren; dennoch, es muss ja kein Akt sein, es gibt ja Medienberichte dazu. Was wir aber sehr wohl haben, ist, dass es im Untersuchungszeitraum ist. Frau Steinacker – das ist die Abgeordnete – war bis zum 31.12.2017 in der Strabag Real Estate angestellt, also in der Nachfolge der Raiffeisenbank – das heißt also einmal, es ist im Untersuchungszeitraum.

Zum Untersuchungsgegenstand: Die Raiffeisenbank ist natürlich auch im Verfahren involviert, sie ist ein Großsp- -, also ein Spender und auch Sachspender der ÖVP. Das haben wir vorliegen, wenn Sie das wollen, dass von der Raiffeisenbank auch im Untersuchungszeitraum mehrere Spenden getätigt worden sind. Daher muss es natürlich auch im Untersuchungsgegenstand sein, da es da ein Naheverhältnis zwischen Politik und Partei gibt.

Und zum Verfahren, wenn ich das erläutern darf: Es gibt Frau Steinacker als Generalbevollmächtigte dieser Raiffeisen Real Estate, die – so hat die WKStA im Auslieferungsverfahren geschrieben – von der Raika/Strabag ihre eigene persönliche Sekretärin bekommen hat, Büroräumlichkeiten und Dienstfahrzeuge. Die Firma hat die anfallenden Kosten auch im Rechnungswesen versteckt. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) In diesem Zeitraum hat Frau Steinacker beinahe ausschließlich für die Österreichische Volkspartei gearbeitet – das ist sozusagen der Tatvorwurf –, und dementsprechend besteht da natürlich ein Verhältnis zwischen - - auch in Vorbereitungshandlung zu Ballhausplatz und so weiter. Da gibt es also mehrere Standpunkte, dass das natürlich auch im Zusammenhang stehen kann. Wir reden da von 2017, Herr Präsident. (Abg. Stocker hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung, Abgeordneter Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde um eine Einschätzung des Verfahrensrichters ersuchen, weil nach diesen vielen Vermutungen meines Erachtens der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand keineswegs hergestellt ist. Raiffeisen Real Estate war meines Wissens kein Spender; wenn, dann bitte ich, das vorzulegen. Ich kann hier keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand erkennen. Dieses Verfahren hat mit dem, was wir hier besprechen, eigentlich nichts zu tun, und ich würde um eine Einschätzung des Verfahrensrichters ersuchen. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich kann derzeit auch noch keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand erkennen. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.) Raiffeisen Real Estate ist auch für mich neu im Verfahren. Es gibt betreffend Raiffeisen Real Estate meines Erachtens auch keine Unterlagen, die mir zur Kenntnis gebracht worden sind. Der Untersuchungszeitraum beginnt am 18. Dezember 2017, also auch das ist schon ein Grenzfall, der Untersuchungszeitraum stört mich aber weniger, es könnte ja eine Vorbereitungshandlung sein. Aber das ganze Projekt kenne ich nicht, Herr Abgeordneter Stögmüller.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Unter welchem der Beweisthemen subsumieren Sie das? Einflussnahme auf die Ermittlungen oder Bestellungen, oder was ist es? – Bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Es geht einerseits darum: Wir haben die Raiffeisenbank, die mehrmals gespendet hat. Die Raiffeisen Real Estate ist eine 100-Prozent-Tochter, das heißt, da gibt es sehr wohl Einflussnahme auf die Politik von Spendern. Die Raiffeisenbank hat gespendet, das können wir auch vorlegen - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Raiffeisenbank, aber nicht die Real Estate.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Na ja, das ist eine 100-Prozent-Tochter, es muss ja nicht unbedingt die Raiffeisenbank selber, sondern es kann ja eine Tochter gespendet haben. Das muss ja nicht unbedingt damit zusammenhängen. Und es gibt da ja ein Naheverhältnis, auch die Strabag ist nach wie vor ein - - Auch die Raiffeisenbank ist ja nach wie vor ein Teil der Strabag; und dort - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Raiffeisenbank ist Teil der Strabag? Ich glaube, das - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Nein, umgekehrt, habe ich gesagt.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ach so.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Also die Raiffeisenbank ist mit einem Prozentsatz an der Strabag beteiligt; und dementsprechend ist natürlich ein Naheverhältnis da. Es gibt – die Raiffeisenbank zahlt eine Abgeordnete, wo die WKStA feststellt, dass sie Büroräumlichkeiten bekommt, Dienstfahrzeuge kriegt, dass sie in der Zwischenzeit für die ÖVP arbeitet – natürlich auch einen Zusammenhang im Vorfeld von 2017. Wir reden von einem Zeitpunkt, wo Sebastian Kurz die Machtübernahme in der ÖVP vorbereitet hat. Das ist Teil des Untersuchungsgegenstands, das ist ganz klar der Untersuchungsgegenstand, und von diesem Zeitraum reden wir: von einer Abgeordneten, die von der Raiffeisenbank sozusagen gefördert worden ist. (Abg. Hanger hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter, was meinen Sie? Beeinflussung von Vergabe- und Förderverfahren? Einflussnahme auf Beteiligungen, Ermittlungen und Aufklärungsarbeit, die Beeinflussung oder die Begünstigung bei welcher Personalauswahl? – Sie müssen schon sehr konkret sein. Wo ist der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Natürlich, aber es ist eine Beeinflussung.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Welche?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Es gibt ein Interesse der Raiffeisenbank. Dieses Interesse der Raiffeisenbank, dass eine Abgeordnete, die bezahlt worden ist, jahrelang im Nationalrat einen Platz bekommt, haben wir ja schon in anderen Fraktionen gesehen, und das wurde schon untersucht, und das ist auch hier ein bestätigter, begründeter Fall. (Abg. Stocker hebt die Hand.) Es ist unter anderem auch die Vermutung, dass die Raiffeisenbank – im Gesamten, mit ihren Töchtern – natürlich Geld bezahlt hat, dass das hier für die ÖVP eine Abgeordnete geworden - -

Das steht ja im Raum, diese Frage, die ist ja noch nicht geklärt. Also sprich: Ein Unternehmen hat Interesse, dass eine Person Abgeordnete wird. Das ist zu untersuchen. Es geht ja auch um - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Es geht ja um den Vollzug des Bundes, bitte! Stellen Sie das ein bisschen her! Also - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, gerne. Es gibt im Untersuchungsgegenstand Beeinflussung von Vergaben und Förderwesen den Punkt – wenn Sie es aufmachen –: „mögliche Kick-Back-Zahlungen zu wirtschaftlichen Gunsten der ÖVP oder mit ihr verbundenen natürlichen oder juristischen Personen, insbesondere in Hinblick auf die indirekte Finanzierung von Wahlkampfaktivitäten“.

Wir können nicht ausschließen, dass Frau Steinacker, die ja zu diesem Zeitpunkt für den Nationalrat kandidiert hat, bei Wahlkampfaktivitäten zugunsten - - dort war, mit dem Dienstauto der Raiffeisen Real Estate dort hingefahren ist und so weiter und so fort. Also das liegt ja ganz klar auf der Hand, dass das eine mögliche Kick-back-Zahlung sein könnte! Das ist ja das, was die WKStA untersucht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stocker, bitte, zur Geschäftsbehandlung.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, soweit ich diesen Ausführungen überhaupt folgen kann im Sinne von den Sprüngen, die hier gedanklich vorgenommen werden, ist mir nicht erkennbar, dass das in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit der Vollziehung des Bundes steht. Allenfalls sind das privatwirtschaftliche Vorgänge, und im Übrigen sind diese Akten auch nicht dem Untersuchungsausschuss vorgelegt.

Also dieses Verfahren jetzt mit Gewalt und unter fast Vergewaltigung der Geschäftsordnung hier hereinzuziehen halte ich für nicht statthaft. Ich glaube nicht, dass das zulässig ist, aber der Herr Verfahrensrichter wird ja dazu seine Einschätzung haben. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Also mir scheint es auch zu wenig zu sein. Mich wundert nur, dass das jetzt erst kommt, nachdem wir doch ein Ibizaverfahren abgeführt haben und alle möglichen Geschenke hier einer Beurteilung zugezogen haben. Dort ist Raiffeisen Real Estate nie ein Thema gewesen, es war Abgeordnete Steinacker kein Thema.

Ich kann vor allem prima vista nicht erkennen, dass es hier um einen Vollzug des Bundes geht. Es geht bei unserem Untersuchungsgegenstand ja immer darum, dass Organe des Bundes Vorteile gewähren letztlich, und wenn die Raiffeisen Real Estate GmbH oder AG – oder was immer es sein mag – hier der Frau Steinacker ein Auto zur Verfügung stellt (Abg. Stögmüller: Zur Geschäftsordnung!): Ja, es könnte schon so sein, Herr Abgeordneter – ich möchte das nicht abdrehen, selbst wenn es sehr spät kommt –, aber ich kann den Bezug nicht erkennen.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Frage, bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Nein, zur Geschäftsordnung!

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann müssen wir eine Stehung machen, wenn es - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ja, machen wir eine Stehung.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 12.42 Uhr bis 12.49 Uhr.)

*****

12.49

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Sitzung wieder aufnehmen. Kommen Sie zur nächsten Frage oder legen Sie ein bisschen etwas vor, wenn es Ihnen möglich ist, damit Sie den Zusammenhang zum Untersuchungsgegenstand erläutern können. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wir werden in der nächsten Runde versuchen, den auch herzustellen, durch das, dass die - - vielleicht Naheverhältnis zwischen Real Estate und dem Bund gibt.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sehr gut.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gehen wir zu einem anderen Themenkomplex, wo Sie sehr wohl vor Ort waren, nämlich zu der Hausdurchsuchung von Helmuth Fellner am Wohnsitz der Ehegattin. Am 6.10.2021 fand diese Hausdurchsuchung statt. Können Sie uns schildern, wie die abgelaufen ist?

Ah, Entschuldigung, Wolfgang, nicht Helmuth! Entschuldigung, Wolfgang! Pardon, ich habe mich verlesen, Entschuldigung!

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich den Herrn Verfahrensrichter fragen, was das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun hat?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das ist Causa Beinschab. Ich weiß jetzt nicht, wo - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ach so! (Abg. Stögmüller: Ja!)

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, Causa Beinschab hat mit dem Untersuchungsgegenstand grundsätzlich zu tun. (Abg. Stögmüller: Danke!)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ich war damals bei der Hausdurchsuchung am Wohnort von Wolfgang Fellner anwesend, gemeinsam mit zwei anderen, mit einer Oberstaatsanwältin und einem Oberstaatsanwalt, und noch IT-Experten und Kriminalbeamten, und wir haben die Wohnadresse relativ rasch erledigen können und sind dann zu „Österreich“ gefahren und haben dort die weiteren Sicherstellungen gemacht.

Der Aktenvermerk ist sehr detailliert, und ich glaube, da kann man den Abgang oder den Ablauf dieser Amtshandlung ganz gut rekonstruieren und nachvollziehen. Und es wurde jederzeit auf das Redaktionsgeheimnis besonderen Wert gelegt und es wurden sämtliche sichergestellten Daten und Mobilgeräte versiegelt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Eine Passage – also wir legen das vor; das ist das Dokument 136133, Seite 1 (der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt) – kam auch vor in dieser Hausdurchsuchung, in diesem Aktenvermerk, nämlich dass Fellner gesagt hat – vereinfacht – gesagt hat: „,Beinschab‘, die ‚[…][4] Beinschab‘ und sie eh ,sauteuer‘ sei“.

Haben Sie dazu Wahrnehmungen? War das so, diese Aussage? Oder gab es noch mehr Aussagen, wenn es Ihnen noch erinnerlich ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich war, wie diese Aussage gefallen ist, zugegen. Die ist so gefallen. Der Aktenvermerk ist zwar nicht von mir selbst erstellt, aber das stimmt so und ist so gefallen. Weitere Aussagen habe ich in diesem Zusammenhang nicht wahrgenommen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sie haben ja zuerst gesagt, dass immer wieder auf das Redaktionsgeheimnis berufen worden ist oder dass immer wieder auf das Redaktionsgeheimnis berufen wurde. Konnte das Mobiltelefon von Wolfgang Fellner auch problemlos sichergestellt werden? Gab es da Probleme?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Meiner Erinnerung nach gab es da keine Schwierigkeiten, nein.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Im Aktenvermerk war ebenfalls erwähnt, dass sich einige Seiten der Anordnung gelöst haben. Können Sie kurz erläutern, um was es da konkret ging oder wie das abgelaufen ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Meiner Erinnerung nach war es so, dass - - Die Anordnung umfasste circa 110, 120 Seiten bei Herrn Fellner und wurde von der Polizei an Herrn Wolfgang Fellner ausgehändigt. Offensichtlich haben sich die letzten Seiten der Klammer gelöst, sodass er erst später beim Lesen draufgekommen ist, dass das nicht alles ist. Und das wurde ihm dann - - Die Seiten hat er im Zuge der Amtshandlung durchgelesen, und nach einer Zeit ist er draufgekommen, dass da etwas fehlt, und diese Seiten wurden ihm dann später nachgereicht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Herr Zekert hat auch eine Rolle eingenommen. Können Sie uns kurz erklären, welche Rolle er in dem Verfahren einnimmt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Entschuldigung, wer?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Zekert, der Geschäftsführer, Budget, Druck und Vertrieb, auf der Homepage war das.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ich habe dazu keine Wahrnehmung, dass er im Verfahren aktuell eine Rolle spielt, also ist mir nicht geläufig, nein.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Er, der Geschäftsführer, war ja bei der Hausdurchsuchung in der Firma, glaube ich, vor Ort. Also er wurde auch nicht einvernommen? Irgendeine Zeugeneinvernahme oder sonst etwas gab es nicht für Herrn Zekert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also meiner Erinnerung nach wurde er nicht einvernommen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Laut der Sicherstellung – laut dem Dokument – durch das BAK stellte sich heraus, dass keine Unterlagen für das Jahr 2017 im Archiv in der Zentrale auffindbar waren. Ist das nicht ein bisschen seltsam, dass gerade die Unterlagen aus dem Jahr 2017 bei „Österreich“ gefehlt haben? (Auskunftsperson Weratschnig: Also da - -!) Gibt es da schon irgendwelche Ermittlungsfortschritte oder irgendwelche Wahrnehmungen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also meiner - - Also wie gesagt, ich bin nicht der Sachbearbeiter und daher auch in der Materie nicht so tief drinnen. Welche Schlüsse aus bestimmten Vorgängen zu ziehen sind, wird am Ende, wenn die Ermittlungen abgeschlossen sind, gemacht werden. Derzeit sind die Ermittlungen noch im Laufen.

Es wird hier natürlich noch auf ein sehr umfangreiches Entsiegelungsverfahren hinauslaufen, weil ja die Daten, die dem Redaktionsgeheimnis unterliegen, dann bei Gericht gesichtet werden müssen und dann eben zugelassen werden. Und dieser Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Oberstaatsanwalt Mag. Purkart erwähnt in seinem Aktenvermerk, dass die Betroffenen auch immer gesprochen haben von filtern – die Akten sollen gefiltert werden. Ist das üblich?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also rein technisch ist es natürlich vielleicht möglich, aber Filter bergen natürlich immer wieder die Gefahr, dass bestimmte Beweismittel nicht von diesen Filtern erfasst werden, und hier könnte dann allenfalls ein Beweismittelverlust drohen. Deswegen macht man in der Regel vor Ort nur Grobfilter, würde ich einmal sagen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Waren Sie in die Causa Sigi Wolf auch involviert (Auskunftsperson Weratschnig: Wie - -?) oder sind Sie involviert, Entschuldigung?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, ich bin auch in - - Das ist auch Teil des Gesamtaktes eben unter dem Aktenzeichen 17 St 5/19d, und ich bin dort auch der Gruppenleiter und auch im Austausch mit dem Team über einzelne Verfahrensschritte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es gab ja anscheinend ein Postfach von Sigi Wolf. Von wo kommt das? Wie wurde das ausgewertet?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Welches Postfach meinen Sie?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Von Sigi Wolf.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Sagt mir jetzt im Moment nichts.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Na, vielleicht fangen wir anders an. Wie sind Sie als Staatsanwaltschaft denn überhaupt auf die Causa Sigi Wolf gekommen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also wie wir darauf gekommen sind, das ist im Auswertungsbericht festgehalten. Das sind zwei Aspekte: Im Zuge der Datenauswertung zu Thomas Schmid sind auch Chats mit Sigi Wolf zum Vorschein gekommen, die hier entsprechend einen Verdacht einer strafbaren Handlung nahegelegt haben.

Zeitgleich – oder etwas zeitlich früher – hat es ja auch im Zuge des Eurofighter-Verfahrens eine Sicherstellung bei Herrn Ing. Wolf gegeben, und dort wurde unter anderem das Mobiltelefon sichergestellt. Und wir haben hier auch auf diese Daten über Zustimmung des entsprechenden - - des Sachbearbeiters hier diese Daten mit in die Auswertung hineinbezogen und haben das dann gesamt in diesem Auswertungsbericht, der auch beim Akt ist, zusammengestellt und das entsprechend in Phasen unterteilt und wie vorliegend eben dargestellt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und bei dieser Sicherstellung des Postfaches von Wolf: Das war diese Anordnung, dass dieses Postfach von ihm angeordnet worden ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Sie meinen das Postfach - - das E-Mail-Postfach?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ja, E-Mail-Postfach! (Auskunftsperson Weratschnig: Ah, okay!) Ja, ja, das habe ich jetzt unter Postfach - -

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, das wird im Wege der Amtshilfe - - wird das dann gemacht, diese Sicherstellung. Sie beziehen sich auf eine GMX-Adresse? (Abg. Stögmüller: Korrekt, ja!) – Korrekt, ja. Und das wird dann - - Über Deutschland, glaube ich, wird versucht, an die Daten - -, die Daten im Wege der Amtshilfe - - Rechtshilfe zu bekommen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie viele E-Mails waren das? Wurde das schon - -?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich denke, ich glaube, das ist noch nicht geliefert worden.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also die Daten liegen der WKStA noch nicht vor?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nein, meines Wissens nicht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und geht es da nur um ein GMX-Postfach, oder wurden da mehrere Postfächer - -

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich denke - - Ich hoffe, ich verwechsle hier nichts, aber ich glaube, es wurde auch ein Postfach von Frau Dr. Kölndorfer ebenfalls begehrt, uns die Daten zu schicken.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Aber wurden auch Mobilgeräte von Herrn Wolf sichergestellt, oder ging es nur um dieses GMX-Postfach?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Bei Herrn Wolf wurde ja bekannterma- - also wie Sie im Akt sehen, keine Durchsuchung gemacht, weil wir das Mobiltelefon schon aus einem anderen Verfahren hatten. Kurz vor Weihnachten vorigen Jahres wurden Durchsuchungen eben nur bei Dr. Kölndorfer gemacht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sigi Wolf war ja unter anderem auch auf der Spenderliste im bekannten Dokument zum Projekt Ballhausplatz. Es gab da – wenn Sie sich erinnern – dieses eine Dokument mit der Excel-Tabelle, in der „Top“ und „€“-Zeichen gestanden ist. Gab es schon Hinweise dazu, dass hier irgendwo Spenden geflossen oder Sachleistungen gespendet worden sind – auch weil er sich so bemüht hat? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Abg. Stocker hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Stocker, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Kollege Stögmüller hat jetzt, wenn ich es richtig verstanden habe, gesagt: Sigi Wolf war ein Spender der ÖVP. – Das ist mir nicht bekannt. Wenn man bitte etwas vorlegen könnte, woraus sich das ergibt. (Abg. Stögmüller hebt die Hand)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Das habe ich natürlich nicht gesagt, sondern ich habe gefragt, ob er ein Spender war, weil er nämlich auf der Spenderliste zum Projekt Ballhausplatz war. Das ist ein Dokument, das Sie in der vollständigen Ausführung auch beim „Falter“ runterladen können. Es gab da eine Liste, auf der Sigi Wolf mit „Top“-Spender, mit „€“-Zeichen stand, das waren sozusagen die Topspender, die besonders priorisiert waren. (Abg. Hanger hebt die Hand.)

Und Sigi Wolf hat sich auch mehrmals bei Thomas Schmid um das Projekt Sebastian Kurz sehr bemüht. Man kann, wenn man Aktenkenntnis hat, ja in den Akten nachlesen, dass es immer wieder Bemühungen gab, dass Sebastian Kurz gesponsert werden sollte.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hanger, zur Geschäftsordnung.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte einleitend konstatieren, dass diese Geschäftsbehandlungsdebatten natürlich sehr, sehr mühsam sind. Ich darf aber auf den ersten Befragungstag verweisen, an dem wir diese Themen ausführlich diskutiert haben, und auch da haben wir festgestellt, dass wir hier Vollziehungshandlungen des Bundes und nicht etwaige Spenden an eine Partei untersuchen. Alleine deshalb sind wir natürlich nicht im Untersuchungsgegenstand, und ich darf den Herrn Verfahrensrichter um Klarstellung bitten. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Stögmüller.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Na, es geht ja nicht nur um Spenden, sondern auch um andere Einflussnahmen. Sigi Wolf hat sich ja auch sonst bemüht. Also ich glaube, es liegt auf der Hand, warum Sigi Wolf für diesen Untersuchungsausschuss relevant ist. (Zwischenruf bei der ÖVP: Was liegt auf der Hand?!)  Na, volle Transparenz ist wohl etwas anderes. (Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.)

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich glaube auch, dass es nicht um Spenden geht, aber ich sehe aufgrund der vorliegenden Unterlagen, dass hier durchaus ein Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand gegeben ist, auch wenn Sigi Wolf nicht unbedingt gespendet hat. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Dr. Weratschnig, können Sie bitte antworten?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe jetzt nicht alle Beweisergebnisse im Kopf, es kommt ja laufend irgendetwas dazu, aber mir ist diesbezüglich kein Beweisergebnis bekannt.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Frau Abgeordnete Krisper.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Dr. Weratschnig, ich habe nur zwei Nachfragen zu zwei Sachverhalten, zu denen hier jetzt, glaube ich, Unklarheit herrscht.

Eine betrifft die Rechtsschutzbeauftragte Aicher, weil Sie von einem Vorhabensbericht gesprochen haben. Ich weiß, dass Sie nicht viel sagen können, aber Sie meinten zu Kollegen Hafenecker: Es wird nicht ermittelt. – Können Sie das aufklären?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also soweit meine Wahrnehmungen reichen, kann ich nur sagen: Die WKStA hat Frau Dr. Aicher nicht angezeigt. Ob es in Österreich irgendwo ein Verfahren gegen sie gibt, weiß ich nicht, aber mir ist keines bekannt. Ich kann nur sagen: Wir haben Frau Dr. Aicher nicht angezeigt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann zu dem Themenkomplex, mit dem mein Kollege von den Grünen begonnen hat: Finanzprokuratur. Da geht es ja um Ermittlungen aufgrund einer Anzeige gegen Herrn Blümel. Haben Sie Wahrnehmungen, dass da noch Ermittlungen geführt werden, und wenn ja, wegen welches Tatbestandes?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Der Tatbestand, der hier infrage kommt, ist Missbrauch der Amtsgewalt. Zur Frage, ob ermittelt wird oder nicht, darf ich auf die offenen Vorhabensberichte, die sich mit dieser Frage beschäftigen, verweisen und würde ersuchen, hier nicht Auskunft geben zu müssen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann nur eine letzte Frage: Es geht um den Sachverhalt der rechtswidrigen Unterlassung einer Aktenlieferung an den U-Ausschuss?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das ist der Gegenstand dieses Verfahrens.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann komme ich zu dem zurück, womit ich aufgehört habe, und lege Ihnen noch etwas zu den Kloibmüller-Chats vor, und zwar den Amtsvermerk, von dem ich gesprochen habe. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Ihnen als WKStA wurde ja im Februar dieses Jahres eine Kopie des Sticks übergeben, weil die Wahrnehmung bestand, dass die StA Wien, obwohl sie den Stick auch seit 4. März 2021 besitzt, nicht aufgrund der dort evidenten Verdachtslage zu Amtsmissbrauch und möglichem Verrat des Amtsgeheimnisses begonnen hat, zu ermitteln – dies eben mit einer Begründung, zu der ich Sie vorher befragt habe.

Jetzt haben Sie den Amtsvermerk vorliegen, vielleicht möchten Sie die eine Seite mal durchlesen, besonders den letzten Satz. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Darf ich Sie fragen, ob das üblich ist? Wir wissen ja aus medialer Berichterstattung und Sonstigem, dass es in den Chats sehr wohl Sachverhalte gibt, die eine Verdachtslage nahelegen, die Ermittlungen rechtfertigen würde. Können Sie einen derartigen Umgang mit diesen Daten nachvollziehen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich sehe, dieser Amtsvermerk hat die Ordnungsnummer 448, also gehe ich davon aus, dass es ein sehr umfangreicher Akt ist. Ich kenne den Gesamtakt nicht (in die Unterlagen blickend) und kann daher aus dem Zusammenhang heraus keine verlässlichen Aussagen treffen, weil ich die Zusammenhänge nicht kenne.

Es ist so, dass es grundsätzlich nicht unüblich ist, wenn sichergestellte Daten - - Die werden nicht zum Akt genommen, sondern die werden erst einer Relevanzprüfung unterzogen, und dann werden die Ergebnisse – belastend, entlastend gleichermaßen – in den Ermittlungsakt gegeben. Da gibt es eine entsprechende oberstgerichtliche Judikatur. Daher ist es aus meiner Sicht nachvollziehbar, warum der Stick nicht zum Akt genommen wird oder wurde.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wenn in der weiteren Folge belastende und entlastende relevante Sachverhalte zum Akt genommen wurden. An sich ist anscheinend der Stand, dass hier bis jetzt nicht ermittelt wurde. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ob es - - Ich kann das natürlich nicht ganz verlässlich sagen. Ich habe nur insoweit eigene Wahrnehmungen dazu, dass es hier einen Aktenvorgang bei der StA Wien gibt. Das wurde uns mit einem Aktenvermerk zur Kenntnis gebracht, also gehe ich davon aus, dass die Daten auch inhaltlich angesehen wurden – wie und in welchem Umfang kann ich nicht beurteilen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nachdem Sie letztes Mal hier von uns befragt wurden, wurde der diskutierte Versuch von Pilnacek, mit Martini die E-Mail-Accounts von Staatsanwälten sicherzustellen, medial bekannt. Haben Sie dazu Wahrnehmungen, insbesondere wie sich das auf Ihre Arbeit ausgewirkt hat, was das mit Mitarbeitern macht?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe von diesen Vorgängen aus der medialen Berichterstattung erfahren, also nicht aufgrund meiner amtlichen, dienstlichen Wahrnehmung. Einen unmittelbaren, zumindest einen kausalen Zusammenhang mit diesem Ersinnen und mit tatsächlichen Handlungen kann ich schwer herstellen, weil ich die genauen Hintergründe nicht kenne. Ich habe auch damals, vor einem dreiviertel Jahr, Anfang Juni, schon gesagt, dass man diese Vorgänge transparent aufarbeiten sollte, um zu lernen, wie Systeme allenfalls besser werden, um Missbrauchsanfälligkeiten zu vermeiden, und das habe ich auch im letzten offenen Brief an die Frau Bundesministerin als Forderung postuliert.

Es geht ja nicht darum, Vergangenes ungeschehen zu machen – das kann man nicht mehr –, sondern man muss in die Zukunft schauen. Hier besteht eben die Sorge, dass natürlich das Strafrecht oder das Disziplinarrecht dazu dient, allenfalls Personen, Köpfe auszutauschen, aber dadurch ein System nicht besser und krisenfester wird. Deswegen sollte hier eine Aufarbeitung erfolgen, das ist auch eine der Forderungen, die ich als Personalvertreter gestellt habe. Meine Behördenleiterin hat das in ihrer Befragung im Juni ebenfalls gefordert und zuletzt hat auch der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck ebenfalls eine externe Aufarbeitung vorgeschlagen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Was war die Reaktion der Frau Ministerin auf Ihren Brief?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Die Reaktion war, dass wir einen Termin mit der Frau Bundesminister haben, den wir natürlich selbstverständlich wahrnehmen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es gab in diesem Verfahren Versuche, Zwangsmaßnahmen gegen die unangenehmen Staatsanwälte einzuleiten. Dies ist ja schon einmal erfolgreich passiert, also wirklich umgesetzt worden, und zwar im Fall Eurofighter bei Radasztics. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Meine Wahrnehmungen erschließen sich aus der medialen Berichterstattung, im eingeschränkten Umfang. Wenn ich die Gelegenheit nutzen darf: Als Personalvertreter hätte ich hier einen Vorschlag, wie man derartige Situationen hinkünftig vermeiden könnte. Es ist  wenn ich kurz ausholen darf – im Disziplinarrecht so, dass Disziplinarverfahren nicht im gleichen Sprengel geführt werden, in dem sich der betroffene Mitarbeiter befindet. Im Strafrecht gibt es eine solche allgemeine Regel nicht; teilweise werden die Strafverfahren in andere Sprengel delegiert, teilweise nicht. Hier wäre eine Gleichschaltung des Strafrechtes mit dem Disziplinarrecht wünschenswert.

Wenn man sich die Causa, die Sie angesprochen haben, vor Augen führt: So ist hier eine enorme Machtkonzentration, die es gibt. Nämlich habe ich es als Leitender Oberstaatsanwalt in der Hand, eine Anzeige zu machen, ich habe die Dienst- und Fachaufsicht über denjenigen Staatsanwalt, der über diese Anzeige entscheidet, ich habe die Dienst- und Fachaufsicht über denjenigen, gegen den sich diese Entscheidung richtet, und ich habe die Dienstaufsicht, die Fachaufsicht über den Inhalt dieser Anzeige. Um allfällige Konzentrationen oder Missbräuche zu vermeiden, wäre es hier erstrebenswert, diese Dinge auf breitere Schultern oder auf mehrere Köpfe zu verteilen, damit es nicht so eine Konzentration gibt, und dass generell Strafverfahren auch in anderen Sprengel behandelt werden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Welche anderen Maßnahmen fänden Sie wichtig, um das System besser und weniger anfällig zu gestalten?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also es ist auch - - Man braucht eine Faktengrundlage. Diese Faktengrundlage kann man nur durch eine Aufarbeitung erreichen. Basierend auf diesen Fakten kann man dann die entsprechenden, möglicherweise vielleicht organisationsinternen Strukturänderungen machen oder allenfalls gesetzliche Änderungen lokalisieren. Die vorhin angesprochene Maßnahme bedarf ja einer gesetzlichen Änderung.

Aus der Vergangenheit und auch aus den Ergebnissen vom Ibiza-Untersuchungsausschuss habe ich wahrgenommen – ich hoffe, ich habe das richtig in Erinnerung –, dass beispielsweise die mögliche Anscheinsbefangenheit von Mag. Pilnacek – die haben wir ja in einem Bericht thematisiert – unter anderem von einem dienstuntergebenen Mitarbeiter geprüft wurde. (Abg. Krisper: Ja!)

Das ist, würde ich einmal sagen, für den organisatorischen Ablauf nicht optimal, weil man ja auch den Mitarbeiter, der das zu prüfen hat, in eine schwierige Situation bringt. Hier sollten klare Strukturen geschaffen werden, wie mit derartigen Befangenheiten von hohen Entscheidungsträgern umgegangen wird, wer das entscheidet und wie diese Verfahrensabläufe auch entsprechend aufgestellt werden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dass es da unterschiedlichste Probleme gab – schikanöse Dienstaufsichtsbeschwerden, Überprüfungen, keine Unterstützung durch die Oberbehörde, sondern Nützen der Fachaufsicht nur für Kontrolle und Berichtspflichten –, haben wir in dem U-Ausschuss ja schon ausreichend ausgeführt. Jetzt ist die Aufsicht ja an die OStA Innsbruck gegangen.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nur zur Klarstellung: Die Fachaufsicht, die Dienstaufsicht ist formell nach wie vor bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien, es wird nur weisungsfrei von einem dienstzugeteilten Oberstaatsanwalt der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck gemacht. Der Hintergrund ist: Man würde sonst ja die gesetzliche Zuständigkeit ändern, und das geht nicht einfach so. Deswegen hat man hier im Wege einer Dienstzuteilung und gleichzeitigen Dienstfreistellung[5] für die Dienst- und Fachaufsicht in diesem Verfahrenskomplex diese Lösung gemacht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke für die Klärung.

Um e contrario aufzuzeigen, wie es besser geht als vorher: Was hat sich dadurch geändert und verbessert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Aus meiner Warte – und ich hoffe, Hofrat Mag. Schirhakl sieht das gleich – ist es eine sehr auf Vertrauen und wechselseitiger Wertschätzung beruhende Arbeitsbeziehung.

Wir berichten nach wie vor im Umfang des gesetzlich Erforderlichen und auch dessen, was die Erlasslage als erforderlich erachtet, aber es gibt keine Berichterstattungen darüber, wenn irgendetwas in den Medien steht, was früher gang und gäbe war. Solche Berichte sind gänzlich entfallen. Es gibt natürlich nach wie vor Stellungnahmen und auch Dienstaufsichtsbeschwerden, aber es sind nicht mehr Dienstaufsichtsbeschwerden, die die OStA von sich aus aufgreift, sondern von Externen. Es ist klar, dass, wenn ein externer Vorwurf geäußert wird, man dazu auch berichtet und entsprechend Stellung beziehen muss, aber ansonsten funktioniert die Zusammenarbeit gut und respektvoll und auf einer sehr guten Basis.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie geht es mit den Ermittlungseinheiten vonseiten des Innenministeriums, mit denen Sie zusammenarbeiten? Sie haben ja – aus Gründen – von der Soko Tape zum Bundesamt für Korruptionsbekämpfung gewechselt.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Es haben sich natürlich die Ermittlungen tendenziell etwas mehr in Richtung Korruptions- und Amtsdelikte verlagert, daher ist es hier schon nach dem BAK-Gesetz natürlich auch zwingend erforderlich, das BAK einzubeziehen. Deswegen hat sich hier eine schleichende Veränderung ergeben: Es werden nach wie vor noch einzelne Verfahrenskomplexe von der Soko bearbeitet, aber überwiegend – das muss man jetzt mittlerweile sagen – wird die Mehrheit der Arbeit vom BAK gemacht.

Aus meiner Wahrnehmung – und so wurde es mir auch vom Team berichtet – gibt es hier unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Erledigung. Wir nehmen wahr, dass das BAK häufiger, auch jetzt in der Coronasituation, zeitnah Ermittlungs- -, also sprich Einvernahmen macht, während sich die Soko öfters auf Homeofficeregelungen bezieht und entsprechend verzögert liefert oder die Ermittlungen – aus meiner Wahrnehmung –etwas länger dauern.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Welche Ermittlungsthemen liegen noch bei der Soko?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das sind Teilbereiche noch vom Casag-Ursprungsverfahren und auch teilweise noch im Vereinsakt, aber der ist hier nicht Gegenstand. Das würde ich jetzt einmal so grob differenzieren, ja.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und die Ressourcen beim ko- - kooperativen BAK – nicht korrupten, kooperativen BAK – sind ausreichend für Ihre Bedürfnisse?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, Luft nach oben besteht immer. Wir versuchen, es mit den vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu machen. Natürlich wäre es aus unserer Sicht wünschenswert, entsprechend mehr Personal und Manpower auch beim BAK zu haben, dann kann man natürlich insgesamt auch die Ermittlungsschritte rascher – Befragungen et cetera – durchführen. Aber wie gesagt: Als Staatsanwaltschaft ist man zwar Leiterin des Ermittlungsverfahrens, hat aber keine Ingerenz auf Ressourcen im Bereich des Innenministeriums.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke, nächste Runde dann.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Stocker. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich knüpfe an meine Befragung in der vorhergehenden Runde an, darf das Dokument 3308 noch einmal vorlegen und Ihre Aufmerksamkeit auf die Seite 9, 10, insbesondere 10, lenken. In diesem Dokument ist angegeben, wie viele Verfahren zum Ibizakomplex gehören, und auf Seite 10 sind hier unter „St“-Zahlen, wenn ich es richtig gezählt habe, genau 43 Strafakten angeführt.

Können Sie sagen, in wie vielen Fällen, also in wie vielen dieser Akten, es bisher zu einer Anklage beziehungsweise zu einer rechtskräftigen Verurteilung gekommen ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auf welche Seite beziehen Sie sich?

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Das ist Seite 10 aus dem Dokument 3308. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Vielleicht grundlegend: Also wir führen jetzt auch nicht eine entsprechende genaue Statistik, wer - -, wie die Verfahrensausgänge sind. Fakt ist, wir haben mehrere Anklagen eingebracht, nicht alle sind hier verfahrensgegenständlich, deswegen würde ich das im Detail nicht näher ausführen. Wir haben auch sehr viele Verfahren nach objektiver Prüfung eingestellt, aber das ist der normale Lauf des Ermittlungsverfahrens.

Vielleicht auch zum Verständnis: Für die Staatsanwälte ist es weder ein Erfolg noch ein Misserfolg, wenn am Ende des Tages eine Anklage oder Verurteilung rauskommt. Das ist vollkommen losgelöst. Unsere Arbeitsweise ist oder unsere Arbeit liegt darin, Sachverhalte aufzuklären und diese nach Abschluss der Ermittlungen zu bewerten. Wie schlussendlich die Verfahrensausgänge sind, ob es zu einer Anklage, Einstellung, Diversion et cetera kommt, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass man hier ein Ermittlungsverfahren nach den gesetzlichen Erfordernissen führt und dann eine entsprechende Bewertung vornimmt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wenn ich es richtig verstanden habe, sind Sie ja der Leiter des Verfahrens Ibizakomplex. Daher wäre meine Frage an Sie als Leiter und jemand, der ja die Übersicht und die Aufsicht für dieses Verfahren hat, und da in diesem Dokument von Ihnen 43 „St“-Zahlen bekannt gegeben worden sind, ob Sie mir jetzt sagen können, in wie vielen Fällen es zu einer Verurteilung gekommen ist, in wie vielen Fällen Sie eine Anklage gemacht haben und wie viele Fälle Sie eingestellt haben.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe, glaube ich - - Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Es gibt - - Ich habe gesagt, es gibt Anklagen, die nicht alle hier verfahrensrelevant sind für den Untersuchungsgegenstand, deswegen habe ich hier auch nicht eine Beantwortung vorgenommen. Wie viele Verfahren eingestellt worden sind, müsste ich - - kann ich Ihnen jetzt auswendig nicht sagen. Ich führe jetzt nicht täglich eine Liste, wo ich mir die Nummern einpräge. Ich könnte das eruieren, ja, das ist richtig, aber ich kann Ihnen das heute hier aus dem Stegreif nicht beantworten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich nehme diesen Überblick, den Sie mir hier gegeben haben beziehungsweise nicht gegeben haben, zur Kenntnis.

Meine nächste Frage bezieht sich auf Aktenleaks, die ja auch immer wieder im Zusammenhang mit der WKStA thematisiert werden: Gibt es – und allenfalls: welche – organisatorische Vorkehrungen zur Verhinderung von Aktenleaks in der WKStA?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Es gibt da einerseits die Verschlusssachenverordnung – und der Ibizakomplex ist als eine Verschlusssache deklariert. Hier wird jeder, der den Akt in Empfang - - oder bekommt und wieder abgibt - - wird das auch entsprechend protokolliert. Wir haben aber auch - -, weil die Akten auch elektronisch verfügbar sind, gibt es auch ein Programm; ich weiß jetzt nicht, wie das heißt, aber jeder Zugriff wird entsprechend protokolliert, also wenn man eine Datei kopiert, versendet – bitte, die technischen Details kann ich Ihnen jetzt nicht näher ausführen. Auch das wird mitprotokolliert, also es ist nachvollziehbar, wann wer auf welche Datei zugegriffen hat; davon gehe ich jetzt aus. Und wir müssen auch regelmäßig - - Wenn wir von anderen Staatsanwaltschaften ersucht werden, im Wege der Amtshilfe, zu Aktenleaks Stellung zu beziehen, geben wir in der Regel eine entsprechende Auswertung der Zugriffsprotokolle.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Meine nächste Frage schließt an den ganzen Bereich, der hier im Zusammenhang mit Frau Poppenwimmer schon diskutiert wurde, an. Wenn es vermutete Missstände im Bereich der WKStA gibt, haben Sie ein anonymes Meldesystem für solche Vorfälle eingerichtet?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wenn Sie das BKMS-System ansprechen, so ist es für strafrechtlich relevante Sachverhalte eingerichtet worden. Also es gibt sechs Unterpunkte, Menüpunkte, die man anwählen kann. Ein rein dienstrechtliches Reporting ist über dieses System eigentlich nicht vorgesehen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Jetzt ist in den Medien häufig oder mehrfach ein System Pilnacek angegeben worden. Haben Sie Wahrnehmungen zu einem System Pilnacek?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich kann mit dieser Begrifflichkeit jetzt nichts anfangen, weil ich nicht Sachbearbeiter im Themenkomplex in Innsbruck bin. Wie das – ob und wie –, ob das hier ein System hat oder nicht, kann ich nicht beurteilen, dafür bin ich auch nicht zuständig.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Können Sie kurz Ihr Verhältnis zu Herrn Sektionschef Pilnacek erläutern?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ist das vom Untersuchungsgegenstand gedeckt?

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Außerhalb meiner Fragezeit: Ich kann mich erinnern, dass in der letzten Befragung das Thema des Verhältnisses einer Auskunftsperson zu jemandem, der im Untersuchungsgegenstand vorkommt, vom Verfahrensrichter als für zulässig erachtet wurde, und daher meine ich, dass es auch in diesem Fall so sein müsste.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja. Ich bitte die Auskunftsperson, diese Frage zu beantworten.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich kann die Frage sehr gerne beantworten: Ich kenne Sektionschef Mag. Pilnacek seit dem Jahr 2005, ich war Referent im Justizministerium. Ursprünglich war ich bei einem anderen Abteilungsleiter, aber in der Zeit 2009 bis Mitte 2011 war Mag. Pilnacek mein direkter Vorgesetzter als Abteilungsleiter, später dann auch als Sektionschef, und er war für mich auch immer ein großes Vorbild, und ich habe ihn immer sehr geschätzt.

Und deswegen kann ich mir auch nicht vorstellen, wie das Ganze so passiert ist oder diese Vorfälle so passiert sind, wie sie passiert sind. Ich für meinen Teil würde nie ein Verfahren gegen Mag. Pilnacek als Staatsanwalt führen, weil ich mich hier aufgrund der langjährigen Bekanntschaft – und wir haben sehr eng zusammengearbeitet – als befangen erachten würde.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Danke.

Meine anschließende Frage ist zu Ihrem Verhältnis zum Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Fuchs beziehungsweise zu Oberstaatsanwältin Poppenwimmer.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Herrn Mag. Fuchs kenne ich seit 2011. Wir waren gemeinsam Staatsanwälte in der WKStA, und dort habe ich ihn kennengelernt – ich habe ihn auch kennen- und schätzen gelernt. Er wurde dann auch Stellvertreter der Leiterin und hat dann die WKStA Richtung Eisenstadt verlassen. Ich kann das zeitlich jetzt nicht hundertprozentig mehr einordnen. Und ich habe ihn auch immer sehr geschätzt.

Zur Kollegin Poppenwimmer: Die kenne ich erst seit ihrer Ernennung. Ich glaube, es war ursprünglich eine Zuteilung für ein paar Monate und dann eine Ernennung bei der WKStA; und da sie für einen sehr abgeschlossenen Bereich – nämlich für die Eurofighter-Verfahren – zuständig war, habe ich mit ihr sehr wenig Berührungspunkte gehabt und daher habe ich sie nicht näher kennengelernt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich darf Ihnen das Dokument 3312 vorlegen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist ein E-Mail von Ihnen vom 9.7.2020, und zwar anlässlich einer Besprechung, an der auch Frau Bundesminister Zadić teilgenommen hat. In diesem E-Mail ist im zweiten Absatz angegeben, dass die Frau Bundesminister gemeint hat, dass die Berichte der WKStA „als provozierend empfunden werden können“, und im vorletzten Absatz steht, dass sie darauf hinweist, dass auch die Antworten der WKStA auf Berichtsaufträge provozierend – „teilweise“ provozierend – waren. Haben Sie zu diesen Provokationen Wahrnehmungen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich war bei diesem Gespräch anwesend, kann mich noch vage daran erinnern. Das, was Sie vorgetragen haben, war Gegenstand. Ich habe auch entgegnet, dass es nicht unsere Absicht war, zu provozieren und provokant zu sein. Wir haben in einer deutlichen und klaren Sprache unseren Standpunkt vertreten, und so sehe ich es nach wie vor; und ich habe da nicht - -, ich empfinde das nicht, dass es eine provozierende oder provokante Sprache gewesen ist.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Hat es zum Zeitpunkt dieses Gesprächs die Änderung in der Dienst- und Fachaufsicht schon gegeben – oder ist die danach erfolgt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wenn Sie die Änderung in der Dienst- und Fachaufsicht mit der Dienstzuteilung des Oberstaatsanwalts meinen, dann war das damals noch kein Thema, weil das im Juli 2020 war, und die Änderung hat es erst im August 2021 gegeben.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Im ersten Absatz hat die Frau Bundesminister mitgeteilt, dass sie erkennt, dass es damals „einen Konflikt zwischen OStA und WKStA“ gegeben hat. Haben Sie zu diesem Konflikt, der von der Frau Bundesminister wahrgenommen wurde, Wahrnehmungen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also Konflikt, ich - - Es ist schwierig, von einem Konflikt zu sprechen, weil wir uns mit der Oberstaatsanwaltschaft Wien ja nicht auf Augenhöhe begegnen. Wir sind in der Linienorganisation Dienstuntergebene. Wir können nicht Berichtsaufträge erteilen, wir können keine disziplinären Maßnahmen ergreifen, wir können nicht Beschreibungen machen et cetera. Hier sehe ich einen Konflikt insoweit nicht, weil hier keine Gleichheit herrscht. Und wir als Dienstuntergebene sind unseren Berichtspflichten immer auch nachgekommen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Verstehe ich Sie da richtig, dass Sie sagen, der Konflikt, der von der Frau Bundesminister erkannt wurde, entspricht nicht Ihren Wahrnehmungen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ich tu mir da schwer, zu sagen, was die Frau Ministerin unter Konflikt genau versteht und wie sie das meint und welche Informationen sie zu diesem damaligen Zeitpunkt hatte. Das kann ich nicht beurteilen, darum sehe ich hier auch keinen Widerspruch.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich darf Sie darauf hinweisen, dass dieses Dokument Ihre Ausführungen beinhaltet. Das heißt, das haben Sie geschrieben, dass die Frau Bundesminister einen Konflikt erkennt. Woher haben Sie die Wahrnehmung, dass sie einen Konflikt erkennt, von dem Sie nun nicht mehr wissen wollen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe ja damals das dokumentiert, was sie gesagt hat. Wie sie das gemeint hat, das kann ich nicht interpretieren.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie nicht gefragt, wie sie das gemeint hat?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Daran kann ich mich jetzt nicht aktuell erinnern.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Herr Oberstaatsanwalt, Sie schreiben, dass die Frau Bundesminister einen Konflikt erkennt. Das ist ja nicht nichts – ein Konflikt zwischen der OStA und der WKStA –, und Sie haben es weder hinterfragt, noch haben Sie eine Wahrnehmung dazu, was dieser Konflikt sein kann. Ist das Ihre Antwort?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wie gesagt, das Gespräch ist knappe zwei Jahre her. Ich bin damals mit der leitenden - -, mit meiner Behördenleiterin dort gewesen, und ich bin hier nicht befugt, auch ungefragt das Wort zu ergreifen. Deswegen habe ich das vermutlich - -, ich weiß es nicht mehr genau, aber kann sein, dass ich es nicht hinterfragt habe.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Was meinen Sie damit, Sie sind nicht „befugt“, „ungefragt das Wort zu ergreifen“?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, Staatsanwaltschaften sind hierarchisch organisiert. Die Leiterin ist meine Chefin, Mag. Ilse Maria Vrabl-Sanda. Sie ist ja das Sprachrohr nach außen, und deswegen ist sie hier primär autorisiert, mit der Frau Bundesministerin zu sprechen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich verstehe Sie aber schon richtig, dass Sie sich in Ihrer Aussage jetzt nicht auf das Amtsgeheimnis berufen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Verstehe ich jetzt nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sie haben etwas geschrieben, das ist Ihre Wortwahl, und ich frage Sie zu dieser Wortwahl, und jetzt sagen Sie, Sie können dazu nichts sagen, weil Sie nicht befugt sind, weil die Chefin das beantworten müsste. (Abg. Krainer: Nein, das hat er nicht gesagt! Das hat er nicht gesagt!) Habe ich das - - Ich verstehe es nicht ganz, aber ich nehme es zur Kenntnis.

Meine nächste Frage bezieht sich auf das Dokument 1875, das ich hiermit vorlege. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist eine Zeugenvernehmung von Herrn Dr. Peter Pilz, und zwar vom 26.2.2019. Ich darf Sie bitten, da die Seite 4 - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben nur mehr 5 Sekunden. Bitte die Frage stellen, sonst läuft die Zeit ab.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich nehme die Fragestellung in die nächste Runde mit.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Die nächsten Fragen stellt Abgeordnete Herr.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich komme noch einmal zu Dokument 1478 – das sollte Ihnen noch vorliegen –, und zwar würde ich diesmal gerne eine Frage zu Seite 24 und zum Chat Nummer 382 stellen, bitte. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Es geht also wieder um die Poppenwimmer-Chats, und zwar wird da an Herrn Fuchs geschrieben: „Lieber Hans, ein Anwalt hat mich noch auf einen hinterfragenswerten Aktenvorgang iZm“ – im Zusammenhang mit – „Ibiza aufmerksam gemacht. Du kannst dich für Details jederzeit melden“.

Ist Ihnen zufällig bekannt, wo Frau Poppenwimmer jetzt arbeitet?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Sie ist - - Also den konkreten - - Vielleicht einmal konkret zu dem Chat: Also den konkreten Bezug zu dem Chat kann ich jetzt nicht herstellen, was mit „hinterfragenswert“ hier gemeint sein könnte. Der Ibizaakt ist bei uns eine Verschlusssache und Frau Mag. Poppenwimmer war nie mit Aufgaben im Bereich des Ibizateams befasst. Ich glaube, es ist auch allgemein bekannt, dass sie derzeit bei einem Rechtsanwalt arbeitet.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ist der Rechtsanwalt, bei dem sie derzeit arbeitet, zufällig auch – oder war er – strafverteidigend im Ibizakomplex zuständig?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Der konkrete Anwalt – es ist ja eine Kanzleigemeinschaft – hat zu diesem damaligen Zeitpunkt, als der Chat, diese Nachricht geschrieben wurde, eine Person vertreten.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut, danke.

Dann fahre ich jetzt mit einer weiteren Frage fort: Herr Fuchs ist ja jetzt nicht mehr für die Aufsicht der WKStA zuständig. Bei wem liegt denn diese jetzt, wenn es nicht um den Ibizakomplex geht – wo wir wissen, das ist ein Kollege aus Innsbruck –, sondern um alle anderen Zuständigkeiten?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das macht derzeit der erste Stellvertreter von Herrn Mag. Fuchs, Dr. Michael Klackl.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Salzmann ist nicht zuständig? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Diese Frage kann ich jetzt nicht mit letzter Gewissheit beantworten. Ursprünglich waren beide mit der Dienst- und Fachaufsicht der WKStA befasst. Ob das aktuell noch so ist, glaube ich eher nicht, aber ich kann Ihnen das jetzt nicht mit letzter Gewissheit sagen. Also mein - - unser primärer Ansprechpartner ist Dr. Klackl.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich lege ein Dokument mit der Nummer 3308 vor. Es geht um die Seiten 1 und 2. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Was ist Ihre Wahrnehmung zu den Inhalten des „Kursvortrags“, die hier von Staatsanwalt Salzmann in Bezug auf Verfahren der WKStA angesprochen werden, von denen dann auch später der Sektionschef in Kenntnis gesetzt wurde?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das ist jetzt auch schon etwas her, aber ich habe noch einige kurze Erinnerungen. Soweit ich es in Erinnerung habe, hat Dr. Salzmann im Zuge einer Fortbildungsveranstaltung von Richteramtsanwärtern mehrere Akten der WKStA in einem kritischen Licht beleuchtet, unter anderem eben diese besagte Verständigung an den damaligen Bundeskanzler Kurz in Richtung einer Vorverurteilung, und dass das zu umfassend sei. Die Richteramtsanwärter hätten nach diesem Schreiben entgegnet, dass ja ein Zuviel an Information eher positiv ist, weil man dann die Verhandlungsstrategie et cetera entsprechend adaptieren könne.

Das hat, glaube ich, Dr. Salzmann damals nicht so gelten lassen, und deswegen haben Richteramtsanwärter ein Schreiben an den OLG-Präsidenten, glaube ich, gerichtet, wo sie eben hier mehrere Vorgänge im Zusammenhang mit dieser Schulung thematisiert haben. Aber nähere Details habe ich da nicht mehr.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, von den drei zuständigen Leitern der Oberstaatsanwaltschaft Wien ist eigentlich nur mehr einer nicht befangen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also wie gesagt, die Befangenheit kann ich nicht beurteilen, das müssen andere machen. Wenn ich hier dieses Dokument lese, interpretiere ich das auch so, dass für uns exklusiv Dr. Klackl zuständig ist.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann legen wir ein weiteres Dokument vor, einen Amtsvermerk. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Es handelt sich um einen Amtsvermerk aus dem Innenministerium: Da geht es darum, dass es ein anonymes Schreiben zur Befangenheit der Soko Tape gegeben hat. Später hat sich dann herausgestellt, dass es vermutlich von Egisto Ott gekommen ist. Daraufhin – als klar war, es werden sich weitere Ermittlungsschritte ergeben – hat sich unter anderem beispielsweise Andreas Holzer für befangen erklärt. Was ist dazu Ihre Wahrnehmung?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich gehe davon aus, dass es sich bei dieser Anzeige betreffend Befangenheit um eine anonyme Eingabe per E-Mail an die damalige Sachbearbeiterin Mag. Jilek handelt. Das wurde auch schon im vergangenen U-Ausschuss thematisiert, und zwar: Wir haben dann - - die Sachbearbeiter haben dann die Soko aufgefordert, zu diesen behaupteten Befangenheiten Stellung zu beziehen und darzulegen, ob eben Gründe vorliegen. Wir bekamen dann eine Antwort, dass Befangenheitsgründe eben nicht vorliegen, und alles Weitere hat sich dann noch ergeben.

Wer Absender dieser anonymen Eingabe war, haben wir zum damaligen Zeitpunkt natürlich nicht gewusst. Wir wollten dem einfach nachgehen, um zu prüfen – weil es heikle Ermittlungen sind –, um mögliche Anscheinsbefangenheiten abzuklären. Das war der Hintergrund, deswegen haben wir auch die Soko Tape damit konfrontiert und um Stellungnahme ersucht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Sie informieren, dass 3 Stunden abgelaufen sind.

Bitte sehr, die nächste Frage, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Halten Sie das für vergleichbar, dass sich Herr Holzer im Zusammenhang mit der Soko Tape nicht für befangen gehalten hat oder nicht für befangen gehalten wurde, er sich aber im Zusammenhang mit der Person Egisto Ott schon als befangen erklärt hat?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich kann das nicht beurteilen, weil ich einfach die Hintergründe zu diesem Fall Ott überhaupt nicht kenne. Ich kann das nicht vergleichend beurteilen. Das wäre jetzt unseriös, hier eine Prognose oder ein Statement abzugeben.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ist Herr Csefan, der hier auch erwähnt wird, noch in der Soko Tape tätig?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Herr Csefan? Ja, er ist der derzeitige Leiter der Soko Tape.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Der hat sich nicht für befangen erklärt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Es hat sich niemand von der Soko Tape uns gegenüber für befangen erklärt. Es wurde dann – das ist aber eh bekannt – ein Mitarbeiter von der Soko Tape abgezogen oder entfernt – wie auch immer, ich weiß nicht, wie das genau gegangen ist, das war eben mit dem „Rücktritt vom Rücktritt“ –, aber ansonsten ist mir keine Befangenheit kommuniziert - - oder uns ist es nicht kommuniziert worden.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Danke.

Dann kommen wir zur Causa Sigi Wolf, vor allem zur Aufnahme der Ermittlungen. Vielleicht können Sie – Sie haben vorher schon ein bisschen erzählt – auch noch zur anonymen Anzeige Stellung nehmen.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Können Sie mir die vorlegen? Ich habe jetzt da aktuell keine - - Ich - - Auch wenn das vielleicht komisch klingt, aber wir haben sicher 100 Anzeigen in dem Akt und ich kann sie jetzt nicht inhaltlich zuordnen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann komme ich zur nächsten Frage: Was ist denn Ihre Einschätzung oder Ihre Wahrnehmung zum Sachverhalt, dass einerseits diese Postenbesetzung im Finanzamt Baden stattgefunden hat und zeitgleich auch die Nachsicht gegenüber Herrn Wolf erteilt wurde? Ich bitte um eine kurze Einschätzung zu diesen beiden Ereignissen.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, es gibt hier eine sehr umfangreiche und den Kenntnisstand zusammenfassende Ermittlungsanordnung, die ja dann schlussendlich auch zu den Durchsuchungen geführt hat. Das ist ein laufendes Ermittlungsverfahren. Beweise werden beigeschafft. Es wurden auch aus dem Finanzministerium Unterlagen angefordert. Wir warten noch auf Daten. Es ist noch nicht das gesamte Beweisergebnis vorhanden, weswegen ich hier auch noch nicht Stellung nehmen kann und auch einer Beweiswürdigung nicht vorgreifen will.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sie warten noch auf Daten. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem BMF?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Mir sind jetzt aktuell in der Causa Wolf keine Probleme oder Schwierigkeiten vom Team kommuniziert worden, und die Amtshilfeersuchen, die wir an die Finanz stellen, werden auch behandelt und kommen auch zeitnah.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sind Ihnen in anderen Zusammenhängen Probleme bekannt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: „Probleme“ ist vielleicht zu hoch gegriffen, sage ich einmal. Beispielsweise hat sich die Sicherstellung von Daten im Zusammenhang mit dem Beinschab-„Österreich“-Komplex ein bisschen verzögert, diese Daten haben wir aktuell noch nicht, das ist aber auch – muss man wahrscheinlich auch einräumen – dem Umfang geschuldet. Wir haben hier ja sämtliche Aktenvorgänge, es ist ein sehr großer Komplex angefordert. Da musste auch das BRZ beigezogen werden und deswegen dauert es hier etwas länger.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ist die Finanzprokuratur auch damit befasst?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Der Leiter der Finanzprokuratur war auch befasst. Der wurde vom Finanzminister – vom damaligen Finanzminister – beauftragt, das entsprechend zu unterstützen, abzuwickeln. Es hat auch Besprechungen mit dem Leiter der Finanzprokuratur zu diesem Thema gegeben.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, derjenige, der einerseits selbst beschuldigt ist, leitet in einem anderen Bereich selbst die Vorgabe, was Akten betrifft?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Sie beziehen sich auf dieses Verfahren, wo es um die Aktenlieferung an den U-Ausschuss geht, wenn ich Sie richtig verstehe?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ja – nicht Beschuldigter, aber in dem ermittelt wird, genau.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Er ist dort Angezeigter, um den Prozessstatus auch korrekt wiederzugegeben. Und ja: ist so, ja.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Danke, dann machen wir wieder eine Vorlage. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Das ist das Protokoll von der Sitzung mit Eduard Müller, Seiten 58, 59 und 60 wären relevant.

Meine Frage bezieht sich auf die Einflussnahme auf die Postenbesetzung. Auf Seite 58 beschreibt Eduard Müller, dass das eigentlich absolut laut Vorschrift verlaufen ist. Deckt sich das mit Ihren Eindrücken aus den Ermittlungen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich bin auch nicht mit jedem Detail der Ermittlungen vertraut, deswegen getraue ich mich hier auch nicht, eine seriöse Einschätzung zu geben. Auch generell würde ich hier nicht einzelne Ermittlungsschritte oder Ergebnisse, Zwischenergebnisse kommentieren, um mir nicht hier auch eine vorgreifende Beweiswürdigung vorwerfen lassen zu müssen. Also ich ersuche um Nachsicht, hier nicht antworten zu müssen, aber ich kann es auch inhaltlich nicht, weil ich nicht in jedes Detail eingebunden bin.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, Sie können auch nicht ausschließen, dass es eine Einflussnahme auf diese Postenbesetzung gegeben hat?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das ist Gegenstand der Untersuchungen, und wie bei allen Untersuchungen müssen die Beweise gesammelt werden, um eine abschließende Würdigung der Geschehnisse zu machen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Danke.

Dann nehme ich die restliche Zeit für später mit. Danke.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Wir machen eine kurze Pause, 5 Minuten.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 13.59 Uhr bis 14.07 Uhr.)

*****

14.07

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen und Herrn Abgeordneten Hafenecker das Wort erteilen. – Herr Abgeordneter, bitte.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich habe eine Nachfrage zur Compliance in der WKStA: Wir wissen jetzt, dass Frau Poppenwimmer direkt von der WKStA in die ÖVP-Kanzlei Ainedter gewechselt hat. Gibt es irgendwelche Complianceregeln, dass man als Staatsanwältin quasi gleich direkt auf die andere Seite wechseln kann? Ist das irgendwie geregelt?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Grundsätzlich ist es so, dass es nicht eine - - Die WKStA ist keine Dienstbehörde, sondern eine Dienststelle; über derartige Karenzierungen entscheidet die Dienstbehörde, und das ist die Oberstaatsanwaltschaft Wien. Regelungen einer Cooling-off-Phase gibt es nicht, und vielleicht: Grundsätzlich ist es ja nichts Schlechtes, wenn Kolleginnen oder Kollegen eine Auszeit nehmen, um andere berufliche Einblicke zu bekommen, auch ein Verständnis für die Tätigkeit eines anderen Standes zu gewinnen. Also grundsätzlich aus der Persönlichkeitsentwicklung ist es ja per se nichts Schlechtes.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Weiterbildung ist immer gut, aber die Frage ist nur, ob das quasi vereinbar ist, ob es da nicht irgendwie ein Problem geben kann, wenn man auf der einen Seite wirklich ganz gezielte und intensive Einblicke in Verfahren gewinnt, die auf der anderen Seite mitunter auch von der Kanzlei vertreten werden könnten, bei der man dann schlussendlich anheuert. Ist da nicht die Gefahr des (Heiterkeit des Redners) „Wissenstransfers“ – unter Anführungszeichen – im schlechtesten Sinne des Wortes gegeben? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Vielleicht losgelöst, ob man jetzt karenziert ist oder nicht, unterliegt man ja als Beamter dem Amtsgeheimnis, und daran darf ja auch eine Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei nichts ändern. Ich gebe aber zu, dass es von der Optik her natürlich nicht optimal ist, wenn hier gerade im Bereich der Strafverteidigung, wo es im Korruptionsbereich nicht so eine breite Anwaltstätigkeit - - nicht so viele Anwälte gibt, dass es hier natürlich von der Optik her nicht optimal ist. Meines Wissens gibt es aber keine konkreten Bestimmungen, die hier eine Cooling-off-Phase vorsehen, und es ist eine Entscheidung der Dienstbehörde.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ihnen ist ja die Causa bekannt, in der es um Herrn Staatsanwalt Adamovic und die Sache mit seiner Lebensgefährtin gegangen ist, die bei der Datenauswertung tätig gewesen sein soll. Haben Sie dazu Wahrnehmungen, wie das in die Öffentlichkeit geraten ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Konkrete eigene Wahrnehmungen habe ich dazu nicht. Vielleicht um die Zusammenarbeit etwas umfassend darzustellen, war es so, dass medial berichtet wurde und dass problematisiert wurde, wo es aber kein Problem gibt. Es wurde auch in einem Rechtsmittel diese eine behauptete Befangenheit thematisiert. Dazu habe ich eine Stellungnahme abgegeben, auch die Behördenleiterin hat eine Stellungnahme abgegeben. Diese Stellungnahme wurde dann auch zum Akt genommen.

Es hat dann auch eine anonyme Anzeige gegeben. Auch diese anonyme Anzeige wurde von der Staatsanwaltschaft Wels geprüft, wurde eingestellt. Die Einstellungsbegründung kann auch in der Ediktsdatei nachgelesen werden. Hier wurde umfangreich - - Die StA Wels hat sich umfangreich mit dieser Thematik auseinandergesetzt und hat keinerlei Beanstandungen oder Schwierigkeiten, geschweige denn ein strafbares Verhalten erkannt.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke.

Ich lege Ihnen das Dokument 26284 vor und würde Sie bitten, die Seite 18 in Augenschein zu nehmen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Das ist heute unsere technische Premiere. Ich weiß nicht, wer es jetzt schon aller hat. Wir haben es nicht, aber ich weiß eh, was drinsteht.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt ist es wieder da.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Jetzt ist es da.

Nur zur Erklärung: Das ist ein Chat zwischen Frau Poppenwimmer und Oberstaatsanwalt Fuchs, und da ist es schon interessant, dass sich Frau Poppenwimmer mit Oberstaatsanwalt Fuchs darüber unterhält, was die Lebensgefährtin von Herrn Staatsanwalt Adamovic macht und wo sie tätig ist. Also ganz offensichtlich war das für Oberstaatsanwalt Fuchs recht „interessant“, wie er da kommentiert, und somit ist für mich klar, dass direkt aus der WKStA, intern, von Frau Poppenwimmer zu Herrn Fuchs, die Information getragen worden ist, was die Lebensgefährtin von Staatsanwalt Adamovic macht. Wie sehen Sie das? Haben Sie Wahrnehmungen dazu?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wie gesagt, dieser Chatverlauf ist mir bis dato unbekannt gewesen. Ich kenne auch nicht den gesamten Chatverlauf. Ich bin zurückhaltend, hier Schlussfolgerungen zu ziehen. Ob hier eine Konnexität besteht oder nicht, kann ich hier weder bestätigen noch nicht bestätigen. Ich kann es einfach nicht beurteilen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Würden Sie das als üblichen Vorgang in der Behörde bezeichnen, dass man da mehr oder weniger ausspioniert wird und dann an andere Stellen weitergeleitet wird, wer da mit wem zusammenarbeitet und was wo wie passiert?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also als üblichen Vorgang würde ich das natürlich nicht empfinden. Hier geht es ja um Fragen der Dienstaufsicht. Wenn Kollegin Poppenwimmer der Meinung wäre, hier bestünde eine Nahebeziehung, die nicht gerechtfertigt wäre, dann wäre der richtige und einzige Weg, dass sie diese Bedenken an die Frau Leitende Staatsanwältin trägt. Eine direkte Kommunikation mit den darüber dienstvorgesetzten LOStA ist nicht vorgesehen und verletzt auch den dafür vorgesehenen Dienstweg.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Das Interessante: Der noch immer – oder wieder – im Amt befindliche Oberstaatsanwalt Fuchs schreibt unter anderem in diesem Chat auch noch: „Das sollten wir aufbereiten, heute spreche ich das nicht an.“

Kann man aus Ihrer Sicht daraus ableiten, dass er „aufbereiten“ im Sinne von an die Medien weitergeben gemeint hat? Die Information ist ja schlussendlich dann in die Medien gelangt, was Herrn Staatsanwalt Adamovic betrifft, und das Ganze nämlich auch in einem zeitlichen Kontext, der nachvollziehbar ist.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also welche Schlüsse man daraus zieht, ist jedem überlassen. Ich kann hier - - Ich möchte hier auch keine Schlussfolgerung abgeben, das kann ich aufgrund der hier vorliegenden Informationen auch nicht abschließend beurteilen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Das ist richtig, das bleibt im Sinne des Betrachters.

Ich möchte einen Themenwechsel vornehmen, und zwar zum Stichwort Litigation-PR, das Sie vorhin erwähnt haben. Was haben Sie da konkret gemeint?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe grob umrissen, wie Litigation-PR funktioniert. Es gibt, und das ist ein Standardprozess, würde ich mal meinen - - Wenn es schlechte Informationen gibt, bei denen man nicht verhindern kann, dass sie irgendwann einmal an die Öffentlichkeit gelangen, sollte man der Erste sein, der diese Informationen an die Medien, an die Öffentlichkeit weitergibt, um diese auch mit einem entsprechenden Spin, Touch zu versehen.

Generell ist es so, dass nach meiner Wahrnehmung hier schon eine sehr starke Litigation-PR im Hintergrund aktiv ist. Das ist auch grundsätzlich legal; es sollte sich halt in einem gesetzlich zulässigen Rahmen bewegen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ist es aus Ihrer Sicht die Aufgabe eines Generalsekretärs im Justizministerium, wirklich Interna an ausgewählte Presse weiterzugeben? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nach meiner Einschätzung ist es so, dass auch ein Sektionsleiter, Generalsekretär dem Medienerlass unterliegt, und das daher mit der Medienstelle des Justizministeriums zu akkordieren oder zu koordinieren wäre; und das wäre meines Erachtens der korrekte Weg.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich möchte Ihnen dazu das Dokument 1608 vorlegen und würde Sie bitten, die Seite 3 unten zu betrachten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Auskunftsperson Weratschnig: Entschuldigung, welche Seite meinen Sie?) Seite 3 unten, bitte. (Auskunftsperson Weratschnig: Aha, Seite 3!) – Schlechte Akustik da herinnen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist schlecht. Das steht da quer.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wir geben Ihnen den Ausdruck noch, da geht es ein bisschen besser. Es hat leider eine schlechte Qualität. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka (erheitert): Es steht da quer.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (erheitert): Ich beschuldige nicht die ÖVP, bitte.

Ich lasse jetzt bewusst die Namen der betroffenen Personen, die Journalisten sind, weg. Wir wissen aus der Vorlage, worum es geht. Grundsätzlich geht es darum, dass Herr Pilnacek mit einer Journalistin Kontakt aufgenommen hat und ihr mitgeteilt hat, dass gegen eine andere Journalistin ermittelt würde.

Jetzt meine Frage: Kann man das schon unter dem Begriff Litigation-PR zusammenfassen, also dass man wirklich versucht, aktiv in ein Verfahren einzugreifen? Man plaudert Interna aus, trägt es einer anderen Journalistin zu und spielt sozusagen der zweiten beteiligten Journalistin dann wiederum den Ball zu. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also ich bin jetzt nicht der Kommunikationswissenschaftler und -experte, ich würde das aber aus der Sicht eines Justizangehörigen schon als eher ungewöhnlich qualifizieren, nämlich hier einen doch offenen Kontakt mit Insideinformations weiterzugeben. Wie gesagt, ich kann aber auch nur diesen kleinen Ausschnitt hier sehen. Ich weiß nicht, welchen Kontext das im Gesamtkontext hat. Ich persönlich hätte so etwas nicht gemacht, aber - - Ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Aber man kann sagen, das ist jetzt nicht das Standardprozedere, was die Kommunikation der Justiz mit Medien betrifft?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich bin auch nicht Mediensprecher und auch nicht entsprechend geschult, aber aus meiner Einschätzung würde ich das eher als ungewöhnlich qualifizieren.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich möchte Ihnen noch ein weiteres Dokument vorlegen, und zwar das Dokument 26302, und würde Sie ersuchen auf Seite 22 nachzuschauen. Das sollte jetzt besser lesbar sein.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Seite 22?

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Seite 22, ja. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Relativ oben, Stichwort „Durchblick“; aber ich werde es dann eh verlesen.

Das ist sozusagen die andere Seite der Medaille. Auf der einen Seite haben wir ganz unverhohlen die Kommunikation von Herrn Pilnacek nach außen zu einer Journalistin gehabt, wo wirklich Interna weitergegeben worden sind, und jetzt sehen wir einen Chat, in dem Herr Pilnacek mit Herrn Fuchs über eine Journalistin kommuniziert. Das ist aus meiner Sicht schon bemerkenswert, und da möchte ich ein paar Dinge zitieren.

Es ist da zu einem Austausch eines Bildes gekommen, konkret war es das Foto oder der Screenshot von einem Tweet, und Herr Pilnacek antwortet hier: „Lässt sich nicht öffnen; aber sie hat einen - von mir geförderten-Durchblick, hG“ – herzliche Grüße.

Das heißt also, man bezieht sich hier auf den Tweet einer Journalistin aus dem Untersuchungsausschuss. Der Tweet hat sich als Bild nicht öffnen lassen, aber am Ende kommt heraus, dass diese Journalistin auf jeden Fall im Hintergrund schon von Herrn Pilnacek aufgeklärt worden ist, was der Zusammenhang hier ist.

Weiters – und das finde ich gar nicht besonders höflich von Herrn Pilnacek, was er dann noch weiter schreibt – wird da eben darüber diskutiert, wie das mit Hintergrundgespräch und so weiter möglich wäre. Und er schreibt dann – und das halte ich wirklich für einen unfreundlichen Akt dieser Journalistin gegenüber –: „Ja, Zusammenhänge, die man konstruieren kann ....den größeren sieht sie nicht“.

Das ist so eine Wertung, die da intern zwischen den beiden vorgenommen wird. Herr Fuchs springt ihm dann noch zur Seite und sagt: „falls benötigt und sinnvoll, wäre ich für ein HG-Gespräch“ – Hintergrundgespräch – „mit ihr zu haben“.

Das ist die andere Seite, die ich interessant finde und hinsichtlich derer ich auch gerne von Ihnen wissen würde, ob das grundsätzlich innerhalb der Justiz, innerhalb der Staatsanwaltschaften praktiziert wird, dass man sich gegenseitig vom Vorgesetzten herunter und umgekehrt ausmacht, wer welchen Journalisten sozusagen brieft und wie dann Zusammenhänge erklärt werden. Ist das aus Ihrer Sicht ein üblicher Vorgang?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wie erwähnt bin ich nicht Mediensprecher und auch nicht entsprechend geschult, aber es gibt auch bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien eine Medienstelle, die eigentlich für Medienkontakte zuständig ist. Aus dieser Chronologie der Nachrichten schließe ich, dass hier offensichtlich ein ständiger Austausch mit der entsprechenden Journalistin bestanden hat. Auch im Justizministerium gibt es dafür eine eigene Medienstelle, und ich denke, dass das der richtige Weg wäre, um mit den Medien zu kommunizieren.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wir wissen ja, dass es eine ÖVP-Kampagne gegen die WKStA gegeben hat. Die ist ja von Regierungsmitgliedern abwärts durchgezogen worden, auch Herr Hanger hat ja heftige Kritik an der WKStA geübt. Ist Ihnen in dem Zusammenhang aufgefallen, dass es spezielle Medien gibt, die besonders negativ über die WKStA berichten? Oder gibt es eine Häufung von Negativberichten in Medien? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Abgeordneter, wir bewegen uns wirklich an der Grenze zwischen Einschätzung und Wahrnehmungen. Da waren schon einige Fragen dabei, die im Bereich der Einschätzung waren.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke, Herr Verfahrensrichter, dass Sie mich wieder eingenordet haben. Dann werde ich die Frage korrekter stellen: Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass spezielle Medien oder vielleicht auch einzelne Journalisten besonders negativ über die WKStA berichtet haben? Ist da in Ihrer Wahrnehmung etwas auffällig geworden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also als Medienkonsument ist mir schon auch aufgefallen, dass es bei einzelnen Medien bestimmte Tendenzen gibt und hier auch bestimmte kritische Töne kommen – das ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Haben Sie eine Wahrnehmung dazu, dass gegen die WKStA medial kampagnisiert worden ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, das habe ich auch im Eingangsstatement erwähnt, es wurde ja hier eine Medienkampagne gemacht, indem sehr hohe Repräsentanten und Amtsträger der Republik sich über die Justiz und im Besonderen die WKStA geäußert haben. Das war sicher beispiellos, ja.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie haben noch 20 Sekunden.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Speziell auch Ministerin Edtstadler als stellvertretende Leiterin.

Letzte Frage: Noch einmal zurück zum Tweet von Frau Sachslehner, die geschrieben hat: „Aus den Beinschab-Aussagen geht eindeutig hervor, dass Sebastian Kurz stets zu Recht alle Vorwürfe zurückgewiesen hat. Die @volkspartei hat sich zu jeder Zeit an der Aufklärung aller Vorwürfe beteiligt.“

Ist es Ihre Wahrnehmung, dass das so ist, was Frau Sachslehner gesagt hat, oder ist es eher die Unwahrheit oder eine andere Sicht der Dinge gewesen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also die Aufgabe des Staatsanwaltes oder der Kollegen auch im Ibizateam ist es, sämtliche Beweise zu sammeln, zu gewichten, inklusive Einvernahmen – sind ein wesentlicher Teil. Es sind ja, wie auch bekannt und durch die Aktenvorlage bekannt, noch nicht alle Beschuldigten einvernommen worden, es sind noch nicht alle Zeugen und es sind auch nicht alle Daten hier. Eine solche Abschätzung würde ich als Staatsanwalt erst dann treffen, wenn sämtliche Beweisergebnisse vorliegen, um das auch entsprechend in einem Gesamtkontext beurteilen zu können.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke. Aus meiner Sicht ist das eine enorme Text-Bild-Schere.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: 4 Sekunden drüber.

Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen, ob Thomas Schmid eigentlich schon früher zu seiner Einvernahme geladen worden wäre?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Bitte mich nicht jetzt an genauen Terminen festnageln. Es hätte schon einen Termin im Dezember gegeben, glaube ich, Anfang Dezember, aber der wurde kurzfristig wegen Erkrankung abgesagt – das ist ein Termin, der mir in Erinnerung ist –, und eben den besagten Termin von Anfang dieser Woche. Ob weitere Termine oder weitere Vernehmungen geplant gewesen wären, ist mir über diese zwei genannten hinaus jetzt nicht in Erinnerung.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und diese Verschiebung um drei Monate ist vonseiten der WKStA so vorgeschlagen worden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja. Ja, also wir haben nicht vorher noch einen Versuch unternommen, ihn wieder zu laden, ja.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Waren Sie bei der Einvernahme dabei?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nein.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen, wie die Einvernahme verlaufen ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich würde auch hier einzelne Ermittlungshandlungen nicht kommentieren oder bewerten. Eine finale Bewertung erfolgt nach Abschluss der Ermittlungen, und das wäre jetzt auch zu früh gegriffen. Aber wie gesagt, ich war auch nicht dabei, ich habe auch das Protokoll nicht gelesen, also kann ich jetzt inhaltlich auch nichts Wesentliches dazu beitragen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Aber nur: Ob es kurz war, lang war, aussagekräftig?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Es war eher kurz, nach der Rücksprache mit den Kollegen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie hat denn die WKStA vom Beinschab-Tool erfahren? Wie war das?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auch das ist im Auswertungsbericht zu diesem Ermittlungsstrang dokumentiert. Auch hier ist man im Zuge der Auswertungen des Datenbestandes vom Mobiltelefon Schmid auf Nachrichten gestoßen, die eben eine weitere strafbare Handlung indizieren, und dann hat man das hier entsprechend bewertet und gesichtet.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Waren Sie bei der Hausdurchsuchung bei Beinschab auch dabei?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Nein, die ist ja zeitgleich mit Fellner erfolgt, und ich war eben am Standort Fellner.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Im Vorfeld gab es ja immer wieder diese Gerüchte, dass eine Hausdurchsuchung bevorstand. Haben Sie Wahrnehmungen dazu, ob geplante Zwangsmaßnahmen bereits vorab irgendwie bekannt wurden?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Es gibt natürlich Hinweise und Indizien und es gibt auch mehrere Strafverfahren diesbezüglich über mögliche Verletzung des Amtsgeheimnisses. Die WKStA hat auch, als es um die Hausdurchsuchung bei Thomas Schmid gegangen ist, einen entsprechenden Amtsvermerk gemacht und das an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Konkrete Ergebnisse kann ich Ihnen nicht nennen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gibt es die Wahrnehmung, dass es innerhalb der Weisungskette im BMI irgendwelche Leaks Richtung BAK, Richtung Weisungskette nach oben gegeben hat?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Jede Zwangsmaßnahme geht durch sehr viele Hände. Das ist die Weisungshierarchie in der Justiz, ist aber auch die Polizei, wobei ich natürlich über die internen Berichtswege im Bereich der Kriminalpolizei nicht informiert bin, wie das genau läuft. Ich gehe aber davon aus, dass die vorgesetzten Dienststellen über brisante geplante Hausdurchsuchungen informiert werden, aber welche Personen wann konkret Kenntnis aus der Sicht des Innenministeriums haben, dazu habe ich keine Wahrnehmung. Aber es sind natürlich schon einige Personen. Wenn Sie denken, eine Durchsuchung bei zehn Standorten und pro Standort braucht man Minimum fünf bis zehn oder fünf, sechs Leute, dann kommen schon sehr viele Personen zusammen, die Kenntnis von einer bevorstehenden Zwangsmaßnahme haben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sie geben die Information der Zwangsmaßnahme sozusagen dem BAK weiter. Was passiert dann?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Der ermittelnden Polizei – sei es die Soko oder - - In dem Fall, Beinschab, war es das BAK, ja. Wir haben versucht, sie auch möglichst sehr spät zu informieren, nur einen eingeschränkten Personenkreis.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Was heißt „spät“? Können Sie es detaillierter sagen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich weiß es jetzt nicht mehr genau. Wir haben natürlich gesagt, wo wir es vorhaben, damit man den Standort analysiert und auch die Personen entsprechend durchleuchtet, ob Waffen und so weiter da sind, um das auch entsprechend vorbereiten zu können.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und trotzdem wurde bei der Auswertung des WLAN-Routers festgestellt, dass dementsprechend Sachen im Verlauf gelöscht wurden. Gibt es Anhaltspunkte, dass Sabine Beinschab bereits über die bevorstehende Hausdurchsuchung informiert worden ist?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Es gibt, glaube ich, hier eine Chatnachricht, aber, wie gesagt, ich weiß das jetzt nicht mehr im Detail auswendig. Ob das konkret mit der Hausdurchsuchung im Zusammenhang steht, kann ich jetzt nicht genau angeben. Ich weiß nur, es hat zeitnah einen Kontakt mit Herrn Fleischmann gegeben, aber ich habe jetzt nicht den konkreten Inhalt der Nachrichten in Erinnerung.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sind die Geräte von Frau Beinschab schon komplett ausgewertet?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Sie sind definitiv angesehen worden. Mit einer kompletten Auswertung ist es so, dass man das nie beurteilen kann. Es werden ja manchmal die Inhalte mehrfach gelesen. Vielleicht ergibt sich das später, wenn man einen anderen Erkenntnisstand hat, wieder, dass man bereits Gelesenes neu bewerten muss. Insoweit kann man hier schwer sagen, ob das abgeschlossen ist oder nicht, weil das ja ein ständiger dynamischer Prozess ist.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es war auch die Rede, dass Daten gelöscht worden sind. Konnten Daten teilweise wiederhergestellt werden? Gab es Zugriffe auf E-Mail-Konten? Wurden bei Frau Beinschab ein Amtshilfeersuchen oder irgendwelche anderen Schritte unternommen?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ja, wurden auch unternommen. Ich glaube, bei einem GMX-Account wurde wieder im Wege der Rechtshilfe ersucht, uns die entsprechenden Daten zu übermitteln. Das wurde natürlich auch versucht oder wurde auch gemacht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es ist auch die Rede von einem I-Phone 6 gewesen beziehungsweise ist in einem Suchverlauf – neben anderen Sachen – gestanden: „iCloud löschen iPhone 6“. Also wir können das auch gerne vorlegen. Das ist das Dokument 136028, Seite 4. Da ging es ganz konkret um ein I-Phone 6. Es wurde bei Frau Beinschab auch eine leere Verpackung gefunden und sichergestellt, aber nicht das Telefon. Ist das Telefon schon aufgetaucht? (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Das kann ich Ihnen leider nicht beantworten, das weiß ich nicht. Diese Frage könnte am ehesten Kollege Purkart beantworten. Ich habe dazu keine Wahrnehmung. (Dritter Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gibt es sonst irgendwelche Auffälligkeiten bei Hausdurchsuchungen, also in Velden bei Frau Beinschab oder an sonstigen Standorten?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Soweit ich es in Erinnerung habe – ich habe jetzt auch nicht sämtliche Aktenvermerke durchgelesen –, sind keine Besonderheiten oder Auffälligkeiten berichtet worden.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Bei Herrn Pasquali war ja ebenfalls eine Hausdurchsuchung, dort wurden im Büro keine elektronischen Geräte gefunden. Gibt es dazu schon Wahrnehmungen? In einem Büro keine elektronischen Geräte? Da sind wir im Untersuchungsausschuss aber anderes gewohnt, als dass jemand keine hat.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Auch dazu habe ich leider keine eigene Wahrnehmung, und ich habe auch aus dem Ermittlungsakt keine darüber hinausgehende Wahrnehmung gemacht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Gut, ich gebe weiter zur Kollegin. Danke.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich unterbreche die Sitzung für eine kurze Stehung. – Bitte schön.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 14.40 Uhr bis 14.42 Uhr.)

*****

14.42

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Krisper, Sie wollen weitermachen? – Bitte schön.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Mag. Weratschnig, ich hätte noch einen Fragenkomplex. Es kam ja vonseiten des BMF zum Antrag auf Ausnahme von der Akteneinsicht bezüglich des Anhangs zum Bericht der Internen Revision, nämlich der Beinschab-Studien. Was sind Ihre Wahrnehmungen, warum es dazu kam und wie sich das entwickelte, endend nämlich mit Anrufen von der WKStA bei Peschorn?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Im Zuge der Übermittlung des Revisionsberichtes und eben dieser besagten Anlage wurde das Ersuchen gestellt, diesen Anhang von der Akteneinsicht auszunehmen. Dem sind wir zunächst nachgekommen. Wir haben dann beim Finanzministerium nachgefragt, um besondere Gründe darzulegen, weshalb und weswegen. Mein Letztstand ist, dass wir die Beschränkung der Akteneinsicht hinsichtlich dieses Anhanges aufgehoben haben, und das ist jetzt beim Akt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber was war die Begründung für den Antrag?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe sie leider nicht Erinnerung. Ich kann es Ihnen jetzt leider aus meiner Erinnerung nicht sagen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Der Aufhebeprozess dieses Ausschlusses von der Akteneinsicht hat ja gedauert. Ich darf Ihnen noch schnell ein Dokument vorlegen: 166525. Da findet sich auf Seite 3 eine E-Mail von Dr. Peschorn an Frau Zanetta im BMF, nämlich vom 14. Februar, in dem er schreibt: „Mit Email vom 21.“ Jänner wurde „das an das“ BMF „gerichtete Amtshilfeersuchen der WKStA vom 14.“ Jänner „übermittelt.“

Das heißt, das lag ein wenig im BMF herum und dann wiederum ein wenig in der Finanzprokuratur herum, nämlich das Ersuchen, die Akteneinsichtsbeschränkung aufzuheben, das Ersuchen, zurückzuziehen. – Sie haben es noch nicht?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich habe es noch nicht, nein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Seite 3 ist das dann. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Was war die Frage? Entschuldigung!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ob Sie diese Verzögerung auch wahrnehmen aufseiten des BMF und in der Finanzprokuratur und ob das üblich ist, dass dann der Staatsanwalt telefonisch urgieren muss?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Also diese internen Vorgänge seitens des Finanzministeriums, der Finanzprokuratur waren mir jetzt nicht bekannt. Die Ursachen für Verzögerungen - -, ob das üblich ist oder nicht üblich ist, ist irgendwie schwer zu beantworten. Manches geht schneller, manches dauert länger. Die Ursachen werden uns nicht immer oder auch selten bekannt gegeben. Also das ist jetzt, ich schätze einmal, noch im - - Ja, also ich würde sagen, das ist noch im Bereich des Tolerablen, aber warum das verzögert war und wurde, kann ich natürlich nicht beantworten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja. Man sieht auch hier nur, dass es da einfach zwischen 21. Jänner und 14. Februar innerhalb der Finanzprokuratur keine Korrespondenz und Aktivitäten gab. Wissen Sie – denn wir haben ja dieses Ersuchen auf Ausnahme von der Akteneinsicht nicht –, wer dieses Ersuchen vonseiten des BMF gestellt hat?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich glaube, dass das Dr. Peschorn übermittelt hat und er ersucht hat, dass wir es von der Akteneinsicht ausnehmen. Aber wie gesagt, ich weiß es auch nicht mit letzter Gewissheit.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke sehr.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Herr Dr. Stocker.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Da sich die Befragungszeit zu Ende neigt, darf ich fürs Protokoll zusammenfassen: Wir haben heute also keine Wahrnehmungen über eine politische Einflussnahme auf die Ermittlungen, keine Wahrnehmungen zu einem System Pilnacek in der Justiz gehört und auch keine Wahrnehmungen zu einem Konflikt zwischen der OStA Wien und der WKStA.

Jetzt komme ich zur abschließenden Frage und darf Ihnen das Dokument 1875 vorlegen. Auf Seite 4 in der Mitte wird da – das ist eine Zeugenvernehmung von Herrn Dr. Pilz – ausgeführt: „Ich würde mich als Informanten für Mag. RADASZTICS“ – ein Staatsanwalt – „bezeichnen.“ (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Meine Frage ist: Haben Sie Wahrnehmungen zum Informationsdienst des Herrn Dr. Pilz für die WKStA, und gibt es auch andere Abgeordnete, die von der WKStA als Informanten geführt werden, wenn ich das so ausdrücken darf? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Ich darf noch präzisieren: Radasztics war StA Wien, und meine Frage ist, ob es derartige Informanten, insbesondere Abgeordnete, auch in der WKStA gibt.

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Ich bin Gruppenleiter und habe natürlich nur eine eingeschränkte Wahrnehmung über die gesamten Abläufe in der WKStA. Ich denke, ohne das jetzt an einem konkreten Beispiel ausmachen zu können, dass Abgeordnete sehr wohl bei uns als Zeugen in Betracht kommen, aber konkrete, spezifische Wahrnehmungen habe ich zu Ihrer Frage nicht.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): So wie es hier dargestellt ist, läuft das so ab: Er kontaktiert den Herrn Staatsanwalt; hat ihn vorher angerufen, Termin ausgemacht und dann informiert. Sind diese Vorgänge auch in der WKStA vorhanden? Haben Sie dazu Wahrnehmungen, insbesondere bezogen auf Abgeordnete?

Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M.: Wie Sie gesagt haben, ist das ja ein Verfahren der StA Wien. Wie das hier und dort gehandhabt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich in meiner Funktion und meiner dienstlichen Wahrnehmung habe zu einer unmittelbaren Kontaktaufnahme zwischen einem Staatsanwalt und Abgeordneten keine Wahrnehmung.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Danke, dann habe ich keine Frage mehr.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Krainer, bitte. – Keine Fragen? Danke. Dann Herr Abgeordneter Hafenecker, bitte.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich finde es interessant, bei welcher Veranstaltung Kollege Stocker jetzt gewesen ist. Auch ich nutze noch die Gelegenheit für ein kurzes Statement zum Schluss, und ich komme genau zu einem anderen Erkenntnisstand. (Zwischenruf des Abg. Stocker.– Kollege Stocker, ich verstehe dich nicht durch die Scheibe.

Wir haben von einer beispiellosen Kampagne gegen die WKStA gehört. Wir haben gehört, dass die WKStA aus der WKStA heraus ausspioniert worden ist und dass diese Informationen direkt an Oberstaatsanwalt Fuchs gegangen sind. Wir haben gehört, dass Medienkampagnen gegen Staatsanwälte der WKStA vorgenommen und geplant worden sind und dann auch durchgeführt worden sind – Stichwort Staatsanwalt Adamovic. Wir haben die Information erhalten, dass die ÖVP eigentlich nicht an der Aufklärung der ganzen Sachen interessiert ist, dass Termine verschleppt werden, dass Termine nicht zugesagt werden. Also das steht im absoluten Widerspruch dazu, was Sie vorher im Zusammenhang mit Transparenz und Aufklärungswillen gesagt haben. Und wir haben noch einen weiteren Erkenntnisgewinn insofern gehabt, als dass in der WKStA Leute geparkt sind, die sich karenzieren lassen und dann wesentliche und wichtige Arbeitsplätze besetzen, die man unter Umständen nicht nachbesetzen kann und vor allem auch nicht dazu verwenden kann, die Machenschaften der ÖVP aufzudecken.

Also Kollege Stocker, für mich hat sich ein anderes Bild ergeben, aber es gilt halt vielleicht: Der Standort bestimmt den Standpunkt. (Abg. Stocker: ... eine Frage?!) – Ich habe gesagt, ich mache nur ein Statement zum Schluss.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Stögmüller, haben Sie noch eine Frage?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (erheitert): Ich kommentiere das jetzt nicht.

Mir ist ein Zitat von Ihnen noch sehr gut in Erinnerung, das Sie damals im Untersuchungsausschuss gesagt haben, Herr Oberstaatsanwalt: „Korruptionsbekämpfung ist kein Spaziergang, sondern ein Hürdenlauf im Marathonformat.“ – Mittlerweile ist das ja schon ein Ultramarathon.

Ich wünsche Ihnen viel Kraft und Durchhaltevermögen und auch, dass wir gemeinsam dieses System verbessern, dass wir in Zukunft wirklich diese Systeme ändern und dass solche Vorgänge, wie wir sie jetzt sehen und auch schriftlich jeden Tag mit Hunderttausenden Akten und SMS auch immer wieder hier im Untersuchungsausschuss erleben, nicht mehr passieren können. Ich hoffe, das gelingt uns allen hier, weil das Kontrollinstrument des Parlaments genau dafür da ist, diese Lücken zu schließen, und es ist dafür da, von der Justizseite her die rechtliche Komponente zu schließen. Ich wünsche Ihnen und auch Ihrem gesamten Team dafür viel Kraft und Erfolg. Vielen Dank.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Da die in der Verfahrensordnung vorgesehene Befragungsdauer noch nicht vollständig erschöpft ist, frage ich den Herrn Verfahrensrichter: Haben Sie noch ergänzende Fragen?

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Danke, keine Fragen mehr.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Da keine Fragen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson für beendet. Herr Mag. Dr. Bernhard Weratschnig, MBA LL.M., ich bedanke mich für Ihr Erscheinen und hoffe, dass Sie gut nach Hause kommen.

 



[1] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson:[…] § 27 StPO […]“ statt […] § 27 […]"

[2] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] zu Frage nach § 26 StPO […]" statt […] zu Frage 26 […]"

[3] Angenommener Einspruch des Verfahrensrichters gem. § 20 Abs. 3 VO-UA: Von der Veröffentlichung des Klarnamens wurde abgesehen.

[4] Angenommener Einspruch des Verfahrensrichters gem. § 20 Abs. 3 VO-UA: Von der Veröffentlichung der Textpassage wurde abgesehen.

[5] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] gleichzeitiger Weisungsfreistellung […]" statt „[…] gleichzeitigen Dienstfreistellung […]"