467/KOMM XXVII. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen
ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)
(4/US XXVII.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter in der 9. Sitzung vom 31. März 2022

Der Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 15. Sitzung am 4. Mai 2022 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2022 05 04

                  Mag. Corinna Scharzenberger                                         Mag. Friedrich Ofenauer

                                    Schriftführerin                                                              Vorsitzender-Stellvertreter


 

Untersuchungsausschuss

betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder
(ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)


Stenographisches Protokoll

 

9. Sitzung/medienöffentlich

 

Donnerstag, 31. März 2022

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Gesamtdauer der 9. Sitzung
9.07 Uhr – 19.17 Uhr

 

Camineum

Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich komme zur Belehrung der heutigen Auskunftsperson. Es ist Herr Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter. Herr Dr. Brandstetter, das Blatt mit Ihren Personaldaten, das Sie vor Eingang in die heutige Anhörung ausgefüllt haben, entspricht, davon gehe ich aus, der Richtigkeit. (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) – Ja, okay.

Herr Prof. Brandstetter, obwohl Sie natürlich als Universitätsprofessor sehr genau über Ihre heutige Position Bescheid wissen, ist das so in unserer Verfahrensordnung vorgesehen. Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder als Auskunftsperson zu den Themen Beeinflussung von Ermittlungs- und Aufklärungsarbeit sowie Begünstigung bei der Personalauswahl angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Ich weise Sie auf diese schriftliche Belehrung hin. Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und auch vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor diesem Ausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 des Strafgesetzbuches wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung ebenfalls entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung wären im Einzelfall anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.

Dem Ausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von Ihrer Vertrauensperson an sich genommen werden. Weder Sie noch Ihre Vertrauensperson dürfen davon Kopien, Notizen oder Auszüge anfertigen.

Sie selbst sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

Damit bin ich mit meinen Worten hinsichtlich Ihrer Person, Herr Prof. Brandstetter, am Ende. Ich komme jetzt auf Ersuchen des Herrn Vorsitzenden zur Belehrung der Vertrauensperson.

Herr Dr. Stefan Benner, Sie haben angegeben, Sie sind Pensionist, in Wirklichkeit sind Sie ehemaliger Staatsanwalt, deshalb gehe ich davon aus, dass Sie über Ihre Position heute ausreichend Bescheid wissen. Nichtsdestotrotz habe ich auch die Aufgabe, Ihnen ein paar Worte zukommen zu lassen.

Ich belehre auch Sie über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage. Auch eine allfällige Mittäterschaft an einer vorsätzlich falschen Aussage vor dem Ausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 des Strafgesetzbuches mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden. Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz.

Die Auskunftsperson kann Sie als Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen und Sie können sich mit der Auskunftsperson ohne zeitliche Beschränkung beraten. Die Auskunftsperson darf dabei jedoch nicht an der Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflusst oder gar gehindert werden.

Sie selbst sind nicht berechtigt, das Wort im Untersuchungsausschuss zu ergreifen. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson steht es Ihnen frei, sich unmittelbar an mich als den Verfahrensrichter oder an die rechts neben mir sitzende Frau Verfahrensanwältin zu wenden.

Herr Vorsitzender, ich bin damit mit meinen Belehrungen am Ende. Ich danke.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter.

Als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Wollen Sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen? (Die Auskunftsperson bejaht dies.)  Sie darf 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte sehr, Herr Doktor.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrte Frau Verfahrensanwältin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte vorweg nur sagen, dass ich heute keinen Rechtsvertreter mit mir habe. Rechtskundig, glaube ich, bin ich selber. Meine Vertrauensperson ist ein Studienfreund und Studienkollege von mir, er ist mittlerweile pensionierter Staatsanwalt, und deshalb weiß ich auch, dass sich sein Name mit weichem B schreibt, nicht mit hartem – das wollte ich nur sagen. Wir haben durch die Namenszuteilung viele gemeinsame Prüfungen gemacht. – Das nur dazu.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich bin durchaus auch froh darüber, dass ich heute die Chance habe, zur Aufklärung dieser Vorwürfe beizutragen. Sie dürfen mir glauben, diese Vorwürfe, um die es hier geht, nämlich der Verdacht der parteipolitischen Instrumentalisierung von Strukturen des Bundes – so habe ich das den Beweisthemen entnommen –, treffen mich persönlich wirklich sehr, und daher will ich unbedingt die Chance nützen, hier dazu auch auszusagen.

Ich habe mir erlaubt, Ihnen drei Unterlagen austeilen zu lassen. Ich gebe zu, die beiden Aufsätze haben einerseits abstrakt mit dem Thema Untersuchungsausschuss zu tun. Das (die Auskunftsperson hält ein Schriftstück in die Höhe) ist der Beitrag, der kürzlich in der Zeitschrift „Medien und Recht“ erschienen ist, da geht es um die Frage, um die Rechtsfrage, inwieweit man private, persönliche Chats verwerten darf. Da wird es demnächst, glaube ich, eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes geben, die maßgeblich sein wird. Das ist nichts zum jetzt Lesen, aber es ist, glaube ich, für Sie abstrakt interessant. Wann hat man schon die Gelegenheit, so viele Opinionleader auf einmal vor sich zu haben? Daher würde ich Sie bitten, das einfach an sich zu nehmen und es irgendwann einmal, wenn Sie Zeit haben, zu lesen.

Der zweite Aufsatz, den ich Ihnen austeilen habe lassen, hat konkret mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun. Da geht es nämlich um das Verfahren, das mir auch mein eigenes Ermittlungsverfahren eingebrockt hat, nämlich das Verfahren gegen diesen Immobilieninvestor aus Wien. Was ist das Besondere an diesem Aufsatz? – Ich habe ihn deklariertermaßen auch als Vertreter und Rechtsberater in diesem Verfahren geschrieben – das habe ich auch in der Fußnote deklariert –, und da ging es mir darum, dass eine damals von der WKStA vertretene Rechtsansicht bei der Auslegung der Untreue von mir als wirklich verfehlt qualifiziert worden ist. Ich habe das in diesem Fachaufsatz mit offenem Visier kritisiert, so wie es gehört.

Und im letzten November, vergangenes Jahr, hat aufgrund einer Wahrungsbeschwerde der Oberste Gerichtshof festgestellt, dass diese meine Rechtsansicht, die ich immer vertreten habe und mit der ich einfach verhindern wollte, dass der Tatbestand der Untreue wirklich völlig ausgehöhlt und unterminiert wird und in Bereiche ausgedehnt wird, für die er nie gedacht war, dass diese Auffassung eben richtig ist.

Ich sage das auch deshalb, weil das ein schönes Beispiel dafür ist, wie rechtsstaatliche Kontrolle funktionieren soll. Wenn eine Staatsanwaltschaft eine Rechtsansicht vertritt, mit der man als Parteienvertreter konfrontiert ist, und man ist der Meinung, das ist wirklich falsch, na ja, dann soll es im Idealfall so sein, wie es hier war: Der Oberste Gerichtshof soll entscheiden, wie es richtig gehört, und so hat er es auch in diesem Fall gemacht und die Rechtsansicht der WKStA als nicht zutreffend qualifiziert. Das ist die Art und Weise wie ich glaube, dass rechtsstaatliche Kontrolle funktionieren soll.

Was meine Ausführungen betrifft, so möchte ich gleich vorweg einmal sagen, es gibt natürlich Einschränkungen rechtlicher Natur, aber es gibt nur eine Einschränkung, die ich wirklich einhalten muss, das ist die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht als Strafverteidiger und Rechtsberater. Dazu bin ich verpflichtet. Ich habe aber keine Probleme mit dem Amtsgeheimnis. Warum? – Ich habe mich beim Bundesministerium für Justiz extra noch rückversichert, habe dort angefragt, weil ich auch durchaus vorhabe, zu Personalentscheidungen interne Dinge hier auch offenzulegen, weil es mir wichtig ist. Und da wurde mir gesagt: kein Problem, ich kann das ohne Weiteres hier offenlegen und deklarieren. Man muss dann halt nur, wenn ich Namen nenne, die nicht schon im Fokus und in den Medien waren, allenfalls darauf achten – auch im Protokoll –, aber darauf achtet der Herr Verfahrensrichter sicher ganz genau, dass diese Namen da nicht aufscheinen, weil sie das auch nicht müssen.

Was das Amtsgeheimnis betrifft, habe ich mich auch deshalb vergewissern wollen – das ist nur eine kleine Anregung, das wissen wir alle –, weil ich in der Verfahrensordnung zwar gelesen habe, dass öffentlich Bedienstete hier vom Amtsgeheimnis ausgenommen sind. Aber genau genommen – jetzt bin ich vielleicht zu pitzelig – ist ein Minister eigentlich kein öffentlich Bediensteter, und da habe ich das sicherheitshalber klären wollen. Vielleicht gibt es einmal Gelegenheit, dass man das in der Verfahrensordnung klarstellt und auch klarstellt, dass auch für Minister und auch frühere Minister diese Regelung gilt. – Kein Problem damit.

Was ich aber nicht machen werde, und das sage ich Ihnen ganz offen, auch wenn es ungewöhnlich sein mag: Ich werde mich nicht auf das Entschlagungsrecht der Selbstbelastungsgefahr im eigenen Verfahren berufen. Das mache ich sicher nicht. Warum? – Ich sage Ihnen das hier wirklich unter Wahrheitspflicht: Ich kann mich bezüglich meines eigenen Verfahrens mit einer wahrheitsgemäßen Aussage nicht belasten, weil da nichts ist, was mich belasten könnte. Daher werde ich das nicht in Anspruch nehmen.

Ich habe nach so langer Zeit, muss ich schon sagen, faktische Einschränkungen betreffend das Erinnerungsvermögen. Und ich muss ehrlich sagen, ich habe auch zur Vorbereitung dieses Buch (die Auskunftsperson hält das Buch „Richtiges Verhalten vor dem Untersuchungsausschuss“ von Georg Eisenberger in die Höhe) studiert – Sie kennen es eh alle, Eisenberger, Untersuchungsausschuss –, und da bin ich ehrlich gesagt erschrocken, als ich meinen Namen hier gefunden habe. Ich habe nämlich im Jahr 2016 schon in einem U-Ausschuss ausgesagt, das war der Hypo-U-Ausschuss, in der Zeit war ich Minister. Ich bin deshalb erschrocken, weil – ob Sie es mir glauben oder nicht – ich das völlig vergessen hatte.

Wenn ich dieses Buch nicht gelesen hätte und Sie mich gefragt hätten: Waren Sie schon einmal in einem Untersuchungsausschuss?, ich hätte im Brustton der Überzeugung gesagt: Nein, war ich noch nie!, und das wäre falsch gewesen. Das macht mich ein bisschen vorsichtig, weil natürlich die Erinnerung nach so langer Zeit entsprechend eingeschränkt ist. Ich werde daher hier natürlich vorsichtig sein müssen und mich nur auf valide Erinnerung in Bezug auf Wahrnehmungen stützen. Wenn die Erinnerung einfach nicht da ist, dann kann man mit gutem Gewissen auch nichts ausschließen.

Ich möchte nicht unerwähnt lassen – das ist nicht fürs Protokoll –, ich habe […][1] natürlich auch medizinische Einschränkungen, das mag auch dazu führen, dass ich da oder dort halt einfach in der Erinnerung und im Erinnerungsvermögen beschränkt sein mag.

Kommen wir zu dem, was mir als Untersuchungsgegenstand mitgeteilt wurde, zu den Beweisthemen 3 und 4! Meine Damen und Herren, ich habe mir ehrlich gesagt - -, was ich da am Anfang studiert habe, schwer getan, mich da überhaupt einzuordnen. Ich will wirklich konstruktiv zur Aufklärung beitragen, das ist mein persönliches Anliegen, das dürfen Sie mir glauben.

Ich sehe das so, Sie können mich ja später korrigieren: Für mich ist das, was in den Unterlagen als Projekt Ballhausplatz qualifiziert wird, die Brücke in die Vergangenheit, in die Zeit, als ich Minister war. Was das Projekt Ballhausplatz betrifft, da kann ich nur sagen - - Ich habe Ihnen aus dem Buch von Reinhold Mitterlehner eine Seite austeilen lassen, wo er – natürlich aus seiner subjektiven Sicht – genau beschreibt, wie die Vorgänge waren, die jetzt in diesem Zusammenhang als Projekt Ballhausplatz bezeichnet werden. In diesem Buch komme ich ein einziges Mal vor und diese Seite habe ich Ihnen austeilen lassen. Sonst gibt es mich da nicht. Ich war da auch nicht wirklich involviert.

Es gibt einen schönen Punkt aus der Erläuterung hinsichtlich der Beweisthemen, das ist auf Seite 26 des Einsetzungsverlangens, wo darauf hingewiesen wird, dass etwa zum Stiftungsrecht Veranstaltungen seitens derjenigen abgehalten wurden, die hier diesem Projekt Ballhausplatz zugeordnet werden, „wobei das eigentlich zuständige Justizministerium nicht eingebunden war“. So war das. Ich habe das jetzt wahrgenommen, ja, ist so gewesen. Ich habe durch diese Unterlagen, die ich bekommen habe, auch einiges erstmals wahrgenommen.

Der zweite Punkt, was die Beweisthemen, die mich betreffen könnten, anlagt, sind natürlich die Postenbesetzungen, der Vorwurf des sogenannten Postenschachers. Das hat mich wirklich sehr getroffen, deshalb muss ich hier einfach dazu etwas sagen dürfen – unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte derjenigen, die nicht ohnehin schon in den Medien entsprechend genannt wurden. Ich möchte dazu nur Folgendes sagen – weil da immer wieder auch gesagt wird: ja, da gibt es Vorschläge der Personalkommission, und wenn man sich an die nicht hält, dann wäre das nicht in Ordnung; das stimmt so nicht –: Es gibt aus meiner Sicht bei der Besetzung der Höchstorgane auch in der Justiz ein sehr ausgewogenes System von Checks and Balances. Da gibt es einmal die Vorschläge der Personalkommissionen, die haben natürlich auch ihre spezifischen Interessen, da spielen viele Dinge eine Rolle, die man manchmal auch kritisch hinterfragen muss, vor allem wenn man selber vom Fach ist, so wie ich. Das ist aber sozusagen durchaus sinnvoll, dass es hier einmal entsprechende Vorschläge mit einer Reihung – normalerweise eins, zwei, drei, muss aber nicht sein – gibt.

Dann kommt das ins Ministerium. Der Minister ist natürlich persönlich verantwortlich für seine Entscheidung. Er muss wirklich die Entscheidung so treffen, wie er sie fachlich für richtig hält, und dann gibt es ja bei den Höchstorganen, bei den höchsten Positionen ja auch noch den Bundespräsidenten. Das darf man nicht unterschätzen. Ich habe in meiner Zeit immer wieder sehr konstruktive Diskussionen mit Bundespräsident Fischer geführt. Das ist nicht so, dass sich der Bundespräsident da nicht – durchaus zu Recht – auch entsprechend konstruktiv einmischen würde.

Ich möchte dazu vielleicht noch Folgendes sagen: Ich habe einem kürzlich erschienenen Interview mit meiner Amtsvorvorgängerin Maria Berger im „Kurier“ – das war im „Kurier“ vom 6. Februar 2022 – entnommen, dass sie einerseits sagt, sie könne meine Entscheidung in Bezug auf Kollegin Marek jetzt nicht nachvollziehen, aber auch, dass man sich nicht immer an diese Vorschläge der Personalbesetzungskommissionen halten kann, und das ist auch richtig so.

Es gibt dafür gerade aus der Zeit der Kollegin Berger, aus der Zeit ihrer Ministerschaft, zwei Beispiele, die ich bewusst erwähnen möchte, die mir auch noch in Erinnerung sind. Zu ihrer Zeit ging es um die Besetzung der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck. Sie hat damals Kollegin Loderbauer vorgeschlagen – bitte auch wieder fürs Protokoll: Diesen Namen sollte man nicht nennen, aber ich will es Ihnen sagen, weil es wichtig ist. Die Kollegin war aber, wenn überhaupt, dann ganz weit hinten gereiht. Sie finden das medial, das poppt sofort auf. Der Herr Bundespräsident hat sich damals eingeschaltet und hat gesagt, dass man hier von der Personalkommission und ihren Vorschlägen abgeht, das will er schon genau prüfen. Kollegin Berger hat das als Ministerin getan und ich sage Ihnen ganz offen: Richtig war es! Sie hat richtig entschieden, denn nach meiner Wahrnehmung war diese Personalentscheidung zugunsten der Kollegin Loderbauer absolut richtig – auch nach meiner Wahrnehmung. Gut war es.

Da gab es noch eine zweite Entscheidung in ihrer Amtszeit, die zeigt, dass man einfach nicht immer nach diesen Vorschlägen gehen darf, das war die Besetzung der Gerichtsvorstehung in Wien Meidling. Sie hat diese Funktion mit einem früheren Kabinettsmitarbeiter von ihr, Kollegen Oliver Scheiber, besetzt. Auch diese Entscheidung halte ich persönlich, aufgrund meiner Wahrnehmung und meiner Erfahrung mit der Art und Weise, wie er das Bezirksgericht geführt hat und immer noch führt, für richtig. Gut war es.

Ich habe vor allem – das hat mich sehr beeindruckt – in der Ministerzeit gerne auch an diversen Kulturveranstaltungen teilgenommen, mindestens dreimal, die Kollege Scheiber in dieser Funktion gemacht hat – weit über das, was er eigentlich als Gerichtsvorsteher normalerweise tun müsste, hinausgehend. Also dass man sich an diese Personalkommissionsvorschläge nicht immer halten kann und darf, wenn man seine Entscheidung wirklich pflichtgemäß wahrnehmen muss, das ist einfach so. Jeder, der sich in diesem Bereich auskennt, wird Ihnen das bestätigen.

Ich würde nicht so weit gehen, nur weil es mir gerade einfällt, in dem Zusammenhang den Ausdruck Nepotismus zu verwenden, der, glaube ich, von meinem Vorvorvorvorgänger Ofner einmal verwendet wurde, der gemeint hat, bei den Personalkommissionen spielen so viele persönliche Netzwerke auch eine Rolle. Nein, das möchte ich in dem Zusammenhang nicht sagen, aber man muss das halt auch kritisch hinterfragen und kritisch hinterfragen dürfen.

Jetzt möchte ich bitte wirklich zur Personalentscheidung zugunsten der Kollegin Marek, als es um die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Wien ging, etwas Inhaltliches sagen. Ich bitte wie gesagt nur darum, dass man bei den Namen jener Personen, um die es in dem Kontext auch geht, vorsichtig ist, was die Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte betrifft. Das Ganze hat ja damit begonnen, dass diese Position dadurch, dass Kollege Pleischl zum Generalprokurator ernannt wurde, frei wurde. Ich habe ihn dazu aus voller Überzeugung vorgeschlagen. Er hat damals auch eine Idee entwickelt, die mir bis heute sehr gut gefällt, nämlich eine Art Vorabentscheidungsverfahren innerstaatlich durch die Generalprokuratur bei Rechtsfragen, damit die Staatsanwaltschaften nicht allzu lange in eine falsche Richtung gehen und man sie vorher durch eine OGH-Entscheidung halt auch entsprechend korrigieren kann, wie das übrigens – ich beziehe mich auf meinen Aufsatz, der Ihnen vorliegt – ja in dem Fall auch passiert ist.

Bei der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft war für mich nach meiner Erinnerung, soweit ich mich erinnere, Folgendes maßgeblich: Es gab zwei Bewerbungen, dann auch die Bewerbung der Kollegin Marek, und für mich war damals, in dem Kontext wichtig, dass die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Wien auch für eine wirklich konsequente Fachaufsicht über die normalen Staatsanwaltschaften sorgt. Warum? – Das war 2014. Wir hatten damals noch unter den Nachwehen des Tierschützerprozesses in Wiener Neustadt zu leiden. Der hat uns viel gekostet – an Kosten und auch an Reputation; damit meine ich jetzt die Reputation der Justiz –, und daher war mir wichtig, dass dafür eine entsprechende fachliche Aufsicht vorhanden ist.

Kollegin Marek – das muss ich schon sagen, so geht es mir ja mit fast allen Bewerberinnen und Bewerbern – kannte ich natürlich fachlich sehr gut. Sie hat ja einiges publiziert. Ihr Standardwerk, „Korruption und Amtsmissbrauch“ ist ja, glaube ich, schon in 15 Auflagen erschienen. Sie hat sich vor allem auch bei diversen Fachveranstaltungen, bei Fortbildungsveranstaltungen intensiv betätigt. Sie hat ein großes Interesse für Wirtschaftsstrafrecht gehabt und sie war ja auch – das darf man nicht vergessen – stark in die Reform der Strafprozessordnung, die 2008 in Kraft getreten ist, eingebunden. Sie war vorher im Ministerium. Sie hat natürlich auch im Ministerium alle noch gut gekannt, und daher war sie für mich fachlich einfach die Bestqualifizierte für diese Funktion, für das Anforderungsprofil der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft. Das ist auch immer eine Frage des Anforderungsprofils.

Bei Kollegin Vrabl-Sanda – jetzt bitte wieder auf die Persönlichkeitsrechte achtzugeben –, die erstgereiht war, war es so, dass sie damals nur relativ kurz bei der WKStA gewesen ist. Wenn ich mich recht erinnere, wurde sie 2012 Leiterin der WKStA. Die WKStA war für mich damals insofern eine spezielle Sache, als wir die Absicht hatten, sie auch entsprechend auszubauen. Das ist in meiner Zeit auch passiert. Wir haben damals die Außenstellen in, glaube ich, Linz, Graz und Innsbruck eröffnet. Ich wollte unbedingt die 40 Planstellen, die vorgesehen waren, auch wirklich bekommen und zuteilen können. Das war ein bisschen ein Kampf mit dem Budget, aber ich habe es letztlich erreicht.

Bei der WKStA war für mich die Fachaufsicht damals, aus meiner damaligen Sicht, nicht so ein Problem. Warum? – Weil es den Ausbildungslehrgang von der Wirtschaftsuni Wien speziell für die Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte der WKStA gegeben hat, an dem ich selber beteiligt war, den ich mitkreiert habe. Daher bin ich davon ausgegangen, die kriegen eine spezielle, spezifische Ausbildung. Da hatte ich wirklich keine Sorge, dass man hier vielleicht, wie bei anderen Staatsanwaltschaften, fachlich halt entsprechend öfter eingreifen müsste. Das war jedenfalls damals meine Überlegung.

Weil die Frage sicher kommen wird, nehme ich sie vorweg: Ich wäre in keiner besonderen Verlegenheit gewesen, wenn es die Bewerbung der Kollegin Marek, die fachlich für diese Position für mich die Bestqualifizierte war, nicht gegeben hätte. Ich muss aber auch sagen, dass dann auch für mich die Überlegungen bezüglich der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft schon auch entsprechend zu berücksichtigen gewesen wären.

Ich vermute, das ist jetzt nur ein bissel spekulativ, dass ich dann, wenn es nur die beiden Bewerberinnen Vrabl-Sanda und – jetzt bitte wieder den Namen möglichst nicht im Protokoll nennen – die zweite Bewerberin, das war damals die Leiterin der Staatsanwaltschaft Wien, Hofrätin Nittel - -, wahrscheinlich Hofrätin Nittel vorgeschlagen hätte. Warum? – Ich hätte mir dann schon im Kopf durchaus gut vorstellen können, wie man dann die Leitung der Staatsanwaltschaft Wien optimal besetzt. Das war meine Überlegung damals, und zu der stehe ich. Ich würde heute diese Entscheidung genauso treffen.

Als es dann 2016 um die Besetzung der Generalprokuratur gegangen ist, da war für mich Plöchl einfach fachlich bestgeeignet, bestqualifiziert. Damals war die Reihung so – da habe ich mich schon ein bisschen gewundert –: Ich glaube, erstgereiht war Kollege Plöchl, wie gesagt, der sollte auch nicht im Protokoll aufscheinen und auch medial war er, glaube ich, bisher nicht wirklich in dem Kontext genannt. Zweitgereiht war dann Kollege Pilnacek und drittgereiht war Kollegin Marek. Das hat mich ein bisschen gewundert; aber, wie ich gesagt habe, bei den Vorschlägen der Personalkommission muss man schon auch immer wieder kritisch hinterfragen: Wie kommt’s dazu? Ich kann Ihnen daher versichern, und das kann ich gerne auch noch vertiefen, dass für mich hier wirklich immer nur sachliche Gründe im Vordergrund waren, egal, ob es jetzt um die Bestellung von Werner Pleischl zum Generalprokurator oder von Eva Marek zur Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Wien gegangen ist.

Jetzt nur noch eine letzte Bemerkung, einfach weil das offenbar in Vergessenheit geraten ist, aber das möchte ich schon sagen: Wissen Sie – deshalb auch meine Bitte, dass Sie die Aufsätze vielleicht doch irgendwann einmal, wenn Sie Zeit haben, lesen –, ich komme aus der Wissenschaft. Ich habe anders als Sie das politische Handwerk nicht gelernt, ich bin ein Quereinsteiger und ein Queraussteiger gewesen. Ich habe am Anfang – und das ist völlig in Vergessenheit geraten – durch meine jahrzehntelange Freundschaft mit Michael Spindelegger, der damals eben Parteiobmann der ÖVP und dann Vizekanzler war, die Möglichkeit bekommen, Justizminister zu werden. Ich habe von Anfang an öffentlich gesagt – und das kann man nachlesen –, ich kann das nur machen, wenn und so lange ich das Vertrauen beider Regierungspartner habe, sowohl der ÖVP als auch der SPÖ. Wenn mir von einem der beiden Regierungspartnern das Vertrauen entzogen worden wäre, dann wäre ich gegangen, dann hätte ich natürlich meinen Hut genommen. Ich habe meine Funktion wirklich nach bestem Wissen und Gewissen immer parteiunabhängig ausgeübt. Deshalb trifft mich dieser Vorwurf, der parteipolitischen Instrumentalisierung von Ministerien, im konkreten Fall des Justizministeriums, wirklich ganz besonders.

Eines möchte ich Ihnen aber schon noch sagen, das ist eh schon der Abschluss, ich habe einem Interview meines Nachnachfolgers Jabloner, das war am 4. Juli 2018 in der „Tiroler Tageszeitung“, einen sehr klugen Gedanken entnommen. Er sagt dort – Sie können es nachlesen –: Wir haben in der letzten Zeit durchaus Fachminister gehabt – da habe ich mich angesprochen gefühlt –, aber denen fehlte einfach die parteipolitische Durchsetzungskraft, die parteipolitische Verankerung. – Das habe ich insofern gespürt, das ist richtig, insbesondere in der Zeit nach Spindelegger, als ich hier Probleme mit dem Budget hatte. Ich habe wirklich immer, ich sage es auf Wienerisch, raufen müssen mit dem Finanzministerium, konkret auch mit Thomas Schmid. Ich möchte mich da bitte schon wieder auf den Persönlichkeitsschutz beziehen. Ich habe ja diese Chats nicht, aber nach allem, was ich aus den Medien weiß: Es ist ja kein Zufall, dass es nicht viele Chats zwischen mir und Herrn Thomas Schmid geben kann, weil wir immer durchaus konfrontative und kritische Gespräche wegen des Budgets hatten. Ich war da immer unzufrieden.

Da hat Kollege Jabloner mit seiner Feststellung, dass die Justiz unterbudgetiert war, völlig recht gehabt. Das habe ich auch immer vertreten. Ich konnte mich noch mit Rücklagen mehr oder weniger durch die Probleme, die wir da hatten, durchkämpfen. Ich war deshalb auch noch in das Regierungsprogramm 2017 eingebunden, weil mir wichtig war, dass man hier versucht, auch eine Verbesserung für die Justiz zu erreichen.

Das muss man klar so sehen: Das war so, so war ich, dazu stehe ich. Ich stehe aber auch zu einem, und das möchte ich Ihnen als letzten Satz schon sagen: Sie werden keine einzige Personalentscheidung von mir finden, bei der parteipolitischer Einfluss die Wahl des oder der Bestgeeigneten verhindert hätte. Dazu stehe, das sage ich Ihnen hier unter Wahrheitspflicht, und dazu gebe ich gerne noch mehr Auskünfte. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke für die Stellungnahme und darf den Herrn Verfahrensrichter um die Durchführung der Erstbefragung ersuchen.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Prof. Brandstetter, Sie haben in Ihrer sehr ausführlichen einleitenden Stellungnahme schon einige meiner Fragen vorweggenommen. Deshalb kann ich mich mit meiner Erstbefragung etwas kürzer halten.

Sie haben in Ihrer Stellungnahme davon gesprochen, dass Sie einen Immobilieninvestor in Wien kennen. Den haben Sie zwar nicht namentlich genannt, ich möchte ihn namentlich nennen und Sie fragen, ob das Dr. Tojner ist.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, das ist richtig.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Gut, dann komme ich zu Dr. Tojner: Am 25. Juni 2019 fand in den Geschäftsräumlichkeiten des Herrn Dr. Tojner eine Hausdurchsuchung statt. Dazu wollte ich Sie fragen, ob Sie zu dieser Hausdurchsuchungen irgendwelche Wahrnehmungen haben. Haben Sie damals Herrn Dr. Tojner vertreten?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich habe Dr. Tojner damals (Verfahrensrichter Pöschl: Als Verteidiger in Strafsachen?) als Verteidiger in Strafsachen und Rechtsberater vertreten, wobei die Vertretung nach außen sozusagen zentriert auf eine andere Kanzlei war – die ich jetzt namentlich nennen könnte, das wird eh bekannt sein –, aber ich war in allen strafrechtlichen Belangen eben auch eingebunden für Dr. Tojner, der mein Mandant war.

Ich habe zur Hausdurchsuchung am 25.6.2019 keine Wahrnehmungen. Da war ich nicht dabei. Ich habe aber sehr wohl Wahrnehmungen darüber, was davor gewesen ist. Wie ich gesagt habe: Ich würde mich jetzt nur durch das berufliche Verschwiegenheitsgebot einschränken lassen, das ist klar, aber nicht durch die Gefahr der Selbstbelastung, denn mir wird ja in meinem Verfahren vorgeworfen – das wissen Sie –, dass ich Sektionschef Pilnacek dazu angestiftet hätte, mir diese Hausdurchsuchung zu verraten. Da sage ich Ihnen ganz offen, wenn ich das darf und wenn Ihnen das recht ist: Das stimmt einfach nicht. Ich sage das hier mit vollem Risiko unter Wahrheitspflicht in der Hoffnung, dass vielleicht das auch den Staatsanwalt davon überzeugen kann.

Aus meiner Sicht lässt es sich auch widerlegen. Es war der Informationsfluss umgekehrt. Ich habe von der zentralen Rechtsvertretung meines Mandanten erfahren, dass aus Journalistenkreisen bekannt wurde, es ist eine Hausdurchsuchung geplant. Das war ungefähr 14 Tage vorher. Daraufhin habe ich gesagt: Ja, um Gottes willen, das müssen wir der Behörde mitteilen, da ist offenbar etwas geleakt worden! – Wir haben dann auch vor der Hausdurchsuchung mit einem von mir konzipierten und von dieser Kanzlei dann auch abgefertigten Schreiben an die Behörde, an die Fachaufsicht, an die Staatsanwaltschaft geschrieben und sogar unter Beilage des E-Mails von diesem Medium unter Anonymisierung des Namens des betreffenden Journalisten oder der betreffenden Journalistin darauf hingewiesen: Bitte, wir wissen aus Journalistenkreisen, da ist eine Hausdurchsuchung geplant, erstens, wir verstehen das nicht, wir halten es für unverhältnismäßig. – Diese Hausdurchsuchung war ja nebenbei bemerkt auf der Grundlage jener Rechtsansicht der WKStA, die dann im Vorjahr, im November der Oberste Gerichtshof für verfehlt qualifiziert hat.

Wir haben auch gesagt: Bitte, das ist nicht notwendig, weil wir ohnehin bereits alles an Informationen zur Verfügung stellen, was notwendig ist!, und: Bitte bedenken Sie im Rahmen der Verhältnismäßigkeit, was für einen wirtschaftlichen Schaden so eine Hausdurchsuchung bedeutet, speziell bei einem börsennotierten Unternehmen! – um das ging es ja auch –, also das war sozusagen vorher.

Es ist nicht richtig, und ich weiß nicht, warum ich bisher auch den Staatsanwalt offenbar nicht endgültig davon überzeugen konnte. Das kann man widerlegen. Es gab nie eine Information, des Sektionschefs Pilnacek an mich darüber, dass es hier eine Hausdurchsuchung geben wird, der Informationsfluss war wirklich umgekehrt. Das sage ich hier und ich hoffe – ich meine, ich kann dazu auch einen Beitrag leisten –, dass man das endlich aufklären kann.

Ich habe den Medien entnommen – und ich möchte das noch ein bisschen ausführen –, dass dieser Vorwurf offenbar auch der Grund für die vorläufige Suspendierung des Kollegen Pilnacek war. Ich habe aber auch entnommen, dass es in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon hieß, dass dieser ursprüngliche Verdacht sich nicht erhärtet hätte – und das ist der mich betreffende. Ich habe schon vor einigen Wochen den Antrag bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck gestellt: Ich hätte gerne diese Entscheidung bekommen! – ich habe sie ja nicht –, damit ich sehe, aufgrund welcher Umstände der Richter im Verwaltungsgericht zu dieser Meinung kam. Das wäre für mich wichtig. Ich habe sie bisher nicht bekommen. Ich habe das vor vielen Wochen einem „Kurier“-Artikel entnommen, dass das offenbar so dort drinsteht, aber ich habe die Entscheidung nicht.

Ich kann Ihnen nur sagen, dieser Vorwurf trifft mich natürlich auch ganz, ganz massiv: die Vorstellung, ich hätte Sektionschef Pilnacek – bei aller freundschaftlichen Verbundenheit, die es gegeben hat, dazu stehe ich – gefragt, ob er mir irgendetwas über eine Hausdurchsuchung bei meinem Mandanten sagen könne. Das ist also wirklich etwas, was mir fast wehtut, weil das so etwas von absurd ist. In dem Fall kann ich es aber Gott sei Dank ja auch beweisen, dass der Informationsfluss eben anders war. Ich gebe zu, dass man bei erster Sichtung der Unterlagen und auch der Chats, die es da gab, den Eindruck gewinnen konnte: Na ja, da könnte irgendetwas gelaufen sein!, aber wenn man sich alles anschaut, was es dazu gibt, sowohl Chats als auch diese schriftliche Eingabe, die ja wie gesagt einige Tage vorher von mir konzipiert wurde – ich hätte sie sogar da, aber ich lege sie deshalb nicht vor, weil ich mich doch an die berufsrechtliche Verschwiegenheit halten will –, dann muss man zum Schluss kommen, diese Verdächtigung ist einfach nicht wirklich aufrechtzuerhalten. Das sage ich heute mit vollem Risiko unter Wahrheitspflicht, dazu stehe ich.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Darf ich konkretisieren, Herr Professor? Am 25. Juni 2019 war diese Hausdurchsuchung bei Tojner. Haben Sie davon gewusst? Und konkret: Haben Sie Tojner darüber informiert, dass eine Hausdurchsuchung stattfinden wird?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Verfahrensrichter - -

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Sie kennen Ihre Entschlagungsrechte, Herr Professor (Auskunftsperson Brandstetter: Ja, natürlich!), ich brauche Sie darauf nicht aufmerksam zu machen. Das ist der konkrete Vorwurf im Strafverfahren. Ich spreche das gezielt jetzt an, sage Ihnen das in aller Deutlichkeit: Sie können sich entschlagen – Sie sind auch Verteidiger gewesen –, Sie haben auch hier die Möglichkeit. Ich brauche Sie darauf nicht aufmerksam zu machen. Ich stelle Ihnen aber dennoch konkret diese Frage.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Verfahrensrichter, ich bin – ich bleibe dabei – durchaus dankbar für die Möglichkeit, das hier auch unter Wahrheitspflicht darstellen zu können. Ich berufe mich nicht auf die Selbstbelastungsgefahr. Das brauche ich nicht.

Es hat diese von mir initiierte und auch vorformulierte Schreiben dieser Kanzlei gegeben. Das ist expediert worden – ich habe es hier vor mir – am 24.6.2019 in der Früh per Web-ERV . Nachdem das Schreiben weg war, war uns schon klar – und jeder, der sich in dem Bereich auskennt, wird mir da zustimmen –: Ja, jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, entweder sie kommen gar nicht mehr oder sie kommen sofort. In dieser Zeit hatte ich keinen Kontakt persönlich, direkt mit dem Mandanten, und da entstand diese Nachricht von mir. Gemeint war, falls sie heute kommen, weil damit zu rechnen war – oder eben gar nicht –, dann soll er sich kooperativ verhalten, und das, was man üblicherweise seinem Mandanten rät. So war das. Ich habe keine Kenntnis von einem konkreten Datum gehabt. Zu rechnen war damit. Und wie gesagt: Durchgesickert ist das über die Journalisten schon knapp zwei Wochen vorher. Das war einfach so, und das lässt sich, glaube ich, auch anhand der kompletten Unterlagen verifizieren, die es eigentlich im Akt geben müsste.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, ich danke Ihnen.

Ich kann Ihnen, ich hoffe, es funktioniert über unser Tablet, ein Schreiben vom Tag der Hausdurchsuchung vorhalten, dem 25. Juni 2019, wonach Sie um 7.37 Uhr – das war rund 90 Minuten vor Durchführung der Hausdurchsuchung – an Tojner eine Nachricht geschrieben haben: „Wenn die heute kommen: ganz ruhig bleiben“. Und dann geht es weiter.

Ich hoffe, wir können dieses Schreiben hier einspielen, dann können Sie das sehen und dann würde ich gerne Ihre Antwort zu diesem Schreiben erhalten, wenn nicht, dann würde ich die Frage zurückziehen. Ich bin mir sicher, dass jemand der Damen und Herren Abgeordneten mit diesem Dokument noch kommen wird.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Kann ich mir das bitte anschauen?

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, Sie können es sich anschauen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich muss mir das anschauen. Ich habe das ja nicht. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Seite 4, ungefähr in der Mitte: „Schließlich schrieb Dr. Wolfgang Brandstetter am 25. Juni 2019, um 07:37 Uhr – somit rund 90 Minuten vor der Hausdurchsuchung – in einer längeren Nachricht an DDr. [...] Tojner unter anderem: ‚Wenn die heute kommen: ganz ruhig bleiben.... Rechtsmittel gegen diese HD“ – Hausdurchsuchung – „machen absolut Sinn. Die betroffenen Anwälte werden Versiegelung beantragen, hab das gestern mit“ (Auskunftsperson Brandstetter: Karl, nehme ich an!) „Karl noch besprochen. Bin per SMS immer erreichbar! Venceremos!‘.“ (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Haben Sie das gefunden, Herr Professor?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, das ist mir ja aus meinem Strafakt schon bekannt.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Das glaube ich. Es ist auch aus dem Strafakt heraus. (Auskunftsperson Brandstetter: Ja, es - -!) Ich sage Ihnen noch einmal, Sie haben die Möglichkeit, sich in zweifacher Hinsicht zu entschlagen, nichtsdestotrotz, glaube ich, wäre es wichtig, auch darauf eine Antwort zu geben.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Verfahrensrichter, ich bleibe dabei. Ich mache keinen Gebrauch vom Entschlagungsrecht aus Selbstbelastungsgefahr. Es war damals so, dass man nicht zuletzt aufgrund dieses von mir initiierten Schreibens, das schon einige Tage vorher von mir konzipiert worden, am 24. rausgegangen ist - -, klar, dass die Behörde reagieren wird. Die haben das ja am 24. am Vormittag gehabt. Dann war es einfach so, dass man damit rechnen musste, wenn sie kommen, dann kommen sie gleich, oder sie lassen sich von unseren Argumenten der Unverhältnismäßigkeit dieser Hausdurchsuchung überzeugen. Daher haben wir mit beiden Varianten gerechnet.

Ich hatte in der Zeit keinen direkten Kontakt mit meinem Mandanten. Daher habe ich ihn über diese Nachricht eben wissen lassen: Wenn sie heute kommen – und damit war zu rechnen, ja, als erste Variante –, dann bitte kooperativ sein, das kriegen wir schon hin. – Das ist das Übliche, was man als Rechtsvertreter seinem Mandanten sagt.

Ich wusste aber nicht: Kommen sie jetzt oder kommen sie nicht? Gerechnet haben wir alle damit. Daher bleibe ich bei dem, was ich gesagt habe. Das ist einfach so. Ich weiß schon, dass man – darum habe ich auch gesagt - - – aus diesem Chatverlauf einen Tatverdacht ableiten kann. Es ist ja auch passiert. Ich kann das aber widerlegen, nicht nur mit dem Schreiben, das schon davor an die Behörden gegangen ist, sondern es war ja die Information von der betreffenden Vertreterin dieser Tageszeitung schon knapp 14 Tage vorher da. Das lief über die Mitarbeiter von meinem Mandanten. Als ich das von dort erfahren habe, habe ich, glaube ich, richtig reagiert und gesagt, das müssen wir der Behörde mitteilen – schon auch in der Hoffnung, dass man damit vielleicht diese für das Unternehmen sehr, sehr schädliche Hausdurchsuchung abwenden kann. Die Hoffnung war auch da – aber gut, es ist anders gekommen. Ich habe aber keine konkrete Information darüber, kommen sie jetzt und, wenn Ja, wann, und mit Sicherheit auch keine Information von Kollege Pilnacek dazu gehabt. Das ist so.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich möchte noch eine kurze Frage anhängen, dann ist meine Fragezeit zu Ende: Am 25. Feber 2021 fand im Verfassungsgerichtshof – Sie waren damals Richter des Verfassungsgerichtshofes – eine Sicherstellungsanordnung bei Ihnen statt. Können Sie sich noch an diese erinnern?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Natürlich, daran kann ich mich erinnern.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Was ist Ihnen im Besonderen in Erinnerung geblieben? Was wollte man von Ihnen? Was haben Sie herausgegeben, was haben Sie nicht herausgegeben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Es war damals so: Das war an einem Freitag – soweit ich mich erinnere, bitte es kann sein, dass der eine oder andere Tag verwechselt wird, aber es war ein Freitag –, und am Mittwoch davor habe ich von einer Journalistin einen Anruf des Inhalts, dass gegen mich ein Strafverfahren anhängig wäre, ein Verfahren der WKStA, bekommen. Ich war völlig verdattert, weil ich mir das nicht erklären konnte. Ich habe dann auch versucht, in Kontakt mit der Staatsanwaltschaft zu treten, um herauszukriegen, was denn da los ist, warum und weshalb gegen mich ermittelt wird. Da war ich aber nicht erfolgreich. Ich habe also keinerlei Rückmeldungen bekommen, verstehe ich auch.

Plötzlich am Freitag kam es dazu, dass Vertreter der StA Wien – mit einer Sicherstellungsanordnung – eben mit mir sprechen wollten. Ich habe schon damals gesagt, als ich gesehen habe, welcher Verdacht eben zugrunde liegt: Bitte, das war nicht so, es war umgekehrt, wir haben vorher von der Hausdurchsuchung erfahren und haben das der Behörde gemeldet. – Aber es hilft nichts, die Sicherstellung wurde durchgeführt.

Ich habe damals, und auch das ist mir wichtig, alle elektronischen Geräte herausgegeben, die ich damals verfügbar hatte und die auch bei mir waren. Es gibt ein privates Handy. Das hatte ich aber nicht bei mir, weil Sessionstag war und wir das dann ohnehin nicht verwenden dürfen. Das war eben zu Hause. Und das hat dann - - Das muss ich jetzt schon auch sagen, da bitte ich auch wirklich um Achtung des Persönlichkeitsschutzes: Ich war dann – das kann ich auch dokumentieren – an diesem Wochenende noch im Krankenhaus. Wenn ich das erzählen darf, möchte ich schon: […][2]

Ich habe daraufhin meine Frau mit dem privaten Handy nach Wien zu meinem Rechtsvertreter geschickt, habe aber auch meinen Rechtsvertreter damit beauftragt, dass ein Sachverständiger feststellen soll, dass ich an diesem Wochenende nichts verändert habe – konnte ich ja gar nicht –, das wurde auch gemacht, das ist auch passiert.

Dann gab es, nachdem ich wieder halbwegs auf den Beinen war, einen Termin mit der Staatsanwaltschaft, den mein Rechtsvertreter auch organisiert hat, und da haben wir das dann auch übergeben. Ich hätte kein Problem damit gehabt, wenn ich es bei mir in Wien gehabt hätte, hätte ich es auch gleich herausgegeben – warum denn nicht?! Es war nur die Rechtsfrage offen: Ist das überhaupt möglich, eine Sicherstellung in den Amtsräumlichkeiten des Verfassungsgerichtshofes? Der Verfassungsgerichtshof war da sehr kritisch. Meiner Meinung nach zu Recht, man hätte das wohl mit Amtshilfe machen können, man hätte das auch wohl mit weniger Aufsehen machen können. Aber egal, es ist, wie es ist.

Deshalb schmerzt mich auch – und dem möchte ich noch mit entsprechenden Dokumenten entgegentreten – der Vorwurf, ich hätte da irgendeine Information oder irgendein Handy vor der Behörde verstecken wollen. Mitnichten! Es ist dokumentiert, dass es bei diesem Handy überhaupt keine Veränderungen in der Zeit gab. Ich habe es der Behörde zur Verfügung gestellt, und das ist jetzt offenbar eh in Auswertung. Es dauert halt alles sehr lange. Das Verfahren läuft jetzt über ein Jahr, es wird jetzt die Sichtung geben, und ich habe da wirklich keine Sorge, ich habe da nichts zu verbergen, nichts zu verstecken und ich bin da ganz, ganz offen.

Aber was ich noch nicht gemacht habe, ist: Ich habe diese Dokumentation über die Krankheitsverläufe – und bitte das nicht fürs Protokoll – mit den entsprechenden Bestätigungen über den Krankenhausaufenthalt noch nicht vorgelegt. […][3] Das ist die Wahrheit, das ist alles, was da dahinter ist.

Wie gesagt, dass an diesem Handy, das ich nicht sofort übergeben konnte, weil ich es einfach nicht bei mir gehabt habe, überhaupt nichts verändert wurde, das ist mittlerweile auch durch einen gerichtlich zertifizierten Sachverständigen festgestellt worden. Also da brauche ich mir keine Vorwürfe zu machen.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Professor, ich danke Ihnen vielmals.

Herr Vorsitzender, ich bin mit der Erstbefragung am Ende.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Frau Abgeordnete Herr. – Bitte sehr.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Guten Morgen, Herr Dr. Brandstetter! Wann haben Sie denn vom Projekt Ballhausplatz erfahren?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich muss jetzt wirklich nachdenken. Wie ich schon gesagt habe, ich war da nicht wirklich involviert. Der Begriff ist irgendwann einmal sicher aufgetaucht. Ich meine, er ist ja an sich nichts Verfängliches, der Begriff. Projekt Ballhausplatz, darunter würde ich das Projekt verstehen, dass man versucht (erheitert), das Bundeskanzleramt zu erobern. Das ist ja nichts Schlechtes. Aber ich kann nur noch einmal sagen – wie ich schon im Eingangsstatement gesagt habe –: Da war ich nicht wirklich involviert. Ich verweise wieder auf das Buch von Mitterlehner.

Wissen Sie, ich habe natürlich auch mitbekommen – und ich kam ja durch Michael Spindelegger in die Politik, für eine Zeit lang –, wie Spindelegger aufgrund innerparteilicher Turbulenzen von Mitterlehner abgelöst wurde. Ich habe natürlich auch mitbekommen, wie letztlich Mitterlehner durch Kurz abgelöst wurde. Aber wissen Sie, da ich in den Parteigremien als Parteifreier nicht dabei war, habe ich da keine wirklichen Wahrnehmungen dazu. Und dazu kommt – ich sage Ihnen gerne alles dazu, was ich weiß, aber ich weiß es einfach nicht –: Im Übrigen, glaube ich, werden solche Sachen eigentlich auch vom Untersuchungsgegenstand nicht wirklich umfasst, denn Aktivitäten im Rahmen einer Partei, die es in dem Sinn eh nicht gegeben hat, werden wohl nicht im Zusammenhang mit der Vollziehung - - Ich war Teil der Vollziehung, ich war Justizminister.

Was ich von dem wahrgenommen habe, was Sie Projekt Ballhausplatz nennen, das habe ich gesagt. Wenn Sie so lieb sind und mir genauer definieren, was Sie unter dem Projekt Ballhausplatz verstehen, dann kann mir vielleicht das eine oder andere noch einfallen. Ich möchte ja gerne zur Aufklärung beitragen – dabei bleibe ich auch in dem Bereich –, aber mit dem Begriff kann ich jetzt abstrakt zu wenig anfangen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich glaube, der „Falter“ hat das im September 2017 veröffentlicht, die Dokumente. Das heißt, vorab haben Sie aber schon davon gehört oder gewusst, dass diese Machtübernahme vorbereitet wird?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also ehrlich gesagt, da ich da nicht wirklich eingebunden war, kann ich nur sagen: So wirklich bewusst geworden ist mir das dann eigentlich erst, als ich das Buch von Mitterlehner gelesen habe. Ich verstehe das so, dass Reinhold Mitterlehner in diesem Buch genau das beschreibt, was Sie meinen.

Ich komme da nur ein einziges Mal vor, und ich kann auch gerne sagen, warum: Ich habe natürlich innerparteiliche Diskussionen wahrgenommen – das war im Jänner 2017, Mitterlehner beschreibt es auch –, und soweit ich mich erinnere, war es so – wie war denn das damals? –: Der damalige Bundeskanzler Kern, mit dem ich ein sehr gutes Verhältnis gehabt habe, hatte damals diesen Plan A vorgestellt, und das war durchaus eindrucksvoll. Wir haben dann eine Ergänzung des Regierungsprogramms gemacht, soweit ich mich jetzt erinnere, und das wurde ja auch im Ministerrat beschlossen.

Ich habe eigentlich von diesem erweiterten Regierungsprogramm durchaus viel gehalten, ich wollte, dass wir das auch noch umsetzen. Dann gab es eben Turbulenzen deshalb, weil der damalige Bundeskanzler Kern einfach auch haben wollte, dass jeder Minister, der von der ÖVP gestellt wurde, sozusagen unabhängig vom Ministerratsbeschluss, wo eh alle zugestimmt haben, noch einmal unterschreibt. Das wurde von manchen innerhalb der ÖVP so quasi als Provokation empfunden. So habe ich es wahrgenommen. Ich sage Ihnen ganz offen, mir war das gleich. Ich habe gesagt: Ich glaube, es ist gescheit, und das erwarten sich die Leute auch, dass man einfach die Arbeit fortsetzt, mit diesem erneuerten Regierungsprogramm. Das halte ich für gescheit, das halte ich für sinnvoll, das möchte ich auch machen.

Ich habe ihn deshalb – und das schildert Reinhold Mitterlehner auf Seite 171; sonst komme ich nirgendwo vor – auch angerufen und ihm gesagt, dass ich ihm nur sagen möchte, dass ich die Unterschrift nicht verweigern würde, weil es mir darum geht, dieses Regierungsprogramm weiterhin sachlich umzusetzen.

Was sich da dann allenfalls im Hintergrund noch getan haben könnte, dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass Sebastian Kurz die Regierungsarbeit Kern/Mitterlehner zu torpedieren versucht hat?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wahrnehmungen dazu habe ich nicht und ich bin jetzt auch bewusst vorsichtig, weil ich eben durch die Lektüre des Buchs von Mitterlehner einiges sozusagen auch gelesen habe. Aber natürlich, dieses Buch ist die subjektive Sicht von Reinhold Mitterlehner, da ist einiges drinnen, was er jedenfalls so interpretiert hat. Aber Sie werden ja feststellen, wenn Sie das Buch lesen, wahrscheinlich werden Sie es eh kennen: Da komme ich nirgendwo vor. Und daher kann ich dazu auch keine Wahrnehmungen haben.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut, aber Sie waren Teil der Regierung. Stichwort: „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“, beispielsweise.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Darf ich das noch einmal hören? Ich habe es wirklich nicht verstanden, akustisch.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): „Kann ich ein Bundesland aufhetzen?“, ist so ein Zitat aus den Chats, das Sie sicher aus den Medien kennen. Darüber haben Sie gar keine Wahrnehmungen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also von mir gibt es dazu sicher keine Chats. Ich habe dazu keine unmittelbaren Wahrnehmungen, soweit ich mich heute erinnere.

Eines fällt mir jetzt ein – wie war denn das? Nach dem Ministerrat war es immer so, dass man dann natürlich an den Medien vorbeigegangen ist. Und, das muss 2017 gewesen sein, da hat eine Vertreterin des ORF mit gezücktem Mikrofon auf alle gewartet, auf die Regierungsmitglieder, die von der ÖVP bestellt wurden. Und wie gesagt – das habe ich eh schon erwähnt –, ich war formal von der ÖVP vorgeschlagen, habe das immer so verstanden: Wenn die SPÖ mir das Vertrauen entzieht, bin ich auch weg, sofort, überhaupt kein Thema für mich!, aber medial war ich immer der ÖVP-Minister. Da konnte ich machen, was ich wollte, das war leider so; nämlich leider insofern, als ich eigentlich wirklich die Parteiunabhängigkeit in der Amtsführung schon sehr, sehr ernst genommen habe.

Aber an diese Situation erinnere ich mich, die war skurril, weil die Journalistin alle, die da rausgekommen sind, gefragt hat: Zu welcher Fraktion gehören Sie, Mitterlehner oder Kurz? Ich habe mir gedacht: Was sage ich jetzt? (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich habe mir wirklich gedacht: Was sage ich jetzt?, und ich habe mir für mich gedacht, wahrscheinlich würde ich dann sagen, wenn ich was sagen muss: Ich komme von der Fraktion Spindelegger! Wurscht, ist dann halt so. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Ich habe schon mitgekriegt, da gab es dann natürlich auch schon medial offenbar diese Zuschreibung zu Fraktionen, aber diesbezüglich habe ich keine Wahrnehmungen – außer dieser. Das war natürlich aus meiner Sicht unangenehm, man hat gemerkt, es muss hier innerparteilich schon Diskussionen geben. Ja, aber ich war eben nicht Mitglied in den entsprechenden Parteigremien, daher habe ich dazu keine Wahrnehmungen. Und ich war eigentlich froh, dass die Journalistin sozusagen – wenn ich das so sagen darf unter Anführungszeichen – andere Opfer gefunden hat. Ich bin dann irgendwie vorbei, und das war in Ordnung für mich. Ich musste dazu nichts sagen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wie wurden Sie dann 2017 Vizekanzler? Also wer hat Sie da gefragt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich gehe jetzt davon aus, das ist Teil des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen des Projekts Ballhausplatz. (Abg. Herr nickt.) Ja.

Soweit ich mich jetzt erinnere – ich will nicht langweilen, aber ich muss halt diese Einschränkung machen, weil ich wirklich vieles nicht mehr weiß aus der Zeit –, war es damals so, dass wir eigentlich noch einige Projekte offen hatten, die mir auch wichtig waren und die ich noch gerne umsetzen wollte. Die Sachwalterschaftsreform war, glaube ich, durch, dann ging es noch um zwei, drei Sachen, Privatkonkursrechtsreform und noch einige Dinge, die sozusagen auch in meinem Bereich noch offen waren. Dann kam es sozusagen durch den Rücktritt von Reinhold Mitterlehner – Details siehe sein Buch – dazu, dass es eben innerhalb der ÖVP einen Wechsel an der Spitze gab – habe ich ja vorher auch schon einmal erlebt –, und dann war die Frage: Wie geht es weiter?

Ich wurde damals vom damaligen Außenminister Kurz gefragt und auch gebeten, ob ich nicht die Funktion des Vizekanzlers übernehmen könnte. Ich habe mir das kurz überlegt. Sein Argument war – das weiß ich schon noch –: Es wäre gut, wenn du das übernimmst, denn du hast ein sehr gutes Verhältnis zu den Sozialdemokraten. Das hat eigentlich gestimmt, das war so. Ich habe mir gedacht, mein Gott - - Für mich war das dann schon so eine Art – wie soll ich sagen? – Vorläufer der späteren Beamtenregierung.

Ich habe – und dafür bin ich zum Teil auch kritisiert worden –, dann ganz offen gesagt, ich sehe mich jetzt nicht als politischer Vizekanzler, ich habe keinerlei politische Absichten, und das ist von mir nicht zu erwarten. Ich sehe mich eher als eine Art, ja, Insolvenzverwalter dieser Regierung, aber es ist mir wichtig, dass man noch einige Dinge umsetzen kann. Das ist dann auch gemeinsam mit Christian Kern gelungen, und das war mir wichtig. Mir ging es um die Sache, um sonst gar nichts.

Ich erinnere mich noch daran, ich meine, wir sind ja in einem politischen Gremium, ich bin dafür von einigen Journalisten heftig kritisiert worden. Das waren die nicht gewohnt. Ich kann mich an kritische Artikel wie: Was ist denn das für ein Vizekanzler?, Ohne politische Ambitionen?, Das ist doch unmöglich!, Was macht der da?, erinnern. Ich habe ganz offen und ehrlich gesagt, worum es mir ging: Finalisierung der noch offenen Punkte im Regierungsprogramm. Das war es. Und das sollte ich – das war das Argument des damaligen Außenministers Kurz – deshalb machen, weil ich eben mit dem Regierungspartner, den Sozialdemokraten, trotz aller Turbulenzen ein gutes Verhältnis gehabt habe.

Das gilt insbesondere für den damaligen Bundeskanzler Christian Kern, mit dem ich bis heute ein gutes Verhältnis habe, rein persönlich; ist ja nichts dabei, sage ich jetzt. Ich meine, es ist richtig, dass ich mit den Sozialdemokraten eigentlich immer, ja, ein gutes Einvernehmen hatte, mich im Rahmen der Koalition auch darum bemüht habe. Es gibt bis heute auch durchaus freundschaftliche Kontakte. Auch das ist doch eigentlich nichts Schlechtes, wenn durch Politik auch freundschaftliche Beziehungen entstehen, die dann auch alle Turbulenzen überdauern. Es freut mich, dass es so ist.

Ja, ich wollte einfach der Sache dienen und dieses Regierungsprogramm zu Ende führen, und das ist gemeinsam mit Christian Kern in einigen wesentlichen Punkten auch gelungen. Insofern war ich natürlich ein extrem untypischer Vizekanzler, würde ich sagen. Es ging mir nicht um die Funktion. Für mich war damals schon klar, dass ich auf lange Sicht oder mittlere Sicht eben aus der Politik wieder raus will. Ich sage ja, ich war ein Quereinsteiger und dann auch ein Queraussteiger, aber einen wirklich parteipolitischen Input konnte man von mir nicht erwarten, den gab es auch nicht. Mein Orientierungspunkt, mein Bezugspunkt war das erweiterte Regierungsprogramm, das wollte ich einfach zu Ende führen.

Sie dürfen nicht vergessen, wenn ich mich da richtig erinnere, es gab damals ja auch eine große Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu Recht darüber, dass immer nur gestritten worden ist. Es hat immer geheißen, die Regierung streitet dauernd und bringt nichts weiter. Ich habe immer versucht – das mag meine Natur sein, ich weiß es nicht –, mich aus diesen Streitigkeiten eher rauszuhalten und der Sache zu dienen. Das war mein Ansatz und das war immer mein Zugang und das war auch dann die Motivation, für diese ohnehin notwendigerweise begrenzte Zeit diese Funktion zu übernehmen.

Ja, so war das nach meiner Erinnerung damals, und deshalb habe ich es auch gemacht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich würde Sie bitten, ein bisschen kürzer zu antworten, falls Ihnen das möglich ist.

Das bedeutet, Sebastian Kurz hat erst nach dem Rücktritt von Mitterlehner mit Ihnen bezüglich Funktion Vizekanzler gesprochen – oder auch schon davor?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Soweit ich mich erinnere, muss das danach gewesen sein. Sie müssen entschuldigen, ich weiß, ältere Herren neigen zu Geschwätzigkeit, aber wenn man sich nicht so gut erinnert, das kommt ja nicht so schnell.

Von wem habe ich es zuerst erfahren? – Jetzt werden Sie lachen, aber es war so: Mich hat nach dem Rücktritt von Reinhold Mitterlehner ein Journalist angerufen, den ich jetzt nicht nenne, tut auch nichts zur Sache, der mir gesagt hat, er wettet mit mir, dass ich Vizekanzler werde. Ich habe ihm gesagt: Das ist ein Blödsinn, da wette ich dagegen! Wir haben dann um eine Flasche Wein gewettet. Die Wette habe ich verloren, weil danach – und daher muss es auch danach gewesen sein – eben die Frage vom damaligen Außenminister Kurz kam. Also es muss nachher gewesen sein, ja, da bin ich jetzt eigentlich, soweit ich mich erinnere, sicher. Also für mich war das nicht – wie soll ich sagen? – Teil eines, wenn Sie so wollen, Planes, in den ich von vornherein eingebunden gewesen wäre.

Ich hätte ja auch Nein sagen können, natürlich. Ich hätte sagen können: Mir reicht es jetzt, ich gehe jetzt!, aber das wäre nicht verantwortungsvoll gewesen. Dann hätte ich einiges an Projekten mehr oder weniger liegen lassen und offenlassen müssen, auch in meinem Ressort, und das hätte mir leidgetan.

Aber dass ich zum damaligen Zeitpunkt geistig eigentlich schon ein bissel am Absprung von der Politik war, daran erinnere ich mich schon. Es war ja dann damals auch noch offen, wie es überhaupt weitergeht, in welcher Konstellation, und es kam dann schon der Zeitpunkt, wo mir klar war, das wird jetzt so weitergehen, dass ich da jedenfalls meinen Ausflug in die Politik beenden möchte. Das habe ich dann auch relativ frühzeitig gewusst und auch öffentlich gesagt. Ich habe dann nur noch darum gebeten, dass ich bei den Regierungsverhandlungen noch das Kapitel Justiz mitverhandeln kann, und das habe ich auch gemacht.

Das ist dieselbe Linie. Mir war wichtig, dass einige Dinge im Regierungsprogramm noch drinnen sind, die mir wichtig waren. Daher habe ich die Verhandlungen zum Kapitel Justiz geführt, das war der einzige Grund. Ich wollte eigentlich nach meiner Zeit im Ministerium etwas hinterlassen, auf dem man aufbauen kann; jedenfalls kein Chaos. Das war mir wichtig, und deshalb auch – wenn ich das noch sagen darf – meine Bemühungen, eine Budgeterhöhung zu kriegen. Diese sind dann im Zuge der Verhandlungen über das Regierungsprogramm in einen veritablen Streit zwischen mir und der Vertreterin des Finanzministeriums gemündet. Daran erinnere ich mich, weil es heftig war. Das war wirklich heftig, aber ich wollte einfach die Dinge, die begonnen wurden, vernünftig zu Ende führen und dann gehen. Das war meine Motivation.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, auch Christian Ebner, der laut Projekt Ballhausplatz dafür zuständig war, hat nicht vorab mit Ihnen bezüglich Vizekanzler gesprochen? – Und bitte auf die Frage konzentrieren. Danke.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Jetzt muss ich nachdenken. Welche Funktion hatte Christian Ebner damals? Ich weiß es jetzt auf die Schnelle wirklich nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Bei Sebastian Kurz im Kabinett, glaube ich, oder auf alle Fälle im Außenministerium.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich muss Ihnen gestehen, ich verbinde jetzt mit diesem Namen kein Gesicht und keine Wahrnehmung, keine Erfahrung. Nein, ich habe keine Erinnerung an Gespräche mit einem Christian Ebner, tut mir leid.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie danach versucht, in der Regierung zu bleiben, bevor Sie ausgeschieden sind?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein. Es war ja so, wie ich es schon geschildert habe. (Die Verfahrensanwältin berät die Auskunftsperson.) – Ja, ich weiß, wir sind weit - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Moment! – Bitte, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete, ich möchte in Erinnerung rufen, dass die Auskunftsperson zu den Beweisthemen Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit sowie Begünstigung bei der Personalauswahl geladen ist. Die Themen, die Sie jetzt angeschnitten haben – Ballhausplatz –, sind, wenn überhaupt, am äußersten Rande dieser beiden Beweisthemen anzusiedeln. Darum bin ich auch nicht schon vorher eingeschritten. Aber ich bitte, das zu beachten, dass die Auskunftsperson heute nur zu diesen beiden Beweisthemen eingeladen ist.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Verfahrensrichter, darf ich nur einen Satz dazu sagen? Ich habe ja vorhin schon gesagt, dass streng genommen alles, was innerhalb der Parteien gelaufen ist, nicht zum Thema Vollziehung gehört – und ich war in der Vollziehung, sonst nirgendwo. Ich habe es eh gesagt, aber ich möchte ja nicht unhöflich sein.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann bitte ich um eine kurze Antwort.

Nächste Frage, bitte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Hat Ihnen Sebastian Kurz, weil Sie aus der Regierung ausgeschieden sind, andere Jobangebote gemacht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, das hat er nach meiner Erinnerung nicht. Ich weiß jetzt, worauf Sie anspielen. Darf ich dazu gleich was sagen - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Moment! Ich darf den Herrn Verfahrensrichter um die Beurteilung der Frage bitten.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete, streng genommen kann ich auch diese Frage nicht unter den beiden Beweisthemen subsumieren. (Abg. Herr hebt die Hand.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Abgeordnete, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Die Frage zielt darauf ab, dass ja Herr Brandstetter später zum Verfassungsrichter bestellt wurde. Die Frage, ob da eine Beeinflussung stattgefunden hat, ob das im Austausch mit etwas anderem beispielsweise abgedealt wurde, ist schon sehr relevant – daher meine Frage.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Das ist okay.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Unter dem Aspekt verstehe ich es, ja. – Bitte.

*****

Dr. Wolfgang Brandstetter: Jetzt tue ich mir ein bisschen schwer, das mit dem Untersuchungsgegenstand in Verbindung zu bringen. Darf ich noch einmal fragen, Frau Abgeordnete, was ist jetzt der Konnex zum - - Also ich bin jetzt, nachdem, was der Verfahrensrichter und der Vorsitzende gesagt haben, ein bisschen vorsichtiger geworden. (Abg. Herr hebt die Hand.)

Können Sie mir den Konnex zum Untersuchungsgegenstand – Beweisthema 3 und 4 – noch einmal deutlich machen, dann sage ich Ihnen gerne etwas dazu? Aber mir ist es jetzt nicht ganz klar. Ich habe ja eingangs gesagt, ich tue mir schwer, mich bei diesen Beweisthemen wiederzufinden.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, bitte.

*****

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Der Herr Verfahrensrichter hat ja bereits gesagt, dass die Frage zulässig ist, weil es darum geht, herauszufinden, wie Ihre Bestellung zum Verfassungsrichter stattgefunden hat.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, vielleicht präzisieren Sie das!

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich ändere an und für sich meine Meinung nicht. Es geht um Begünstigung bei der Personalauswahl, und es könnte durchaus der Fall eingetreten sein, dass bei der möglichen Bestellung des Herrn Dr. Brandstetter irgendeine Begünstigung vorliegt. Ich würde also meinen, diese Frage passt besser zu unseren Themen als die vorangegangenen, die Sie beantwortet haben, Herr Professor.

*****

Dr. Wolfgang Brandstetter: Vielen Dank, Herr Verfahrensrichter. Wenn das so ist, sage ich gerne etwas dazu.

Es gab dann – wann genau, weiß ich nicht mehr – irgendwann ein Gespräch mit dem damaligen Außenminister und ÖVP-Spitzenkandidaten Sebastian Kurz, in dem ich ihm gesagt habe: Du, ich will da nicht mehr in irgendeiner Konstellation dabei sein – mir war schon klar, in welche Richtung sich diese Konstellation entwickeln würde –, ich möchte da wieder heraus, ich möchte zurück an die Uni, aber – habe ich ihm gesagt, und das war meine Idee – es gibt eine Funktion, die mich reizen würde, aber in Wahrheit auch aus sachlichen Gründen – ich sage gleich, warum!

Kollegin Bierlein wird wieder Präsidentin werden, wie es aussieht, die hat dann kein Stimmrecht mehr, und dann fehlt im Verfassungsgerichtshof ein Strafrechtler. Natürlich hat mich das immer gereizt, weil ich der Meinung war, es ist gut, wenn ein ausgewiesener Strafrechtler - - Ich bin halt für Strafrecht und Strafprozessrecht habilitiert und beschäftige mich seit 1980, seit Abschluss meines Studiums, ja nur mit dem Strafrecht. Ich habe wirklich gemeint, es macht Sinn und ich könnte etwas Sinnvolles beitragen, wenn ich als Strafrechtler auch im Verfassungsgerichtshof wäre, und Kurz hat mir darauf gesagt, er hält das für sinnvoll und er würde das unterstützen. Das war es – ohne irgendwelche sonstigen Vereinbarungen.

Ich bin dankbar für diese Gelegenheit, dass ich dazu etwas sagen darf, weil sich dann Folgendes ergeben hat: Ich habe erst vor wenigen Wochen den Medien entnommen, dass mein Name in einem Sideletter zwischen den damaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ enthalten war, und das hat mich ehrlich gesagt ein bissel gewundert. Warum hat es mich gewundert? – Dazu habe ich jetzt Wahrnehmungen und das möchte ich jetzt schon sagen dürfen.

Dieser Sideletter - - Nebenbei bemerkt: Ich meine, dass sich Parteien natürlich auch im Rahmen der staatlichen Vollziehung durch ihre Personalvorschläge einbringen, ist ja an sich nichts Ungewöhnliches und auch nichts Schlechtes. Ich habe mich auch darüber gewundert, dass viel zu wenig auf den § 1 des Parteiengesetzes Bezug genommen wird. Das ist eine Verfassungsbestimmung, des Inhalts, dass die politischen Parteien in Österreich die Träger der Demokratie sind und sich natürlich in die Willensbildung des Staates einbringen sollen. Das hat mich ein bissel verwundert, dass das auch in Vergessenheit zu geraten scheint.

Mein Wunsch war getragen von dem sachlichen Gedanken, ich könnte als Strafrechtler – und das wäre wirklich wichtig, das sehe ich bis heute so – im Verfassungsgerichtshof was Sinnvolles beitragen. Ich hatte von Kurz nur seine Zusage, er würde das unterstützen – ob es geht, werden wir sehen. Das ist auch eine Frage der Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ gewesen – ja, ich habe damals da oder dort in meiner Zeit im Justizministerium schon mit Vertretern der FPÖ halt durchaus auch konflikthafte Situationen gehabt, aber egal.

Jedenfalls, als ich dann gesehen habe, dass ich im Sideletter aufscheine – erst vor wenigen Wochen; vorher habe ich es nicht gewusst –, habe ich mir gedacht, es ist komisch. Warum? – Der Sideletter muss ja mehr oder weniger vor Bildung dieser Regierung erstellt worden sein, das war daher Dezember 2017. Ich erinnere mich aber noch genau daran, dass ich am 28. Jänner 2018 – jetzt werden Sie mich sofort fragen, warum kann er sich da auf einmal erinnern? –, das war ein Sonntag, das war der Tag der Landtagswahl in Niederösterreich, an diesem Tag ich einen Anruf von Sebastian Kurz bekomme, der mir sagt: Du, bitte bewirb dich für beide Stellen, die im Verfassungsgerichtshof zu vergeben sind, sowohl für die Stelle, die von der Regierung vorgeschlagen wird, als auch für die Stelle, die vom Parlament vorgeschlagen wird! Ich weiß nicht, wie das ausgeht, kann sein, dass es nichts wird! – Na gut, dann ist es halt so.

Ich habe mich für beide Stellen beworben. Jetzt kommt ein wichtiges Detail, das mir wichtig ist: Ich habe dann einen Termin für das Hearing im Parlament bekommen – das müsste ja eigentlich auch im Parlament noch irgendwo dokumentiert sein. Das war ein Freitag, an dem hätte ich zum Hearing kommen sollen. Als ich das bekommen habe, war mir klar, okay, es ist also nicht das Regierungsticket, macht auch nichts, ich gehe ins Hearing, ich hoffe, dass ich das Hearing halt so gestalten kann, dass ich dort überzeuge. Dann wurde das Hearing kurzfristig abgesagt und mir wurde mitgeteilt, das ist nicht notwendig, weil ich jetzt doch auf dem Regierungsticket wäre.

Gut, hat mich gefreut, ich habe dann auch durchaus positive Signale bekommen, auch von der Bundespräsidentschaftskanzlei, nachdem die ersten kritischen Stimmen laut wurden: Kann man das nach einer so kurzen Cool-off-Phase machen? – Ich habe das damals optimistischer gesehen, und das – ich habe das schon einmal öffentlich gesagt – war ein Fehler. Ich würde das heute nicht mehr machen.

Das war ein Fehler. Ich erinnere mich an einige kritische Stimmen damals, die ich zu wenig ernst genommen habe. Es hat sich damals, das weiß ich noch, Kollegin Griss öffentlich zu Wort gemeldet und gemeint: Der Brandstetter braucht keinen Versorgungsposten! – Da habe ich mir gedacht, da hat sie wirklich einmal recht, ich brauche wirklich keinen Versorgungsposten. Aber mich hat die Aufgabe gereizt, als Strafrechtler im Verfassungsgerichtshof einfach bei Rechtsfragen mittun zu können, die das Strafrecht betreffen – das wird immer wichtiger und immer häufiger. Das war meine Motivation. Aber ich sage noch einmal: Ich habe unterschätzt, dass dann natürlich das Befangenheitsproblem auch relativ scharf innerhalb des Verfassungsgerichtshofs aufgetaucht ist. Die Kriterien der Befangenheit im Verfassungsgerichtshof sind so ziemlich die strengsten, die man sich vorstellen kann – viel strenger, als sie in der normalen Justiz sind.

Es war mir dann schon mehr und mehr klar, das wird nicht wirklich so funktionieren, wie ich mir das vorgestellt hätte. Das ist zwar jetzt eine rein persönliche Geschichte, aber, bitte, fürs Protokoll würde ich das nicht haben wollen. Ich habe dann eigentlich auch schon dem Präsidenten gesagt, also bis 70 mache ich das nicht, das hat keinen Sinn. Ich bin einfach nicht so ins Laufen gekommen, wie ich das wollte. Das heißt, das, was ich dort wirklich leisten wollte, nämlich einen wirklich guten Beitrag bei allen Strafrechtsfällen, bei allen Themen, die das Strafrecht betreffen, war praktisch nicht möglich, weil es natürlich immer um Strafgesetze gegangen ist, wo es in vielen Fällen natürlich irgendwelche Rechtsakte aus meiner Regierungszeit gab, und wenn es auch nur irgendwelche Verordnungen waren, die mir dann plötzlich vorgelegt wurden und man gesagt hat, na ja, da ist es jetzt besser, wenn ich mich für befangen erkläre.

Also das war etwas, das sich nicht so entwickelt hat, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich sage noch einmal, das war ein Fehler. Wenn Sie mich heute fragen: Ich glaube, wenn man vier Jahre lang im Justizministerium war, kann man überhaupt nicht mehr in den Verfassungsgerichtshof, das hat keinen Sinn – das müsste eine sehr lange Cool-off-Phase sein.

Ich habe das falsch eingeschätzt, auch weil ich mir gedacht habe, Hans Kelsen hat sich was überlegt, als er in der Verfassung eine Cool-off-Phase nur für den Präsidenten und den Vizepräsidenten vorgesehen hat. Warum? – Natürlich, nachdem es im Verfassungsgerichtshof, jetzt ja jedenfalls vom Gesetz her, von der Grundlage her, keine feste Geschäftsverteilung gibt, kommt dem Präsidenten eine wichtige Funktion zu, er teilt die Akten zu. Das war irgendwie meine Überlegung, dass das durchaus auch sinnvoll war, hier zu differenzieren: Cool-off-Phase von fünf Jahren für Präsident und Vizepräsident, keine Cool-off-Phase für die gewöhnlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs.

Ich halte das aber mittlerweile für nicht sinnvoll. Ich halte es für richtig, dass man hier auch entsprechende Cool-off-Phasen vorsieht.

Wie gesagt, das war ein Fehler, das war eine Fehleinschätzung von mir, und ich stehe auch zu meinen Fehleinschätzungen. Ich habe dann ja auch die Konsequenzen gezogen; denn eines möchte ich schon sagen: Ich meine, man muss sich schon immer bewusst sein, dass man sich, wenn man zum Schluss kommt, man kann einer Institution nicht so dienen, wie man es vorgehabt hat, und man vielleicht sogar zu einer Belastung für die Institution wird, zurückziehen muss. Da muss man auch persönliche Überlegungen, Interessen und Befindlichkeiten hintanstellen, und so habe ich es in meinem Leben, im Berufsleben immer gehalten.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Super. Wann war der Termin, an dem Sie Sebastian Kurz gesagt haben, Sie würden gerne an den VfGH? Bitte bleiben Sie bei der Frage!

Dr. Wolfgang Brandstetter: Genau weiß ich das nicht mehr, es muss irgendwann im Herbst gewesen sein. Ich weiß es nicht mehr genau.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sie wussten nicht, dass es eine Vereinbarung bezüglich Verfassungsgerichtshof zwischen FPÖ und ÖVP gibt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Gewusst habe ich das nicht, vermutet habe ich es, weil es der Usance entspricht. Aber ich habe – das schwöre ich Ihnen – von dem Sideletter vor einigen Wochen erfahren, als es in den Medien aufgepoppt ist. Ich kannte den mit Sicherheit nicht. Und wie gesagt, nachdem mir Sebastian Kurz noch Ende Jänner gesagt hat: Bitte für beide Stellen bewerben, das ist gar nicht sicher, ob das was wird oder nicht!, war für mich auch klar, da kann es keine so feste Vereinbarung geben oder gegeben haben, sonst hätte ich mich nicht für beide Stellen bewerben sollen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): War Ihnen bewusst, dass zum Beispiel Herr Hauer ebenfalls im Sideletter gestanden ist und dass es da eine Übereinkunft gibt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, soweit ich mich heute erinnere, wurden einige Namen in den Medien genannt, darunter auch meiner. Der Name des Kollegen Hauer, den ich dann im Verfassungsgerichtshof auch wirklich als exzellenten Experten kennen und schätzen gelernt habe – da sind einige Namen herumgeschwirrt. Ich möchte die anderen jetzt gar nicht nennen, aber ich wusste nur von den Namen, die halt wirklich medial als mögliche Kandidaten kolportiert wurden, mehr wusste ich nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Niemand in der ÖVP hat Ihnen mitgeteilt, dass Hauer da auch zur Position steht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also ich habe keine Erinnerung an Gespräche darüber. Ich erinnere mich einfach an diese Dinge nicht, wirklich nicht. Das wäre auch nicht so weltbewegend gewesen. Ich meine, die Namen waren in den Medien. Nein, da ist bei mir keine Erinnerung da.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wer hat Sie informiert, dass das Hearing abgesagt wurde?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Soweit ich mich erinnere, war das das Parlament selber. Ich habe den Termin schon gehabt und dann wurde der abgesagt. Soweit ich mich erinnere, muss das das Parlament gewesen sein – aber das müsste sich ja eruieren lassen; ich weiß es nicht mehr.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wer hat Ihnen dann gesagt, dass Sie am Regierungsticket sitzen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe das damals, soweit ich mich erinnere, daraus geschlossen, dass dieser Hearingtermin abgesagt wurde.

Ich möchte noch einmal festhalten, also für mich war wichtig – und das glaube ich schon sagen zu dürfen –, an meiner fachlichen Kompetenz hat ja niemand gezweifelt, und ich habe mich daher auch für beide Stellen beworben. Das lässt sich nachvollziehen. Für mich war klar, wenn der Hearingtermin wegfällt, dann bin ich offenbar auf dem Regierungsticket. Aber das, was Sie jetzt so ein bisschen insinuieren, war sozusagen ein fixer Plan und in den war ich eingebunden: Nein, den hat es nicht gegeben. Ich habe den Sideletter nicht gekannt. Hätte auch anders ausgehen können, wäre für mich persönlich auch besser gewesen (Heiterkeit der Auskunftsperson) – ich wäre nicht hingegangen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vorhin haben Sie aber, glaube ich, gesagt, dass Sie informiert wurden, dass Sie am Regierungsticket sitzen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, das habe ich so nicht gesagt. Soweit ich mich erinnere, habe ich gesagt, war es so: Ich erinnere mich an eines genau, das ist der Anruf von Sebastian Kurz, weil das so ein prägnanter Tag war, ich glaube, es war der 28. Jänner, eben Landtagswahl Niederösterreich. Darum weiß ich das noch. Das war die Information: Bitte auf beide Stellen bewerben! – Daraus habe ich geschlossen, na okay, ist nicht fix, werden wir schauen, ja. Ich habe es auch nicht einschätzen können.

Aber das war mir deshalb wichtig, weil damit ja auch für mich klar ist, es kann keine fixe Vereinbarung mich betreffend im Sideletter gegeben haben – weil das ja irgendwann Mitte Dezember war –, wenn ich dann Ende Jänner aufgefordert werde, mich für beide Stellen zu bewerben. Die Absage des Hearingtermins, soweit ich mich erinnere, kam direkt vom Parlament. Es hat schon einen fixen Termin gegeben, das war ein Freitag. Ich habe schon begonnen, mich hier auf das Hearing einzustellen, und dann wurde das abgesagt. Wie genau, von wem genau, das weiß ich einfach nicht mehr.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, Sie wissen nicht mehr, wie Sie final erfahren haben, Sie sitzen am Ticket?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na, ich habe es natürlich daraus geschlossen, dass das Hearing nicht stattfindet, weil mir auch gesagt wurde, dass ich ohnehin am Regierungsticket wäre, aber ich weiß nicht mehr von wem. Und das ist ja dann eh gleich publik gewesen, auch medial publik gewesen. Ich habe dann wie gesagt auch – das darf ich schon sagen – freundliche Signale aus der Präsidentschaftskanzlei bekommen, und habe mir daher gedacht, okay, offenbar habe ich eine Chance, und das hat mich insofern gefreut, als ich wie gesagt als Strafrechtler aus fachlichen Gründen da in den Verfassungsgerichtshof hineinwollte – war ein Fehler.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vonseiten der FPÖ hat Sie auch niemand im Laufe der Koalitionsgespräche kontaktiert, ob Sie Interesse haben, Verfassungsrichter zu werden? (Abg. Hafenecker: Sicher nicht!)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe Sie jetzt akustisch nicht verstanden. Welche Partei haben Sie gemeint?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wurden Sie diesbezüglich von der FPÖ kontaktiert?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Von der FPÖ? – Also da habe ich überhaupt keine Erinnerung mehr. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Es war - - aber das hat jetzt auch mit dem Untersuchungsgegenstand hier nichts zu tun. Es gab damals irgendwann, eher gegen Ende meiner Amtszeit im Parlament eine Diskussion zwischen mir und – ich weiß nicht, war er damals Klubobmann, ich weiß es nicht mehr – Kickl, und das war eine kontroverse Diskussion. Ich wüsste jetzt niemanden in der FPÖ damals, der mich hier jetzt besonders ins Vertrauen hätte ziehen können.

Ich habe die Verhandlungen über das Kapitel Justiz im Regierungsprogramm mit Peter Fichtenbauer geführt, den kannte ich und kenne ich seit Jahrzehnten, das ist ein Waldviertler so wie ich. Ich kannte ihn beruflich als Rechtsanwalt und habe mich sehr darüber gefreut, dass ich damals diese Verhandlungen mit ihm führen durfte – aber sonst?

Ich habe, wenn ich das noch sagen darf, betrifft eigentlich auch nicht Vollziehung – aber bitte auch wieder für das Protokoll: muss man nicht nennen –, ein gutes Verhältnis zum Justizsprecher der FPÖ damals gehabt, das war Harald Stefan. Aber sonst gab es diese Kontakte eigentlich nicht, ja. So gesehen war ich da nicht in irgendwelche Parteiengespräche mit anderen Parteien eingebunden – tut mir leid.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wieso haben Sie sich erst so kurzfristig beworben – am 5. Februar hat ja die Frist schon geendet –, wenn Sie eh schon so lange Pläne hatten, zum VfGH zu wechseln?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Darf ich die Frage noch einmal hören? Ich habe es akustisch nicht verstanden, wirklich nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wieso haben Sie sich erst so kurz vor der Bewerbungsfrist beworben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, das ist eine alte Anwaltskrankheit, immer erst am Ende der Frist - - Ich weiß es einfach nicht, ja, das ist Zufall. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich weiß es wirklich nicht. Und: Es war für mich nicht sicher, dass das was wird.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, ohne Zusage von Sebastian Kurz hätten Sie sich nicht beworben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, es gab ja keine Zusage. Es gab die Aussage von ihm, dass er das unterstützen würde, aber er könne mir da nichts versprechen. Ich meine, es hat für mich durchaus auch die Alternative gegeben, das nicht zu tun, weil mir dann schon auch bewusst geworden ist, welche Einschränkungen das mit sich bringt, wenn man an den Verfassungsgerichtshof geht. Also so, dass das jetzt für mich sozusagen alternativlos gewesen wäre, war es auch wieder nicht, ja, muss ich auch sagen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wie viel Kontakt hatten Sie mit Sebastian Kurz zu dieser Zeit generell?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also ich glaube, das ist wirklich weit über den Untersuchungsgegenstand hinausgehend. Ich hätte kein Problem damit, aber alles, was jetzt Kontakte dieser Art betrifft, auch persönliche Kontakte, ist, glaube ich, wirklich nicht mehr vom Untersuchungsgegenstand umfasst. Ich wüsste auch - - Ich habe auch keine Erinnerung daran, ehrlich - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, darf ich Sie um die Beurteilung der Frage ersuchen!

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, wenn es um Begünstigungen geht, auch hinsichtlich Ihrer Personalauswahl als Verfassungsrichter, dann würde ich auch noch meinen, dass das von den Beweisthemen gedeckt ist. Darüber hinaus haben wir uns aber schon sehr am Rande bewegt, Frau Abgeordnete, und ich würde wirklich auch noch einmal die beiden Beweisthemen in Erinnerung rufen, um die es hier bei uns geht, sonst ufern wir aus.

Diese Frage aber, wenn es um die Personalauswahl, auch um die Personalauswahl des späteren Verfassungsrichters Brandstetter geht, würde ich grundsätzlich im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes sehen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Vielleicht präzisieren Sie es, Frau Abgeordnete! Vielleicht präzisieren Sie die Frage: Wie viel Kontakt hatten Sie zu Sebastian Kurz? (Abg. Herr hebt die Hand.) – Bitte, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Der Herr Verfahrensrichter hat ja gerade gesagt, im Zusammenhang mit der Bestellung ist die Frage zulässig.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, der Herr Verfahrensrichter hat gesagt, wenn sie so gestellt wird. Sie ist nur jetzt allgemein gestellt worden, darum würde ich Sie bitten, dass Sie die Frage noch einmal im Zusammenhang stellen. – Bitte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich hatte in der Frage schon auch eine konkrete Zeit angegeben, nämlich: zu dieser Zeit, als die Bestellung erfolgt ist, wie viel da Kontakt mit Sebastian Kurz bestanden hat. Das war meine Ursprungsfrage, und ich glaube, der Herr Verfahrensrichter hat sie zugelassen. Ich würde um die Beantwortung bitten.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, wenn es sich um die Kontakte zwischen Kurz und Brandstetter im Zusammenhang mit seiner Bestellung handelt, dann würde ich diese Frage hier zulassen. Geht es um diese Frage? (Abg. Herr nickt.) – Dann würde ich Ihnen vorschlagen, Herr Vorsitzender, diese Frage zuzulassen.

*****

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Also wie viel Kontakt hatten Sie mit Kurz zu der Bestellung zum Richter des Verfassungsgerichtshofs?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich sage Ihnen dazu gerne etwas: Ich habe keine Erinnerung an irgendwelche direkten Kontakte mit Sebastian Kurz – außer dem einen Telefonat, von dem ich erzählt habe. Es war der Kontakt mit ihm nicht mehr wirklich so vorhanden. Er war da voll im - -, er hat da vorher den - -, also wir hatten diese Berührungspunkte, die wir früher hatten, als wir beide in derselben Regierung waren, nicht mehr. Er hatte sicher auch jede Menge zu tun. Also ein wirklich intensiverer Kontakt war da nicht mehr da, und es war nach meiner Erinnerung auch nicht so, dass er mir jetzt sozusagen gesagt hätte, das läuft so, das läuft so oder der wird das und der wird das – überhaupt nicht. Da war ich nicht eingebunden, überhaupt nicht.

Ich habe mir gedacht – und das möchte ich schon sagen, weil da immer von Begünstigung die Rede ist –, meine Absicht war, einen sachlichen und fachlichen Beitrag dazu zu liefern, dass auch ein Strafrechtler im Verfassungsgerichtshof vertreten ist. Das war meine Absicht. Deshalb – jetzt mögen Sie mir das als ein bisschen überheblich auslegen, ist mir egal –: Mich stört ein bisschen der Begriff Begünstigung – denn die Tätigkeit im Verfassungsgerichtshof bringt auch für einen Freiberufler eine Menge von Einschränkungen mit sich, und so gesehen würde ich das nicht so sehen wollen.

Ich habe wirklich geglaubt – und das war der Irrtum – und auch gehofft, dass ich als Strafrechtler einen wirklich sinnvollen Beitrag im Verfassungsgerichtshof leisten kann. Wenn die einen Strafrechtler drinnen gehabt hätten, dann wäre ich nicht auf die Idee gekommen, wirklich nicht. Es hätte andere Sachen gegeben, die mich vielleicht genauso oder vielleicht noch mehr interessiert hätten.

Ich möchte aber hier schon eines sagen, weil ich natürlich sehe, worauf diese Fragen hinauslaufen: Schauen Sie sich doch an, wie das dann gelaufen ist, auch mit der Regierungsbildung, das vorher, das nachher! Ich war in den Wahlkampf von Sebastian Kurz nicht eingebunden. Wie denn auch? Ich habe ihm relativ früh im Herbst gesagt, ich will in der künftigen Regierung nicht mehr dabei sein.

Ich erinnere mich daran, dass ich das offen oder offiziell medienwirksam bei einer Tagung der Richtervereinigung in Wien gesagt habe – ohne Rücksprache mit der ÖVP, weil ich dann auch dafür kritisiert worden bin. Die haben das gar nicht gewusst, aber ich habe gesagt: Okay, ihr habt gewusst, ich möchte da nicht mehr dabei sein, ich will raus aus der Regierung, ich will wieder zurück an die Uni. – Deshalb habe ich auch ohne Rücksprache mit irgendjemandem eine passende Gelegenheit für diese Erklärung eben wahrgenommen. Das war die Richtertagung in Wien, das war im Palais Ferstel, glaube ich. Das war der passende Rahmen, denn da war Altbundespräsident Heinz Fischer dabei, die Präsidentin der Richtervereinigung, und ich habe mir gedacht, das macht Sinn, wenn ich in meiner Rede jetzt auch gleich sage – das muss Anfang November gewesen sein –: Also definitiv, ich werde da sicher nicht dabei sein. – Ich glaube, Anfang November. Das Gespräch mit Kurz muss daher eigentlich vorher gewesen sein, im September, Oktober, schätze ich, aber ich weiß es nicht mehr so genau.

Wissen Sie, wenn man gedanklich schon ein bisschen woanders ist, dann merkt man sich die Dinge auch nicht, weil es für mich nicht mehr so wichtig war, wie es jetzt politisch weitergeht. Für mich ging es politisch nicht weiter – das habe ich gewusst, das war auch meine Entscheidung.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, der Termin war vor der Wahl?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Der Termin, wo ich ihm gesagt habe - - Moment, wann war die Wahl? Ich weiß es nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): September haben Sie jetzt gerade gesagt.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich glaube, ich habe gesagt, soweit ich mich erinnere, muss das Gespräch mit Kurz, wo ich ihm gesagt habe, ich möchte da eigentlich nicht mehr dabei sein, was immer da an Konstellationen herauskommt, September, Oktober – erschlagen Sie mich, ich weiß es nicht mehr –, es muss vor Anfang November gewesen sein, denn da war nach meiner Erinnerung diese Richtertagung in Wien. An mehr kann ich mich nicht mehr erinnern. Das war auch nicht so wichtig für mich. Für mich war wichtig, was ich für meine eigene Zukunft im Kopf hatte, und das war genau das, was ich Ihnen geschildert habe. Die Politik war da nicht mehr dabei.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut. Auf meine Frage haben Sie jetzt bisher zwei Termine mit Herrn Sebastian Kurz, zwei Kontakte genannt. Mehr sind Ihnen nicht erinnerlich?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe diese Erinnerungen nicht. Ich gestehe auch – ich habe ja gesagt: September oder Oktober –, ich weiß das nicht mehr. Ich meine, ich war damals auch noch in der Regierung, Termine gab es noch genug. Also in der Zeit, in der Sebastian Kurz noch in der Wahlbewegung war, da haben wir sicher, wenn überhaupt, sehr wenig Kontakt gehabt, und danach sicher auch wenig. Es haben sich – wie soll ich sagen? – von unseren persönlichen Intentionen her die Wege natürlich irgendwie auseinanderdividiert, haben sich getrennt – aber nicht im Bösen, das möchte ich jetzt auch nicht sagen, aber ich hatte andere Pläne, und die Politik war da eben nicht mehr in meiner Lebensplanung. Das habe ich für mich persönlich schon relativ früh entschieden und habe dann Kurz informiert und habe es dann bei passender Gelegenheit, bei der Richtertagung, offiziell gemacht. Das müsste man auch eruieren können, wann das war, Anfang November. Es war dann so, dass als letzter Redner der Herr Altbundespräsident auch gemeint hat, meine Erklärung würde ihn jetzt ein bisschen überraschen und es täte ihm eigentlich leid – und mein Gott, so etwas hört man gern, aber es hilft nichts, meine Entscheidung war fix.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann komme ich zum nächsten Thema. Wie ist denn Ihre persönliche Beziehung zu Frau Marek?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kannte Frau Marek aufgrund ihrer fachlichen Tätigkeit. Persönlich kannte ich sie nicht näher, aber sie war mir ein Begriff. Sie war ja früher einmal im Ministerium tätig, wie gesagt eingebunden in die StPO-Reform. Man kannte sie, und ich kenne auf fachlicher Ebene natürlich fast alle, die im Themenbereich Strafrecht tätig waren und tätig sind, aber jetzt eine nähere persönliche Bekanntschaft – die müsste man jetzt definieren – gab es eigentlich nicht, so in der Richtung, dass man jetzt, was weiß ich, persönlich auch privat regelmäßige Treffen hätte oder so. Nein, das gab es nicht, wenn Sie das meinen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, Sie waren nicht zum Abendessen bei der Familie Marek eingeladen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Oja, ich war einmal eingeladen, aber wenn man einmal zum Abendessen eingeladen ist - - Ich habe ja gesagt: regelmäßige private Treffen. Das ist dann etwas anderes. Aber ich war einmal, daran erinnere ich mich, zum Abendessen eingeladen. Da war auch ihr Mann dabei, von dem ich wahrgenommen habe und auch wusste, dass er im BMI tätig ist – wo genau und wie genau, das weiß ich jetzt nicht mehr. Aber es stimmt, das war sozusagen auf dem Nachhauseweg, auf halbem Weg, nein, ein bisschen weniger. Ich will nicht sagen, wo das war, aber jedenfalls auf dem Weg zu mir nach Hause haben wir dort Station gemacht. Das war ein Abendessen, ja, aber mehr habe ich da nicht mehr in Erinnerung.

Ich meine, ich habe mit vielen führenden Beamten und auch Funktionären in der Justiz immer wieder auch privat Kontakt gehabt, wenn es sich ergeben hat, nicht nur mit der Kollegin Marek, sondern auch mit anderen Kolleginnen und Kollegen. Das war nichts Besonderes. Die haben sich gefreut, wenn man gekommen ist, ich habe mich gefreut, wenn man sich in einem gemütlichen Rahmen halt einfach einmal austauschen kann, aber mehr war da nicht dahinter.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Können Sie uns noch einmal Ihre Wahrnehmung zur Bewerbung von Frau Marek für die Generalprokuratur schildern?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also nach meiner Erinnerung war es so, dass sie sich tatsächlich relativ spät beworben hat. Ich glaube, mich daran zu erinnern, dass sie mich auch gefragt hat, wie ich ihre Bewerbung sehen würde, und ich glaube auch, dass ich ihr durchaus gesagt habe, ich würde mich über ihre Bewerbung freuen, weil das eine Batzenbewerbung ist. Sie ist fachlich hervorragend, und man wusste ja zu dem Zeitpunkt natürlich auch nicht, wer sich sonst noch bewerben wird. Über meine sachlichen Gründe für den Besetzungsvorschlag, den ich dann an den Bundespräsidenten gemacht habe, habe ich schon einleitend ganz bewusst einiges gesagt, aber ich habe ihr sicher signalisiert, dass ich mich über ihre Bewerbung freuen würde, weil sie einfach fachlich hervorragend ist. Ja, daran kann ich mich im Wesentlichen schon erinnern, aber an Details nicht mehr.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, Sie haben sie nicht aufgefordert, sich zu bewerben – wie sie schreibt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe mir das gerade in den letzten Tagen immer wieder überlegt, wie das gewesen sein könnte. Ich erinnere mich daran, dass ich auf ihre Bewerbung sicher positiv reagiert habe. Ich glaube, dass sie mich auch selber gefragt hat, aber wenn Sie mich jetzt fragen, ob ich eine Erinnerung daran hätte, dass ich jetzt so wie ein Headhunter auf sie zugekommen wäre und gesagt hätte: Wie wär’s, wollen Sie sich nicht bewerben?, also daran habe ich keine Erinnerung, das muss ich schon sagen. Sie dürfen aber nicht vergessen, dass Kollegin Marek natürlich bekannt war, fachlich anerkannt war, auch im Ministerium ihre Kontakte hatte – die hätte nicht mich gebraucht, um auf die Idee zu kommen, sich zu bewerben. Ich glaube aber, mich daran zu erinnern, dass sie mich gefragt hat, wie ich so eine Bewerbung sehen würde, und ich habe da sicher positiv reagiert, weil ich einfach von ihrer fachlichen Qualifikation absolut überzeugt war, und das bin ich bis heute.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wir legen Dokument 158307 vor – digital. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Auf Seite 35 schreibt Frau Marek schon, dass Sie sie aufgefordert haben.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das muss ich jetzt suchen. Ich kenne ja nur die Chats, die in den Medien waren. Das ist der Unterschied zu einem rechtsstaatlichen Verfahren oder einem Prozess, da hat man alle Unterlagen, aber ich habe da gar nichts außer dem, was in den Medien war. – Das ist keine Kritik, das ist nur eine Feststellung. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): 35, in der Mitte der Seite.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich finde das jetzt nicht. Wo ist das genau? (Abg. Tomaselli hält ein Schriftstück in die Höhe, auf dem ein Absatz in der Mitte einer Seite mit Leuchtstift markiert ist.) Können wir das einfach durchgehen? Wie gesagt, mir ist schon klar, dass das vom Zeitraum her natürlich außerhalb des Untersuchungszeitraums liegt, aber - -

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Seite 35, der mittlere Block: „Lieber Wolfgang! Danke [...] für die peinliche Vorführung in der Perskomm“ – Personalkommission. (Ein Mitarbeiter der Parlamentsdirektion zeigt der Auskunftsperson die gesuchte Stelle im vorgelegten Schriftstück. – Auskunftsperson Brandstetter: Okay, super, danke!)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das war in den Medien, das kenne ich. Das kenne ich, ja. Ja, jetzt sind wir zwar – und jetzt bitte ich auch den Verfahrensrichter, mich hier zu unterstützen oder auch nicht – hier nicht im Untersuchungszeitraum, aber es geht um Postenbestellung, es geht um Postenschacher, und ich habe von Anfang an gesagt, ich will, wenn irgendwie möglich, dazu Stellung nehmen.

Herr Verfahrensrichter, kann ich dazu etwas sagen, ohne irgendwelche Fehler zu machen, formal oder in Bezug auf Persönlichkeitsrechte, oder nicht?

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, Herr Professor, Sie haben recht, es ist nicht unmittelbar im Untersuchungszeitraum, aber es ist, was die Person von Frau Eva Marek betrifft, durchaus im Jahr 2018 eine Ernennung, nämlich zur Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs, im Untersuchungszeitraum gelegen, und das müsste man hier als Vorgeschichte sehen. Daher meine ich, dass man das ganze Thema Eva Marek durchaus auch hier abfragen kann – im Hinblick darauf, dass wie gesagt 2018 dann vielleicht die Belohnung als Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes das Ende der bisherigen Karriereleiter war.

Daher würde ich dem Vorsitzenden vorschlagen, diese Frage zuzulassen.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte sehr, dann versuchen Sie, sie zu beantworten, Herr Dr. Brandstetter. – Bitte.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, dann sage ich gerne etwas dazu.

Wie gesagt, mit der Bestellung im Jahr 2018 konnte ich nichts mehr zu tun haben, aber als ich das gelesen habe, habe ich mir eigentlich schon gedacht: Was ist denn da jetzt los? – Es ging um die Besetzung der Generalprokuratur 2016, richtig. Jetzt muss ich aber ein bisschen ausholen dürfen – ich sage gerne etwas dazu.

Das Anforderungsprofil des Generalprokurators ist ein ganz anderes. Ich habe im Jahr 2014 Werner Pleischl vorgeschlagen. Ich habe ihn dann aus bestimmten Gründen 2015 auch noch für ein Jahr verlängert. Das war mir wichtig und hatte bestimmte Gründe, die Sie gerne auch hinterfragen können, aber eigentlich: Wenn es da irgendeine Absprache mit Kollegin Marek gegeben hätte, so nach dem Motto: Wenn Sie jetzt – bitte! – die OStA übernehmen, dann gibt es dafür die Generalprokuratur!, dann wäre eigentlich auch sozusagen das Hinauszögern des Freiwerdens dieser Position durch die Verlängerung von Kollegen Pleischl nicht logisch.

Ich kann nur sagen, aus diesen Zeilen, aus diesem Chat an mich sprach eine tiefe persönliche Enttäuschung, ich möchte fast sagen Verbitterung. Ich glaube ja richtig – ich habe ja dann eh so reagiert –, dass ich ihr gesagt habe: Bitte wir müssen da reden!, weil ich aufgrund dieser Textierung wahrgenommen habe, wie enttäuscht sie gewesen ist.

Ich kann nur sagen: Was heißt ausweglose Situation? Ich habe schon gesagt, aus meiner Sicht wäre es auch nicht wirklich ein Problem gewesen, wenn es bei den Bewerberinnen Nittel und Vrabl-Sanda geblieben wäre. Ich habe Ihnen geschildert, in welche Richtung ich dann versucht hätte, meinen Vorschlag zu entwickeln. Ich weiß auch bis heute nicht, was sie mit dem Satz „Deine Leute sind alle versorgt“ gemeint hat. Ich weiß es nicht. Hat sie damit - -

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielleicht Herrn Plöchl?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na, aber den hätte ich jetzt nicht unter „meine Leute“ subsumiert, überhaupt nicht. Vielleicht hat sie Werner Pleischl gemeint, den ich verlängert habe, oder - - Ich weiß es einfach nicht. Ich war damals selber überrascht und ein bisschen irritiert, und ich konnte auch die unfassbare Demütigung und den Verlust der höchstgerichtlichen Laufbahn nicht nachvollziehen. Ich habe das überhaupt nicht nachvollziehen können, und ich habe ihr das dann auch im persönlichen Gespräch gesagt. Für mich war seinerzeit ja nachvollziehbar, dass sie die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft übernehmen wollte. Für mich war es sinnvoll, weil sie fachlich hervorragend qualifiziert war für das Anforderungsprofil Fachaufsicht im Bereich der OStA – wunderbar.

Für sie war es ja auch gut – und für mich daher nachvollziehbar –, dass sie, obwohl schon beim Obersten Gerichtshof, trotzdem diese Funktion übernehmen wollte. Ich hatte den Eindruck – aber das ist nur mein Eindruck gewesen –, dass sie natürlich schon ein bisschen in Richtung Präsidium OGH geschielt hat – das war auch legitim – und dass sozusagen jetzt die OStA Wien wohl nicht die letzte Station ihrer Karriere sein wird, aber es war aus meiner Sicht eine wichtige Karrierestation für sie, denn eines hat ihr sozusagen im Lebenslauf noch gefehlt, das war die Leitungsposition einer größeren Einheit – und die OStA Wien war eine größere Einheit, und daher war es für mich logisch, dass sie, obwohl schon beim Obersten Gerichtshof, dennoch diese Funktion angestrebt hat.

Dass sie – und das vermute ich jetzt nur – persönlich so enttäuscht war, weil sie die Erwartungshaltung hatte: Na bitte, eigentlich wäre sie jetzt die erste Anwärterin auf die Position der Generalprokuratur!, das tat mir leid, aber ich konnte daran nichts ändern. Ich meine, das Anforderungsprofil des Generalprokurators ist ein ganz anderes als bei der OStA-Leitung. Da geht es nicht um Fachaufsicht, da geht es um die Vertretung der Staatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof, da geht es um Rechtsfortentwicklung, um Wahrungsbeschwerden – ich verweise wieder auf meinen Aufsatz, den ich Ihnen ausgeteilt habe. Das ist ganz etwas anderes, und der Generalprokurator ist normalerweise eine Funktion, die man eher am Ende der Laufbahn bekommt.

Und so, wie die Personalkommission auch den Vorschlag gemacht hat, und wenn ich das jetzt richtig in Erinnerung habe, war es so – ja, richtig, ich habe es, glaube ich, eh schon einmal gesagt: erste Stelle im Personalkommissionsvorschlag war Plöchl, zweite Stelle Pilnacek, dritte Stelle Marek –, habe ich mich schon darüber gewundert, dass Kollegin Marek so weit hinten gereiht war.  Ganz ehrlich, das habe ich gemeint, als ich gesagt habe, ich war auch verwundert. Aber wissen Sie, für mich war das nicht so – wie soll ich sagen? – fest und fix entschieden, wie vielleicht manche glauben. Das stimmt ja nicht. Es gab einen Gesichtspunkt, den ich immer – und da bin ich ein bisschen stolz darauf – wahrgenommen habe, und da ist mir nie etwas passiert: Das war das Gleichbehandlungsrecht. Ich habe, als ich ins Ministerium gekommen bin, einige Entscheidungen bekommen, dass eben vor meiner Zeit das Gleichbehandlungsgesetz zulasten von Bewerberinnen verletzt worden wäre. Das wollte ich unbedingt vermeiden.

Sie kennen das Gleichbehandlungsgesetz mindestens so gut wie ich. Es hätte vielleicht anders ausgeschaut, wenn Kollegin Marek als Erste vorgeschlagen worden wäre, dann natürlich hätte das Gleichbehandlungsrecht hineingespielt. So aber nicht, und so habe ich mir gedacht, eigentlich ist das jetzt eine Position, die ist maßgeschneidert für Kollegen Plöchl. Der hat sich im Weisungsrat und diesen Dingen hervorragend bewährt. Also das war für mich gemessen am Anforderungsprofil der Generalprokuratur die richtige Entscheidung. Ich würde sie auch heute noch so treffen, weil eben auch der Personalkommissionsvorschlag nicht so war, dass das Gleichbehandlungsrecht eine Rolle spielen hätte müssen.

Ich habe diese persönliche Enttäuschung wahrgenommen. Ich weiß, das hat Kollegin Marek mir dann auch persönlich im Gespräch noch ausgedrückt. Aber ich konnte es nicht ändern. Also so, wie sie 2014 für die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft für mich die wirklich bestmögliche Besetzung war, so war es dann unter den gegebenen Umständen – Anforderungsprofil und Vorschlag der Personalkommission, Gleichbehandlungsrecht im Jahr 2016 für die Generalprokuratur – Kollege Plöchl, der das bitte auch hervorragend gemacht hat, bis heute!

Ich meine, da muss man schon einmal sagen, das sind lauter Postenbesetzungen, die ich vorgeschlagen habe, die sich wirklich bewährt haben – so wie die, die ich eingangs erwähnt habe aus der Zeit der Kollegin Berger, wo eben die Personalkommission ganz anderes vorgeschlagen hatte. (Abg. Herr: Mhm!) Aber die persönliche Enttäuschung habe ich wahrgenommen. Ich konnte es nicht ändern. So war es halt.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut. Und warum war dann in der Ausschreibung für die Leitung der OStA keine Erfahrung in der Justizverwaltung mehr notwendig?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe keine Erinnerung, warum, wieso, ich weiß es nicht. Wissen Sie, ich habe natürlich diese formalen Dinge bei den Ausschreibungen von Stellen nicht selber gemacht. Ich bin auch kein Experte im Dienstrecht. Das haben meine Mitarbeiter im Ministerium gemacht, das betrifft Vollziehung, die habe ich dafür gehabt.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wissen Sie noch, wer von Ihren MitarbeiterInnen das gemacht hat?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Selbstverständlich. Jetzt wieder mit Hinweis auf Persönlichkeitsschutz sage ich das gerne. Einerseits lief das natürlich immer über den Kabinettschef. Das war damals – von welchem Jahr reden wir jetzt? 2016, oder? –, ja, das kann nur der jetzige Sektionschef Alexander Pirker gewesen sein, und der hatte bei allen dienstrechtlichen Angelegenheiten immer den Experten im Schlepptau, der, wenn ich das so sagen darf, da wirklich perfekt war, das war Kollege Nogratnig. Die beiden Namen habe ich in Erinnerung. Ich möchte aber nicht, dass sie im Protokoll erwähnt werden.

Ich sehe jetzt ehrlich gesagt keine besondere Relevanz in dem, was Sie jetzt erfragt haben: Was war da nicht drinnen? Ich habe keine Erinnerung an eine Besonderheit.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): „Keine Erfahrung in der Justizverwaltung“, und es war 2014, entschuldigen Sie.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ah so, bei der Leitung der OStA. Also ich habe keine Erinnerung daran, dass man diesen Punkt irgendwie speziell thematisiert hätte. Ich meine, Sie fragen ja danach: Warum ist irgendein Erfordernis nicht drinnen gewesen? Ich glaube, soweit ich es jetzt abstrakt in Erinnerung habe, das Problem bei den Ausschreibungen ist ja immer, dass da plötzlich irgendwelche Kriterien drinnen sind, aus denen man schließen kann, das ist auf irgendjemanden zugeschnitten.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ja, oder nicht mehr drinnen sind. (Auskunftsperson Brandstetter: Bitte?) – Oder nicht mehr drinnen sind eben.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Da möchte ich Sie schon fragen, wie man das machen soll. Es ist nur abstrakt. Ich habe keine Erinnerung an diese Vorgänge, weil das auch nicht mein Thema war. Aber wie soll ich eine Ausschreibung auf jemanden zuschneiden dadurch, dass ich ein Kriterium nicht reinnehme? Ich glaube auch nicht, dass die Ausschreibung ungewöhnlich war. Sie erwecken hier den Eindruck, als wäre das eine unübliche Ausschreibung gewesen. Ich habe keine Erinnerung daran, dass das irgendetwas Besonderes war, wirklich nicht! Damit war ich auch persönlich sicher nicht befasst. Ich kann mich daran nicht erinnern.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Frau Marek hat laut Chats eine andere Wahrnehmung. Die war offensichtlich der Meinung, sie hatte einen Deal mit Ihnen, wendet sich dann auch an Frau Mikl-Leitner. Hat die bei Ihnen interveniert?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Darf ich das bitte sehen? Können Sie mir das vorhalten? Weil ich habe ja das Problem: An mich hat sich nur Kollegin Marek direkt gewandt mit diesem Chat, bei dem ich dann ein bisschen erschrocken bin und reagiert habe, indem ich gesagt habe: Was ist denn da los? Da müssen wir reden! Dann haben wir auch ein persönliches Gespräch gehabt. Aber ich habe keine Erinnerung an irgendwelche Interventionen von irgendjemandem, wirklich nicht!

Also das war bitte meine Entscheidung, und ich habe diese Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen getroffen, und ich stehe dazu. Und nebenbei bemerkt, ich meine, Interventionen bei Personalsachen mag es schon geben, aber ich meine, ich glaube nicht, dass sich irgendjemand in solche Personalbesetzungen der Justiz einmischen könnte, das hätte ich auch nicht zugelassen. Ich habe mich umgekehrt ja auch nie eingemischt. Das wäre ja absurd für mich, der Gedanke, in irgendwelche Personalbesetzungen in anderen Ministerien oder anderen Bereichen - -

Um es kurz zu machen: Ich habe wirklich keine Erinnerung an solche konkreten Interventionen, wie Sie sie jetzt erwähnt haben. Jetzt verstehe ich vor allem eines nicht, jetzt bin ich schön langsam ein bissel verwirrt: Da geht es jetzt um 2016, oder, Frau Abgeordnete? Geht es um 2016?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Korrekt. Selbes Dokument, Seite 34, ganz unten, letzter Chat, beginnt mit „Liebe Hanni!“

Dr. Wolfgang Brandstetter: Aha. Ich sehe das jetzt gerade, Seite 34. Ja, das ist also kein Chat mit mir, sondern ein Chat zwischen wem eigentlich? Kollegin Marek und - -2016 - - Das war die Frau - - damals schon Landeshauptfrau, oder, ja, 2016? Richtig, oder?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nein.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also ich kann mich nimmer so genau erinnern. Moment einmal, 2016, Oktober 2016, war damals Kollegin Mikl-Leitner noch Innenministerin?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nein. Kollegin Mikl-Leitner war im Oktober 2016 Landeshauptmannstellvertreter von Niederösterreich. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter (in den Unterlagen blätternd): Ja, also wie gesagt, ich sehe das jetzt erst. Das war nicht an mich gerichtet. Da sagt Kollegin Marek, dass die von mir eingesetzte Personalkommission folgende Reihung gemacht hat – ja, das ist eh das, was ich gesagt habe –: Plöchl, Pilnacek, Marek, genau.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Auf der nächsten Seite geht es weiter.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ah, ich verstehe. Ah so. „Bin von einer erfolgreichen Höchstrichterin in zwei Jahren“, also sie beklagt sich furchtbar. Ja, richtig, okay. Ja, also wie gesagt, wann war das? Am 6.10., am 9.10.? Ich habe keine Erinnerung an irgendwelche Interventionen von dieser Seite. Es wäre auch sinnlos gewesen. Es ist so, wie ich gesagt habe. Aufgrund des Vorschlags der Personalkommission, über den ich mich durchaus auch gewundert habe, war klar, das geht in Richtung des Kollegen Plöchl, und das war dann auch meine Entscheidung.

Wie gesagt, dass Kollegin Marek sehr gerne Generalprokuratorin zu dem Zeitpunkt geworden wäre, das kann ich irgendwo verstehen. Aber das war einfach aus meiner Sicht nicht die bestmögliche Entscheidung. Und das ist ja doch letztlich wohl auch der Beweis dafür, dass es das, was immer wieder auch mir zum Teil unterstellt wurde, da hätte es schon 2014 einen entsprechenden Deal gegeben - - Das ist Unfug. Das stimmt einfach nicht! 2014 war sie die Bestgeeignete für die Leitung der OStA. 2016 war sie das aufgrund der konkreten Situation nicht, und daher habe ich so entschieden. Da hätte mich niemand davon abbringen können, egal, wer es gewesen wäre. Ich habe aber auch keine konkreten Interventionen in Erinnerung, die es hier gegeben haben könnte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Hat Herr Kloibmüller interveniert?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe auch keine Erinnerung an eine persönliche Intervention des Kabinettschefs Kloibmüller. Es gab natürlich auch auf Kabinettsebene immer wieder guten Kontakt. Das mag schon sein, dass es auf Kabinettsebene Kontakte gab, aus denen man schließen konnte, man würde sich vielleicht im BMI freuen, wenn Kollegin Marek das Rennen macht. Ich weiß es einfach nicht mehr, aber ich kann so etwas auch nicht ausschließen. Bei mir persönlich gab es, soweit ich mich jetzt erinnere, keine Intervention in der Richtung, und das wäre, ich sage es noch einmal, auch sinnlos gewesen. Ehrlich gesagt, je mehr ich darüber nachdenke: Das hätte man sich auch nicht getraut. Ich meine, ich hätte mir das nicht gefallen lassen. Was soll das? Ich meine, es ist meine Verantwortung gewesen, meine Entscheidung.

Die Enttäuschung der Kollegin Marek hat mir leid getan, aber ich konnte es nicht ändern, und an dieser Entscheidung hätte bei der Konstellation niemand was ändern können, denn ich habe diese Entscheidungen auch im Rahmen meiner persönlichen Verantwortung immer sehr ernst genommen. Das war so. Das dürfen Sie mir glauben.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Kloibmüller schreibt nämlich in den Chats, Seite 31, er ist „sprachlos“. Der ging offensichtlich auch von einem Deal aus, und schreibt: „Kann nur mit hbm“ – dem Herrn Bundesminister – „reden“. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in den Unterlagen.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Seite 31?

Ja, das ist der Jammer, wenn man die Dinge vorher nicht hat. Dann dauert es einfach. Können Sie es vielleicht vorlesen, Frau Abgeordnete?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Außerhalb meiner Redezeit gern, weil ich es schon vorgelesen habe: „Ich bin sprachlos. Kann nur mit hbm“ – dem Herrn Bundesminister – „reden“, schreibt Herr Kloibmüller daraufhin, dass er informiert wird, dass „brandstetter“ – also Sie – „jetzt gesagt“ haben, dass statt Eva „plöchl prokurator werden soll“. Was ist da Ihre Wahrnehmung?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also erstens müssten wir einmal klären, wann der Vorschlag der Personalkommission gekommen ist. Also ich kann - - Schauen Sie, das sind Chats innerhalb, also zwischen Kollegin Marek und Angehörigen des BMI. Da war ich natürlich nicht eingebunden. Ich kenne das auch nicht wirklich. Mag schon sein, dass sich Kollegin Marek, wenn ich das jetzt so rasch überfliege, Unterstützung im BMI erhofft hat oder vielleicht mehr Unterstützung im BMI erhofft hat, aber das wäre sicherlich letztlich nicht wirklich erfolgversprechend gewesen, denn meine Personalentscheidung habe ich schon selber getroffen, in eigener Verantwortung. Wie gesagt, eine wirklich jetzt mir gegenüber offen geäußerte Intervention zu ihren Gunsten habe ich nicht in Erinnerung. So ist das, ja.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Auch nicht von Herrn Sobotka? Der hat sich nie mit Ihnen über die Besetzung der Frau Marek unterhalten?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na, also ich habe keine Erinnerung daran, dass es hier eine Art, wenn Sie so wollen, so würden Sie es wohl formulieren wollen, Intervention gegeben hätte. Ich habe das nicht in Erinnerung, nein.

Ich gehe jetzt davon aus - - Wir sind immer noch beim Untersuchungsgegenstand, gell? Nach wie vor. Ich habe so etwas nicht in Erinnerung. Erinnere mich nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut, Sie haben vorhin gesagt, Sie hatten mit der Bestellung von Frau Marek ja nichts zu tun, jetzt bezogen auf den OGH. Wie ist die Bestellung damals abgelaufen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Moment! Wieso soll ich gesagt haben, ich hatte mit der Bestellung der Kollegin Marek nichts zu tun? Da kann es ja nur um die Leitung der Oberstaatsanwaltschaft gegangen sein. Oder was meinen Sie jetzt?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sie haben vorhin gesagt: Mit der Bestellung 2018 konnte ich nichts mehr zu tun gehabt haben.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na, natürlich nicht. Da war ich ja schon längst aus dem Amt. Was hätte ich damit zu tun haben sollen?

Ich meine, wenn Ihnen das vielleicht noch hilft: Die Kollegin Marek hat nach meiner Wahrnehmung - - Die war ja wirklich bös auf mich. Ich habe dann mit ihr keinen Kontakt mehr gehabt. Ich habe sie, glaube ich, irgendwann einmal bei diversen Ernennungen getroffen, wo wir halt alle eingeladen worden sind, wenn irgendwelche Veranstaltungen im Bereich der Justiz, im Justizpalast waren, aber es gab dann eigentlich keinen Kontakt mehr.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Hatten Sie mit ihr also gar keinen Kontakt vor der Bewerbungsfrist am 7. Dezember 2017?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Meinen Sie jetzt wieder die - -

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): OGH-Bestellung.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe keinerlei Erinnerung an so was. Würde auch keinen Sinn machen. Wie gesagt, sie war, wenn ich das so salopp sagen darf, nach meinem subjektiven Eindruck bös auf mich, weil sie eben nicht Generalprokuratorin geworden ist. Sie hätte wahrscheinlich gemeint, ich hätte das vielleicht aus ihrer Sicht der Dinge doch machen können und sollen.

Ich war damals anderer Meinung. So war das, und da gab es daher auch nachher, wenn überhaupt, dann nur bei diversen Anlässen und Festivitäten Kontakt. Ja, also ich hätte ihr doch auch nicht helfen können, jetzt 2018, ich wüsste nicht, wie. Nein, ich habe keine Erinnerung daran, dass es hier irgendwelche Gespräche gegeben haben könnte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Hatten Sie damals die Wahrnehmung, Frau Marek ist der Meinung, Sie sind ihr noch etwas schuldig?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe nur die Wahrnehmung gehabt, über die wir gerade gesprochen haben, dass sie wirklich persönlich enttäuscht war. Es tat mir leid, dass ich sie, sozusagen jetzt aus ihrer subjektiven Erwartungshaltung her betrachtet, enttäuschen musste. Aber mehr als diese Wahrnehmung habe ich nicht.

Vielleicht habe ich mir auch noch gedacht: Mein Gott, die wird schon noch ihren Weg machen, die hat schon noch ihre Chancen. – Aber also in dem Sinn, dass jetzt - - Ich meine, ich wüsste auch nicht, was ich ihr sozusagen schuldig gewesen wäre. Es gab da natürlich nie irgendwelche - - Der Gedanke wäre absurd, dass es da irgendwelche Vereinbarungen gegeben haben könnte, die dazu führen hätten können, dass ich mich ihr gegenüber schuldig mache, wenn ich irgendeine Position anders besetze, als sie sich aufgrund ihrer Erwartungshaltung vorgestellt hat.

Nein, ich sage noch einmal, auch unter Wahrheitspflicht: Ich stehe zum letzten Satz meines Eingangsstatements. Sie werden bei mir keine einzige Personalentscheidung finden, bei der parteipolitischer Einfluss die Wahl des oder der Bestgeeigneten verhindert hätte. Das gilt genauso für Marek, für Pleischl, für Plöchl. Das sind durchaus unterschiedliche parteipolitische Hintergründe, die man damit verbinden kann, wenn man will, oder auch nicht. Das hat mich nicht interessiert. Das war so.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Aber Sie erinnern sich an die Bewerbung der Frau Marek zur Vizepräsidentin des OGH?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, absolut nicht. Ich habe keine Erinnerung daran. Ich war jetzt überrascht. Ich war der Meinung - - 2018, das muss ja lange nach mir gewesen sein, aber ich habe jetzt zu - -

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Nein, 2017 war das.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich habe durch Ihre Frage jetzt wahrgenommen, dass offenbar die Bewerbung schon Anfang Dezember 2017 war. Ja, da war ich mehr oder weniger im Abgehen. Ich habe keine Erinnerung mehr daran. Wirklich nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sie haben keine Erinnerung mehr, dass im Justizministerium dann für Frau Marek als Vizepräsidentin entschieden wurde?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Absolut nicht. Ich meine, wie ist denn das, wenn die Bewerbungsfrist irgendwann am 7. Dezember ausläuft - -

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Da waren Sie noch Minister.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, aber ich war in den Entscheidungsprozess sicher nicht mehr eingebunden. Das kann nicht sein. Ich habe keine Erinnerung daran. Können Sie mir sagen, wann die Entscheidung getroffen wurde? Ich weiß es nicht. Das muss nach meiner Zeit gewesen sein, oder?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das wollte ich Sie fragen, ob in Ihrer Zeit die Entscheidung für Frau Marek getroffen wurde.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich hätte keine Erinnerung daran. Tut mir leid! 7. Dezember, wie ist es denn - - Darf ich nur kurz rückfragen, das ist jetzt eine dienstrechtliche Sache, die ich wissen wollte. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Frau Abgeordnete! Ich höre gerade, also da sind normalerweise zwei, drei Wochen dazwischen. Da war Weihnachten auch dabei. Ich glaube nicht - - Ich habe keine Erinnerung mehr daran, ob ich da noch was unterschrieben habe oder nicht. Ich glaube, ehrlich gesagt - - Können Sie mir sagen, wer die Bestellung der Kollegin Marek für den Obersten Gerichtshof unterschrieben hat? Können Sie mir das sagen? Ich weiß es nicht. Ich habe keine Erinnerung dran.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Können Sie sich sonst erinnern, was Sie in den letzten Tagen im Dezember an sonstigen Amtshandlungen in dieser Zeit gemacht haben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also, also - - (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter? Moment! Herr Verfahrensrichter, bitte.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Da muss ich passen. Das kann nicht mehr vom Untersuchungsgegenstand umfasst sein, oder?

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Moment! Die Frage ist zu unbestimmt. Bitte nach § 41 Abs. 2 - - Herr Verfahrensrichter!

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Also die Frage: Können Sie sich erinnern, ob sonstige Ernennungen waren?, das, würde ich meinen, ist zu unbestimmt, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann frage ich anders.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Haben Sie eine Unterlage, eine Urkunde?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich frage nach: Haben Sie ein Bestellungsverfahren unterschrieben?

Dr. Wolfgang Brandstetter (erheitert): Frau Abgeordnete! Ich habe keine Erinnerung an irgendwas. (Heiterkeit der Abgeordneten Krisper und Stögmüller.) Wirklich! Ich weiß es einfach nicht. Legen Sie mir das vor! Zeigen Sie mir, ob ich da etwas unterschrieben habe oder nicht! Wie soll ich das wissen? Das waren die letzten Tage meiner Amtszeit.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Können Sie bitte die Unterlage geben, Frau Abgeordnete? Wenn Sie eine Frage stellen, müssen Sie auch die entsprechende Unterlage organisieren. (Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson und Verfahrensanwältin.)

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich glaube, die Frage ist eigentlich ganz simpel, nämlich: Haben Sie ein Bestellungsverfahren von Frau Marek unterschrieben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete! Um das abzukürzen: Ich habe absolut keine Erinnerung daran, aber ich bitte Sie: Im Gegensatz zu mir haben Sie alle Unterlagen. Da gibt es einen Personalakt. Aus dem Personalakt ist ersichtlich, wer wann was unterschrieben hat. Die Ernennung erfolgte offensichtlich, wie ich gerade gehört habe, irgendwann im Februar 2018. Ich kann jetzt nicht ausschließen, dass ich im Zuge dieses Verfahrens, des Bestellungsverfahrens, formal noch irgendwo eingebunden war. Aber Erinnerung habe ich daran keine mehr. Legen Sie mir die Personalakten vor! Da haben wir Daten und Fakten, und dann wissen wir, wovon wir reden.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte. (Verfahrensrichter und Vorsitzender beraten sich. – Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Nur zur Klarstellung: Nach unseren Unterlagen ist die Ernennung mit 1. Februar 2018 erfolgt. Üblicherweise gibt es einen Vorlauf, und noch dazu muss der Bundespräsident, wie wir wissen, da eine entsprechende Unterschrift leisten – das nur zur zeitlichen Einordnung. Ansonsten würde ich die Frau Abgeordnete bitten, ob Sie dazu eine Unterlage haben, die man der Auskunftsperson vorhalten kann; dann würde ich darum bitten, diese Unterlage vorzulegen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich frag nur, weil das ja nichts Alltägliches ist, dass man eine Vizepräsidentin des OGH bestellt, sondern vielleicht doch etwas, an das man sich noch erinnern kann – daher meine Frage.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Liebe Frau Abgeordnete, ich habe keine Erinnerung daran, ich bitte Sie, in den Personalakt zu schauen; da sind Daten und Fakten, auf denen man aufbauen kann. Ich habe keine Erinnerung. In der Zeit: Was war denn da noch? Vielleicht war ich noch bei den Regierungsverhandlungen über das Regierungsprogramm in der Endphase dabei, Kapitel Justiz, aber sonst habe ich an die Zeit überhaupt keine Erinnerung. Überhaupt nicht. Wirklich nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wie lange dauert so ein Bestellungsverfahren normalerweise?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also nach meiner Erinnerung und meiner Erfahrung reden wir schon von einigen Wochen, die das dauert, noch dazu, wenn Weihnachten dazwischen ist, und Regierungswechsel.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, wenn sie im Dezember noch unterzeichnet worden wäre, wäre das höchst seltsam?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann es nicht sagen, aber deshalb wieder meine Bitte: Schauen Sie doch in den Personalakt, dann wissen wir es genau! Ich habe keine Erinnerung daran. Da war ich in Wahrheit ja nicht mehr wirklich voll in Funktion, sondern habe eigentlich alles für den Abgang vorbereitet und war gerade noch in die Regierungsverhandlungen betreffend Kapitel Justiz, am Schluss, eingebunden; aber sonst sicher nichts mehr.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Können Sie sich an andere Bewerber, Bewerberinnen auch erinnern?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Keine Erinnerung, überhaupt nicht.

Herr Vorsitzender, darf ich nur um 3 Minuten Pause bitten? Geht das? Aber nicht mehr als 3 Minuten, wenn das möglich ist.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.

Dann unterbreche ich die Sitzung.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 11.22 Uhr bis 11.27 Uhr.)

*****

11.27

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen.

Frau Abgeordnete, wenn Sie so lieb sind und mit Ihrer Befragung fortsetzen, bitte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): 2016 haben Sie Clemens-Wolfgang Niedrist, der aus der JVP gekommen ist und gegen den ebenfalls ermittelt wird, in Ihr Kabinett geholt. Wie ist das damals abgelaufen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das, woran ich mich noch erinnere, ist, dass leider mein damaliger Kabinettschef, das war Alexander Pirker, den ich übernommen hatte, als ich in die Funktion gekommen bin – das möchte ich auch nicht unerwähnt lassen: ich habe ja niemanden ins Kabinett mitgebracht, ich war froh über die, die da waren, habe gesagt: Wenn ihr bleiben wollt, könnt ihr bleiben!, und Pirker war ein Richter und daher ist er mein Kabinettschef geworden –, dann von sich aus das Handtuch geworfen hat, weil er gemeint hat, diese Regierung werde es nicht mehr lange geben. Das war seine persönliche Einschätzung – ich bitte wieder, den Namen Pirker aus dem Protokoll zu streichen –, aber es war so ein bisschen Endzeitstimmung, und es ist nicht nur er vom Kabinett weg, es sind einige da weg.

Und dann kam die Empfehlung, da gäbe es jemanden, der das machen könnte, in der Situation – ich habe nicht mehr genau in Erinnerung, von wem und wie das war –, und so wurde dann Clemens Niedrist Kabinettschef.

Es war damals - - Ich habe schon daran gedacht, ein bissel breiter zu suchen, aber da war ja niemand zu kriegen! Jeder hat gewusst oder jeder hat erwartet: Diese Regierung gibt es nicht mehr lange!, man hätte für diese Funktion niemanden gewinnen können. Ich habe auch nicht mehr in Erinnerung, wo Herr Niedrist vorher war. Ich kann nur sagen: Solange er bei mir war, hat er wirklich gute Arbeit geleistet, ich könnte da überhaupt nichts Schlechtes sagen.

Ich habe den Medien entnommen, dass da jetzt gegen ihn auch ein Verfahren anhängig ist. Ja, damit ist er aber nicht alleine, aber ich meine - - Ja, ich habe keine genaue Erinnerung mehr daran.

Ich war froh, dass er da war und dass er die Funktion übernommen hat, denn das war in der Situation schon schwierig. Es ist ja auch die – wie war das? – Pressesprecherin gegangen. Es war eine relativ hohe Fluktuation, weil viele der Meinung waren, die Regierung stehe knapp vor dem Ende. Das war so.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, Sie wussten, Herr Niedrist wurde Ihnen empfohlen, aber Sie wissen nicht mehr, von wem?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Genaue Erinnerung habe ich nicht, aber wissen Sie, ich habe das beim Kabinett – obwohl das ungewöhnlich ist, das verstehe ich schon – immer so gehalten. Das war in der Praxis so eine Art Selbstergänzungsprinzip, von Anfang an. Wenn es im Kabinett Änderungen gegeben hat oder geben musste, dann habe ich mich immer an dem orientiert, was der Kabinettschef vorgeschlagen hat, denn ich habe immer gesagt: Ihr müsst als Team funktionieren!, ich habe hier niemanden persönlich ins Kabinett hineingebracht. Ich habe mich für die Personalbesetzung von Positionen, die frei geworden sind, letztlich immer nach dem gerichtet, was das Kabinett selber an Vorschlägen hatte. Also das war einfach so, das war vielleicht auch mein Stil. Mir war wichtig: Teamgeist und Teamfähigkeit im Kabinett; und daher war es de facto ein Selbstergänzungsprinzip.

Ich habe also Kollegen Niedrist nach meiner Erinnerung vorher überhaupt nicht gekannt und habe mich sicher einfach an dem orientiert, was halt innerhalb des Kabinetts da an Vorschlägen vorhanden war. Ich habe da keine persönlichen Präferenzen für irgendeine Person gehabt, aber wie gesagt, daran erinnere ich mich.

Ich meine, ich weiß ja auch, dass es damals natürlich auch in Kabinetten des Regierungspartners eine sehr hohe Fluktuation gab, das habe ich auch wahrgenommen, aber das ist halt so bei diesen Positionen, und ich kann über die Tätigkeit des Kollegen Niedrist bei mir nur das Beste sagen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Hat Ihnen Sebastian Kurz oder dessen Umfeld öfter Personalien vorgeschlagen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: An so was habe ich keine Erinnerung, wirklich nicht, überhaupt nicht. Das müsste, wenn, dann über das Kabinett gelaufen sein, so wie ich gesagt habe. Dass jemand mir persönlich gesagt hätte: Wir wollen, oder: Ich will, oder: Ich würde vorschlagen, dass der oder die in dein Kabinett kommt!, an so was kann ich mich nicht erinnern.

Und jetzt möchte ich schon noch einmal daran erinnern, was ich eh schon immer wieder gesagt habe: Sie müssen auch die Kultur des Hauses im Justizministerium verstehen. Das ist eine andere Kultur. Ich sage jetzt nicht, dass die in anderen Ministerien schlechter ist, überhaupt nicht, aber Sie haben dort in Spitzenpositionen nur Richter und Staatsanwälte. Das ist das berühmte, gepriesene Richter- und Staatsanwaltschaftsmodell. Da ist es einfach so, dass etwa die Kabinette auch – wie soll ich sagen? – dem Minister zugeordnet werden; und die Richter und Staatsanwälte, die im Ministerium tätig sind, sind da schon durchaus selbstbewusst auf ihre völlige Unabhängigkeit bedacht.

Ich erinnere mich jetzt deshalb daran, weil mein Kabinettschef Pirker den Titel Generalsekretär gehabt hat, aber da war wichtig, auch im Haus, dass das nur ein Titel war. Er hatte keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber den Sektionschefs, das wäre ein No-Go gewesen, auch von der Kultur des Hauses her.

Aber wie gesagt, ich beantworte es – ich weiß schon, ich muss kürzer sein – so: Kabinettspositionen wurden eigentlich de facto nach dem Selbstergänzungsprinzip des Kabinetts selber vergeben, und so war das, und ich war dankbar für jeden Vorschlag, der da gekommen ist; und es haben sich eigentlich, alles in allem, alle sehr bewährt.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie eine Wahrnehmung zur Beziehung zwischen Niedrist und Thomas Schmid?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Da habe ich keine Wahrnehmung, ich möchte aber daran erinnern, dass eben das Verhältnis zu Thomas Schmid wegen unserer Budgetauseinandersetzungen immer ein etwas angespanntes war. Daher gab es den Kontakt auch eigentlich nur eingeschränkt auf das, was dienstlich notwendig gewesen ist.

Ich habe keine Wahrnehmung dazu, welche Kontakte es zwischen Kollegen Niedrist und Thomas Schmid gegeben haben könnte. Ich weiß es nicht. Ich meine, dienstlich sicher, natürlich, ja, bei den Budgetsachen – aber sonst wüsste ich nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Im Oktober 2017 wurde bekannt, dass der ÖVP-Sponsor und -Spender und Milliardär Stefan Pierer steuerschonende Konstruktionen verwendet hat. War das auch in Ihrem Ministerium Thema?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe an so was keine Erinnerung.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wir machen eine Vorlage, digital: Dokument 3925, Seite 1411 – viele Chats. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Zwischenfrage: Ist das Herr Pierer von KTM?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Der ÖVP-Sponsor.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich sehe das jetzt - -

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben noch keine Unterlage. (Auskunftsperson Brandstetter: Ja, okay!) Können wir das schriftlich haben, wenn Sie so nett sind? – Auf dem Bildschirm ist sie leider Gottes nicht da. Danke. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) – Bitte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ihr Kabinettschef bittet da den Sektionschef, „ein Auge“ auf die „Pierer Sache“ zu werfen. Wie ist da Ihre Wahrnehmung?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Mhm. Also ich sehe das jetzt zum ersten Mal. Es ist offenbar ein Kontakt zwischen Clemens Niedrist und – wem? – Ah ja, nein, und Schmid – richtig: Schmid.

Also ich habe an so was überhaupt keine Erinnerung. Ich kann nur sagen, dass ich von Anfang an dafür gesorgt habe, dass Einzelstrafsachen – und offenbar gab es da eine; ich habe keine Erinnerung daran, ich weiß nicht, was die „Pierer Sache“ gewesen sein kann – wirklich immer von mir abgeschottet waren; das heißt, das war von Anfang an so. Ich habe von Anfang an gesagt: Ich will keine Einzelstrafakten im Kabinett haben!, und so haben wir es auch gehalten. Das war Sache der Fachabteilung. Ich habe auch von allen Einzelstrafsachen immer nur im Nachhinein Berichte bekommen, wie entschieden wurde; im Normalfall, wenn es berichtspflichtig war, über den Weisungsrat.

„Oktober 2017“ – ich habe an so was überhaupt keine Erinnerung, kann mich auch nicht daran erinnern, dass über so eine Sache mit mir gesprochen worden wäre. Ich weiß ja nicht, was das für eine Sache gewesen sein kann, ich weiß es nicht, keine Erinnerung an so was.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ende September poppt auf: Herr Pierer vermeidet Steuerzahlungen, und später schreibt Ihr Kabinettschef dem Sektionschef, „ein Auge drauf“ zu halten. Ich nehme an, das steht im Zusammenhang.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann es nicht sagen, weil ich überhaupt keine Erinnerung an irgendwelche Wahrnehmungen in dem Zusammenhang habe. Ich kenne auch dieses Verfahren nicht. Können Sie mir sagen, wie das weitergegangen ist oder ausgegangen ist? – Ich weiß es nicht. Ich habe keinerlei Erinnerung an diese Dinge – also überhaupt nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Können Sie sich generell, innerhalb Ihrer Arbeit als ÖVP-Minister, an eine, ja, Bevorzugung von ÖVP-Sponsoren, -Sponsorinnen, in irgendeiner Art und Weise, erinnern?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Liebe Frau Abgeordnete, zuallererst möchte ich - - (Abg. Herr: Ich frage nur!) – Na, ich möchte schon sagen: Sie haben mich jetzt wieder den ÖVP-Abgeordneten genannt. Ich möchte nur darauf hinweisen: Mein Anspruch war der eines parteiunabhängigen Justizministers, auch abhängig von der Unterstützung Ihrer Partei. So war es, aber gut.

Ich habe keinerlei Erinnerung an solche Vorgänge. Ich meine, Sie haben jetzt auch – und das war ein bisschen unterstellend – in die Frage hineinformuliert, ob ich irgendetwas über diverse Begünstigungen oder sonst irgendetwas wüsste. Ich kann nur sagen, wie bei mir so etwas gehalten wurde: Ich habe nie in irgendwelche Einzelverfahren eingegriffen – das kann ich Ihnen sagen –, mit Sicherheit nicht. Das war Sache der Fachabteilung. Und wenn ich Berichte bekommen habe, dann immer im Nachhinein. Ich habe daher auch keine Wahrnehmung und keine Erinnerung über irgendwelche Strafsachen, von denen Sie jetzt gemeint haben, da könnten irgendwelche Sponsoren begünstigt worden sein.

Ich konnte ja nicht wissen, wer jetzt Sponsor der ÖVP gewesen sein kann. Ich kenne den Namen Pierer aus den Medien. Ich weiß, dass er Chef oder zumindest führend tätig ist für KTM. KTM ist mir als Mobilist und begeisterter Oldtimerfahrer sehr wohl ein Begriff – natürlich, KTM kenne ich. Ich erinnere mich daran, dass es offenbar irgendein Verfahren gegeben hat, aber ich glaube, nach meiner Zeit, mit irgendeiner Förderung in Oberösterreich. Das ist das, was ich aus den Medien weiß.

Nein, mir ist das kein Begriff, ich habe keine Erinnerung an solche Dinge. Offensichtlich gab es da einen Kontakt auf Kabinettsebene zwischen Kollegen Niedrist, Sektionschef Pilnacek und Herrn Schmid. Ich kann es nicht sagen, keine Wahrnehmung.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut zu hören. Im April 2019 haben Sie versucht, einen Termin zwischen Ihnen, Herrn Tojner und Herrn Pilnacek einzuhängen. Hat der stattgefunden? In Haag?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Können Sie mir das zeigen? Ich glaube mich zu erinnern, was das gewesen ist.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wir legen Dokument 1553 vor – digital, wenn es geht, sonst schriftlich –, Seite 6. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ah – ja, ja, okay, kann mich erinnern. 4. April 2019, das war ja lange nach meiner Zeit, aber ich kann mich gut erinnern, was das war, Frau Abgeordnete. Und wie gut ich mich daran erinnern kann! Das war ein offizieller Festakt zur Wiedereröffnung des Bezirksgerichts in meinem Geburtsort Stadt Haag. In Wahrheit kenne ich Dr. Tojner auch dadurch, weil er auch aus Stadt Haag stammt. Ich bin dort geboren, ich bin sozusagen geborener Mostviertler. Seine Eltern und meine Eltern kannten einander gut, meine sind schon verstorben, seine Mutter lebt noch.

Der 4. April 2019, ja, das war die feierliche Wiedereröffnung des Bezirksgerichts in Stadt Haag. Offenbar wollte Michael Tojner als Haager wissen, ob er bei der Gelegenheit vielleicht auch den Herrn Sektionschef Pilnacek treffen kann. Ja, aber das wäre kein Treffen in dem Sinn gewesen, das war ein Festakt, an dem viele teilgenommen haben, auch die lokale Politik natürlich. Jetzt weiß ich nicht - -, ich glaube, mich zu erinnern, dass vielleicht auch der Herr Präsident dabei gewesen sein könnte. Ich weiß es nicht mehr, aber es war ein großer Festakt mit Blasmusik und allem Drum und Dran. Also ein Treffen in dem Sinn, dass man da irgendwelche Gespräche hätte führen können, das wäre es sicher nicht gewesen, aber offenbar hat mich Herr Dr. Tojner gebeten, ich möge herausbekommen, ob Sektionschef Pilnacek dort ist oder nicht, aber soviel ich weiß, habe ich darauf auch nicht reagiert.

Da ist ein Kontakt mit dem Bürgermeister von Haag, ja - - Nein, da ging es um die Teilnahme an einer Festveranstaltung. Soweit ich mich erinnere, war Pilnacek, glaube ich, nicht dort. Das weiß ich nicht mehr so genau. Das ist zwar noch nicht so lange her, aber - - Ja, das war etwas anderes.

Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Herr Abgeordneter Hafenecker.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Prof. Brandstetter, ich wollte nur sagen, Sie antworten ja sehr ausschweifend und sehr lang. Ich fürchte fast, die Partei, die Sie nur nominiert hat und mit der Sie sonst nichts zu tun haben, wird gar nicht mehr dazu kommen, ihre investigativen Fragen zu stellen, wenn wir in dem Tempo weitermachen. (Dritter Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Eine Frage zum heutigen Tag: Die Kloibmüller-Chats sind Ihnen ein Begriff. Haben Sie sich diesbezüglich mit dem gerade aus dem Saal gehenden Vorsitzenden Sobotka im Vorfeld des Untersuchungsausschusses unterhalten?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Sofern diese Frage überhaupt zulässig ist. Ich würde den Herrn Verfahrensrichter bitten, mir das zu sagen. Ich sage gerne etwas dazu, aber ich bin nicht sicher, ob das wirklich Gegenstand des Untersuchungsgegenstandes ist, wenn man jetzt auch nach persönlichen Kontakten fragt. Aber wie gesagt, Herr Verfahrensrichter, bitte belehren Sie mich, wie es gehört!

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Wenn es einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand gibt, dann ja. Wenn es keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand gibt, ist die Frage nicht zulässig.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Außerhalb meiner Redezeit: Na selbstverständlich, Punkt 3: Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit, wenn es da eine Absprache gegeben hat. Immerhin hat ja der Kabinettschef des damaligen Innenministers Sobotka Kontakt zu Ihrem Ministerium in der Sache Marek gehalten. Deswegen würde es mich einfach interessieren, ob es diesbezüglich einen Austausch zwischen den beiden gegeben hat.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Kein Problem. Also ich kann Ihnen dann natürlich sehr gerne sagen, dass ich absolut keine Kontakte mit dem Herrn Präsidenten über die BMI-Chats hatte, die ich wie gesagt ja nur aus den Medien kenne. Ich möchte bei der Gelegenheit auch sagen, dass ich zu allen Personen in der letzten Zeit keinen Kontakt gehabt habe, wo man mir dann vielleicht hätte vorwerfen können, ich hätte hier irgendetwas in Bezug auf meine Aussage vorbereiten oder erfahren wollen, weil mir ja klar ist, dass meine Aussage dann entwertet wird. Das wollte ich nicht.

Ich habe zum Beispiel auch meinen intensiven fachlichen Kontakt zu Kollegen Ratz, der, glaube ich, heute nach mir kommt, in dem Augenblick eingestellt – das haben wir beide gemacht –, als wir beide wussten, wir haben eine Ladung zum U-Ausschuss. Das gehört so. Ich bin froh, dass ich ab heute Abend wieder mit ihm Kontakt haben kann. Ich habe keinerlei Kontakt mit Kollegen Pilnacek, das schon seit Juni nicht. Also in Bezug auf irgendwelche Themen des Untersuchungsgegenstandes habe ich mit niemandem Kontakt gehabt, habe mich mit niemandem abgesprochen, der mich in irgendeiner Form – wie soll ich sagen?; so verstehe ich Ihre Frage – für diese Aussage im Ausschuss in irgendeiner Form hätte beeinflussen können. Ich habe daher auch keinen Kontakt zu Abgeordneten gehabt, die hier im Raum sind. Das wissen Sie ja selber auch.

Also konkret auf Ihre Frage: Ich habe mich mit dem Herrn Präsidenten über die sogenannten BMI-Chats nicht unterhalten.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke. – Sie haben vorhin in Ihren Ausführungen gesagt, dass es Ihnen wichtig war, ein parteiunabhängiger Justizminister zu sein. Wenn man jetzt ein bisschen im Internet stöbert, dann findet man eine ganze Reihe von Terminen, die Sie bei der ÖVP absolviert haben, Parteitage, wo Sie gesprochen haben, und so weiter und so fort, also wirklich eine ganz beeindruckende Latte an Terminen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Zwischenfrage, Zwischenfrage! Das ist ein falscher Vorhalt. Ich glaube nicht, dass ich bei einer Parteiveranstaltung eine Rede gehalten hätte. Das müssen Sie mir zeigen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Außerhalb der Redezeit bitte, um es zu erklären: Ehrengast ÖVP-Bezirksparteitag Wien-Umgebung, 6.11.2015; Ehrengast der ÖVP Wien, Landesparteitag, 2. April 2016; Ehrengast der ÖVP Niederösterreich; bei der Klubklausur waren Sie mit, und so weiter. Bei der Klubklausur der ÖVP haben Sie übrigens einen Vortrag gehalten, das kann ich Ihnen auch gerne vorlegen.

Worauf ich aber hinauswill, das ist ja nichts Verwerfliches: Als unabhängiger Justizminister – bei welchen anderen Parteitagen sind Sie noch gewesen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also Grundvoraussetzung wäre einmal gewesen, dass ich irgendwohin eingeladen werde. Ich wurde von anderen Parteien nicht eingeladen, daher konnte ich auch keine Einladung wahrnehmen. Natürlich geht man dann zu irgendwelchen Veranstaltungen, wenn man eingeladen wird, auch von der Partei, die einen formal vorgeschlagen hat. Natürlich ist man ja auch – das werden Sie besser wissen als ich – auf Einvernehmen angewiesen, ich denke nur, Stichwort Budget, dass man halt hier auch das Bestmögliche für das eigene Ressort, für das eigene Ministerium herausholt. Daher wäre es ja eigentlich ein unfreundlicher Akt gewesen, wenn man solche Festivitäten, wenn man eingeladen wird, nicht besucht.

Das, was Sie vorgelesen haben, sind eher auch lokale Sachen, ja, okay, das habe ich, wenn es sich terminlich ausgegangen ist, sicher gerne wahrgenommen, aber darin sehe ich jetzt gar nichts Besonderes. Ich bin aber überzeugt: Wenn ich Einladungen von anderen Parteien bekommen hätte, dann wäre das durchaus möglich gewesen, dass ich da auch hingehe.

Und was jetzt den Parteitag betrifft – oder was war das?, eine Klausurtagung –, da kann es schon sein, dass ich zu einem Fachthema mein Ressort betreffend ein Referat gehabt habe. Das kann sein, obwohl ich jetzt keine Erinnerung daran habe.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Da wird sich Erwin Pröll freuen, wenn Sie ihn als lokales Ereignis bezeichnen. Aber gut - -

Dr. Wolfgang Brandstetter: Entschuldigung, aber das ist jetzt - - Nein, das lasse ich so nicht stehen! Sie haben von einem Bezirksparteitag gesprochen; das habe ich in Erinnerung.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Nein, ich habe auch Landesparteitag ÖVP Niederösterreich erwähnt.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Okay, also dann beschränke ich meine Bemerkung lokale Ereignisse auf diesen Bezirksparteitag. – Wo war denn das überhaupt? Horn oder was, oder?

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Bitte?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wo war denn der Bezirksparteitag? Horn wahrscheinlich, oder? Mein Heimatbezirk.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Nein, Bezirksparteitag war Wien-Umgebung.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wien-Umgebung. – Ah ja, ich weiß schon. Ja, ja, okay! Mit Lukas Mandl. Ja, ich erinnere mich, da war ich dort, ja. War ich eingeladen, war ich dort.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie haben selbst gesagt, Sie haben sich geärgert darüber, dass Sie dann immer als nicht überparteilicher Justizminister bezeichnet worden sind, aber das tut jetzt eh nichts zur Sache. Wenn ich aber von einem ÖVP-Parteitag zum nächsten fahre, dann muss ich mir das ja gefallen lassen.

Herr Justizminister außer Dienst, Sie sind ja auch Mitglied der Norica Nova. Das ist natürlich auch Privatangelegenheit, ich möchte nur auch dort die personelle Verquickung vielleicht ein bisschen herausarbeiten. Dort ist Herr Spindelegger Mitglied, dort ist der ehemalige Fraktionsführer im Untersuchungsausschuss, der Verfassungssprecher Gerstl, Mitglied und auch die Justizsprecherin Steinacker. Mit Justizsprecherin Steinacker haben Sie ja gemeinsam den Justizbereich bei den Verhandlungen zu Schwarz-Blau geführt. Das waren ja schlussendlich auch die Verhandlungen, wo Sie dann unwissend auf einem Sideletter gelandet sind.

Ist es lebensnahe, anzunehmen, dass Sie ein Kapitel mitverhandeln, nämlich das Kapitel Justiz, und dann vollkommen überraschend auf einem Sideletter draufstehen und das erst ein Jahr später erfahren?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen nur sagen, es war so. Ich habe das nicht gewusst, das habe ich erst gesehen, als es dann in den Medien war. Aber ich glaube, das tut ja nichts zur Sache. Dass ich natürlich, und da haben Sie schon recht, immer persönliche Kontakte hatte mit Mitgliedern und Mitgliederinnen – das ist ja das Besondere bei der Norica Nova und bei der Norica überhaupt, dass natürlich auch Frauen dort eine Vollmitgliedschaft haben können, das ist auch gut so - - Ich bin Mitglied der Katholischen akademischen Verbindung Norica, das bin ich gerne, das bin ich seit meinem Studium, das ist auch so, und da haben sich natürlich allein dadurch – das wird bei Ihnen, in Ihren letztlich auch existierenden Institutionen nicht anders sein –, aber - -

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Kein Vorwurf, ich bin selbst bei einer Studentenverbindung.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja eben. Nein, ich fasse es auch nicht als Vorwurf auf, aber dass sich hier natürlich persönliche Kontakte ergeben, die es immer noch gibt, zu den Mitgliedern dieser Verbindung und auch zu den Personen und Persönlichkeiten, die Sie genannt haben, ist ganz selbstverständlich. Natürlich, ja selbstverständlich.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ja, wie gesagt, ich verstehe nur nicht, dass Sie quasi unabsichtlich auf einen Sideletter geraten sind, ohne das irgendwie vorher gewusst zu haben.

Haben Sie im Justizbereich, als die Koalitionsverhandlungen gelaufen sind, Sie oder Frau Steinacker, bei den Verhandlungen Namen von Personen genannt, die Sie dann vielleicht gerne im Sideletter stehen gehabt hätten?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also erstens muss ich ein bisschen präzisieren. Ich habe immer gesagt, ich habe das Justizressort mit dem Anspruch geführt, parteiunabhängig zu agieren. Dass ich eine gewisse Nähe zu den Christdemokraten habe, das ist so, das ist auch, glaube ich, weiters kein Problem. Da teilt man gewisse Grundansichten, und für die braucht man sich auch wirklich nicht zu genieren.

Während der Verhandlungen zum Thema Regierungsprogramm Justiz Ende 2017 wurde, jedenfalls soweit ich mich erinnere, über Positionen, über Postenbesetzungen überhaupt nicht gesprochen. Mein Visavis war damals Peter Fichtenbauer. Es ging um einige wesentliche Punkte, die mir wichtig waren; das waren vor allem Strafvollzugsreform, Maßnahmenvollzug und vieles mehr, was mir wichtig war. Aber über Postenbesetzungen wurde in dieser Runde, wo ich dabei war, mit Sicherheit nicht gesprochen. Da habe ich überhaupt keine Erinnerung an so was. Das wurde offenbar auf anderer Ebene entschieden, und ich war da jedenfalls, so wie Sie das vermuten, nicht eingebunden. Wirklich nicht.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich frage mich mittlerweile schon, wer all diese Sachen innerhalb der ÖVP beschlossen hat und wer diese Ebene war, denn Sebastian Kurz hat es auch nicht gewusst. Es hat überhaupt niemand irgendetwas gewusst, dass irgendjemand irgendwo auf einem Sideletter gestanden ist. Also jetzt frage ich mich schön langsam: Wo ist das entschieden worden?, aber Sie können da leider Gottes auch keine Auskunft geben.

Herr Prof. Brandstetter, Sie haben vorher erwähnt, wie Sie Frau Marek angeschrieben hat. Sie haben gesagt, sie war furchtbar aufgebracht, emotional offenbar, weil sie da aus ihrer Sicht übergangen worden ist, und Sie haben dann ein Gespräch mit ihr gesucht, haben gesagt, darüber müssen wir reden. Hat das dann stattgefunden, und wenn ja, in welcher Form?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Dieses Gespräch habe ich in Erinnerung. Das hat stattgefunden, und zwar bei mir im Büro im Ministerium. Dort hat sie mir noch einmal erklärt, wie enttäuscht sie wäre, weil sie gehofft hatte, sie würde die Funktion bekommen. Ich habe ihr noch einmal erklärt, warum ich so und nicht anders entschieden habe. – Ja, dieses Gespräch gab es. Es war ein relativ kurzes Gespräch, aber es war deutlich zu sehen, wie sehr sie enttäuscht war.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie haben vorher erwähnt, das Standardwerk von Frau Marek wäre das Buch „Korruption und Amtsmissbrauch“, und dann schreibt sie Ihnen so eine SMS, in der drinnen steht: Ihre Leute haben Sie durchgebracht und auf sie selber ist vergessen worden. – Ist das nicht irgendwie eine Text-Bild-Schere?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, dass das eine Frage ist, die im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand Sinn macht. Das müssen Sie die Kollegin Marek fragen. Ich habe Ihnen gesagt, dass ich natürlich die Kollegin Marek von ihren Fachpublikationen kannte und kenne, und da gehört dieses Buch dazu. Alles Weitere, was Sie fragen wollen, müssten Sie eigentlich an sie richten, aber nicht an mich. Das ist die Frage nach irgendwelchen Einschätzungen oder - -, ich weiß nicht, wie man das nennen soll. Jedenfalls ist es nichts, was Fakten und Wahrnehmungen betrifft. Da kann ich nichts beitragen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Vielleicht haben Sie eine Wahrnehmung gehabt, was sie dazu getrieben hat, so eine Nachricht zu schreiben, aber gut.

Herr Prof. Brandstetter, zu Ihrem Rücktritt im Verfassungsgerichtshof: Sie haben ja vorher beteuert, dass Sie sich in der Sache Tojner nichts haben zuschulden kommen lassen. Warum ist schlussendlich dieser Rücktritt trotzdem erfolgt? Ist von irgendeiner Seite Druck auf Sie ausgeübt worden?

Der Herr Vorsitzende Sobotka sagt, er entfernt sich jetzt nicht vom Vorsitz, weil er sich nichts hat zuschulden kommen lassen, er bleibt auf dem Platz sitzen. Das hätte man dann ja im Verfassungsgerichtshof analog auch so sehen können.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also erste Frage jetzt einmal meinerseits: Herr Verfahrensrichter, ist das Untersuchungsgegenstand? Ich habe jetzt nicht - - Ich meine, der Abgeordnete – ich glaube, Hafenecker ist Ihr Name, gell? (Abg. Hafenecker: Hafenecker, ja!) –, der sagt so vieles miteinander. Da tue ich mich immer schwer, das herauszufiltern, was jetzt wirklich eine Fragestellung ist, unabhängig von persönlichen Wertungen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich wiederhole es gerne noch einmal außerhalb der Redezeit, Herr Prof. Brandstetter: Sie haben ja vorher beteuert, dass Sie sich natürlich in der Sache Tojner nichts haben zuschulden kommen lassen und sich deshalb auch in Unschuld wähnen. Trotzdem sind Sie als Richter im Verfassungsgerichtshof zurückgetreten, und meine Frage war: Warum haben Sie das gemacht?, und: Sind Sie unter Umständen unter Druck gesetzt worden?

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich würde diese Frage noch im Rahmen des Untersuchungsgegenstandes sehen und die Frage daher zulassen. Herr Vorsitzender, Ihnen muss ich diese Empfehlung geben.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Wir lassen die Frage zu.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wunderbar, ich habe ja kein Problem damit. – Es hat niemand Druck auf mich ausgeübt. Ich habe dann selber erkannt, auch aufgrund der Medienberichterstattung, dass ich für den Verfassungsgerichtshof wirklich zu einer Belastung geworden bin. Das hat natürlich begonnen mit dem Strafverfahren und mit der Sicherstellung in den Räumen des Verfassungsgerichtshofes. Das hat alles Schlagzeilen gemacht. Ich war natürlich damit auch intern zu einem Problemfall geworden.

Ich hatte am Anfang die Hoffnung, sage ich Ihnen ganz offen, dass ich diesen Vorwurf, von dem ich heute auch unter Wahrheitspflicht gesagt habe, dass er nicht stimmt, mit der Staatsanwaltschaft rasch klären kann. Das ist mir nicht gelungen. Am Anfang hatten wir die Hoffnung, dass wir das bis zum Sommer klären können, das ging nicht. Und dann kam die nächste Welle der Medienberichterstattung im Zusammenhang mit diesen Chats, die eben publik geworden sind, zwischen mir und dem Kollegen Pilnacek: private, vertrauliche Chats, ja, ist so, die sind halt dann auch in den Medien entsprechend verwertet worden. Das hat dazu geführt, dass ich erkannt habe, das hat keinen Sinn mehr für mich, im Verfassungsgerichtshof zu verbleiben, weil ich dort der Institution Verfassungsgerichtshof nicht mehr dienen kann. Ich bin eine Belastung.

Ich bleibe dabei und ich habe das immer so gehalten; ich meine, eigentlich ist es mir eh nur einmal in meinem Leben passiert: Wenn man erkennt, dass man für eine Institution, für die man tätig sein soll und der man dienen soll, eine Belastung geworden ist, dann muss man gehen. Deshalb habe ich das aus freien Stücken auch gemacht. Ich bin da nicht unter Druck gesetzt worden, überhaupt nicht. Es hat natürlich Diskussionen auch im Verfassungsgerichtshof gegeben, aber ich kann da nichts Näheres darüber sagen, das dürfte ich nicht. Es war meine Entscheidung, und ich habe das wirklich in meiner Erklärung am Schluss auch so zum Ausdruck gebracht, wo ich gesagt habe: Ich bin für die Institution eine Belastung, daher gehe ich.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke. – Schade, dass Präsident Sobotka nicht mehr im Saal ist, da könnte er sich ein Beispiel nehmen.

Ich komme zu einem weiteren Themenkomplex, und zwar eben diesen Pilnacek-Chats und vor allem dem zentralen Vorwurf des Verrates der Hausdurchsuchung bei Herrn Tojner.

Sie haben vorher gesagt, das Ganze ist ein Missverständnis, es fußt auf einem vorhergegangenen Pressebericht, wo aus Ihrer Sicht die Hausdurchsuchung an sich schon verraten worden wäre, und erst dann sind Sie aktiv geworden. Habe ich das richtig verstanden?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich habe das eh gesagt. Das muss schon ungefähr 14 Tage vorher gewesen sein, dass aus Journalistenkreisen eben Tojner oder Mitarbeiter von Tojner informiert worden sind. Ich habe dann so reagiert, dass ich gesagt habe, das muss man der Behörde melden. Ich glaube, mich daran zu erinnern – aber ich habe ja nichts von diesen Chats –, es müsste in diesen Pilnacek-Chats, die ja im Strafverfahren wohl auch vorhanden sein müssten, auch irgendwas von mir geben, wo ich das auch mehr oder weniger mitteile: Da ist irgendwas offenbar geleakt worden, das kann ja nicht sein. Und dann gab es eben auch dieses formelle Schreiben, von mir initiiert und auch formuliert, von dieser Kanzlei dann abgefertigt – wann war das? – am 24.6. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Das war einfach so.

Und natürlich wurde aufgrund dieses Chats eben dieser Tatverdacht dann, ich sage jetzt einmal, angenommen. So hat das Verfahren begonnen, und ich wusste natürlich am Anfang, wie ich gesagt habe, auch nicht warum. Und dann, das muss man schon sagen: Das Ganze war von Anfang an ein Verschlussakt, ja, aber ich habe von einer Journalistin des „Trend“ per Telefon erfahren – ich kenne die persönlich gar nicht –, dass gegen mich ein Strafverfahren eingeleitet wurde, wie gesagt, in einem Verschlussakt. Das heißt, das muss ja auch irgendwo geleakt worden sein. Ich weiß nicht, ob diesbezüglich irgendwelche Ermittlungen gepflogen werden oder nicht. Ich hoffe, es ist so, aber ich beklage mich nicht. Ich stelle mich diesem Tatverdacht und glaube, ihn auch mittlerweile weitgehend widerlegt zu haben.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie sind ja mit vollem Herzblut Rechtswissenschaftler, und das sind ja interessante Vorgänge. Es kommt ja immer öfter vor: Man hat in den Medien schon gehört, es wäre eine Hausdurchsuchung geplant, oder es wird diskutiert, und deswegen wird das bekannt. Das haben Sie auch in Ihrem eigenen Fall vor der Hausdurchsuchung im Verfassungsgerichtshof vorhin gesagt. Erst gestern wieder wurde von Medien geleakt, dass man möglicherweise bei Frau Karmasin in der Schwedenbomben-Fabrik nachschauen könnte.

Jetzt meine Frage an Sie: Haben Sie Wahrnehmungen aus der Vergangenheit und aus Ihrer Zeit als Justizminister, dass solche – ich möchte fast sagen – Trägerraketen öfter stattgefunden haben, um dann vielleicht gewisse Ermittlungsschritte zu vereiteln? Nämlich diese Konstruktion: zuerst irgendwo in den Medien aufgetaucht, dann bekannt gewesen und leider dann doch nicht oder effektlos.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also in der Fragestellung waren jetzt natürlich auch wieder einige Feststellungen drinnen, mit denen ich mich jetzt nicht identifiziere, aber die Frage als solche ist durchaus berechtigt. Das Ermittlungsverfahren ist nicht öffentlich und hat auch nicht öffentlich zu sein. Warum? – Das ist mein Zugang, auch als Rechtswissenschaftler, und so habe ich es auch den Studenten immer erklärt: Zum Schutz der Grundrechte der Betroffenen darf das nicht in die Öffentlichkeit. Das hat ja einen Sinn, da hat sich der Gesetzgeber dabei ja was überlegt.

Nur ist es eben im Lauf der Jahre oder fast schon Jahrzehnte so geworden, dass einfach das Mediengeheimnis als Möglichkeit immer mehr genützt wurde, auch solche nicht öffentlichen Dinge hinauszuspielen, weil es hier natürlich aus guten Gründen ein Beweisverbot gibt. Ich meine, Medien müssen über ihre Informanten nicht Auskunft geben. Man darf auch nicht vergessen, wenn jetzt sozusagen ein Journalist einen Amtsträger anstiften würde, ihm ein Amtsgeheimnis zu verraten, ist das auch strafbar, aber wenn es nur mehr oder weniger geleakt wird – wie man das heute nennt – an den Journalisten, dann ist das de facto nicht verfolgbar, jedenfalls in den meisten Fällen nicht. Und das ist sicher ein Zustand der zulasten der Grundrechte geht.

Und der Aspekt, den Sie jetzt eingebracht haben, war eigentlich gar nicht der Hauptfokus, den der Gesetzgeber im Kopf hatte. Sie haben eigentlich gemeint, ob es mir auch untergekommen ist, dass irgendetwas geleakt wurde, um sozusagen Leute zu warnen oder irgendwie Verfahren zu beeinflussen. Ich habe an so was keine Erinnerung. Über jeden Leak, der dazu geführt hat, dass aus nicht öffentlichen Ermittlungsverfahren was nach außen gedrungen ist, habe ich mich geärgert. Normalerweise müsste das alles von Amts wegen auch verfolgt werden, aber ich habe keine Wahrnehmungen dazu, dass man jetzt konkret Personen vor irgendwelchen Zwangsmaßnahmen gewarnt hätte.

Wie gesagt, in meinem Fall war es so, zu meiner größten Überraschung: Anruf von dieser Journalistin. Ich habe auch ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass zwei Tage später etwas im Verfassungsgerichtshof stattfindet, was bitte – das wollte ich schon sagen, Herr Abgeordneter – keine Hausdurchsuchung war, sondern das war eine Sicherstellung, die dann aber aus guten Gründen nicht im Verfassungsgerichtshof stattgefunden hat. Jetzt kann man lange darüber rechtswissenschaftlich streiten: War es zulässig oder hätte es nicht viel mehr Amtshilfe sein müssen? Egal, das tut nichts zur Sache für unseren Untersuchungsgegenstand. Aber konkret: Nein, ich habe keine Wahrnehmungen in dieser Richtung, aber es ist, sage ich bei dieser Gelegenheit, schon ein Problem, dass Grundrechte der Betroffenen – ich denke jetzt vor allem an den Art. 8 EMRK – wirklich durch solche Vorgänge massiv beeinträchtigt und verletzt werden.

Ich bin auch der Meinung – jetzt beziehe ich mich wieder auf den einen kurzen Aufsatz, den ich Ihnen heute am Anfang austeilen habe lassen –, dass uns irgendwann einmal Straßburg sagen wird, dass die Art und Weise, wie wir mit nicht öffentlichen Vorverfahrensakten umgehen, einfach zulasten der Grundrechte geht und daher nicht in Ordnung ist. Das wird wohl irgendwann einmal der Fall sein, und da werden wir uns was überlegen müssen. Ich kenne alle diese rechtspolitischen Überlegungen, die es dazu gibt, ich brauche sie nicht auszuführen, wissen Sie genauso wie ich. Aber es ist wirklich unter dem Aspekt des Grundrechtsschutzes höchst problematisch, was hier immer wieder passiert.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wissen Sie, Herr Professor Brandstetter, was ich in dem Zusammenhang nicht verstehe? Sie sind ehemaliger Justizminister, Sie sind Rechtswissenschaftsprofessor, Sie sind Rechtsanwalt, Sie sind wirklich ein Mensch, der sich in seinem Bereich gut auskennt, und ich möchte sagen, eine Koryphäe. Jetzt erfahren Sie, dass in den Medien herumgeistert, dass eine Hausdurchsuchung bevorsteht. Warum handeln Sie nicht nach dem Motto, wer schreibt, der bleibt, sondern warum schicken Sie nur Herrn Pilnacek irgendeinen Chat? Warum melden Sie das nicht ganz offiziell ans Justizministerium, dass Sie gehört haben, dass diese Haudurchsuchung verraten worden ist?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Genau das, Herr Abgeordneter, ist ja auf meine Veranlassung geschehen. Ich habe das Schreiben auch hier. (Die Auskunftsperson deutet auf Unterlagen.) Ich will es nur deshalb nicht vorlegen, denn da würde ich die berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht brechen, aber ich habe das ja ohnehin eingangs zitiert. Dieses Schreiben gab es ja, und es war ja ich derjenige, der gesagt hat, ja, um Gottes willen, da muss man die Behörde offiziell mit Schreiben informieren. Und das ist passiert, vor der Hausdurchsuchung, das ist alles im Strafakt enthalten. Und das ist ja der Grund, weshalb ich sage: Ich kann ja nachweisen, dass der Informationsfluss anders war. Es war nicht so, wie man anfangs gedacht hat. Es gab sehr wohl diese offizielle Meldung an die Behörde – war meine Idee, war meine Veranlassung. Sie haben völlig recht, Herr Abgeordneter: So muss man reagieren in so einer Situation, na selbstverständlich, und so habe ich auch reagiert.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Es hat dann eben diese Hausdurchsuchung gegeben, und dort ist ja Frau Liebenwein vor Ort gewesen. Das ist die Anwältin von Herrn Tojner?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Jetzt wieder mit Hinblick auf den Persönlichkeitsschutz, lieber Herr Verfahrensrichter: Ja, das ist richtig, ich habe es eh schon erklärt. Das war so, dass die Kanzlei Liebenwein die Hauptvertretungskanzlei des Dr. Tojner war. Ich war eingebunden als Strafverteidiger – ich bin nur Strafverteidiger, kein Vollanwalt – und als Rechtsberater, aber nach außen hat immer die Kanzlei Liebenwein kommuniziert, und deshalb ist dieses Schreiben, das inhaltlich von mir war, über die Kanzlei Liebenwein auch expediert worden. Das hat auch rein praktische Gründe. Ich selber als Strafverteidiger habe auch keinen Web-ERV-Zugang – brauche ich auch nicht – und ich arbeite normalerweise für Anwaltskanzleien, und über die geht das dann hinaus. Das ist ganz normal für mich.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gab es einmal ein Treffen zwischen Frau Dr. Liebenwein, Ihnen und Herrn Pilnacek?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann jetzt nur sagen, dass ich an so was keine Erinnerung habe. Nein, ich habe keine Erinnerung daran, aber da ich keine Erinnerung habe, kann ich es auch nicht ausschließen. Also wie gesagt, dass man sich im Rahmen der Fachaufsicht rührt und sagt, da läuft irgendwas schief, das ist ja nicht so ungewöhnlich. Ich habe sicher mehrmals auch gesagt – auch sicher in Gesprächen mit Kollegen Pilnacek –, die Auslegung der Untreue durch die WKStA – siehe meinen Aufsatz, den ich ausgeteilt habe – ist falsch.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich werde ihn dann lesen. Sie können mich beim nächsten Mal abprüfen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich weiß schon. Nein, aber wissen Sie, warum das so falsch ist, warum ich mich geärgert habe? Ich habe mich geärgert, weil wir uns – ich höre schon auf – im Jahr 2015 bei der Novelle, bei der StGB-Novelle, die dann 2016 in Kraft getreten ist, so bemüht haben, den Tatbestand der Untreue mit klaren Konturen einzuschränken, damit es wirklich auch leichter handhabbar ist, damit man leichter abschätzen kann, was Untreue ist, was nicht. Die Judikatur war ja da zum Teil extrem ausufernd. Und dann kommt so eine Auslegung daher, die mehr oder weniger den Untreuetatbestand in einer Art und Weise erweitert, die wir gerade eben nicht haben wollten und die der Gesetzgeber nicht haben wollte. Ich meine, jetzt rede ich immer von mir, das ist ein Blödsinn: Der Gesetzgeber hat 2016 versucht, den Tatbestand der Untreue vernünftig einzuschränken, und deshalb war mir das auch ein persönliches Anliegen.

Aber wie ich gesagt habe, da kann man nur sagen, da muss man halt mit einer Wahrungsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof herantreten – das habe ich initiiert, das ist auch geschehen –, und der Oberste hat dann gesagt, so ist die Untreue auszulegen, so ist das; und ich bin sehr froh darüber, dass das geschehen ist. Das ist die Art und Weise, wie man eben auch Entwicklungen im Bereich der Staatsanwaltschaft, die in eine falsche Richtung gehen, rein rechtlich, sinnvollerweise korrigieren kann.

Das ist auch der Grund – und jetzt schließt sich der Kreis –, weshalb ich seinerzeit auch das Konzept von Werner Pleischl unterstützt habe, der genau gemeint hat, man müsste versuchen, eben solche Vorabentscheidungsverfahren auch intern innerstaatlich vorher zu machen, damit man rechtzeitig auch klare Konturen für den rechtlichen Rahmen hat, in dem sich alle Strafverfolgungsbehörden im Interesse der Grundrechte der davon Betroffenen bewegen müssen, denn jedes Strafverfahren ist eine Grundrechtsverletzung – selbstverständlich.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke.

Eine letzte Frage habe ich noch, und zwar geht es da um den Mascherlposten der heutigen Ministerin Edtstadler. Sie stammt ja aus Ihrem Kabinett, sie ist damals als stellvertretende Leiterin der WKStA auf diesen Posten gesetzt worden. Was ein Mascherlposten ist, wissen Sie ja, das ist mittlerweile im Jargon in Österreich hinreichend bekannt. (Vorsitzender-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.) Sie haben auch vorhin von Ihrem Selbstbedienungsprinzip im Kabinett gesprochen - -

Dr. Wolfgang Brandstetter: „Selbstergänzungsprinzip“, bitte! Das muss man jetzt aber schon korrigieren, auch fürs Protokoll: Selbstergänzungsprinzip.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Das war ein unabsichtlicher Fehler, Herr Professor. Wie ist es dazu gekommen? Haben Sie Frau Edtstadler vorgeschlagen, oder ist Frau Edtstadler von ihrem ehemaligen Chef Herrn Pilnacek vorgeschlagen worden? Vielleicht können Sie zu der Genese der Stellvertretende-Chefin-Werdung der Frau Edtstadler noch etwas sagen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Der Vorschlag kam mit Sicherheit aus dem Kabinett, keine Frage. Ich habe das auch so in Erinnerung, dass sie mir dann vorgestellt worden ist. Ich habe mich daran erinnert, dass sie ja Strafrichterin in Salzburg war, glaube ich, und ja, das war ein Vorschlag aus dem Kabinett. Inwieweit da auch der Kollege Pilnacek eingebunden war? – Das nehme ich an, ich weiß es einfach nicht.

Was die Mascherlposten betrifft: Nein, das hat eine ganz andere Bewandtnis. Ich bin kein Dienstrechtsexperte, aber das viel gepriesene Richter- und Staatsanwaltschaftssystem im Bereich des Justizressorts hat die Konsequenz, dass jeder formal irgendeinen Posten als Richter oder Staatsanwalt braucht und dann wird er von dort im Ministerium zugeteilt. Da ist gar nichts Böses dahinter. Das ist eine dienstrechtliche Notwendigkeit. Deshalb heißen die Mascherlposten. Das haben viele immer wieder gehabt, und das ist gar nichts Besonderes, vor allem auch nichts Negatives. Das möchte ich schon bei der Gelegenheit sagen. Das ergibt sich einfach aus dieser Struktur der Beschäftigungsverhältnisse im Justizressort. Mehr ist da nicht dahinter, überhaupt nicht. Das ist keine Begünstigung und gar nichts. Jeder, der als Richter oder Staatsanwalt im Justizressort arbeitet, braucht halt irgendeine Position, der er formal zugeordnet ist, und von daher kommt das – absolut nichts Böses, was ganz Normales.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Die nächsten Fragen stellt Frau Abgeordnete Mag. Tomaselli. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Guten Tag, Herr Brandstetter! Gehen wir gleich in medias res, damit vielleicht doch noch alle Fraktionen drankommen. Frau Bianca Pörner: Wer ist das, und in welchem Verhältnis stehen Sie zu dieser Frau?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Darf ich den Namen noch einmal hören? Der sagt mir gar nichts.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Bianca Pörner.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich verbinde jetzt mit diesem Namen überhaupt nichts. Können Sie mir irgendwas zeigen?

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sie war im Kabinett Mikl-Leitner und auch Fekter, ist jetzt in Niederösterreich bei der Landarbeiterkammer, soweit wir recherchieren konnten.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich habe keine Erinnerung an diesen Namen. Ich könnte jetzt auch nicht ausschließen, ob sich diese Damen irgendwann einmal an mich gewandt hätte. Ich weiß es einfach nicht. Ich verbinde mit dem Namen jetzt einmal gar nichts.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Im Zusammenhang mit einer Richterbestellung von einem Herrn E.[4]?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich sage nur vorsichtshalber, ob das im Untersuchungsgegenstand liegt, aber die Namen sagen mir überhaupt nichts, ich muss es sagen, ja. Also auch E., der Name E. sagt mir nichts.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wir können gerne Dokument 158307 vorlegen, es ist eh auch digital eingespielt, Seite 36.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Können wir die Seite vielleicht haben?

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Seite 36. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Diese Bianca Pörner schreibt an Michael Kloibmüller: „Schönen guten Morgen Michael! Könntest ma bitte einen Gefallen tun? Wann ist der nä Ministerrat und sind da die richterbesetzungen drauf? Ich hab eh auch mit Wolfgang geredet, er hat gemeint er redet mit dir, dass du einen Blick drauf hast. Wäre das bitte möglich? Danke dir! Ach so: E., der Name! 😘💁 lg Bianca“.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also Frau Abgeordnete, ich habe absolut keine Erinnerung oder auch nur Wahrnehmung in Bezug auf solche Vorgänge. Das läuft normalerweise nicht über den Ministertisch. Das sind Richterernennungen, das ist allenfalls im Kabinett bekannt. Mir sagen die Namen überhaupt nichts. Ich bin jetzt ehrlich gesagt auch nicht sicher, ob ich wirklich dieser Wolfgang bin, der hier gemeint ist. Ich weiß es einfach nicht. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.) Wer sagt das? Die Kollegin, die Frau Pörner sagt, sie hätte mit Wolfgang gesprochen. Sind Sie sicher, dass damit ich gemeint bin? Ich weiß es nicht, ich kenne die Kollegin, die Frau Pörner nicht. Also - -

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Das würde sonst nicht sehr viel Sinn im Zusammenhang Ministerrat und Richterbestellung machen. Es gibt keinen anderen Wolfgang.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na ja, im Ministerrat gab es schon mehrere, wie man weiß, aber ich kann nur sagen, ich habe null Erinnerung an diese Namen. Ich kann mit Sicherheit sagen, ich kenne Frau Pörner persönlich nicht. Ich weiß auch nicht, wer Herr E. ist. Keine Ahnung, also sagen wir es korrekter: keine Erinnerung an solche Dinge, überhaupt nicht. Es ist offenbar wieder ein Chat zwischen Kabinettschef Kloibmüller und wem auch immer. Dazu kann ich Ihnen nichts sagen; keine Wahrnehmungen, tut mir leid.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Können Sie sich an irgendeine Personalintervention seitens Michael Kloibmüllers bei Ihnen oder Ihrem Kabinett im Untersuchungszeitraum erinnern?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Darüber habe ich wirklich nachgedacht, weil mir klar war, dass diese Frage kommen wird. Ich kann mich an so was wirklich nicht erinnern. Es ist natürlich immer auch viel im Austausch zwischen den Kabinetten passiert. Das läuft nicht alles über den Ministertisch, aber ich habe keine Erinnerung daran, ehrlich nicht. Ich habe – um auch das klar zu sagen – schon ganz lange auch also überhaupt keinen Kontakt mehr mit Kloibmüller gehabt. Nein, also ich kann mich nicht an irgendeine Intervention – das meinen Sie ja wohl – des damaligen Kabinettschefs im Innenresort Kloibmüller erinnern; habe ich nicht.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Vielleicht unter dem Begriff Empfehlung? Man sagt gerne, das ist keine Intervention, das ist nur eine Sprechstunde. Es war jemand zur Sprechstunde da, und dann habe ich empfohlen oder Bewerbungsschreiben weitergeleitet.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich muss Ihnen ganz offen und ehrlich sagen, ich habe keine Erinnerung an so was, wirklich nicht, aber wenn ich keine Erinnerung habe, dann kann ich ja natürlich auch nichts ausschließen, wie ich von Anfang an gesagt habe. Ich habe da überhaupt keine Erinnerungen an irgendwelche Wahrnehmungen in der Richtung – überhaupt nicht. Und ich bitte noch einmal zu berücksichtigen, dass die Kultur des Hauses im Justizministerium schon so ist, dass – wie soll ich sagen? –: Also so was würde ja auffallen, eine offene Intervention für irgendeine Person im Justizressort. Jedenfalls keine Erinnerung daran – und mehr kann ich dazu nicht sagen.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben sich vielleicht Angehörige des Justizressorts jemals bei Michael Kloibmüller wegen Personalangelegenheiten gemeldet? Der umgekehrte Weg?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Kann ich nicht sagen, keine Wahrnehmungen dazu, keine Erinnerung. Und wie gesagt, was auf Kabinettsebene allenfalls an Informationen läuft, das ist auch nicht immer etwas, wo automatisch der Minister eingebunden wird.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Kollegin Herr hat ja schon ausführlich die Personalangelegenheit von Eva Marek besprochen. Dass das auch eine konkrete Auswirkung hat, möchte ich jetzt gerne mit Ihnen erläutern, aber anfangs die Frage: Können Sie uns noch schildern, wie aktuell das Verhältnis zwischen Ihnen und Herrn Böhmdorfer ist?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Hm, zwischen mir und dem Kollegen Böhmdorfer? – Wir haben lose Kontakt, nicht wirklich intensiv, aber das war immer ein freundschaftliches Verhältnis. Wir sind normalerweise einmal im Jahr bei der Ennstal-Classic beisammen. Das ist jetzt keine Werbung, aber das ist so. Ja, ich schätze ihn, ich mag ihn und ja, also so gesehen gibt es einen losen, aber doch guten Kontakt. Das schon, ja.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Gut. Dass Sie einen guten Kontakt zu Christian Pilnacek hatten, ist öffentlich bekannt. In dem Sinn können wir, glaube ich, auch mit der Causa starten. Ab wann hatten Sie die erste Wahrnehmung, dass ein Ermittlungsverfahren gegen René Benko angedacht war wegen Bestechung, wegen der Causa Chalet oder Causa Schlössle in Lech?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wann soll das gewesen sein? Ich weiß es jetzt nicht. Ich habe keine Erinnerung.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Die WKStA hat 2015 ermittelt.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Aha. Ich habe keine Erinnerung daran. Das hängt damit zusammen, dass diese Einzelfallstrafsachen von mir weg waren. Das ist nicht zu mir gekommen. Das hat die Fachabteilung erledigt und ich habe im Nachhinein Berichte bekommen. Ich kann nicht ausschließen, falls das ein berichtspflichtiger Akt war, dass ich irgendwann gesammelt in der Mappe Erledigungen mehr oder weniger zur Kenntnis genommen habe, die über den Weisungsrat und über die Fachabteilung gelaufen sind. Ich kann aber, das weiß ich, ausschließen, dass ich mich in irgendein einziges Strafverfahren aktiv eingemengt hätte. Nein, das war nicht der Fall, und das erklärt auch, dass ich an diese Verfahren keine Erinnerung habe. Ja, also mir sagt jetzt das - - Irgendwo in den Medien war offenbar was, oder? Ich habe jetzt keine Erinnerung daran; ja, wirklich, ist so.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Konkret ging es damals um den Vorwurf, René Benko hat um circa 8 Millionen Euro eine Immobilie gekauft, was im Übrigen in Lech recht günstig ist. Er hat dann für die Gemeinde Lech 500 000 Euro in Aussicht gestellt: 250 000 Euro für den Verzicht auf ein Vorkaufsrecht und 250 000 Euro, so eben der Vorwurf, für eine – Zitat – „zeitlich vernünftige Abwicklung der Genehmigungsverfahren“. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Insbesondere der zweite Teil war Inhalt der strafrechtlichen Ermittlung. Erinnern Sie sich jetzt vielleicht? Haben Sie jetzt irgendwelche Wahrnehmungen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, ich habe keine Erinnerung, und zwar in Verfahren - - Darf ich fragen: Wie ist denn das dann ausgegangen oder weitergegangen? Ich habe keine Erinnerung an so ein Verfahren, wirklich nicht.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Das ist eben das Interessante, es wurde eingestellt. Die WKStA hat einen Vorhabensbericht erstellt und hat ihn an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt. Die Anwälte von Benko – Böhmdorfer –, deshalb habe ich Sie gefragt, hatten dann direkt dort die Eingaben gemacht und nicht wie üblich bei den fallführenden Staatsanwälten. Ihrer Meinung nach ist das üblich?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wurde die Eingabe direkt wo gemacht? Bei der Oberstaatsanwaltschaft?

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Bei der OStA, ja.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Na ja, also das ist offen gesagt – das sage ich Ihnen auch aus meiner praktischen Erfahrung – nicht so ungewöhnlich. Warum? – Weil man Zeit sparen will. Wir haben mit der Verfahrensdauer immer Riesenprobleme gehabt, die haben wir immer noch. Und dass man gleich bei der Stelle etwas einreicht, wo man glaubt, wenn was dran ist, wo man etwas erreichen kann, dann geht das schneller. Das würde ich jetzt auch aus berufsrechtlicher Erfahrung nicht so ungewöhnlich sehen. Wir haben immer wieder auch Eingaben direkt ans Ministerium, an die Fachaufsicht, bekommen. Also auch das ist jetzt nicht so ungewöhnlich.

Wenn man sich jetzt vorstellt: Ich meine, jetzt gibt es in einem Strafverfahren natürlich den Kontakt mit dem unmittelbar fallführenden Staatsanwalt. Nehmen wir jetzt an – jetzt nehme ich nur diesen Fall theoretisch –, da geht nichts weiter. Na gut, dann kann ich jetzt sagen: Okay, ich wende mich an den nächsthöheren Staatsanwalt, das ist normalerweise der Gruppenleiter. Wenn ich dort nichts erreiche, dann gehe ich halt zum Leiter der Staatsanwaltschaft, um die es halt hier geht. Und wenn ich dort nichts erreiche, dann gehe ich auch noch zur OStA.

Da liegen aber etliche Wochen dazwischen, würde ich sagen. In ganz dringenden oder gröberen Sachen ist es auch nicht ungewöhnlich, dass man sich direkt ans Ministerium wendet. Dafür haben wir ja die Fachabteilung, und die muss sich darum kümmern. Ich wusste aber nicht, und das ist mir jetzt neu, dass Kollege Böhmdorfer offenbar Herrn Benko vertreten hat. Das weiß ich nicht, ich kenne das Verfahren nicht, ich habe dazu keine Wahrnehmungen.

Ich kann nur mit Sicherheit sagen: Ich habe keinerlei Erinnerung daran, dass da irgendeine Besprechung gewesen wäre, wo ich da eingebunden gewesen wäre; oder ich habe mich mit Sicherheit auch nie, nie in irgendwelche Einzelfallsachen eingemischt, daher kann ich das auch hier mit gutem Gewissen sagen. Ich habe aber keine Erinnerung an diese Causa, wirklich nicht. Das ist so.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Es ist aber schön, dass Sie den gewöhnlichen Fall jetzt geschildert haben. Dann sehen wir jetzt gleich, dass das ein sehr ungewöhnlicher Fall ist. Tatsächlich hat die WKStA im Jänner 2015 angefangen zu ermitteln und war nach zehn Monaten schon so weit, Anklage zu erheben. Trotzdem hatte Herr Böhmdorfer dann im September eine Eingabe gemacht, und zwar nicht bei der WKStA, wo sie hingehört, sondern gleich direkt bei der Oberstaatsanwaltschaft.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also abstrakt und unabhängig von dem Einzelfall bleibe ich dabei: Das würde ich jetzt nicht als so ungewöhnlich empfinden. Kollege Böhmdorfer weiß genau, wie man die Dinge halt auch – wie soll ich sagen? –, wenn man sie durchbringen kann, rascher durchbringt. Das ist für einen Strafverteidiger oder Rechtsanwalt normal.

Ich kann aber nur sagen: Ich habe zu diesem Fall und zu dieser Causa keine Wahrnehmungen, wirklich nicht. Ich kenne das eigentlich nicht. Jetzt, wo Sie es mir sagen, ja, kenne ich das. Ich glaube, mich zu erinnern, dass irgendwann einmal etwas in den Medien war – kann das sein? –, mit irgendeiner Geschichte in Vorarlberg? Ist das das?

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Keine Erinnerung, keine Wahrnehmung.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Es geht dann eben noch weiter: Die WKStA erstellt einen Vorhabensbericht, der geht an das Ministerium (Auskunftsperson Brandstetter: Mhm!), und danach macht Böhmdorfer nochmals eine Eingabe, wiederum direkt bei der Oberstaatsanwaltschaft, und das wird nicht wie üblich an die WKStA und die fallführenden Staatsanwälte zurückgesendet, sondern es bleibt bei der Oberstaatsanwaltschaft.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also ich kann dazu nur sagen: Warum er was so und nicht anders gemacht hat, das müssen Sie Kollegen Böhmdorfer fragen. Er wird schon gewusst haben, wie er das, im Sinne seines Mandanten, für den er das ja auch tun muss, bestmöglich tun kann. So aber, wie Sie den Fall schildern, kann das ja nur ein Fall sein - - Nachdem es offenbar Weisungen gab, ich weiß es nicht - - Das muss ja durch den Weisungsrat gegangen sein.

Und wenn es durch den unabhängigen Weisungsrat gegangen ist, dann habe ich im Nachhinein den Bericht bekommen, den Vorschlag des Weisungsrates, und ich habe in allen Fällen den Vorschlag des Weisungsrates akzeptiert, na, selbstverständlich. Also das kann nur so gewesen sein. So wie Sie es schildern, gab es offenbar das Vorhaben der WKStA – wenn ich Sie jetzt richtig interpretiere –, anzuklagen. Dann gab es die OStA, die offenbar gesagt hat: nein, oder wie war das? Oder wo wurde die - - Ich weiß es nicht. Also da müssen Sie mir sagen - -

Also wenn es Weisungen gab, dann muss das über den Weisungsrat gelaufen sein. Ich bin heilfroh, dass ich den installiert habe, denn damit war ich mit diesen Dingen nicht befasst. Der Weisungsrat hat das entweder akzeptiert oder nicht akzeptiert, und wenn er in dem Fall akzeptiert hat, dass die Oberstaatsanwaltschaft kontrollierend aus fachlichen Gründen – und sonst hätte der Weisungsrat das nie akzeptiert, – eingegriffen hat, dann ist das in Ordnung.

Ich meine, es kommt immer wieder vor, auch bei der WKStA, dass sich irgendwelche Anklagen oder auch Vorhaben letztlich als nicht wirklich tragfähig erweisen. Das kann passieren, ja. Und das ist ja jetzt auch nicht etwas, was so völlig aus der Norm ist. Dann wird halt im Sinne der Fachaufsicht reagiert und dann versucht man natürlich, auch darüber zu diskutieren und zu schauen, was denn da wirklich dran ist. Und vergessen Sie nie eines im Hintergrund, das ist mir wichtig: Es geht immer um Grundrechte der Betroffenen und um die Verfahrensdauer, die natürlich in Wahrheit auch die Grundrechte der Betroffenen betrifft. (Abg. Tomaselli: Ja!) Die Fachaufsicht ist an sich nichts Böses – ich höre schon auf –, die Fachaufsicht hat ja den Sinn, Grundrechtseingriffe, unnötige Grundrechtseingriffe der Betroffenen zu verhindern.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja, das ist ja eben das Seltsame. Denn wie gesagt: Böhmdorfer hat am 10. September eine Eingabe gemacht, er macht dann aber erst fünf Monate später, als der Anklageentwurf schon fertig ist, eine Eingabe mit neuen Beweisen.

Zu diesem ungewöhnlichen Aktenverlauf haben wir einen Aktenfund, und zwar legen wir das Dokument 3272 vor, und zwar insbesondere die Seiten 5 und 79. Das sind die zwei Eingaben, von denen ich vorhin gesprochen habe. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich habe hier die Seite 5. Das ist eine Eingabe von der Kanzlei Böhmdorfer (Abg. Tomaselli: Mhm!), die ich nicht kenne.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Das müssen Sie nicht. Das Interessante ist, was wir da jetzt eben in diesen neuen Akten gefunden haben, die uns beim Ibiza-Ausschuss noch nicht zur Verfügung gestanden sind: Es prangt auf beiden ein großer gelber Post-it. Auf diesem Post-it steht „Von RA Dr. Böhmdorfer am 10. September 2015 (Auskunftsperson Brandstetter: Ach so!) mir persönlich übergeben. Marek“. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich kann das nur so zur Kenntnis nehmen, wie es hier ist. Ich meine, wenn Kollege Böhmdorfer in seiner Funktion als Rechtsvertreter des Herrn Benko diese Eingabe persönlich an die Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft übergeben haben sollte, ja, dann ist das so. Das wird dort entsprechend veraktet worden sein. Aus meiner Sicht, und das sage ich Ihnen jetzt auch aus meiner persönlichen Erfahrung, ist das insofern jetzt für das, was ich bei der Behandlung der Einzelstrafsachen erreichen wollte, insofern nicht wirklich von Bedeutung, als ich mich immer auf den Weisungsrat verlassen habe und verlassen konnte.

Das muss dann durch den Weisungsrat gegangen sein. Die Frage, wer hat wann, was, wo übergeben, ist dafür eigentlich nicht wirklich von Bedeutung. Ich kenne diese Sache nicht. Für mich ist das neu. Wenn es hier zu einer Verfahrenseinstellung gekommen sein sollte – auch das weiß ich nicht –, dann muss das durch den Weisungsrat gelaufen sein. Was immer der vorgeschlagen hat, das habe ich während meiner gesamten Zeit als Minister akzeptiert. Mehr kann ich zu dem Fall nicht sagen, da müssen Sie andere fragen.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Na, das Interessante ist, wenn man sich eben den Inhalt anschaut, was diese neue Beweise waren: Das war einfach schlichtweg die Behauptung seitens des Anwalts des Beschuldigten, dass es bei den 500 000 – den eingangs erwähnten zweimal 250 000 – um Ratenzahlungen gegangen sei. Es sei ihm ausschließlich darum gegangen, ein neues Zahlungsziel zu vereinbaren.

Also wie wir ja wissen, ist René Benko mehrfacher Milliardär. Das waren die neuen Beweise, die vorgelegt worden sind.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich kenne den Fall nicht. Ich habe dazu keine Wahrnehmungen und auch keine Erinnerungen; Wahrnehmungen, die ich nicht hatte. Ich habe nur jetzt den Eindruck - -

Ich sehe da das Datum – ich meine, was ich dazu sagen kann, habe ich Ihnen eh schon gesagt –, aber das ist am 10.9.2015 gemacht worden. Das ist die Eingabe eines Rechtsanwalts. Ich glaube nicht, dass das vom Untersuchungsgegenstand gedeckt ist, jedenfalls nicht soweit es das Beweisthema, zu dem ich was beitragen kann, betrifft. Ich glaube nicht, dass das geht.

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Causa Chalet N ist sogar wörtlich erwähnt. – Ich glaube, wir können weitermachen.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Verfahrensrichter, bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete, wenn Sie diese Causa Chalet hier auch publik machen, damit die Auskunftsperson weiß, dass da ein Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand vorliegt! Ich würde darum bitten.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Es geht ums Chalet – zur Geschäftsbehandlung! –, Herr Richter, es geht ums Chalet.

Ich erkläre es gerade: René Benko hat eine Immobilie gekauft. Da stand ein alter Gasthof drauf, für den er 8 Millionen Euro bezahlt hat. Er hat die ganze Immobilie dann sehr vergrößert, und jetzt kann jeder in Oberlech in Vorarlberg das Chalet N bestaunen.

Es ist unter Beweisthema 3 subsumiert: „Vorwürfe der politisch motivierten Einflussnahme auf Strafverfahren gegen mit der ÖVP verbundenen Personen wie (potentielle) SpenderInnen, insbesondere Ermittlungen gegen René Benko in der Causa Chalet N“. – Davon reden wir jetzt die ganze Zeit.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Da haben Sie recht. Allerdings meint die Auskunftsperson, dass wir hier Daten vom September 2015 und dann von 2016 haben, während unser Untersuchungszeitraum im Dezember 2017 beginnt. Daher muss man die Brücke von 2015, 2016 über den Dezember 2017 hinaus schaffen. Wenn Sie das schaffen, dann sind wir dort, dass Sie die Frage stellen können. Wenn wir das nicht schaffen, sind wir außerhalb des Untersuchungszeitraums.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr gerne. Die Sache war damals jene, dass das Verfahren dann eingestellt worden ist. Dazu kommen wir dann gleich, wenn ich die Fragen stelle. Allerdings wurde diese Entscheidung nicht veröffentlicht, was dazu geführt hat, dass man im Sommer 2019, nach Aufkommen des Ibizavideos, wo wir bei den Ibizaermittlungen sind, versucht hat, alle Fälle, die irgendwie im Zusammenhang mit dem Ibizavideo standen, nochmals neu aufzurollen beziehungsweise sich neu anzuschauen. René Benko ist ja auch dezidiert dort erwähnt worden.

Es gab dann auch Recherchen von mehreren Journalistinnen und Journalisten. Die haben dann angefragt und in der Ediktsdatei wurde schlussendlich die Entscheidung über diesen Fall, ich glaube, am 6. August – nageln Sie mich nicht fest, es mag vielleicht am 10. August 2019 gewesen sein – veröffentlicht. Wir haben zusätzlich natürlich auch noch sehr viel Schriftverkehr von Christian Pilnacek, wo man genau über die Weisung damals spricht, und wie das alles gegangen ist. – Es war der 5.8.2019.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Verfahrensrichter, Entschuldigung, ich meine, was ich dazu sagen konnte, habe ich schon gesagt. Wesentlich für mich ist, und das war so meine Ebene: Der Weisungsrat hat hier die Einstellung offenbar vorgeschlagen, und damit war das für mich gelaufen. Was vorher alles war, weiß ich nicht. Da habe ich keine Wahrnehmung und kann dazu auch nichts sagen.

Wesentlich für mich aber ist – das war ja meine Initiative, meine Erfindung –, dass durch den Weisungsrat alles durch musste, was vorher mit irgendwelchen Weisungen versehen war. Ich habe dann nur geschaut, was der Weisungsrat sagt (Abg. Tomaselli: Nein!), und wenn der auf Einstellung plädiert hat und gemeint hat, man müsse das einstellen, dann habe ich das natürlich entsprechend ernstgenommen. Der Weisungsrat hat immer sachliche Gründe dafür gehabt.

Den Fall selber kenne ich nicht. Das ist mir nicht in Erinnerung, was es da für einen Fall gegeben haben könnte. Das weiß ich jetzt alles erst von Ihnen. Für mich gibt es nur eines: Einstellung durch Weisungsrat, sonst kann es nicht gewesen sein oder anders kann es nicht gewesen sein. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Da die Auskunftsperson beantwortet hat, stellt sich die Frage der Zulässigkeit also nicht mehr. Bitte weiterfragen!

*****

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Die Einstellung ist über die Oberstaatsanwaltschaft erfolgt und eben ohne dass eine Beweiswürdigung durch die fallführenden Staatsanwälte erfolgt ist. Das ist die Problematik.

Um den Bogen auch zur Personalpolitik und Eva Marek, die dann Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft geworden ist, zu spannen: Sie hat das damals gezeichnet. Sie hat die Akten quasi vom Anwalt, nicht wie üblich bei der WKStA, sondern gleich bei der Oberstaatsanwaltschaft entgegengenommen und hat sehr zeitnah das Verfahren dann einstellen lassen. (Vorsitzender-Vertreter Hofer gibt das Glockenzeichen.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, wenn es hier Weisungen gab, dann muss es durch den Weisungsrat gegangen sein. Das ist für mich wesentlich. Zu allem vorher habe ich keinerlei Wahrnehmung, kann ich Ihnen nichts sagen. Wenn es aber eine Einstellung gab, und da muss ich Sie insofern korrigieren, dann kann das nicht durch die OStA alleine gewesen sein, dann muss das durch den Weisungsrat gegangen sein. Sonst gibt es das nicht.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Die nächsten Fragen stellt Frau Dr.in Krisper. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Dr. Brandstetter, die Fragezeit – die 4 Stunden – ist bald um. Wir sind noch nicht einmal am Ende der ersten Fragerunde. Sie beantworten viele Fragen sehr ausschweifend.

Interessant ist für mich insbesondere, dass Sie bei gewissen Punkten keine Erinnerung haben. Das kommt manchmal vor, wo ich es nicht verstehe, nämlich wenn es um explizite Fragen, um Interventionen wie zu Kloibmüller, geht. Wenn man den redlichen Vorgang in Ministerien schätzt, müsste man sich der Interventionen auch lange Zeit danach weiter bewusst sein, sich ihrer erinnern.

Wir haben das bei einem Sektionschef erlebt, dem sich die Erinnerung eingebrannt hat, dass Thomas Schmid meinte, man müsste bei Sigi Wolf – Causa Steuern – wegen Russland Engagement zeigen. Demnach frage ich Sie noch einmal: Haben Sie Erinnerungen, Wahrnehmungen zu Interventionen informeller Natur, egal, wie Sie es nennen, abseits der vorgesehenen gesetzlichen Wege in politisch heiklen Verfahren im Untersuchungszeitraum – sei es von Kloibmüller, sei es von Pilnacek oder von sonstigen Personen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich kann mich da nur wiederholen. Ich habe keine Erinnerung an solche Dinge. Und ich sage noch einmal – das müssen Sie auch vom System her verstehen –: Ich war ja mit diesen Einzelstrafsachen wirklich nicht konfrontiert. Das hat eine Struktur gehabt, die habe ich initiiert, nämlich mit dem Weisungsrat. Ich habe immer erst im Nachhinein diese Entscheidungen bekommen und habe sie dann abgesegnet.

Das heißt, Interventionen bei mir hätten ja keinen Sinn gehabt. Natürlich gab es immer wieder Interventionen, jetzt abstrakt betrachtet, in irgendeiner Richtung. Die hat es schon gegeben. Was habe ich damit gemacht? Ich habe sie ins Kabinett gegeben und gesagt: Schaut euch das an, gebt das an die Fachabteilung! Mehr hatte ich damit nicht zu tun.

Jetzt bei solchen Interventionen, die oft auch informell waren, extra Aktenvermerke anzufertigen: Das hielte ich wirklich für übertrieben. Die meisten Interventionen, die ich in Erinnerung habe – das gab es schon –, bezogen sich eigentlich immer auf dasselbe, nämlich die Verfahrensdauer. Da hatten wir ein Problem. Insofern halte ich diese Interventionen, die es da gab, für berechtigt. Ja, das hat es schon gegeben, dass irgendjemand auch mich angeschrieben hat oder mich angesprochen hat.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe auch nur zu den unberechtigten gefragt, um Ihre Antwort (Auskunftsperson Brandstetter: Nein! Nein!) wiederum bitte kurz zu halten.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Selbstverständlich. Also ich habe keine Wahrnehmung in Bezug auf, wie Sie das nennen, unberechtigte Interventionen; nämlich inhaltlich in der Sache, so nach dem Motto, so habe ich das verstanden: Kann man das nicht irgendwie zu Ende bringen oder einstellen oder sonst irgendwas? – Nein, an solche Dinge habe ich keine Erinnerung. Ehrlich gesagt, da hätte ich auch ziemlich heftig reagiert, wenn es so etwas gegeben hätte, so wie ich mich kenne. Nein, keine Erinnerung an so was.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Auch nicht in der Causa Firtasch, dessen Auslieferungsverfahren sehr, sehr lange gedauert hat und auch in Ihre Zeit fällt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Bei der Causa Firtasch gab es natürlich Interventionen von mehreren Seiten, aber da kann ich es kurz machen: Wenn Sie so wollen, aus meiner Sicht als Minister, hatte ich das Glück, dass alle diese Interventionen sinnlos sein mussten, denn während der gesamten Zeit, als ich im Ministerium war, gab es die grundsätzliche Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulassung der Auslieferung nach dem Auslieferungsgesetz noch nicht.

Das heißt, ich hatte überhaupt keine Entscheidungsmöglichkeit, und daher war das völlig irrelevant und ist völlig verpufft. Erst – zum Thema Verfahrensdauer – mein Nachnachfolger Jabloner hatte dann zu entscheiden, weil es ja so konstruiert ist: Wenn das Oberlandesgericht die Auslieferung grundsätzlich zulässt, dann muss der Minister entscheiden, dann kann er - -

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das weiß ich, aber die Frage war, ob Sie hier – und auch nicht, wie Sie jetzt meinen, ob Sie interveniert haben –, ob Sie Interventionen informeller Natur wahrgenommen haben ? (Auskunftsperson Brandstetter: Ich?) – Ja.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Entschuldigung, wie hätte ich intervenieren sollen? Das verstehe ich nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wahrnehmen. Sie haben mir geantwortet, Sie hätten sich nicht engagiert. Die Frage war nach - -

Dr. Wolfgang Brandstetter: Da muss ich mich jetzt kurz mit dem Verfahrensrichter unterhalten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Wahrnehmung Interventionen Dritter.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ja, das muss ich jetzt schon tun, ja? – Sekunde.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich verstehe die Frage so, dass Sie Wahrnehmungen über Interventionen in dieser diesbezüglichen Causa haben. Diese Frage ist dem Grunde nach einmal, wenn man es konkretisiert, zulässig.

Also um welche Causa, Frau Abgeordnete, geht es? Wenn wir das jetzt auf eine bestimmte Causa eingrenzen: Wenn der Herr Minister, der damalige Herr Minister, hier Wahrnehmungen hat, dann hat er dazu etwas zu sagen. Wenn er keine hat, dann wird er sagen, er hat keine.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Es geht um die Causa Firtasch. – Bitte.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Es geht um die Causa Firtasch. Ob Sie, Herr Professor Brandstetter – so habe ich die Frage verstanden –, wissen, dass Interventionen in der Causa Firtasch stattgefunden haben. Diese Frage würde ich dem Vorsitzenden empfehlen zuzulassen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich würde trotzdem um eine kurze Rücksprache bitten wollen. Das hat jetzt gar nichts mit den Dingen zu tun, die Sie erfahren wollen. Sie haben mich gefragt, ob es in der Causa Firtasch Interventionen gab. Ich habe Ihnen wahrheitsgemäß gesagt: Ja. Die Frage ist, ob das, was ich damit meine, wirklich eine Intervention im Sinne Ihrer Fragestellung ist oder nicht. Um das zu klären, bitte ich um die Möglichkeit, kurz Rücksprache mit dem Herrn Verfahrensrichter halten zu können.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Dazu unterbreche ich die Sitzung. – Bitte schön.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 12.41 Uhr bis 12.49 Uhr.)

*****

12.49

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. – Bitte, Frau Abgeordnete. Wenn Sie noch einmal konkretisieren und die Frage außerhalb der Redezeit noch einmal stellen – und dann die Antwort.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Konkretisiert auf die Causa Firtasch: ob Sie Wahrnehmungen von Interventionen Dritter abseits der gesetzlich vorgesehenen Wege haben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich habe auf diese Frage einmal spontan mit Ja geantwortet, weil ich vielleicht den Begriff Intervention ein bisschen zu weit verstanden habe. Warum habe ich gezögert? – Es gibt auch entsprechende Regelungen in der Verfahrensordnung, die das verständlich machen. Es gab natürlich etwas, was man vielleicht nicht als Intervention verstehen kann. Das habe ich aber damit gemeint.

Es gab natürlich Vorsprachen der jeweiligen Geschäftsträger der amerikanischen Botschaft in dieser Causa. Das kann man als Intervention sehen, aber wie gesagt: Auch das war im Ergebnis irrelevant, weil ich während meiner gesamten Amtszeit immer nur sagen konnte: Ich muss auf die Grundsatzentscheidung des OLG warten – und die kam in meiner Zeit nie. Daher gab es für mich keinen Handlungsbedarf, keine Entscheidungsmöglichkeit, und das war es, aber wie gesagt: Vorsprachen der amerikanischen Botschaft und ihrer Vertreter hat es in dieser Causa natürlich gegeben, aber das ist jetzt wahrscheinlich keine Intervention im engeren Sinn.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie die Wahrnehmung, dass Herr Böhmdorfer Herrn Firtasch vertritt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich glaube, mich daran zu erinnern, dass er ein Mandat in dieser Sache gehabt hat oder noch hat, das weiß ich nicht. Das kann schon sein.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber die Causa war nie Thema mit ihm?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wie ich schon sagte, ich habe keine Erinnerung daran, aber was hätte er mit mir besprechen sollen? Er wusste ja als Profi, dass der Minister nichts tun kann, bevor nicht die OLG-Entscheidung da ist – und die kam nie in meiner Zeit.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, es hat sehr lang gedauert: dann unter Jabloner. Nachhaken möchte ich auch noch in der Causa Tojner, Vorlage 7. Sie haben nämlich gemeint, es ging Ihnen um die Sorge um Leaks, also eine rechtsstaatliche Sorge.

Ich finde das nirgends in den Korrespondenzen. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Ich finde, dass Sie schreiben: „Keep cool, wir sind in unserem Programm sehr weit.“ Sie schreiben in keiner Weise irgendwo Ihre Sorge nieder – Seite 1, Seite 2 –, sondern vielmehr geht es um das, was medial bekannt ist, nämlich die Hausdurchsuchung und inwiefern diese Tojner mitgeteilt wurde, aber in keinster Weise ist die Sorge um Leaks hier das Thema von Ihrer Seite.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Aber Frau Abgeordnete, zu dem Zeitpunkt, zu dem es diese Kommunikation gab, waren ja diese Leaks schon passiert. Da wussten wir von Journalisten: Die Hausdurchsuchung ist geplant und soll kommen. Worüber hätte ich mich gegenüber dem eigenen Mandanten hier aufregen sollen? Über Leaks?  Das verstehe ich jetzt von der Fragestellung her nicht. Das ist mir jetzt nicht einsichtig.

Wir haben uns aus meiner Sicht sozusagen schon kritisch gegenüber der Behörde geäußert. Das ist ja auch in dem Schreiben zum Ausdruck gekommen, aber dass es hier Leaks über die Journalisten gibt, Frau Abgeordnete, das ist ja nichts Neues. Es ist ja nicht so, dass das jetzt ein großes Weltwunder gewesen wäre, aber ich glaube schon, dass man in der Situation einfach das tun muss, was ich getan habe, nämlich die Behörde zu informieren. Das ist passiert, vor der Hausdurchsuchung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, aber die Korrespondenz dient nicht dem Zweck, hier eine rechtsstaatliche Sorge zu teilen, sondern wann Tojner mit Pilnacek reden kann, wie man dem BMJ hier drohen kann und dass eine Hausdurchsuchung ansteht.

Haben Sie Pilnacek zu diesem Bezirksgerichtsevent eingeladen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, das war ja 2019, lang nach meiner Zeit. Wie hätte ich das tun können? Er war, glaube ich, damals Generalsekretär, oder? Es hätte sein können, dass er kommt oder auch nicht. Ich hätte ihn ja gar nicht einladen können. Eingeladen hat der Bürgermeister von Stadt Haag. Das war so, und da hätte ich überhaupt keine Ingerenz darauf gehabt, wer kommt oder wer nicht kommt.

Dass in dem Verfahren Tojner das Problem rechtlich schon auch darin bestand, dass hier eigentlich die Ermittlungen auf einer Auslegung der Untreue aufgebaut waren, die dann der Oberste Gerichtshof, wie ich Ihnen gesagt habe, für verfehlt qualifiziert hat, das ist schon ein Problem. Das war auch ein Thema für die Fachaufsicht, na selbstverständlich, aber es hat der Oberste korrigiert und damit war es - - damit ist es ja jetzt vorläufig einmal erledigt. Aber das war wie gesagt eine - -

Ich meine, Tojner stammt aus Stadt Haag so wie ich auch. Er nützt sicher jede Gelegenheit, dorthin zu kommen, und das war eine Frage von ihm: ob ich herausfinden kann, ob Pilnacek dort ist oder nicht. – Konnte ich offenbar nicht, habe ich nicht, war völlig irrelevant, und daher war das von keiner besonderen Bedeutung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum wollten Sie Herrn Tojner gerade am Tag vor der Hausdurchsuchung dringend erreichen und haben es dreimal versucht? Wegen der Sorge um die Leaks?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, also wenn es Leaks gibt, dann ist das etwas, was jetzt nicht unbedingt ein Thema gegenüber dem Mandanten ist, ja. Ich habe eingangs gesagt, dass ich mich nur auf eine Entschlagungsnotwendigkeit berufen werde, nämlich auf die interne Kommunikation zwischen dem Mandanten und dem Verteidiger.

Ich habe aber eh schon gesagt, dass man den Hintergrund auch verstehen muss. Ich hatte in dieser Zeit unmittelbar mit dem Mandanten direkt keinen Kontakt, mit den anderen Rechtsvertretern schon. Wahrscheinlich wollte ich ihm irgendwas über diese Kontakte mit den anderen Anwälten sagen, aber umso wichtiger ist es, dass ich hier schon sagen möchte: Das würde jetzt einfach durchaus die Verschwiegenheitsverpflichtung des Strafverteidigers betreffen, und daher kann ich dazu nichts sagen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Letzte Frage dazu:  Wahrnehmungen zu Treffen und Gesprächen zwischen Pilnacek und Tojner?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe daran keine Erinnerung.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Keine Erinnerung?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, ich kann mir das ehrlich gesagt auch schwer vorstellen. Direkte Gespräche zwischen Pilnacek und Tojner meinen Sie? Na, also, dazu habe ich keine Wahrnehmung, keine Erinnerung daran. Würde mich auch wundern. Das wäre wohl im Regelfall über mich als Rechtsvertreter gelaufen, also keine Erinnerung an so was.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann möchte ich nachhaken. Wenn ich Sie zum Thema VfGH richtig verstanden habe, haben Sie gemeint, Sie hätten wegen der Cooling-off-Problematik eh vorgehabt zu gehen.

Laut „Presse“ von damals, als die Korrespondenzen publik wurden, hieß es noch am Freitagnachmittag, Sie möchten bleiben.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also, Frau Abgeordnete, das müssen Sie mir zeigen, dass das eine direkte Aussage von mir gewesen wäre. Sie beziehen sich jetzt offenbar auf die Sicherstellung im Haus des Verfassungsgerichtshofs. Reden wir von Februar?

Ja, da gab es schon die Diskussion darüber, ob man das tun kann und soll – jetzt auch aus der Sicht der Institution –, ob es wirklich möglich ist, mit einer Einleitung eines Verfahrens, die ja relativ leicht erfolgen kann, einen Verfassungsrichter einfach rauszukicken. So wurde das formuliert, und da wurde mir auch intern durchaus signalisiert: Na, also das wäre schon ein Problem. Daher war das damals aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofs so, dass man eher meinte: Nein, also das reicht nicht. Das sollte ich nicht als Grund dafür nehmen, gleich zu demissionieren. Letztlich war es meine persönliche Entscheidung, aber ich habe auch damals auf die Interessen und Gesichtspunkte der Institution Rücksicht genommen.

Ich kann mich noch erinnern, die Medien haben damals zum Teil geschrieben, und ich erinnere mich an einen Kommentar von Eric Frey im „Standard“, der geschrieben hat: Das war richtig so, man kann nicht einfach als Verfassungsrichter aufgrund solcher Anschuldigungen zurücktreten.

Dann hatte ich wirklich die Hoffnung – nach dem, was ich heute gesagt habe, werden Sie es auch verstehen –, ich kann das rasch aufklären und bis zum Sommer ist das Verfahren weg. Das hat sich ja nicht bewahrheitet, und so ist es eben gekommen, wie es gekommen ist. Ich habe dann gesagt: Nein, ich will nicht weiter eine Belastung für den Verfassungsgerichtshof darstellen, der mir wichtig ist, und so habe ich meine Entscheidung getroffen. Das war genau so, und das war jetzt Ihre zweite letzte Frage, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann möchte ich dazu trotzdem noch etwas anderes fragen. Sie haben vorher gemeint: Na ja, es gab damals Kritik, wie Sie VfGH-Richter wurden. Griss hätte gemeint, Sie hätten doch vielleicht etwas Besseres zu tun. Es gab inhaltlich eine sehr fundierte, medial breit  diskutierte Kritik, nämlich Ihren Sprung aus der Politik in ein Höchstgericht und das mangelnde Cooling-off. Das haben Sie schon auch noch in Erinnerung?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Natürlich, ich habe auch nie gesagt – das haben Sie mir jetzt in den Mund gelegt –, ich hätte vielleicht eh was Besseres zu tun, überhaupt nicht. Das meine ich nicht. Es gibt nichts Ehrenvolleres als die Berufung an den Verfassungsgerichtshof. Was ich aber unterschätzt habe, ist das Problem, das man mit der Cooling-off-Phase normalerweise verbindet. Es gab auch den Fall, dass, glaube ich, der Fraktionsführer der CDU in Deutschland - - Der ist von dort direkt an den Verfassungsgerichtshof in Karlsruhe berufen worden.

Ich habe vielleicht eines unterschätzt: Ich habe mich in meinem Selbstverständnis als parteiunabhängig gesehen und gefühlt. Das war medial einfach nicht drinnen, das hat man nie so gesehen, und da war immer eine Diskrepanz zwischen meinem eigenen Selbstverständnis und der öffentlichen Wahrnehmung.

Das war das Erste, was ich unterschätzt habe, und das Zweite, was ich unterschätzt habe, war, dass es tatsächlich in der Praxis natürlich dann immer wieder vorkam – jetzt nicht extrem häufig, aber doch –, dass es gerade in den Bereichen, die mir wichtig waren, die Strafgesetze, hier Befangenheiten nach dem sehr strengen Verständnis von Befangenheit des VfGH, weit strenger als in der normalen Justiz üblich, gab, sodass ich dort einfach nie wirklich ins Laufen gekommen bin. Und das war dann ein Entscheidungsprozess, der einfach dazu geführt hat: Ja, das war ein Fehler.

Ich glaube, mehr kann man von mir auch nicht verlangen, als dass ich eh von Anfang an gesagt habe: Das war eine Fehleinschätzung, das war ein Fehler, das hätte ich nicht tun sollen, ist so!

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mhm. Dann möchte ich noch kurz bei dem Dokument nachhaken, in dem Marek Ihnen geschrieben hat: „DANKE [...] dass ich Dir aus einer auswegslosen Situation helfen dürfte. SPRICH Nittel und Vrabl verhindert werden mussten.“

Sie haben sie danach zu einem Gespräch ins Büro gebeten. Ich möchte es doch vorlegen, bitte – Nummer 1, Seite 35 (die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück) –, denn als ich das das erste Mal las, dachte ich, es kommt vielleicht schriftlich die Reaktion: Wovon sprichst du? Wie kann das nur sein? Wovon redest du? Was glaubst du?

Sie antworten aber: „Liebe Eva ! Ich habe noch nichts Schriftliches von der PersKom“ – Personalkommission –„, vor allem keine Begrpndung. Man hat mir natürlich das Ergebnis gesagt. Für mich auch überraschend. Ich denke, wir sollten reden. Aber nicht an Telefon.“

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich denke, mein letzter Satz ist nach all den Erfahrungen, die ich gemacht habe, eine sinnvolle Empfehlung. Ich habe nur die persönlich tiefe Enttäuschung und Verbitterung wahrgenommen, die ich mir nicht erklären konnte. Ich war fast ein bisschen erschrocken, und in der Situation habe ich mir gedacht: Nein, ich muss mit ihr persönlich reden und muss ihr das persönlich erklären.

Und ich komme auf das zurück, was ich gesagt habe: Sie war der Meinung, auch wenn sie nur Drittgereihte ist, wäre sie trotzdem die Bestqualifizierte für die Funktion der Generalprokuratorin. Ich konnte diese Meinung einfach beim besten Willen nicht teilen. Ich habe schon gesagt: Wenn sie Erstgereihte gewesen wäre, dann hätte ich – unabhängig davon, dass ich persönlich der Meinung war und bin, dass für die Funktion Kollege Plöchl der Bestgeeignete war – das Gleichbehandlungsrecht natürlich beachten müssen. Dann hätte die Entscheidung wohl anders ausgeschaut oder anders aussehen müssen.

Aber ich wollte ihr das persönlich erklären, weil ich mir ehrlich gesagt auch nicht erklären konnte - - Ich meine, das ist so eine emotionale Äußerung, die da plötzlich auf mich hereinprasselt, ich konnte sie nicht einordnen.

Auch dieser Vorwurf, den ich bis heute nicht verstehe: „Deine Leute sind alle versorgt.“ – Ich wusste nicht, woher diese tiefe Enttäuschung kommt. Ja, es war so, und daher habe ich mir gedacht, das muss man in einem persönlichen Gespräch klären, und das haben wir dann auch.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Noch 67 Sekunden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Und keine zweite Runde.

Ich lege Vorlage 2 vor, ein Erkenntnis des BVwG über die Rechtswidrigkeit einer Personalentscheidung unter Ihrer Ministerschaft, Stichwort Chauffeur in der Personalkommission. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ist das die Sache, gell? – Ja, ja.

Herr Vorsitzender, jetzt würde ich lange Zeit brauchen. Ich konzentriere mich auf Stichworte.

Erstens: Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist so erfolgt, dass ich nicht einmal Parteiengehör hatte – rechtsstaatlich ein Wahnsinn. Die kommen zum Ergebnis, ich hätte eine willkürliche, sachlich völlig falsche Entscheidung getroffen, ohne dass ich gehört wurde – der Richter hätte mich von Amts wegen laden müssen, das Ministerium hätte es auch beantragen können –, und so kam es dazu, dass ich diese Verwaltungsgerichtsentscheidung im Nachhinein zur Kenntnis nehmen musste, ohne dass ich irgendeine Chance gehabt hätte, meinen Standpunkt hier darzulegen.

Wenn ich die Chance gehabt hätte, wenn ich als Betroffener Parteiengehör gehabt hätte, dann hätte diese Entscheidung – da können Sie sicher sein – anders ausgeschaut, aber so, wie das rechtsstaatlich im Moment ist, habe ich die einzige Möglichkeit wahrgenommen, die mir als Rechtsmittel blieb, nämlich als Betroffener. Wissen Sie, was ich gemacht habe? – Das Einzige, was ich als jemand, der nicht einmal Parteiengehör gehabt hat, machen konnte: Ich habe eine Datenschutzbeschwerde gemacht. Warum? – Weil das Bundesverwaltungsgericht diese Entscheidung mit all meinen Daten ins RIS gestellt hat. Eine andere Möglichkeit hatte ich nicht mehr, und das ist das eigentliche Problem dabei, und dass der Betreffende, um den es hier geht, ja, nach dieser Entscheidung noch einmal eineinhalb Jahre, glaube ich, fast nichts gemacht hat und ich nur sagen kann, ich war sehr verwundert über diese Entscheidung, dass im Übrigen die Formulierung willkürliche Entscheidung im verwaltungsrechtlichen Bereich nichts Ungewöhnliches ist.

Und der Verfassungsgerichtshof hebt laufend Entscheidungen mit der Begründung auf: Das war willkürlich! Das ist weiter nicht ungewöhnlich, aber der Betreffende hat dann erst, nachdem das Strafverfahren gegen mich eingeleitet war, diese Anzeige gemacht. Ich erinnere mich gut an den ersten Satz dieser 100-seitigen Anzeige, wo er eben sagt: Ja, jetzt, wo gegen mich ein Verfahren eingeleitet wurde, wagt er es auch, sich mit seiner Sache hier an die Behörden zu wenden.

Ich kann nur sagen, die Verwaltungsgerichtshofentscheidung, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur so erfolgt, weil ich kein Parteiengehör bekommen habe. Dass ich das nicht bekommen habe, ist aus meiner Sicht rechtsstaatlich wirklich extrem. Das hätte ich mir nicht gedacht, dass so was möglich ist. Ich werde mich dagegen mit allen Möglichkeiten, die ich habe, zur Wehr setzen. Einstweilen hatte ich nur die Möglichkeit der Datenschutzbeschwerde. Die habe ich gemacht, und im Übrigen wird es eine Reihe von Zeugenaussagen geben, auch in weiteren Ermittlungsverfahren, die jetzt dafür sorgen müssen, dass mein Standpunkt und vor allem meine guten Gründe klar werden, warum ich hier so entscheiden musste, nämlich im Interesse des Ministeriums und um weiteren Schaden abzuwenden, um das entsprechend klarzumachen.

Und eines vielleicht noch: Sie kennen den Unterschied, Frau Abgeordnete, zwischen dem Beamtendienstrecht und den normalen Dienstrecht. Wenn das, was mit dieser Person alles passiert ist, im normalen, privatwirtschaftlichen Bereich passiert, dann wäre es kein Problem. Dann könnte man diese Person natürlich von den Positionen, die sie hat, entsprechend entfernen.

Im dienstrechtlichen Bereich ist das schwieriger. Das dienstrechtliche Verfahren hat er gewonnen, ich habe kein Parteiengehör gehabt, und das erklärt das Ganze. Anders kann man es nicht erklären.

Aber Sie sehen: Darüber habe ich mich schon sehr geärgert, weil das in Wahrheit ein Amtsmissbrauch gewesen wäre, hier nicht einzuschreiten. Da gab es ständige Fehlleistungen, ständige Probleme, und daher habe ich meine Entscheidungskompetenz aus guten Gründen wahrgenommen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wie geht es den Rechtsmitteln, die Sie eingelegt haben?

Dr. Wolfgang Brandstetter (erheitert): Das kann ich Ihnen sagen: Ich habe ja erst dadurch Kenntnis erlangt, dass diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in den Ermittlungsakt Eingang gefunden hat. Die Akteneinsicht, die ich diesbezüglich hatte, war dann irgendwann im Frühjahr letzten Jahres. Ich habe Datenschutzbeschwerde gemacht, sicherheitshalber zweifach: sowohl an den speziellen Senat des Bundesverwaltungsgerichts als auch an die Datenschutzbehörde. Bis jetzt habe ich keine Reaktion. Es kann sein, dass sich beide für unzuständig erklären, ich weiß es nicht. Ich habe mir gedacht: Das, was ich als jemand, der nicht einmal die Chance bekommen hat, hier Parteiengehör zu finden, tun kann, tue ich, und da blieb aber nur diese Datenschutzbeschwerde übrig. Wir werden sehen, wie es weitergeht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum haben Sie nur in diesem Fall ein Hearing durchführen lassen? (Auskunftsperson Brandstetter: Darf ich das noch einmal hören, rein akustisch?) – War das Hearing das einzige, das bei den im Herbst 2015 vorzunehmenden Leitungsfunktionsbesetzungen durchgeführt wurde?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, nein, ich habe im Regelfall wirklich oft auch Hearings gemacht. In dem Fall kam genau der Punkt dazu, über den sich der Betreffende beklagt hat, unabhängig von den fachlichen Fehlleistungen, die dazu geführt haben, dass die von ihm geführte Amtswirtschaftsstelle intern schon die Misswirtschaftsstelle genannt wurde. Das hat einige Verluste für das Ministerium bedeutet. Allein deshalb musste ich einschreiten.

Aber es gab da noch einen Punkt, und das möchte ich schon hier klar deponieren: Der Betreffende ist halt – und das meine ich jetzt gar nicht so als Vorwurf – ein sehr standesbewusster Richter, und es gab so viele Beschwerden darüber, dass er Nichtakademiker einfach von oben herab und schlecht behandelt, und das ist ein Punkt, da bin ich sehr sensibel. So was mag ich gar nicht, und daher habe ich dem Hearing auch Nichtakademiker beigezogen, die ja von diesem Mangel an sozialer Kompetenz betroffen waren, und gerade das wirft er mir ja vor. Also es ist ja geradezu verrückt, was da passiert. Für mich ist jemand, der als Führungskraft – und auch, wenn es nur ein Abteilungsleiter ist – die Nichtakademiker nicht gut behandelt, jemand, dem ich keine Verantwortung in so einer Position übertragen will.

Wir hatten im Übrigen aufgrund der Umstrukturierung im Ministerium sowieso die Notwendigkeit, diese Abteilung neu zu besetzen. Wir hatten Gott sei Dank eine Bewerberin – also der Name tut jetzt nichts zur Sache –, die sowohl fachlich als auch sozial viel kompetenter war, und daher habe ich diese Entscheidung nach einem Hearing getroffen, das nach meiner Erinnerung so verlaufen ist: Das Erste, worüber sich der Betroffene wirklich durchaus echauffiert hat, war: Wieso sind bei dem Hearing hier Nichtakademiker dabei!, und da habe ich schon gewusst: Ja, also das geht nicht, die soziale Kompetenz ist nicht vorhanden!, und daher habe ich, glaube ich, auch hier wirklich richtig entschieden.

Im Übrigen, auch wenn das so lustig ist: Ich meine, das ist ein Fall, der normalerweise vor das heitere Bezirksgericht und nicht sonst irgendwohin gehört. Wenn da immer wieder herumgeistert, der Satz, oder weil das von ihm so releviert wurde: Mein Chauffeur wäre beim Hearing dabei gewesen. – War er nicht. Aber selbst wenn: Wenn es um die Beschwerden von Nichtakademikern geht, die darunter leiden, dass er sie schlecht behandelt – so waren die Berichte an mich –, na dann muss ich doch letztlich auch denen Gehör verschaffen, und für mich ist Parteiengehör etwas ganz Wichtiges, offenbar im Gegensatz, in manchen Fällen, beim Bundesverwaltungsgericht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): In Wirklichkeit ergibt sich aus dem BVwG-Erkenntnis der Sachverhalt, dass das Hearing tribunalartig war. Sie haben meiner rechtlichen Kenntnis nach nicht gehört zu werden – Sie sind nicht Partei, sondern das Ministerium –, und warum haben Sie den Vorgang nicht dokumentiert? Jetzt lässt sich alles sagen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, dass diese Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht so erfolgt ist, wie sie erfolgte, kann ich insofern nachvollziehen, als die ja als Grundlage nur die Behauptungen des Beschwerdeführers hatten und man sich offenbar seitens des Ministeriums nach meiner Zeit – und nur das Ministerium war Partei; da haben Sie schon recht – nicht sonderlich Mühe gegeben hat, hier noch irgendwelche Anträge zu stellen.

Ich habe das erst im Nachhinein erfahren. Ich habe dann schon rückgefragt: Na ja, warum bin ich nicht geladen worden? Warum wurde nichts in der Richtung beantragt? – Ja, da wurde mir gesagt: Wir hätten nicht erwartet, dass es so ausgeht.

Aber das ist jetzt kein Vorwurf. Der Hauptvorwurf ist schon in die Richtung zu sehen, dass es möglich ist, dass von jemandem gerichtlich festgestellt wird, er hätte unsachlich und willkürlich entschieden, obwohl er nicht einmal eine Chance gehabt hat, sich dazu zu äußern.

Wie das halt so ist: Lange nach meiner Zeit hatte auch im Ministerium niemand ein besonderes Interesse an diesem Verfahren, der Beschwerdeführer hatte alle Zeit der Welt, sich nur mehr diesem Verfahren und seinem persönlichen Rachefeldzug gegen mich zu widmen, und so passieren halt solche Dinge. Ja, so kann man es erklären.

Und im Übrigen: Es muss hier ja entsprechende Aufzeichnungen geben. Die habe ich ja alle nicht. Da muss es ja eine genaue Dokumentation auch des Hearings und der Entscheidungsgrundlagen geben.

Und noch einmal: Die zweite Bewerberin war fachlich und sozial um Häuser kompetenter als der Betreffende. Daher war völlig klar, dass sie diese Abteilungsleitung übernehmen muss, und dazu stehe ich, würde ich heute genauso machen. Ich wäre vielleicht, in besserer Kenntnis der Möglichkeiten des österreichischen Beamtendienstrechts, ein bisschen vorsichtiger, aber sonst, in der Sache selber, war das schon richtig.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Sie haben noch 21 Sekunden, aber bevor Sie Ihre Frage stellen, darf ich darauf hinweisen, dass die Befragungsdauer gemäß § 37 Abs. 4 der Verfahrensordnung nunmehr gleich 3 Stunden betragen wird. Die Befragung soll grundsätzlich eine Dauer von 3 Stunden nicht überschreiten. Ich weise darauf hin, dass ich die Befragung nach – das wissen Sie – längstens 4 Stunden zu beenden habe. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Vielleicht verschriftlichen Sie nächstes Mal Ihre Sorgen und Ihr Vorgehen.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete! (Abg. Krisper: Mascherlposten!) – Nein, das muss ich schon sagen: Das ist sicher verschriftlicht worden. Wenn es ein Hearing gibt – und es gab viele Hearings –, dann ist nicht der Minister der, der selber zum Bleistift greift. Dafür gibt es eine Abteilung, die das macht, und es ist sicher entsprechend dokumentiert worden.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mascherlposten: Es sagt niemand etwas gegen klassische Mascherlposten. Worum es geht, ist, dass Personen, die befördert werden, teilweise nicht einmal einen Tag an dieser Position gearbeitet haben, so wie Bundesministerin Edtstadler, die seit 1. Jänner 2015, seit vielen Jahren also, der WKStA zugeteilt ist, ohne einen einzigen Tag als Staatsanwältin gearbeitet zu haben. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Haben Sie sich in Ihrer Ministerschaft dieser Frage angenommen, weil es da um Ressourcen der WKStA geht, weil insbesondere die Möglichkeit bestünde, zumindest als Voraussetzung für diese Posten zu nehmen, dass man doch ein wenig, vielleicht ein Jahr, dort gearbeitet hat? (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, vorausschicken möchte ich – das habe ich schon einmal gesagt –: Ich bin kein Experte im Dienstrecht. Das mit den Mascherlposten ist eine dienstrechtliche Gepflogenheit und Usance, die nicht ich erfunden habe. Ich hätte das gesamte Beamtendienstrecht in dieser Form sicher nie erfunden.

Aber unabhängig davon: Es ist nicht richtig, dass solche Mascherlposten – auch im konkreten Fall, den Sie angesprochen haben – budgetär zulasten der WKStA gegangen wären. Das stimmt nicht. Tatsache ist, dass, was die Ressourcen der WKStA betrifft, gerade ich der war, der geschaut hat, dass wir diese Ressourcen für den Vollausbau kriegen, aber die WKStA kann das nach meinem Verständnis nichts gekostet haben.

Ich habe dieses System übernommen. Es war, wie ich schon gesagt habe, auch schwer genug, tüchtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Kabinette zu finden.

Und nebenbei bemerkt: Kollegin Edtstadler war extrem tüchtig, solange, während sie bei mir im Kabinett war. Da kann ich wirklich nur das Beste sagen.

Und dass man diese sogenannten Mascherlposten halt als dienstrechtliche Gepflogenheit seit – ich weiß nicht, wie vielen – Jahrzehnten verwendet und als Möglichkeit sieht, um auch zu verhindern, dass jemand, der eine Zeit lang in einem Kabinett ist, dadurch in seinem beruflichen Fortkommen einen Nachteil hätte, das habe ich irgendwo im Ergebnis verstanden.

Aber wie gesagt: Mit diesem dienstrechtlichen Spezialproblem, das wirklich mit der Problematik Richter- und Staatsanwaltschaftsmodell zusammenhängt, habe ich mich persönlich nie auseinandergesetzt. Ehrlich gesagt: Das wäre nicht meines gewesen. Ich habe das System nicht erfunden, ich habe es übernommen, aber ich sehe darin nichts wirklich Negatives.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Die nächsten Fragen stellt Frau Abgeordnete Mag.a Egger. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Herr Mag. Egger – aber das macht nichts.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Entschuldigen Sie, Herr Magister! – Bitte schön.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Das Los des letzten Fragestellers ist immer eine große Herausforderung. Ich werde trotzdem versuchen, noch dem einen oder anderen Punkt auf den Grund zu gehen. Ich möchte mich vorab bei Prof. Brandstetter sehr herzlich dafür bedanken, dass er weitaus mehr Einblick als seine Nachfolgerin gestern liefert.

Der erste Punkt, zu dem ich fragen möchte, betrifft den Themenbereich 3, nämlich die Stellenbesetzungen. Wir waren bis jetzt sehr im Detail unterwegs und haben viele Einzelfälle diskutiert, aber damit wir ein gesamtes Bild bekommen: Für wie viele Personalentscheidungen waren Sie in Ihrer Zeit als Justizminister verantwortlich? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, das waren sicher Hunderte, ja, also insgesamt, natürlich, mit Sicherheit einige Hundert, schätze ich einmal, ja.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Damit wir eine gewisse Vorstellung haben: Für welche Bereich genau ist der Justizminister in der Personalentscheidung zuständig?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Letztlich für das gesamte Justizpersonal, und es ist ja auch noch so, dass es diese ausgegliederte Justizbetreuungsagentur für das Personal im Bereich des Strafvollzugs gibt, aber grundsätzlich ist auch dafür der Minister zuständig und verantwortlich, ja.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Und wie viele Entscheidungen treffen Sie selbst?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Es ist jetzt schon lange vorbei, aber das waren natürlich relativ viele Entscheidungen, die letztlich auch so aufbereitet werden, dass man im Normalfall halt einen entsprechenden Akt bekommt, selbstverständlich. Dann schaut man sich das an, und nur in besonders gelagerten Fällen wird dann auch darüber diskutiert, aber das sind die Normalfälle. Die besonderen Fälle sind die, wo es um die Höchstpositionen geht, und da haben wir eben dieses aus meiner Sicht sehr sinnvolle Checks-and-Balances-System. Die Personalkommission macht einen Vorschlag, dann kommt das Ministerium und am Ende der Herr Bundespräsident.

Also das ist, glaube ich, eine gut eingespielte Geschichte. Und die Besonderheit bei mir: Ich habe im Zweifel gerne Hearings gemacht, weil mir die soziale Kompetenz, wirklich, das ist so, sehr wichtig ist.

Ich habe das auch im universitären Bereich gemacht. Ich halte die soziale Kompetenz für sehr, sehr wichtig. Was habe ich denn von jemandem, der ein Genie ist, aber mit keinem reden kann? Das bringt ja nichts. Ich habe immer auf Teamwork gesetzt. Daher war mir die soziale Kompetenz wichtig, und die kriegen Sie nur in einem Hearing raus.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Sie haben die Personalkommission angesprochen. Wie setzt sich so eine Personalkommission zusammen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: So kompliziert, wie das Dienstrecht ist, so müsste jetzt auch meine Antwort sein. Es gibt eine ständige Personalkommission, es gibt Ad-hoc-Personalkommissionen. Das kann ich jetzt so pauschal gar nicht beantworten, muss ich gestehen. Also da müsste ich jetzt sozusagen selber recherchieren. Aber es gibt unterschiedliche Personalkommissionen, und daher kann ich das jetzt so pauschal gar nicht beantworten.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Sie haben in Ihrem Einleitungsstatement die spezifischen Interessen der Personalkommission angesprochen. Was haben Sie damit gemeint?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe damit gemeint, dass im Rahmen der Personalkommission auch viele Aspekte durchschlagen, die, sagen wir einmal so, nicht unbedingt nur die Fachkompetenz betreffen. Aber das ist jetzt nichts Böses. In der Justiz menschelt es halt auch, und ich habe eh das eine Zitat vom früheren Minister Ofner erwähnt, der einmal gemeint hat: Das ist so was wie Nepotismus.

So negativ sehe ich es nicht, aber natürlich – wie soll ich sagen? –, innerhalb so einer Personalkommission wird auch überlegt: Wer könnte am besten welche Funktion bekommen? Welchen Vorschlag machen wir überhaupt? Welche Chance geben wir dem Minister? Wie viel schlagen wir denn überhaupt vor? Ich meine, es gibt ja zum Teil Fälle, wo ich schon den Eindruck hatte: Na, das ist aber arg! Da gibt es so wenige Bewerbungen! Wieso und warum? Und man sagt mir, und das wird schon sein, dass es durchaus Gespräche gibt innerhalb von potenziellen Bewerbern, so nach dem Motto: Ich will das haben, aber komm mir dort nicht ins Gehege, bewirb dich dort nicht!

Ja, so was mag es schon geben, aber letztlich kann ich Ihnen nur sagen: Aus meiner fachlichen Sicht – und ich kenne mich halt in diesem Bereich wirklich aus – muss man auch solche Personalkommissionsvorschläge letztlich kritisch hinterfragen. Wenn Sie der eigenen fachlichen Überzeugung entsprechen, umso besser.

Eine strenge Grenze gibt es für mich nur beim Gleichbehandlungsrecht. Das muss man klar sagen: Wenn eine Frau sich bewirbt, die zumindest die gleiche Qualifikation hat wie männliche Bewerber und es hier eine gleichrangige Vorschlagssituation gibt, na dann ist ganz klar, dass sie zu nehmen ist, selbstverständlich. Also da ist für mich eine Grenze da, wo ich sagen kann: Na ja, da kann ich jetzt nicht sagen, das sehe ich fachlich anders. Das hat der Gesetzgeber so geregelt, das ist schon in Ordnung.

Aber ansonsten habe ich mich in vielen Fällen durchaus gerne auch mit fester Überzeugung nach dem Vorschlag der Personalkommission gerichtet, in manchen Fällen aber eben auch nicht.

Und wenn ich mich richtig erinnere – wie war denn das? –: Als Werner Pleischl Leiter der Oberstaatsanwaltschaft wurde, da war, glaube ich, er erstgereiht und Kollege Plöchl war zweitgereiht; und als es um die Generalprokuratur ging, war, glaube ich, Kollege Plöchl erstgereiht, er zweitgereiht. Ich habe ihn trotzdem vorgeschlagen, nämlich aus sachlichen und wichtigen Gründen.

Aber ja, ich habe es eh erwähnt: Ich meine, das ist sozusagen nicht die Bibel, was die Personalkommission vorschlägt. Ich habe ja auch die Beispiele erwähnt, die aus der Zeit der Kollegin Berger noch in Erinnerung sind. Man kann sich nicht immer nach dem richten, und oft sind gerade die Entscheidungen die besten, bei denen man sich nicht nach den Vorschriften der Personalkommission gerichtet hat.

Ich weiß schon, das ist - - Das möchte ich schon noch sagen: Diese Personalentscheidungen sind ja die schlimmsten, die man als Minister treffen muss, denn man kann es ja nie jedem recht machen. Von irgendeiner Seite wird man immer geprügelt. Das ist einfach so, damit muss man leben.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Sie haben angesprochen, dass die SPÖ-Justizministerin Berger zwei Mal Entscheidungen der Personalkommission nicht gefolgt ist, und in diesem Zusammenhang den Diskurs mit dem Bundespräsidenten erwähnt, den Sie auch in Ihrem Fall als konstruktive Gespräche bezeichnen. Wie darf man sich vorstellen? Wie läuft das ab?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also das ist letztlich auch eine Frage des persönlichen Verhältnisses. Ich hatte zum Bundespräsidenten Heinz Fischer persönlich ein sehr gutes Verhältnis. Da war völlig klar, dass man sich über wichtige Personalentscheidungen austauscht, keine Frage. Daher hätte es auch nie so weit kommen können, dass es sozusagen eine echte Divergenz gibt in dem Sinn, dass man auf den eigenen Besetzungsvorschlag eine Reaktion bekommt, die negativ wäre.

Das ist auch nie passiert. Wenn es Gesprächsbedarf gegeben hat, dann hat man sich darüber ausgetauscht. Und ich finde das ja gut, das ist ja Teil dieses Checks-and-Balances-Systems, dass auch der Bundespräsident sich hier aktiv und konstruktiv einbringt, und noch dazu in dem Fall, wo es ja bei mir eben Heinz Fischer war, der ein exzellenter Jurist ist. Da haben wir uns sicherlich auch sehr gerne darüber ausgetauscht, welche Argumente für welchen Vorschlag sprechen. Wir haben immer einen gemeinsamen Weg gefunden. Es haben alle meine Besetzungsvorschläge, wenn Sie so wollen, bei ihm auch gehalten.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): „Besetzungsvorschläge gehalten“ heißt, dass der Besetzungsvorschlag beziehungsweise die Besetzung erst mit Unterschrift des Bundespräsidenten Gültigkeit erlangt beziehungsweise er die Möglichkeit hätte, dem nicht zuzustimmen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Genau so ist es, ja. So ist es in der Verfassung vorgesehen.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Okay, danke. – Ich komme jetzt noch zum Unterschied zwischen Stellenbesetzungen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und solchen bei normalen Staatsanwaltschaften. Ich habe gehört, da gibt es einen Unterschied, wie der Besetzungsvorschlag beziehungsweise der Besetzungsvorgang funktioniert. Stimmt das? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe mich jetzt nur sicherheitshalber rückversichert beim Kollegen, der im Dienstrecht versierter ist als ich. Nein, es gibt eigentlich keinen Unterschied in der Besetzung. Es ist nur so, dass die Planstellen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft durchwegs Planstellen für Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte sind. Das ist natürlich eine besonders attraktive Planstelle, und die ist schwerer zu kriegen als eine normale Staatsanwaltschaftsplanstelle. Insofern gibt es hier einen Unterschied, aber nicht, was den Besetzungsvorgang betrifft.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Wurden in Ihrer Zeit, und wir haben heute einige Beispiele diskutiert, auch andere Fälle - - Oder: Gibt es auch andere Fälle, wo es Interventionen von politischen Parteien gegeben hat?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Darf ich Sie bitten, das ein bisschen zu konkretisieren? In Bezug worauf genau? Das ist mir nicht ganz klar. Ich bitte nur um eine Konkretisierung, damit ich mit der Frage mehr anfangen kann.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Also wir haben heute konkrete Fälle besprochen, in denen immer wieder der Verdacht geäußert wurde, dass es Interventionen gegeben hat. Hat es in Ihrer Zeit als Minister andere Fälle gegeben, die Ihnen bekannt sind, in denen es eine mutmaßliche politische Intervention gegeben hat?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, wenn Sie damit Interventionen von politischen Parteien meinen, hätte ich an so was keine Erinnerung. Es gab sicher Interventionen von Einzelpersonen, die selber betroffen waren von Verfahren und die vielleicht auch politische Funktionen hatten, aber das betraf, wie ich schon gesagt habe, eigentlich immer nur die Thematik Verfahrensdauer; und die hatten wir, das war ein Riesenproblem.

Deshalb habe ich ja beziehungsweise haben wir – fällt mir ein, 2015 war das – diese Dreijahresbegrenzung eingeführt. Das war wirklich ein Thema. Da gab es immer wieder auch Vorsprachen von Betroffenen oder von deren Rechtsvertretern, die gemeint haben, das ist einfach ein Wahnsinn, was die Verfahrensdauer betrifft. So was hat es gegeben, aber das würde ich nicht als Intervention einer politischen Partei sehen, auch wenn die Betreffenden, um die es ging, irgendeiner politischen Partei zugehörig waren oder irgendwelche Funktionen dort hatten.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Okay, danke. – Ich komme zu einem anderen Punkt. Sie haben heute zwei Fälle skizziert, in denen es mutmaßlich ein Leak gegeben hat, sodass Informationen zu Hausdurchsuchungen an Journalisten weitergegeben wurden, lange bevor sie durchgeführt worden sind. Sehen Sie es als einen normalen Vorgang, dass das passiert? Beziehungsweise haben Sie Erinnerungen, dass das auch in Ihrer Zeit passiert ist?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, wie wir alle wissen, passiert das laufend, und das ist in zweifacher Hinsicht wirklich ein Problem: einerseits in Bezug auf den Betroffenen, andererseits natürlich auch in Bezug auf die Ermittlungen; denn wenn so was geleakt wird, dann kann sich der Betreffende ja darauf einstellen, ist keine Frage.

Das ist daher doppelt schädlich: Ich meine einerseits das Leaken nach außen, wodurch ein nicht öffentliches Verfahren auf einmal öffentlich wird, was für die Betroffenen ganz, ganz schlimm ist, was eine schwere Grundrechtsverletzung ist; und andererseits ist es auch eine Schädigung der Ermittlungsbehörden selber, wenn so was passiert.

Ich kann nur sagen, ich habe es ja in meinem eigenen Fall erlebt, dass ich vom Verfahren gegen mich von einer Journalistin erfahre, und das zwei Tage bevor die Sicherstellung erfolgt. Das ist ja auch nicht in Ordnung, noch dazu in einem Verschlussakt. So etwas geht nicht, das darf nicht passieren! Und es ist ja kein Zufall, dass der Gesetzgeber ausdrücklich vorsieht: Das Ermittlungsverfahren ist nicht öffentlich. – Punkt.

Ich habe mir schon öfters gedacht, ich traue mich gar nicht mehr, meinen Studenten zu sagen, dass das Verfahren nicht öffentlich ist. Die lachen mich aus und sagen: Wo ist denn das nicht mehr öffentlich? Es wird alles öffentlich gemacht – über das Problem, dass durch das Mediengeheimnis hier einfach ein Beweisverbot besteht.

Ich will das jetzt gar nicht kritisieren, aber auf lange Sicht muss man irgendeine Lösung finden, die auf einem Ausgleich beruht, nämlich zwischen den Grundrechten des Betroffenen und dem natürlich wichtigen und auch von der EMRK entsprechend abgesicherten Grundsatz der Pressefreiheit. Aber es muss ja irgendwo einen vernünftigen Ausgleich geben. Da darf es keine Schieflage geben.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Halten Sie es für zielführend, dass zum Beispiel dieser sogenannte Casag-Akt mit so vielen Beteiligten so abgewickelt wird, dass quasi alles, was diesen Akt betrifft, irgendwann in diesem Akt landet, und damit natürlich immer wieder die Möglichkeit besteht, auf Inhalte zuzugreifen, die diesen Dingen widersprechen? (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich würde gerne darauf antworten, möchte aber nur sicherheitshalber den Herrn Verfahrensrichter fragen, ob das vom Untersuchungsgegenstand gedeckt ist, und ob es vielleicht einer Konkretisierung der Frage bedarf, die über die eigene persönliche Meinung hinausgeht. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Genau, Herr Professor, genau das ist das Problem. – Sie fragen hier eine Meinung ab, und wir haben grundsätzlich hier nur über Wahrnehmungen zu befinden.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Haben Sie eine Wahrnehmung, dass Dinge das Licht der Öffentlichkeit erblicken durch die Situation, dass der Casag-Akt im Ermittlungsverfahren sozusagen über sehr viele Stränge verfügt und damit natürlich Tür und Tor geöffnet ist, die Dinge nach außen zu tragen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Abgeordneter, ich habe zum Casag-Akt natürlich keine Wahrnehmungen. Wie sollte ich? Ich möchte aber schon sagen – und das ist etwas, das natürlich auch in gewisser Weise meine Zeit betrifft –: Es ist schon klar: Wenn ich es mit der Nichtöffentlichkeit des Ermittlungsverfahrens und seiner Durchsetzung ernst meine, dann muss ich natürlich darauf achten, dass die Akteneinsicht entsprechend begrenzt wird. Und natürlich ist eine Verbreiterung der Verfahren verbunden mit der Vermehrung der Möglichkeiten, Akteneinsicht zu nehmen. Und natürlich kommt es dadurch leichter zu irgendwelchen Leaks in welche Richtung auch immer.

Wobei das ja keine Leaks in dem Sinn sind, aber wenn jemand Akteneinsicht in einem Verfahren hat, das mit Verfahren gegen andere Personen verbunden ist, dann kann es schon passieren, dass hier vielleicht mehr an Akteneinsicht gewährt wird, als notwendig ist.

Ich kann nur sagen – das ist jetzt abstrakt, aber dann höre ich schon auf –: Natürlich ist es auch eine wichtige Aufgabe der Ermittlungsbehörden und der Staatsanwaltschaften, dafür zu sorgen, dass bei Zusammenlegung von Verfahren nicht Akteneinsicht für jemanden gewährt wird, der in Wahrheit über seinen eigenen Mandanten hinaus dann plötzlich auch Einsicht in Dinge bekommt, die ihn eigentlich gar nichts angehen. Aber wir haben nun einmal die Möglichkeit, Verfahren zu verbinden. Das ist in vielen Fällen auch durchaus im Sinn der Effizienz geboten. Aber eigentlich ist ja jeder Fall anders zu beurteilen.

Aber grundsätzlich, ja, sind alle staatsanwaltschaftlichen Behörden natürlich dazu angehalten, die Nichtöffentlichkeit des Verfahrens sicherzustellen; und im Normalfall tun sie das auch, und durch welche Methoden man das macht – vielleicht mit partieller Einschränkung der Akteneinsicht –, ist letztlich den Behörden überlassen.

Ich sehe aber schon ein, dass es natürlich nicht immer so leicht ist bei einem riesigen Konvolut von Unterlagen, sich zuerst einmal zu überlegen, wo da jemand Akteneinsicht kriegen könnte in Bereiche, die ihn eigentlich gar nicht betreffen.

Ich verstehe Ihr Anliegen. Es ist sicherlich nicht befriedigend, dass immer wieder, und das ist ja letztlich der Hintergrund, aus nicht öffentlichen Verfahren Dinge über die tatsächlich einsichtsberechtigten Personen hinaus herausgespielt werden. Es gibt rechtspolitisch mehrere Überlegungen dazu, wie man das machen kann, aber den Stein der Weisen hat da noch keiner gefunden. Befriedigend ist die Situation sicher nicht.

Abgeordneter Mag. (FH) Kurt Egger (ÖVP): Danke, Herr Vorsitzender. Keine weiteren Fragen.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Damit kommen wir bereits zur nächsten Fragerunde. – Frau Abgeordnete Herr, bitte schön.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich bleibe noch beim Fall K.[5]. Wieso haben Sie überhaupt die Leitung der Präsidialabteilung I neu ausgeschrieben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete! Jetzt bitte ich nur den Herrn Verfahrensrichter, festzuhalten: Ich habe den Namen des Betroffenen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht genannt. Sie haben ihn genannt. Das ist nicht mein Thema, aber ich wollte es nur sagen: Ich habe ihn bewusst nicht genannt.

Die Abteilung musste neu ausgeschrieben werden, weil – wie war denn das? Wir haben nach meiner Erinnerung die Generaldirektion Strafvollzug – und das war letztlich eine Position auf der Ebene des Sektionschefs – damals vom Finanzminister nur unter der Voraussetzung bekommen, dass wir eine Sektion einsparen. Das haben wir gemacht.

Dadurch, dass wir sozusagen eine Sektion mehr oder weniger einsparen mussten, um die Generaldirektion Strafvollzug ins Haus bekommen zu können – was mir wieder wichtig war, weil mir am Strafvollzug und an der Reform des Strafvollzugs viel gelegen ist –, kam es zu einer notwendigen Umschichtung der Abteilungen. So ist es letztlich dazu gekommen, dass man diese Abteilung neu ausschreiben musste.

Das war nicht extra geplant, es hat sich durch diese größere Umstrukturierung ergeben. Aber die Möglichkeit, das neu zu besetzen, war aus meiner Sicht sinnvoll, weil diese Abteilung nicht und nicht funktioniert hat. So war das.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Der Betroffene gibt an, er hat dann erfahren, dass es Abschussgerüchte gegeben hätte, also dass er auf einer Abschussliste gestanden wäre. Haben Sie Wahrnehmungen über Gespräche diesbezüglich?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, Sie beziehen sich jetzt auf seine subjektive Darstellung. Das verstehe ich schon. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe eine Unzahl an Gesprächen in Erinnerung, die es immer wieder gab, nämlich in der Absicht, die Funktionsfähigkeit dieser Abteilung endlich herstellen zu können. Das ging nur mit einer Umbesetzung, davon war ich überzeugt. Es gab zu viele Beschwerden in diesem Bereich und ja, ich kann nur sagen: Ich habe das wirklich aus guten Gründen gemacht.

Glauben Sie mir, ich hätte mir gerne noch diesen Konflikt erspart, aber es ging nicht. Im Interesse des Ministeriums ging es nicht. Ich kann ja als Minister nicht zuschauen, wenn in einem bestimmten Bereich ständig Fehlleistungen passieren, die auch Geld kosten, und wenn es viele Beschwerden gibt, die man doch in irgendeiner Form auch berücksichtigen muss.

Ich will Sie da aber nicht mit Details behelligen. Das hat jetzt keinen Sinn, das gehört auch nicht hierher. Da geht es zum Teil um Absurditäten und um Kleinigkeiten, also das bringt einfach nichts. Ich kann nur sagen: Ich hatte meine Gründe.

Aber nebenbei bemerkt: Ich habe keine Ahnung, ob der Betreffende irgendeiner parteipolitischen Richtung nahesteht oder nicht, war mir auch völlig gleichgültig, wäre mir auch gleichgültig gewesen. Für mich war nur klar: Da braucht es eine Änderung an der Spitze dieser Abteilung, das geht so nicht weiter.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Der Betroffene schildert nämlich auch, dass es einen Aufschrei der Sektionschefs und -chefinnen gegeben hätte. Hat irgendein Sektionschef, eine Sektionschefin mit Ihnen diesbezüglich gesprochen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe keinerlei Erinnerung an so was, wirklich nicht. Also wenn es das gegeben hätte, dann hätten wir sicher darüber geredet, natürlich. Dann hätte ich den Sektionschef gefragt: Warum soll es diese Änderung in der Abteilung nicht geben?

Also ich habe das so in Erinnerung, dass letztlich eine Lösung gefunden wurde, mit der alle durchaus zufrieden waren, und dann hat das auch zumindest bis zu meinem Abgang aus meiner Wahrnehmung heraus ganz gut funktioniert. Ich erinnere mich aber nicht an irgendwelche Äußerungen von Sektionschefs mir gegenüber, die in die Richtung gegangen wären, dass das, was ich hier mit dem Wechsel der Abteilungsleitung vorhabe, falsch wäre, absolut nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Nur dass ich das richtig verstehe: Sie waren der Meinung, dass der Betroffene mit der Situation, mit der Lösung, zufrieden war?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich war der Meinung, dass es zu einer Lösung gekommen ist, die die Funktionsfähigkeit der Abteilung sichergestellt hat, dass mit der neuen Leitung durch die Kollegin, deren Namen ich jetzt aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes ebenfalls nicht nennen will, jemand mit deutlich besserer fachlicher und vor allem sozialer Kompetenz gefunden wurde. Das war vor allem eine Lösung, die für das Haus günstig war, und ich habe immer darauf geschaut, dass einfach für das Haus insgesamt die besten Lösungen rauskommen.

Ich habe schon gesagt: So wie es unter seiner Leitung war, konnte es nicht weitergehen. Da musste man was ändern. Und, wissen Sie, wenn man in so einer Situation als Minister nicht einmal die Möglichkeit hat, dafür zu sorgen, dass eine Abteilung durch eine bessere Besetzung funktioniert, ja, dann frage ich mich, wo die Ministerverantwortlichkeit eigentlich noch ihren Sinn hat. Ich habe diese Verantwortung wahrgenommen. Ich stehe dazu. Wenn Sie so wollen, habe ich die Möglichkeiten des Dienstrechts der Beamten unterschätzt. Das kann schon sein, aber ich stehe dazu: Das musste man ändern, und ich habe es gemacht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Nach Ihrem Abgang im Ministerium ging es mit dem Versuch einer außerordentlichen Revision weiter. Was ist dazu Ihre Wahrnehmung?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Weiß ich nicht. Ich war ja wie gesagt nicht Partei, wie Kollegin Krisper schon gesagt hat. Was dann weiter passiert ist, weiß ich nicht. Ich kann nur sagen: Es ist eineinhalb Jahr später diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eben zum Gegenstand einer Nachtragsanzeige durch den Betroffenen gemacht worden, nachdem das Ermittlungsverfahren gegen mich schon eingeleitet war. Dadurch habe ich es dann bekommen, ja. Und natürlich sagt ein Staatsanwalt: Na ja, wenn da ein Gericht sagt, dass war willkürlich und das war sachlich nicht gerechtfertigt, dann muss ich mir das anschauen. Natürlich! Soll er! Aber im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht habe ich beim Staatsanwalt Parteiengehör, und das werde ich nützen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie sich mit Herrn Pilnacek über eine mögliche außerordentliche Revision ausgetauscht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe keine Erinnerung daran. Ich will so etwas auch nicht ausschließen. Er war, glaube ich, damals Generalsekretär, oder?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Richtig.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ich habe keine Erinnerung daran. Ich kann mich daran erinnern, dass ich schon erfahren habe, dass es die Entscheidung gibt, dass ich dann telefonisch Kontakt aufgenommen habe mit meinem früheren Kabinettschef und jetzt Sektionschef, der dafür zuständig war – das war nicht Pilnacek, das war Pirker –, und ihn gefragt habe, wie es zu dieser Entscheidung kommt. Ich war ja ganz perplex, ich kannte das ja nicht. Und dann hat er mir eben gesagt: Ja, das haben wir nicht erwartet, dass das so ausgeht. Deshalb gab es da auch keine besonderen Anträge unsererseits. Und ja, so musste ich es eben zur Kenntnis nehmen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das heißt, Sie erinnern sich nicht, ob Sie mit Herrn Pilnacek darüber gesprochen haben? Es ist nämlich so, dass auch die Staatsanwaltschaft Innsbruck jetzt versucht, herauszufinden, ob Herr Pilnacek da beteiligt war, und uns quasi eine Elak-Übersicht vorlegt, in der wir auch sehen, dass Herr Pilnacek eingebunden ist.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Kann sein, wäre auch nicht ungewöhnlich. Darum habe ich gesagt, ich glaube, er war damals Generalsekretär. Ich habe dann eben den zuständigen Sektionschef angesprochen, das nehme ich an, wenn es um die Frage einer außerordentlichen Revision geht, die ich natürlich sehr wohl für gerechtfertigt gehalten hätte; dass da der Generalsekretär involviert ist, würde mich nicht überraschen. Das ist keine Frage. Aber diese Entscheidung war eine, von der ich fest überzeugt bin: Die hätte so nie erfolgen dürfen. Hätte ich Parteiengehör gehabt, dann hätte die anders ausgeschaut, hätte ich von Amts wegen eigentlich bekommen müssen. Also wenn ich es zu entscheiden gehabt hätte, hätte ich selbstverständlich eine außerordentliche Revision gemacht. Offenbar wurde sie gemacht. Ich weiß es nicht, ich war da nicht eingebunden.

Entschuldigung! Da muss ich jetzt etwas ergänzen. Ich glaube, das ergibt sich auch aus meinem Akt, ich weiß das jetzt nicht genau: Es gab offenbar eine außerordentliche Revision, die aber nur zum Teil erfolgreich war oder so. Das dämmert mir jetzt. Aber wie gesagt, weiß ich nicht genau. Ist auch letztlich egal.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann komme ich zurück zur Causa Tojner. Sie haben vorher gesagt, dieses Treffen in Haag war ein Fest. Gab es auch davor ein Treffen mit den Beteiligten am 4. April?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also abgesehen vom Untersuchungsgegenstand, ich habe keine Erinnerung an so etwas. An diese Sache – wann war das? –, am 9. April, an die erinnere ich mich, weil es etwas Besonderes war: Wiedereröffnung des Bezirksgerichts, ja, mit Pomp und Gloria. Das war eine freudige Veranstaltung. Aber daher erinnere ich mich auch daran, aber sonst weiß ich nicht, was den Untersuchungsgegenstand betrifft, ob das ,was Sie jetzt meinen, davon gedeckt ist oder nicht.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, gibt es ein Dokument, das Sie uns dazu vorlegen können?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Das haben wir schon zuvor vorgelegt, das kennt Herr Brandstetter, glaube ich, schon. Es geht nämlich darum, dass Herr Tojner schreibt: „Kannst du garantieren, dass Herr Pilnacek kommt? Ich würde eher nur dann fahren, wenn Herr Pilnacek auch kommt.“ – Also wirkt weniger, als würde er da wegen der Feststimmung hinfahren, sondern wegen des Austausches mit Herrn Pilnacek.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Das mag die Erwartungshaltung des Dr. Tojner gewesen sein, aber wie Sie sehen, ich habe darauf auch nicht reagiert. Was soll ich dazu sagen? Ja, ich meine, ich kann nur sagen, wenn er geglaubt hätte, er könnte bei so einer Gelegenheit mit dem damaligen Generalsekretär Pilnacek Gespräche führen, dann wäre das im Rahmen dieser Veranstaltung wohl eher nicht möglich gewesen. Aber ich glaube, ich habe nicht darauf reagiert. Das war bitte nichts, was irgendwie eine besondere Bedeutung für mich hätte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Sie haben schon zurückgeschrieben, dass Sie das mit Herrn Pilnacek checken werden; also Dokument 1553.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ja, ja, das habe ich gelesen, aber offenbar habe ich es nicht gecheckt. Ich weiß es nicht, ja.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Am 23. Jänner schreiben Sie: Sie hatten ein gutes Gespräch mit dem Generalsekretär auch in der Causa Tojner. – Wie oft haben Sie sich mit Herrn Pilnacek in dieser Frage ausgetauscht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe mich mit ihm in dieser Sache sicher ausgetauscht, und zwar immer betreffend ein und dieselbe Frage, nämlich die Auslegung der Untreue durch die WKStA, auf der dieses Verfahren aufgebaut war. Wie ich schon gesagt habe, bevor Sie das jetzt konkret gefragt haben: Diese Auslegung habe ich für falsch gehalten, habe mich sicher mit ihm darüber auch ausgetauscht, habe ihm sicher auch angekündigt: Das kann man nicht so stehenlassen, damit wird unsere Reform der Untreue eigentlich konterkariert. Ich werde dazu einen Fachaufsatz schreiben. Das habe ich gemacht. Das ist genau der, den ich Ihnen vorgelegt habe.

Für mich war das ein wichtiges Thema, weil einfach diese Auslegung wirklich aus meiner Sicht völlig verfehlt war. Die Begründung können Sie meinem Aufsatz entnehmen. Ich habe das mit offenem Visier gemacht. Ich habe in der Fußnote darauf hingewiesen, dass ich diese Kenntnis von diesem Fall eben meiner Verteidigertätigkeit verdanke. Das ist wichtig, denn der Leser soll ja wissen, dass das von jemandem stammt, der, wenn man so will, auch als Verteidiger oder als Anwalt ein Interesse daran hat, denn das mindert normalerweise auch die Überzeugungskraft von solchen Aufsätzen. Daher muss man es deklarieren. In dem Fall aber nicht, weil sich ja mittlerweile, wie ich gesagt habe, erfreulicherweise der Oberste Gerichtshof dieser Auffassung angeschlossen hat. Es ging um die Auslegung des Begriffs des wirtschaftlich Berechtigten. Und wenn die Auslegung der WKStA sich durchgesetzt hätte, dann hätte das bedeutet, dass jeder Gläubiger irgendeiner Gesellschaft automatisch wirtschaftlich Berechtigter diese Gesellschaft gewesen wäre. Dann würden wir die ganzen Kridadelikte nicht brauchen, dann brauche ich keine betrügerische Krida, nichts mehr. Dann löst sich alles auf, und das musste man korrigieren. Und Gott sei Dank hat der Oberste Gerichtshof das getan. Das ist eine Fachfrage, über die ich mich mit Pilnacek, eigentlich ausgelöst durch den Fall Tojner, aber dann unabhängig davon, sicher öfter ausgetauscht habe.

Denn wir haben ja – auch das ist ja bekannt und auch nichts Schlechtes – durchaus auch Lehrveranstaltungen miteinander gehabt, wo er als Praktiker eingebunden war. Ich glaube, dass wir uns sogar auch einmal mit einem Richter des Verwaltungsgerichts in Linz getroffen haben. Dreimal dürfen Sie raten, wo. – In Haag, ja. Aber da ging es um Fachaustausch, da ging es um fachliche Diskussion.

Aber was mir ein bissel, wenn ich das so offen sagen darf, wehtut, ist, dass man ernsthaft glaubt, ich würde eine freundschaftliche Beziehung zu jemandem nützen, um hier irgendwelche Auskünfte zu kriegen, die nicht in Ordnung sind. Ich meine, ich habe auch, wissen Sie, für mich überlegt: Wie hätte Christian Pilnacek reagiert, wenn ich ihn jetzt – horribile dictu! – gefragt hätte: Kannst du mir sagen, was ist denn in diesem oder jenem Verfahren im Busch? Ich würde meinen, in Kenntnis seiner Persönlichkeit hätte er wahrscheinlich darauf gesagt: Ja, ich glaube, morgen wird das Wetter wirklich schlechter oder besser. – Also bitte, das ist etwas, das mutet man doch jemandem, wenn man eine freundschaftliche Beziehung hat, nicht zu! Das ist ein No-Go! Das gibt’s gar nicht! Umgekehrt ja auch nicht. Daher kann ich Ihnen nur sagen: Mehr, als dass ich unter Wahrheitspflicht und mit vollem Risiko Ihnen sage, wie das wirklich war, kann ich nicht tun. Einen fachlichen Austausch mit Pilnacek auch im Rahmen der Lehrveranstaltungen und darüber hinaus hat es immer wieder gegeben. Diese Causa war halt eine rechtlich so interessante, bis der Oberste Gerichtshof endlich entschieden hat, dass die Auslegung der WKStA zur Untreue falsch war.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Aber ist es üblich, dass ein Anwalt eines Beschuldigten direkt mit dem Generalsekretär im Bundesministerium für Justiz über solche Themen, über so eine Causa dann spricht?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich würde sagen, es ist dann nicht unüblich, wenn es um eine wichtige Rechtsfrage geht, die auch für den betreffenden Gesprächspartner interessant ist. Und das war der Fall. Es war auch für mich völlig klar, das ist eine Rechtsfrage von einer Bedeutung, die weit über den Einzelfall hinausgeht. So etwas kann man nicht im Wege der Fachaufsicht entscheiden, nein, da muss der Oberste Gerichtshof ran. So ist es auch passiert.

Im Übrigen ist es auch eigentlich bei allen Strafverteidigern und auch Rechtsanwälten, die Strafsachen machen, durchaus nicht unüblich, sich in dringenden oder in wichtigen Fällen auch direkt mit einer Fachaufsichtsbeschwerde ans Ministerium zu wenden. Das ist absolut nicht unüblich, und das machen viele. Ich würde das durchaus auch als Ratschlag im Kollegenkreis weitergeben, habe ich auch immer getan. So kann man auch rascher erfahren, welche Möglichkeiten es hier im Interesse des Mandanten gibt, für den man ja, wie Sie wissen, auch nach der Rechtsanwaltsordnung alles tun muss, was man nur tun kann. Und darin sehe ich nichts Schlechtes. Ich war immer mit Leidenschaft Verteidiger in Strafsachen, und dazu gehört auch, dass man wirklich alle Möglichkeiten einsetzt, alle legalen Möglichkeiten natürlich, die man hat, im Interesse des Mandanten.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Für mich ist es neu, dass man sich als Anwalt eines Beschuldigten dann quasi direkt mit dem Generalsekretär im Justizministerium trifft. Wie oft circa haben Sie das quasi als Anwalt auch bei anderen Beschuldigten gemacht, dass Sie Herrn Pilnacek getroffen haben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also was diese Frage jetzt betrifft, kann ich nur noch einmal sagen, denn das ist vom Untersuchungsgegenstand gedeckt: In dieser Causa Tojner habe ich Gespräche mit Pilnacek gehabt, die vor allem die Fachfrage Auswirkung der Untreue betreffen. Alles weitere in Bezug auf andere Mandate würde jetzt ja wirklich die Verschwiegenheitsverpflichtung verletzen. Daher möchte ich das nicht. (Abg. Herr hebt die Hand.)

Ich möchte nur sagen – und das haben wir vorhin ja auch gesehen –, dass es natürlich auch andere Kollegen gibt, die den Weg zu den jeweils zuständigen Organen finden, den direkten Weg. Daran ist nichts Schlechtes und nichts Ungewöhnliches. Wenn man diese Möglichkeit im Interesse des Mandanten wahrnimmt, dann ist das schon in Ordnung, ist normalerweise auch effizient und eigentlich, wenn es um Fachaufsichtsbeschwerden geht, ja auch im Interesse des Ministeriums. Wozu habe ich denn die Fachaufsicht? – Ich habe die Fachaufsicht, damit Fehlentwicklungen möglichst rasch abgestellt werden können. Und daher ist es wichtig, in wichtigen und in dringenden Fällen, dass die Fachaufsicht auch direkt davon erfährt; na selbstverständlich.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete, bevor Sie sich zur Geschäftsordnung melden: Hier hat die Auskunftsperson natürlich recht, was andere Fälle anbelangt. Wenn Sie gefragt hätten, ob es sich um eine Ausnahme handelt, dann wäre die Frage zulässig.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Hat es sich um eine Ausnahme gehandelt?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also ich kann gerne etwas dazu sagen, aber eigentlich wäre auch die Antwort auf diese Frage genau genommen ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung, muss ich schon sagen. – Ich weiß nicht. Was sagt die Verfahrensanwältin?

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Zuerst zur Geschäftsordnung, Frau Abgeordnete, und dann vielleicht die Frau Verfahrensanwältin. – Bitte schön.

*****

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Es geht ja nicht darum, dass Herr Brandstetter jetzt die anderen Beschuldigten oder die anderen Themen und so weiter nennt. Danach frage ich ja gar nicht. Es geht ja mehr um eine Frage der Anzahl, wie oft Sie generell möglicherweise Ihre guten Beziehungen zu Herrn Pilnacek noch aus früherer Zeit als Minister genutzt haben, um später auch in Ihrer Tätigkeit als Anwalt direkte Treffen zu nutzen, um direkt Themen zu besprechen, ohne dass Sie da jetzt etwas nennen, denn es geht ja hier generell im Untersuchungsgegenstand schon auch um die Beeinflussung von Verfahren.

*****

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, da kann ich jetzt schon sagen, so wie die Fragestellung jetzt ist, kann ich das mit gutem Gewissen also beantworten. Das war sicher extrem selten der Fall. Warum? – Das sage ich Ihnen auch: Ab dem Zeitpunkt, ab dem ich im Verfassungsgerichtshof war, habe ich meine praktische Tätigkeit als Verteidiger weitgehend reduziert. Da blieb auch kaum Zeit mehr dafür übrig. Daher, soweit ich mich jetzt erinnere, also das können nur wirklich ganz vereinzelte Einzelfälle gewesen sein, aber sicher nicht so, dass ich jetzt, so wie Sie jetzt ein bissel unterstellend in der Frage mir gesagt haben, dass ich jetzt diesen freundschaftlichen Draht benützt hätte, um sozusagen ständig den Leiter der Fachabteilung mit irgendwas zu beschäftigen.

Ich habe noch was gemacht. Das kam selten vor, aber ich habe es dann normalerweise auch immer so gemacht, dass es dann auch schriftliche Fachaufsichtsbeschwerden gegeben hat. Das schon. Wenn, dann muss man das schon entsprechend schriftlich deponieren, aber das waren mit Sicherheit ganz seltene Fälle.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich will Ihnen wirklich gar nichts unterstellen, ich will es nur aufklären. Also was heißt dann „Einzelfall“? – Ist das dann einmal im Jahr, fünf Mal im Jahr?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kann es jetzt schwer quantifizieren. Es waren wirklich ganz seltene Einzelfälle, wo es immer auch um irgendwelche besondere Probleme ging, die es rechtfertigen, sich an die Fachaufsicht zu wenden. Entweder Extremfälle bei der Verfahrensdauer, echte Extremfälle, wo wirklich die Gefahr besteht, dass man da allfällige Verfahren in Straßburg als Republik verliert. Dann ist es wichtig, dass die Fachaufsicht das möglichst bald weiß. Oder Fälle, wo es um wirklich interessante, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen ging, wie in dieser Sache Tojner, wie bereits erwähnt.

Aber man wird doch einen Leiter einer Fachaufsicht, gerade wenn man mit ihm ein freundschaftliches Verhältnis pflegt, jetzt wirklich nicht behelligen, bei dem, was er natürlich ohnehin zu tun, mit irgendwelchen 08/15-Fällen. Nein, also das mit Sicherheit nicht. Daher können es nur wirklich Einzelfälle sein, vereinzelte Fälle, die auch von ihrer inhaltlichen Bedeutung her das rechtfertigen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Haben Sie sich aufgrund der Besonderheit dieser Rechtsfrage auch mit anderen Vertretern des Ministeriums außer Herrn Pilnacek getroffen?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe da jetzt keine Erinnerung in der Richtung, aber natürlich war Pilnacek der normale Ansprechpartner für so was als Leiter der Fachaufsicht. Wenn ich eine Fachaufsichtsbeschwerde mache, dann muss ich mich an den Leiter der Fachaufsicht wenden; na selbstverständlich, ja.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Auch Sektionschefs, Sektionschefinnen zum Beispiel oder andere Oberstaatsanwälte, mit denen Sie sich möglicherweise getroffen haben?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, damals war es doch so, dass Sektionschef Pilnacek eben für die Fachaufsicht zuständig war. Es gab sonst keinen Sektionschef, der dafür zuständig gewesen wäre. Daher war er der logische Ansprechpartner.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Und Staatsanwälte?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Da müsste ich jetzt nachdenken. Es ist schon möglich, dass ich auch konkret Staatsanwälte als fallführende Staatsanwälte angesprochen habe in Einzelfällen, wo ich Mandate hatte. Das ist gut möglich, auch bei der WKStA, das hat es schon gegeben. Vereinzelte Fälle, aber das hat es gegeben, ja. Nicht immer gleich – ich weiß schon, was Sie meinen – in der obersten Instanz. Nein, nein. Ich habe schon auch immer wieder das Gespräch mit den fallführenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälten im Interesse der Mandanten gesucht, natürlich.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich frage vielleicht noch einmal konkret nach: Auch mit Herrn Fuchs beispielsweise?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe keine Erinnerung an so was. Ich habe Kollegen Fuchs rein auf einer fachlichen Ebene kennengelernt, habe ihn auch fachlich sehr geschätzt. Wann habe ich ihn zuletzt gesehen? – Bei seiner Ernennung 2018 oder wann. Also da gab es keinen regelmäßigen Kontakt, absolut nicht. Aber ich habe keine Erinnerung an so was.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann vielleicht noch einmal zurück zum Ursprungstermin mit Herrn Pilnacek. Da sagen Sie: Er hat auch das Mail schon gelesen. Wissen Sie noch, welches Mail?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Tut mir leid! Da habe ich keine Erinnerung daran, wirklich nicht.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut, dann gehen wir zurück zu den Chats. Das Dokument wurde Ihnen auch schon vorgelegt.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Vorsitzender! Vielleicht, während das gesucht wird: Dürfte ich noch einmal um eine 3-Minuten-Pause bitten. Geht das?

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Natürlich. Ich unterbreche die Sitzung.

*****

(Sitzungsunterbrechung: 13.59 Uhr bis 14.06 Uhr.)

*****

14.06

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und darf ersuchen, mit der Befragung fortzufahren.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Es geht jetzt um das Dokument 305422, das wir digital vorlegen, um die Seite 17. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Sie lachen? (Auskunftsperson Brandstetter: Ja!)

Was meinen Sie mit: „Eckart Ratz ist eine interessante Lösung.“?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich kannte das nicht. Ich habe ein bisschen schmunzeln müssen, als ich das gelesen habe, aber ich fürchte, das hat mit dem Untersuchungsgegenstand wirklich überhaupt nichts mehr zu tun. So sehr ich dazu auch gerne privat was sagen kann, ich schätze Eckart Ratz sehr, aber das geht, glaube ich, über den Untersuchungsgegenstand hinaus. Ich will dadurch nicht rechtswidrig handeln.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Verfahrensrichter, Ihre Meinung dazu? (Verfahrensrichter, Verfahrensanwältin und Auskunftsperson beraten sich.) – Bitte, Herr Verfahrensrichter.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete, wären Sie so nett und würden die Frage noch einmal wiederholen? Wenn es sich um Wahrnehmungen im Untersuchungszeitraum handelt – und davon gehe ich jetzt aus –, dann wäre diese Frage zulässig. Ich bitte Sie, diese Frage noch einmal konkret zu formulieren.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Was ist denn Ihre Wahrnehmung zur Postenbesetzung des Herrn Ratz?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, ich habe dazu natürlich überhaupt keine Wahrnehmung. Wie soll ich denn die haben? Es geht hier, das möchte ich schon sagen, um eine rein private Unterhaltung, um Einschätzungen, persönliche Wertungen, die hier zum Ausdruck kommen. Es geht im Kern um eine Seminarterminfestlegung für die Uni. Aber ich habe keine Wahrnehmung im Zusammenhang mit Eckart Ratz als Bundesminister und ich habe auch keine Wahrnehmung im Zusammenhang mit dem, was da sonst noch in dieser privaten Unterhaltung auftaucht. Also da kann ich Ihnen nicht dienen. (Abg. Herr hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ich will es vielleicht erklären: Ich meine, der Chat ist erstens im Untersuchungszeitraum, zweitens ist es ein Chat, den Sie mit Herrn Pilnacek schreiben, drittens geht es hier um eine Postenbesetzung. Es geht um die Funktion eines neuen Ministers, zu der Sie eben schon eine Meinung abgeben und später auch noch dazu ausführen. Und Postenbesetzungen sind natürlich etwas, das wir hier zu untersuchen haben, vor allem im Zusammenhang mit Herrn Pilnacek, von dem wir wissen, er war ein sehr einflussreicher Mann in der ÖVP.

Dahin gehend die Frage, und die würde ich jetzt auch konkret stellen. Sie schreiben: „Manche in der Regierung hätten ihn auch wirklich verdient.....“, den Herrn Ratz. Was meinen Sie damit?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nur um das zu konkretisieren: Mit Besetzung von Positionen in dieser damals zu bildenden Regierung hatte ich natürlich überhaupt nichts zu tun. Ich kann nur noch einmal sagen, und das kommt ja hier auch zum Ausdruck: Ich schätze Eckart Ratz sehr. Ich bin heilfroh, dass ich nach diesem Tag endlich wieder mit ihm auch Kontakt haben kann. Ich sage ja, dass ich das inhaltlich eher positiv sehe.

Und wenn ich sage: „Manche in der Regierung hätten ihn auch wirklich verdient.....“, dann habe ich damit gemeint: Er ist ein sehr, sehr strenger, korrekter Mann, und so gesehen habe ich mir gedacht - - Also ich hätte das, wenn man mich gefragt hätte, sicher positiv gesehen – habe ich auch, aber das geht über eine Wahrnehmung in Wahrheit hinaus. Das ist hier meine Wertschätzung, die ich zum Ausdruck bringe.

Und mit dem zweiten Satz wollte ich eben zum Ausdruck bringen, dass, so wie ich Eckart Ratz einschätze, er schon einen ordentlichen Zund hineinbringt, wo immer er tätig ist. Das wollte ich damit zum Ausdruck bringen. Das schätze ich auch an ihm. Das werden Sie heute schon noch merken. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Welche Regierungsmitglieder hatten Sie denn da im Kopf?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Bitte? Ich habe es nicht verstanden.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): An welche Regierungsmitglieder haben Sie da gedacht? Sie haben es ja jetzt auch wieder gesagt: „manche in der Regierung“?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Nein, das war sicher so eine allgemeine Redensart.

Noch einmal: Das sind so ganz persönliche, private Chats, offenbar eh schon in der Coronazeit – nein, war noch nicht in der Coronazeit. Normalerweise unterhält man sich über so was bei einem Bier oder was, aber das ging halt in dem Fall nicht.

Zum Ausdruck bringen wollte ich, dass Eckart Ratz dafür bekannt war, dass er immer, wo er tätig war, ein doch relativ strenges Regime geführt hat. Das war gut so. Ich wusste ja zu dem Zeitpunkt nicht, wer sonst in der Regierung sein könnte, jedenfalls ist es mir nicht in Erinnerung. Es war nur der Hinweis darauf: Eckart Ratz – gute Lösung, aber er ist streng, und das ist vielleicht für manche ganz gut so. So war es gemeint, und dazu stehe ich.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Dann belasse ich es damit und lege noch Chats von Ihnen mit Herrn Fuchs vor; Dokument 26291, Seite 47.

Dr. Wolfgang Brandstetter (in Unterlagen blätternd): Kenne ich nicht.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Welche Seite? (Abg. Herr: 47!) – Danke schön. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Wolfgang Brandstetter: Wieder nur sicherheitshalber die Frage auch an den Verfahrensrichter: Ich kann gerne was dazu sagen, aber ist das vom Untersuchungsgegenstand gedeckt? Das war offenbar eine private Unterhaltung mit dem Herrn Fuchs.

Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, es geht bei uns um Begünstigung bei der Personalauswahl, das ist Punkt 4, beziehungsweise um Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit, Punkt 3, und wir sind auch im Untersuchungszeitraum. Also wenn Sie Wahrnehmungen zu diesen Beweisthemen haben, dann sind diese Wahrnehmungen vom Untersuchungsgegenstand umfasst.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Also, Frau Abgeordnete, Wahrnehmungen dazu habe ich nicht, vor allem weiß ich jetzt nicht, worauf sich dieser mein Zuspruch für ihn bezieht. Ich hatte offenbar den Eindruck, dass er wirklich, aus meiner Sicht, ungerecht und bösartig attackiert wurde. Ich weiß aber jetzt nicht, auf welche Attacke ich da reagiert habe. Ich wollte ihm sozusagen nur Mut zusprechen, und das habe ich getan. Aber das ist keine Wahrnehmung in dem Sinn. Ich habe solche Zusprüche in der letzten Zeit ja auch oft bekommen. Er hat sich dafür auch bedankt. Aber ich weiß jetzt nicht, worauf es sich bezieht, auf welche Attacke. Das war im Mai 2020, was kann das gewesen sein?

Also ich habe eh schon gesagt, ich habe Hans Fuchs, auch wenn wir keinen regelmäßigen persönlichen Kontakt hatten, fachlich sehr geschätzt, und da war irgendeine Attacke gegen ihn, offenbar in den Medien, die mich geärgert hat, und da wollte ich ihm halt sozusagen durchaus persönlich den Rücken stärken und ihm meinen Zuspruch geben.

Das ist etwas ganz Ähnliches, was auch ich immer wieder bekommen habe, seit das Verfahren gegen mich begonnen hat und auch gerade in der letzten Zeit immer wieder, wo auch Menschen, mit denen ich nicht so oft in Kontakt bin, die aber meine Handynummer haben, mir schreiben: Mach dir nichts draus!, Lass dich nicht unterkriegen!, Kopf hoch!, und so weiter und so fort.

Also so ist das zu sehen, aber das ist keine Wahrnehmung über irgendetwas, was den Untersuchungsgegenstand betreffen könnte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Die Mails sind vom 17. Mai. Am 16. Mai berichtet das „Profil“ über nächtliche Chats zwischen Pilnacek und Fuchs, wo beschrieben wird, dass sie Medienarbeit gegen die WKStA planen. Dann schreiben Sie am nächsten Tag, Sie sehen da „nichts Skandalöses“.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Da müsste ich jetzt aber schon diese Chats oder diesen Anlass für meine Kritik sehen, das müsste ich vor mir haben. Dann würde ich verstehen, warum ich das als eine unsachliche Attacke gegen ihn persönlich bewertet habe. Das kann ich nur, wenn ich sehe, worauf es sich bezieht. Wenn Sie mir das vorlegen können, kann ich mir das anschauen, aber so aus dem Stegreif kann ich das nicht sagen.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Wie passt das zusammen mit Ihrer Aussage von vorhin, dass Sie sich mit Herrn Fuchs nur beruflich oder in Rechtsfragen ausgetauscht haben, wenn wir jetzt diese Chats lesen?

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Können Sie die Chats vorlegen, Frau Abgeordnete? (Abg. Herr hält eine Kopie in die Höhe.) – Bitte.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Außerhalb meiner Redezeit: die Chats, die wir vorgelegt haben. Da heißt es ja schon: „Herzlichst [...]“, und da geht es jetzt eben um eine mögliche Attacke, hat Herr Brandstetter auch ausgeführt. Das ist jetzt nicht nur ein rein beruflicher Austausch, würde ich meinen. „Keep cool!“ zum Beispiel.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Die Seite 47 ist das? (Abg. Herr: Ja!) Gut, danke.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Abgeordnete, das ist kein Widerspruch. Der Kontakt mit Hans Fuchs hat sich im Wesentlichen auf das Fachliche beschränkt, aber dass man auch privat jemandem eine Mitteilung zukommen lässt, aus einem bestimmten Anlass heraus, der ungewöhnlich ist – und das muss ein ungewöhnlicher Anlass gewesen sein; Sie werden keinen regelmäßigen Austausch zwischen mir und Hans Fuchs finden - - Da muss es um eine Attacke gegangen sein, die ich als wirkliche Gemeinheit ihm gegenüber empfunden habe, so wie ich ihn einschätze, und da wollte ich ihm einfach Mut zusprechen. In solchen Situationen ist das, glaube ich, durchaus nachvollziehbar und verständlich. Wir haben uns in dem Zusammenhang, soweit ich mich erinnern kann, aber nicht weiter ausgetauscht, getroffen oder sonst irgendwas.

Es ist ja damals, muss ich schon sagen, für mich der Eindruck entstanden, dass hier schon auch Attacken stattfinden, die ich einfach aus meiner persönlichen Einschätzung her für nicht gerechtfertigt gehalten habe. Und so wie auch viele mich angeschrieben haben, auch wenn ich mit ihnen nicht regelmäßig privat Kontakt habe, so war es auch hier. Aber wenn ich schreibe: „Ich kann an den Emails absolut nichts Skandalöses erkennen, in der damaligen Situation“ – schreibe ich – „leicht nachvollziehbar.“ Ja, mein Gott, da müsste ich jetzt wissen, um welche E-Mails es hier ging, was da drinnen stand, dann würde ich verstehen, warum ich das für so arg gehalten habe, dass ich mir gedacht habe: Jetzt nimmst du dir ein Herz und schreibst ihm was Aufmunterndes, dem Hans Fuchs. Das war sicher dadurch motiviert, dass ich den Eindruck hatte, dass er da ungerecht behandelt wird.

Das gibt es mit Sicherheit auch mit dem Kollegen Pilnacek, na selbstverständlich.

Aber ich möchte hier schon eines ganz klar sagen: Ich meine, ich habe hier auf ungewöhnliche Vorgänge, die mich überrascht haben, reagiert.

Ich meine, ich war und bin nicht Teil dieser Auseinandersetzungen, die dann weiter eskaliert sind. Ich war ja schon längst aus der Justiz weg. Aber wenn immer ich das Gefühl gehabt habe, da wird jetzt jemand ungerecht behandelt, dann habe ich mir oft wirklich gedacht, das möchte ich ihm auch sagen.

Aber substanziell bräuchte ich diese E-Mails, auf die sich das bezieht. Wenn ich schreibe: „Ich kann an den Emails absolut nichts Skandalöses erkennen“, dann bräuchte ich die E-Mails, dann kann ich Ihnen sagen, warum ich daran „nichts Skandalöses erkennen“ kann. Welche Attacke hier gegen Herrn Fuchs aufgrund dieser E-Mails geritten wurde: Das war ja offenbar schon der Beginn dieses Justizkriegs, Mai 2020.

Also wie gesagt: Regelmäßiger privater Kontakt mit Hans Fuchs war nicht da, aber ich kannte ihn aus meiner Zeit im Ministerium schon auch so weit, dass ich ihn wirklich fachlich und auch persönlich für einen absolut integren Kollegen gehalten habe. Das war damals so, das war auch mein damaliger Eindruck. Daher wollte ich ihm hier einfach Mut zusprechen – so war das, ja.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Gut, ich lege die Chats jetzt nicht vor, ich glaube, die Zeit ist nämlich bald vorbei. Es kann jeder selber nachlesen, was da am 16. Mai publik geworden ist – es geht wie gesagt um Angriffe gegen die WKStA.

Ich stelle aber noch eine Frage: Haben Sie Wahrnehmungen, dass im Justizministerium aufgrund des Amtsmissbrauchs – jetzt wieder zum vorherigen Thema – eine Anzeige gegen Sie vorbereitet oder diskutiert wurde bezüglich der Präsidialleitung?

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe da keine Wahrnehmungen, aber darf ich nachfragen: „bezüglich der Präsidialleitung“, oder wie meinen Sie das?

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ja, bezüglich des Themas von vorher, von der Ausschreibung und von der Neubesetzung (Auskunftsperson Brandstetter: Ah, nei- -!): Ob Sie da wahrgenommen haben, dass eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs vorbereitet wurde?

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Professor, bevor Sie antworten: Sie müssten jetzt nicht mehr antworten, weil die Zeit um wäre, aber es steht Ihnen frei, diese Antwort doch noch zu geben. – Bitte schön.

Dr. Wolfgang Brandstetter: Ich habe dazu natürlich keine Wahrnehmungen, hätte mich auch gewundert, denn wie ich schon gesagt habe: Nur deshalb, weil ein Bundesverwaltungsgericht zum Schluss kommt, ich hätte willkürlich gehandelt, das ist bei fast allen Bundesverwaltungsgerichtsentscheidungen Regelfall, die der Verfassungsgerichtshof mit der Begründung aufhebt, das war willkürlich. Da hat noch niemand seriöserweise an Amtsmissbrauch gedacht, und daher hätte ich so etwas auch nicht erwartet, habe daher auch keine Wahrnehmungen dazu.

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss ich festhalten, dass die Befragungsdauer gemäß § 37 Abs. 4 bereits 4 Stunden beträgt, und erkläre die Befragung daher für beendet. Ich bedanke mich, Herr Dr. Wolfgang Brandstetter, für Ihr Erscheinen.

 



[1] Angenommener Einspruch des Verfahrensrichters gem. § 20 Abs. 3 VO-UA: Von der Veröffentlichung der Textpassage wurde abgesehen.

[2] Angenommener Einspruch des Verfahrensrichters gem. § 20 Abs. 3 VO-UA: Von der Veröffentlichung der Textpassage wurde abgesehen.

[3] Angenommener Einspruch des Verfahrensrichters gem. § 20 Abs. 3 VO-UA: Von der Veröffentlichung der Textpassage wurde abgesehen.

[4] Angenommener Einspruch des Verfahrensrichters gem. § 20 Abs. 3 VO-UA: Von der Veröffentlichung des Klarnamens wurde abgesehen. Der Klarname wird im gesamten Befragungsprotokoll mit E. anonymisiert.

[5] Angenommener Einspruch des Verfahrensrichters gem. § 20 Abs. 3 VO-UA: Von der Veröffentlichung des Klarnamens wurde abgesehen.