522/KOMM XXVII. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen
ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)
(4/US XXVII.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof.in Hon.Prof.in (UQ) Dr.in Susanne Reindl-Krauskopf in der 19. Sitzung vom 25. Mai 2022

Der Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 22. Sitzung am 22. Juni 2022 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Univ.-Prof.in Hon.Prof.in (UQ) Dr.in Susanne Reindl‑Krauskopf zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2022 06 22

                  Mag. Corinna Scharzenberger                                          Mag. Wolfgang Sobotka

                                    Schriftführerin                                                                        Vorsitzender


 

Untersuchungsausschuss

betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder
(ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)


Stenographisches Protokoll

 

19. Sitzung/medienöffentlich

 

Mittwoch, 25. Mai 2022

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Gesamtdauer der 19. Sitzung
9.03 Uhr – 18.56 Uhr

 

Camineum

Befragung der Auskunftsperson
Univ.-Prof. Hon.-Prof. (UQ) Dr. Susanne Reindl-Krauskopf

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich darf mich an die Auskunftsperson, Frau Univ.-Prof. Dr. Susanne Reindl-Krauskopf – ich habe auch nachgesehen und dazu noch gegoogelt: Honorarprofessorin der University of Queensland – wenden. Ich habe hier Ihr Blatt mit den Personaldaten, die – ich gehe davon aus – der Richtigkeit entsprechen? (Die Auskunftsperson bestätigt die Richtigkeit der Daten.) Ich darf nun zur Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten hier kommen:

Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder als Auskunftsperson zu den Beweisthemen Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit sowie Begünstigung bei der Personalauswahl angehört.

Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten, und ich weise Sie auf diese schriftliche Belehrung hin.

Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung sind anzugeben und gegebenenfalls auf Verlangen glaubhaft zu machen.

Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Das gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder an sich genommen, noch dürfen davon Kopien, Notizen oder Auszüge angefertigt werden.

Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen. – Danke schön.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Vielen Dank, Frau Verfahrensrichterin.

Frau Professor, als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Diese soll 20 Minuten nicht überschreiten. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Zunächst einmal: Schönen guten Morgen! Und danke für die Frage, nein, ich möchte von diesem Recht nicht Gebrauch machen.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Frau Doktor. Damit ersuche ich die Frau Verfahrensrichterin um die Durchführung der Erstbefragung.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Frau Universitätsprofessorin, dann würde ich Sie bitten, uns einmal ganz kurz Ihre berufliche Position und das, was an und für sich wahrscheinlich vorrangig der Grund war, Sie in den Untersuchungsausschuss zu laden, nämlich welche Kriterien dazu geführt haben, dass Sie Mitglied des Weisungsrates sind, darzustellen.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ja, das mache ich sehr gerne. Bekanntlich ist mein Hauptberuf nicht eine Tätigkeit in der Justiz, sondern mein Hauptberuf ist, Universitätsprofessorin zu sein  an der Universität Wien, für Strafrecht, Strafverfahrensrecht und Kriminologie. Das bringt allerlei Tätigkeiten mit sich, von Vorträgen, Publikationen und so weiter über Forschungsprojekte. Das kürze ich jetzt aber ab, weil ich davon ausgehe, dass das nicht im Zentrum Ihres Interesses steht, wenngleich das sehr spannende Dinge sind. Das, warum ich da zu sein vermute, hat mit dem Weisungsrat zu tun. Und die Frage war ja: Welche Kriterien erfülle ich, um überhaupt Mitglied zu sein?

Ich darf eingangs einmal festhalten, dass ich tatsächlich nur ein sogenanntes weiteres Mitglied im Weisungsrat bin, nicht die Vorsitzende. Vorsitzender ist nach dem Gesetz der jeweilige Generalprokurator, die Generalprokuratorin, dessen Aufgabe, deren Aufgabe es auch ist, den Weisungsrat nach außen zu vertreten. Als weiteres Mitglied gibt es im Grunde genommen zwei, wir sind also ein Dreiergremium in Hauptbesetzung, eine Dreierersatzmannschaft, wenn man so will. Die weiteren Mitglieder werden aus externem Personenstand rekrutiert und nach Vorschlag, also das heißt, nach einer Vorsondierung des Rechtsschutzbeauftragten bei der Justiz, nach Anhörung der Höchstgerichtspräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten, der Bundespräsidentin bestellt. In meinem Fall war es damals Herr Bundespräsident Fischer.

Warum glaube ich, dass man mich zum Mitglied gemacht hat? Ich glaube, dass ich einfach die gesetzlichen Voraussetzungen in vollstem Maße erfüllt habe, die da sind: besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des Straf- und Strafverfahrensrechts – nachdem ich mich 2003 im Strafrecht habilitiert habe, 2010 Professorin für Strafrecht geworden bin und so weiter und so weiter, gehe ich davon aus, dass das erfüllt ist –, darüber hinaus, zweites wesentliches Bestellungskriterium, eine mindestens 15 Jahre andauernde Tätigkeit in einem Beruf im Bereich des Strafrechts, wobei dieser Beruf den Abschluss des rechtswissenschaftlichen Studiums voraussetzt ich habe mein Studium 1994 abgeschlossen, also sind die 15 Jahre Gott sei Dank oder leider Gottes, je nachdem, wie man das sieht, bei Weitem überschritten.

Das sind die Gründe, die ich mir vorstellen kann, warum man mich zum weiteren Mitglied gewählt hat. Was in den Köpfen der Entscheidungsbefugten vorgegangen ist, das entzieht sich natürlich meiner Kenntnis.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Vielen Dank.

Dann möchte ich gleich in die Mitte der zentralen Frage, der eigentlich einzigen zentralen Frage kommen, vielleicht noch mit einer Abzweigungsfrage, die ich im Rahmen meiner Erstbefragung gerne an Sie richten möchte, und zwar im Zusammenhang mit dem Strafantrag gegen den Leitenden Oberstaatsanwalt Mag. Fuchs, der ja dem Weisungsrat vorgelegt wurde: Es hat dann eine Stellungnahme des Weisungsrates gegeben, der eigentlich in Bezug auf alle Punkte des Strafantrages Bedenken geäußert hat. Ist Ihnen diese Stellungnahme des Weisungsrates noch geläufig? Ich könnte sie Ihnen vorlegen, wenn Sie möchten. (Die Auskunftsperson nickt.) Bitte.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Wenn Sie es mir bitte vorlegen.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ja, Sie werden es auf dem Bildschirm sehen. Das ist das Dokument 479233, Seite 5. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Es hat Anklagepunkte gegeben, und zwar einen unterteilten Anklagepunkt nach § 310 StGB, das heißt Geheimnisverrat, und einen weiteren Punkt mit Unterpunkten nach § 288 StGB, der falschen Zeugenaussage, nämlich hier vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss. Und die Äußerung des Weisungsrates enthält Bedenken in Bezug auf den gesamten Strafantrag: rechtlicher Art in Bezug auf § 310 StGB und beweiswürdigende Überlegungen in Bezug auf § 288 StGB. Wenn Ihnen das geläufig ist, würde ich nämlich zu einem anderen Dokument weitergehen. (Die Auskunftsperson nickt.)

Das hat dann zu Veranlassungen im Bundesministerium für Justiz geführt, die dann in dem nunmehr bitte vorzulegenden Dokument 479236, ebenfalls Seite 5, festgehalten sind. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Erstens einmal ganz unten der vorletzte Absatz auf Seite 5; wenn ich kurz etwas zur Vorgeschichte sagen darf: Das Bundesministerium für Justiz hat ursprünglich beschlossen, ein Faktum in Bezug auf § 310 StGB einzustellen, ein weiteres Faktum sowie die Faktengruppe um die falsche Beweisaussage weiterhin aufrechtzuerhalten, und die Abteilung V 2 hat aufgrund dieser über ihre Bedenken entstandenen Entschlussfindung dann vorgeschlagen, diese neue, jetzt vorgesehene Erledigung, nämlich Beibehaltung und Einstellung eines Faktums, neuerlich dem Weisungsrat vorzulegen und nämlich dieses Mal, wenn man die gesetzlichen Voraussetzungen übersetzt, nicht nur, weil es eine sogenannte clamorose Sache ist, sondern eben auch nach § 29c Abs. 1 Z 1 StAG, weil eine Weisungserteilung vorgesehen war.

Jetzt hat es dann, wie Sie auf der nächsten Seite, auf Seite 6, sehen, eine Weisung der Ministerin gegeben, das dem Weisungsrat nicht neuerlich vorzulegen, weil das gesetzlich nicht zwingend notwendig sei. Ich möchte jetzt gar nicht diese Debatte führen, ob das zwingend notwendig sei oder nicht, nur hat Herr Dr. Jirovsky in seiner Befragung hier vor dem Untersuchungsausschuss gesagt, dass man es dann eigentlich nicht mehr vorgelegt hat, weil es einen Erfahrungswert gebe, dass der Weisungsrat eine nochmalige Vorlage einer Sache, mit der er schon befasst war, nicht möchte, und das eigentlich der Grund war, warum man es nicht gemacht hat.

Dazu möchte ich Sie fragen, ob diese Wahrnehmung auch Ihrem Erfahrungswert entspricht oder was Sie sonst zu dieser Vorgangsweise sagen könnten.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das entspricht durchaus auch meiner Wahrnehmung. Wir handhaben neuerliche Befassungen, Nachfragen zu Fällen, in denen wir bereits entschieden haben, sehr restriktiv – aus dem Grund, weil wir der Überzeugung sind, dass wir mit unserer Äußerung bereits kundgetan haben, ob wir Bedenken haben und wenn ja, welche, und die dann eigentlich so, wie wir das gesagt haben, zu Überlegungen im Ministerium führen sollten.

Der Hintergrund dieser restriktiven Handhabung liegt auch darin, dass das Gesetz ja auch eine Konsequenz für den Fall vorsieht, wenn ein Minister, eine Ministerin unseren Bedenken nicht Folge leistet, nämlich dass das offenzulegen ist und an den Nationalrat und den Bundesrat auch zu berichten ist, und damit ist aus unserer Sicht eigentlich für den Regelfall Genüge getan.

Auf der anderen Seite muss man natürlich sagen, wenn es Äußerungen von uns gibt, wo diejenigen, die mit diesen Bedenken und Empfehlungen dann umgehen sollen, möglicherweise technische Probleme in der Umsetzung sehen, oder wenn sich vielleicht, bis das zur Umsetzung kommen kann, eine neue Sachverhaltsgrundlage ergeben hat, dann sehen wir als Weisungsrat natürlich auch, dass es unter Umständen weiteren Beratungsbedarf geben kann, und dann würden wir uns mit Nachfragen natürlich auch auseinandersetzen. Das ist aber sehr selten.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich möchte es jetzt nicht vorgeben, aber in diesem konkreten Fall: Würden Sie – ich sollte hier nach Wahrnehmungen, nicht nach Einschätzungen fragen, das ist aber immer, wenn es um rechtliche Dinge geht, ein bisschen schwierig – Ihrer Meinung, Wahrnehmung, wie immer wir es nennen, nach sagen, dass das ein Fall ist, wo es üblich gewesen wäre oder nachvollziehbar gewesen wäre, Ihnen das nicht noch einmal vorzulegen? Oder wäre das etwas, das, wenn es jetzt technische Probleme oder – wie Sie es sagen – mögliche weitere Sachverhaltsgrundlagen gegeben hätte, doch noch eine neuerliche Vorlage möglich gemacht hätte?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Also gemessen an den drei Kriterien, die ich gerade genannt habe – es gibt keine zwingende Neubefassung im Gesetz, wir sehen aber, dass es Rückfragen geben kann, wenn was technisch unklar ist oder eine erweiterte Sachverhaltsgrundlage da ist –, muss ich sagen, tue ich mir mit der Einschätzung wirklich schwer, weil wir uns aus unserer Sicht natürlich klar geäußert haben. Insofern würde ich jetzt kein technisches Umsetzungsproblem erwarten. Und was die breitere Sachverhaltsgrundlage angeht: Wir haben angeregt, zu prüfen. Ob sich da eine weitere Sachverhaltsgrundlage ergibt oder nicht, kann ich daher nicht beurteilen, weil ja nicht wir oder ich als Weisungsratsmitglied diese angeregte Prüfung durchgeführt habe.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Danke schön. Damit bin ich mit der Erstbefragung am Ende. – Vielen Dank.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Frau Verfahrensrichterin.

Die Redezeitvereinbarung ist Ihnen bekannt, und im Sinne dieser Vereinbarung darf ich nun Herrn Kollegen Hafenecker zu Wort bitten. – Bitte schön.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Guten Morgen, Frau Professor! Danke auch für Ihre Zeit heute. Bei der Vorbereitung auf den heutigen Tag haben wir gesehen, dass Sie sehr stark in den Akten vertreten sind. Das hat vielleicht die ÖVP auch gesehen. Wenn man genauer hinschaut, wird man aber erkennen, dass Sie sehr oft von Juristen zitiert werden. Zum einen hängt das wohl mit Ihrer beruflichen Tätigkeit zusammen und damit, dass vor allem sehr viele Bewerber im Bereich der Justiz in ihren Lebensläufen Sammelzeugnisse angeben, in denen Sie drinnen stehen. Also das wäre jetzt einmal für mich der Grund, warum ich Sie oft in den Akten gefunden habe.

Dennoch sind zwei Fragenkomplexe für mich doch ganz kurz interessant. Das wird auch nicht lange dauern. Ich möchte Ihnen nun gleich einmal das Dokument 4289 vorlegen und würde Sie ersuchen, die Seiten 16 und 17 in Augenschein zu nehmen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ja, habe ich durchgelesen, ja.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Genau. Also im Wesentlichen geht es in dem Dokument darum, dass Sie das Kabinett der Frau Bundesminister gerne als Mitglied der Wiederbestellungskommission von Christian Pilnacek zum Sektionschef im Juni 2020 nominiert hätte. Sie haben aber dieser Bestellung nicht zugestimmt. Können Sie uns sagen, warum das so war?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das kann ich gerne tun. Ich bin damals gefragt worden und habe im Jahr 2020 mit dem Herrn Sektionschef gemeinsam eine Lehrveranstaltung abgehalten und habe es daher aus Befangenheitsgründen nicht tunlich gefunden, an dieser Prüfung mitzuwirken.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gut. Also das hat nichts damit zu tun gehabt, dass der Herr Sektionschef oder Generalsekretär damals bereits massiv in der Kritik gestanden ist? Wir erinnern uns an die Besprechungsprotokolle der Causa Eurofighter mit dem „Doschlagen“ von Verfahren. Wir erinnern uns daran, dass er Hauptverdächtige in der Casinos-Affäre, Herrn Rothensteiner und Herrn Pröll, zu sich ins Büro gebeten hat, sie dort zumindest empfangen hat, um dort Besprechungen möglich zu machen. Wir erinnern uns an die Chatprotokolle, die wir jetzt kennen, in denen es um Strategien zum Vorgehen gegen die WKStA geht. Es ist ja nicht zuletzt auch am 26. Mai 2020 eine Entmachtung von Frau Justizministerin Zadić angekündigt worden. Also all das waren keine Faktoren für Sie, dieser Kommission nicht angehören zu wollen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Wenn ich das richtig verstanden habe, wären das allenfalls Gründe in der Prüfung gewesen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Jetzt weiß ich nicht, was Sie mit Ihrer Antwort meinen.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ich habe Ihre Frage so verstanden, ob das Gründe waren, die Mitwirkung in der Kommission abzulehnen, und meine Antwort war: Diese Umstände, die Sie genannt haben, wären allenfalls Inhalte in der Prüfung der Kommissionstätigkeit gewesen. Insofern sehe ich da jetzt keinen Konflikt.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Na ja, aber man kann ja sagen, also es ist das Substrat, das da liegt, einfach eine unangenehme Geschichte, zu der man sich gar nicht äußern möchte. Das ist ja auch eine Option, oder?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Es gibt viele unangenehme Dinge im Leben, und trotzdem muss man sie machen. Wenn andere Gründe dagegen sprechen, unangenehme Dinge nicht zu tun, dann bitte respektieren Sie auch die anderen Gründe, die ich genannt habe!

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Kein Problem. Ich möchte Sie dann gleich fragen: Haben Sie als stellvertretendes Mitglied des Weisungsrates irgendwelche Wahrnehmungen zu diesen Causen? War das dort Thema, oder gibt es da Wahrnehmungen, wie man mit den Dingen umgegangen ist? Hat man darüber diskutiert?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Also die Wahrnehmungen, die ich als Weisungsratsmitglied habe, ergeben sich natürlich aus den Akten, die uns vorgelegt worden sind, und insoweit gibt es natürlich auch - - Also die Doschlagts-es-und-so-weiter-Akten sind ja bekannt. Mit denen waren wir natürlich auch befasst. Daraus beziehe ich meine Wahrnehmungen. Ob es im Ministerium ansonsten intern Konflikte gegeben hat beziehungsweise wie man konkret damit umgegangen ist, dazu kann ich Ihnen nichts sagen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich möchte nun noch einmal auf das Dokument zurückkommen, das Ihnen bereits die Verfahrensrichterin vorgelegt hat, und zwar das Dokument 479232, und ich würde Sie bitten, da noch die Seite 68 aufzuschlagen. (Auskunftsperson Reindl-Krauskopf: Verzeihen Sie bitte! Das war die Seite?) – Seite 68. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Jawohl.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ja. Sie werden das kennen. Es handelt sich um die Äußerung des Weisungsrates zur Strafsache gegen Oberstaatsanwalt Johann Fuchs. Der Weisungsrat äußert da Bedenken hinsichtlich des Anklagevorhabens der Staatsanwaltschaft Innsbruck. Hinsichtlich der Beschuldigung des Amtsgeheimnisverrates wird darin sinngemäß gesagt, es wird angezweifelt, ob es sich bei der Übermittlung der Information einer geplanten Anzeige gegen die „Presse“-Journalistin Anna Thalhammer durch Johann Fuchs an Christian Pilnacek um einen solchen Amtsgeheimnisverrat gehandelt hätte. Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Wir haben in der Tat Bedenken geäußert, wie Sie der Äußerung entnehmen können, weil man sich aus rechtlicher Sicht nach dem 310 nur strafbar machen kann, wenn man jemandem ein Geheimnis verrät, der die Tatsachen nicht kennt und auch nicht zum Geheimnisempfang berechtigt ist, und sich für uns die Frage gestellt hat, wie Sie der Äußerung entnehmen können, ob die Zuständigkeit des damaligen Sektionschefs für die Wahrnehmung solcher Informationen tatsächlich nicht mehr gegeben ist, und das haben wir in unserer Äußerung als Bedenken angemeldet und entsprechend natürlich auch die Empfehlung zur Überprüfung gegeben.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Aus Ihrer Erfahrung heraus: Wie weit halten Sie es generell für üblich oder eigentlich auch angemessen, dass man derartige Chats als Medium für solche Kommunikation heranzieht? Es gibt ja viele Firmen in Österreich – eigentlich die meisten –, die sagen, also gerade im Spitzenmanagement sollte man diese Chatplattformen eben nicht dazu nützen, heikle Informationen auszutauschen. Wie sehen Sie dieses Faktum, und haben Sie auch im Weisungsrat gewürdigt, dass man sozusagen da nicht mit dienstlicher E-Mail vorgegangen ist und auch keine Amtsvermerke angelegt hat, sondern das auf dem kurzen Weg in diesen Chatnachrichten ausgetauscht hat?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Also zur Üblichkeit der Verwendung verschiedener Kommunikationsmittel im Bereich der Justiz kann ich Ihnen nichts sagen, weil ich, wie ich schon eingangs gesagt habe, nicht Angehörige der Justiz bin und damit auch nicht den entsprechenden Erlässen unterliege, mit ihnen auch nicht vertraut bin: ob es da irgendwelche Anweisungen gibt, was man zu verwenden hat.

Die Wahrnehmungen, die ich mit Ihnen teilen kann, beziehen sich auf den Akt, der uns vorgelegt worden ist. In dem ging es jetzt aber für die Frage einer möglichen Strafbarkeit nach 310 nicht um die Art des Kommunikationsmittels, weil auch der Straftatbestand selbst nicht darauf abstellt, sondern schlicht und ergreifend um die Frage: Ist das noch ein Geheimnis? Ist derjenige, dem man die Information weitergibt, auf welche Art auch immer, berechtigt, die Information zu empfangen?

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Kann man jetzt daraus ableiten, dass es in der Justiz und vor allem im Spitzenbereich der Justiz künftig möglich sein wird, dass man einfach immer mit Chatnachrichten irgendwelche Akten durch die Gegend schickt, oder wäre das grundsätzlich ein anderes Problem, das man juristisch angehen müsste?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das wäre wohl ein anderes Problem, das man im Sinne einer Unternehmenskultur oder auch juristisch angehen kann.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Es heißt – Sie haben es ja kurz in dieser Äußerung des Weisungsrates erwähnt –, dass man eine Klarstellung des Bundesministeriums darüber vermisse, ob der Leiter der Sektion IV berechtigt war, in staatsanwaltschaftliche Akten Einsicht zu nehmen. Das haben Sie ja gerade gesagt. Selbst wenn diese Berechtigung bestand – ich beziehe mich noch einmal auf meine vorherige Frage –, vermisst man da nicht trotzdem einen Aktenvermerk? Ich meine, im Prinzip umgeht man ja damit eigentlich den Elak beziehungsweise die gängigen Kommunikationsstrukturen.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Dazu kann ich Ihnen nichts sagen, weil das nicht Gegenstand der Strafbarkeitsprüfung war. Darauf kommt es für den 310 StGB nicht an, ob es den Aktenvermerk gibt oder nicht, und darum kann ich Ihnen dazu auch nichts sagen.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gut, dann sage ich nochmal herzlichen Dank für Ihre Zeit und gebe den anderen Fraktionen die Möglichkeit, Sie noch weiter zu befragen.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Gerne.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Stögmüller. – Bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Grüße Sie, Frau Professor Reindl-Krauskopf, bei uns im Untersuchungsausschuss! Vielen Dank auch für Ihre Zeit. Sie kommen wohl sehr viel vor in den Akten, wie der Kollege gesagt hat, aber – no na net – Sie sind sehr umtriebig (Heiterkeit der Auskunftsperson) und bekannt (Heiterkeit des Fragestellers), deswegen auch keine Verwunderung darüber.

Der Grund, warum Sie die ÖVP wahrscheinlich heute geladen hat, ist sicherlich die Weisung rund um Fuchs, um den Herrn Oberstaatsanwalt – also im Weisungsrat, nicht die Weisung. Dementsprechend würde ich Sie auch dann noch einmal befragen. Die Frau Verfahrensrichterin hat dazu schon sehr viel gefragt.

Mich würde das vom Weisungsrat geplante Vorgehen interessieren, warum man eigentlich zu dieser Ansicht gekommen ist, diesen Schriftsatz noch einmal neu zu bewerten, weil Jirovsky, die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck und die Staatsanwaltschaft Innsbruck das ja als einen guten Schriftsatz – ich glaube, Jirovsky hat sogar im Untersuchungsausschuss gesagt, das ist ein sehr gut aufgebauter Schriftsatz – beurteilt haben. Warum hat der Weisungsrat aber dennoch gesehen, dass es hier Punkte gibt, die sozusagen dem Weisungsrat aufgefallen sind oder die abgeändert werden sollten?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ich habe eingangs schon gesagt, es kommt relativ selten vor, dass wir zu Dingen, die vorgelegt werden, Bedenken äußern oder Hinweise geben, was ja an sich für die hohe Qualität auch der Arbeit spricht. Das möchte ich an der Stelle vielleicht auch einmal festhalten, wenn ich darf. Was uns in dem Fall dazu gebracht hat, doch Hinweise, Erwägungen, Empfehlungen zu geben, Bedenken zu äußern, das waren genau die Gründe, die wir auch in der Äußerung genannt haben, wobei ich Sie um Verständnis bitte, wenn ich jetzt nur für mich persönlich sprechen kann, weil ich natürlich die Abwägung der anderen beiden Mitglieder nur als Ergebnis, gewissermaßen verschriftlicht, hier dokumentieren kann.

Es ist ein – und ich bleibe jetzt zuerst noch einmal bei der Strafbarkeit nach 310 StGB, also beim Geheimnisverrat – ganz entscheidender Punkt, ob jemand zuständig war, um Informationen zu bekommen, oder nicht. Das war, auch wenn der Akt durchaus umfangreich bearbeitet war, ein Aspekt, der aus meiner Sicht nicht letztlich geklärt war – und offensichtlich auch aus der Sicht der anderen beiden Mitglieder. Man darf ja auch nicht vergessen, es geht nicht nur darum: War jemand wirklich zuständig oder nicht?, sondern Sie haben immer auch noch die subjektive Tatseite, sprich: Es braucht auch den Vorsatz.

Das heißt, es wäre für uns auch wichtig gewesen, zu sehen, ob man das eigentlich als Leitender Oberstaatsanwalt wissen musste, wie sich die Zuständigkeiten konkret geändert haben. Wir haben natürlich die konkrete Zuständigkeit für Einzelstrafsachen, aber in der Legistik braucht es trotzdem immer wieder auch Informationen über Probleme aus einzelnen Verfahren heraus, weshalb es ja auch grundsätzlich ein solches Informationsrecht geben kann, je nachdem, wie eben die Zuständigkeiten genau formuliert sind – und das war nicht präzise genug dargelegt. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Teil beschäftigt sich in der Äußerung des Weisungsrates mit dem Vorwurf der Falschaussage, der im Strafantrag natürlich über viele Seiten auch begründet war, aber bei einzelnen Punkten hat uns das einfach nicht überzeugt beziehungsweise – um jetzt wieder für mich zu sprechen – mich nicht überzeugt. Deshalb auch die Bitte, sich noch einmal die Materialien, die vorliegen, umfassend anzuschauen und das zu würdigen.

Gerade bei Aussagen ist es ja nicht so, dass man jetzt einen einzelnen Satz, ein einzelnes Wort herausnehmen kann, sondern es immer auch auf den Kontext ankommt, um die Bedeutung der Aussage zu würdigen. Das war ein Punkt, wo wir gemeint haben, oder eben ich auch als Mitentscheidende gemeint habe, es würde Sinn machen, sich das noch einmal anzuschauen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also um einerseits Konkretisierungen vorzunehmen vom - -

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Genau, ja.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und wurde dem auch stattgegeben? Also wurde das dann auch durchgeführt? Haben Sie die Wahrnehmung dazu, dass das dann auch gemacht worden ist?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Also meines Wissens kam es zu einer Überprüfung. Sie müssten mir jetzt das – ich weiß es nicht mehr genau, wie es formuliert war – allenfalls vorlegen, das Informationsschreiben, das auch an uns gegangen ist, was alles geändert wurde. Jedenfalls gab es eine Überprüfung.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Liege ich jetzt mit dem Schluss richtig, dass Sie sich hinsichtlich dieser Fakten nicht generell gegen eine Einbringung des Strafantrages aussprachen, sondern lediglich dass es neu überprüft wird, dass es neu bewertet wird und auch ergänzt wird?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Unser Anliegen ist, dass dann ein Strafantrag eingebracht wird, wenn – wie es so schön im Gesetz heißt – die „Verurteilung nahe liegt“. Sie kennen das sicher aus den Diskussionen, die Sie da schon hatten, dass man sich in der Praxis mit einer Urteilswahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent behilft. Das soll aber natürlich eine gewisse Sicherheit bieten, einerseits für den, der anklagt, aber auch für den, der angeklagt wird, und deshalb sollten diese Unklarheiten in einem Strafantrag, die wir sehen – nicht nur in diesem Fall, vielleicht auch in anderen Fällen –, einfach ausgeräumt werden.

Wenn eine Überprüfung ergibt, dass die Einschätzung der – Anklagebehörde will ich jetzt so gar nicht sagen – Staatsanwaltschaften im Sinne der Urteilswahrscheinlichkeit oder Verurteilungswahrscheinlichkeit gleich bleibt, dann ist das natürlich in Ordnung. Wenn eine Überprüfung ergibt, nein, man kann es eben doch nicht mit dieser Verurteilungswahrscheinlichkeit untermauern, dann wird eine Anklage auch nichts bringen. Das ist das Anliegen, auch bei den Überprüfungen des Weisungsrates, zu sehen, ob das mit dieser vom Gesetz geforderten Wahrscheinlichkeit zu einer Verurteilung führen wird.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das hat der Weisungsrat in diesem Fall auch so gesehen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Wir haben es in der Äußerung nicht in diesen Worten formuliert, wie Sie ja dem Äußerungstext entnehmen, aber für mich ist das der Sinn, der dahintersteckt: Warum prüft man eine Anklage, einen Strafantrag oder eine Anklageschrift? – Um zu überprüfen, ob die Vorwürfe mit dieser Verurteilungswahrscheinlichkeit stichhaltig sind. Das ist die Zielrichtung der Prüfung. Das muss ich jetzt nicht extra noch einmal in diesen Worten in die Äußerung schreiben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wir müssen das immer wieder hier aufbereiten, weil das politisch ja immer so geframet wird, also warum und wieso das Ganze gemacht wird. Sie bekommen das ja sicherlich auch mit.

Haben Sie das Gefühl, dass von politischer Seite Ihre Äußerungen im Weisungsrat irgendwie ignoriert wurden oder diese Anmerkungen nicht Beachtung gefunden haben? Haben Sie dazu irgendwelche Wahrnehmungen, haben Sie das Gefühl dazu?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Meinen Sie das bezogen auf diesen Fall oder ganz allgemein?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Auf diesen Fall. Ja, ich rede jetzt nur von der Causa Fuchs.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Also, Wahrnehmungen dazu habe ich natürlich insofern, als wir das Antwortschreiben gewissermaßen - -, wenn ich das jetzt als Antwortschreiben titulieren darf, damit wir wissen von welchem wir reden. Dazu habe ich die Wahrnehmung, weil ich es ja auch bekommen und gelesen habe. Darüber hinaus kann ich Ihnen dazu gar nichts sagen. Ich habe dazu weder Gespräche mit dem Ministerium geführt, noch sonst einen Austausch gehabt. Von dem her, was in dem Schreiben drinnen steht, akzeptiere ich das natürlich so, wenn man mir sagt: Das wurde geprüft.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ist dieser vorgelegte Fall des Weisungsrates eigentlich ein ganz üblicher oder ist das eine besondere Herangehensweise des Ministeriums oder ist das ein Fall wie jeder andere auch, den Sie in Ihrer Erfahrung, in Ihrer sehr weitreichenden Erfahrung auch schon mitbekommen haben? Gab es irgendwelche Besonderheiten oder ist das eine 0815-Causa?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Also 0815 ist es wohl nicht durch die betroffenen Personen, aber von der - -

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich rede jetzt von der Vorgehensweise.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Von der Vorgehensweise her habe ich persönlich keine Wahrnehmungen über Besonderheiten. Ich darf vielleicht kurz sagen, wie die Arbeit für mich überhaupt beim Weisungsrat beginnt, um das zu erklären, warum ich da eigentlich das wie jeden anderen Fall empfunden habe.

Ich bekomme als Weisungsratsmitglied vonseiten unseres Vorsitzenden die Weisungsratsakten zugestellt, das heißt, ich bekomme den Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft, die Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft, den begründeten Erledigungsentwurf des Bundesministeriums und allenfalls begleitende Dokumente, die wichtig zum Verständnis sind. Wenn das zugestellt ist, beginnt meine Arbeit. Für den konkreten Fall gesagt: Dieser Akt hat genau so ausgesehen wie andere Akten auch, die ich in anderen Causen bekommen habe – also insofern keine Wahrnehmung zu Besonderheiten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Noch einmal zur Klarstellung, weil das ja auch politisch immer Thema ist: Eine neuerliche Befassung des Weisungsrates wäre gesetzlich – wie Sie vorher schon gesagt haben, ich möchte das nur noch einmal konkretisieren – nicht vorgesehen gewesen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Eine verpflichtende neuerliche Vorlage in derselben Sache ist nicht vorgesehen, wobei ich noch zum Begriff „derselben Sache“ etwas sagen darf, wie ich das jetzt in meiner Wortmeldung verstehe: Mit „derselben Sache“ meine ich wirklich den Entscheidungsvorgang, der gerade ansteht, also die Entscheidung über den Strafantrag. Mit „derselben Sache“ meine ich nicht dasselbe Verfahren, weil das natürlich, wenn es irgendeine gerichtliche Entscheidung dann nachfolgend gibt und sich vielleicht die Frage nach dem Rechtsmittel stellt, dann klarerweise eine neuerliche Befassung ist, die auch zwingend wäre.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): In dem Fall war das ja nicht so.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: In dem Fall war es nicht so, in dem Fall war es wirklich dieselbe Sache im engsten Sinn des Wortes.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es wäre ja in § 9 StPO vielleicht auch ein Beschleunigungsgebot gegeben. Wäre das aus Ihrer Sicht geboten gewesen, dass man hier auch relativ schnell entscheidet?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Man sollte in Strafverfahren immer sehr schnell entscheiden, daher auch hier. Im Übrigen bemüht sich auch der Weisungsrat darum. Sie werden vielleicht schon wissen, dass wir versuchen, im Schnitt alle drei Wochen Sitzungen abzuhalten, um eben keinen Verzögerungsfaktor zu bilden, gerade eben wegen der angesprochenen Bestimmung des § 9 StPO, aber natürlich insgesamt wegen des fairen Verfahrens, das ja auch in Bezug auf die Verfahrensdauer einen wichtigen Ausprägungsaspekt hat.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich springe noch ganz kurz. Es ist wirklich sehr schwierig, Fragen zu finden. Also danke einmal für die Erläuterungen. (Die Auskunftsperson nickt.) Ich glaube, die haben schon sehr viel geholfen, ein bisschen Licht in die Tatsachen zu bringen. Jetzt weg von der politischen Bühne, dass da ein großer Skandal dahintersteckt: Ich glaube, da ist sehr gute Arbeit geleistet worden, einerseits vom Weisungsrat und andererseits, dass hier relativ schnell das Verfahren abgewickelt worden ist.

Vielleicht noch ganz kurz zu Pilnacek und zu der Weiterbestellungskommission: Haben Sie Wahrnehmungen, wie Frau Aicher in die Weiterbestellungskommission gekommen ist?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Nein, das weiß ich nicht. Nachdem ich abgelehnt habe, war die Geschichte gewissermaßen – wenn ich das so salopp sagen darf – für mich zu Ende.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Kennen Sie Herrn Pilnacek persönlich, außer von dem Vortrag?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ja, natürlich kenne ich ihn persönlich, wir haben Lehrveranstaltungen zum Beispiel gemeinsam gemacht, also – no na – kenne ich ihn persönlich, das lässt sich, würde ich fast sagen, wenn man in dem Bereich arbeitet, auch nicht vermeiden, dass man sich persönlich kennt und viele Menschen persönlich kennt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Frau Aicher?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Frau Aicher kenne ich natürlich auch persönlich, klar.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Okay.

Haben Sie Wahrnehmungen, wie sich die beiden, Pilnacek und Aicher, kennen? Ich versuche, die Fragen herauszuholen, aber ich lasse Sie gleich in Ruhe.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Kein Problem. Also wahrnehmend kann ich dazu sagen, dass ich die beiden auf Veranstaltungen gemeinsam getroffen habe. Inwieweit sie sich sonst kennen, verstehen, dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Frau Professorin, vielen Dank, ich habe keine weiteren Fragen mehr. Vielen Dank für Ihre Arbeit auch im Weisungsrat, für die professionelle Abwicklung. Vielen Dank.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Gerne.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Dr.in Krisper. – Bitte schön.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Professorin! Von unserer Seite hat eigentlich insbesondere die Verfahrensrichterin schon die überschaubare Anzahl an Fragen gestellt, die uns interessiert hätten. Ich möchte deswegen nur positiv bemerken, dass es herausstechend positiv für uns ist, dass jemand eine Befangenheit wahrnimmt, nur weil halt jemand eine Lehrveranstaltung gemeinsam geleitet hat. Ich würde mir das sehr oft in heiklen Situationen und Entscheidungsverantwortlichkeiten wünschen, insbesondere – in den Fällen zu Pilnacek und Fuchs – von Personen, die dann doch entschieden haben, sie sehen keine Befangenheit bei sich, und hier dienstrechtlich, disziplinarrechtlich oder in sonstiger Form entscheiden.

Vielen Dank, dass Sie das so sensibel wahrgenommen haben und entsprechend entschieden haben.– Danke sehr. (Die Auskunftsperson nickt.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Das geht ja flott heute. Herr Dr. Stocker. – Bitte schön.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Frau Universitätsprofessorin, vielen Dank für die Ausführungen, auch zur raschen Entscheidung. Wir würden uns wünschen, dass das in allen Teilen der Justiz, vor allem bei allen Ermittlungsbehörden, gleich gesehen und auch gleich gehandhabt würde.

Ich komme ein wenig noch zum Weisungsrat. Sie haben gesagt: vom Bundespräsidenten bestellt. – Für wie lange?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das Gesetz sieht eine Dauer von sieben Jahren vor, ohne Möglichkeit der Wiederbestellung. Das heißt, ich gehe davon aus, dass meine Funktionsperiode mit Ablauf des Jahres endet. Die einzige Ausnahme für eine Verlängerung, die das Gesetz kennt, ist, wenn neue, weitere Mitglieder des Weisungsrates noch nicht ernannt sein sollten.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wie viele Fälle werden vom Weisungsrat pro Jahr behandelt?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das sind üblicherweise knapp unter 200, also es schwankt immer ein bisschen, aber 170, 180, 190, glaube ich, sind so die häufigsten Jahre. Ein Jahr, das ein bisschen hervorsticht, ist 2019 mit ungefähr 290 Fällen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Worauf beruht diese Häufung?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das kann ich Ihnen leider auch nicht erklären, worauf das zurückgeht. Die Vorlageentscheidung trifft ja der jeweilige Minister, die jeweilige Ministerin nach der gesetzlichen Vorgabe. Insofern kann ich jetzt schwer erklären, was da los war, warum es so viele Vorlagen gab. Das Einzige – das trifft allerdings alle Jahre im Weisungsrat –, was wirklich auffällt, ist, dass eine enorme Häufung an Vorlagen in der Kategorie der Vorlagepflicht besteht, wo die Vorlagepflicht aufgrund besonderen öffentlichen Interesses begründet wird, und das wird wieder durch eine überregionale mediale Berichterstattung als eine Möglichkeit erklärt. Da sieht man, das ist wirklich die größte Zahl der Vorlagefälle, da reden wir von zwei Drittel der Fälle aufwärts, gegründet auf diese Kategorie.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen bei den Behandlungen im Weisungsrat, in welchem Umfang oder durchschnittlich bei wie vielen Fällen – in Prozent oder in Zahlen genannt – Bedenken hinsichtlich der vorgelegten gewünschten Vorgangsweise bestehen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das kann ich Ihnen jetzt nicht verlässlich in Prozent sagen, da müsste ich jetzt wirklich meine Erledigungen noch einmal durchgehen. In etwa, würde ich einmal schätzen, bei um die 20 Prozent sagen wir etwas dazu; das heißt nicht, dass das Bedenken sein müssen. Insofern muss ich Sie um Verständnis bitten, dass ich das jetzt erheben müsste, wo es bloße Hinweise gibt und wo es echte Bedenken gibt. Hinweise können nämlich zum Beispiel auch die Bearbeitungsdauer betreffen. Da fühlen wir uns auch berufen zu sagen: Bitte, schaut auf die Beschleunigung!, weil das ja auch ein wichtiges Verfahrensrecht ist. Aber alles zusammengenommen, wo wir irgendetwas dazu sagen – außer, dass wir einverstanden sind –, würde ich so auf die 20 Prozent schätzen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Bleiben wir kurz bei diesen Hinweisen zur Verfahrensdauer: Hat es da eine Häufung in den letzten Jahren gegeben?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das ist schwer zu sagen, so etwas kommt immer wieder einmal vor. Ich würde jetzt meiner persönlichen Einschätzung nach aber nicht sagen, dass das ein strukturelles Problem ist, das sich in bestimmten Jahren häuft. Da kann es verschiedene Ursachen geben. Die Abteilungen sind ja personell nicht weiß Gott wie gut besetzt, die auch mit den Vorlagen an den Weisungsrat zu tun haben. Wenn da irgendwelche anderen Anfragen sind, kann es sich auch einmal stauen, ja.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Kommen wir zu dem Strafantrag gegen den Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, der hier vor allem von Interesse ist. Wir wissen, dieser Strafantrag wurde von Oberstaatsanwalt Schmid-Grimburg gemacht, von jemandem, der von Wien nach Innsbruck dienstzugeteilt wurde, weil – wie wir gestern gehört haben – die Staatsanwaltschaft Wien strukturell befangen gewesen wäre, nämlich alle Mitarbeiter – interessanterweise der offensichtlich nicht, weil er zugeteilt wurde, dann macht er diesen Strafantrag.

Jetzt wurde dieser Strafantrag vom Weisungsrat aus meiner Sicht sehr umfassend kritisiert, nämlich de facto bei jedem Faktum. Ist das eine Ausnahme oder kommt das häufig vor, dass ein Strafantrag in jedem einzelnen Faktum mit Bedenken des Weisungsrates versehen wird?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Es kommt ja an sich schon nicht sehr häufig vor, dass wir Bedenken haben, wie ich schon ausgeführt habe. Ich überlege jetzt gerade und krame in meiner Erinnerung: Ich könnte Ihnen zur Häufigkeit der gewissermaßen durchgängigen Bedenkensanmeldung jetzt keine belastbaren Informationen geben, ich weiß es schlicht nicht mehr, ob sich Bedenken typischerweise gegen einen Punkt oder gleich gegen mehrere richten. Meiner Erinnerung nach kommt sowohl das eine wie auch das andere vor – oder besser gesagt: kam in der Vergangenheit vor.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Bei diesem Strafantrag, habe ich aber der Äußerung entnommen, hat es zu jedem einzelnen Punkt Bedenken gegeben. Ist das richtig?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das ist richtig, ja.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Kommen wir kurz zu diesen Bedenken: Sie haben sie im Hinblick auf § 310 schon ausgeführt, da geht es vor allem um die Frage, inwieweit jemand, der für die Strafsektion Legistik zuständig ist, nicht auch Einsichtsrechte hat. Sie haben ausgeführt, dass das durchaus auch gegeben sein könnte und dann noch bei dem, dem der Vorwurf gemacht wird, dass er nämlich gewusst hat, dass die Einsicht nicht gegeben war, die Wissentlichkeit geprüft werden müsste. Da haben Sie Bedenken rechtlicher Natur gehabt.

Wenn ich mir aber das zweite Faktum, diese falsche Beweisaussage, ansehe, dann lese ich – ich darf Ihnen noch einmal das Dokument mit der Endnummer 233 zeigen –auf Seite 3 Ihrer Äußerung – ich nehme an, Sie kennen sie ohnehin gut genug; ich habe jetzt die Seitenanzahl nicht so genau, weil die bei mir anders bezeichnet ist –, in der Mitte: „Gegen die Beweiswürdigung bestehen erhebliche Bedenken, sie ist unvollständig“. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dann lese ich ganz unten, im letzten Absatz eine Äußerung des Weisungsrates: „Nach diesen Beweisumständen ist die Begründungspassage, die Verantwortung des Beschuldigten sei eine Schutzbehauptung [...] völlig lebensfremd“ - -

Aus meiner Sicht sind das doch sehr vehemente Kritikpunkte. Aufgrund welcher Wahrnehmungen sind Sie zu dieser vehementen Kritik – die man ja so selten liest, muss ich sagen, auch in anderen Äußerungen – gekommen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Na ja, der Strafantragsentwurf hat ja, wie Sie jetzt auch referiert haben, die Worte verwendet, dass die Verantwortung „eine Schutzbehauptung und völlig lebensfremd“ sei, und für uns war das schlicht nicht nachvollziehbar. Wenn jemand sagt, er habe zu einem bestimmten Punkt etwas ausgesagt und habe daher nicht wahrgenommen, dass es eigentlich um etwas anderes geht – Sie wissen, das war die Diskussion: Ist das jetzt Untersuchungsgegenstand oder nicht? –, dass man in so einer durchaus auch länger andauernden Befragung dann die Bezüge vielleicht nicht mehr richtig herstellt, dass das als völlig lebensfremd abgetan wird, das war für uns im Strafantrag einfach nicht ausreichend begründet, und damit kam es zu dieser Feststellung, dass das nicht nachvollziehbar war.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Jetzt haben Sie gesagt, eine nochmalige Vorlage ist nur bei bestimmten Umständen oder in bestimmten Fällen vorgesehen. Wenn ich Ihnen jetzt das Dokument mit der Endnummer 236 noch einmal vorhalten darf – die Frau Verfahrensrichterin ist schon darauf eingegangen –, da steht im vorletzten Absatz auf Seite 5 von 25 – steht bei mir oben –: „Aufgrund der nunmehr beabsichtigten Weisungserteilung nahm die Abt“ – Abteilung – „V 2 in Aussicht, den neuen Erledigungsvorschlag dem WR“ – Weisungsrat – „gemäß“ so und so „vorzulegen.“ (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Ist das ein Umstand – eine beabsichtigte Weisungserteilung –, der eine nochmalige Vorlage indizieren würde?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ich muss gestehen, ich war kurz abgelenkt, weil ich verzweifelt die richtige Seite gesucht und noch nicht gefunden habe.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Es ist, wenn Sie das Dokument nehmen – die ersten beiden Blätter, wo es nur um Erledigungsdinge geht, überblättern –, gleich auf der ersten Seite, wo der Text beginnt.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Danke, gefunden. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Dazu kann ich eigentlich nichts sagen. Das ist die Entscheidung, wie ich schon vorhin gesagt habe, des Bundesministers, der Bundesministerin, ob sie vorlegen will oder nicht. Ich werde dann mit der Tatsache konfrontiert, dass allenfalls noch einmal vorgelegt worden ist oder eben nicht. Ob das üblich ist oder nicht, dazu kann ich eigentlich nix sagen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, wie oft es zu Weisungserteilungen im Zusammenhang mit dem Weisungsrat durch das Bundesministerium kommt?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Nein.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Nein, weil das die erste wäre, oder nein, weil Sie es grundsätzlich nicht wissen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Nein, weil ich es grundsätzlich nicht weiß. Was in unseren Akten sein kann, ist, dass irgendwo natürlich drinnen steht: Aufgrund - - – Also das ist sogar relativ häufig, insofern muss ich jetzt mein Nein relativieren, um keinen falschen Eindruck bei Ihnen zu erwecken.

Es gibt für den Erledigungsvorschlag des Bundesministeriums ein Referat in einem Akt, das auch wir bekommen. Am Ende dieses Referats wird üblicherweise die Sachentscheidung, also die beabsichtigte Erledigung zusammengefasst, und ab und an kommt dort auch eine Erwägung vor, ob der Weisungsrat zu befassen ist und wenn ja, nach welcher Kategorie. Also so etwas kenne ich natürlich schon, das hätte ich jetzt aber nicht als Weisung verstanden in Ihrer Frage, so wie Sie da auf diesen konkreten Fall abzielen.

Für so konkrete Dinge, wo eigentlich nicht schon aus dem Referat ersichtlich ist, dass das ein Fall für den Weisungsrat wäre – oder anders gesagt: dass man erwägt, vorzulegen, und dann doch nicht vorlegt aufgrund einer Weisung –, dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Jetzt haben Sie gesagt, dieses Überprüfungsergebnis wurde Ihnen durch das Ministerium zur Information zugestellt. Haben Sie es sich dann angesehen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ja, natürlich. (Abg. Stocker: Ich frage ja nur!) – Ja.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Und zu welchem Schluss sind Sie gekommen? Welche Wahrnehmungen haben Sie zu dieser Überprüfung?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ich habe die persönliche Wahrnehmung dazu, dass unsere Bedenken, die wir geäußert haben, natürlich im Ministerium angekommen sind, dass man eine Überprüfung in diesen Punkten durchgeführt hat. Nach der Information, die ich bekommen habe, hat man ja auch einzelnen Punkten entsprochen und insofern den Strafantrag konkretisiert beziehungsweise auch eingeschränkt.

Was den zweiten Teil angeht, also die Geschichte mit den Falschaussagen, da habe ich auch den Eindruck gehabt, es wurde überprüft, aber eben anders gesehen, als wir das gesehen haben, was per se für mich jetzt auch noch nichts aussagt, weil, wie ich ja vorhin auch schon ausgeführt habe: Wir haben einen Teil aus dem Akt und nicht den gesamten Akt zur Überprüfung, insofern kann ich jetzt zu dem, was dann vielleicht zusätzlich noch an Beweismaterial vorhanden war, nichts sagen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Kommen wir noch zur Überprüfung der Verurteilungswahrscheinlichkeit: mehr als 50 Prozent. Anhand welcher Kriterien prüft der Weisungsrat diese Verurteilungswahrscheinlichkeit?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Wir prüfen das anhand einerseits natürlich des vorliegenden Strafantrages beziehungsweise der Anklageschrift – je nachdem, um was es geht, hier also des Strafantrages. Es geht um rechtliche Kriterien, das heißt, ob aus unserer Sicht gesehen der Sachverhalt, der hier zur Anklage gebracht werden soll, in einer rechtlich richtigen Subsumtion durchgeführt worden ist, soll heißen: ob die Tatbestandsmerkmale zutreffen, ob es keine Strafverfolgungshindernisse und so weiter gibt.

Der zweite Aspekt dieser Überprüfung ist natürlich die Überprüfung der Beweiswürdigung, wobei das Prüfkalkül für die Beweiswürdigung aufgrund der gesetzlichen Vorgabe sehr viel beschränkter ist. Ein Eingreifen im Weisungsweg ist für das Ministerium nur möglich, wenn es erhebliche Bedenken gegen die Würdigung gibt, und dieser Maßstab ist auch auf den Weisungsrat anzuwenden, weil wir natürlich das Beratungsorgan für die Bundesministerin, den Bundesminister sind.

Das heißt, auf der Sachverhaltsebene, auf der Beweisebene geht es um das Kriterium, ob es mit Blick auf das vorgeworfene Verhalten in der Untermauerung, in der Beweisbarkeit dieses Verhaltens erhebliche Bedenken gibt, erhebliche Widersprüchlichkeiten gibt, Unvollständigkeiten gibt, fehlende Begründungen gibt; das sind so die Knackpunkte dafür.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Wenn ich die Äußerung richtig gelesen habe, sind all diese Punkte von Ihnen in der Äußerung als Mangel angeführt. Ist das richtig?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das ist richtig und deshalb haben wir auch die Überprüfung empfohlen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Welcher Teil aus dem Strafantrag wurde dann herausgenommen, haben Sie da Wahrnehmungen dazu?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ja, die habe ich. Verzeihen Sie, ich habe ganz kurz eine Zwischenfrage an meine Verfahrensanwältin. Ich weiß nicht, ob das öffentlich bekannt ist, was verändert wurde, und ich weiß daher nicht, ob ich es sagen darf. (Abg. Stocker: Doch, es ist bekannt! – Die Auskunftsperson berät sich mit der Verfahrensanwältin.)

Gut, wenn das bekannt ist, dann, ja, ich habe Wahrnehmungen, natürlich, dazu, wie ich vorhin schon gesagt habe. Es wurde der Vorwurf, dass eine Gerichtsentscheidung an den Sektionschef mitgeteilt worden sein soll, aus dem Strafantrag entfernt.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Danke schön. In dieser Runde habe ich keine weiteren Fragen.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Gerne, danke.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte schön.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja, es sind schon fast alle Fragen gestellt, aber eine hätte ich noch: das Dokument 497625, das ist ein E-Mail vom 1. August 2019, das sich Herr Pilnacek selber sendet, und im Anhang ist eine Entscheidung des Weisungsrates, wo Sie auch namentlich angeführt sind, aus dem Jahr 2016 betreffend Benko. (Die Auskunftsperson blättert in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Also ich sage einmal: Ein paar Wochen nach Erscheinen des Ibizavideos schickt er sich selber diese alte Entscheidung.

Haben Sie Wahrnehmungen dazu? Hat er Sie darauf angesprochen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Nein. Ich habe keine Wahrnehmungen dazu und habe mich auch nicht darüber unterhalten.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Ja, sonst fällt mir jetzt ad hoc ehrlich gesagt keine Frage ein, die nicht schon gestellt wurde.

Gibt es noch irgendetwas, was Sie ergänzen wollen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Nein, danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gibt es noch irgendetwas, was Sie zum Untersuchungsausschuss oder zum Untersuchungsgegenstand sagen wollen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Nein, danke.

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay, dann vielen Dank fürs Kommen.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Gerne.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Das ist eine Frage, die ich noch nie gehört habe, die aber interessant ist.

Herr Abgeordneter Hafenecker? – Hat auch keine Fragen.

Herr Abgeordneter Stögmüller, haben Sie noch Fragen an die Auskunftsperson?

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Nein, vielen Dank. Auch wenn, wie ich jetzt bei Herrn Kollegen Hanger mitbekommen habe, noch immer nicht ganz angekommen ist, wie das Ganze mit der Weisung abgelaufen ist, sage ich vielen Dank für die Aufklärung, im Protokoll steht’s, also im Weisungsrat. Vielen Dank für Ihre Auskunft.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Dr.in Krisper hat auch keine Fragen.

Herr Dr. Stocker, Sie, glaube ich, haben noch Fragen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Ich habe nur mehr zwei ergänzende Fragen, und zwar: Fallen die Entscheidungen des Weisungsrates einstimmig oder sind das Mehrheitsentscheidungen?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Im größten Teil der Fälle sind das einstimmige Entscheidungen, wobei ich bitte nur für meine Besetzung sprechen kann. Es kommt immer wieder vor, dass ich mich vertreten lassen muss – wegen Befangenheitsgründen oder weil ich im Urlaub bin oder solche Dinge, also die üblichen halt –, darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben, weil ich diese Entscheidungen des Weisungsrates auch gar nicht bekomme, weil ich eben mit den Fällen nicht befasst bin.

In meiner Besetzung ist der weit überwiegende Teil einstimmig, ab und an gibt’s auch mehrstimmige Entscheidungen.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Im gegenständlichen Fall, bei diesem Strafantrag war es eine einstimmige Entscheidung?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Das war eine einstimmige Entscheidung.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Letzte Frage abschließend: Ist allen Bedenken des Weisungsrates aus der Äußerung zum Strafantrag in der Folge durch das Bundesministerium für Justiz Rechnung getragen worden?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Meiner persönlichen Wahrnehmung nach schon. Wir haben die verschiedenen Dinge ja zur Überprüfung zur Erwägung gestellt und die Überprüfung empfohlen. Nach der Information, die ich bekommen habe, hat diese Überprüfung glaubhaftermaßen stattgefunden, und insofern würde ich sagen: Ja.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Das heißt, im Sinne einer Überprüfung ist Rechnung getragen worden. Inhaltlich – haben Sie dazu eine Wahrnehmung?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: In Anbetracht der Tatsache, dass abgesehen von dem einen Punkt, über den wir ja schon gesprochen haben, der aus dem Strafantrag ausgeklammert worden ist, der restliche Strafantrag mehr oder weniger – gerade in Präzisierungen, aber mehr oder weniger – offenbar unverändert geblieben ist, hat sich inhaltlich nichts verändert.

Ob das jetzt bedeutet, dass man unseren Bedenken nicht Rechnung getragen hat, ist eine diffizilere Frage, denn die Bedenken können ja durchaus auch dadurch ausgeräumt sein, dass man sich etwas noch einmal anschaut und zum Ergebnis kommt: Wir haben genug Material, um diese Bedenken auszuräumen und klarzustellen!, wie zum Beispiel die Zuständigkeitsfrage, die ein Punkt war, oder eben die Beweiswürdigung bei der Falschaussage; also insofern muss ich da ein bisschen differenzieren.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Das ist natürlich eine abstrakte Möglichkeit, aber ich darf festhalten, inhaltlich hat sich der Strafantrag im Wesentlichen nicht verändert, und bedanke mich für Ihre Ausführungen.

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Gerne.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Krainer hat, glaube ich, keine Fragen mehr. Ich erspare mir die Frage nach einer weiteren Runde.

Da aber nun die nach der Verfahrensordnung vorgesehene Befragungsdauer noch nicht erschöpft ist, frage ich die Verfahrensrichterin, ob sie noch Fragen an die Auskunftsperson richten will.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich gehe davon aus, zum allseitigen Erstaunen: Es ist mir noch eine Frage eingefallen. Darf ich bitte noch einmal um das Dokument 479236 bitten.

Ich bitte Sie, sich Seite 5 noch einmal anzusehen, diesen vorletzten Absatz: Sie haben vorhin ausgeführt, dass es keine gesetzliche Grundlage gibt, den Weisungsrat ein zweites Mal zu befassen, generell, und ich muss das jetzt – wenn ich darf – rechtlich noch einmal ein bisschen mit Ihnen hinterfragen. In § 29c Abs. 1 steht: „Der Bundesminister für Justiz hat dem Weisungsrat“ unter bestimmten Voraussetzungen „vorzulegen“; eine dieser Voraussetzungen ist laut Ziffer 1: „wenn eine Weisung zur Sachbehandlung in einem bestimmten Verfahren [...] erteilt werden soll“.

Ursprünglich, beim ersten Mal ist der Strafantrag nach Ziffer 3 vorgelegt worden, weil es sich nämlich um eine Angelegenheit von besonderem öffentlichen Interesse gehandelt hat. Die Abteilung V 2 hat nach den Bedenken des Weisungsrates und nach der Überprüfung an und für sich vorgesehen gehabt oder beabsichtigt gehabt – nach diesem letzten Absatz –, es noch einmal vorzulegen, weil eben eine Weisungserteilung vorgesehen war und nunmehr auch Ziffer 1 zum Tragen gekommen ist, die vorher ja nicht zum Tragen gekommen war.

Wäre das dann nicht doch ein Fall, dass es eine Vorlagepflicht gegeben hätte?

Dr. Susanne Reindl-Krauskopf: Ich darf noch einmal festhalten: Ich sehe keine gesetzliche Verpflichtung zur neuerlichen Vorlage. Der Gesetzgeber hat offenbar auch an solche Fälle gar nicht gedacht, dass sich das Problem stellen könnte. Ich glaube auch nicht, dass das - -, aber da spreche ich jetzt bitte eher als Strafrechtswissenschaftlerin als Weisungsratsmitglied, wobei das in Personalunion natürlich schwierig ist, das wieder auseinanderzudröseln. Aus der strafrechtlichen Sicht würde ich sagen, dass es kein Widerspruch ist, hier nicht noch einmal vorzulegen.

Wenn man den Bedenken des Weisungsrates nicht nur durch Überprüfung, sondern auch durch inhaltliche Änderung – die Sie, Herr Abgeordneter, ja angesprochen haben – Rechnung getragen hätte, wäre das ja auch schon auf eine Weisung in der Sache, also Weisung zur Sachbehandlung hinausgelaufen, obwohl ursprünglich nach Ziffer 3 vorgelegt worden ist, und auch in so einem Fall legt man natürlich nicht noch einmal vor, sondern tut dann einfach – also sprich: formuliert den entsprechenden Erlass, die Weisung an die Oberstaatsanwaltschaft –; insofern sehe ich da keinen Widerspruch und keine zwingende neue Vorlegungspflicht.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Vielen Dank. Das war für mich nur zur Klärung interessant. – Danke schön.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Da keine weiteren Fragen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson Dr. Susanne Reindl-Krauskopf für beendet und bedanke mich sehr für ihr Erscheinen.