523/KOMM XXVII. GP

 

Kommuniqué

des Untersuchungsausschusses betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen
ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)
(4/US XXVII.GP)

Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr.in Sarah Böhler in der 19. Sitzung vom 25. Mai 2022

Der Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 22. Sitzung am 22. Juni 2022 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VO­UA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr.in Sarah Böhler zu veröffentlichen. Einwendungen oder Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA sind nicht eingelangt. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.

Wien, 2022 06 22

                  Mag. Corinna Scharzenberger                                          Mag. Wolfgang Sobotka

                                    Schriftführerin                                                                        Vorsitzender


 

Untersuchungsausschuss

betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder
(ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)


Stenographisches Protokoll

 

19. Sitzung/medienöffentlich

 

Mittwoch, 25. Mai 2022

 

XXVII. Gesetzgebungsperiode

Gesamtdauer der 19. Sitzung
9.03 Uhr – 18.56 Uhr

 

Camineum

Befragung der Auskunftsperson Dr. Sarah Böhler

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich darf sehr herzlich die Auskunftsperson, Frau Dr. Sarah Böhler, und ihre Vertrauensperson, Mag. Xenia Köck, begrüßen. Ich habe Personaldatenblätter hier vorliegen, von deren Richtigkeit ich natürlich ausgehe, und ich darf Sie in folgender Weise belehren:

Frau Dr. Böhler, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder als Auskunftsperson zu den Themen Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit sowie Begünstigung bei der Personalauswahl angehört. Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten, und ich weise Sie auf diese schriftliche Belehrung hin.

Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann vor Gericht mit Freiheitsstrafe gemäß § 288 Abs. 3 StGB bis zu drei Jahren geahndet werden.

Es besteht vor dem Untersuchungsausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung wären anzugeben und über Verlangen glaubhaft zu machen.

Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.

Dem Untersuchungsausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Urkunden und Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von der Vertrauensperson an sich genommen werden, und weder Sie noch Ihre Vertrauensperson dürfen davon Kopien, Notizen oder Auszüge anfertigen.

Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.

In der Weise darf ich mich auch an Frau Mag. Köck wenden und auch Sie über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage belehren. Auch eine allfällige Mittäterschaft an einer vorsätzlich falschen Aussage vor dem Untersuchungsausschuss kann gemäß § 288 Abs. 3 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz.

Die Auskunftsperson kann Sie als Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen, und Sie können sich mit der Auskunftsperson ohne zeitliche Beschränkung beraten. Die Auskunftsperson darf dabei jedoch nicht bei der Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflusst oder gar daran gehindert werden.

Sie selbst sind nicht berechtigt, das Wort im Untersuchungsausschuss zu ergreifen. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder bei Eingriffen in die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson steht es Ihnen frei, sich unmittelbar an mich als Verfahrensrichterin oder an die Verfahrensanwältin zu wenden. – Vielen Dank.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Besten Dank, Frau Verfahrensrichterin.

Frau Dr. Böhler, Sie haben als Auskunftsperson das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die 20 Minuten nicht überschreiten soll. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen?

Dr. Sarah Böhler: Nein, danke.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Besten Dank.

Dann ersuche ich die Frau Verfahrensrichterin um die Durchführung der Erstbefragung. – Bitte schön.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Frau Dr. Böhler, würden Sie uns dann bitte einleitend kurz Ihre Position, Ihre Tätigkeit, die eben offenbar auch im Zusammenhang mit Fragen des Untersuchungsausschusses stehen könnten, darstellen?

Dr. Sarah Böhler: Gerne, Frau Verfahrensrichterin. Ich arbeite seit Jänner 2020 im Justizministerium und hatte zunächst die Position der stellvertretenden Kabinettschefin inne. Kabinettschef war zu dieser Zeit Thomas Sperlich. Ab Oktober 2021 war ich dann Kabinettschefin.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Darf ich kurz fragen, ob Sie vorher auch entweder politisch oder im Bundesministerium irgendwelche Tätigkeiten ausgeführt haben?

Dr. Sarah Böhler: Vor dieser Zeit habe ich für die Grünen an den Regierungsverhandlungen teilgenommen. Diese Tätigkeit begann Anfang beziehungsweise Mitte November 2019. Davor war ich Mitarbeiterin, Klubreferentin im Parlamentsklub JETZT und dort zuständig für die Koordinierung der zwei damals laufenden U-Ausschüsse, und vor dieser Tätigkeit war ich Rechtsanwaltsanwärterin.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Vielen Dank.

Dann darf ich gleich sozusagen mitten in meine Fragestellung, zur Sache kommen. Ich möchte mich auch relativ kurz halten und nur noch Fragen stellen, die jetzt den ohnehin schon sehr lange und ausführlich besprochenen Konflikt der WKStA mit der OStA zum Inhalt haben. Eine Frage noch – wir haben jetzt schon gehört –: Ist Ihnen die Dreitagesberichtspflicht bekannt, die die WKStA - -, oder auch die der Berichtspflichtenerlass beinhaltet hat, was der Grund für die Einführung und dann der Grund für die Wiederaufhebung gewesen ist?

Dr. Sarah Böhler: Ja, nach meinem Informationsstand war der Grund für die Einführung der Dreitagesberichtspflicht im Sprengel Wien – diese galt ja nur dort – die damalige BVT-Hausdurchsuchung. Ich muss aber dazusagen, dass das vor unserer Zeit im Justizministerium war, deshalb sind mir genauere Details dazu nicht bekannt. Sie wurde dann aufgehoben vom Herrn Vizekanzler, der in Vertretung Justizminister war. Es ist schon im Regierungsprogramm festgehalten, dass eine Reduktion der Berichtspflichten angestrebt wird – das war ein weiterer Schritt, um dieses Ziel zu erreichen.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Hat es dafür auch, abgesehen von - - Reduktion von Berichtspflichten klingt jetzt als ein sehr nachvollziehbarer formal begründeter Grund. Es ist jetzt nur so: Wenn die BVT-Hausdurchsuchung, die ja nach allem Wissensstand, den wir haben, nicht ganz glücklich verlaufen ist, zur Einführung dieser Berichtspflichten geführt hat, hat es dann auch inhaltliche, fachliche Überlegungen gegeben, warum es diese Dreitagesberichtspflicht jetzt dann doch nicht mehr braucht?

Dr. Sarah Böhler: Da muss ich jetzt kurz überlegen. Natürlich hat es fachliche Gründe dafür gegeben, wie ich vorher schon ausgeführt habe. Diese Berichtspflicht war ja auch ein Sonderfall, der nur im Sprengel Wien galt. Hier ist sozusagen auch wieder bundesweit eine einheitliche Regelung angestrebt worden.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Gut. Vielen Dank.

Dann habe ich nur mehr eine letzte Frage: Es hat einen Wechsel in der Dienstaufsicht gegeben, was die WKStA betrifft, dass diese dem Leitenden Oberstaatsanwalt entzogen werden soll. Da hat es – ich lege Ihnen gerne das Dokument vor, wenn Sie möchten – einen Vorschlag vom 3.12.2020 der Sektionschefin Göth-Flemmich gegeben. Sie hat ein diesbezügliches E-Mail mit einem Vorschlag an Sie übermittelt, der dann am 16. März umgesetzt wurde. Wie gesagt, ich lege es Ihnen gerne vor, wenn Sie es nicht haben und wenn Sie es möchten – oder können Sie auch ohne das einfach sagen: Was war in dieser Zeit? Was waren die Überlegungen in dieser Zeit? Und warum hat es sozusagen drei Monate gedauert, bis diese Entscheidung getroffen wurde?

Dr. Sarah Böhler: Ja, wenn Sie mir das E-Mail vielleicht kurz vorlegen.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Das ist das Dokument 3058 beziehungsweise auch 3059.

Haben Sie es am Bildschirm vorliegen? (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Sarah Böhler: Ja, also es hat zu dieser Zeit relativ viele Besprechungen zu dem Thema gegeben. Die überspannende Frage war immer, wie das Klima zwischen der Oberstaatsanwaltschaft Wien und der WKStA wieder verbessert werden kann und eine funktionierende Arbeitsbeziehung hergestellt werden kann. Wir sind ja ins Ministerium gekommen und der Konflikt war schon da. Zu Beginn war unser Ziel, diesen zu deeskalieren, um eben wieder eine professionelle Arbeitsbeziehung herzustellen. Dann kamen immer mehr neue Informationen hinzu, auch für uns im Kabinett, und neue – ja – neue Ereignisse, bis wir dann irgendwann zu dem Punkt gekommen sind, dass man gesehen hat, eine Deeskalation ist vielleicht nicht mehr ganz zielführend. Mit den Sicherstellungen, die dann im März 2021 stattgefunden haben, war dann klar, dass eine sofortige Reaktion notwendig ist, damit die Ermittlungsarbeit zügig und reibungslos vorangehen kann.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Vielen Dank.

Eine letzte Frage doch noch: Die Auskunftsperson Herr Csefan, Leiter der Soko Tape, hat uns mitgeteilt, dass es nach dem Entzug der Ermittlungsaufträge seitens der WKStA Gespräche gegeben hat. Er hat ja sozusagen die Vorwürfe jetzt persönlich recht entschieden zurückgewiesen, was seine Person betrifft. Können Sie uns sagen, ob diese Gespräche insoweit zu einem Ergebnis geführt haben, dass es da einen Kompromiss, eine weitere Zusammenarbeit gibt, oder wie der derzeitige Stand zwischen Soko Tape und WKStA sich darstellt? (Auskunftsperson und Vertrauensperson blättern in den Unterlagen.)

Dr. Sarah Böhler: Ja, sehr gerne. Also diese Gespräche haben stattgefunden, das ist richtig, nach meinem Wissensstand sowohl auf der Kabinettsebene als auch zwischen der Fachebene. Ich war bei diesen Gesprächen allerdings nicht anwesend, daher kann ich jetzt nicht im Detail dazu Auskunft geben. Nach meinem Wissensstand sind die Gespräche durchaus konstruktiv verlaufen, und es ist das Ziel sowohl des Innenministeriums als selbstverständlich auch des Justizministeriums, dass es hier eine reibungslose Zusammenarbeit gibt. Nach meinem Wissensstand – aber den habe ich nur aus den Medien – ist es aber so, dass die Soko Tape inzwischen aufgelöst wurde oder sich gerade in Auflösung befindet, daher stellt sich diese Frage nicht mehr. Und soweit ich auch weiß, wurde vereinbart, dass in Zukunft, soweit überhaupt noch kriminalpolizeiliche Tätigkeiten notwendig werden, diese vom BAK durchgeführt werden.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Vielen Dank.

Damit darf ich meine Erstbefragung auch schon beenden. – Danke.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Vielen Dank, Frau Verfahrensrichterin.

Die Redezeitvereinbarung ist Ihnen bekannt, und im Sinne dieser Redeordnung darf ich Herrn Abgeordneten Stögmüller um die Befragung ersuchen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Die Frau Verfahrensrichterin hat schon sehr viele meiner Fragen vorweggenommen. Auch ich begrüße Sie, Frau Dr. Böhler, bei uns im Untersuchungsausschuss.

Es geht – wir haben schon vorhin mit Frau Prof.in Reindl-Krauskopf mit diesem Thema begonnen – um den Weisungsrat. Inwieweit und wann waren Sie in diese Causa Strafantragseinbringung gegen Johann Fuchs irgendwie eingebunden?

Dr. Sarah Böhler: Grundsätzlich läuft das bei uns im Kabinett so, dass Akten, Strafakten an den zuständigen Strafrechtsreferenten im Elektronischen Akt übermittelt werden. Dieser prüft sie dann auch und informiert die Ministerin. Wenn es heiklere Akten sind, dann informiert er natürlich auch mich. Es gab diesbezüglich eben dann auch im Vorfeld Besprechungen zwischen der Ministerin, unserem Strafrechtsreferenten und mir.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das ist nach wie vor noch Herr Herbert Harammer?

Dr. Sarah Böhler: Richtig.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und warum wurde dann der Weisungsrat in dieser Causa auch mitbefasst oder damit befasst? Erfolgte die Entscheidung dafür dann im Kabinett?

Dr. Sarah Böhler: Da muss ich jetzt dazusagen, dass ich mich nicht mehr ganz genau erinnern kann, ob der Akt vor Befassung des Weisungsrats überhaupt bei uns war. Es hat sich grundsätzlich um eine fakultative Befassung des Weisungsrates gehandelt, die aus unserer Sicht aber durchaus sinnvoll war, und der Weisungsrat hatte Gelegenheit, eben zu dem Vorhaben Stellung zu nehmen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also – nur um das einzufangen – das heißt: Im Vorfeld wird das fachlich beurteilt und geht direkt an den Weisungsrat, ohne Kabinett sozusagen?

Dr. Sarah Böhler: Ja, in der Regel ist das so. Es gibt aber auch Ausnahmen, wo das Kabinett vorab befasst wird. Ganz genau kann ich dazu jetzt eben keine Auskunft geben, weil das im Tätigkeitsbereich unseres Strafrechtsreferenten liegt. Aber ja, es gibt Akten, die eben direkt von der Sektion - -, oder die meisten werden direkt von der Sektion an den Weisungsrat geschickt.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Jetzt war Herr Jirovsky, der Sachbearbeiter dazu, auch schon bei uns im Untersuchungsausschuss und hat auch schon gesagt, dass das auch inhaltlich ein sehr guter Strafantrag war. Haben Sie den im Vorfeld auch schon gesehen? (Zwischenruf bei der ÖVP. – Heiterkeit des Abg. Hanger.) – Hat er gesagt! Da braucht die ÖVP nicht zu lachen. (Ruf bei der ÖVP: Doch!) Die ÖVP findet sehr vieles lustig, aber trotzdem: Beamte und auch die Oberstaatsanwaltschaft und die Staatsanwaltschaft Innsbruck, die Oberstaatsanwaltschaft und auch ein Fachbeamter haben das als sehr guten Strafantrag gesehen.

Ist Ihnen der im Vorfeld nicht zugegangen?

Dr. Sarah Böhler: Meinen Sie jetzt mit Vorfeld: bevor er beim Weisungsrat war? – Nein, ich glaube nicht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ist Ihnen dann die Stellungnahme des Weisungsrates zugegangen?

Dr. Sarah Böhler: Wir haben das dann eben, wie gesagt, mit der Ministerin besprochen, unser Strafrechtsreferent und ich. Im Zuge dessen haben wir selbstverständlich auch die Äußerung des Weisungsrates besprochen, ja.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und inwiefern wurden die dann überprüft oder umgesetzt, die Empfehlungen?

Dr. Sarah Böhler: Es war so, dass der Weisungsrat eben seine Äußerung hatte. Er hat insbesondere empfohlen, dass die Akten noch einmal beigeschafft werden, um gewisse Punkte zu prüfen. Dass wurde von der Sektion auch gemacht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Vollumfänglich, so wie es der Weisungsrat auch gesagt hat und empfohlen hat?

Dr. Sarah Böhler: Soweit ich informiert bin, wurde allen Äußerungen entsprochen, lediglich hinsichtlich eines Faktums nicht.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Welches Faktums nicht?

Dr. Sarah Böhler: Wenn ich ganz richtig liege - -, ich kann Ihnen das jetzt aber nicht hundertprozentig sagen, aber es ging hier um die Beweiswürdigung. Ich glaube aber, dazu hat vorher gerade auch die Strafrechtsprofessorin Reindl-Krauskopf Auskunft gegeben.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Genau. Das hat sie gesagt.

Wie waren Sie in diese gesamte Causa eingebunden? Waren Sie da überhaupt eingebunden? Oder nur zu Informationszwecken?

Dr. Sarah Böhler: Wie gesagt, ich war nur im Nachhinein - - Nachdem die Äußerung des Weisungsrates kam, gab es eben diese Besprechung mit der Ministerin, darüber hinaus war ich nicht eingebunden; beziehungsweise muss ich jetzt konkretisieren, denn es gibt ja dann – das liegt Ihnen, glaube ich, auch vor – eine Einsichtsbemerkung unseres Strafrechtsreferenten im Akt: Diese kenne ich natürlich auch, denn die habe ich genehmigt. Ja, das ist aber auch ein völlig quasi normaler Vorgang innerhalb des Elektronischen Aktes.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Jetzt geht es ja um die neuerliche Befassung des Weisungsrates. Auch die Frau Professorin hat schon im Vorfeld gesagt, dass es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, hat das auch auf Nachfrage der Verfahrensrichterin noch einmal ganz klar konkretisiert, ob es jetzt Ziffer 1 oder Ziffer 3 ist. Also es gibt diesbezüglich keine rechtliche Verpflichtung, dem Weisungsrat das sozusagen noch einmal vorzulegen. Hat es hier auch eine rechtliche Beurteilung im BMJ gegeben, ob das noch einmal dem Weisungsrat vorgelegt werden soll, oder nicht? Oder wie wird da vorgegangen?

Dr. Sarah Böhler: Ja, also die zuständige Sektion wollte das Vorhaben noch einmal dem Weisungsrat vorlegen. Hier hat die Ministerin entschieden, dass die nochmalige Befassung des Weisungsrates unterbleiben kann. Das wurde eben, wie schon erwähnt, auch transparent mittels Einsichtsbemerkung im Elektronischen Akt kundgetan. Diese Einsichtsbemerkung liegt Ihnen, glaube ich, vor.

Folgende Gründe waren für diese Entscheidung ausschlaggebend: Es war eben zunächst schon keine obligatorische Befassung des Weisungsrates notwendig. Er hatte seinen Standpunkt bereits zum Ausdruck gebracht. Eine mehrmalige Befassung ist gesetzlich nicht vorgesehen und auch äußerst selten. In einem dieser Fälle, wo das eben passiert ist, hat ein Mitglied des Weisungsrates das sehr scharf kritisiert. Hinzu kam, dass wir ja eigentlich größtenteils sozusagen - -, die Sektion ja den Einwendungen des Weisungsrates entsprochen hat. Aus unserer Sicht war daher eine nochmalige Befassung des Weisungsrates schlicht nicht notwendig und würde auch der Transparenz schaden.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Und dass dieser Fall überhaupt in den Weisungsrat kommt, ist das eine fakultative Geschichte oder eine verpflichtende Geschichte in dieser Causa, bei Fall 3?

Dr. Sarah Böhler: Das ist fakultativ auf Entscheidung der Ministerin.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das heißt, die Ministerin hat bewusst entschieden, dass dieser Fall bei Fuchs überhaupt in den Weisungsrat kommt, und es wäre gar nicht verpflichtend gewesen, sondern sie hat selber gesagt, sie möchte, dass diese Causa Fuchs vom Weisungsrat auch noch einmal durchgesichtet wird?

Dr. Sarah Böhler: Das kann ich Ihnen jetzt nicht hundertprozentig sagen, weil es auch sein könnte, dass eben die Sektion das von sich aus gemacht hat. Da bin ich jetzt nicht hundertprozentig sicher; aber was definitiv so ist: dass es eine fakultative Befassung des Weisungsrates war.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Mhm, auch spannend. Das heißt, und dann ist es auch noch einmal fakultativ, ob man das dann in diesem Fall noch einmal vorlegt, ob man die Empfehlungen dann umgesetzt hat. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Abg. Hanger: Ja natürlich!) – Herr Hanger ist ja anscheinend doch Jurist, weil er da immer so reinschreit.

Gut, dann haben Sie schon sehr viel Licht in diese Causa gebracht. (Abg. Hanger: Das ist unglaublich!) Ich hoffe, es wird auch einmal so wahrgenommen.

Es gibt nicht so vieles, was man jetzt so großartig fragen kann, außer diese Causa.

Mich würde auch noch – weil das ja auch ein Thema ist, ich möchte das auch gleich vorwegnehmen – die Sonderauswertung im U-Ausschuss interessieren. Da gibt es ja immer wieder Diskussionen. Es ist ja sowohl seitens der Einsetzungsminderheit als auch seitens der ÖVP eine ganze Menge an Beweisanforderungen an das Justizministerium gekommen. Mich würde hier interessieren: Wie genau läuft dieser Prozess der Auswertung dieser Beweisanforderungen?

Dr. Sarah Böhler: Also die Auswertung von Zehntausenden Chatnachrichten, die wir ja jetzt für den Untersuchungsausschuss quasi vornehmen müssen, ist eine sehr herausfordernde Aufgabe, die eigentlich nur von den fallführenden StaatsanwältInnen durchgeführt werden kann, denn nur diese haben die nötige Aktenkenntnis, um auszuschließen, dass die Ermittlungen durch eine allfällige Vorlage nicht gefährdet werden.

Wir haben hier den Staatsanwaltschaften zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt, und wie Sie wissen gab es dazu auch Konsultationsverhandlungen, bei denen ich ja teilweise auch anwesend war, weil das Justizministerium immer auf dem Standpunkt - -, also zunächst auf dem Standpunkt gestanden ist – vor dem Ibizavideo –, wir haben nur jene Daten vorzulegen, die sich auch im Strafakt befinden. Das wurde mit diesem Judikat geändert, und dementsprechend gab es schon im Ibiza-U-Ausschuss diesbezügliche Konsultationsverfahren, in welcher Reihenfolge die Chats ausgewertet werden sollen.

Im noch laufenden – oder ich bin mir jetzt gar nicht sicher: ist es noch laufend? –, jedenfalls in dem Konsultationsverfahren zu den jetzigen Chatauswertungen gab es keine Einigung der Fraktionen, und wie ich informiert bin, hat die ÖVP ja hier auch zwei Anträge beim Verfassungsgerichtshof eingebracht, um diese Frage jetzt zu klären.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also es bräuchte eine Einigung der Fraktionen, damit man da auch eine Reihenfolge sozusagen der Auswertungsprioritäten festsetzen könnte, und die gibt es nicht?

Dr. Sarah Böhler: So ist nach meinem Wissensstand derzeit die Lage. Das Justizministerium hat daher momentan nur die Möglichkeit, nach dem objektiven Kriterium des Zeitpunkts des Einlangens des Antrags auszuwerten. Sollte der Untersuchungsausschuss uns eine andere Vorgabe machen, werden wir die selbstverständlich einhalten.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Also rein fachlich, nicht politisch.

Wie weit sind die Auswertungen aktuell? Haben Sie da vielleicht eine Übersicht?

Dr. Sarah Böhler: Dazu habe ich leider keine Übersicht und keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Können Sie für uns vielleicht kurz einschätzen, welche Ressourcen dabei gebunden werden? Ist das relativ groß oder - - (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Wir haben das in unserer Stellungnahme zu den VfGH-Anträgen sehr genau ausgeführt. Ich habe dazu jetzt keine - - Also ich möchte hier nichts Falsches sagen, ich kann Ihnen jetzt keine konkrete Zahl nennen. Vielleicht noch hinzugefügt: Eines der Probleme ist sozusagen: Wir haben zwar zusätzliche Ressourcen zugeteilt, aber wie ich schon ausgeführt habe, können immer nur die fallführenden Staatsanwälte überblicken, ob Ermittlungen gefährdet werden. Das nennen wir die sogenannte Flaschenhalsproblematik. Das heißt, auch wenn wir jetzt noch so viele zuteilen, die Auswertung muss immer durch einen der Staatsanwälte, die sich mit dem Verfahren sehr gut auskennen, überprüft werden.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Dann sozusagen noch einmal als Endkontrolle, dass alles in Ordnung ist?

Dr. Sarah Böhler: Ganz genau.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Sind Sie persönlich in den Vorgang irgendwie involviert? Also ist das Ministerium, sind Sie als Kabinettschefin persönlich involviert, welche Akten geliefert werden? Sehen Sie die im Vorfeld? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Also das Kabinett ist schon immer wieder involviert. Ich persönlich sehe aber im Vorfeld keine Akten, und das wird bei uns eigentlich auch von den MitarbeiterInnen gemacht. Also ich bin da selten involviert.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Es gibt ja auch in den Akten immer wieder auch bezüglich Persönlichkeitsrechten - -, oder auch Diskussionen in der Öffentlichkeit bezüglich Persönlichkeitsrechten. Werden die auch bestmöglich gewahrt? Da gibt es ja auch ein E-Mail von Ihnen an Frau Sektionschefin Göth-Flemmich, dass hier auch Gutachten – von Prof. Lewisch zum Beispiel – vonseiten der ÖVP übermittelt worden sind. Wie versucht das Ministerium, da auch die Persönlichkeitsrechte der Personen zu schützen?

Dr. Sarah Böhler: Es gibt hier ganz klare gesetzliche Grundlagen, und natürlich ist dem BMJ der Datenschutz und der Schutz der Persönlichkeitsrechte ein wichtiges Anliegen. Allerdings befreit das das vorlagepflichtige Organ nicht davon, Akten und Unterlagen vorzulegen. Grundsätzlich ist es so, dass diese eben entsprechend klassifiziert werden müssen, um eben den Persönlichkeitsschutz zu gewährleisten. Hier ist die entsprechende Rechtsgrundlage das InfOG. Das wird meines Wissens auch stets geprüft. Es kommt auch sehr selten vor, glaube ich, dass seitens des Justizministeriums Akten unklassifiziert vorgelegt werden. Wenn dann die Akten dem Untersuchungsausschuss übergeben werden, liegt es nicht mehr in der Hand des Justizministeriums, wie damit verfahren wird.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ein Punkt noch, zur Aufteilung der Sektionen: Waren Sie da involviert?

Dr. Sarah Böhler: Ja, da gab es im Vorfeld Gespräche mit der Ministerin, natürlich.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Wie ist das Arbeitsumfeld, seit die Aufteilung stattgefunden hat? Sind die Vorgänge vereinfacht worden, ist jetzt eine bessere Zusammenarbeit auch mit der WKStA und mit den Staatsanwaltschaften, Oberstaatsanwaltschaften zu spüren? Gibt es da Verbesserungen?

Dr. Sarah Böhler: Ja, nach meiner Wahrnehmung gibt es hier Verbesserungen. Die neue Sektionschefin, die Sie ja gestern auch kennenlernen durften, übt ihre Aufgabe sehr umsichtig aus. Und es ist auch so, dass das Verhältnis zwischen der WKStA und der Fachaufsicht derzeit wohl nach meiner Wahrnehmung und nach dem, was uns berichtet wird, ein sehr gutes ist.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Das hat uns die Leiterin der WKStA auch so gesagt, dass es hier eine sehr gute Zusammenarbeit seit Neuem, seit der Aufteilung gibt, das möchte ich auch noch einmal betonen.

Vielen Dank! Mehr Fragen habe ich jetzt aktuell nicht. Ich gebe weiter.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Dr.in Krisper. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Dr. Böhler! Uns ist nicht klar, inwiefern Sie eine sehr hilfreiche Auskunftsperson für die Beweisthemen des Untersuchungsgegenstandes sein können. Wir haben eher technische Fragen, wenn Sie schon da sind.

Es ist für uns hier im Untersuchungsausschuss schwierig und war in der Vergangenheit auch schon ein Problem, wenn wir über einen Beschuldigtenstatus von Auskunftspersonen nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen. Es kam einmal sogar zu einer Falschinformation vonseiten des BMJ, als Frau Mag. Glatz-Kremsner im letzten Untersuchungsausschuss hier war. Das hat uns Zeit gekostet und zu Irritationen geführt, auch bei der Auskunftsperson.

Jetzt war am 10. Mai Mag. Kloibmüller im Untersuchungsausschuss, geladen haben wir ihn - - Medial bekannt wurde das, dass wir ihn laden wollen, am 26. Jänner. Am 25. Februar verfasste schon Staatsanwalt Moritz die §-50-StPO-Verständigung für Kloibmüller, und hier war er eben zweieinhalb Monate später. Und wir wussten als U-Ausschuss nichts über seinen Beschuldigtenstatus.

Demnach wäre meine Frage, warum es weiterhin nicht möglich ist, dass man uns einfach, eine Woche bevor eine Auskunftsperson hier aussagt, über den jeweiligen Status quo unterschiedlicher Ermittlungsverfahren verständigt.

Dr. Sarah Böhler: Ja, Frau Abgeordnete, wir wissen, dass diese Praxis im Rahmen des Ibiza-Untersuchungsausschusses angewandt wurde, sie kann leider dieses Mal aus faktischen Gründen nicht beibehalten werden. Die zuletzt praktizierte Vorgehensweise war sowohl für das Bundesministerium für Justiz als auch für sämtliche nachgeordnete Dienststellen ein erheblicher Verwaltungsaufwand, und der ist aufgrund der begrenzten personellen Ressourcen derzeit einfach nicht bewältigbar. Wir sind auch im Justizministerium nicht tagesaktuell informiert, wer jetzt gerade als Beschuldigter oder Verdächtiger geführt wird.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Es war bisher bei jedem Untersuchungsausschuss möglich, dass vonseiten des Justizministeriums diese Information zeitgerecht an den jeweiligen Untersuchungsausschuss herangetragen wird. Dementsprechend halte ich das Argument des überschießenden Aufwandes für hinterfragenswert.

Um das in eine Frage zu kleiden: Würden Sie das noch einmal für die Zukunft anregen, doch die Ressourcen dafür aufzustellen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Wir müssten hier bundesweit Berichtsaufträge geben, das ist tatsächlich leider ein sehr hoher Verwaltungsaufwand. Beim Ibiza-Untersuchungsausschuss war es so, dass sich oftmals die Auskunftspersonen tagesaktuell geändert haben, und deshalb gab es da auch eine gewisse Fehleranfälligkeit. Aus faktischen Gründen wurde jetzt diese Praxis deshalb nicht mehr beibehalten.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich möchte darauf verweisen, dass wir gerade auch in diesem Untersuchungsausschuss den Akt zum Verfahren Ott aus dem BMJ nicht bekommen haben, aber freundlicherweise eine Übersicht, in der aufgelistet wurde, wer wegen welchen Verdachts als Beschuldigter geführt wird, und das eben ohne explizites Ersuchen. Das heißt, es scheint möglich zu sein, und wurde in diesem Fall sogar sehr akribisch vorgenommen. Also ich ersuche dennoch, das zu reflektieren. Es ist Usance über viele Jahre gewesen, es sollte weiterhin möglich sein.

Ich komme zu einem anderen Punkt: Es gab eine Pressekonferenz von Werner Kogler und Alma Zadić im Sommer 2020, wo Werner Kogler danach, auch über Twitter, klar deklarierte, dass bis Ende des Jahres, also Ende 2020, ein Gesamtpaket fertiggestellt sein wird. Erstens schrieb er: zu Antikorruptionsbestimmungen; er nannte es das Ibizapaket. Ist dieses schon umgesetzt? Und wenn nicht: Haben Sie Wahrnehmungen, woran das liegt?

Dr. Sarah Böhler: Also was das Korruptionsstrafrecht betrifft, meinen Sie jetzt konkret?

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja.

Dr. Sarah Böhler: Dazu habe ich folgende Wahrnehmungen: Das befindet sich derzeit in Verhandlung mit der ÖVP. Ich bin aber bei den Verhandlungen nicht dabei, das macht einer meiner Stellvertreter federführend. Ja, wir hoffen auch sehr, dass es zu einem baldigen Abschluss kommt.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Der zweite Punkt am 18. Juni 2020 war das Versprechen, bis Ende des Jahres 2020 gläserne Parteikassen umzusetzen. Was ist Ihre Wahrnehmung, wo da der Prozess hängt?

Dr. Sarah Böhler: Auch da bin ich nicht federführend eingebunden, das ist Sache, glaube ich, des Parlamentsklubs. Soweit ich weiß, aber nageln Sie mich bitte nicht fest, gibt es auch hier einen Entwurf, der, glaube ich, verhandelt wird. Aber ganz sicher bin ich da jetzt leider nicht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Abschaffung des Amtsgeheimnisses und echte Informationsfreiheit: Hängt das zwischen den Ministerien, weil da schließlich auch das BMI eingebunden sein wird? (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Zur Geschäftsordnung: Bitte, Herr Abgeordneter.

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde gerne die Verfahrensrichterin um Klärung der Frage bitten. Soweit ich weiß, werden im Untersuchungsausschuss aktuelle Gesetzesgeschehnisse und Gesetzesvorhaben und die aktuelle Regierungsarbeit im Sinne von Gesetzgebung nicht abgefragt. Da würde ich um Klarstellung bitten, ob diese Frage zulässig ist.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Frau Verfahrensrichterin.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich habe die kurze Abwesenheit des Herrn Abgeordneten Stögmüller und die Antwortbereitschaft der Auskunftsperson quasi ausgenützt, aber tatsächlich ist es natürlich nicht mit unserem Untersuchungsthema, zu dem die Auskunftsperson geladen ist, in Einklang zu bringen.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Damit, Frau Dr. Böhler, wissen Sie, Sie müssen auf diese Fragen also nicht antworten, aber es steht Ihnen natürlich frei, sich zu äußern – wie es Ihnen gefällt.

*****

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich habe jetzt explizit auch auf Abschaffung des Amtsgeheimnisses und auf echte Informationsfreiheit Bezug genommen. Versprochen wurde das bis Ende 2020 – Untersuchungszeitraum –, und es kann ja auch an Diskussionen zwischen Justiz- und Innenministerium hängen, gerade bei dieser Thematik.

Dr. Sarah Böhler: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen, dass es hier Diskussionen zwischen Justiz- und Innenministerium gibt. Das wäre mir nicht bekannt, dass das der Grund für das Hängen ist.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): War die Abschaffung der Dreitagesberichtspflicht eine Initiative von Herrn Kogler in der Karenzvertretung von Frau Zadić?

Dr. Sarah Böhler: Nein, das war mit der Frau Ministerin sehr eng abgesprochen und wurde im Einvernehmen gemacht.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Laut Anfragebeantwortungen an uns steht es weiterhin schlecht um die Ressourcen der WKStA, in Wahrheit sind diese nämlich weniger geworden: Anfang 2020 waren es 40 Personen, mit Stichtag Dezember 2021 38. Haben Sie Wahrnehmungen, was da weiterhin getan wird, um die Ressourcen auch faktisch, in der Realität zu erhöhen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Insbesondere auch deshalb, weil auch mit Stichtag Dezember 2021 60 Großverfahren mit eben 38,7 Anwälten in der Zuständigkeit der WKStA liegen.

Dr. Sarah Böhler: Grundsätzlich hat die WKStA, soweit ich informiert bin, derzeit eben 40 Planstellen. Wenn Sie mir das vorlegen, gehe ich davon aus, dass das richtig ist, dass zwei Planstellen derzeit unbesetzt sind. Es gab dazu auch immer wieder Gespräche. Seitens des Justizministeriums wird forciert, dass man vermehrt Quereinsteiger quasi mobilisiert, wenn ich das so nennen darf. Das sind Personen, die die Rechtsanwaltsprüfung erfolgreich abgelegt haben und über einen relativ kurzen Weg dann die richterliche oder staatsanwaltliche Karriere einschlagen können. Selbstverständlich werden wir uns auch in den nächsten Budgetverhandlungen weiter dafür einsetzen, dass die gesamte Justiz mehr Ressourcen bekommt. Wie Sie alle wissen, wurde hier sehr lange sehr viel gespart, das kann man nicht ganz so schnell wiedergutmachen.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine letzte Frage: Im März 2021 hat Werner Kogler bei der Rückübergabe der justiziellen Vertretung von Ministerin Zadić in Präsensform auf Social Media artikuliert, der Bundesstaatsanwalt sei nun schon eingerichtet und man freue sich darüber. Wie wir wissen, ist es bis heute nicht dazu gekommen. Gestern haben wir von Sektionschefin Göth-Flemmich gehört, dass es da weiterhin eine Arbeitsgruppe gibt.

Was ist Ihre Wahrnehmung: Wo steht man da? Es gibt schließlich eigentlich eine Einigung in der Koalition und es ist auch Teil des Regierungsprogramms, da in die Umsetzung zu kommen.

Dr. Sarah Böhler: Also soweit ich informiert bin, wird demnächst der zweite Zwischenbericht der Arbeitsgruppe auch an das Parlament übermittelt werden. Die Arbeit in der Arbeitsgruppe geht zügig voran. Das ist aber eine fundamentale Änderung unseres Justizsystems, das heißt, die Frau Ministerin und wir sind auch der Meinung, dass das sehr gut überlegt und wohldurchdacht sein muss.

Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Dann bitte ich nun Herrn Mag. Hanger um seine Befragung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Dr. Böhler, auch von unserer Seite: Grüß Gott hier im Untersuchungsausschuss.

Ich würde einleitend gerne mit Ihren beruflichen Stationen beginnen. Mich interessieren nur vier: die Mitarbeit im Parlamentsklub, das Verhandeln im grünen Regierungsteam und dann quasi die Kabinettschefstellvertretung. Können Sie mir kurz noch einmal die Zeitachsen notieren?

Dr. Sarah Böhler: Grüß Gott, Herr Abgeordneter, sehr gerne. Wie ich vorher gesagt habe: Ungefähr – glaube ich – Anfang beziehungsweise Mitte 2019 bin ich zu den Grünen gewechselt oder habe ich bei den Grünen begonnen – so muss ich es sagen –, und im September 2018 habe ich im Parlamentsklub JETZT als Klubreferentin begonnen und, wie Sie wissen, ab Jänner 2020 dann im Justizministerium.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Das heißt, Sie waren im Zeitraum 09/2018 bis 06/2019 – oder bis halt Neuwahlen gekommen sind – Referentin im Klub der Liste JETZT?

Dr. Sarah Böhler: Ja.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Welche Aufgaben haben Sie dort wahrgenommen? (Abg. Stögmüller: Zur Geschäftsordnung!)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte schön, Herr Abgeordneter. (Abg. Stögmüller: Das Mikrofon funktioniert nicht, es leuchtet nur grün! – Abg. Tomaselli: Unseres hinten geht auch nicht!)

Kann irgendjemand anderer versuchen, ob die anderen Mikrofone auch nicht gehen? (Abg. Stögmüller: Nein, gehen alle nicht! Der Hanger muss seines vielleicht einmal ausschalten! – Abg. Matznetter: Wir brauchen jedenfalls Rot statt Grün!)

Herr Abgeordneter Hanger, schalten Sie einmal aus, vielleicht geht es dann!

*****

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ja, jetzt geht es. (Zwischenrufe der Abgeordneten Krainer und Tomaselli.) Da gibt es wohl einen Bonus.

Frau Verfahrensrichterin, können Sie das bitte klären: Soviel ich in der Erstbefragung wahrgenommen habe, ist Frau Dr.in Böhler auch im Untersuchungsausschuss Referentin der Liste JETZT gewesen. Mich würde interessieren, inwiefern KlubmitarbeiterInnen und KlubreferentInnen von ehemaligen Parlamentsklubs im Untersuchungsgegenstand sind. Meiner Wahrnehmung nach ist es nicht der Fall, gerade auch, weil sie auch UntersuchungsausschussmitarbeiterInnen sind. Es würde mich sehr interessieren, ob das Untersuchungsgegenstand ist, auch untersuchungsrelevant ist und ob es normal ist, dass wir Klubs kontrollieren. Das wäre mir neu.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich würde jetzt ehrlich gesagt meinen – ich habe selber nach dem Lebenslauf gefragt –, die Darstellung des Lebenslaufes der hier bei uns befragten Auskunftsperson ist durchaus vom Thema oder auch von unserem Interesse gedeckt.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Gut, die Frage nach dem beruflichen Werdegang ist zulässig.

*****

Ich bitte, fortzufahren.

Dr. Sarah Böhler: Ich habe auch kein Problem damit, die Frage zu beantworten. Ich war dort insbesondere für die Koordinierung von zwei Untersuchungsausschüssen zuständig und habe in der Funktion eng mit Alma Zadić, Daniela Holzinger und Peter Pilz, auf den Sie wohl hinauswollen, zusammengearbeitet, weil diese Personen jeweils die Untersuchungsausschussteams geleitet haben.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich möchte auch ausdrücklich festhalten, dass ich sehr unvoreingenommen an diese Fragestellung herangehe und etwas aus der Welt schaffen will, das immer wieder zirkuliert wird. (Abg. Stögmüller: Ja, das glauben Sie wirklich! – Abg. Kucharowits: O-Töne von heute, eigene?) – Habe ich auch im O-Ton heute so gesagt. Es gilt hier die Vermutung, es sind Gerüchte. (Abg. Stögmüller: Die Zeit läuft nicht!) Wir haben jetzt die Gelegenheit, diese Gerüchte aus der Welt zu schaffen – außerhalb der Redezeit.

Welche Aufgaben hatten Sie konkret im Parlamentsklub der Liste JETZT?

Dr. Sarah Böhler: Das habe ich Ihnen gerade beantwortet.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Können Sie es vielleicht noch ein bisschen umfangreicher beschreiben?

Dr. Sarah Böhler: Sie wissen selber, welche Aufgaben mit Untersuchungsausschüssen verbunden sind. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.) Hier geht es darum: Es gibt jeweils ein Team von ReferentInnen - -

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich darf kurz unterbrechen: Das müssen Sie jetzt nicht mehr beantworten. (Auskunftsperson Böhler: Okay!) Der Lebenslauf ist klar, dass der zu beantworten ist, aber was Sie genau im Detail gemacht haben – wenn Sie wollen, natürlich! –, müssen Sie nicht beantworten.

Dr. Sarah Böhler: Gut, dann belassen wir es hier, würde ich sagen, aber wie gesagt: Ich glaube, Sie haben auch eine Vorstellung davon, was das bedeutet.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Mich interessiert natürlich primär, wie intensiv Ihre Zusammenarbeit mit Herrn Peter Pilz in dieser Zeit war: täglich, wöchentlich? Wie oft, wie intensiv wurden fachliche Fragen erörtert? (Abgeordneter Matznetter: Braucht sie auch nicht beantworten!)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Also auch da würde ich sagen, Herr Abgeordneter Hanger, dass das etwas ist, was man eigentlich nicht beantworten müsste. – Frau Verfahrensrichterin, wie sehen Sie das?

Herr Abgeordneter, bitte das Mikro kurz abdrehen! (Abg. Matznetter: Er hat ja keine anderen Fragen! Der Hanger hat ja keine anderen Fragen!)

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich schließe mich natürlich gerne der Meinung des erfahrenen Herrn Vorsitzenden an, aber nachdem Herr Peter Pilz doch sehr aktiv hier aufgetreten ist, auch als Anzeiger und als derjenige, der die anhängigen Ermittlungsverfahren ins Rollen gebracht hat, würde ich es schon auch großzügig – wenn es nicht zu weit geht – hier zulassen. (Abg. Stocker hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Dr. Stocker, bitte.

*****

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): In Ergänzung zu den Ausführungen der Verfahrensrichterin kann ich mich noch gut erinnern, dass ja Herr Pilz als Auskunftsperson in diesem Ausschuss war und auch ein Konvolut übergeben hat, das ja Gegenstand dieses Untersuchungsausschusses ist, sodass ich schon glaube, dass die Frage zulässig ist, wie der Kontakt zwischen Bundesministerium und jemandem, der in dieser Weise so aktiv ist, zulässig ist.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Weitere Wortmeldungen? (Abg. Stögmüller hebt die Hand.) – Herr Abgeordneter, bitte.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Dann ist die Frage natürlich in Ordnung, wenn die Frage ist, wie das Justizministerium mit Peter Pilz zusammen- - Die Frage war ja auf die Klubtätigkeit bezogen. Mir geht es ja um die Frage: Kontrollieren wir Klubobmann Peter Pilz und die Zusammenarbeit einer Referentin im Klub JETZT? – Das wäre so, als würden Sie mich fragen, ob ich jeden Tag mit Werner Kogler - - Das geht halt einfach nicht, also das ist eine Frage der Klubaufgaben. Aber wenn die Frage das Justizministerium mit Peter Pilz ist, dann ist das ja zulässig. So sehe ich das. Die Frage ist aber, ob die Klubtätigkeit hier im Mittelpunkt steht oder nicht.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Frau Doktor.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Die Argumentation hat durchaus etwas für sich. Frau Dr. Böhler ist jetzt auch Teil des Justizministeriums. In Anbetracht all unserer Argumente und Ausführungen würde ich Sie daher bitten, die Frage so zu stellen, dass wir sie als zulässig erachten können. (Abg. Stocker hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Dr. Stocker, bitte.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Bisher war es regelmäßig so, dass Vorbereitungshandlungen hier Gegenstand von Befragungen gewesen sind, und zumindest im Rahmen der Vorbereitungshandlungen kann hier auch eine Frage außerhalb des Justizministeriums – bezogen auf Peter Pilz – durchaus zulässig sein. (Abg. Matznetter hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bevor ich Herrn Abgeordneten Matznetter das Wort erteile: Ob die Zusammenarbeit einer Mitarbeiterin mit ihrem Chef dann als Vorbereitungshandlung zu sehen ist, darüber denke ich jetzt noch ein bisschen nach.

Herr Abgeordneter Matznetter. – Bitte. (Abg. Krainer: Vorbereitungshandlung wofür vor allem? Für ÖVP-Korruption?)

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Bitte, ich verstehe die Frau Verfahrensrichterin und was sie hier anführt. Wir müssen natürlich auch die Notlage der ÖVP-Fraktion sehen: Sie haben diese Woche geladen, weil sie irgendetwas füllen wollten, und haben keine Fragen, und daher verstehe ich ein bisschen die tolerante Position.

Wenn die Auskunftsperson antworten will, soll sie antworten. Wir müssen uns die Zeit nehmen und damit beschäftigen, weil die ÖVP eben falsch geladen hat. – Danke.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter Hanger, Sie haben jetzt auch mitbekommen, wie die Frage zu formulieren wäre, damit es diese Probleme nicht gibt, und ich bitte Sie, die Frage so zu formulieren. – Bitte schön.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Also ich verstehe die Aufregung überhaupt nicht bei diesen sehr einfachen Fragen. Man bekennt sich ja auch dazu.

Sie waren also – ich fasse zusammen – bis 09/2018 Klubreferentin in der Liste Jetzt?

Dr. Sarah Böhler: Ab September 2018.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Entschuldigung! Genau: ab September 2018. Und nachdem das von der Größe her vergleichsweise ein kleiner Klub war, haben Sie natürlich sehr eng auch mit dem Klubobmann und mit Herrn Peter Pilz zusammengearbeitet. (Rufe: Er war ja nicht Klubobmann!) – Also er war nicht Klubobmann – Entschuldigung! –, aber Sie haben dann sehr eng mit Herrn Abgeordneten Pilz zusammengearbeitet – eine ganz einfache Frage. Ich weiß nicht - - Das ist ja okay! (Abg. Krainer: Was kann das mit dem UG zu tun haben?) – Ich komme schon noch dazu. (Abg. Krainer: Ja, aber dann ...!)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Die Auskunftsperson muss diese Frage nicht beantworten – ich darf das jetzt einmal so entscheiden: Sie müssen diese Frage nicht beantworten. Und ich gehe davon aus, dass der Fraktion der ÖVP daraus auch kein Nachteil erwächst, weil wahrscheinlich jeder davon ausgeht, dass ein Mitarbeiter mit Mandataren zusammenarbeitet. Ich war auch einmal Mitarbeiter in einem Klub. – Bitte schön.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Auf was ich hinauswill - - (Abg. Tomaselli: Welcher? Welcher? Welcher Klub, Herr Vorsitzender?)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Das war zufällig der Klub der FPÖ. (Ah-Ruf der Abg. Tomaselli.) – Aber Sie wissen, ich muss diese Frage nicht beantworten. (Heiterkeit bei SPÖ und Grünen. – Abg. Matznetter: Die war auch suggestiv, die Frage!)

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich finde es ja bemerkenswert, dass man bei so einfachen Fragen so eine Aufregung erzeugen muss. – Jetzt komme ich auf den wesentlichen Inhalt meiner Frage.

Sie sind dann wie gesagt in das grüne Verhandlungsteam gewechselt, sind dann stellvertretende Kabinettschefin geworden. Auf den Punkt gebracht: Mit dieser neuen Tätigkeit wurde auch jeglicher Kontakt mit Herrn Pilz beendet?

Dr. Sarah Böhler: Ja. Also ich habe Herrn Peter Pilz noch über meinen Wechsel zu den Grünen informiert und auch darüber, dass ich in das Kabinett von Alma Zadić wechsle. Seither habe ich ihn nicht mehr kontaktiert und es gab nach meiner Erinnerung auch keinen Kontakt mehr.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ihrer Erinnerung nach? Ich meine, so etwas, glaube ich, ist ja erinnerlich: ob man jetzt noch einmal Kontakt hatte oder nicht. Oder konkret gefragt: Hat Sie Herr Peter Pilz kontaktiert – privater Natur oder dienstlich –, weil er irgendwelche Informationen, Akten, Unterlagen von Ihnen haben wollte?

Dr. Sarah Böhler: Also er wollte nie irgendwelche Akten, Unterlagen von mir oder Ähnliches. Das kann ich ausschließen.

Ich habe ja auch Ihr sozusagen Eingangsstatement gesehen und war da recht verwundert, weil Sie ja gesagt haben, Sie haben da gewisse Indizien dafür. Das kann ich mir eigentlich nicht erklären. – Ja.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Mir war auch bewusst, dass Sie das Statement hören werden und insofern war das aus meiner Sicht ein sehr fairer Zugang. Wenn dem so ist, dann ist damit das Gerücht aus der Welt geschafft. Es wird nur permanent an mich herangetragen (Oh-Rufe bei der SPÖ), und insofern ist das nur, glaube ich, ein gemeinsamer, sehr fairer Zugang. Das ist so.

Dr. Sarah Böhler: Ja, Herr Abgeordneter, aber damit würden Sie mir ja unterstellen, dass ich eine strafbare Handlung begehe, und das muss ich aufs Schärfste zurückweisen.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Insofern komme ich zum nächsten Themenkomplex, zum Thema Aktenlieferung. Sie sind im Kabinett auch für die Aktenlieferung an den Untersuchungs- - (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.)

Sie sind im Kabinett auch für die Aktenlieferung an den Untersuchungsausschuss verantwortlich. Ist das korrekt?

Dr. Sarah Böhler: Nein, das ist so nicht korrekt. Das wird grundsätzlich von unseren MitarbeiterInnen gemacht. Ich werde grob informiert, wenn es wichtige Punkte gibt.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sind Sie in das Thema Aktenlieferung Strafakt Egisto Ott in irgendeiner Form im Kabinett involviert?

Dr. Sarah Böhler: Nein.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass wir interessanterweise vom BMJ die Mitteilung bekommen haben, dass dieses Verfahren nicht untersuchungsgegenständlich ist, gleichzeitig aber Herr Abgeordneter Stögmüller Akten aus diesem Strafverfahren vorlegt, und die Frau Verfahrensrichterin dann festgestellt hat: Wir sind natürlich im Untersuchungsgegenstand. Haben Sie zu dieser Divergenz Wahrnehmungen?

Dr. Sarah Böhler: Nein. Also wie ich schon gesagt habe: Ich glaube nicht, dass ich hier eingebunden war. Wie gesagt, wenn irgendetwas Wichtiges ist, werde ich grob darüber informiert. Auch zu dieser Divergenz habe ich jetzt keine Wahrnehmungen.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich spreche jetzt nicht ganz allgemein von Aktenlieferungen, sondern ich meine ganz konkret den Sachverhalt Aktenlieferung Strafakt Egisto Ott. Sind Sie da im Kabinett in irgendeiner Form involviert? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Es hat von unserer Seite ein ergänzendes Beweisverlangen gegeben; das BMJ hat beantwortet: Dieser Akt wird nicht geliefert.

Zu diesem Vorgang haben Sie keinerlei Wahrnehmungen – oder welche Wahrnehmungen haben Sie dazu?

Dr. Sarah Böhler: Also ich glaube nicht. Es sind sehr viele Beweisanträge, die der Untersuchungsausschuss stellt. Ich habe dazu jetzt nicht bei jedem im Kopf sozusagen, ob ich involviert war oder ob mir einmal jemand etwas dazu gesagt hat. In dem konkreten Fall glaube ich nicht, aber 100 Prozent beschwören kann ich es nicht, ob mir ein Referent da etwas gesagt hat oder nicht. Ich müsste das auch überprüfen; im Elak, also im Elektronischen Aktensystem, glaube ich, jedenfalls nicht, weil das hätte ich dann in Erinnerung.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Können Sie uns konkrete Fälle, Situationen nennen, wo die Fachsektion die Vorlage empfohlen oder eben nicht empfohlen hat und dann im Kabinett anders entschieden wurde? Gibt es da konkrete Fälle?

Dr. Sarah Böhler: Auf welchen Untersuchungsausschuss beziehen Sie sich hier?

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Auf den aktuellen, der ja einen sehr breiten Untersuchungsgegenstand hat. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Abg. Matznetter: Aber natürlich ...! – Abg. Krainer: Das ist ein falscher Vorhalt!) – Nein, das war eine Frage.

Dr. Sarah Böhler: Können Sie die Frage noch einmal wiederholen, bitte?

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Es gibt einen grundsätzlichen Beweisbeschluss – außerhalb der Redezeit, betone ich – und es gibt sehr viele ergänzende Beweisverlangen, und es obliegt dann natürlich der aktenliefernden Stelle, zu entscheiden: Sind wir im Untersuchungsgegenstand oder nicht?

Meine Frage konkret war: Hat es hier in Ihrem Kabinett abweichende Meinungen gegeben, was die Aktenvorlage betrifft? (Zwischenruf der Abg. Tomaselli.) – Na, ich muss die Frage erklären! Hat es hier - - Herr Vorsitzender, darf ich die Frage erklären oder nicht?

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Sie wollten jetzt die Frage stellen. (Abg. Hanger: Nein!) Sie haben es vorher erklärt, oder erklären Sie noch weiter? (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Nein, aber die Redezeit kann nicht weitergehen, wenn ich eine Frage erkläre, und die Auskunftsperson hat um eine Erklärung gebeten. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich hatte den Eindruck, Sie stellen bereits eine andere Frage. Dann warten wir noch.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Dann wiederhole ich meine Frage von vorhin: Haben Sie Wahrnehmungen - - (Abg. Weidinger hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Moment! Zur Geschäftsbehandlung. – Bitte schön. Herr Kollege Hanger, Sie müssen bitte das Mikrofon abdrehen, sonst funktioniert es nicht. – Bitte schön.

*****

Abgeordneter Peter Weidinger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender! Ich darf Sie im Sinne einer disziplinierten Durchführung der Befragung ersuchen, auch die werten Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen zu ersuchen, dass sie sich zu Wort melden, wenn sie Wortmeldungen machen, und nicht dauernd hineinreden, weil es dann sehr, sehr schwer ist, der Befragung zu folgen. – Danke vielmals.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Ich habe großes Verständnis für diese Bitte, darf aber schon auch ins Treffen führen, dass wir – na, ich würde sagen, vor einer Stunde – eine Situation hatten, wo auch eine Befragung war und Mandatare einer anderen Fraktion hier in diesem Bereich recht laut diskutiert hatten.

Ich bitte aber trotzdem darum, dass wir insgesamt ein bisschen leiser sind, damit die Fragen besser zu verstehen sind. (Abg. Matznetter hebt die Hand.) – Bitte, Herr Abgeordneter Matznetter.

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte Kollegen Stocker daran erinnern, dass dies hier das österreichische Parlament ist, der Ausschuss auch ein Ausschuss wie jeder andere Ausschuss ist, und hier – genauso wie bei einer Plenarsitzung – Zwischenrufe möglich und Teil des parlamentarischen Geschehens sind. Sie sollen nicht stören, aber sie sind Teil des parlamentarischen Geschehens und daher werden die Würde des Hauses und auch der Arbeitsablauf nicht gestört, wenn es einen Zwischenruf gibt.

Inhaltlich falsche Zwischenrufe sind lästig, aber die Zwischenrufe jetzt waren natürlich Belustigung über die Nichtfähigkeit der Kollegen in der ÖVP, ihre Befragung durchzuführen. – Danke. (Abg. Stocker hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Dr. Stocker, bitte schön.

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Vorsitzender! Kollegen Matznetter dürfte entgangen sein, dass die letzte Wortmeldung zur Geschäftsordnung nicht von mir stammt – das hängt vielleicht damit zusammen, dass es hier im Saal vielleicht doch zu laut ist.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Besten Dank. Es gibt Phasen im U-Ausschuss, wo man froh, dass er nicht öffentlich übertragen wird.

*****

Ich darf nun bitten, zuerst die Erklärung der Frage fortzusetzen. Da läuft die Zeit nicht mit. Dann wird die Zeit wieder mitlaufen, sobald eine Frage gestellt wird. – Bitte schön.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich wiederhole meine Frage außerhalb der Fragezeit, weil es eine Wiederholung ist: Haben Sie Wahrnehmungen, dass im Kabinett entgegen der Meinung der Fachsektionen Aktenvorlagen beeinflusst worden sind? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Also nach meinem Wissen wird grundsätzlich der Sektion gefolgt. Dass es hier aber Abweichungen gibt, kann ich nicht ausschließen. Wenn das seitens des Kabinetts passiert, ist es aber immer transparent im Akt dokumentiert.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Meine Frage war, ob Sie persönlich Wahrnehmungen haben, dass entgegen der Fachsektion Akten vorgelegt oder eben nicht vorgelegt werden. Die Frage war, glaube ich, sehr präzise.

Dr. Sarah Böhler: Nachdem ich es vorher schon gesagt habe, dass ich da immer nur sehr grob informiert bin, kann ich Ihre Frage jetzt nicht zu 100 Prozent beantworten. Ich glaube schon, dass es einmal bei einer Rüge einen Fall gab, wo quasi das Kabinett dann gesagt hat, das ist doch vorzulegen. Das betraf, wenn ich mich richtig erinnere, ein Verlangen Ihrer Partei, aber hundertprozentig sicher bin ich jetzt nicht. Das müsste ich nachreichen – kann man sicher machen.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Noch einmal: Sie haben genau in einem Fall eine persönliche Wahrnehmung dazu, dass im Kabinett anders entschieden worden ist, als von der Fachsektion vorgeschlagen? Nur ein Mal?

Dr. Sarah Böhler: Ja, also was den laufenden Untersuchungsausschuss betrifft, ja, weil ich, wie gesagt, nur immer sehr grob informiert werde und das sehr selbstverantwortlich unsere Referenten machen.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Wenn im Kabinett entgegen der Fachsektion entschieden wird, was ja legitim ist - - Das möchte ich jetzt auch einmal dazusagen, weil am Ende des Tages die Ministerin entscheidet, welche Akten vorgelegt werden und welche nicht. Das ist ja legitim, nur muss man es halt begründen können. Diese Fälle sind alle klar, transparent und nachvollziehbar?

Dr. Sarah Böhler: Ja. Also davon gehe ich aus.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Wurden diese Darstellungen auch dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt?

Dr. Sarah Böhler: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen. Das weiß ich nicht.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Das ist also ein Thema, das wir uns vielleicht auch zukünftig noch anschauen können.

Ich komme zu einem anderen Themenbereich: Postenbesetzungen. Eine sehr einfache Frage: Ist Frau Bundesministerin Zadić zu jeder Zeit den Empfehlungen der Personalkommission, wenn es um Postenbesetzungen gegangen ist, nachgekommen? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Dr. Sarah Böhler: Also soweit ich mich erinnern kann, ist die Ministerin meistens den Personalempfehlungen der Kommissionen gefolgt, und es kam selten vor, dass sie abgewichen ist.

Ich muss dazusagen, dass ich

für diesen Bereich sehr lange im Kabinett nicht zuständig war, sondern unser Kabinettschef damals, Thomas Sperlich.

Konkret kann ich mich an einen Fall erinnern, in dem die Ministerin vom Besetzungsvorschlag abgegangen ist. In dieser Sache ist derzeit ein Amtshaftungsverfahren anhängig, weshalb ich darüber nur in vertraulicher Sitzung Auskunft geben könnte.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich darf Ihnen einen Auszug aus dem Untersuchungsausschussprotokoll von Frau Dr. Zadić vorlegen. Frau Bundesminister Zadić hat hier im Ausschuss gesagt, dass sie immer den Erstgereihten genommen hat. Ich darf das Protokoll vorlegen, ON 7. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Dr. Sarah Böhler: Ja, Herr Abgeordneter, wenn ich das richtig lese, war die Frage von Ihnen auf die Personalsituation von der WKStA bezogen. (Abg. Hanger: Nein, nein!) Hier wurde die Frage gestellt. In Bezug auf die WKStA ist das meines Wissens richtig. Hier wurde immer der Erstgereihte genommen.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Nein, diese Frage war ganz grundsätzlich gemeint: ob sie immer den Empfehlungen der Personalkommission gefolgt ist. Das haben wir aber jetzt schon erörtert: eben nein.

Dr. Sarah Böhler: Wenn ich nur sagen darf, wenn ich das richtig - - Also wenn ich vorlesen darf: Es ist - - Also die Frage war: „Ich habe noch eine Frage hinsichtlich der Personalsituation in der WKStA. [...] Meine Frage ist:“.

Ich gehe also davon aus, dass die Ministerin das genau so verstanden hat. Sie hatten eine Frage hinsichtlich Personalsituation in der WKStA. Diese Frage war dann: „haben Sie immer den Erstgereihten genommen?“ – In diesem Zusammenhang ist das meines Wissens richtig.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Frau Doktor.

Herr Kollege Hanger, könnten Sie das Mikrofon bitte abdrehen? – Danke schön.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich weiß jetzt gar nicht, ob Herr Abgeordneter Hanger weiter darauf eingehen möchte. Ich wollte nur sagen, bei objektiver Lesart ist das gänzlich nachvollziehbar, und möchte daher sozusagen Ihren Vorhalt in dieser Richtung klarstellen.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich möchte mich noch mit einem anderen Themenbereich beschäftigen: politische Einflussnahme – ein Thema, das uns gestern und heute schon sehr, sehr intensiv beschäftigt hat. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Ich möchte jetzt auch den gesamten Prozess nicht noch einmal durchleuchten. Das haben wir in den letzten Tagen eh schon intensiv gemacht.

Welche Wahrnehmungen haben Sie zum abgeänderten Strafantrag gegen Herrn Oberstaatsanwalt Fuchs? Sind da die Empfehlungen des Weisungsrates zu 100 Prozent oder nur teilweise umgesetzt worden? Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu?

Dr. Sarah Böhler: Wie ich schon ausgeführt habe, ist den Empfehlungen des Weisungsrates größtenteils gefolgt worden, in einem Punkt eben nicht.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Das heißt, dann fasse ich zusammen, dass es eine Weisung von der Frau Bundesministerin gegeben hat, den abgeänderten Strafantrag kein zweites Mal dem Weisungsrat vorzulegen. Ist das korrekt? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Ja, das ist grundsätzlich so korrekt, wie Sie das sagen. Ich möchte trotzdem Ihre Unterstellung im Sinne, dass es sich hier um eine politische Einflussnahme handelte, zurückweisen. Die Ministerin hat nicht inhaltlich in das Verfahren eingegriffen, sondern lediglich entschieden, dass es nicht - -, dass der Weisungsrat nicht mehrfach zu befassen sei.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Es bleibt aber dann Faktum, dass der Strafantrag, wie er jetzt vorliegt, nicht ident mit dem ist, was der Weisungsrat empfohlen hat.

Dr. Sarah Böhler: Der Weisungsrat hat auch eine Prüfung und eine Präzisierung empfohlen. In dem Sinne ist die Frage: Wie könnte es überhaupt ident sein?

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Aber wäre es nicht einfach sinnvoll gewesen, das dem Weisungsrat noch ein zweites Mal vorzulegen, auch im Sinne eines Schutzes der Ministerin? Der Weisungsrat wurde ja genau deshalb eingerichtet, dass quasi bei diesen Entscheidungen, die ja sehr schwierig sind, der Weisungsrat befasst worden ist.

Ich darf noch eine Frage anschließen: Können Sie uns auch beschreiben: Waren Sie in dieser Art auch als Kabinettschefin in diesen Prozess im Sinne der Weisung involviert?

Dr. Sarah Böhler: Gerne. Auch das habe ich schon ausgeführt. Ja, ich war in diesen Prozess involviert. Es gab eine Besprechung gemeinsam mit unserem Strafrechtsreferenten, der das auch so empfohlen hat: nicht mehrfach zu befassen.

Im Gesetz ist das ganz klar geregelt. Ich glaube, das hat auch die Vertreterin des Weisungsrates bestätigt.

Und zur Erklärung: Es gab hier eben auch scharfe Kritik des Weisungsrates, wenn man eben Dinge mehrfach vorlegt.

Also die Sache war beim Weisungsrat. Dieser hat sich geäußert. Den Äußerungen wurde nach meinem Wissensstand größtenteils entsprochen, und dann wurde der Strafantrag erlassen. Inhaltlich hat die Frau Ministerin nicht in dieses Verfahren eingegriffen oder das politisch beeinflusst.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Es hat übrigens niemand behauptet, sie muss vorlegen – nur wäre es politisch geboten gewesen, es zu machen, weil der Strafantrag nicht vollinhaltlich das umgesetzt hat, was der Weisungsrat festgehalten hat, das ist der Punkt an der Geschichte. Da gibt es eine politische Verantwortung, und die darf man natürlich ansprechen. – Weitere Fragen dann in der nächsten Runde.

Dr. Sarah Böhler: Das wären Wertungsfragen, Herr Abgeordneter, die ich, glaube ich, nicht beantworten muss, aber grundsätzlich gebe ich Ihnen gern eine Antwort: Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, einen Akt so lange zwischen Weisungsrat und Ministerium hin und her zu schicken, bis hier eine Einigung zwischen dem Ministerium und dem Weisungsrat vorliegt, sondern es soll offengelegt werden, wenn es Meinungsunterschiede gibt. Das wird auch getan, und zwar im Weisungsbericht, und so ist es transparent. (Abg. Hanger: Da muss ich mir aber auch die politische Verantwortung ...!)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte schön.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Danke, Frau Dr.in Böhler, dass Sie uns heute als Auskunftsperson zur Verfügung stehen. Ich möchte gerne mit meiner ersten Frage beginnen: Frau Dr.in Böhler, haben Sie Wahrnehmungen zu Einflussnahmeversuchen vonseiten der ÖVP, zum Beispiel bei Ermittlungen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Dazu habe ich keine unmittelbaren persönlichen Wahrnehmungen.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Haben Sie zum Beispiel Wahrnehmungen über Einflussnahme, was Organisatorisches des Justizressorts, Strukturreformen anbelangt, Stichwort Teilung der sogenannten Supersektion? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Auch dazu habe ich keine persönlichen Wahrnehmungen und unmittelbaren Wahrnehmungen.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Wurde Ihnen darüber erzählt, dass es etwaige Einflussnahmeversuche gab, zum Beispiel auch im Rahmen von Regierungsverhandlungen – Sie waren ja auch Teil des Verhandlungsteams vonseiten der Grünen, haben Sie gesagt –, dass es da auch Wünsche gab, die von der ÖVP geäußert wurden, was Personelles oder auch Inhaltliches der Sektion Einzelstrafsachen anbelangt? (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Ich habe dazu nur eine Wahrnehmung: Mir wurde einmal erzählt, dass der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz in Bezug auf den auslaufenden Vertrag von Sektionschef Pilnacek gesagt haben soll, dass dieser bleiben soll. Das war aber noch weit vor der - -, bevor quasi überhaupt eine Sektionsteilung im Raum gestanden ist.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herzlichen Dank.

Zum Thema Wünsche der ÖVP: Ich möchte auf ein Gespräch zwischen Nationalratspräsident Sobotka und Ministerin Zadić kommen – wir haben davon erstmals im Rahmen einer parlamentarischen Anfragebeantwortung erfahren. Der Termin des Gesprächs war am 19. Jänner 2022: Worum ging es bei diesem Termin, haben Sie Wahrnehmungen dazu? (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Dr. Sarah Böhler: Also ich war bei diesem Termin, den Sie ansprechen, nicht anwesend und habe auch keine persönlichen Wahrnehmungen dazu. Ich wurde aber im Nachgang informiert, eben dass der Termin stattgefunden hat.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Welche Informationen haben Sie erhalten, worum es bei dem Termin ging? (Die Verfahrensrichter-Stellvertreterin wendet sich an die Auskunftsperson.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Die Frau Verfahrensrichterin hätte dazu noch eine Anmerkung. – Bitte schön.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Angesichts des von Ihnen selbst angegebenen Datums Jänner 2022 würde ich Sie ersuchen, einen Zusammenhang herzustellen. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Das mache ich sehr gerne, Frau Verfahrensrichterin: Wie auch dem Protokoll der Befragung von Frau Ministerin Zadić hier zu entnehmen ist, ging es, so scheint es, um das Thema der Aktenlieferungen für den aktuellen Untersuchungsausschuss.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Vielen Dank.

Dr. Sarah Böhler: Soll ich antworten? Ja, also soweit ich informiert war – diese Themen wurden auch im Vorfeld bekannt gegeben –, ging es eben um den Untersuchungsausschuss allgemein, DSGVO, sprich Einhaltung der Persönlichkeitsrechte, und die Veröffentlichung von Strafakten.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Hat Nationalpräsident Sobotka im Konkreten Wünsche geäußert? Wenn ja, welche?

Dr. Sarah Böhler: Auch dazu habe ich jetzt keine persönlichen Wahrnehmungen, weil ich ja nicht anwesend war.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Aus den Erzählungen und Informationen, die Sie erhalten haben, können Sie dazu etwas sagen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Soweit mir berichtet wurde, hat er sich mehrfach eine sehr hohe Klassifizierung von Stufe 3 gewünscht.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Wofür im Konkreten?

Dr. Sarah Böhler: Dazu war - - Das weiß ich nicht.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Womöglich zu den Chats?

Dr. Sarah Böhler: Wie gesagt, ich habe keine persönlichen Wahrnehmungen dazu, deshalb kann ich das nicht sagen.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herzlichen Dank.

Ich möchte gern zu einem anderen Thema kommen, nämlich zum Thema Special Service des damaligen Supersektionschefs Pilnacek für Pröll und Rothensteiner. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Ich darf Ihnen dazu vielleicht ein Dokument vorlegen. Das Dokument hat die Nummer 4368. Ich darf um Einspielung bitten. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)

Dr. Sarah Böhler: Welche Seite?

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Einen Moment, bitte – Seite 12, bitte. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen und berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Was wäre Ihre konkrete Frage?

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Es handelt sich hierbei ja um einen Amtsvermerk und ein Ergebnisprotokoll, das Ihren Namen trägt. Ich möchte noch einmal zurückkommen auf dieses Special Service, dass sich Christian Pilnacek da mit den Beschuldigten Pröll und Rothensteiner zusammengesetzt und Informationen geteilt hat.

Ich möchte einfach Ihre Wahrnehmungen dazu erfragen: Wie haben Sie das damals wahrgenommen und was gab es für Reaktionen vonseiten der Ministerin?

Dr. Sarah Böhler: Ja, also es gab dieses Gespräch, das wurde eben – also nicht von mir persönlich, ich habe das nicht gesehen – - -, aber es haben sozusagen Kabinettsmitarbeiter gesehen, dass die zwei Herren quasi bei Sektionschef Pilnacek einen Termin hatten. Die haben dann unseren Kabinettschef informiert. Daraufhin gab es eben ein Gespräch mit Sektionschef Pilnacek, dieser wurde befragt.

Es gab dann - - Am darauffolgenden Tag wurde die Ministerin informiert, und Sektionschef Pilnacek übergab einen Amtsvermerk, der Ihnen, glaube ich, auch vorliegt. Die Ministerin hat dann eben in diesem Gespräch, über das Sie mir jetzt gerade das Ergebnisprotokoll vorgelegt haben, ausführlich klargestellt, dass sie eine solche Vorgehensweise nicht goutiert, und hat zunächst mündlich die Weisung erteilt und diese dann auch schriftlich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sektion IV quasi kundgemacht.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Das heißt, aus Ihrer Wahrnehmung war es nicht üblich, dass der zuständige Sektionschef da im Speziellen Angezeigte und Beschuldigte serviciert? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Also ob es üblich ist oder unüblich, wir waren damals relativ - - Wie Sie wissen, das war ganz zu Beginn der Amtszeit. Jedenfalls war es nicht damit vereinbar, wie wir uns das vorgestellt hätten, dass die Dinge zu laufen haben.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Vielen Dank.

Ich möchte gerne zu einem weiteren Punkt, zu einem weiteren Themenbereich kommen. Die Servicierungsgeschichte zieht sich anscheinend auch in einen anderen Bereich hinein. Ich möchte gerne noch zur aktuellen Rechtsschutzbeauftragten kommen. Sie wissen, es wurde bekannt, dass im Zuge der Inseratenaffäre die Rechtsschutzbeauftragte eine Beschwerde an das Oberlandesgericht gestellt hat und diese Beschwerde von der Kanzlei Ainedter & Ainedter gestaltet wurde.

Deshalb meine Frage an Sie: Was sind Ihre Wahrnehmungen dazu und wie wurde reagiert?

Dr. Sarah Böhler: Also meine Wahrnehmungen sozusagen von den Vorfällen im Herbst decken sich wohl mit jenen, die Ihnen ohnehin bekannt sind. Die Rechtsschutzbeauftragte kritisierte in ihrer Beschwerde eben eine mangelnde Einholung der Ermächtigung der Bewilligung der Standortpeilung und auch andere Punkte, die aber grundsätzlich nicht ihrer Prüfkompetenz beziehungsweise in ihrer gesetzlichen Kontrollbefugnis liegen, das hat dann im Endeffekt auch das OLG mit Beschluss festgestellt.

Im ersten Punkt gab es natürlich der Rechtsschutzbeauftragten recht. Die WKStA hat ja diesen Fehler von sich aus auch bemerkt, und daher hat eine solche Standortpeilung nie stattgefunden.

Was jetzt quasi die mediale Arbeit der Rechtsschutzbeauftragten betrifft, so hat sie, wie Sie schon gesagt haben, sich diesbezüglich von der Kanzlei Ainedter beraten lassen. Aus unserer Sicht war das durchaus kritikwürdig, weil es ja um ein Verfahren geht, in dem gerade diese Kanzlei Beschuldigte vertritt.

Man muss sich dazu vor Augen führen, was die Aufgabe der Rechtsschutzbeauftragten ist: Sie nimmt die Beschuldigtenrechte wahr in Verfahren, wo es heikle Ermittlungsschritte gibt und die Beschuldigten dementsprechend davon nichts wissen dürfen. Daher sah man das im Ministerium schon kritisch, dass sie sich dann ausgerechnet von einer Kanzlei beraten lässt, die im selben Verfahren Beschuldigte vertritt. Es gab eben ein Gespräch mit der Rechtsschutzbeauftragten, das am 15. Februar 2022 stattgefunden hat – da wurde aber lediglich eben über diese - -, oder der Punkt, weshalb wir sie dazu eingeladen haben, war eben eine Besprechung dieser medialen Aktivität der Rechtsschutzbeauftragten.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Sie beziehen sich jetzt ausschließlich auf die mediale Aktivität, also die Unterstützung der Kanzlei Ainedter & Ainedter bei der medialen Aktivität. Es geht hier aber auch darum, die Beschwerde mitgestaltet zu haben, die die Rechtsschutzbeauftragte ans OLG übermittelt hat. Bestätigt das Ihre Wahrnehmung? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Noch eine kurze Einschätzung der Frau Verfahrensrichterin dazu. (Die Verfahrensanwältin wendet sich an die Auskunftsperson.)

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich würde Sie nur ersuchen, diesen Vorhalt insofern auch für uns nachvollziehbar zu machen, als meines Wissens die Kanzlei Ainedter für diese Pressemitteilung beauftragt oder in Anspruch genommen wurde, aber mir ist das jetzt nicht geläufig, dass das auch für die Beschwerdeverfassung stattfand. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Ich möchte gerne weitergehen, wenn das okay ist.

Ich würde gerne fragen, ob es zu dieser medialen Begleitung der Kanzlei Ainedter & Ainedter eine Ausschreibung vonseiten der Rechtsschutzbeauftragten gab. Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu? Gab es einen Vergabeprozess?

Dr. Sarah Böhler: Dazu habe ich keine Wahrnehmungen, ich glaube aber nicht, dass es einen Vergabeprozess gab.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Ist das dann eine übliche Vorgehensweise, da keinen Vergabeprozess, sondern eine Ausschreibung zu gestalten, wenn ein Auftragswerk an eine externe Agentur oder Institution – in dem Fall an eine Rechtsanwaltskanzlei – geht?

Dr. Sarah Böhler: Ob das üblich ist oder unüblich, kann ich so nicht quasi verifizieren. Soweit ich weiß, haben Rechtsschutzbeauftragte in der Vergangenheit sehr wenig Medienarbeit gemacht, aber ja. (Abg. Stocker hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Herr Dr. Stocker, bitte, zur Geschäftsordnung.

*****

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich würde ersuchen, dass diese Fragen insofern auch überprüft werden – auch durch die Verfahrensrichterin –, inwieweit diese von Untersuchungsgegenstand und Untersuchungszeitraum gedeckt sind. (Die Auskunftsperson wendet sich an die Verfahrensanwältin.)

Es ist ja unterstellt, dass der Bund das bezahlt hätte – das ist in überhaupt keiner Weise erwiesen. Wenn das privat bezahlt wird, wieso soll etwas ausgeschrieben werden? Außerdem werden Anwaltsbeauftragungen grundsätzlich nicht ausgeschrieben – das am Rande.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Verfahrensrichterin, bitte.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich würde jetzt fast meinen, dass dieser Einwand berechtigt ist und dass es offenbar ja um eine private Befassung gegangen ist, solange uns sozusagen nichts anderes, Gegenteiliges vorliegt. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Also wenn das nicht der Fall ist, dass der Bund bezahlt hätte, dann würde ich vorschlagen, die nächste Frage zu stellen.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Da möchte ich gerne anknüpfen: Haben Sie eine Wahrnehmung dazu, dass das privat bezahlt wurde?

Dr. Sarah Böhler: Auch dazu habe ich keine Wahrnehmungen.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Dann sage ich herzlichen Dank für Ihre Antworten.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Frau Dr. Böhler, eigentlich wollte ich Sie am Anfang fragen, ob Sie eine Wahrnehmung dazu haben, was der Grund dafür sein könnte, dass Sie heute hier geladen sind – aber ich kann mir die Frage gleich selbst beantworten: Nach dem Nebelgranatenwerfen und dem Stripsischießen der Österreichischen Volkspartei ist das ein offensichtliches Ablenkungsmanöver vom mutmaßlich offensichtlichen Korruptionskriminalfall ÖVP.

Nichtsdestotrotz ist mir jetzt eine Frage eingefallen, anschließend an eine Frage der SPÖ zum Treffen Pilnaceks mit Pröll und Rothensteiner. Sie haben schon die Reaktion der Ministerin erklärt – mich würde interessieren, wie Herr Pilnacek auf diese Reaktion der Ministerin reagiert hat. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Also er hat die Weisung der Ministerin selbstverständlich akzeptiert und auch, glaube ich, nachvollziehen können. Meine Wahrnehmung war schon, dass er auch nicht so ganz das Problem gesehen hat – zunächst.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Zur Erklärung: Herr Pilnacek ist ja als sehr emotional bekannt. Hat er das ganz ruhig und gelassen hingenommen?

Dr. Sarah Böhler: Im Gespräch mit der Ministerin jedenfalls – und bei dem Gespräch zwischen ihm und Thomas Sperlich war ich nicht dabei, glaube ich, also da kann ich nichts dazu sagen.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Dann habe ich noch eine allerletzte Frage: Haben Sie eine Frage für mich, die Sie sich brennend wünschten, gestellt zu bekommen? (Allgemeine Heiterkeit.)

Dr. Sarah Böhler (erheitert): Nein, danke.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Danke.

*****

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Damit kommen wir zur zweiten Fragerunde.

Herr Abgeordneter Stögmüller. – Bitte schön.

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Ich habe jetzt auch keine Fragen mehr, nur mehr vielleicht abschließend: Ich möchte mich für die Auskunft bedanken, ich glaube auch – und ich schließe mich da meinem Vorredner an –, dass es hier auch eine kleine Ablenkung gibt, und ich finde das sehr erschreckend. Ich glaube, dass wir extreme Skandale in dieser Republik aufzuklären haben, das ist notwendig und wichtig.

Die Justiz arbeitet unabhängig: Sie hat Probleme gehabt, die wir hier aufarbeiten, und hat diese auch jetzt noch immer wieder. Ich finde, eine staatstragende Partei wie die Volkspartei sollte meiner Meinung nach genau dort auch agieren, dass wir hier diese Probleme lösen.

Entsprechend möchte ich mich bedanken, dass in Ihrem Kabinett und Ihrem Ministerium auch in den letzten Tagen und Wochen, die wir mit der Aufbereitung dieses Justizkonfliktes, den es in den letzten Jahren immer wieder gegeben hat, auch wirklich etwas vorangetrieben wird, dass etwas passiert, dass hier auch Verbesserungen voranschreiten. Diese Verbesserungen sehen wir. Ich glaube, diese sind auch notwendig, damit die Justiz auch effizient arbeiten kann, damit die Aufklärung der Skandale schnell vorangetrieben werden kann. Das passiert jetzt auch, und ich bin sehr froh darüber, dass dabei auch die richtigen Schritte gesetzt worden sind. Das ist das Ergebnis, das auch wir in den letzten Wochen sehen, dass einiges passiert ist, ob es jetzt die Teilung ist, ob es die Berichtspflichten sind und manche Maßnahmen, die jetzt noch bevorstehen.

Ich glaube, da gibt es ein ernsthaftes Engagement dieser Bundesregierung und auch der Bundesministerin. Ich finde es nicht gut, wenn hier immer wieder von Parteien und Fraktionen die Arbeit der Justiz und der Staatsanwälte so intensiv angegriffen wird, wie es im politischen Diskurs immer wieder passiert. Ich glaube, dass das auch einer Regierungsfraktion nicht guttut. Ich bin sehr froh darüber, dass das Ministerium darüber erhaben ist und seine Arbeit weiter sehr gut leistet. Von meiner Seite vielen Dank. Richten Sie bitte als quasi Abschluss dieser Justizwochen auch Ihrem Ministerium aus, dass hier etwas weitergeht. – Vielen Dank dafür.

Dr. Sarah Böhler: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. (Abg. Krisper schüttelt den Kopf.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Dr.in Krisper hat keine Fragen, wurde mir körpersprachlich mitgeteilt.

Herr Abgeordneter Mag. Hanger. – Bitte schön.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich würde gerne noch ein wenig das Thema politische Einflussnahme thematisieren. Herr Sektionschef Pilnacek hat hier unter Wahrheitspflicht ausgesagt, dass seinen Informationen nach das Strafverfahren wegen Falschaussage gegen ihn von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden sollte und es dann per Weisung von der Frau Justizministerin nicht dazu kam. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?

Dr. Sarah Böhler: Dazu gebe ich gerne Auskunft. Meiner Erinnerung nach hat sich die Sektion V in diesem Verfahren wie auch in anderen Verfahren gegen Sektionschef Pilnacek für befangen erklärt. Die Fachaufsicht wird daher durch zwei externe Personen ausgeübt, nämlich durch zwei dienstzugeteilte Generalanwälte der Generalprokuratur. Diese kamen zu dem Schluss, dass Sektionschef Pilnacek in dem Verfahren zu vernehmen ist, weil die subjektive Tatseite nur so festgestellt werden kann. Dieses Vorhaben, nämlich das Vorhaben, eine entsprechende Weisung zu erteilen, wurde dem Weisungsrat vorgelegt. Der Weisungsrat hatte hiergegen keine Einwände.

Die Ministerin war über diese Entscheidung informiert und hat in keiner Weise in das Verfahren eingegriffen. Es ist daher aus meiner Sicht faktisch falsch, dass die Ministerin die Einstellung verhindert hat beziehungsweise dass sie eine Weisung gegeben hat. Formal ist es zwar so, dass quasi jede Entscheidung und jede Weisung des Ministeriums von der Ministerin beziehungsweise im Namen der Ministerin ergeht, faktisch ist das aber ein bisschen irreführend, weil die Ministerin hier nur der Meinung der Fachaufsicht gefolgt ist.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (erheitert): Aber wir sind uns schon einig darüber, dass die Frau Ministerin an der Weisungsspitze steht und es am Ende des Tages ihre Weisung ist? Das ist ja auch okay, das stelle ich ja nicht in Frage. Man sollte aber auch dazu stehen, denn die ganze Zeit sagt man dann: Nein, huh, ich entscheide das nicht, und die sollen alle unabhängig ermitteln. – Sie steht an der Weisungsspitze und sie möge doch dazu stehen. Ich weiß nicht, was da das Problem ist.

Dr. Sarah Böhler: Herr Hanger, das ist natürlich so, da gebe ich Ihnen ganz recht. Aber wie Sie vorher auch gerade gesagt haben: Der Weisungsrat ist ja zur Absicherung der Ministerin auch da. Es wurde in dieses Verfahren eben, weil Sie das so unterstellen, dass da politisch eingegriffen wurde - - Nein! Es hat die Fachaufsicht geprüft. Sie kam zu einem Schluss. Das wird dem Weisungsrat vorgelegt. Der Weisungsrat hat keine Einwände. Und dementsprechend war Herr Sektionschef Pilnacek in dieser Sache noch zu vernehmen.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Vielleicht für Herrn Abgeordneten Stögmüller, weil wir immer von der unabhängigen Justiz reden: Müssen wir da nicht zwischen den unabhängigen Gerichten und den Staatsanwaltschaften differenzieren?

Dr. Sarah Böhler: Ich habe die Frage jetzt nicht verstanden.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Eine spezielle Frage für Abgeordneten Stögmüller: Wenn wir von der unabhängigen Justiz sprechen: Müssen wir da nicht zwischen den unabhängigen Gerichten und den Staatsanwaltschaften unterscheiden?

Dr. Sarah Böhler: Ich glaube, das ist jetzt eine verfassungsrechtliche Frage. Ich bin nicht hier, um Rechtsfragen zu beantworten.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Dann beantworte ich das: Staatsanwälte sind in der Weisungskette und sind per se strukturell nicht unabhängig, weil an der Spitze der Weisungskette die Justizministerin steht. Ich meine, das ist Basiswissen. Ich würde nur manchmal in der Diskussion ersuchen, auch diese Dinge zu sehen.

Ich komme noch zu einem anderen Thema. Ich möchte Ihnen dazu die Akten mit der Dokumentennummer 479231 und 479236 vorlegen, zuerst 479231. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)

Es handelt sich um den Bescheid von Mag. Nogratnig betreffend die Suspendierung von Johann Fuchs, die ja mittlerweile vom OGH gehoben worden ist. Ich darf Ihre Aufmerksamkeit auf Seite 32 lenken. Darin wird Folgendes festgehalten – das ist die letzte Seite des Dokuments –: „Außerdem ersucht die FBM“ – Frau Bundesminister – „um die einstweilige Suspendierung des Beschuldigten. Auf die Erledigung wird“ hingewiesen.

Welche Wahrnehmungen haben Sie zu dieser Weisung der Frau Bundesministerin, beziehungsweise waren Sie in diesen Prozess als Kabinettschefin eingebunden? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Auf welche Seite im Dokument beziehen Sie sich jetzt noch einmal?

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich wiederhole: Seite 32.

Dr. Sarah Böhler: 32. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen.)

Also ich muss dazusagen, dass ich zu dem Zeitpunkt, als diese Entscheidung gefällt wurde, krank war. Das heißt, ich war nicht bei den Besprechungen dabei, die hier zwischen der Frau Ministerin, dem Sektionschef Pirker, Nogratnig und Kabinettsmitarbeitern stattgefunden haben. Soweit mir bekannt ist, hat die Ministerin hier im Einklang mit der zuständigen Sektion gehandelt, die empfohlen hat, entweder den Leitenden Oberstaatsanwalt einstweilig zu suspendieren oder eben erneut die Suspendierung beim OGH anzuregen. Ja, sie hat sich dann eben für die erste Variante entschieden.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Wie passt das mit der grundsätzlichen Positionierung der Frau Justizministerin zusammen, dass sie immer sagt, man soll die Behörden unabhängig ermitteln lassen, wenn sie dann per Weisung die Suspendierung festlegt?

Dr. Sarah Böhler: Können Sie die Frage noch einmal wiederholen?

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ich frage anders: Welche rechtliche Grundlage, welche rechtliche Expertise war aus Sicht der Frau Bundesministerin die Grundlage, diese Weisung über die Suspendierung von Herrn Oberstaatsanwalt Fuchs auszusprechen? Das ist insofern hochsensibel – muss man schon sagen –, weil Oppositionsparteien über Wochen die Suspendierung gefordert haben. Welche rechtliche Grundlage, welche rechtliche Expertise war Ihrer Wahrnehmung nach die Grundlage für diese Suspendierung?

Dr. Sarah Böhler: Ja, die gesetzliche Grundlage ist das RStDG, und geprüft wurde das Ganze selbstverständlich von unserer fürs Dienstrecht zuständigen Sektion. Sie haben schon quasi gesagt, dass Herr Mag. Nogratnig hier gemeinsam, nehme ich an, mit Sektionschef Pirker diese Expertise geliefert hat.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Gestern hat Herr Mag. Nogratnig im Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht nur die unterschiedlichen Möglichkeiten aufgezeigt, mit denen man in diesem Verfahren vorgehen kann. Die Frau Bundesministerin gehört ja einer politischen Partei an. Wenn sie hier quasi als Weisungsspitze entscheidet, dann ist das politische Einflussnahme, oder nicht? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Ich weiß nicht genau, was Sie mit Ihrer Frage meinen beziehungsweise bezwecken. Also Herr Mag. Nogratnig - - Wie gesagt, ich war nicht im Detail in diese Besprechungen involviert, weil ich damals krank war, aber soweit es mir berichtet wurde, wurden diese beiden Optionen, nämlich die Möglichkeit einer neuerlichen Anregung oder eben die sofortige einstweilige Suspendierung als zwei gleichwertige Optionen dargestellt, und die Ministerin hat sich dann entschieden – ja, korrekt.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Aber damit ist auch ganz klar eine politische Einflussnahme gegeben, weil sie sonst immer sagt, die unabhängigen Behörden sollen entscheiden.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Wobei diese Frage nicht zu beantworten ist, weil es eine Einschätzungsfrage wäre.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Abschließend will ich von meiner Seite nur festhalten, dass einmal mehr auch die Kabinettschefin des Justizministeriums auf die Frage zu politischen Netzwerken der ÖVP oder von türkiser Seite festgehalten hat, dass Sie dazu keine Wahrnehmung hat. Habe ich das so korrekt von Ihnen wahrgenommen? (Abg. Stögmüller: Das ist ein falscher Vorhalt!)

Dr. Sarah Böhler: Dürfen wir vielleicht kurz unterscheiden, denn für mich ist es ein bisschen schwierig, Herr Abgeordneter. Ich glaube, vorher war noch eine Frage zu der Suspendierung offen, wo Sie gemeint haben, das war politische Einflussnahme.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Doktor, das müssen Sie aber nicht beantworten. Das wäre eine Einschätzungsfrage, und deswegen ist die Frage an und für sich nicht zulässig. Wenn Sie wollen, können Sie natürlich schon etwas dazu sagen.

Dr. Sarah Böhler: Ich möchte es hier nur vielleicht klarstellen, weil das so aus meiner Sicht einfach nicht richtig und ein bisschen unterstellend ist. Und deshalb möchte ich es schon gerne klarstellen: Es gab sozusagen die rechtliche Expertise, die sagt, es gibt Möglichkeit a oder b, und die Ministerin entscheidet dann. Das ist in ihrer Zuständigkeit, das ist auch ihre grundsätzliche Zuständigkeit. Also da verstehe ich nicht ganz (Abg. Hanger: Vollkommen richtig!), wie Sie das als politische Einflussnahme - -

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Nein, dann soll sie auch dazu stehen, denn in den öffentlichen Aussagen sagt die Frau Justizministerin meistens: Ich stelle mich schützend vor die unabhängige Justiz. Es wird nicht zwischen Staatsanwaltschaft und den unabhängigen Gerichten unterschieden. Und dann sagt sie immer wieder dazu, in Ermittlungshandlungen mischt sie sich nicht ein. Sie ist die Weisungsspitze, sie muss sich einmischen, na, gar keine Frage!

Dr. Sarah Böhler: Ich finde das jetzt nicht seriös, aber vielleicht - - Ich möchte da jetzt auch nicht weiter diskutieren. Haben Sie noch eine andere Frage? Ist da noch etwas übrig geblieben.

Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Das war jetzt keine Frage, sondern das war eine Feststellung fürs Protokoll.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Frau Abgeordnete Kucharowits. – Bitte schön.

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Vielen Dank, ich habe keine weiteren Fragen.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Abgeordneter Zanger hat, glaube ich, auch keine Fragen. Oder gibt es noch eine Frage?

Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte schön.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Kabinettschefin, eine kurze Frage, und zwar zu den Coachings, die in den letzten UsA-Sitzungen immer wieder auch diskutiert worden sind: Uns ist zur Kenntnis gelangt, dass im Bereich des Justizministeriums vor allem beim letzten Untersuchungsausschuss immer wieder Personen auch gecoacht worden sind, im Einzelfall auch Staatsanwälte für diverse Verfahren. Das Interessante daran war nur, dass auf der einen Seite eine Agentur herangezogen worden ist, die man eher der SPÖ zurechnet. Diese Agentur hat auch die meisten dieser Coachings durchgeführt. Und auf der anderen Seite hat ausgerechnet Herr Oberstaatsanwalt Fuchs auf eine andere Agentur zugegriffen, und zwar auf eine, die man der ÖVP zurechnet.

Meine Frage dazu: Haben Sie Wahrnehmungen zu dieser ganzen Debatte rund um die Coachings, und ist das vielleicht auch im Kabinett diskutiert worden?

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Gegenstand der Untersuchung wäre, Sie aber natürlich, wenn Sie wollen, die Frage beantworten können. (Abgeordneter Hafenecker hebt die Hand.) Noch einmal Herr Abgeordneter Hafenecker. – Bitte.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Vorsitzender, zur Geschäftsordnung! Wir haben diese Frage jetzt gefühlt schon 20-mal diskutiert und 20-mal sind wir schlussendlich zu dem Schluss gekommen, dass diese Frage zu stellen ist. Ich spare mir dadurch aber natürlich noch immer Redezeit. Der Ansatz der Frage ist jener, dass hier Agenturen zurate gezogen worden, die natürlich auch im Bereich Litigation-PR tätig sind und diese anbieten. Und wenn wir über Litigation-PR sprechen, dann sind wir natürlich relativ rasch bei dem Themenkomplex Einflussnahme auf laufende Verfahren und natürlich voll im Untersuchungsgegenstand drinnen. Ich weiß nicht, wie es die Frau Verfahrensrichterin heute sieht.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Frau Verfahrensrichterin.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Anhand unserer vielen Diskussionen fällt es mir dann immer wieder schwer. Wir haben bis jetzt gesagt – wenn ich es für mich wiederhole –: Wenn eine Person selber ein Coaching in Anspruch genommen hat, dann haben wir gesagt: Okay, die Frage – haben Sie ein Coaching zur Vorbereitung in Anspruch genommen? – lassen wir zu. Die generelle Frage nach dessen Inhalt und was da besprochen worden ist, haben wir schon gestern wieder gesagt, kann man nicht zulassen, weil es eine private Angelegenheit ist und hier das Private nicht von dem getrennt werden kann. Ansonsten scheint mir diese Frage mit dieser Litigation-PR denkmöglich, aber das ist einfach eine unbestimmte Frage. Ich weiß, das ist eine Vermutung, die Sie hier in den Raum stellen, dass das Einfluss nehmen könnte, was sich auch durch keine Beantwortung jemals hier bewahrheitet hat. Es ist mir also noch immer nicht ganz klar, wie das tatsächlich auf einer konkreten Basis mit dem Untersuchungsgegenstand zu vereinbaren ist. (Abg. Hafenecker hebt die Hand.)

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Bitte, Herr Abgeordneter Hafenecker.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Noch einmal zur Konkretisierung – ich bin ja mittlerweile schon in Übung in der ganzen Sache, mache das natürlich auch gerne heute wieder. Ganz einfach: Ich habe jetzt, Frau Verfahrensrichterin, nicht die Frage gestellt, ob sie es in Anspruch genommen hat und was da inhaltlich diskutiert worden ist, sondern meine Frage war sehr konkret, ob grundsätzlich über das Thema Coaching im Kabinett gesprochen worden ist und ob sie dazu Wahrnehmungen hat.

Gerne auch zum wiederholten Mal: Der Brückenschlag zur Litigation-PR - - Diese wird uns übrigens dann auch bei der nächsten Auskunftsperson beschäftigen, denn dann haben wir die Situation, dass eine Rechtsanwaltskanzlei zum Beispiel konkret schon die Schriftstücke für eine Bedienstete des Justizministeriums aufsetzt, was auch hinterfragenswürdig ist. So weit sind wir aber noch nicht. Grundsätzlich: Wenn PR-Agenturen Menschen des Justizministeriums konkret für Aussagen im Untersuchungsausschuss coachen, dann kann das meines Erachtens nur insofern funktionieren, als man natürlich auch detaillierte Infos über diese Fragestellungen beziehungsweise über die Untersuchungsgegenstände hat. Und da kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Coaching so funktionieren kann, dass man nur irgendwie abstrakt darüber spricht, was man dort macht, sondern da werden wahrscheinlich verschiedene Fragen durchgegangen.

Das kann aus unserer Sicht dazu führen, dass Informationen den Besitzer aus dem Justizministerium zu diesen Agenturen wechseln, und diese Agenturen, die gleichzeitig auch auf ihren Homepages einsehbar Litigation-PR anbieten – das ist ja nicht so, dass wir uns das aus den Fingern gesogen haben, sondern das kann man dort nachlesen –, könnten diese Informationen dann natürlich auch verwenden.

Aber so weit sind wir ja noch gar nicht. Mir würde sich ja grundsätzlich jetzt einmal die Frage stellen, ob das Thema Coachings im Kabinett des Justizministeriums besprochen worden ist, ob aufgefallen ist, dass dort hauptsächlich eine Agentur verwendet worden ist, die der SPÖ zuzuordnen ist, und warum ausgerechnet in einem einzigen Fall, beim umstrittenen Oberstaatsanwalt Fuchs, auf eine ÖVP-Agentur zugegriffen worden ist. Das ist eine Frage, die sich meines Erachtens wunderbar mit dem Untersuchungsgegenstand deckt, und ich würde bitten, dass wir diese heute wieder einmal zulassen.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Ich bin ja wie immer, Herr Abgeordneter, von Ihren überzeugenden Argumenten geradezu frappiert. Es ist mir natürlich klar, dass Sie hier die Auskunftsperson nicht gefragt haben, ob Sie selber es gemacht hat. Die Zulässigkeit einer Frage ist immer im Einzelfall zu beantworten. Möglicherweise wird Ihnen das auch wunderbar bei der nächsten Auskunftsperson gelingen. In dieser allgemeinen Art, wie Sie es jetzt sagen, bin ich der Meinung, dass man es zulassen kann. Wenn es eine hier auskunftszuständige oder eine möglicherweise auskunftskompetente Person aus dem Ministerium gibt, die zu diesen allgemeinen Fragen, die Sie hier aufwerfen, nämlich einer bestimmten Parteizugehörigkeit und einer damit allgemein verbundenen potenziellen Gefahr für Beeinflussungen, Auskunft geben kann, dann würde ich es in dieser Weise zulassen, was aber jetzt kein Präjudiz für das nächste Mal ist, Herr Abgeordneter.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Besten Dank. Dann bitte ich, der Auskunftsperson außerhalb der Redezeit diese drei Fragen noch einmal in Erinnerung zu rufen, die Sie vorhin formuliert haben, und bitte um Beantwortung.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke schön. Frau Verfahrensrichterin, Sie können nur eine Frage nicht zulassen, die gestellt worden ist. Ich habe ja die Frage, die Sie nicht zugelassen haben, gar nicht gestellt. – Das jetzt abschließend dazu.

Was ich wissen wollte: Ist im Kabinett über diese Coachings damals schon im Zuge des Ibiza-Untersuchungsausschusses gesprochen worden und ist speziell über die Situation gesprochen worden, dass offensichtlich auf zwei verschiedene Agenturen zugegriffen worden ist, wobei es auffällig war, dass es nur einen einzigen zu Coachenden gegeben hat, der auf eine andere Coachingagentur zugegriffen hat, nämlich auf eine ÖVP-nahe, während alle anderen bei einer SPÖ-nahen Agentur gewesen sind? Das soll so sein. Haben Sie dazu Wahrnehmungen gemacht?

Dr. Sarah Böhler: Ja, also im Kabinett wurde uns während des Ibiza-U-Ausschusses sehr wohl bekannt, dass es im Justizministerium üblich ist, quasi vor dem Untersuchungsausschuss VertreterInnen der Justiz, die dort als Auskunftspersonen geladen sind, zu coachen. Soweit ich informiert bin, hat die Ministerin ein solches Coaching einmal in Anspruch genommen. Ich selbst habe das nicht in Anspruch genommen, deshalb weiß ich auch nicht, wie das abläuft.

Zu Ihrer zweiten Frage habe ich keine unmittelbar persönlichen Wahrnehmungen. Ich weiß, soweit mir mitgeteilt wurde, wollte eben der Leitende Oberstaatsanwalt Fuchs für sein Coaching im U-Ausschuss nicht dieselbe Agentur in Anspruch nehmen wie die WKStA, und die zuständige Abteilung hat hier gemeinsam mit ihm nach einer Alternative gesucht.

Dabei wurde so aber auch – wie gesagt: wurde mir mitgeteilt – ausdrücklich nach etwaigen Unvereinbarkeiten gefragt beziehungsweise geprüft. Wie es dann genau zu dieser Auswahl der Agentur kam, ist mir nicht bewusst. Persönlich war ich jedenfalls nicht in diese Entscheidungsfindung eingebunden. Es ist durchaus möglich, dass diese Akten auch der zuständigen Referentin im Kabinett vorgelegt wurden, aber ich habe sie – jedenfalls soweit ich mich erinnern kann, es ist doch, glaube ich, auch schon längere Zeit her – nicht in meinem Arbeitsvorrat gehabt.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke schön.

Das war eigentlich eine sehr interessante Antwort, dass er nicht die gleiche Agentur haben wollte wie die WKStA. Das ist ja schon grundsätzlich einmal spannend.

Eine weitere Frage noch zu diesem Themenkomplex und zwar: Grundsätzlich ist das Thema Litigation-PR ja ein Thema, das uns vor allem im Zuge der letzten beiden Untersuchungsausschüsse immer wieder einholt. Es gibt Wechsel von der Justiz zu entsprechenden Agenturen, zu Anwaltskanzleien, wie auch immer. Ist das Thema Litigation-PR bei Ihnen im Kabinett einmal durchdiskutiert worden und auch jenes, was etwaige Unvereinbarkeiten oder im schlimmsten Fall auch Beeinflussung von Verfahren betrifft?

Dr. Sarah Böhler: Könnten Sie die Frage konkretisieren?

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ja. Also das Thema Litigation-PR wird immer stärker diskutiert, vor allem, weil es in der jüngeren Vergangenheit immer mehr Wechsel von Justizangehörigen zu diversen PR-Agenturen oder Rechtsanwaltskanzleien gegeben hat. (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)

Meine Frage ist: Haben Sie das auch einmal im Kabinett diskutiert, dass das ein Punkt ist, den man mehr aufs Radar setzen sollte, weil ja dadurch natürlich auch – das liegt ja im Sinn der Sache von Litigation-PR – Verfahren beeinflusst werden könnten? Also sind Sie sich dieser Gefahr bewusst, haben Sie es diskutiert und haben Sie entsprechende Sicherheitsmaßnahmen eingezogen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Ja, das wurde schon diskutiert, insbesondere bei jenen Abgängen aus der Justiz, die Ihnen ja auch bekannt sind. Hier spreche ich ad personam Herrn Jarosch und Frau Poppenwimmer an. Es ist so, dass diese Personen grundsätzlich natürlich weiterhin der Amtsverschwiegenheit unterliegen und keinerlei Wissen, das sie aus ihrer Tätigkeit für die Justiz erfahren haben, quasi weitertragen dürfen. Wir werden das aber schon im Rahmen der Complianceregelungen anschauen. Es ist ja in der Privatwirtschaft oft so, dass es eine Cooling-off-Periode geben muss. Es ist die Frage, ob das hier nicht auch sinnvoll sein könnte. Gesetzlich ist so was aber derzeit eben nicht vorgesehen und kann daher auch nicht seitens des Justizressorts verordnet werden.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Danke.

Letzte Frage: Wird das Justizministerium auch in Zukunft auf Agenturen für diverse Coachings und Beratungen zurückgreifen, die gleichzeitig auf ihren Homepages auch als Leistungspaket Litigation-PR anbieten? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)

Dr. Sarah Böhler: Das kann ich jetzt so nicht mit Sicherheit beantworten. Grundsätzlich sind das eben Entscheidungen, die im Wirkungsbereich der zuständigen Abteilungen liegen. Wir werden da auch nicht mit jedem Fall befasst, daher kann ich Ihnen das jetzt weder bejahen noch verneinen, fürchte ich.

Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herzlichen Dank.

Also bis die Justiz den Entscheidungsfindungsprozess abgeschlossen hat, können ja auch wir als Gesetzgeber einspringen und vielleicht ein nötiges Gesetz dafür zusammenstellen. – Danke schön.

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Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Gut, dann wäre vorerst einmal niemand mehr zu Wort gemeldet. Gibt es den Wunsch nach einer dritten Runde? – Kann ich so nicht erkennen.

Da die nach der Verfahrensordnung vorgesehene Befragungsdauer noch nicht erschöpft ist, frage ich abschließend die Verfahrensrichterin, ob Sie noch ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten will.

Verfahrensrichter-Stellvertreterin Mag. Christa Edwards: Überraschenderweise: Nein, danke.

Vorsitzender-Vertreter Ing. Norbert Hofer: Das ist also diesmal nicht der Fall.

Damit kann ich festhalten, dass keine weiteren Fragen mehr vorliegen und ich die Befragung der Auskunftsperson für beendet erkläre.

Frau Dr. Sarah Böhler, ich bedanke mich, auch bei ihrer Vertrauensperson, für das Erscheinen im U-Ausschuss und für die Beantwortung der Fragen.