524/KOMM XXVII. GP
Kommuniqué
des
Untersuchungsausschusses betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen
ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) (4/US XXVII.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Prof.in Dr.in Gabriele Aicher in der 19. Sitzung vom 25. Mai 2022
Der Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 22. Sitzung am 22. Juni 2022 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Prof.in Dr.in Gabriele Aicher nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2022 06 22
Mag. Corinna Scharzenberger Mag. Wolfgang Sobotka
Schriftführung Vorsitz
Untersuchungsausschuss
betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP‑Regierungsmitglieder
(ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)
Stenographisches Protokoll
19. Sitzung/medienöffentlich
Mittwoch, 25. Mai 2022
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Gesamtdauer
der 19. Sitzung
9.03 Uhr – 18.56 Uhr
Camineum
Befragung der Auskunftsperson Prof. Dr. Gabriele Aicher
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich komme zur Belehrung der heutigen Auskunftsperson, Frau Prof. Dr. Gabriele Aicher. Frau Dr. Aicher, ich darf Ihnen folgende Belehrung zukommen lassen: Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder als Auskunftsperson zu den Themen Beeinflussung von Ermittlungen und Aufklärungsarbeit sowie Begünstigung bei der Personalauswahl angehört.
Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung erhalten; auf diese Belehrung weise ich Sie ausdrücklich hin.
Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und auch vollständig zu beantworten. Eine falsche Beweisaussage vor diesem Ausschuss kann wie eine falsche Beweisaussage vor Gericht mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden.
Es besteht vor diesem Ausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Allfällige Aussageverweigerungsgründe konnten Sie ebenfalls der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Die Gründe für eine Aussageverweigerung wären im Einzelfall anzugeben und über Verlangen auch glaubhaft zu machen.
Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.
Dem Ausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von der Vertrauensperson an sich genommen werden. Kopien, Notizen oder Auszüge dürfen nicht angefertigt werden.
Sie sind berechtigt, Beweisstücke vorzulegen, auch die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen.
Sie sind in Begleitung des Herrn Rechtsanwaltes Mag. Michael Mössler gekommen. Ich darf Herrn Rechtsanwalt Mössler aufgrund unserer Verfahrensordnung auch eine kurze Belehrung zukommen lassen. Auch eine allfällige Mittäterschaft, nämlich an einer vorsätzlichen falschen Aussage, kann – wie bei der Auskunftsperson selbst – auch hinsichtlich der Vertrauensperson mit einer Freiheitsstrafe bestraft werden. Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz.
Die Auskunftsperson – und das ist wesentlich – kann Sie als Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen und Sie können sich mit der Auskunftsperson ohne zeitliche Beschränkung beraten. Die Auskunftsperson darf dabei nicht an der Ablegung einer freien und vollständigen Aussage gehindert werden oder diese Aussage beeinflusst werden.
Sie selbst sind nicht berechtigt, im Ausschuss das Wort zu ergreifen. Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in die Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson steht es Ihnen frei, sich unmittelbar an mich als Verfahrensrichter oder an die rechts neben mir sitzende Frau Verfahrensanwältin zu wenden. – Frau Vorsitzende, ich bin mit meiner Belehrung am Ende. Danke.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ich danke Ihnen, Herr Verfahrensrichter.
Frau Dr.in Aicher, als Auskunftsperson haben Sie das Recht, eine einleitende Stellungnahme abzugeben, die 20 Minuten nicht überschreiten soll. Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen? (Auskunftsperson Aicher: Ja, bitte!) – Bitte, dann ersuche ich um Ihre Stellungnahme.
Dr. Gabriele Aicher: Danke schön. Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Verfahrensrichter! Sehr geehrte Frau Verfahrensanwältin! Sehr geehrte Abgeordnete! Vielen Dank, dass Sie mir Gelegenheit geben, hier Stellung zu nehmen. Gerne werde ich mich anschließend Ihren Fragen stellen, auch wenn eigentlich ich durchaus eine Reihe von Fragen an Sie hätte.
Ich möchte mit einigen Ausführungen zu meiner Person und zu meinem Werdegang beginnen, damit Sie sich ein Bild von mir machen können.
Ich habe bereits während des Studiums und daran anschließend an den Universitäten Graz und Wien als Studien- und Universitätsassistentin gearbeitet, sehr viel unterrichtet. Um die Qualifikation für einen juristischen Kernberuf zu erlangen, habe ich im Rahmen einer Karenzierung, der sogenannten Aktion Wissenschafter für die Wirtschaft, die Anwaltsausbildung absolviert und wurde eintragungsfähige Rechtsanwältin.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits beinahe 20 Jahre Bundesdienst hinter mir. Mein damaliger Chef an der Universität ist verstorben und so entschloss ich mich nach einer kurzen Zeit bei der Finanzprokuratur, dem Anwalt des Bundes, zu einer Bewerbung zur Justiz. Ich wurde von der Justiz übernommen, absolvierte die Richteramtsprüfung und fand meine wahre Berufung in der Staatsanwaltschaft.
Nach vier Jahren als Staatsanwältin wurde ich zur Oberstaatsanwaltschaft Wien ernannt, und Anfang 2003 kam ich schließlich zur Generalprokuratur. Die Generalprokuratur ist die oberste Staatsanwaltschaft, aber nicht die oberste Anklagebehörde. Daneben habe ich weiterhin an den Universitäten Graz und Wien sowie an der Wirtschaftsuniversität unterrichtet und auch wissenschaftlich gearbeitet.
Als Staatsanwältin, Oberstaatsanwältin und Generalanwältin war ich daher für meine wissenschaftliche Herangehensweise bekannt. Ich habe keine politischen Förderer gehabt und bin auch in keiner Weise ÖVP-nahe.
An der Universität Wien habe ich überwiegend mit Prof. F. H.[1] zusammengearbeitet, der nicht nur bekennender Grüner, sondern auch mit Peter Pilz befreundet ist. In dem Peter Pilz zuzurechnenden Onlinemedium Zackzack wurde behauptet, ich sei eine enge Verbündete von Sektionschef Mag. Christian Pilnacek und Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter und würde mich deshalb mit unberechtigt scharfer Kritik hervortun.
Prof. F. H., mit dem ich nicht nur zusammengearbeitet habe, sondern seit Jahren eng befreundet bin, konnte diese Behauptung, die unter Berufung auf ihn erfolgt ist, nicht nachvollziehen. Im Kreditschädigungsverfahren, das ich gegen Zackzack anstrengte, verpflichtete sich die beklagte Zack Media GmbH – zwischenzeitig rechtswirksam –, derartige Behauptungen und die Verbreitung derartiger Äußerungen über mich zu unterlassen.
Neben Prof. F. H. bin ich auch eng mit bekennenden Sozialdemokraten befreundet. Die Vermutung, ich sei Teil eines schwarzen oder türkisen Netzwerkes, entbehrt daher jeglicher Grundlage. Auch habe ich meine Karriere nicht Sektionschef Mag. Christian Pilnacek zu verdanken. Dieser war an meiner Ernennung zur Oberstaatsanwaltschaft und später zur Generalprokuratur nicht involviert. Ich betone das deswegen, weil seit einigen Jahren jeder, der eine der WKStA nicht genehme Entscheidung trifft, als Teil eines Systems Pilnacek oder der türkisen Familie bezeichnet wird.
In diesem Zusammenhang darf ich an die parlamentarische Anfrage 1906/J von Dr. Stephanie Krisper und KollegInnen in der „Causa Stadterweiterungsfonds und ‚System Pilnacek‘“ vom 7. Mai 2020 erinnern, in welcher auf eine anonyme Anzeige von OberstaatsanwältInnen der WKStA und des BMJ Bezug genommen wird, wonach alle maßgeblichen Entscheidungsträger nur durch Pilnacek in ihre Positionen gekommen wären und ihm daher zur Dankbarkeit verpflichtet seien.
In dieser Anfrage wurde auch die Unsachlichkeit der Zurücklegung einer Anzeige der WKStA gegen Pilnacek durch die Staatsanwaltschaft Linz behauptet, und die Ministerin gefragt, ob der in diese Entscheidung eingebundene Weisungsrat nicht befangen sei, weil der Generalprokurator ein Freund von Pilnacek sei.
Es wurde gefordert, weitere Delegierungen an die Staatsanwaltschaft Linz zu unterlassen, weil der Leitende Oberstaatsanwalt mit Pilnacek befreundet und dessen Tochter der ÖVP zuzuordnen sei. Bei dieser Anfrage ging es nur darum, die involvierten Entscheidungsträger anzupatzen.
Die Ministerin antwortete nur lapidar, sie sei über Freundschaften und politische Gesinnung ihrer Mitarbeiter oder deren Kinder nicht informiert, anstatt derartige Angriffe auf Justizangehörige zu unterbinden.
Aus diesem Grund wurden von der Generalprokuratur weitere Verfahren nach Innsbruck delegiert. Die Arbeit in der Generalprokuratur war nicht mehr das, was sie einmal war. Ständig wurden wir auch angegriffen, und zwar trotz der Tatsache, dass die von der WKStA gegen Sektionschef Mag. Pilnacek erhobenen Vorwürfe völlig substratlos und unrichtig waren.
Wir waren entsetzt über die heimliche Tonaufnahme einer Dienstbesprechung durch Angehörige der WKStA, entsetzt darüber, was aus harmlosen Aussagen von Sektionschef Mag. Pilnacek und anderen gemacht wurde, und wir waren entsetzt über die Untätigkeit der Justizminister Moser, Jabloner und Zadić.
Es wurde noch eine Vielzahl an weiteren, völlig haltlosen Anzeigen erstattet – mit der Folge, dass bei Aufzeigen dieser Haltlosigkeit auch die Generalprokuratur angegriffen wurde. Fundierte Begründungen – sei es nun im Gutachten über die Wiederbestellung von Sektionschef Mag. Pilnacek oder in den Entscheidungen des Weisungsrates – wurden einfach ignoriert. Hängen geblieben sind nur unzulässig an die Medien gelangte und aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen aus der Dienstbesprechung. Sie erinnern sich sicher gut daran, wie der Begriff „daschlogn“ vom ORF und anderen Medien genüsslich aufgebauscht wurde oder private Chats verbreitet wurden, wobei der Satz: Es mag ja strafrechtlich nicht relevant sein, aber das ist untragbar!, zur Legende wurde.
Nachdem ich Ende 2021 in Pension gegangen war, ereilte mich aufgrund eines vom Gesetz vorgesehenen Vorschlags des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs unter Einbindung anderer hochrangiger Personen der Ruf zur Rechtsschutzbeauftragten. Der Rechtsschutzbeauftragten obliegt die Wahrnehmung besonderen Rechtsschutzes bei gesetzlich garantierter Unabhängigkeit und unter anderem mit der wichtigen Aufgabe, als Vertreterin des Beschuldigten bei besonderen Ermittlungsmaßnahmen auf die Einhaltung der Grundrechte zu achten.
In den ersten Monaten war die Arbeit als Rechtsschutzbeauftragte auch wunderbar. Die Zusammenarbeit mit den normalen Staatsanwaltschaften war friktionsfrei. Ich hatte eine herausragende wissenschaftliche Mitarbeiterin und eine großartige Geschäftsstelle – alles höchst untadelige Personen. Das Wohl und der Schutz dieser MitarbeiterInnen stand für mich immer an erster Stelle.
Für Sie ist es ja alles schon selbstverständlich: in den Medien Details aus dem Ibizaverfahren und Faksimiles wie jenes von der Mitteilung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Sebastian Kurz über 50 Seiten oder auch den Beschluss über die Handyortung zu lesen. Was Sie nicht wissen, ist, dass aufgrund derartiger Veröffentlichungen Strafverfahren wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses eingeleitet werden, und dabei steht jeder unter Verdacht, der den Akt in Händen hatte. Meist verfasst die WKStA derartige Anzeigen unter Hinweis darauf, dass der Akt auch an die Oberstaatsanwaltschaft, das BMJ oder die Generalprokuratur vorgelegt worden sei, sodass bis zur letzten Schreibkraft jeder im Gelegenheitsverhältnis stehen soll. Jeder Bedienstete außerhalb der WKStA, der den Akt bearbeitet, wird sohin als potenzieller Verräter von Amtsgeheimnissen behandelt.
Da auch meine Mitarbeiter und ich in den unbegründeten Verdacht gerieten, sah ich mich als Behördenleiterin in der Pflicht, anwaltlichen Schutz für meine Mitarbeiter und mich zu suchen. Außerdem habe ich, offensichtlich zu Recht, öffentlich wirksame Angriffe gegen meine Person, verbunden mit einer negativen Medienkampagne, befürchtet. Diese startete ja bereits einen Tag nach der durchgeführten Ermittlungsmaßnahme, weil ich wegen des Fehlens meiner nach dem Gesetz zwingend vorab einzuholenden Ermächtigung Beschwerde gegen die gerichtliche Bewilligung einer besonderen Ermittlungsmaßnahme eingebracht und dabei auch das Vorgehen der WKStA kritisiert habe. Derartigen Angriffen wollte ich unter Zuhilfenahme anwaltlicher Beratung bei meiner Presseaussendung vorbeugen, was aus heutiger Sicht leider nicht gelungen ist.
Vor allem wurde mir vorgeworfen, das Verfahren gegen Kurz zu torpedieren, sodass ich aufzeigen wollte, dass sich mein Einschreiten nur auf die von mir vertretenen Berufsgeheimnisträger beschränkte. Die Unabhängigkeit der Rechtsschutzbeauftragten umfasst jedenfalls auch die Befugnis zur Heranziehung von Expertenmeinungen unter Wahrung der Amtsverschwiegenheit und des Datenschutzes.
Auch aus rechtsstaatlichen Gründen ist es unzumutbar, wenn höchste staatliche Stellen jemanden die Wahl eines Rechtsanwalts vorwerfen oder gar vorgeben. Das ergibt sich nicht zuletzt aus Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der leider in der österreichischen Politik in letzter Zeit viel zu wenig Bedeutung beigemessen wird. Dass der Kanzleipartner des von mir beigezogenen Rechtsvertreters zu diesem Zeitpunkt einen Beschuldigten in einem mir völlig unbekannten Teil des Ibizaverfahrens vertreten und später die Vertretung eines Beschuldigten in dem von mir bereits abschließend bearbeiteten Teil des Verfahrens übernommen hat, wusste ich nicht. Die freie Anwaltswahl ist, wie auch der EuGH jüngst festgehalten hat, ein Grundrecht. Es ist Aufgabe des Anwalts, festzustellen, ob er einen Konflikt hat, nicht aber die Aufgabe des Mandanten.
Die vor dem Auftritt der Leiterin der WKStA vor dem Untersuchungsausschuss durch die Medien an die Öffentlichkeit gelangte Befangenheitsanzeige gegen meine Person vom 21. März 2022 erfolgte ohne Anlass und ohne Rechtsgrundlage. Tatsächlich hatte ich die Bearbeitung von jedweden Teilen des Ibizaverfahrens schon längst meiner Vertreterin übertragen, deren Anforderung einer Aktenkopie trotz Urgenz wochenlang von der WKStA ignoriert worden war. Dass nicht ich, sondern die Vertreterin zuständig war, ergab sich aus den Anforderungsschreiben. Überdies hatte ich es auch der Ministerin bei einer Besprechung zugesagt, derartige Akten nicht zu bearbeiten.
Die Zustellung dieser Befangenheitsanzeige gegen mich samt der von meiner Vertreterin angeforderten Aktenkopie erfolgte unter Missachtung des § 47a Abs. 5 StPO vorerst nicht im Wege der Geschäftsstelle des Obersten Gerichtshofes. In einem Telefonat mit meiner Vertreterin kündigte die Leiterin der WKStA sogar die Meldung an das Bundesministerium für Justiz an, sollte sie die gesetzlich nicht vorgesehene persönliche Übernahme verweigern. Letztlich fand sich die WKStA zu einer anonymen Übergabe an die Geschäftsstelle bereit, ohne die Möglichkeit einer geschäftsordnungsgemäßen Erfassung zu geben – sohin in erneuter Missachtung des Gesetzes.
Die Befangenheitsanzeige war überdies entgegen der Bestimmung des § 47a Abs. 3 StPO, letzter Satz, nicht an mich gerichtet, sondern an die Vertreterin. Fragwürdig erscheint der Hinweis der Leiterin der WKStA in dieser Befangenheitsanzeige auf ein von der Oberstaatsanwaltschaft und dem Bundesministerium für Justiz genehmigtes Vorhaben, weil die geschilderte Vorgangsweise weder geboten noch berechtigt war, was bei der Genehmigung hätte auffallen müssen.
Den in der Befangenheitsanzeige offen erhobenen Vorwurf, wonach eine Verletzung der Amtsverschwiegenheit durch mich dringend indiziert sei, weise ich auf das Schärfste zurück! Aufgrund meiner breiten wissenschaftlichen und beruflichen Basis ist es geradezu absurd, mir zu unterstellen, ich würde eine Beschwerde unter Zuhilfenahme eines Anwalts ausführen und dabei zwingend Umstände verraten, die dem Amtsgeheimnis unterliegen.
Dieser Vorwurf entbehrt jeglicher Grundlage. Fakt ist und bleibt jedenfalls: Die WKStA hat im Beinschab-„Österreich“-Tool-Verfahren durch Antragstellung an das Gericht ohne Einholung meiner gesetzlich vorgeschriebenen Ermächtigung das Gesetz verletzt, ebenso das Gericht durch den darauffolgenden Bewilligungsbeschluss. Obwohl die WKStA diesen Gesetzesverstoß selbst zugestanden hat und jüngst auch das Oberlandesgericht Wien in Stattgebung meiner Beschwerde die angefochtene gerichtliche Bewilligung ersatzlos aufgehoben hat, wird meine berechtigte Kritik völlig haltlos als politisch motivierter Angriff auf die WKStA und deren Ermittlungen dargestellt.
Unter den geschilderten Umständen und in der Erkenntnis, dass mir die Wahrnehmung meines gesetzlichen Auftrags durch mediale Diffamierung und vorgebliche Befangenheit verunmöglicht werden soll, ist mir eine weitere Ausübung meiner Tätigkeit als Rechtsschutzbeauftragte nicht zumutbar. Angriffe auf meine wissenschaftliche Mitarbeiterin und die Kanzlei müssen aufhören. Dass die gesamte Tätigkeit der Rechtsschutzbeauftragten darauf ausgerichtet sein soll, Gebühren nur für Wegsehen und Durchwinken zu lukrieren, lässt sich mit meinem Berufsethos nicht vereinbaren. Aus diesem Grund habe ich zwischenzeitlich meinen Verzicht erklärt.
Letztlich sagt allein die Tatsache, dass ich das Gefühl hatte, zur Wahrung meiner Unabhängigkeit und Integrität anwaltliche Unterstützung zu brauchen, eigentlich alles über die derzeitige Situation in der Justiz aus. Die Idee, dass sich die WKStA, die sich offensichtlich mehr um ihre eigenen Rechte als die der Beschuldigten sorgt, aussuchen will, wer für ihre Kontrolle zuständig sein soll, zeigt von fehlendem Demokratie- und Objektivitätsverständnis. – Danke schön.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke sehr, Frau Dr.in Aicher. Ich darf nunmehr Sie, werter Herr Verfahrensrichter, um die Durchführung der Erstbefragung bitten.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Dr. Aicher, ich habe Ihre Ausführungen mit Aufmerksamkeit verfolgt. Dazu ergeben es natürlich jetzt einige Fragen, auch nach näheren Erläuterungen zu Ihren Ausführungen. Ich möchte mit der auch von Ihnen erwähnten und im Oktober 2021 durchgeführten Onlinepeilung der Handys von Fellner – Brüder Fellner –, „Österreich“, beginnen.
Sie haben gesagt, Ihre Ermächtigung zu dieser Maßnahme ist nicht eingeholt worden, und Sie haben daraufhin eine Beschwerde gegen diese Vorgangsweise beziehungsweise gegen den diese Vorgangsweise bewilligenden Beschluss des Landesgerichtes erhoben.
Können Sie dazu etwas näher Stellung nehmen? Meine Zusatzfrage wäre, ob Sie sich da aufgrund Ihres Einschreitens auch eines Rechtsanwaltes bedient haben.
Dr. Gabriele Aicher (erheitert): Nein, also das ist - - Das Einschreiten des Rechtsanwalts ist im Übrigen außerhalb des Untersuchungszeitraums, es war jedenfalls erst später. Vielleicht kann ich kurz schildern, weil das Ganze doch - - Die Erstentscheidung ist ja an einem 1. – Nachmittag – gefallen. Ich wurde um 14 Uhr von der WKStA verständigt, und zwar derart, dass bei einer Standortpeilung oder so festgestellt worden sei, dass eine der Telefonnummern offensichtlich einem Medieninhaber zuzuordnen sei. Das ist jetzt im Prinzip nicht ungewöhnlich, dass man da erst – also jetzt wirklich, wenn man die Nummer anpeilt – draufkommt, weil es durchaus sein kann - - Medieninhaber ist, wie ja einige von Ihnen wissen, auch derjenige, der einen Blog betreibt, und das muss man nicht unbedingt vorher wissen.
Das heißt, ich hatte keine Ahnung, sondern nur die Mitteilung, es sei eine Nummer betroffen, die - - ist und man meine Ermächtigung brauche. Daraufhin sagte ich: Ja, Sie müssen mir da jetzt den Akt schicken!, also dass ich jetzt irgendwas dazu sage - -, das muss man sich natürlich anschauen, weil die Bestimmungen ja sehr streng sind. Mir wurde der Akt dann um 15 Uhr übermittelt, - - war schon etwas schwieriger. Ich muss dazu ausführen: Im Gesetz steht, dass Zustellungen an die Rechtsschutzbeauftragte ausschließlich im Wege der Geschäftsstelle des Obersten Gerichtshofes zu erfolgen haben. Mir ist da über den Gang jemand nachgelaufen, der verzweifelt versucht hat, mir seinen Riesenpacken Unterlagen in die Hand zu drücken, und ich habe ihn dann gebeten, in die Geschäftsstelle zu kommen, wobei ich jetzt sagen muss, dass sämtliche Akten bei besonderen Ermittlungsmaßnahmen Verschlussakten sind und daher entsprechend der Verschlusssachenordnung behandelt werden müssen. Ich führe aus diesem Grund einen elektronischen Akt, weil: Das erleichtert natürlich auch das Herumtragen des Aktes innerhalb des Justizpalastes und vor allem habe ich niemals irgendwelche Papiere herumliegen; und die Zugriffe auf den elektronischen Akt sind ja feststellbar.
Das heißt, bis dann diese Unterlagen in den elektronischen Akt eingebracht waren, war es also 15.30 Uhr, und ich lese als Erstes irgendwie einen Antrag gegen H.-C. Strache, und das steht ja auch auf jedem Ding oben, wo mir also einmal überhaupt nichts klar war. Ich meine, es war mir schon klar, dass dieses Ibizaverfahren aus meiner Sicht eben ein Riesenakt ist, der aus so vielen Strängen besteht, dass ja – soweit ich das mitbekommen habe – nicht einmal der fallführende Staats- - oder der fallführende Gruppenleiter sagen kann, wie viele - - und was erledigt ist und was nicht erledigt ist.
Gut, und daraufhin habe ich begonnen zu lesen – und ich meine, der Beschluss hat ja irgendwie 100 Seiten, das ist ja aufmerksam zu lesen, auch wenn ich ihn natürlich insbesondere auf die betroffenen Medieninhaber hin gelesen habe, die mich ja interessieren – und habe auch, also das, soweit ich Akten, Unterlagen gelesen habe, bis, glaube ich, ungefähr 23 Uhr dann in eine Erledigung gefasst gehabt, weil die Staatsanwaltschaft sagte, sie braucht das am nächsten Tag oder die entsprechende Hausdurchsuchung finde am nächsten Tag statt.
Das heißt, zu diesem Zeitpunkt war inhaltlich alles klar. Ich bin allein in meinem Zimmer gesessen und habe gearbeitet. Also ich weiß nicht - - (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich meine, zu dem Zeitpunkt wäre ich ja nicht einmal auf die Idee gekommen, in irgendeiner Form einen Anwalt beizuziehen. Die Beiziehung erfolgte ja erst, nachdem es die ersten Angriffe auf mich und vor allem leider auch auf meine Mitarbeiter gegeben hat, und das trifft mich ja am meisten.
Sie müssen sich vorstellen, dass in diesen Fällen die Mitarbeiter ständig einvernommen werden. Sie sind nicht nur verdächtig, sondern sie werden einvernommen, und ich wollte eigentlich nicht haben, dass meine – das ist aber erst wesentlich, wesentlich später, das war erst nach der Beschwerde, das vielleicht - -
Sie wollten jetzt einmal das Vorgehen wissen. (Verfahrensrichter Pöschl: Ja!) Kurzum, ist die Entscheidung da gefallen, und damit war also auch klar, dass ich eine Beschwerde machen muss.
Es gab einen ebenso rechtswidrigen Beschluss, der eben die zwingende Ermächtigung völlig ignoriert hat. Ich muss nur dazu gleich jetzt sagen, dass diese WKStA, die kurze Zeit vorher im BVT-Verfahren die verbleibenden Beamten aufgrund von Zufallsfunden – weil: da muss man Akten intensiv durchsuchen – wegen der Unterlassung der Einholung der Vorabgenehmigung durch ihren Rechtsschutzbeauftragten oder einer verspäteten Mitteilung – es gibt also unterschiedliche Dinge – angeklagt hat. Die haben ihren Job verloren, weil sie ihren Rechtsschutzbeauftragten nicht verständigt haben. Es hat sich dann Gott sei Dank im Verfahren herausgestellt, dass die subjektive Tatseite nicht vorgelegen ist, und es daher einen Freispruch gegeben hat.
Aber wenn das der WKStA passiert – und es ist ja nicht passiert, das muss ja entweder – nicht? – Gesetzesunkenntnis sein oder eben bewusst ausgelassen worden sein –, dann ist es Schuld des Rechtsschutzbeauftragten.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Dr. Aicher, ich habe, um auf Ihre Beschwerde einzugehen, gesehen, dass Sie auch die Unterlassung der Trennung der Verfahren bei der WKStA gerügt haben. Es ist ja bekannt, dass alles in einem Aktenzeichen geführt wird, das gesamte Verfahren. Was hat Sie dazu bewogen, auch das zum Gegenstand der Beschwerde zu machen?
Dr. Gabriele Aicher: Also primär muss man den Sonderfall der besonderen Ermittlungsmaßnahmen haben, den ich hier habe, und die klare Tatsache, dass der Grundverdacht - - Es gab ja keine Anzeige, sondern es gab in dem Akt so quasi ein Auswertungsgutachten, bezeichnet Beinschab-„Österreich“-Tool. Und da war bereits Überschrift: Also alles, was sich darin befindet, ergibt sich aus Zufallsfunden.
Wenn Sie jetzt – gerade bei Berufsgeheimnisträgern – irgendeine Form von Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis haben, jetzt zwar mit gerichtlicher Bewilligung, ist im Gesetz ausdrücklich verfügt, dass mit Zufallsfunden ein gesonderter Akt anzulegen ist.
Das heißt, ich habe hier jetzt – gerade bei meinem Fall – also einen Fall, wo bei jedem Normalen ein getrennter Akt angelegt werden müsste. Das ist nicht erfolgt, sondern es ist eben jetzt in dem Sonderfall, aber es geht natürlich darüber hinaus - -, aber primär war die gesetzliche Bestimmung, dass bei Zufallsfunden ein gesonderter Akt angelegt werden muss, ausschlaggebend dafür, zu sagen: Ich habe daraus die Folge, dass ja der gesetzliche Richter verletzt wird, weil das eben mit einem neuen Akt nach dem Zufallsprinzip aufgeteilt werden würde.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Entschuldigen Sie - -
Dr. Gabriele Aicher: Und das ist dann verallgemeinert worden und natürlich bin ich allgemein auch - -
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Wenn ich Sie richtig verstehe, dann dürfte beispielsweise der Fall Beinschab-Tool und auch andere nicht in diesem Hauptakt geführt werden. Ist das richtig? Verstehe ich das richtig oder ist das falsch?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, das ergibt sich aus dem Gesetz, zwar jetzt deswegen in Bezug - - Also ausdrücklich normiert ist es für Berufsgeheimnisträger, und diese besonderen Zufallsfunde werden einfach auch sonst immer speziell behandelt.
Das ist natürlich ein alter Streit oder ein Ding, das die WKStA mir vorwirft, dass ich meine, ich würde nicht wissen, dass man Zufallsfunde verwertet. Was ich immer gesagt habe, ist: Ich darf nach Zufallsfunden nicht suchen! Ein Zufallsfund ist im Normalfall: Sie machen eine Hausdurchsuchung und haben den Verdacht, dass derjenige Suchtgift hat. Dann kommt man hinein und sieht dort ein blutiges Messer. – Na natürlich darf ich das blutige Messer zustellen.
Was aber in den Verfahren gemacht wird, ist: Ich gehe wegen eines völlig allgemeinen Verdachtes hinein und nehme alles mit und durchsuche alles – also jetzt vor allem in Bezug auf diese Chats. Wenn man sich das anschaut: Das hat ja mit dem ursprünglichen Tatzeitraum nichts zu tun – nicht? –, wenn ich sage: Du hast 2016 was gemacht!, und dann sucht man sich die Chats aber, was weiß ich - - zurück, bis man sie hat.
Die Vorgangsweise bei Zufallsfunden wäre so, dass eben im Gesetz steht: Es ist ein gesonderter Akt anzulegen. Warum? – Nämlich deswegen, weil der Zufallsfund trotzdem immer etwas Besonderes ist und wesentlich sein muss, und ich kann mit einem Zufallsfund allein nichts machen, ja.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche, aber ich habe eine beschränkte Fragezeit. Die Damen und Herren Abgeordneten werden sicherlich noch intensive Fragen dazu stellen.
Gibt es für Sie einen vernünftigen Grund, weshalb die WKStA dieses Verfahren nicht trennt, obwohl es ja in § 27 StPO, wie Sie auch in Ihrer Beschwerde anführen, vorgesehen wäre? Können Sie sich das erklären oder können Sie sich das nicht erklären? (Abg. Krainer: Dürfen wir jetzt Meinungen abfragen oder Wahrnehmungen? – Auskunftsperson Aicher: Bitte? – Abg. Krainer: Darf man jetzt auch Meinungen abfragen?) – Herr Abgeordneter, Sie haben völlig recht. Ich ziehe deshalb die Frage zurück.
Frau Vorsitzende, ich bin mit meiner Erstbefragung am Ende.
*****
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke sehr, Herr Verfahrensrichter!
Die Redezeitvereinbarung, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ist Ihnen bekannt. Im Sinne der Redeordnung erteile ich nunmehr Abgeordneter Dr.in Krisper das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Dr. Aicher! Wir hatten gestern Sektionschefin Göth-Flemmich hier als Auskunftsperson. Wir haben sie auch dazu befragt, wie die Wahrnehmung ihrerseits war, wie die Beratung Ihrer Person durch die Kanzlei Ainedter in der Justiz gesehen wurde. Sie hat gemeint, es wurde sehr kritisch gesehen, dass Sie sich genau die Kanzlei Ainedter als Beratende ausgesucht haben, weil diese unter ihren Mandanten mittlerweile auch zwei hat, die Beschuldigte im Casag-Verfahren sind.
Meine erste Frage wäre: Wann haben Sie begonnen, die Beratungsleistungen der Kanzlei in Anspruch zu nehmen?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe das datumsmäßig jetzt nicht im Kopf, vielleicht darf ich das zeitlich sagen: Also ich habe meine Beschwerde verfasst und habe daraufhin, nachdem sie auch abgefertigt war und die gesamten Umstände ohnedies medienöffentlich waren - -, das heißt, es ist ja bereits am zweiten Tag nach dieser Hausdurchsuchung unter anderem auch der betreffende Handypeilungsbeschluss veröffentlicht worden, wobei ich gleich dazusagen muss, dass dieser Beschluss, wie ich auch durch entsprechende Ausdrucke beweisen konnte, nicht identisch mit meinem war. Es gab Seitenverschiebungen, die konnte man anhand des Faksimiles erkennen, sodass es sich bei dem Veröffentlichten wohl um einen früheren Entwurf handeln musste und jedenfalls nicht um die Ausfertigung, die bei mir im Akt erlegen ist.
Ich habe daraufhin einen Vortrag bei der Jahrestagung der Rechtsschutzbeauftragten gehalten, wo ich erstens ohnedies über diese bereits damals medienöffentliche Geschichte – und hier war ja überhaupt nichts mehr geheim – gesprochen habe. Dann habe ich diesen Vortrag gehalten. Dann ist intern - - Also intern, muss ich jetzt dazusagen, sind mir schon sehr früh Angriffe auf meine Person klar geworden oder verdeutlicht worden, dass es hier Anzeigen - - Ich weiß nicht, was oder was da alles rundherum im Laufen war, nicht?
Es ist einer meiner Vertreter sofort zu mir gekommen und hat mir gesagt: Na es kann dir jetzt wahrscheinlich nichts passieren, aber auf eine Weiterbestellung brauchst du nicht zu hoffen. – Worauf ich dann gesagt habe: Bitte, was habe ich gemacht? Ich habe meine Arbeit gemacht. – Daraufhin wurde gesagt: Na ja, schon, aber bei den Fellners! – Als ob es einen Unterschied machen würde, wer jetzt der Berufsgeheimnisträger ist. Es hat sich ja dann auch später immer diese Verniedlichung hervorgetan.
Na ja, es hat dann weitere Dinge gegeben, dass also hinterrücks immer gekommen ist: Ja und ist da irgendwas hinausgelangt?, oder: Kenne ich die Verschlusssachenverordnung?, weil es da Probleme gegeben hat. Das waren also die nächsten Tage, bis mir bewusst geworden ist – also wirklich: Es wird einem dann heiß und kalt –, dass hier ziemlich ernst Verfolgungsmaßnahmen gegen mich und meine Mitarbeiter im Gange sind. Ich habe das auch aktenmäßig festgehalten und habe dann - -
Jetzt muss man noch einmal dazusagen: Die Einvernahme der Mitarbeiter ist entsetzlich für die Mitarbeiter. Es ist für niemanden lustig, in irgendeiner Form einvernommen zu werden, aber ich hatte vorher schon eine Reihe von Beschwerden, dass den einfachen Kanzleikräften ebenfalls die Handys bei den Einvernahmen abgenommen worden sind – also das schaut zwar jetzt in den Akten so aus, als ob sie sie denen eh aufgedrängt hätten –, das heißt, Sie haben schon mit Handynachschau und Handydurchsuchung zu tun, wenn Sie als Verdächtiger oder als Zeuge einvernommen werden, nicht? Das ist ja immer so eine ungute Geschichte.
Das heißt: Ich habe einen Kanzleibeamten, von dem ich weiß, dass er sicherlich etwas zarter besaitet ist, und die Vorstellung, dass er jetzt von irgendjemandem alleine einvernommen wird, war einfach unerträglich, und zu diesem Zeitpunkt – ich kann es jetzt datumsmäßig nicht sagen, es war aber einige Zeit nach oder zumindest Tage nach diesem Vortrag – wie mir klar geworden ist - - Und dann ging es primär um die Frage: Was mache ich? – Ich habe ja keine Ahnung, die können ja Hausdurchsuchungen machen, wenn sie wieder irgendwas haben wollen. Ich brauchte irgendwie eine Sicherheit, dass jeder meiner Mitarbeiter, der irgendwie verfolgt oder einvernommen wird, irgendeinen Anwalt beiziehen kann, weil: mich können sie ja nicht beiziehen.
Dann ist das Ganze eigentlich aus einem Scherz heraus in eine andere Richtung gegangen. Ich hatte ja auch Probleme. Es gibt eine ganz große Fangruppe der WKStA, die haben T-Shirts und Taschen mit der Aufschrift I love WKStA, die verkauft werden, und irgendwie sage ich: Ich verstehe nicht, ich möchte auch ein T-Shirt mit der Aufschrift „Rechtsschutz“ oder so haben. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich habe mir das ja wirklich schon - -, vielleicht kann man Leute auch für Rechtsschutz begeistern oder so. Es war eigentlich ein Scherz.
Dazu kam dann noch, dass mir von Personen, von denen ich es nicht gedacht hätte, gesagt worden ist: Ja, du hast schon recht, was du machst, aber um Himmels Willen, du darfst doch nicht das Verfahren gegen Kurz gefährden! – Und ich sage: Um Gottes Willen, wie gefährde ich jetzt das Verfahren gegen Kurz? Das hat damit nichts zu tun, sondern ich vertrete eben die, die mir vom Gesetz auferlegt sind. – So kam dann eigentlich die Idee: Man muss klarstellen, dass es jedenfalls nicht Kurz betrifft, dass es aber natürlich an sich schon schlimm ist, einen Berufsgeheimnisträger unter Missachtung aller Bestimmungen zu verfolgen. Da war bitte auch ins Kalkül zu ziehen, dass es natürlich auch auf den Beschluss zutrifft.
Bin ich auch zeitlich eingeschränkt? (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Nein, Sie können natürlich antworten. Es gibt eine Gesamtbefragungszeit - -
Dr. Gabriele Aicher (erheitert): Aha! Na vielleicht können wir die dann mit dieser Frage erschöpfen, dann wäre es vorbei.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Na ja, wenn Sie 4 Stunden beziehungsweise weitere 3,5 Stunden reden wollen.
Dr. Gabriele Aicher (erheitert): Na, Entschuldigung!
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Aber bitte setzen Sie mit Ihrer Antwort fort.
Dr. Gabriele Aicher: - -, dass es natürlich ein Riesenproblem ist, aber das liegt jetzt in der StPO, dass Beschlüsse nur durch eine Stampiglie erlassen werden. Dadurch haben wir ja schon seit Ewigkeiten, schon seit dem BVT-Verfahren und ich weiß nicht, seit wann, die Problematik, dass man das ganz starke Gefühl hat, dass diese Beschlüsse übereilt sind. Also es gibt ja da Geschichten, wo dann ein Richter noch am letzten Tag bevor ans BG irgendwas weggegangen ist, noch irgendetwas bewilligt hat.
Und das ist ja das große Problem: Durch die Stampiglie macht sich der Richter dann den Inhalt des Beschlusses zu eigen und deswegen übersieht er halt offenbar manches – nicht? –, und das war ja dann eines der Hauptprobleme. Der WKStA zu widersprechen ist ja sicherlich für Richter auch nicht lustig, aber übereilte Beschlüsse zu fällen, ist halt die andere Seite.
Gut, also jedenfalls dann nachher - - Und wie gesagt, eigentlich glaube ich, ich wäre mit dem T-Shirt besser beraten gewesen. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Als mit dieser Unterstützung bei der Erklärung, die Sie abgegeben haben?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, also nicht die Unterstützung bei der Erklärung, sondern eigentlich ging es also auch einmal darum: Ich bin ja in meiner Beschwerde - - Irgendwie gab es eine Flut von Medienerklärungen der WKStA. Die WKStA verfügt über zwei Pressesprecher, die mittlerweile jetzt auch im Journal arbeiten sollen, sodass sie Tag und Nacht erreichbar sind – es wurde zwar irgendwie gesagt, das ist noch auf freiwilliger Basis –, das heißt, die betreiben ja unheimlich aktive Medienarbeit.
Ich hatte mir vorher nicht den Kopf darüber zerbrochen, weil ich an sich eher medien- - oder sage: Der gute Staatsanwalt kommt in den Medien nicht vor!, war aber in der Generalprokuratur Mediensprecherin oder Vertreterin der Mediensprecherin vor x Jahren; also ich bin ja doch fast 20 Jahre in der Prokuratur gewesen.
Und jetzt war diese gesamte Situation so, dass alle Journalisten beim Obersten Gerichtshof oder beim Ministerium angerufen haben, beim jeweiligen Mediensprecher, der natürlich keine Auskunft über meine Tätigkeit gegeben hat, sondern der Mediensprecher hat sie an mich verwiesen, beide Mediensprecher, BMJ und natürlich OGH. Der OGH hat dann auch noch eine Presseaussendung gemacht, dass ich nicht die Rechtsschutzbeauftragte des OGH bin, sondern ich bin die Rechtsschutzbeauftragte der Justiz beim Obersten Gerichtshof. Und in dieser Situation musste man erst einmal überlegen, wie die Medienarbeit durch den Rechtsschutzbeauftragten geht. Mir hat dann schon Gottfried Strasser gesagt: Na klar, wir sind eine Behörde, eine eigene Behörde, und als Behördenleiter kann man sich äußern. Also es war ganz klar, dass ich durfte – was die WKStA ja dann auch bestritten hat.
Nach weiterer Abklärung war klar, dass der Medienerlass für mich nicht anwendbar ist, ich bin ja selbst eigentlich auch da drinnen gestanden. Sie müssen sich vorstellen: Ich bin ein eigenständiges Organ, das unabhängig ist, mit einer Minimalausstattung an Behörde, also ich muss ja ohnedies alles selbst machen und schreibe mir auch alles selbst, und deswegen kam das eigentlich von der Idee her eben im Zusammenhang mit dem T-Shirt und mit dieser völligen Verzweiflung, und ich habe es auch selbst geschrieben, allerdings dort. Ich meine, deswegen - - Und ich hatte das nicht, wie soll man sagen - - Ich bin nicht mit einem Stick mit meinem Vortrag oder mit meinen Dingen durch die Gegend gerannt, weil: dann hätte ich es ja da raufgeschrieben, und deswegen habe ich es einfach nur selbst dort verfasst. Also ich weiß nicht, wo da das große Problem sein soll. – Danke schön.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Um zum Punkt zurückzukommen: Irritierend war für Personen, die sich mit dieser Causa befasst haben und die Zeitung lasen, aber eben auch für die Justiz intern bis hinauf zu Sektionschefin Göth-Flemmich, wie sie eben gestern sagte, die Auswahl Ihres Anwalts – das war eigentlich der Punkt. Und weiters irritierend ist dann eigentlich auch der Inhalt der Erklärung, und deswegen hätte ich da ein paar Fragen: Ich kann sie Ihnen auch gerne vorlegen: Vorlage 5. Wenn Sie sie ausgedruckt wollen, gebe ich sie Ihnen gerne; sonst wäre es jetzt für Sie am Bildschirm. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.)
Hier führen Sie aus, zum Beispiel in Absatz drei: „Hinzukommt - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Abgeordnete, warten Sie einen Moment! Es gibt ein technisches Problem. (Abg. Krisper: Ja!) – Bitte, fahren Sie mit Ihrer Frage fort.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dritter Absatz, da wird ausgeführt: „Hinzukommt, dass in diesem Fall aufgrund der Aktenlage eine solche Ermächtigung niemals hätte erteilt werden können.“
Wir wissen, dass Sie die subjektive Tatseite bestritten haben; dazu komme ich später. Was aber hat Sie hier zu dieser Aussage bewogen? Schließlich hat das OLG ja schon bestätigt, dass sehr wohl der Tatverdacht zu bejahen ist, oder?
Dr. Gabriele Aicher: Also erstens: Ich bin 20 Jahre in der Generalprokuratur, und wir machen dort nichts anderes, als Entscheidungen und so weiter auf ihren Inhalt hin zu untersuchen, um zu schauen: Wo habe ich ausreichende Feststellungen oder wo habe ich keine? Ich habe diese Feststellungen, nämlich jetzt auch in dem Ausmaß wie - - nämlich wirklich nicht. Also ein dringender Tatverdacht ist einfach wesentlich mehr, als Sie für eine Anklage brauchen. Bei einer Anklage brauchen Sie, was weiß ich, 51 Prozent Wahrscheinlichkeit, aber bei einem dringenden Tatverdacht brauchen Sie also eine absolute Wahrscheinlichkeit. Wie wir das aus zahllosen Grundrechtsbeschwerden kennen, ist das der Hauptgrund, warum Grundrechtsbeschwerden Folge gegeben wird, weil der dringende Tatverdacht nicht vorliegt. Ich kann eine Entscheidung durchlesen, ob dies der Fall ist. Ich hatte ganz klare - -, ich habe das auch ausführlich ausgeführt, ich habe keinen dringenden Tatverdacht im Hinblick auf die beiden Berufsgeheimnisträger erblickt. Dass das Oberlandesgericht anders entschieden hat, erschüttert mich vielleicht schon, aber auf der anderen Seite musste ich es geltend machen, weil ich noch vorhabe, das an den Obersten Gerichtshof als Gesetzesverletzung heranzutragen.
Und wenn ich etwas an den - -, also wenn ich jetzt schon eine Beschwerde schreibe, das betrifft jetzt vielleicht weniger den dringenden Tatverdacht, aber dass sie die Verletzung des gesetzlichen Richters wahrscheinlich auf die leichte Schulter nehmen, war mir klar, weil - - Und ich musste es aber geltend machen, weil ich nur so eine Entscheidung des Oberlandesgerichtes bekomme, die ich dann an den Obersten Gerichtshof herantragen kann. Und wir brauchen in diesem Zusammenhang wirklich dringend Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, die klarstellend wirken. Das haben Sie ja schon in den letzten Tagen von den anderen Auskunftspersonen auch öfter gehört, dass natürlich erst dann eine Sache abgeschlossen ist, wenn ich das so habe. Dass die Entscheidungen nicht zur Kenntnis genommen werden, das steht halt auf einem anderen Blatt Papier, nicht? Wenn ich zum Beispiel jemandem sage: Du hast interveniert wegen eines Untreueverfahrens, indem du gesagt hast: Da liegt keine Untreue vor! – nicht? –, und dann wird gesagt: Und warum haben Sie mit Pilnacek und so weiter und so fort gesprochen?, und im Endeffekt dann gesagt wird: Bitte, der Oberste Gerichtshof hat ja in dem Sinn entschieden – dann wird das einfach nicht zur Kenntnis genommen, dass nicht jede Rechtsansicht, die vertreten wird, auch zutreffend ist, sondern es wird dann gesagt: Ja, ja, na ja, das war halt so oder so, nicht? Und das ist ja das Hauptproblem, mit dem wir hier zu kämpfen haben. Also mich beunruhigt das nicht weiter.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gut; um wieder zurückzukommen: Hinterfragen wollte ich, dass ja das OLG sehr wohl anderer Meinung war – das ist nun einmal der Status quo im Instanzenzug und der Rechtsprechung – als Sie, und so sehr mir nicht verständlich ist, wie Sie bei der - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Abgeordnete, bitte. (Abg. Krisper: Ja?) Frau Dr.in Aicher, was ist Ihr Problem? Haben Sie ein akustisches Problem? (Auskunftsperson Aicher: ... Problem!) – Mikro vielleicht etwas näher?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich höre mich sehr laut - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Mit etwas Ruhe im Saal – aber wir sind relativ ruhig im Vergleich zu den vorhergehenden Befragungen –: Bitte, wir probieren es noch einmal. (Auskunftsperson Aicher: ... versteh es einfach nicht, vielleicht probieren wir es bitte noch einmal!)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gerne. Also Status quo ist nun einmal, dass das OLG anders entschieden hat, als Sie das eingeschätzt haben. Und genauso, wie es mich irritiert hat, dass Sie bei der Kritik daran, dass Sie Ainedter – gerade Ainedter – als Anwalt Ihres Vertrauens herangezogen haben und das hier jetzt soeben auch mit dem Recht auf einen Anwalt argumentiert haben, als gäbe es keinen anderen in der Republik, genauso irritierend – und da würde ich Sie gerne noch um Ausführungen bitten – sehe ich die Argumentation zu dem Recht auf den gesetzlichen Richter, die Sie im letzten Absatz vornehmen.
Dr. Gabriele Aicher: Entschuldigen Sie, könnten Sie die Frage noch einmal kurz - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Abgeordnete, es wird nicht auf Ihre Fragezeit angerechnet. Wiederholen Sie sie einfach noch einmal.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da mich alle anderen verstanden haben, nur direkt zur Frage, letzter Absatz, Recht auf den gesetzlichen Richter: ob Sie Ihre Kritik noch einmal erläutern könnten, denn schließlich endet man hier jeweils beim gesetzlich vorgesehenen Instanzenzug. Warum soll – nur weil es bei einem Großverfahren wie diesem immer derselbe OLG-Senat ist – deswegen das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt sein?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, der Richter - -, das heißt, sie werden nach dem Zufallsprinzip beziehungsweise nach der festen Geschäftsverteilung zugeordnet, damit Sie den gesetzlichen Richter bekommen. Die Folge dieses einheitlichen Führens des Verfahrens, also dieses undifferenzierten Führens des Verfahrens ist, dass die Staatsanwaltschaft von Vornherein ganz genau weiß, welchen Richter sie bekommt, während dem Beschuldigten sein Recht auf einen ihm unabhängig gesonnenen Richter verbaut bleibt. Also grundsätzlich soll der Richter nicht vorgegeben sein, und das ist eben eine Folge. Das heißt, ich darf nicht vorher schon – ohne eben den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend – einen Richter bekommen, sondern ich habe nach der Geschäftsverteilung und nach den sehr strengen Grundsätzen einen Richter zu bekommen, der eben unabhängig zu sein hat. Das ist aber nur die Folge, die sich eben daraus ergibt, dass das ein Verfahren ist. Aber das ist eher eine rechtliche Argumentation, nicht? Also ich - -
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mittlerweile auch mit all Ihren Nebenausführungen fühle ich mich ein bisschen an die Befragung der Frau Poppenwimmer erinnert, weil es sehr viel um Befürchtungen und Annahmen geht, hier nun zum Beispiel die Annahme – wenn ich Sie richtig verstehe: die Staatsanwaltschaft weiß schon, bei welchem Richter sie landet –, dass dieser Richter dann nicht entsprechend unabhängig agieren würde, weil sich das strukturell in dem Verfahren so bedingt. Dann wiederum Ihr Zitat von vorhin: Die können ja eine Hausdurchsuchung machen, wenn sie wollen – also die Befürchtung, dass die aufgrund der Kritik an Ihrem Vorgehen, das auch auf Ihre Mitarbeiter durchgeschlagen hat, dann eine Hausdurchsuchung machen, wenn sie wollen; und dann noch die Annahme, dass Zufallsfunde gesucht werden und nicht wirklich aufgrund von Tatsachensubstrat Sicherstellungen zur Verdachtslage gesucht werden. Auf was hinauf nehmen Sie das an? Also sehr viele Annahmen (Auskunftsperson Aicher: Na, also schauen Sie, - -!), bei denen ich mich frage, woher Sie das Substrat nehmen. Und da geht es sogar um einen Richter, Herrn Richter Faulhammer. (Auskunftsperson Aicher: Nein, es geht - -!) Warum soll er nicht genauso unabhängig entscheiden - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Bitte lassen Sie die Abgeordnete ihre Frage zu Ende formulieren!
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum soll er nicht genauso unabhängig entscheiden wie andere?
Dr. Gabriele Aicher: Vielleicht darf man einmal klarstellen, dass das nicht eine Rüge am Richter, am konkreten Richter ist oder jetzt eine generelle Rüge am Senat, sondern: die Zuteilung eines Richters, die außerhalb der gesetzlichen Geschäftsverteilung ist, und der Richter ist vorbestimmt. Das ist ja kein Vorwurf gegen den Richter, sondern nicht ad personam. Also ich verstehe da leider Ihre Frage nicht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine nächste Frage wäre, warum Sie nicht die Tatsache, dass Sie sich von der Kanzlei Ainedter beraten lassen, justizintern bekannt gemacht haben, so wie Sie es bezüglich des Beratungsvertrages mit Ihrem Vorgänger Herrn Dr. Gottfried Strasser gemacht haben.
In der Vorlage 10 hätte ich für Sie diese Information, die Sie der Justiz zukommen ließen. Aber die Frage wäre, warum Sie dieses Beratungsverhältnis nicht auch justizintern bekannt gemacht haben. Das hätte vielleicht auch einiges verhindert.
Dr. Gabriele Aicher: Nun, wenn Sie meinen Akten entnehmen, hatte ich immer vor, sobald ich eine Aktenzahl habe, die Vertretung bekannt zu geben. Also das ist ja was anderes. Dr. Strasser war ja als ständiger Berater dabei, aber das war ja ein Anwalt, den man beauftragt. Ich meine, Sie müssen sich vorstellen, ich habe ja einen Anspruch, auch meine Mitarbeiter haben einen Anspruch darauf, einen Vertreter zu haben.
Weil Sie auch die Kostenfrage angesprochen haben, wie das läuft: Das ist ein altes Problem. Solange ich noch in der Generalprokuratur war, und das war ja nur wenige Monate vorher, hatten wir die Problematik immer wieder, dass es natürlich keinen bezahlten Anwalt durch das Ministerium gab, sondern es wurde dann, also in diesen Fällen, gesagt: Ja, also man könne einen Zuschuss haben – nämlich jetzt in den normalen Bereichen. Aber das war alles viel zu zäh – das betrifft jetzt die Jahre vorher –, sodass man es einfach nicht handeln konnte, das heißt, man hatte die Wahl, persönlich einen Anwalt auf eigene Kosten zu nehmen und dann nachträglich allenfalls zu probieren, etwas zurückzukriegen.
Ich war jetzt aber überhaupt nicht in dem ganzen Justizgefüge drinnen, sondern wie gesagt: Ich bin eine eigenständige Behörde. Das heißt, dass ich jetzt da aus dem normalen Justizverhältnis irgendwie dem Ministerium irgendetwas bekannt geben hätte müssen beziehungsweise das Ministerium mir einen Anwalt zahlt, das stand ja überhaupt nicht zur Debatte.
Es wurde mir dann nachträglich auch gesagt: Ja, man könnte die - - Gewerkschaft machen, wo ich also jetzt zum Beispiel auch noch immer das Problem habe. Ich gehöre zur Pensionistengewerkschaft und nicht zur Gewerkschaft öffentlicher Dienst, und ich habe meinen Berater oder meine Vertrauensperson jetzt eigentlich auf eigene Kosten, mit der allfälligen Hoffnung oder so, dass mir die Gewerkschaft etwas dazuzahlt. Das heißt, ich habe keinen Finanzierungsbackground. Ich habe natürlich auch keine Verpflichtung, einen Anwalt, den ich für mich und meine Dinge oder für Beratungen heranziehe, bekannt zu geben, nachdem es ohnedies nicht bezahlt war. Und das bei Strasser war halt auf Dauer angelegt, aber wenn ich für eine einmalige Beratung jemanden beiziehe, hat eine Bekanntgabe nicht zu erfolgen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sie haben es nicht bekannt gemacht, und die Dinge nahmen dann ihren Lauf. Sie haben dann im Mai ein Interview in der „Presse“ gegeben und haben in diesem Interview gemeint, Sie hätten nicht gewusst, dass die Kanzlei Ainedter – weil eben zwei Beschuldigte vertretend – in diesem Strafverfahren involviert ist.
Das heißt, Sie haben sich in dem Moment, in dem Sie sich überlegten, Herrn Ainedter zu konsultieren, nicht erkundigt? Wenn man das nämlich im Internet verifiziert, hat man es in 3 Sekunden. (Die Auskunftsperson berät sich mit der Verfahrensanwältin.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Moment!
Dr. Gabriele Aicher: Auf welches Dokument beziehen Sie sich?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich lege es Ihnen gerne vor, ein „Presse“-Interview vom Mai. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Dr. Gabriele Aicher: Ja, und was beunruhigt Sie dabei?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine Frage ist nur, ob Sie nicht auf die Idee kamen, sich durch eine kurze, wenige Sekunden dauernde Recherche zu erkundigen, ob nicht Ainedter in Verfahren, die aktuell brisant sind, die rechtliche Vertretung übernommen hat?
Dr. Gabriele Aicher: Erstens bin ich kein Richter und kein Staatsanwalt, das heißt, ich bin eigentlich ein gesetzlicher Vertreter der Beschuldigten und daher ohnedies mehr einem Verteidiger zuzurechnen, sodass hier die Frage der Befangenheit schon sehr kritisch ist.
Zweitens ist mir dieser komische Casag-Akt noch immer unbekannt. Schauen Sie sich einmal den Akt an: Ich habe niemals den gesamten Akt gehabt, und ich meine, ob da jemand, ein Verteidiger, irgendjemand anderen vertritt, ist geradezu absurd. Ich meine, auf die Idee wäre ich nicht gekommen, nämlich jetzt - - Es geht um ein kleines - -, einen besonderen Teil, nämlich dieses Beinschab-„Österreich“-Tool und nicht einmal da waren mir irgendwelche Vertreter bekannt.
Wie ich Ihnen schon sagte: dass ist jetzt nicht primär mein Problem, sondern das kann nur ein Problem des Anwalts sein. Die Vorstellung, dass ich zuerst jeden Anwalt daraufhin überprüfe, ob er irgendjemanden vertritt, der - - Ich verstehe einfach die Grundkonstellation nicht, wieso ich bei dieser Wahl darauf hätte achten sollen – jetzt abgesehen davon, dass ich es wirklich nicht wusste. Schauen Sie sich den Akt an, der hat 80 Beschuldigte! Ich bin dann immer wieder erstaunt, wer - -, ich habe aber nicht einmal die Beschuldigtenliste gehabt. Ich habe nicht einmal die Liste gehabt, wo dann die jeweiligen Verteidiger - - sind; ich sehe gerade einmal den Verteidiger von Strache, der immer als Erstes steht. Tut mir leid, ich kann das leider nicht beantworten. (Heiterkeit bei der Auskunftsperson.)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wann haben Sie dann erfahren, dass er zwei Beschuldigte vertritt, und haben Sie dann die Konsequenzen gezogen?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe dann durch das Anschreiben von Journalisten dadurch erfahren oder eigentlich erst nachher, weil ich das zuerst überhaupt nicht verstanden habe. Ich bin gefragt worden, ob ich mit einem Casag-Anwalt Kontakt hatte. Das habe ich dann wahrheitsgemäß beantwortet: Ich habe keine Ahnung, wer Casag-Anwälte sind oder Casag-Vertreter sind, habe das ja auch dann im, egal - - Aber es war nicht aktuell hier, also tut mir leid. (Die Vertrauensperson berät sich mit der Verfahrensanwältin.)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Frage war noch, ob Sie dann eine Konsequenz gezogen haben, nachdem Sie erfahren haben, dass er die beiden vertritt.
Dr. Gabriele Aicher: Die eine Beratung war ja schon erfolgt, also insofern war es ohnedies vorbei. Ich habe für meine Mitarbeiter und für mich zur Vorsorge dann noch einen anderen Anwalt beauftragt.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Ainedter hat Sie nicht darauf aufmerksam gemacht, wenn Sie sagen, Sie sehen die Pflicht beim Anwalt?
Dr. Gabriele Aicher: Ich glaube, dass er selbst auch überhaupt nicht daran gedacht hat. Außerdem geht es um den Kanzleipartner. Ich bin mit dem alten Ainedter in Kontakt gewesen, um das so zu sagen. Ich kenne den jungen eigentlich überhaupt nicht. Den alten kenne ich deswegen – Entschuldigung, das klingt jetzt natürlich immer - -.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Den älteren und den jüngeren - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Moment! Mir ist mitgeteilt worden, dass sich die Auskunftsperson gerne mit der Vertrauensperson austauschen möchte. – Bitte, Sie haben jetzt die Möglichkeit. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson und Verfahrensanwältin.)
Herr Mag. Mössler! Damit es klargestellt ist: Die Initiative muss natürlich von der Auskunftsperson an Sie gerichtet sein. Sie halten sich bitte zurück! Wenn die Auskunftsperson ausdrücklich von Ihnen eine Information möchte, dann ist das erlaubt – zur Klarstellung. (Die Auskunftsperson berät sich mit der Verfahrensanwältin.)
Dr. Gabriele Aicher: Nein, ich wollte nur darauf hinweisen, dass diese Phase außerhalb des Untersuchungszeitraums liegt, dass es eine persönliche Frage ist und dass ich - - (Abg. Stocker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung von Herrn Abgeordneten Stocker. – Bitte.
*****
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Hinsichtlich des Verhältnisses Auskunftsperson – Vertrauensperson habe ich in Erinnerung, dass wir uns zu Beginn dieses Ausschusses dahin gehend verständigt haben, dass es auch zulässig ist, dass sich die Vertrauensperson an die Auskunftsperson wendet, und zwar in Abkehr von der bisherigen Praxis. Vielleicht kann der Herr Verfahrensrichter dazu Aufklärung geben?
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke für den Hinweis. Herr Verfahrensrichter, ich bitte Sie, um Ihre Einschätzung: Wie war das jetzt vereinbart? Entgegen der Geschäftsordnung – wie haben Sie das vereinbart?
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Es hat tatsächlich eine Änderung in der Praxis dieses Ausschusses gegeben, aber nach wie vor – das habe ich auch bei der Belehrung der Vertrauensperson heute so vorgetragen – kann die Auskunftsperson die Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen und diese kann sich mit der Auskunftsperson ohne zeitliche Beschränkung beraten. Es ist aber tatsächlich eine Änderung in der Formulierung gegenüber dem vorhergehenden Zustand eingetreten, es heißt aber noch immer so, dass die Auskunftsperson die Vertrauensperson um Rat fragen kann. Es wurde aber, im Unterschied zur vorhergehenden Regelung, etwas gemildert. (Abg. Stocker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: So, wir fahren mit der Sitzung fort. Ich habe noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. – Herr Abgeordneter Stocker.
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich hätte das nur gerne präzisiert, damit wir uns jetzt auch alle auskennen. Es ist völlig klar, dass die Auskunftsperson sich an die Vertrauensperson wenden kann. Ich habe aber die Abkehr von der Praxis – und das ist nicht gegen den Wortlaut der Geschäftsordnung meines Erachtens, sondern eine Änderung der Praxis – so verstanden, dass es nun auch zulässig ist, dass sich die Vertrauensperson an die Auskunftsperson wendet. Man sollte wirklich präzise klarstellen, ob das jetzt zulässig ist oder nicht, damit wir in Zukunft wissen, wie wir damit umgehen.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Während der heutigen Sitzungsführung, die ich vertretungsweise übernommen habe, möchte ich diese Praxis nicht ändern. Wenn das bis jetzt im Einvernehmen zugelassen war, werde ich es auch im Rahmen dieser Sitzung zulassen.
*****
Ich ersuche die Auskunftsperson, mit Ihrer Ausführung fortzufahren, sofern sie noch nicht beantwortet wurde. (Die Auskunftsperson berät sich mit der Verfahrensanwältin.)
Frau Abgeordnete Krisper hat noch eine Fragezeit von 24 Sekunden. – Danke.
Dr. Gabriele Aicher: Ja, ich möchte mich darauf berufen, dass diese persönlichen Fragen, wann habe ich wie gewusst, erfahren - - Ich habe es nicht gewusst. Es tut mir leid.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich war schon bei der nächsten Frage und meiner letzten wahrscheinlich, nämlich ob Herr Ainedter Sie nicht darauf aufmerksam gemacht hat, dass er gerade die Mandatschaft für zwei Beschuldigte im Casag-Verfahren innehatte.
Dr. Gabriele Aicher: Ich sagte schon: Das Mandat hat nicht Dr. Manfred Ainedter (Abg. Krisper: Die Kanzlei, Pardon!), sondern wenn, dann sein Partner und Sohn. Ich glaube, es hat überhaupt niemand daran gedacht, dass das ein Verfahren ist, dass das zum Casag gehört – aber hat er nicht, also wir haben jedenfalls nicht darüber gesprochen, sondern wir haben ausschließlich über mein konkretes Verfahren gesprochen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Dann nur eine Frage, weil ich den „Presse“-Artikel schon vorgelegt habe: Darin sagen Sie, und zwar hinsichtlich der Justiz, der Staatsanwaltschaften: „Sie haben keine Ahnung, wie groß die Frustration dort ist. Die werden ausgehungert wie nur irgendetwas, und in die WKStA wird alles hineingesteckt.“
Das Ergebnis der Anfragebeantwortungen an uns ist aber, dass sich in Wahrheit die Anzahl der bei der WKStA tätigen Staatsanwälte von 2020 auf 2021 sogar reduziert hat. – Worauf stützen Sie Ihre Wahrnehmung, dass bei der WKStA „alles hineingesteckt“ wird?
Dr. Gabriele Aicher: Ich glaube, dass alles in die WKStA hineingesteckt wird, ist eine persönliche Wahrnehmung. Klar ist, dass die anderen Staatsanwaltschaften wirklich arm beieinander sind. Sie können sich das allein aus der gestrigen Aussage - -, auch wenn Ihnen der Nogratnig sagt, bei überlangen Verfahren wird geschaut, ob es berechtigt ist und sonst Disziplinarmaßnahmen eingeleitet. – Das heißt, Sie haben bei den normalen Staatsanwaltschaften einen immensen Druck.
Es werden teilweise nicht einmal Todesfälle bei kleinen Staatsanwaltschaften nachbesetzt! Wir haben Staatsanwaltschaften mit fünf oder sieben Leuten, wenn da einer ausfällt, ist alles vorbei. Die müssen aber Riesenverfahren führen und stehen unter Zeitdruck. Also die einfachen Staatsanwaltschaften, die sich im Übrigen an alle Vorgaben eigentlich halten, arbeiten wirklich am letzten Druck, und sie arbeiten vor allem in Verbrechensbereichen, die uns alle wesentlich mehr beeinträchtigen. Ich will jetzt nicht alle aufzählen, aber Terrorismus und andere Bereiche sind also sicherlich eine größere Bedrohung, Eigentumsdelikte, die einzelnen Sexualdelikte und andere Delikte – das ist unheimlich viel Arbeit und die sind teilweise am Limit angelangt.
Ja, und das Einzige, was man immer wieder hört, dass in einem Verfahren, wo es sieben Staatsanwälte - - Haben Sie sich das schon einmal umgerechnet, was das an Wochenstunden Arbeitszeit für diesen Akt bedeuten würde?! Das heißt, an diesem Akt arbeiten mehr Staatsanwälte, als in anderen Staatsanwaltschaften überhaupt tätig sind, und jammern eigentlich nur, sie brauchen noch mehr. Das wird aber dann sofort in eine Dringliche Anfrage umgesetzt: Die brauchen mehr!, und die einfachen Staatsanwälte - - Es ist ein wiederkehrender Vorwurf – möchte ich nur sagen –, dass die ausgehungert werden.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke für Ihre Beantwortung.
Ich unterbreche die Sitzung für 5 Minuten.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 14.54 Uhr bis 15.02 Uhr.)
*****
15.02
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. – Ich darf die Damen und Herren bitten, ihre Plätze einzunehmen, damit wir zügig weitermachen können.
Zu Wort gemeldet ist nunmehr Abgeordnete Mag. Scharzenberger. – Frau Magister, ich bitte um Ihre Fragen.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Frau Prof. Dr. Aicher, vielen herzlichen Dank, dass Sie bisher schon so umfangreich geantwortet haben. Sie haben in Ihrem Eingangsstatement ja auch schon über Ihren Werdegang berichtet. Vielleicht könnten Sie noch einmal den Ablauf zur Ernennung als Rechtsschutzbeauftragte im Detail schildern?
Dr. Gabriele Aicher: Gerne – also jetzt im Hinblick darauf, dass er nicht politisch war: Hier gibt es keine Bewerbung, sondern man kann nur eine Interessenbekundung abgeben. Ich muss gestehen, dass ich aufgrund der letzten Jahre in der Generalprokuratur eigentlich froh war, von dem ewigen Zwist mit der WKStA wegzukommen, und ich mir gar nicht so sicher war, ob ich das unbedingt machen wollte. Gottfried Strasser wollte zuerst Brigitte Bierlein als Nachfolgerin, die das aber nicht machen wollte, und so habe ich diese Interessenbekundung abgegeben – und habe dann nichts gehört.
Es ist Ende März geworden, das sollte mit 1. April anfangen, und ich habe dann so um den 30. März – ich meine, ich will ja nicht lästig sein oder so – einmal kurz gefragt, ob ich jetzt am 1. April anfangen werde oder nicht, worauf mir im Ministerium gesagt worden ist: Na ja, also irgendwie und es gibt da Probleme und sie wissen nicht – und ich sage dann: Bitte, verstehen Sie gleich, ich werde nicht traurig niederbrechen, wenn ich das nicht werde, ich bin mir eh nicht sicher, ob ich das in dieser Justiz machen will.
Jedenfalls war am 30. nicht klar, was ist. Am 31. März am Nachmittag bekomme ich einen Anruf von der Vizepräsidentin des OGH, die ein E-Mail bekommen haben, wo die neuen Rechtsschutzbeauftragten genannt worden sind, und sie gratuliert mir. Ich sage daraufhin: Du, ich habe nichts bekommen, soll ich da jetzt wirklich anfangen? Sie sagt: Nein, nein, das steht oben, du bist Rechtsschutzbeauftragte! – Und so bin ich am 1. April hingegangen.
Die Problematik war, dass Puck, Hofrat Hon.-Prof. Puck sich auch beworben hat, der erst im Oktober oder mit 1. Oktober ausgelaufen ist und der dann also auch kein Stellvertreter mehr geworden ist, das dann auch vehement zu bekämpfen versucht hat – das habe ich aber alles erst viel später erfahren. Dann hat Puck zu mir gesagt: Es muss Ihnen klar sein, Sie wollte man auch nicht.
Dass man mich nicht wollte, habe ich selbst dann eigentlich aus dem „Standard“ erfahren, wo im „Standard“ drinnen stand: Sie war ja nicht unumstritten oder so. – Also so war die Geschichte.
Ich bin ohne jegliche Amtseinführung dorthin gekommen, eigentlich irgendwas, was atypisch war, und es ist auch Gottfried Strasser, der das 18 Jahre lang gemacht hat, nicht verabschiedet worden, was auch atypisch war. Deswegen habe ich damals dann mein erstes „Presse“-Interview - - zwar auch nicht in dem Sinn freiwillig, sondern Kommenda, der das irgendwie erfahren hat, dass es einen neuen Rechtsschutzbeauftragten gibt, hat gesagt, er werde auf jeden Fall irgendwas berichten. Ich habe gesagt: Nein, hören Sie, ich lege keinen Wert auf Pomp und Gloria, das passt schon alles; und er hat gesagt: Nein, das ist ganz atypisch und so, und hat dann diesen ersten „Presse“-Bericht, der ohnedies auch überall vorgelegt worden ist, weil ich gesagt habe, ich werde sehen, wie ich mich einbringen kann bei diversen Dingen oder jetzt eben vor allem bei diesen umstrittenen - - auf der umstrittenen Suche nach Zufallsfunden, und daher schon eine vorgefasste Bösartigkeit von mir vermutet worden ist.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Sie haben jetzt gleich zu Beginn gesagt, die Ernennung war nicht politisch? (Auskunftsperson Aicher: Bitte?) – Sie haben gleich zu Beginn gesagt, die Ernennung war nicht politisch.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, das habe ich am Anfang ja schon versucht darzustellen: Ich habe wirklich in meinem Leben niemals einen politischen Anschieber gehabt, und ja, also auch jetzt, glaube ich, durch Zadić nicht, sondern wie sie mir selbst bitte gesagt hat – ich habe sie darauf angesprochen –: Nein, also meine Qualifikationen sind wirklich unbestritten, und sie hat sich ja vorher erkundigt, und deswegen war das schon in Ordnung.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Was meinen Sie mit: ewiger Zwist mit der WKStA?
Dr. Gabriele Aicher: Wie viel Zeit habe ich zum Ausführen? (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Schauen Sie, ich habe das teilweise auch im Eingangsstatement schon angesprochen. Der Zwist mit der WKStA geht über Jahre, also Zwist jetzt in dem Sinn, als wir immer wieder erhebliche Bedenken gegen ihre Vorgehensweisen gehabt haben. Das einzig Richtige, was Pilz in seinem Artikel behauptet, war, dass ich seit zehn Jahren eine der schärfsten Kritikerinnen der WKStA bin, aber jetzt nicht ich als Person, sondern ich habe diese Kritik zumeist in Jahresbesprechungen der Behördenleiter oder bei anderen Tagungen und so öffentlich geübt, aber da es Vertreter des Generalprokurators - - Ich war ja erste Stellvertreterin und eigentlich im Namen der Generalprokuratur - -
Zurückliegend gibt es so unfassbar viele Sachen. Wir haben einfach ein Riesenproblem mit der Rechtsauffassung der WKStA, und das nicht erst jetzt. Das hat jetzt in gewisser Weise kulminiert, aber ich kann zurückliegend sagen - -, vielleicht auch Dinge, die schon angesprochen worden sind: Schulfotografen zum Beispiel – nicht? – Also diese Schulfotografengeschichte war eine flächendeckende Verfolgung aller Schuldirektoren und Schullehrer, weil die nämlich - - Sie müssen sich vorstellen: Die lassen Schulfotos machen, und dann kriegen sie ein Gratisfoto für den Gang dazu, das im Endeffekt aber natürlich die Eltern zahlen oder so irgendwas; bei Skikursen kriegen die Begleiter eine kostenlose Liftkarte für die Gruppe und geben diesen Vorteil nicht weiter. – Das ist als Amtsmissbrauch verfolgt worden. Da sind Hunderte Schulleiter oder so irgendwas verfolgt worden. Es war also eine Riesenverzweiflung, wo man sagt: Ja, das ist teilweise einfach nicht in Ordnung. Da muss man halt dann, was weiß ich, die Compliancerichtlinien ändern und die Leute halt darauf hinweisen.
Das hat, glaube ich, Eva Marek auch angesprochen, dass das eben ein Problem war, und das konnte dann erst durch uns, durch eine Wahrungsbeschwerde richtiggestellt werden.
Das hatten wir ja ständig – jetzt an den auffälligeren Dingen –: Müllmänner. Die Müllmänner, das war also eine Verfolgung der Wiener Müllabfuhrleute, aber der kleinen, die im orangen Anzug, weil die nämlich überfüllte Tonnen mitgenommen haben oder einen Sack, der neben der Tonne steht. Nach den Vorschriften müssen sie nämlich diesen Sack irgendwie über das Formular XYZ anmelden, und dass die das einfach mitgenommen haben, ist dann als Amtsmissbrauch gewertet worden.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Doktorin Aicher! Da Sie ja formell auch die Frage gestellt haben, wie viel Zeit Sie zur Beauskunftung haben: grundsätzlich unbeschränkt beziehungsweise diese Höchstgrenze von maximal 4 Stunden; aber falls möglich, würde ich Sie darum bitten, möglichst konkret, prägnant zu antworten, damit die anderen Fraktionen auch noch zu ihrem Fragerecht kommen. – Danke sehr.
Dr. Gabriele Aicher: Entschuldigung! Aber das ist ein Riesenproblem, das seit Jahren besteht, das natürlich vor allem in der Generalprokuratur aufgefallen ist, und zwar deswegen, weil wir die Rechtsmitteltätigkeit und die Delegierungen natürlich verfolgt haben. Das ist vielleicht auch ganz, ganz wichtig, was auch irgendwann schon angesprochen worden ist: dass es eben damals zum Zeitpunkt der Bestellung der Eva Marek einfach viele Freisprüche gegeben hat, und dass deswegen ein gewisses Einschreiten der OStA erforderlich war. Das ist nicht so gemeint, dass jetzt die Richter diszipliniert werden, weil sie Freisprüche haben, sondern das liegt daran, dass die Anklagen von vornherein unberechtigt waren.
Wir haben ja einen eigenen Senat. Das haben Sie von Eckart Ratz gehört. Wir haben einen eigenen Senat für Korruptionsdelikte bilden müssen, weil wir so unwahrscheinlich viele Fälle hatten, und da gab es – ich habe immer den Jahresbericht gemacht – Aufhebungen und Freisprüche ohne Ende, weil wirklich jeder Verstoß gegen eine Hausordnung zum Amtsdelikt gemacht wurde. Das war eigentlich eines der Probleme. Im Endeffekt waren aber immer wir die Bösen, ja.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Okay – aber bleiben wir bei der WKStA. Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, was Sie zu Beginn schon ausgeführt haben und was auch Kollegin Krisper noch einmal erfragen wollte: Wir haben mit Ihnen eigentlich – korrigieren Sie mich, wenn ich falsch liege – zwei grobe, wie soll ich sagen, Verfehlungen, zwei grobe Themen schon besprochen, und zwar das eine ist, dass laut Gesetz ein gesonderter Akt anzulegen ist, um das Recht auf den gesetzlichen Richter zu wahren. Das heißt, es ist ja eigentlich dann ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht dadurch umgangen worden, wenn man in dieser Sache keinen eigenen Akt anlegt.
Das Zweite waren diese Zufallsfunde, hinsichtlich derer Sie gesagt haben, es darf nicht gezielt nach einem Zufallsfund gesucht werden. Also das sind ja dann eigentlich zwei ganz wesentliche Dinge, bei denen es offenbar Missstände gibt. Vielleicht könnten Sie das noch einmal konkretisieren.
Dr. Gabriele Aicher: Na ja, was heißt Missstände? Das mit dem Akt wird natürlich erst dann schlagend, wenn es zu Gericht geht – nicht? –, und es geht ja jetzt darum, dass ein Ermittlungsverfahren überwiegend anders geführt wird. Das andere hat die WKStA ohnedies richtig erkannt, indem sie das auch hineingeschrieben hat, dass es mich vor allem stört, dass alles hinausgeht.
Das ist also wirklich ein Riesenproblem, diese Leaks und dieses flächendeckende Verteilen vor allem von - - Bleiben wir eben bei diesem Einleitungsbeschluss oder dieser Benachrichtigung von Kurz. Also das ist ja noch bevor es, glaube ich, irgendjemandem zugestellt war, überall drinnen gewesen, und das ist einfach für uns - - Für uns ist jede Veröffentlichung unerträglich, weil wir einfach diese Öffentlichkeit - - Ich meine, das ist ein Verschlussakt, ja, und innerhalb des Verschlussaktes gibt es dann noch einmal Verschlusssachen! Also es ist extrem kompliziert, und die in die Öffentlichkeit zu führen, das ist einfach nicht erträglich.
Sie müssen sich vorstellen, das ist ja auch bei anderen Verfahren so passiert, dass alles nur durch die Öffentlichkeit kommuniziert wird, und dann glaubst du eigentlich selbst, nämlich wenn du nur Zeitungsleser bist: Na, der ist ja schuldig wie die Sünde! – und dann kommt plötzlich der Akt, und du siehst: Das stimmt ja alles nicht! Ich meine, das ist jetzt zwar schon so drinnen, das waren aber nur Behauptungen, die sind ja überhaupt nicht gedeckt.
Das ist also eines der Hauptprobleme. Und da die WKStA sagt, die Leaks liegen nur daran, weil das die Anwälte hinausgeben, und sie selber hätten kein Interesse dran. Ich meine - - Verstehe ich nicht! Im Endeffekt ist zum Beispiel bei der Kurz-Mitteilung dann bei der Ermittlung übrig geblieben, dass eigentlich nur der Anwalt von Kurz das hinausgeben hätte können, also das ist dann besonders verrückt, weil da dann auch irgendwie mit irgendwelchen Dokumenten, Metadaten und so gearbeitet worden ist, und genau diese Ausfertigung ist hinausgegangen, die der Anwalt von Kurz gehabt hat. Daraufhin hat man gesagt: Na ja, dann vielleicht war es der!
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Aber noch einmal zurück zu diesem sehr umfangreichen Verfahren: Dadurch wird, wenn ich es richtig verstehe, doch das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Der Richter soll ja nicht vorgegeben sein, sondern unabhängig. Ist das richtig?
Dr. Gabriele Aicher: Na ja, also nur ganz kurz: Das ist natürlich nur ein verzweifelter Versuch, das zu verdeutlichen, was die Problematik dieser einheitlichen Führung mit sich bringt – nicht? –, weil sie ja wirklich nicht nachvollziehbar ist, und das ist auch nicht handelbar, wie Sie sehen. Das weiß niemand, was alles ist, und ich glaube, der Hauptvorwurf - -
Ich meine, Sie müssen sich vorstellen, da steht überall am Kopf: H.-C. Strache wegen 305, 306. Jetzt muss man eines dazusagen: Nach dem ursprünglichen Ibizavideo war von vornherein klar, dass da keine Bestechungen waren, er war damals kein Amtsträger. Das war ja von vornherein klar. Das Ibizavideo oder die Vorwürfe sind ja eh schon längst weg, also weg, indem sie erledigt sind, eingestellt sind und so. Also es bringt keinen Vorteil.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Von der Unabhängigkeit zu Ihrer Tätigkeit als Rechtsschutzbeauftragte: Sind Sie da eigentlich auch unabhängig?
Dr. Gabriele Aicher: Ja, also vom Gesetz her bin ich unabhängig und soll eben frei und unumwunden versuchen, Grundrechtsverletzungen hintanzuhalten. Ich bin eben für den besonderen Rechtsschutz verantwortlich und bin die Ex-lege-Vertreterin dieser Personen. Vom Gesetz her bin ich unabhängig, ja.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Nur vom Gesetz her? – Wie haben Sie das gemeint?
Dr. Gabriele Aicher: Nun, ich muss sagen, ich war sehr beunruhigt, als dann nach den Angriffen in der Presse gestanden ist, die Ministerin hat mich endlich einbestellt. – Einbestellen ist der Urausdruck dafür, wie man seinen Untergegebenen begegnet, und das könnte, das dürfte bei mir nicht der Fall sein.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Sie sind mit Wirksamkeit vom Juni 2022 dann als Rechtsschutzbeauftragte ja auch zurückgetreten. Was waren denn die konkreten Gründe? Wollen Sie das dem Ausschuss noch einmal darlegen?
Dr. Gabriele Aicher: Ja. Ich habe es natürlich schon im Eingangsstatement klargemacht. Das sind diese Angriffe. Also ich muss sagen, diese Geschichte, diese Veröffentlichung oder mich eben, wie ich es auch in der Zeitung schon gesagt habe, in einer Schlagzeile neben dem Ukrainekrieg zu finden, wo drinnen steht: „WKStA“ wieder „im Clinch mit“ der Rechtsschutzbeauftragten, wo überhaupt kein Anlass bestanden hat – spätestens zu diesem Zeitpunkt ist mir klargeworden: Die geben einfach keine Ruhe! – Und das, was immer gesagt worden ist – ich meine, die Rücktrittsaufforderungen waren ja immer da –, war auch etwas, wo ich verstanden habe und mir gedacht habe: Die geben einfach keine Ruhe!
Es wurde auch meine Mitarbeiterin wieder angegriffen, die dann - - Ja ich meine, ich kann ja nicht riskieren, dass meine Mitarbeiterin nachhaltig Schaden nimmt, nur weil ich an meinem Amt dann festhalte. Und ich will wirklich schlicht und ergreifend aus diesem Krieg draußen sein. Ich will nicht mehr. Ich will einfach nicht mehr.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Wen konkret meinen Sie mit: Die geben keine Ruhe!?
Dr. Gabriele Aicher: Die WKStA. Das ist das Übliche. Sie machen das ja immer so, bei allen Anzeigen, beginnend auch bei Pilnacek mit dieser Abhöraffäre. Du hast ihnen noch so oft sagen können – und das ist ja auch veröffentlicht worden –, dass diese Anzeigen vollkommen unberechtigt, substratlos sind. Wir haben in der Behörde immer gesagt, jeder Querulant macht bessere Anzeigen als die WKStA.
Und dann, kaum war das wieder beendet, gab es die Angriffe kreuz und quer: Ja, alle, wir, und der Prokurator ist ein Freund, und der, da ist die Tochter bei der ÖVP und Ähnliches. Und das hat ja nicht aufgehört! Kaum war eines fertig, hat man ihnen gesagt, das geht nicht, setzt sich die - - Oder nach dieser Mediation: Es gab die Begründung, dass die Anzeige absolut unberechtigt ist – bitte, das können Sie in der Ediktsdatei nachlesen, obwohl in der Ediktsdatei nur die Version der StA Linz veröffentlicht worden ist, die erste, die dann noch wesentlich durch die Prüfinstanzen erweitert worden ist, wo man diese völlige Haltlosigkeit dieser Anzeige dargelegt hat –, dann gab es eben so eine quasi Mediation, und dann setzt sich die Leiterin der WKStA in die „ZIB 2“ und sagt: Was ist mir denn anderes übrig geblieben? Ich musste es, wir müssen ja anzeigen, wenn wir strafbares Verhalten sehen!
Ich habe gesagt: Bitte, Kind, jetzt haben wir dir gerade gesagt, das ist aber wirklich denkunmöglich! Ich kann doch nicht als Leiterin der WKStA darauf beharren und zu etwas, wo dir 100 Oberinstanzen schon gesagt haben, das ist überhaupt nichts, weiter nur behaupten: Wenn ich strafbares Verhalten sehe, dann muss ich das anzeigen!
Und dann wird es ja noch schöner. Dann rastet irgendwie Pilnacek aus – wie ich jetzt fast auch, denn das hat jeden von uns geärgert – und schreibt an irgendjemanden: Bitte, da seht ihr, was die Mediation gebracht hat; die gehört ja disziplinarrechtlich verfolgt!, und sagt eben: Du musst das anzeigen – ich weiß nicht, an wen –, denn sonst machst du dich selbst strafbar! – Dann kriegt eh Pilnacek ein Strafverfahren wegen was weiß ich was, Nötigung oder sonst irgendwas, und jeder kann sagen: Ja, das ist aber so! Wenn ein Vorgesetzter gegen jemanden, wenn er von einem Disziplinarvergehen erfährt, nicht die Disziplinaranzeige macht, dann ist das amtsmissbräuchlich! – Das heißt, er hat völlig recht gehabt. Und der Einzige, der wieder hineingehaut worden ist, ist Pilnacek mit dieser entsetzlichen - -, also ich meine: Wie kann man so etwas sagen?
Und so ist das ununterbrochen weitergegangen: diese ewigen Anzeigen, dieses ewige Ignorieren der Einstellungsbegründung, dann der ewige Versuch, nachdem sie zuerst einmal Linz dann losgeworden sind - - Graz kam nicht infrage, da sind wir aber auch erst dann später draufgekommen, weil eine der Hauptakteurinnen bei der WKStA mit dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Graz verheiratet ist, und so sind wir eben nach Linz gekommen. Und jetzt haben wir eben die Lösung – wo gestern, glaube ich, Nogratnig irgendwie gesagt hat, er würde es nicht mehr so machen –, wo wir einen Wiener Staatsanwalt da sitzen haben, der zwar unter der Aufsicht, theoretisch, von irgendwas diese Fälle verfolgt.
Und da muss ich jetzt dann noch was dazu sagen. Der hat ja auch Pilnacek im letzten Verfahren vor Gericht vertreten, mit einem zweiten gemeinsam. Das heißt, ich habe zwei Staatsanwälte für so einen eigenartigen Strafantrag. Und wie dann der Freispruch kommt, stehen die auf und schmeißen den Talar hin. Das müssen Sie sich vorstellen! Wenn wir früher als Staatsanwälte überhaupt nur auf die Idee gekommen wären, irgendeine - -, nämlich nicht mit dem geschlossenen Talar zu gehen oder so was, aber den Talar als Unmutsäußerung über den Freispruch hinzuschmeißen, und es passiert nichts, sondern in der Presse steht wieder, er ist freigesprochen worden, aber natürlich wurden sofort Rechtsmittel angemeldet, und das ist fertig – und in Wahrheit, nach außen hin, wirkt es wie ein Schuldspruch, nicht?
Also es ist ein Trauerspiel. Und das müssen Sie alles miterleben. Ich meine, das ist ja für uns alle nicht lustig. Machen Sie einmal eine anonyme Abstimmung im Haus, wer für Pilnacek - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Verzeihung!
Dr. Gabriele Aicher: Ja, Entschuldigung.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Abgeordneter Zanger, zur Geschäftsordnung, nehme ich an? (Abg. Zanger – mit einer abwinkenden Geste –: Nein!) – Ah, ist das irrtümlich? Sie haben jetzt ein paarmal den Arm hochgehoben. War das keine Meldung zur Geschäftsordnung? (Abg. Zanger: Nein! Ich habe die Hand bewegt!) – Alles klar! Ich danke für die Aufklärung.
Frau Auskunftsperson, sind Sie fertig mit Ihrer Antwort oder möchten Sie noch einmal weiter ausführen? (Heiterkeit der Abgeordneten Krisper und Matznetter.)
Dr. Gabriele Aicher: Wo war ich jetzt? Die Geschichte - - (Zwischenbemerkung von Verfahrensanwältin Weiß.) – Bitte? (Zwischenbemerkung von Verfahrensanwältin Weiß.)
Ach so, die Umfrage, ja. Also Sie sollten eine anonyme Umfrage machen, wer für Pilnacek und Fuchs und gegen die WKStA ist. Dann kann ich Ihnen sagen – also ich meine, es gibt ein paar wenige - - –, da kommen 99 Prozent, die für Pilnacek und Fuchs sind.
Und die WKStA fürchten wir alle, wirklich. Ich meine, sie verfolgen uns ja. Jeder wird verfolgt! Sie dürfen mit niemandem mehr reden. Die erste Frage ist: Mit wem haben Sie gechattet?, oder so irgendwas. Also als bei mir dann irgendwann die Frage aufgekommen ist: Gibt es Chats von Frau Dr. Aicher?, habe ich gedacht: Das gibt es ja schon nicht mehr! Wo sind wir denn überhaupt? Machen sie sich eigentlich klar, was diese Chats sind? Das sind die höchsten Eingriffe in höchstpersönliche Rechte, wo ich also einmal bezweifeln - - oder noch immer lautstark bezweifle, dass das rechtens ist, nicht nur, wie sie erhoben werden, sondern vor allem - - – nämlich die, die strafrechtlich nicht von Relevanz sind, erhoben werden. Das hätten sie nie - -, aber Sie brauchen ja alle Chats, weil das ja politisch untragbar ist, aber es ist hochproblematisch.
Und deswegen: Also von mir gibt es keine Chats, bitte. Ich war mit niemandem jemals in Kontakt, und auch mit der - - Das möchte ich nur gleich von Vornherein sagen. Aber das ist das Problem: Wir werden abgehört! Mir hat jemand - - Das ist klar – Nogratnig hat das angesprochen –, das ist eher, scheint dort ein Brauchtum zu sein: Es werden Telefone abgehört, also Telefonate aufgezeichnet. Also man hat mir schon immer gesagt: Wenn man mit der WKStA spricht, bitte pass auf, die zeichnen alles auf!
Und wissen Sie, was der Überwitz an der ganzen Geschichte ist? – Ich habe natürlich aufgepasst und ich meine, ich brauche jetzt im Allgemeinen, aber - -, und mir wurde dann in einem Schreiben, wie wir dann also herum Brief gewechselt haben, entgegengehalten, was ich gesagt hätte, und der Hinweis darauf, dass zufällig Herr Staatsanwalt XY im Zimmer war und das Gespräch mitgehört hat und dann sagt: Freunde, ihr zeichnet - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Dr.in Aicher, jetzt muss ich wirklich einschreiten: Bitte orientieren Sie sich an der Frage der Abgeordneten. Ich schätze es sehr und es zeugt von einem hohen Respekt - -
Dr. Gabriele Aicher: Nein, ich habe schon verstanden, ja. (Abg. Scharzenberger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke.
Frau Abgeordnete, zur Geschäftsordnung. – Bitte.
*****
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsbehandlung: Frau Vorsitzende, ich würde Sie wirklich bitten, die Auskunftsperson aussprechen zu lassen, vor allem dann, wenn sie uns ihre Wahrnehmungen über sehr bedeutende Vorgänge in der WKStA schildert. Ich glaube, das ist für uns alle im Ausschuss höchst interessant und spannend, und den Redefluss zu unterbrechen ist vielleicht eher kontraproduktiv. (Abg. Matznetter hebt die Hand.) Darum würde ich Sie bitten, dass wir im Sinne eines Gesprächs diesen Redefluss auch nicht unterbrechen. – Vielen Dank.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Abgeordneter Matznetter hat sich zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Vorsitzende, ich will Sie dabei unterstützen. Die Auskunftspersonen hier haben die Fragen wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Das heißt nicht, dass es die Gelegenheit dazu ist, durch die Dauer von Ausführungen zum Beispiel einzelne Fraktionen im Rahmen der Redeordnung daran zu hindern, überhaupt noch eine Frage zu stellen. Ich weiß, dass das bei der ÖVP durchaus – ich erinnere nur an die Befragung von Sebastian Kurz im Ibiza-Untersuchungsausschuss – nichts Neues ist.
Daher: Völlig richtig, dass die Vorsitzende darauf hinweist! Die Frage ist zu beantworten, sie ist wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten, aber es nicht der Ansatz dafür, dass auf die Frage eine längere Vorlesung zu anderen Themen erfolgt. Insofern hat die Vorsitzende recht, und ich will sie ausdrücklich unterstützen. (Abg. Hafenecker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke, Herr Abgeordneter.
Herr Abgeordneter Hafenecker, zur Geschäftsordnung.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich sehe das insofern emotionslos: Frau Dr. Aicher hat ja selbst heute zuerst einmal gefragt, wie viel Zeit sie hat. Das ist ihr gesagt worden. Und wenn wir nicht durchkommen und wenn vielleicht die Freiheitlichen nicht mehr drankommen, dann haben wir ja auch die Möglichkeit, Frau Dr. Aicher noch einmal zu laden. Wenn sie sich noch einmal hersetzen möchte – kein Problem. Ansonsten kann man ja die Antwortlänge ein bisschen an die Gegebenheiten anpassen. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Abgeordneter Hanger, zur Geschäftsordnung.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsbehandlung: Also ich habe ja großes Verständnis dafür, dass manche hier ob der Ausführungen von Frau Dr. Aicher ein bisschen nervös werden, nur: Ich bitte schon wirklich um Verständnis darum, dass wir auch ihre Sichtweise ausführlich hier im Untersuchungsausschuss beleuchten. Wenn man sich das auf der Zunge zergehen lässt, was hier ausgeführt wird, dann, glaube ich, müssen wir über weitreichende Konsequenzen nachdenken. Und an die Frau Vorsitzende hätte ich die Bitte, das auch so zu belassen, wie wir es jetzt seit vielen Monaten im Untersuchungsausschuss handhaben. (Abg. Stögmüller hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Abgeordneter Stögmüller, zur Geschäftsordnung. – Bitte.
Abgeordneter David Stögmüller (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich kann mich den Ausführungen der KollegInnen anschließen, dass man hier sehr wohl auch kurze und knackige Antworten geben kann.
Sie haben genügend Zeit, insgesamt 4 Stunden Redezeit und Befragungszeit, Frau Aicher, ich würde mir aber schon erwarten – das ist hier das schärfste Kontrollinstrument des österreichischen Parlaments, der Wählerinnen und Wähler –, dass Sie, wenn Abgeordnete sich hier zu Wort melden, nicht die Augen verdrehen und nach oben schauen und irgendwelche Grimassen machen, so wie Sie es gerade bei Kollegen Matznetter gemacht haben. Wir bringen Ihnen Respekt entgegen, und ich bitte Sie auch, hier nicht entgegen den Usancen dieses Hohen Hauses bei Ausführungen von Abgeordneten die Augen zu verdrehen, sondern: Sie sind hier als Gast. Wir erwarten uns hier auch entsprechende Auskünfte, und ich bitte, hier auch den entsprechenden Respekt entgegenzubringen. Wir bringen Ihnen auch Respekt entgegen. Ich würde mir von Ihnen erwarten, Frau Doktor, dass Sie das auch machen, bitte. – Vielen Dank. (Auskunftsperson Aicher: Bitte, ich entschuldige mich ausdrücklich! – Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Abgeordneter Hanger, zum zweiten Mal zur Geschäftsordnung. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich finde es schon sehr bemerkenswert, dass Herr Kollege Stögmüller, der ganz selten hier herinnen, sondern eh immer draußen ist, dann mit jemandem anderen über einen wertschätzenden Umgang redet. Also dazu hätte ich auch ein paar Ideen. Ich erlebe die Auskunftsperson als sehr wertschätzend, sehr sachlich und sehr klar in ihren Aussagen. Dass diese Aussagen manchen schmerzen, insbesondere vielleicht auch die Vorsitzende, das verstehe ich, aber hier braucht es eine voll umfassende Aufklärung, eine voll umfassende Sachverhaltsdarstellung, hier sind alle Aspekte zu berücksichtigen, und das bitte ich wirklich auch zur Kenntnis zu nehmen.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ich orte hier einen detaillierten Redebedarf zur Geschäftsordnung und bitte die Fraktionssprecher zu mir zu einer Stehung. – Danke.
Ich unterbreche die Sitzung.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 15.35 Uhr bis 15.42 Uhr.)
*****
15.42
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Werte Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Es ist so, dass die Auskunftsperson Frau Dr.in Aicher noch Weiteres ausführen möchte. – Bitte sehr, Frau Professorin, gerne; die Frage ist Ihnen, nehme ich an, erinnerlich. Setzen Sie bitte fort!
Dr. Gabriele Aicher: Es ist einfach wirklich sehr schwierig, diese Reihe von jahrelangen Problemen und von Rechtsunkenntnis umfassend aufzulisten. Nehmen Sie das so hin, auch wie es Eckart Ratz gesagt hat! Das sind einfach schwere rechtliche Fehler, die sich in Rechtsmitteln äußern, nämlich die Art, überhaupt so lange zu schreiben, oder Ähnliches, nämlich vor allem Unwichtiges zu schreiben.
Jeder sagt, ich habe 100 Seiten Beschluss, 100 Seiten irgendwas, es steht aber nichts drinnen. Es ist mehr oder weniger - -, es sind markige Punkte. Es wird die Viererbande und sonst irgendetwas bezeichnet, also ganz ungewöhnliche Bezeichnungen, die eher medientechnisch in Erinnerung bleiben, aber im Strafrechtlichen nichts zu suchen haben. Und das ist eine ewige Auseinandersetzung mit der WKStA.
Mit einigen Bereichen - -, die wurden im seinerzeitigen Gutachten der Weiterbestellungskommission über Christian Pilnacek ausführlich besprochen. Ich glaube, das müsste eine Unterlage sein, die Sie haben; ich habe keine Ahnung, wie Sie Unterlagen ins Verfahren einbringen.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, wie denn die WKStA generell mit Kritik umgeht?
Dr. Gabriele Aicher (erheitert): Ja – sehr persönlich, sehr direkt über Anzeigen. Wir haben diese Anzeigen - - Soweit sie sich jetzt gegen Obere und andere richten, musste die Generalprokuratur die Delegierungen vornehmen. Das heißt, das ist gestern eh schon erklärt worden, weil das kann also dann in Wien oder sonst - -, also sobald das gegen die Oberstaatsanwaltschaft geht, muss das sprengelübergreifend delegiert werden. Deswegen ist diese Tätigkeit dann sehr oft in der Generalprokuratur aufgepoppt, und soweit es gegen Oberste ging, war ja dann auch die letztentscheidende Phase in der Generalprokuratur außerhalb des Weisungsrates. Daher gibt es da eine sehr breite Erfahrung.
Man findet da viel dazu in den einzelnen Wahrnehmungsberichten, und es gibt natürlich auch immer Berichte über Jahrestagungen, nämlich die sogenannte Leiterbesprechung, wo ich dann erhebe, wie viele bestimmte Akten angefallen sind, und also dann - - nicht ich die - - als Mitglied der Generalprokuratur, und man dann Probleme bespricht, die aufgetreten sind. Die haben sich bei den Leiterbesprechungen eigentlich immer nur gegen die WKStA bezogen, woraufhin ich dann sogar wegen meiner Äußerungen in der Leiterbesprechung angezeigt worden bin.
Das ist also die Kritikfähigkeit der WKStA – und natürlich vor allem medial. Also mit den Medien sind sie wesentlich besser als ich. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Haben Sie Wahrnehmungen, wie viele Freisprüche es bei der WKStA in Prozent in etwa gibt?
Dr. Gabriele Aicher: Na ja, irrsinn- -, also ich kenne jetzt die Gesamterledigungszahl nicht, aber die Freisprüche sind sicherlich überproportional, Gott sei Dank noch, weil die Gerichte noch funktionieren, aber durch die Kritik - - Sie brauchen sich ja nur anzuschauen, was an Kritik passiert, wenn es irgendwo einen Freispruch gibt. Der wird einmal ohnedies auch nach außen hin nicht zur Kenntnis genommen, weder - - von den BVT-Leuten noch der Stadterweiterungsfonds, der ja zu fürchterlichen Ausweitungen geführt hat und wo die arme Eva Marek und alle angezeigt worden sind, in einer Geschichte, wo jeder, der den Akt gesehen hat, gewusst hat, da ist nichts drinnen, und sie konnten das nicht mehr laut sagen, weil die unbedingt anklagen wollten.
Dann war aber Gott sei Dank der Innenminister – ich weiß nicht, wer das damals war – so gescheit und hat die nicht suspendiert. Normalerweise müssten sie ja mit einer Anklage wieder alle suspendiert werden – nicht? Und natürlich sind die freigesprochen worden, aber die Nerven, die das Ganze gekostet hat, die sind ja sagenhaft. (Abg. Matznetter: Die Kosten trägt der Steuerzahler!)
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Sie haben eingangs gesagt, dass es sehr große Bedrohungen wie Terrorismus gibt, dass die Staatsanwaltschaften am Limit angelangt sind und nahezu aushungern. Im Vergleich dazu haben Sie vorhin gesagt, dass die WKStA seitenlange Berichte schreibt (Auskunftsperson Aicher: Ja, ja!), und dieses Verhältnis ist doch irgendwo ein bisschen - - Wie soll ich sagen? – Wie sehen Sie das? Wie sehen Sie dieses Verhältnis, und: Sehen Sie da einen konkreten Handlungsbedarf auch der Justizministerin Zadić?
Dr. Gabriele Aicher: Ich glaube, dass das aussichtslos ist. Die Ministerin wird nämlich nicht handeln, und das ist auch ein Grund, warum ich gehe, weil die Geschichte aussichtslos ist. Die Abgeordneten wollen eine noch unabhängigere WKStA. Also ich sehe es einfach - - fertig, und ich verlasse wirklich die Justiz, weil ich die Situation für aussichtslos halte.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Wieso glauben Sie, dass die Ministerin nicht handeln wird?
Dr. Gabriele Aicher: Weil sie bisher auch nicht gehandelt hat und es jetzt eher den entgegengesetzten Weg gibt. Da gibt es also dieses Volksbegehren, dieses Antikorruptionsvolksbegehren. Ich meine, jetzt abgesehen davon, was die WKStA alles unter Korruption subsumiert, das ist ohnedies - -, und ich glaube, dass die Bevölkerung sich eigentlich durch Terrorismus und anderes, Cyberkriminalität - - Wissen Sie, wie viele Länder Spezialeinheiten gegen Cyberkriminalität haben? Das ist ja bei uns nicht einmal zu denken, aber die WKStA - -, weil die Korruption so ein Problem ist. Und das sind alles Staatsanwälte im St-2-Rang. Das sind alles Oberstaatsanwälte. Das heißt, die verdienen ja oder die fallen ja – ich will da jetzt nicht in Neid verfallen – budgetär wesentlich mehr zur Last als ein einfacher Staatsanwalt, der einiges leisten könnte.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Ich darf noch einmal auf den „Presse“-Artikel vom 5.5., der schon vorgelegt worden ist, zurückkommen, und da titelt ja die „Presse“: „Zadić behindert Durchsetzung der Grundrechte“. Können Sie das sagen? Ich glaube, da geht es auch um Ihre Weisungsungebundenheit. Können Sie das näher ausführen?
Dr. Gabriele Aicher: Wenn Sie das Interview anführen: Den Titel habe ich so nicht gesagt, der Titel ist offenbar ein Sukkus, den der Reporter daraus gewonnen hat, indem ich beschrieben habe, dass ich natürlich beschränkt werde, also der Titel selbst. Aber natürlich habe ich mich behindert gefühlt, denn wenn mir als Weisungsunabhängiger gesagt wird, ich darf die WKStA nicht verfolgen oder keine WKStA-Akten machen, und andere - - Also wirklich, man wollte mich auf das Durchwinken reduzieren, auf das Wegschauen und Durchwinken.
Schauen Sie, ich hätte das herrlichste Leben und könnte wahnsinnig tolle Gebühren lukrieren, indem ich einfach drüberschaue, und dann sage ich: Tschau, baba!, und fertig. Und genau das wollte man von mir eigentlich haben. Und die Frechheit war, dass ich aufgestanden bin. Und da sage ich einfach, dafür bin ich nicht zu haben, dass ich Geld lukriere dafür, dass ich bewusst wegschaue. Und das war eigentlich der Grund.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Aber das heißt: Zadić hat Sie an der Durchführung der Grundrechte beschränkt?
Dr. Gabriele Aicher: Na ja, natürlich, indem diese ganze komische Ainedter-Geschichte da irgendwie aufgepoppt ist, wo ich dann immer gesagt habe: Wieso soll ich da befangen sein? Ich bin ja selber eine Vertreterin der Beschuldigten! Und ob ich jetzt mir dann einen Anwalt nehme, der vielleicht einen anderen Beschuldigten nimmt - - Ich bin kein Richter, ich bin kein Staatsanwalt, was wollt ihr mit dem ganzen Objektivitätsgebot bei mir?
Man verlangt von mir Objektivität gegenüber der Staatsanwaltschaft und nicht gegenüber den Beschuldigten. Die Objektivität bezieht sich ja auf die Beschuldigten, aber nicht auf das. Wo ich dann überhaupt nur mehr - - Und dann hat man gesagt: Na ja, das verstehen wir schon alles, aber das ist ja eine Anscheinsproblematik, und so. Und ich sage: Wo ist der Anschein? Was wollt ihr von einem Verteidiger? Ich bin halt auch Verteidiger, aber ich bin kein Staatsanwalt, ich bin genauso Verteidiger der Beschuldigten.
Und dann zu sagen: Nein, das dürfen Sie nicht, und vor allem gegen die WKStA tun Sie bitte nichts mehr!, das heißt, man verlangt von mir - - Und dann kam ja das - -, dann sage ich, ja, damit ein Frieden ist – ich meine, ich habe ja da kein sonderliches Interesse –, soll das halt meine Vertreterin oder meine Vertreter machen. Und dann kommen sie mir mit dieser Befangenheitsanzeige daher. Ich meine, was wollen sie noch?
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Okay. Also mir fehlen da jetzt wirklich selbst auch die Worte. Im Sinne der Stehung vorher und auch der Kollegialität möchte ich fürs Erste weitergeben und mich vorerst einmal bei Ihnen bedanken.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke sehr, Frau Abgeordnete Scharzenberger, auch für Ihr Entgegenkommen. Ich finde das wirklich kollegial und fair.
Ich darf nunmehr Abgeordneten Matznetter um seine Fragen bitten.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich wollte mich vorweg auch bei der ÖVP-Fraktion bedanken, wir müssen wirklich schauen, dass wir das hinkriegen, dass wir wenigstens eine Befragungsrunde durchbringen.
Vielleicht zur Abkürzung: Es gibt auch positive Zeichen, Frau Dr. Aicher: Die Wiener Müllabfuhr nimmt weiterhin übervolle Mistkübel und Dinge, die daneben liegen, mit. Es gibt halt keinen Schmattes mehr, was aber auch nichts macht, die sind total nett, erledigen das in Wien, und Wien ist eine blitzblanke Stadt.
Die Fotos in den Schulen, höre ich, sind für die Eltern um 70 Prozent billiger als früher, es muss halt auch das Schulpersonal vom Gehalt leben.
In diesem Sinne: Zwei positive Nachrichten, und ich danke Ihnen, dass Sie darauf hingewiesen haben, wie wichtig es ist, dass wir die Einhaltung der Rechtsordnung hier durch entsprechende Behörden herstellen.
Jetzt komme ich zu den Fragen. Sie haben gesagt, Sie mussten die Verteidigung Ihrer Behörde, insbesondere Ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, organisieren, und daher haben Sie einen Anwalt beauftragt. Sie haben uns weiters gesagt, Sie hätten dabei nur auf einen Zuschuss vom Justizministerium hoffen können.
Ich habe vorher gut zugehört, ich habe mich wirklich bemüht: Sie waren doch eine Zeit lang bei der Finanzprokuratur, warum haben Sie nicht § 3 Finanzprokuraturgesetz im Auge gehabt, Frau Doktor? Dieses umschließt, dass Sie unentgeltlich durch die Finanzprokuratur als Behörde vertreten werden.
Dr. Gabriele Aicher: Die Finanzprokuratur übernimmt keine Strafverteidigungen.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Dr.in Aicher, bitte zum Mikrofon reden!
Dr. Gabriele Aicher: Die Finanzprokuratur übernimmt keine Strafverteidigung. Ich wollte sagen, ich habe, was wir schon in der Generalprokuratur gemacht haben, natürlich gesagt, dass ich bereit bin, das selbst zu zahlen. Ich meine, das kann ich ja dann auch von der Steuer abziehen. Also ich wollte nicht da jetzt irgendwelche Zuschüsse lukrieren.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Entschuldigung, eine Nachfrage, Frau Dr. Aicher: Welche Strafverfahren? Wurde irgendein Strafverfahren gegen Sie oder einen Ihrer Mitarbeiter beziehungsweise eine Ihrer Mitarbeiterinnen geführt?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe Ihnen vorhin erklärt, dass die Problematik die Veröffentlichungen sind und dass deswegen automatisch Strafverfahren eingeleitet wurden. Ich habe aus diversen Umfeldinform- -, -reaktionen erschlossen, dass hier einiges am Laufen ist. Wenn Sie also ständig von allen darauf hingewiesen werden, dass, egal, wie jetzt genau, hier etwas im Laufen war - -, und dass meine Mitarbeiter angefeindet werden, war offenkundig. Und das war eine Vorsichtsmaßnahme, weil man einfach nicht weiß - - Es war ja jetzt nicht die Beauftragung: So, jetzt, ab morgen verteidige!, sondern im Fall, dass irgendjemand eine Ladung oder eine Hausdurchsuchung oder eine Handyabnahme bekommt, brauchen die Beistand oder auch - - Ja.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich verstehe es noch immer nicht. Ich versuche es einmal für mich zu verstehen. Sie sind Rechtsschutzbeauftragte. Ihre Aufgabe ist, das haben Sie selber gesagt, die Wahrung der Rechte der Beschuldigten bei jenen Behördenschritten, die aufgrund der Ermittlungsarbeit den Beschuldigten nicht bekannt werden dürfen. Also insbesondere dann, wenn Telekommunikation überwacht wird, wenn eine Hausdurchsuchung bevorsteht, immer dann, wenn den Beschuldigtenvertretern die Akteneinsicht verwehrt ist, dann ist der Zeitpunkt für die Rechtsschutzbeauftragte, im Namen der Beschuldigten oder Verdächtigen die Einhaltung von deren Rechten zu wahren, weil das ja deren eigenen Anwälte nicht tun können, weil sie ja in diesen Teil der Akten keine Einsicht haben.
Habe ich das richtig verstanden?
Dr. Gabriele Aicher: Ja, grundsätzlich, und das endet in dem Moment, wo diese Anordnung den Beschuldigten zugestellt wird.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Das habe ich schon verstanden. Mir geht es um etwas anderes – weil Sie gesagt haben, Sie verstehen nicht, wieso es so ein Problem ist, dass Sie eine Anwaltskanzlei beschäftigen, die gleichzeitig Beschuldigte vertritt. Da wird doch das System durchbrochen, denn die Kanzlei Ainedter & Ainedter kann ja für die Beschuldigten Akteneinsicht nehmen, sieht aber jene Teile nicht, die jene betreffen, die zum Beispiel in einer Überwachungssituation sind, denn diese sind ja von der Akteneinsicht ausgenommen. Da sind ja Sie und nicht die Anwälte des Beschuldigten für die Einhaltung des Rechtsschutzes zuständig. (Auskunftsperson Aicher: Ja, das ändert - -!) Habe ich das richtig verstanden?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, Sie sehen das vom Zeitpunkt bezogen her falsch. Das endet in dem Moment, wo die betreffende Anordnung entweder durchgeführt worden ist oder die andere Anordnung zugestellt worden ist. In dem Fall wurde die Anordnung zugestellt, denn durchgeführt wurde sie ja dann nur teilweise. In dem Moment endet das, und ab dem Moment gibt es keine Beschränkung mehr. Das endet daher, weiß ich nicht, zwei Tage nachher. Es hat also nicht diese Phasen betroffen, wo, was weiß ich, vor einer Hausdurchsuchung oder sonst irgendwas - -, sondern das war ja schon post festum.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Sie haben sich vorhin beklagt, dass Sie in dieser Leakfrage verdächtigt wurden. Habe ich das richtig verstanden? Das heißt also, dass es Verdachtsmomente gab, dass Sie oder Ihre Mitarbeiter schuld waren an den Leaks, durch die Dinge bekannt geworden sind. Habe ich das richtig verstanden?
Dr. Gabriele Aicher: Ja, das betraf das, was ich eingangs ausführlich geschildert habe: die Problematik, dass, sobald irgendetwas veröffentlicht wird, quasi automatisch die Einleitung eines Strafverfahrens erfolgt. Das wird regelmäßig - - Das heißt, ab dem Zeitpunkt, zu dem dieser Beschluss – ich weiß es nicht mehr, wo überall – nämlich als Faksimile veröffentlicht wird, ab diesem Zeitpunkt beginnt die Verfolgung aller zu laufen, die in irgendeiner Form involviert - -, die den Akt theoretisch hatten. Das ist ja das Problem. Ich habe ja am Anfang gesagt: Wie Sie wissen, wird alles veröffentlicht!, was Sie aber nicht wissen, ist, dass wir wegen jeder Veröffentlichung durch die Gegend geprügelt werden, ja, und dass mir manche Mitarbeiter – weil ich gesagt habe, bis zur letzten Schreibabteilung – sagen: Ich gehe überhaupt nur mehr mit dem Zahnbürstel ins Büro, weil ich am Abend ja schon nicht mehr weiß, ob ich heimkommen kann!, oder Schreibmitarbeiter sagen: Bitte, es reicht ja wohl, wenn ich diesen Blödsinn schreiben muss, es kann ja keiner erwarten, dass ich mir das merke und dann vielleicht hinausgebe. – Ich meine, wir sind ja alle nur mehr fertig vor lauter Verfolgtwerden, verstehen Sie das nicht?
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich will mit meiner Frage natürlich auf etwas hinaus: Da haben Sie keine Problematik gesehen, Ihre Beschwerde in der Kanzlei Ainedter, auf dem dortigen Computer, zu schreiben, wo doch überall der Verdacht ist, dass die Dinge hinausgehen?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe die Beschwerde geschrieben, das kann ich Ihnen hundertmal nachweisen, indem Sie meine Anwesenheitszeiten und Dingszeiten, nämlich wie ich im Justizpalast eingeloggt bin - -, das habe ich nicht eine Sekunde verlassen und da ist auch kein Mensch bei mir jemals im Büro gewesen.
Es geht um diese unterm Strich völlig nutzlose Presseaus- - Das heißt, sie war nicht völlig nutzlos. Ich glaube, ich habe wenigstens ein paar Leuten gezeigt, dass nicht alles hingenommen wird.
Ich habe nichts Verbotenes gemacht, Herr Abgeordneter. Entschuldigen Sie bitte vielmals, falls ich jetzt nicht konkret genug geantwortet hätte.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich möchte Ihnen die Datei 2021/11/27 vorlegen, Zeitung „Der Standard“, mit der Überschrift: „Wie sich die Rechtsschutzbeauftragte in Widersprüche verstrickte“, und würde Ihr Augenmerk dort gern auf – es ist eine Überschrift der Absätze – „Weisungsfrei beauftragt“ lenken. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.) Seite 2, glaube ich, wird es sein – ja, bitte auf Seite 2 dort.
Sie führen dort – wörtlich zitiert – aus: „Ich habe das vor den Rechtsschutzbeauftragten dargelegt, diesen Text dann verkürzt/bearbeitet für die Pressemitteilung verwendet.“ – Ist das der Vorgang, der beim Computer in der Kanzlei Ainedter geschehen ist?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe dort - -, ich habe da diese komische Presseaussendung formuliert und sonst gar nichts.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich glaube, da ging es eh darum: „für die Pressemitteilung verwendet“. War das diese Verkürzung und Bearbeitung, die Sie vorgenommen haben?
Dr. Gabriele Aicher: Was? Ich habe meinen Vortrag verkürzt, aber ich habe den Vortrag nicht im Original mitgehabt - - nicht auf Stick mitgehabt und deswegen habe ich es so geschrieben.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Das sagen Sie im nächsten Satz, Sie haben es „alleine verfasst“, aber geschah diese redaktionelle Arbeit in der Kanzlei Ainedter?
Dr. Gabriele Aicher: Welche?
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Na, Sie haben uns vorhin gesagt, dass diese Metadaten deswegen darauf lauten, weil Sie in der Kanzlei Ainedter geschrieben haben – oder habe ich Sie da falsch verstanden? Die Metadaten der Kanzlei Ainedter kommen daher, weil Sie es dort geschrieben haben. – So habe ich Sie zumindest verstanden. Entschuldigung, wenn ich es falsch verstanden habe; ich bitte um Aufklärung. (Die Vertrauensperson berät sich mit dem Verfahrensrichter.)
Dr. Gabriele Aicher: Ja, also ich - - Ich meine teilweise, man muss ja sehen, dass das ja auch noch ausgebessert worden ist dort, aber - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Dr.in Aicher, ich würde gerne den Herrn Verfahrensrichter kurz um seine Stellungnahme bitten. Da gibt es Irritationen. – Bitte, Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich habe gehört, dass die Auskunftsperson die Passage, die Sie, Herr Abgeordneter Matznetter, vorhin vorgelesen haben, nicht findet, und daher ein bisschen Zeit braucht, um das zu finden und durchzulesen.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Einverstanden! In dem Dokument Seite 2, von oben der zweite Absatz, und in der zweiten Hälfte ist das Zitat. (Auskunftsperson, Vertrauensperson und Verfahrensanwältin lesen in dem vorgelegten Schriftstück und beraten sich.)
Dr. Gabriele Aicher: Ich - - etwas sagen.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Bitte sehr.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, das liegt jedenfalls außerhalb des Untersuchungszeitraums, und ich kann daher dazu weiter nichts sagen. Die Beschwerde wurde am 14. zumindest abgefertigt – also am 13. verfasst, am 14. der Vortrag – und der Untersuchungszeitraum endet am 11. Oktober 2021, nicht?
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Verfahrensrichter, ich bitte um Ihre Stellungnahme dazu.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Es ist richtig, dass der Untersuchungszeitraum am 11. Oktober 2021 endet, aber wenn die Auswirkungen, die zu dieser Beschwerde geführt haben, noch im Untersuchungszeitraum stattgefunden haben, dann ist es Übung in diesem Ausschuss, dass hier auch noch die Nachwirkungen abgefragt werden können, selbst bis zum heutigen Tage. (Abg. Matznetter hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke sehr. – Herr Matznetter, war das eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung? Dann bitte ich Sie jetzt um Ihre Wortmeldung.
*****
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte ganz sachlich darauf hinweisen: Wenn von der WKStA Maßnahmen gesetzt worden sind, die Anlass für Ihre Beschwerde sind, dann können wir auch all das untersuchen, was es an nachfolgenden Ermittlungen dazu gegeben hat. Darunter fällt auch, wie Sie in der Funktion als Rechtsschutzbeauftragte mit diesen Maßnahmen umgegangen sind. Ich glaube, damit erklärt sich auch, dass der Untersuchungszeitraum kein Fallbeil ist.
*****
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Dr.in Aicher, bitte um Ihre Antwort.
Dr. Gabriele Aicher (erheitert): Ich habe die Frage insofern vergessen, oder vielleicht bin ich jetzt auch in der falschen Passage - - Bitte, es geht hier um meinen Vortrag und nicht um die Beschwerde, auf die ich hier Bezug nehme. Die Beschwerde war zu diesem Zeitpunkt schon Ewigkeiten fertig und draußen, und dann ging es um den Vortrag, den ich dann als Vorlage für meine Presseerklärung verwendet habe – also als Vorlage insofern, als ich das ja dann anders strukturiert habe. Ich meine, bei der Beschwerde habe ich das ja auf ich weiß nicht wie vielen Seiten, aber natürlich hoch technisch ausgeführt, und als hoch technische Juristin muss ich das dann irgendwie in einfache Worte fassen, um das irgendwie erklärlich zu machen.
Also ich - - Ja, danke. Reicht das?
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Okay. Frau Dr. Aicher, ich versuche es mit einer kurzen Frage, die mich wirklich interessiert: Ist eigentlich Anwalt Ainedter oder einer der beiden Anwälte Ainedter an Sie herangetreten, um diese rechtsfreundliche Beratung zu machen, oder sind Sie an ihn herangetreten? Ich sage das ausdrücklich, weil Sie hier ja – im Unterschied zur Zeitung – unter Wahrheitspflicht aussagen. (Die Vertrauensperson wendet sich an den Verfahrensrichter. – Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson, Verfahrensanwältin und Verfahrensrichter.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Die Beratungen ziehen sich etwas in die Länge.
Ich unterbreche die Sitzung für 5 Minuten.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 16.12 Uhr bis 16.18 Uhr.)
*****
16.18
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Am Wort ist die Auskunftsperson Dr.in Aicher. – Bitte, Frau Doktorin, um Ihre Antwort.
Dr. Gabriele Aicher: Herr Abgeordneter, Entschuldigung! Ach so, ich glaube, ich schaue immer falsch, weil eigentlich sehen Sie mich ja über den Bildschirm und nur ich sehe Sie nicht.
Ich darf bitte auf das Eingangsstatement verweisen, das habe ich ja schon eingangs gesagt: Ich bin an ihn herangetreten und daher erübrigt sich jetzt eine weitere Antwort. – Danke.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich will die gleiche Solidarität wie die ÖVP-Fraktion ausüben, und zwar für die anderen zwei Fraktionen, damit wir das schaffen, und möchte fürs Erste weitergeben – immer in der Hoffnung, Sie halten sich jetzt kurz, Frau Dr. Aicher, denn dann haben wir eine Chance auf eine zweite Runde. – Danke.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke sehr.
Als Nächster ist Herr Abgeordneter Hafenecker zu Wort gemeldet. – Ich bitte Sie um Ihre Fragen.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Dr. Aicher! Hatten Sie von gestern auf heute mit irgendjemanden Kontakt, der am Untersuchungsausschuss teilgenommen hat? (Die Auskunftsperson spricht bei ausgeschaltetem Mikrofon.)
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich frage deswegen, weil Sie ja sehr detailliert immer wieder darauf verwiesen haben, was gestern alles hier im Ausschuss passiert ist. Für mein Dafürhalten sind es aber Dinge gewesen, die nicht unbedingt in der Berichterstattung waren oder getwittert worden sind. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Deswegen meine Frage: Woher beziehen Sie Ihr umfangreiches Wissen von gestern?
Dr. Gabriele Aicher: Also nein. Ich habe gestern den Liveticker verfolgt – was ich bei meiner Vernehmung sicherlich nicht machen werde, weil mich die Bemerkungen dann irritieren. Also ich habe mit niemandem, der im U-Ausschuss war, Kontakt gehabt, nein.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Haben Sie vielleicht irgendwelche unfertigen Protokolle erhalten (Auskunftsperson Aicher: Nein!), die noch nicht in der Endfassung waren?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, ich habe den Liveticker im „Standard“ verfolgt.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gut, dann werden wir das dann mit Ihrer Aussage vergleichen, ob das auch alles gestern im Standard getickert worden ist.
Frau Dr. Aicher, Sie haben vorhin darauf verwiesen, dass es einen Fall gegeben habe, wo die WKStA zu Besprechungen ihren Mitarbeitern das Handy abgenommen hätte. Können Sie das konkretisieren, in welchem Zusammenhang das war und wann?
Dr. Gabriele Aicher: Das betraf Zeugen, und es war im - - Es war also eine Beschwerde an mich, die aber dann vor Angst vor Repressionen mehr oder weniger zurückgezogen wurde, nachdem aus den Akten hervorgegangen ist - - oder die Aktenlage jetzt nicht ganz dem entsprochen hat, was die Zeugen gesagt haben.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): War das jetzt die WKStA oder eine andere Behörde?
Dr. Gabriele Aicher: Es waren Einvernahmen im Zusammenhang mit WKStA-Anzeigen, also kann sein, dass es dann die StA Wien war – ah, Innsbruck.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Nur außerhalb der Redezeit, Frau Vorsitzende: Frau Dr. Aicher, können Sie das Mikrofon ein bisschen näher zu sich ziehen? (Auskunftsperson Aicher: Entschuldigung!) Dann gibt es nicht so ein Übersteuern und wir verstehen einander besser, danke.
Sie haben vorhin gesagt, bei Ihrer Bestellung hätten Sie darüber nachgedacht, ob Sie das überhaupt machen möchten oder ob Sie das werden möchten „in dieser Justiz“, das war Ihre Aussage vor einer Stunde in etwa.
Was haben Sie damit gemeint: „in dieser Justiz“?
Dr. Gabriele Aicher: Genau so, wie ich jetzt dastehe: Diese ständigen Angriffe, wenn Sie ständig für Ihre Arbeit nur angegriffen werden und schon eine Panik kriegen, wenn Sie überhaupt einen WKStA-Akt sehen, weil Sie wissen, es gibt auf jeden Fall wieder irgendwo Schwierigkeiten – und die auch eintreten. Das waren diese Angriffe, die erfolgt sind, die sind unerträglich. Es ist für uns auch unerträglich, zuschauen zu müssen, wie Fuchs abgeschossen wird. Das ist unerträglich, diese Geschichte mit dem Pilnacek, denn Sie leiden einfach darunter, wenn Sie rundherum nur sehen, alles läuft schief.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Aber was erzeugt das aus Ihrer Sicht für eine Optik, wenn höchste Beamte des Justizministeriums Akten abfotografieren und sich gegenseitig über irgendwelche Messenger schicken? Das ist doch nicht der normale Dienstweg. Da verwendet man keine Dienst-E-Mails und macht auch keine Aktennotizen – warum passiert das, aus Ihrer Sicht? Ist das ein ordentliches Vorgehen? (Die Auskunftsperson berät sich mit Vertrauensperson und Verfahrensanwältin.)
Dr. Gabriele Aicher: Nein, das können andere machen, und welches Bild das macht, ist eine - - Nein, dazu kann ich keine Angaben machen. Das müssen diejenigen wissen, die das machen – also ich weiß nicht, welche Meinung Sie von mir wissen möchten, als Auskunftsperson kann ich Ihnen da jetzt keine Antwort geben.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Aber Sie sind Rechtsschutzbeauftragte, und ich glaube, man müsste das ja auch ein bisschen werten können, ob das in Ordnung ist, dass man sich gegenseitig Akten zuschickt, in die man unter Umständen vielleicht nicht einmal hineinsehen dürfte.
Dr. Gabriele Aicher: Ich vertrete Beschuldigte beziehungsweise ich vertrete Opfer – was hat das mit - -
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Na ja, Herr Pilnacek und Herr Fuchs sind Beschuldigte, nicht?
Dr. Gabriele Aicher: Ja, da müsste ich ihn bei diesen Maßnahmen vertreten, also - - Aber das - - Es geht - - Ich habe Ihre Frage grundsätzlich - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Dr.in Aicher, ich habe ja als Vorsitzführende auch Ihre Grundrechte zu wahren. Sie müssen diese Frage nicht beantworten.
Dr. Gabriele Aicher: Danke.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Frau Doktor, Sie haben gesagt, Sie seien dann ohne Amtseinführung in dieses Amt gekommen. Haben Sie das irgendwo moniert, dass man Ihnen da keine Übergabe hat zukommen lassen, oder welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um sozusagen in dieses Amt hineinzuwachsen?
Dr. Gabriele Aicher: Da kann man keine Maßnahmen - -, oder können Sie sich vorstellen, man ruft an und sagt: Hallo, wie wäre es mit einer Amtseinführung? (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich meine, das ist ja - - Keine – ich meine, ich war mir bewusst, dass ich nicht sehr erwünscht war, und es hat mich nicht weiter gestört, ich mag keinen Pomp.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Also eine Amtseinführung: Ich verstehe darunter eine Übergabe – also ich meine nicht einen Festakt, sondern eine Übergabe. (Auskunftsperson Aicher: Ja!) Eine Übergabe gab es?
Dr. Gabriele Aicher: Nein! Ich habe ein E-Mail an den OGH - -, und ich habe dann irgendwann ein Schreiben gekriegt, wo das drinnen gestanden ist.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Da steht drinnen: Kommen Sie am - - Ich meine, dass Sie auf die Musikkappelle und auf die Ansprache verzichtet haben, verstehe ich ja, die würden mich auch nicht interessieren. Aber hat Ihnen niemand gesagt: Da ist Ihr Schreibtisch, da finden Sie die Akten, diese Fälle sind offen?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, es ist mir nicht persönlich ausgehändigt worden, es ist mir per Post zugeschickt worden.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Entschuldigung, meine Zeitmessung ist jetzt während der Beantwortung mitgelaufen.
Was Ihre sehr breiten Ausführungen auch interessant gemacht hat: Sie haben vorhin in einer Aussage gesagt, Sie hätten „niemals einen politischen Anschieber gehabt“. Da drängt sich natürlich die Gegenfrage auf: Haben Sie, vor allem im Untersuchungszeitraum, den Eindruck gehabt, dass es woanders politische Anschieber gegeben hätte? Es geht ja im Untersuchungsausschuss auch um Postenschacher, und da Sie das für sich ausschließen, impliziert das im Umkehrschluss, dass es das vielleicht woanders gegeben hat.
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe dazu jetzt keine Wahrnehmungen. Schauen Sie: Bei jeder Besetzung ist irgendjemand beleidigt und behauptet, der andere sei - -; es ist allgemein im Justizalltag.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Na ja wissen Sie, das Problem ist, ich glaube, Sie haben da ver- -
Dr. Gabriele Aicher: Nein, es ist bezogen auf den generellen Vorwurf, der eben in dieser Anfrage über die Anzeige der anderen erstattet worden ist – und außerdem geht es ja hier jetzt um die Frage von Postenschacher, oder?
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ja, darum die Frage nach Ihren Wahrnehmungen dazu, und Sie haben es in den Raum gestellt, darum würde es mich interessieren.
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe es nur für mich ausgeschlossen, und das reicht ja auch.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Gut, dann machen wir es noch konkreter: Sie haben vorhin auch gesagt, es habe Verfahren gegeben, wo dann die Staatsanwälte ihre Talare hingeschmissen hätten, weil es zu keiner Verurteilung gekommen sei.
Können Sie den Fall konkretisieren und uns sagen, wann das wo gewesen sein soll? (Die Vertrauensperson wendet sich an den Verfahrensrichter.)
Dr. Gabriele Aicher: Ich weiß nicht, wann der Freispruch von Pilnacek war.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Und da hätte ein Staatsanwalt den Talar hingeschmissen und war verärgert?
Dr. Gabriele Aicher: Ist zumindest so kolportiert worden. (Abg. Krainer: ... Hörensagen!
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Schauen Sie, das ist genau der springende Punkt! Ich kenne den Kollegen Hanger, der geht jetzt dann zur Pressekonferenz und wird dann dort sagen: Frau Dr. Aicher erklärt uns einen grauenhaften Zustand der Justiz und hat einige Fälle gebracht, die der Freibeweis dafür sind, was uns Herr Pilnacek und Herr Fuchs sagen.
Ich habe Ihnen jetzt fünf oder sechs Fragen gestellt, und wir sind immer beim Hörensagen geendet, wissen Sie, oder: weiß ich nicht, habe ich keine Wahrnehmung. Es wäre deswegen für mich wichtig, diese Fälle, die Sie vorhin bei den Fragen der ÖVP vorgetragen haben, ein bisschen zu konkretisieren.
Dr. Gabriele Aicher: Ich kann jeden einzelnen rechtlichen Fall, auch die Müllmänner oder die anderen, rechtlich dokumentieren, also das ist keine Frage, und - -
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich habe vorhin bei Ihrer Aussage mitgeschrieben. Sie haben auch gesagt, na ja, man hätte von Ihnen als Rechtsschutzbeauftragte erwartet, dass Sie sagen: „Tschau, baba!“, und nicht genau hinsehen. „Das wollte man von mir“, haben Sie vorher gesagt. Wer ist „man“? Wer wollte das?
Dr. Gabriele Aicher: Nun, wenn Sie dafür geprügelt werden, dass Sie was gemacht haben, dann ist die Gegenauffassung: Hätten Sie nichts gemacht, wären Sie nicht geprügelt worden. Es haben mir auch meine anderen - - oder durchaus welche hinterbracht, die gesagt haben: Das hättest du nicht tun sollen, wenn du länger im Amt bleiben willst!
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Interessant. In welcher Causa? Wer ist „man“ und wer sind die anderen?
Dr. Gabriele Aicher: Das waren - - Egal, das - -
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Na, mir ist es nicht egal, darum frage ich Sie, Frau Dr. Aicher. Sie bringen das aufs Tapet - -
Dr. Gabriele Aicher: Nein, wir haben hier kein Tribunal, und ich habe auch Persönlichkeitsrechte - -
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ein Tribunal besteht aus drei Personen – ich bin alleine. Nichtsdestotrotz, Frau Doktor: Es würde mich interessieren, wer Ihnen das gesagt hat. Das ist eine konkrete Anschuldigung, die Sie gemacht haben, und die müssen Sie jetzt auch namentlich bezeichnen können.
Dr. Gabriele Aicher: Das ist keine Anschuldigung, sondern es wurde mir nur etwas hinterbracht, und aufgrund des Persönlichkeitsschutzes bin ich nicht bereit, da Namen zu nennen. (Abg. Hafenecker hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Verfahrensrichter, die Auskunftsperson wendet sich jetzt ratsuchend an Sie, ich bitte um Ihre Einschätzung. (Verfahrensrichter, Verfahrensanwältin, Auskunftsperson und Vertrauensperson beraten sich und lesen in den Unterlagen.)
Der Herr Verfahrensrichter ist am Wort. – Bitte sehr.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Die Auskunftsperson weigert sich, hier eine Aussage darüber abzugeben, wer das gesagt hat, und verweist auf den bisher hier im Ausschuss noch nicht strapazierten § 43 Abs. 1 Z 4 der Verfahrensordnung – Aussageverweigerungsgrund –: „in Ansehung desjenigen, was ihr in ihrer Eigenschaft als Verteidiger oder Rechtsanwalt bekannt geworden ist“.
Frau Dr. Aicher ist zwar kein Rechtsanwalt, aber sie ist eine Rechtsschutzbeauftragte, und da hat sie vorhin schon gesagt, dass sie wie ein Verteidiger für diejenigen auftritt, die noch nicht namentlich bekannt sind oder die nicht einschreiten können. Ich würde hier dem Fall der Rechtsschutzbeauftragten durchaus denselben Stellenwert beimessen wie dem Fall eines Verteidigers oder eines Rechtsanwaltes: Ein Rechtsschutzbeauftragter ist in Wahrheit nichts anderes, er macht dieselbe Tätigkeit für solche, die noch nicht vertreten sind, und daher würde ich, wenn Frau Dr. Aicher nicht bereit ist, hier den Namen zu nennen, einen Entschlagungsgrund sehen.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Am Wort ist Herr Abgeordneter Hafenecker - - Ist es eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung? – Bitte. (Ruf: Stehung!)
*****
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Herr Verfahrensrichter. Ich verstehe die Auslegung des Paragrafen in diese Richtung ehrlich gesagt nicht. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Wenn nämlich Frau Dr. Aicher sagt, es sei von ihr verlangt worden, als Rechtsschutzbeauftragte bei Dingen wegzusehen oder das nicht so ernst zu nehmen – oder wie war die Formulierung: „Tschau, baba!“, nicht genau hinsehen –, dann hat ja das überhaupt nichts damit zu tun, dass sie die Rechte von irgendjemand Schützenswertem wahrt, sondern da geht es um sie. Da geht es unter Umständen um eine dienstrechtliche Problematik, wo sie von irgendwelchen Stellen oder von irgendjemandem aus dem Justizsystem oder Justizbereich die Empfehlung bekommen hat, da darüber hinwegzusehen.
Es ist aber doch noch keine Sekunde irgendein schützenswertes Recht einer Person da irgendwie umfasst gewesen. Ich halte das eher für einen Kunstgriff, darauf zu verweisen, anstatt auf den Schutz der Frau Dr. Aicher selbst.
Noch einmal: Ich habe sie vorhin nicht darum gebeten, diesen Fall zu bringen – und ich möchte, nachdem sie das bei der ÖVP-Fragestellerin getan hat, jetzt eine konkrete Auskunft dazu haben, und ich glaube, das steht uns zu. Das Fass habe aber nicht ich aufgemacht, sondern die Frau Dr. Aicher selbst in ihrer vorhergegangenen Aussage, darauf möchte ich noch einmal verweisen.
Jetzt zu sagen, na ja, zuerst patzen wir die Justiz und das System an, und jetzt sage ich nicht, wer es war – also da wäre für mich eher eine Glaubhaftmachung wichtig, warum Sie diese Sache nicht sagen wollen oder warum Sie sich da entschlagen, ansonsten sehe ich das ganz klar als Aussageverweigerung. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ich orte hier, da sich jetzt mehrere zu Wort gemeldet haben, die Notwendigkeit einer detaillierten Erörterung.
Ich bitte die Fraktionsvorsitzenden zu einer Stehung zu mir und unterbreche die Sitzung.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 16.36 Uhr bis 16.47 Uhr.)
*****
16.47
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich setze die unterbrochene Sitzung fort und erteile ein weiteres Mal dem Verfahrensrichter das Wort. Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Nach neuerlicher Besprechung mit der Auskunftsperson ist diese bereit, ihr Entschlagungsrecht nicht geltend zu machen und doch eine Antwort auf diese Frage zu geben. Ich möchte die Damen und Herren von den Medien aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Namensnennung von Personen, deren Privatrechte beeinträchtigt werden können, in diesem Fall besonders zu berücksichtigen ist.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke sehr, Herr Verfahrensrichter.
Frau Dr.in Aicher, ich darf nun um Ihre Antwort bitten.
Dr. Gabriele Aicher: Ja, E. W.[2] hat das zu mir gesagt. Das ist mein Stellvertreter.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke sehr.
Herr Abgeordneter, Sie sind jetzt wieder mit Ihren Fragen dran.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Also dann war „man“ sogar ein Mann; das haben wir jetzt herausarbeiten können.
Ich möchte noch ganz kurz zu einem anderen Themenkomplex kommen, zur Causa Ainedter. Kollege Matznetter hat sich eh schon ein bissel damit befasst. Ich habe nur ein paar kurze Fragen dazu, und zwar: Jetzt hat der Partner von Herrn Ainedter respektive die Kanzlei, drei Fälle aus dem Casag-Akt bearbeitet. Und Sie haben vorhin davon gesprochen - - (Auskunftsperson Aicher: Bitte?!) – Aus dem Casag-Akt.
Dr. Gabriele Aicher: Das ist der Ibizaakt.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ja, in dem schlussendlich dann alles zusammengefasst wurde.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, Casag ist ein Strang davon. (Abg. Tomaselli: Nein, darin ist alles! Der Akt heißt nicht Ibiza, er heißt Casag!) – Entschuldigen Sie bitte! Gezeichnet wird das Ganze immer vom Gruppenleiter des Verfahrenskomplexes Ibiza. Also was - - Da steht drinnen - - Nein, Casag ist - - Das Ganze beginnt - -
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Jedenfalls sind wir uns einig, dass im Casag-Ibiza-Komplex die Kanzlei Ainedter drei Mandanten betreut.
Meine Frage ist, da Sie vorhin auch ausführlich erklärt haben, in welchem Sitzkrieg Sie mit der WKStA gestanden sind: Gerade dann, wenn ich auf einen externen Anwalt zugreife und weiß, dass die WKStA ständig irgendwie schwierig ist und Beschwerden macht, und wenn ich eine Rechtsgelehrte Ihrer Dimension bin, versichere ich mich da nicht dreimal, dass die Kanzlei Ainedter, die ich dann beauftrage, in diesen Bereichen nichts zu tun hat, um einem Unbill seitens der WKStA zu umgehen?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, auf die Idee, dass daraus - - Abgesehen davon, dass ich es wirklich nicht wusste: Auf die Idee bin ich überhaupt nicht gekommen. Ich habe Ihnen jetzt schon x-mal gesagt: Das spielt keine Rolle. (Abg. Hafenecker: Das Mikro!) Auf die Idee bin ich nicht gekommen, nein.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Aber Sie sind Rechtsschutzbeauftragte und müssen eine gewisse Übersicht haben.
Dr. Gabriele Aicher: Ja, ich bin eigentlich auf der gleichen Seite. Und ich suche verzweifelt Hilfe oder so oder eine Beratung für meine Mitarbeiter, aber nicht in dem Fall sachlich, sondern sie brauchen jemanden dabei. Ich bin auch sehr froh, dass Herr Mag. Mössler mich heute begleitet.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie haben dann zur Verfassung des Pressestatements die Kanzlei Ainedter gebraucht. Meine Frage: Findet man als Rechtsschutzbeauftragte erstens niemandem im ganzen Ministerium, der die entsprechende Expertise hat, und zweitens niemanden, der Ihnen sagt, wie man mit der Presse umgeht und wie man kommuniziert? Da gibt es im ganzen Ministerium niemanden?
Dr. Gabriele Aicher: Das Ministerium hat mit mir überhaupt nichts zu tun. Ich muss mich selbst darum kümmern. Wenn ich das Ministerium bitte, mir zu helfen, die - - Wieso sollten die? Genauso wenig wie der Oberste - - oder die Generalprokuratur. Ich bin eine selbstständige Behörde. Das Ministerium hat mit mir nichts zu tun. Wie kann ich da das Ministerium um was bitten?
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Sie sind aber eine selbstständige Behörde, und dort ist es Usus, dass man sich privat einen Rechtsvertreter suchen muss, den man aus eigener Kasse bezahlen muss, damit man dann mit Medien kommunizieren kann – ist das das Problem, das wir jetzt gerade besprechen?
Dr. Gabriele Aicher: Genau.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (erheitert): Okay, das ist für mich eine sehr interessante Antwort, vor allem, weil Sie vorhin wirklich sehr, sehr breit erklärt haben, wo im Justizsystem überall die Fehler liegen und welche Dinge es nicht alle gibt – da wird unter Druck gesetzt, die WKStA sucht, dann beauftragen Sie auf eigene Kassa, auf eigene Rechnung einen Anwalt, der in drei anderen Verfahren drinnenhängt. Wissen Sie, für mich geht sich die ganze Sache nicht so aus, dass es irgendwie rund wirkt, was Sie sagen.
Wenn man nachfragt, was da jetzt bei den Beschuldigungen, die Sie vorgenommen haben, genau gewesen ist, sagen Sie, da haben Sie jetzt keine konkrete Wahrnehmung, dann sagen Sie, Sie haben es gehört, dann versuchen Sie noch den Kunstgriff über das Anwaltsgeheimnis, und jetzt erklären Sie die Sache so, dass Sie als Behörde keinen Zugriff auf irgendjemanden haben, der Sie rechtlich und im Umgang mit Medien beraten kann – und das Ganze vor einem Themenkomplex, den wir zuvor diskutiert haben: dass das Justizministerium eigene Mitarbeiter sogar zu verschiedensten Agenturen schickt und diese dort briefen lässt.
Ich kenne mich jetzt wirklich nicht mehr aus, Frau Dr. Aicher. Bitte sehen Sie mir das nach! (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Moment, Frau Dr. Aicher. Es gibt eine Meldung von Herrn Abgeordneten Hanger zur Geschäftsordnung. – Bitte sehr.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsbehandlung: Herr Kollege Hafenecker, wie die Aussage von Frau Dr. Aicher auf dich wirkt, sei dir unbenommen. Das kannst du auch gerne in einem Medienstatement danach sagen, aber hier herinnen geht es nicht um Bewertungen, sondern um Wahrnehmungen und um Sachverhalte. Das bitte ich, zur Kenntnis zu nehmen.
*****
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Abgeordneter, passt das, wenn ich jetzt die Auskunftsperson um ihre Ausführungen bitte? – Bitte sehr, Frau Doktorin.
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe aus dem Statement jetzt keine Frage entnommen. Sie haben gesagt, es sei nicht - -, andere aus dem Ministerium nehmen Coaching in Anspruch, oder so? – Ja, das ist das Problem, dass das Ministeriumsmitarbeitern gewährt wird. Ich habe Ihnen schon erklärt, dass ich das nicht bekomme. Ich bin eben kein Ministeriumsmitarbeiter, ich bin in dem Sinne auch kein Justizmitarbeiter.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Nun gut, es war eh keine Frage. Frau Dr.in Aicher, Sie müssen da jetzt keine Ausführungen vornehmen.
Herr Abgeordneter, haben Sie weitere Fragen an die Frau Doktor?
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Ich wollte die eigentliche Frage erst stellen. Das mache ich jetzt noch schnell: Wir wissen aus zahlreichen Chats, die uns im Untersuchungsausschuss vorliegen, dass Ihr Anwalt, Herr Dr. Ainedter, auch regelmäßigen Chatverkehr mit Herrn Pilnacek gepflegt hat, wo halt auch verschiedene Informationen ausgetauscht worden sind, was Journalisten betrifft, was Leserbriefe betrifft und so weiter und so fort.
Sie haben nicht gewusst, dass er in drei Fällen mit seiner Kanzlei mitvertritt, und Sie haben – das ist die nächste Frage – auch nicht gewusst, dass er mit Herrn Pilnacek gut ist? Und die allerletzte Frage ist: Können Sie ausschließen, dass Sie vielleicht zum politischen Spielball geworden sind, wenn Sie das alles nicht gewusst haben, dass Sie vielleicht sogar von der Kanzlei Ainedter hintergangen worden sind?
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ihre Redezeit ist beendet, Herr Abgeordneter.
Dr. Gabriele Aicher: Ich ein, ein, ein - - (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Nein. Ich glaube, ich verstehe die Frage nicht, was das Chat- -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Der Herr Verfahrensrichter möchte dazu eine Anmerkung machen.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Abgeordneter Hafenecker, Fragen, die mit „ausschließen“ beginnen, sind nicht zulässig. Das wissen Sie!
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Aber die erste Frage darf Frau Dr.in Aicher gerne beantworten.
Dr. Gabriele Aicher: Kann der Herr Abgeordnete diese außerhalb der Redezeit bitte wiederholen?
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ja, bitte wiederholen Sie sie!
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Wussten Sie, dass Herr Rechtsanwalt Ainedter einen sehr regen Chatkontakt zu Herrn Pilnacek gehalten hat und dass es da auch Beratungen im Umgang mit Medien gegeben hat, und sind Sie unter Umständen über diese Schiene politisch missbraucht worden – dass Sie da ohne Ihr Wissen auch instrumentalisiert worden sind?
Dr. Gabriele Aicher: Mir sind Chats nicht bekannt. Und: In welcher Hinsicht sollte ich instrumentalisiert - - Ich verstehe die Frage nicht. Was ist da jetzt an dem Ganzen politisch? (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Danke sehr.
Wir kommen nun zur Fraktion der Grünen. – Frau Abgeordnete Tomaselli, Sie sind jetzt mit Ihren Fragen an der Reihe. Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Aicher, ich würde zuerst auch gerne mit Fragen einsteigen, die Ihre Aussagen von vorher betreffen. Sie haben vorhin auf die Frage zu möglichen Einschränkungen Ihrer Rechte als Rechtsschutzbeauftragte gesagt, man hätte zu Ihnen gesagt: „vor allem gegen die WKStA tun Sie bitte nichts mehr“. – Wer und wann hat das wo gesagt?
Dr. Gabriele Aicher: Das wurde in der Besprechung mit der Ministerin so geäußert; also es war jetzt die Bitte, und ich habe dann gesagt: Ja, ich habe selbst auch kein Interesse, hier weiteres Konfliktpotenzial zu schüren.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wer hat das gesagt?
Dr. Gabriele Aicher: Das war im Zuge des Gesprächs mit der Ministerin. Ich weiß jetzt nicht - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Doktorin (Auskunftsperson Aicher: Bitte?), beantworten Sie Fragen, sofern Sie sie beantworten können, aber bitte stellen Sie keine Gegenfragen – außer es ist eine Verständnisfrage – an die Abgeordneten.
Dr. Gabriele Aicher: Die Frage ist, wann mir gesagt worden ist, ich soll nicht mehr gegen die - - keine Akten der WKStA machen?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wann, wo und vor allem von wem? (Die Auskunftsperson wendet sich an die Verfahrensanwältin.)
Dr. Gabriele Aicher: Ich sage, im Zuge des Gesprächs mit der Ministerin, wo ich jetzt nicht weiß, war die Ministerin, dann die Kabinettsmitarbeiterin, Barbara Göth-Flemmich und andere dabei, wo mir zuerst dann nämlich auf meinen Hinweis, dass es keine Befangenheit gäbe - - Dann wurde gesagt, das sei Anscheinsbefangenheit, und es sei doch besser, hier mit der WKStA nicht weiter auf Kollisionskurs zu sein. Und ich hatte vorher schon, um das nicht nicht zu sein, mit meiner - -, in der - -, innerhalb der Geschäftsverteilung das so geregelt, dass das meine Mitarbeiterin bekommt, weil ich ja kein - -, ja.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Aber hat das jetzt irgendjemand wortwörtlich gesagt – „vor allem gegen die WKStA tun Sie bitte nichts mehr“? Ging es um Sie persönlich oder um die Stelle der Rechtsschutzbeauftragten?
Dr. Gabriele Aicher: Na ja, um mich persönlich. Ich bin die Rechtsschutzbeauftragte, es gibt nur eine.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Aber wer hat das gesagt?
Dr. Gabriele Aicher: Die Frage wurde bereits beantwortet.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Nein, Sie haben gesagt: „im Zuge des Gesprächs“. Sie haben nicht gesagt, wer von den Anwesenden das gesagt hat.
Dr. Gabriele Aicher: Ich sage: Es waren mehrere und es war ein laufendes Gespräch, wo auch meine Mitarbeiterin mit war, und ob das jetzt irgendwer anderer gesagt hat und die Ministerin genickt hat oder die Ministerin persönlich - - Wir haben uns ja eigentlich auf sehr amikaler Basis unterhalten. Also ich kann jetzt nicht sagen, wer es im Zuge dieses Gesprächs gesagt hat.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie dazu einen Aktenvermerk angelegt?
Dr. Gabriele Aicher: Meine Mitarbeiterin, meine wissenschaftliche Mitarbeiterin, die ich ja mit hatte, hat einen Aktenvermerk dazu angelegt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Gut.
Von wem haben Sie denn das vernommen, dass die Staatsanwälte nach dem Freispruch ihren Talar hingeschmissen haben?
Dr. Gabriele Aicher: Von unmittelbaren Prozessbeobachtern.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Na, es ist hier ja auch eine Prozessbeobachterin anwesend. Die hat das so nicht beobachtet. – Wie erklären Sie sich das?
Dr. Gabriele Aicher: Ich war nicht dabei.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sie haben es nur gehört, dass es so war, dass sie die Talare hingeschmissen haben?
Dr. Gabriele Aicher: Ja, Hearsay. (Abg. Matznetter: Vom Pilnacek!)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie es von Pilnacek gehört?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, mit Pilnacek habe ich nie gesprochen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Zu Ihrer Rechtsvertretung würde mich noch ergänzend interessieren: Sie hatten – oder haben – zwei Rechtsvertreter, Herrn Ainedter und auch noch Peter Zöchbauer. Ist das korrekt?
Dr. Gabriele Aicher: Ja, Peter Zöchbauer war ein Kollege von mir in der Anwaltsausbildung, die ich eingangs geschildert habe. Ich habe selbst eben die mit ihm gemeinsam gemacht und habe ihm deswegen in Medienbelangen vertraut.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Und welcher Anwalt war für was zuständig?
Dr. Gabriele Aicher: Peter Zöchbauer ausschließlich für Medien, und das andere hat sich dann ohnedies erübrigt, weil ich das dann an einen anderen Anwalt übertragen habe.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Und wieso hat dann nicht Herr Zöchbauer bei der Presseaussendung mitgearbeitet, wenn er für die Medien zuständig war?
Dr. Gabriele Aicher: Weil Herr Zöchbauer als - - mich nicht vertreten hat gegenüber Medien.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sie haben gerade gesagt: in medialen Belangen.
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe Ihnen eingangs geschildert, das Ganze hat sich so ergeben, weil ich ein T-Shirt wollte: Rechtsschutzbeauftragter. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Dann hat sich das im Gespräch so ergeben.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Was ergeben? – Dass Herr Zöchbauer Sie vertritt?
Dr. Gabriele Aicher: Ich bin nicht mit dem Ding zu Ainedter gegangen, sondern wir haben eigentlich über die Verteidigungsmöglichkeit in den drohenden Verfahren gesprochen und dann hat sich das im Zuge dieses Gesprächs ergeben, dass ich gesagt habe: Ich verstehe das überhaupt nicht, dass ich der Unmensch der Nation bin und bei den anderen rennen sie mit den T-Shirts herum: I love WKStA. Warum mag niemand den Rechtsschutz? – Also so irgendwie hat sich das Ganze weiterentwickelt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ihre Beschwerde bezüglich der Hausdurchsuchung bei den Gebrüdern Fellner in der Beinschab-Causa – haben Sie selbst gesagt – haben Sie am 14.10. verfasst. Seit wann wusste denn Klaus Ainedter darüber Bescheid?
Dr. Gabriele Aicher: Mit Klaus Ainedter habe ich überhaupt nie gesprochen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Die Kanzlei Ainedter?
Dr. Gabriele Aicher: Keine Ahnung, ich glaube, der Vortrag war am - - Weiß ich nicht, ich - -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Hat die Kanzlei Ainedter das Schreiben bekommen, bevor es öffentlich bekannt war?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Kannte die Kanzlei Ainedter den Inhalt der Beschwerde, bevor es öffentlich bekannt war?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wusste die Kanzlei Ainedter über das Schreiben Bescheid, über die Existenz, bevor es öffentlich bekannt wurde?
Dr. Gabriele Aicher: Was wurde öffentlich - -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ihre Beschwerde.
Dr. Gabriele Aicher: Ja, das habe - - (Die Auskunftsperson berät sich mit der Verfahrensanwältin.)
Darf ich Sie bitten, noch einmal zu wiederholen: Wussten die Bescheid über die Existenz meiner Beschwerde?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Genau. Also 14.10. ist das Datum Ihrer Beschwerde, öffentlich bekannt geworden ist sie am 29. Oktober, also zwei Wochen später.
Dr. Gabriele Aicher: Ja, und ich habe vom ersten Tag - - also Inhalt sicherlich nicht - - Ich habe vom ersten Tag weg mit den ersten Information- - oder bei den ersten Anfragen auch allen Journalisten gesagt, dass ich eine Beschwerde machen werde. Also wieso sollte das ein Geheimnis sein? Und der Inhalt der Beschwerde ist natürlich teilweise in dem Vortrag drinnen gewesen, aber der Inhalt der Beschwerde ist ja kein Amtsgeheimnis.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Aber seit wann wusste die Kanzlei Ainedter, dass - - (Die Auskunftsperson spricht bei ausgeschaltetem Mikrofon.)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Dr.in Aicher (Auskunftsperson Aicher: Bitte, Entschuldigung!), machen wir das Leben unserer Stenografinnen und Stenografen nicht schwerer, als es das schon ist! Bitte das Mikrofon so nahe wie möglich an Sie heranrücken, so, dass es verständlich ist! Sie haben die Pflicht, Wortprotokolle zu führen. – Bitte.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, entschuldigen Sie, ich habe Sie in Ihrer Sitzposition nicht wahrgenommen und habe gedacht, Sie sitzen da hinten. Bitte entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete, aber wir tun uns leicht- -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ich habe mich nicht bewegt. (Auskunftsperson Aicher: Bitte?) – Ich habe mich nicht bewegt.
Können wir weitermachen?
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Bitte stellen Sie weiter Ihre Fragen. Danke sehr.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wann wusste die Kanzlei Ainedter Ihrer Erinnerung nach über die Beschwerde Bescheid?
Dr. Gabriele Aicher: Ich - -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Bevor oder nachdem Sie sie verfasst haben?
Dr. Gabriele Aicher: Ach so! Nachdem.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Und dann: wann?
Dr. Gabriele Aicher: Das weiß ich nicht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Schauen Sie: Das Interessante ist, dass die Kanzlei Ainedter mehrmals beim fallführenden Staatsanwalt deswegen nachgefragt hat, und zwar laufend ab dem 18. Oktober. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Abgeordnete Tomaselli, gibt es dazu irgendwelche Urkunden, Dokumente, die Sie uns vorlegen können? (Die Auskunftsperson berät sich mit der Verfahrensanwältin.)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja, das wäre Dokument Nummer 496854. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt. – Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.) Seite 5, ganz unten.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Welche Seite sprechen Sie an, Frau Abgeordnete?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Seite 5, ganz unten.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Seite 5 unten. (Die Auskunftsperson liest in den Unterlagen und berät sich mit Vertrauensperson und Verfahrensanwältin.)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Kann ich jetzt fragen?
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Abgeordnete, ich bitte um Ihr Verständnis und auch um das der anderen FraktionsteilnehmerInnen, wir werden eine 10-minütige Pause brauchen. Ich bitte um Ihr Verständnis. – Danke sehr.
Die Sitzung wird für 10 Minuten unterbrochen.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 17.11 Uhr bis 17.25 Uhr.)
*****
17.25
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.
Wir sind bei der Frage der Frau Abgeordneten Tomaselli, und Sie, Frau Dr.in Aicher, sind jetzt am Zug. Ihnen wurde das Dokument vorgelegt, Seite 5, und zwar der letzte Teilabschnitt. Ich bitte um die Antwort und darum, das Mikro in Ihre Nähe zu nehmen.
Falls Sie sich an die Frage nicht mehr erinnern: Soll die Frau Abgeordnete die Frage noch einmal stellen?
Dr. Gabriele Aicher: Ist das sehr unanständig, wenn ich Sie darum bitte?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Natürlich machen wir das gerne. Der fallführende Staatsanwalt Dr. Weratschnig dokumentiert da, dass Klaus Ainedter bei ihm angerufen hat und – Zitat – „dass er von der Rechtsschutzbeauftragten [...] (oder von der Kanzlei der RSB“ – der Rechtsschutzbeauftragten; das sei – „nicht mehr genau in Erinnerung) erfahren hätte, dass die RSB“ – die Rechtsschutzbeauftragte – „eine Beschwerde bei der WKStA eingebracht hätte und er gerne in diese Einsicht nehmen würde“.
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe da keine Wahrnehmungen gemacht, also keine Erinnerung an was - -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie oder hat Ihre eigene Kanzlei der Kanzlei Ainedter mitgeteilt, dass es eine Beschwerde gibt? Also da sind wir noch weit, noch elf Tage, vor der Veröffentlichung.
Dr. Gabriele Aicher: Nein!
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wieso wusste er dann davon?
Dr. Gabriele Aicher: Weiß ich nicht. Waren wir jetzt am 18. oder - -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja.
Dr. Gabriele Aicher: Der 18. ist - - Ich habe - - Können wir in Wochentagen sprechen? Also das - - Na, egal. Ich glaube, ich habe am 14. die Beschwerde eingebracht, oder eigentlich am 13., am 14. ist sie übermittelt worden.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Genau, das war ein Donnerstag, und der 18. war ein Montag.
Dr. Gabriele Aicher: Ja, und am Donnerstag habe ich auch diesen öffentlichen Vortrag vor den Rechtsschutzbeauftragten gehalten, wo ich gesagt habe - -, und dadurch über die Beschwerde gesprochen habe.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Ainedter kann es dann gar nicht erwarten und ruft am 20. Oktober wieder an und will erneut wissen – Zitat –, „ob die Beschwerde der RSB“ – der Rechtsschutzbeauftragten – „bereits zum Akt genommen wurde.“
Dr. Gabriele Aicher: Ist mir unbekannt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Weratschnig, der fallführende Staatsanwalt, sagt dann: „Weiters fragte ich RA.“ – Rechtsanwalt – „Mag. AINEDTER, warum er diese Beschwerde so dringend benötige, zumal sein Mandant (DI“ – Diplom-Ingenieur – „PRÖLL) von dieser Maßnahme nicht betroffen sei. RA“ – Rechtsanwalt – „Mag. AINEDTER entgegnete, dass der Umstand, dass die Hausdurchsuchung rechtswidrig sei auch für seinen Mandanten von Relevanz sei.“
Haben Sie sich mit Herrn Ainedter darüber ausgetauscht?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann fragt der fallführende Staatsanwalt: „Auf Nachfrage, woher er wisse, dass die Hausdurchsuchung rechtswidrig sei, antwortete RA“ – Rechtsanwalt – „Mag. AINEDTER, dass er dies aus einem Beitrag des ORF erfahren hätte.“
Dr. Gabriele Aicher: Dazu weiß ich nichts. Das sind Aussagen von Weratschnig/Ainedter, nicht? Oder?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, dazu weiß ich nichts.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Na, das Interessante ist, dass es bis zu diesem Zeitpunkt gar keinen ORF-Beitrag gegeben hat. (Auskunftsperson Aicher: Bitte?) – Es hat bis dorthin keinen ORF-Beitrag zu diesem Thema gegeben. Es war ja noch nicht öffentlich.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, aber das war ja ganz am Anfang: die Rede den Journalisten gegenüber, dass ich denen ja auch gesagt habe, sie sollen auf die Beschwerde warten, nachdem ich ursprünglich angerufen worden bin. Also ich habe keine Ahnung, wo da was gestanden ist.
Schauen Sie: Die Tatsache, dass ich eine Beschwerde verfassen werde, war ja von Anfang an klar.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Welchem Journalisten haben Sie das mit der Beschwerde dann gesagt?
Dr. Gabriele Aicher: Ich weiß es nicht, in dieser Reihe von Journalisten, die mich angerufen haben - - und ich gesagt habe: Was soll ich dazu jetzt weiter sagen?, nach der ersten Veröffentlichung, das muss also am 5., 6., 7. oder so irgendwas gewesen sein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Nein, die Veröffentlichung war am 29. Oktober.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, die erste Veröffentlichung. Es gibt ja bereits die Veröffentlichung meiner ersten Stellungnahme, die ich Ihnen beschrieben habe, wo ja alles schon gefallen ist, die Entscheidung schon gefallen ist. Bitte, das hat ja nicht mit der Beschwerde begonnen, sondern das hat ja mit meinem ablehnenden Schreiben begonnen, und dann gab es eine Reihe von Presseaussendungen der WKStA.
Wenn Sie mir jetzt sagen, dass die Hausdurchsuchung am, oder - - War die am 6. Oktober?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja.
Dr. Gabriele Aicher: Ja. Dann habe ich Ihnen vorhin geschildert, wie ich am 5. Oktober gearbeitet habe, und das ist am 6. Oktober hingegangen, und dann haben die Veröffentlichungen - -, dann ist dieses Schreiben veröffentlicht worden, dieses erste Schreiben, wo ja im Prinzip eh schon alles drinnen gestanden ist, und dann ist die Anordnung veröffentlicht worden.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja, die Anordnung.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, es ist auch dieses erste Schreiben von mir veröffentlicht worden, wo die WKStA selbst in ihrer Presseaussendung gesagt hat, die durch - -, nämlich offenbar vorwegnehmend, zur Frage, warum dieses Schreiben veröffentlicht worden ist, indem sie in einer Presseaussendung geschrieben hat, dieses Schreiben sei den Verteidigern durch die Akteneinsicht bekannt geworden. Ich hätte gedacht, dass sie es ihnen zugestellt haben, aber das war - - das entnehme ich jetzt nur einer Presseaussendung. Die Veröffentlichungen haben ja schon viel früher begonnen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Gut. Dann gehen wir vielleicht weiter in der Zeitachse. Am 20. Oktober, nach diesem geschilderten Telefonat, legte dann Rechtsanwalt Ainedter eine Vollmacht für die Vertretung von Mag. Fleischmann. – Waren Sie mit Herrn Fleischmann irgendwie in Kontakt?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, und auch mit Herrn Mag. Ainedter nicht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann wurde diese Beschwerde irgendwann zum Akt genommen, und jetzt kommt das Interessante: „am 27. Oktober [...] wurde Akteneinsicht [...] für die Kanzlei Aindeter&Aindeter genehmigt und ist“ dann denen „am 28.Oktober [...] zugegangen“, und am 29. Oktober, um 6 Uhr, erschienen – also wir würden im Jargon sagen, am 28. Oktober ist die G’schicht verkauft worden – unter anderem auf krone.at Medienberichte über die Beschwerde von Ihnen und dem von Ihnen verfassten Statement. – Wie ist es dazu gekommen?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe auf eine Anfrage hin diese Presseaussendung verteilt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wer hat Sie angefragt?
Dr. Gabriele Aicher: Das weiß ich jetzt nicht mehr, sondern ich habe mich so verhalten, wie man uns bereits beim Medientraining gesagt hat: Wenn Journalisten anrufen und Fragen stellen, und man will jetzt eigentlich nicht lang und breit Auskunft geben, dann soll man ihnen sagen, man übermittelt ihnen eine Presseerklärung. Das habe ich seinerzeit im Medientraining so gelernt, und das haben wir in der Generalprokuratur genau so gehandhabt. Sobald wir – also wir: Generalprokuratur – ein Croquis abgefertigt haben, haben wir in dem Moment dann auch intern eine Presseerklärung angefertigt, und die ist dann halt hinausgegangen, wenn Anfragen gekommen sind. Das ist ja ständig in den Medien, nicht?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): An welchem Tag haben Sie die Presseerklärung abgefertigt? Am 28. Oktober?
Dr. Gabriele Aicher: Das weiß ich datumsmäßig jetzt nicht, ob das also jetzt - -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja, das wäre schon wichtig, weil dort drinnen ja die Metadaten von der Kanzlei Ainedter gefunden worden sind, oder?
Dr. Gabriele Aicher (erheitert): Ja, weil ich mir auch nichts dabei gedacht habe oder so, weil das mein Schriftstück war.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja, aber, Frau Aicher, die Kanzlei Ainedter fragt mehrmals nach, wann die Beschwerde endlich kommt. Dann beantragen Sie sie, bekommen sie von der WKStA am 28. Oktober geliefert, und quasi am selben Tag geht die Geschichte hinaus, und Sie machen eine Presseerklärung, in deren Metadaten die Kanzlei Ainedter auftaucht.
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe jedenfalls eine Journalistenanfrage bekommen, sei es direkt, sei es wieder weitergeleitet über das - - (Verfahrensrichter, Verfahrensanwältin und Vertrauensperson beraten sich. – Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)
Tut mir leid, ich weiß es nicht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Das ist alles nur ein blöder Zufall, oder wie?
Dr. Gabriele Aicher: Ist das eine Frage?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Nochmals: Ich frage Sie nach Ihren Wahrnehmungen, wie es zur Akteneinsicht gekommen ist, ob Sie irgendetwas davon mitbekommen haben?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen, dass die Kanzlei Ainedter quasi den Plan hatte, diese Beschwerde an die Medien zu geben?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sie waren aber in die Verfassung des Schreibens involviert? (Auskunftsperson Aicher: Ich - -!) Die Kanzlei Ainedter war in die Verfassung des Schreibens involviert?
Dr. Gabriele Aicher: Nicht die Kanzlei, nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Die steht aber in den Metadaten des Dokuments.
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe Ihnen gesagt, ich habe das dort geschrieben, weil ich keinen Stick mithatte – aus! Und das war ja vorher. Ich weiß jetzt auch nicht, wann.
Entschuldigen Sie bitte! Schauen Sie mich nicht so vorwurfsvoll an! (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich will wirklich alles sagen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann können Sie uns vielleicht noch sagen, welche Journalistinnen, Journalisten Sie wegen eines Statements zu Ihrer Beschwerde, die am 28. Oktober zum Akt genommen worden ist, kontaktiert haben.
Dr. Gabriele Aicher: Ich glaube, das war - - Das war nämlich insofern witzig, weil er seinen Namen buchstabiert hat, Butin, weil er gesagt hat, wie Putin mit weichem B, aber ob er das mich jetzt da schon - -
Also ich habe ja dann bei vielen Journalisten einfach immer gefragt nach der - -, also so, wie man es macht, dass - - Wenn mich irgendjemand was fragt und bevor ich jetzt am Telefon langmächtige Erklärungen gebe – und Sie wissen mittlerweile: Ich neige zu langatmigen Erklärungen –, mache ich es so, dass ich dann sage: Bitte geben Sie mir Ihre E-Mail-Adresse, und ich schicke Ihnen gerne meine Presseerklärung.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sonst noch jemand, neben Butin mit B?
Dr. Gabriele Aicher: Nein. Entschuldigen Sie! Da musste ich nur lachen, weil das witzig ist, aber sonst, an andere Namen, kann ich mich jetzt nicht erinnern.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): An wen haben Sie denn die Presseerklärung dann rausgegeben?
Dr. Gabriele Aicher: Ja an die Anfragenden – nicht?
Es ist dann kurz überlegt worden, das über die APA zu machen – aber so verbreiten, damit habe ich wenig Erfahrung, weil: Wir haben es auch in der Generalprokuratur dann so gehandhabt, dass wir das nicht über die APA machen, sondern eben immer: Es fragt ein Journalist an, man sagt: Ich schicke Ihnen die Presseerklärung!, und fertig. Also das war die übliche Vorgangsweise, die ich zumindest auch Jahre vorher aus der Generalprokuratur, auch im Sinne des Medienerlasses, geübt habe.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Mit wem haben Sie das mit der APA überlegt?
Dr. Gabriele Aicher: Ich glaube, mit Gottfried Strasser, aber ich weiß es nicht, das ist ja an sich so - - Aber damit hätte ich aber auch keine Erfahrungen gehabt, weil wir das in der Generalprokuratur nicht gemacht haben, wenn nicht die APA selbst angefragt hat.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: 8 Sekunden stehen Ihnen noch zur Verfügung, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Hat auch die Kanzlei Ainedter Ihrer Wahrnehmung nach Ihre Presseerklärung an irgendwelche Dritte weitergegeben?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Danke.
*****
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Wir gelangen nun zur zweiten Fragerunde.
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte um Ihre Fragen, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrte Frau Dr. Aicher, es wäre wahrscheinlich wichtig, bei den Sachverhalten, die Sie vorbringen, jeweils klarzumachen, was Ihrer eigenen Wahrnehmung entspringt und was Ihnen eben vom Hörensagen in Erinnerung ist.
Bei manchem wurde schon geklärt, dass es vom Hörensagen ist. Bei einer Sache bin ich noch nicht ganz sicher, nämlich bei Ihrer Erzählung, dass Handys Ihrer Mitarbeiter hätten sichergestellt werden sollen, oder die Sorge im Raum war. Wenn ja, warum hegten Sie diese Sorge? Was ist Ihre eigene Wahrnehmung dazu? Wie kommen Sie darauf?
Dr. Gabriele Aicher: Es sind Beschwerden an mich als Rechtsschutzbeauftragte herangetragen worden, und ich habe die Möglichkeit nach § 23 Abs. 1a StPO eine Wahrungsbeschwerde gegen Zwangsmaßnahmen von Staatsanwaltschaften anzuregen. Das ist ein sehr wichtiger Bereich, weil üblicherweise staatsanwaltschaftliches Vorgehen nicht durch den Obersten Gerichtshof geprüft werden kann. Deswegen haben wir schon Jahre vorher, als ich noch in der Generalprokuratur war, derartige Anfragen immer an den Rechtsschutzbeauftragten weitergeleitet, weil es sehr häufig vorkommt, dass sich Personen über staatsanwaltschaftliches Vorgehen beschweren.
Diese Frage, wieweit das eben diese Aufforderung der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einer Vernehmung unter Beiziehung von IT-Fachleuten - - Also das heißt, es sitzen dem zu Vernehmenden, der in den Raum kommt, vier oder fünf Personen gegenüber, und der wird als Erstes aufgefordert, sein Handy herzugeben, damit der IT-Beauftragte oder so irgendwas das durchschauen kann; beziehungsweise – wenn die Leute ihr Handy nicht mithaben – sie zurück an ihre Dienststelle begleitet werden, wo dann in das Handy Einsicht genommen worden ist.
Das hat die Betroffenen oder die Betreffenden – das waren nicht-richterliche Mitarbeiter, das waren Verwaltungspraktikanten oder andere, die auch über kein Diensthandy verfügen, sodass also die gesamten Regelungen über Diensthandys außer Betracht zu bleiben haben –, das hat natürlich niemanden besonders erfreut, und diese Problematik ist an mich herangetragen worden, ob man da nicht etwas machen kann.
Ich hätte eben in dieser Aufforderung zur Abnahme oder zur Herausgabe des Handys durchaus eine staatsanwaltschaftliche Zwangsmaßnahme erblickt, die man eben an den Obersten Gerichtshof herantragen hätte können.
Es hat dann im Weiteren dazu geführt, dass die Betroffenen vor Retorsionen Angst hatten oder wie sie gesagt haben: Es wird die Rache der Staatsanwaltschaft über sie ergehen und sie wollen eigentlich lieber nichts tun. Damals ist mir auch klargeworden, dass Bedienstete jedenfalls eines Vertreters bedürfen, wenn sie in irgendeiner Form einvernommen werden. Gut.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Es hat sich Herr Abgeordneter Matznetter zur Geschäftsordnung gemeldet. – Bitte.
*****
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Vorsitzende, ich weiß nicht, wie hoch die Restzeit ist, die wir mit Stehungen und anderem eingespart haben. Vielleicht können wir das noch klären. Mit 5 Minuten Fragezeit wird sich das alles jedenfalls nicht ausgehen.
Mein Appell wäre, auch im Lichte dessen, dass wir geschaut haben, dass wir die erste Runde durch Zeitopferungen von ÖVP und uns zusammenbringen, dass wir solidarisch versuchen, das möglichst kurz und knapp zu halten, dass wir das vielleicht noch schaffen. Die Auskunft bitte: Wie lange haben wir noch Zeit bis zum Erreichen der 4 Stunden?
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Wir haben durch die mehrfachen Unterbrechungen natürlich eine Zeitverschiebung nach hinten. Insgesamt stehen noch 1 Stunde und 6 Minuten zur Beantwortung zur Verfügung.
Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Hafenecker gemeldet. – Bitte.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte nur sagen, dass wir gleich unpräjudiziell auf unsere zweite Runde verzichten werden, damit wir ja durchkommen.
*****
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Gut. – Dann darf ich Sie darum bitten, mit Ihrer Frage fortzufahren.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Frau Dr. Aicher, mir ist noch immer nicht klar, ob das eine Sorge oder ein konkreter Fall war, und wenn Letzteres: in welchem Verfahren?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, es waren konkrete Fälle, die an mich herangetragen worden sind.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das heißt, es kam zu Einvernahmen von Mitarbeitern und im Vorfeld zu diesen Einvernahmen wurde die Sorge an Sie herangetragen, dass im Rahmen der Einvernahme - -
Dr. Gabriele Aicher: Nein, es kam dazu, dass völlig heulende Mitarbeiter dagestanden sind und gesagt haben, dass sie in dieser Art und Weise einvernommen worden sind.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Von wem? Weswegen?
Dr. Gabriele Aicher: Es geht nicht darum, weswegen oder von wem, sondern es geht um den Vorgang an sich, den ich vor den Obersten Gerichtshof bringen wollte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Von der WKStA oder einer anderen Staatsanwaltschaft? Wegen Leaks, Verdacht von Leaks?
Dr. Gabriele Aicher: Wenn es wegen Leaks war, dann war es wahrscheinlich – das sagte ich vorhin schon – die Staatsanwaltschaft Innsbruck.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Wir würden gerne wissen, worüber Sie uns was erzählen, wenn es schon nur um die Aussagen von Mitarbeitern geht und nicht um direkte Wahrnehmung.
Also, Sie erzählen etwas, sagen uns weder welches Verfahren noch welche Staatsanwaltschaft, und Sie erzählen uns nur etwas über die Aussagen von Mitarbeitern, keine eigene Wahrnehmung. Deswegen versuche ich, es zumindest zu konkretisieren.
Dr. Gabriele Aicher: Das ist das Problem. Jeder (Abg. Krisper: Hat Angst!), der irgendwelche Vorgänge vor Gericht bringen muss: Dass er keine eigenen Wahrnehmungen dazu hat, sondern sich erst Akten beischaffen muss beziehungsweise die Personen anhören. Natürlich war ich nicht dabei.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Können Sie uns dennoch sagen, ob es um ein Verfahren bei der WKStA ging oder bei einer anderen Staatsanwaltschaft?
Dr. Gabriele Aicher: Das weiß ich jetzt nicht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gut, es wird ein Rätsel bleiben.
Frau Kollegin Tomaselli hat Ihnen schon ein Dokument vorgelegt. Bei uns wäre es Vorlage 19, Pardon, Vorlage 7; nämlich die Replik der WKStA, aus der sich die Gründe einer Anscheinsbefangenheit Ihrer Person aufgelistet wiederfinden. Ich würde zur Seite 4 kommen.
Hier wird ausgeführt, dass Sie, Frau Dr. Aicher, eben am „27. Oktober 2021 die fallführenden Staatsanwälte auch disziplinarrechtlich angezeigt“ hätten, und die Ausführungen mit einem kaum verständlichen Zusammenstückeln „diverser Ausschnitte aus Zeitungsberichten oder Tweets für sich sprechen“ würden. Ich zitiere: „Dieses Schreiben dient der Information über meine Tätigkeit betreffende Vorgänge, eine Ablichtung zur Überprüfung disziplinarrechtlicher Verfehlungen wird an die Sektion III 5 übermittelt, auch wenn derartige Mitteilungen mit der Formulierung von Trumps ‚Desinformations-Chef‘ Bannon ‚Flooding the zone with shit‘ (Kurier 25. Oktober 2021 [...] [Zitat Armin Wolf] [...]) belegt werden. Die Wahrnehmung der WKStA in der Öffentlichkeit wird durch ihre Fan-Gruppe, T-Shirts mit Aufdruck ‚I like (Herz) WKStA‘ (auch Handtaschen) und positive Tweets (‚Das nenne ich effektive Arbeit, am Mittwoch Hausdurchsuchung und am Freitag tritt Kurz zurück‘) mit Herabsetzung der ‚restlichen‘ Justiz geprägt. Ratings für Staatsanwaltschaften (laut Medienberichten [...]) sind unangebracht.“
Ist das Ihr Text, und wenn ja, was wollten Sie damit argumentieren?
Dr. Gabriele Aicher: Das steht eh im Text.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, ich verstehe es nicht.
Dr. Gabriele Aicher: Tut mir leid. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum sollen Staatsanwälte disziplinarrechtlich überprüft werden, weil es Tweets gibt und T-Shirts und einen Mr. Bannon und Handtaschen und Ratings, für die die Staatsanwaltschaft nichts kann?
Dr. Gabriele Aicher: Es ging um den einleitenden - - um die Einleitung dieses Schreibens (Abg. Krisper: Mhm!), wo ich Ihnen vorhin schon gesagt habe, dass andere BVT-Beamte dafür vor den Kadi gezerrt wurden, weil sie keine Vorabermächtigung eingeholt haben, und es ging auch um die - - ja, dieses Schreiben - -
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Aber was hat BVT mit diesen Anwälten zu tun? (Auskunftsperson Aicher: Wie bitte?)
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Abgeordnete, erlauben Sie mir einen kurzen Hinweis: nämlich dass die Befragungsdauer gemäß § 37 Abs. 4 Verfahrensordnung bereits über 3 Stunden beträgt. Die Befragung soll grundsätzlich eine Dauer von 3 Stunden nicht überschreiten.
Ich weise darauf hin, dass ich die Befragung nach längstens 4 Stunden jedenfalls zu beenden habe.
Nun bitte ich, mit der Antwort fortzufahren. – Frau Dr. Aicher, Sie sind unterbrochen worden, bitte.
Dr. Gabriele Aicher: Ja, es ist, glaube ich, selbsterklärend.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Na, gut.
Seite 2: Da ist auch die Frage, ob Sie das wirklich auch hier als Kritik gegenüber der WKStA angebracht haben, weil das einfach nicht stimmt. Sie hätten hier in Ihrem Medienstatement gesagt, es gäbe schon „Fehlverhalten der WKStA in anderen Fällen“ und hätten als Beispiel den Versuch genannt, „sich des Handys einer Redakteurin der Tageszeitung ‚Die Presse zu bemächtigen“.
Faktum ist aber, dass das das BAK war, das vor mittlerweile, glaube ich, zwei Jahren angeregt hat, das Handy von Anna Thalhammer und mir zu beschlagnahmen, und dass die Staatsanwaltschaft Wien diese Anregung aber abgelehnt hat. Wie kamen Sie darauf, dass die WKStA das gewesen sei?
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Abgeordnete, dieser „Presse“-Beitrag, den Sie ansprechen, liegt uns nicht vor, und auch der Auskunftsperson nicht. (Abg. Krisper: Seite 2! Das habe ich gesagt!) Jetzt aber noch einmal: Seite 2 – und wo genau? (Abg. Krisper: Ja, da wird die Frau Doktor - -!) – Welche Textpassage?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zweite Hälfte; da wird auf ein Medienstatement von Frau Dr. Aicher referenziert, wo sie eben der WKStA dieses Fehlverhalten unterstellt. Deswegen wollte ich fragen, ob sie das auch gemacht hat, und wenn ja, warum sie dachte, dass die WKStA dieses Ansinnen damals gehabt hat.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, es heißt, es wurde versucht und nicht die WKStA. Es geht um die Problematik der Berufsgeheimnisträger und nicht um die WKStA.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Hier steht: „in diesem Medienstatement ein vermeintliches ‚Fehlverhalten der WKStA [...]‘ kritisiert und dafür beispielhaft darauf verwiesen“ und so weiter – auf den Handybeschlagnahmungsversuch.
Vielleicht vermischt sich das manchmal ein bisschen: WKStA, StA?
Dr. Gabriele Aicher: Wahrscheinlich.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Auch bei Ihren Aussagen ist es vielleicht manchmal nicht so klar.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, nicht bei meinen Aussagen. Das betrifft jetzt nur die konkreten Fälle, die jetzt der StA Innsbruck übertragen worden sind, weil dort auch immer WKStA-Mitarbeiter beziehungsweise jedenfalls der IT-Mann von der WKStA dabei ist.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich gehe einmal in die nächste Runde, danke.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Gut.
Nunmehr sind Sie, Frau Abgeordnete Mag.a Scharzenberger, mit Ihren Fragen dran. Ich bitte um Ihre Fragen.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Weil jetzt so darauf herumgeritten worden ist, wann ein Rechtsanwalt genommen worden ist, zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck, möchte ich jetzt nur für mein Verständnis noch einmal zusammenfassen: Sie haben ohne Anwalt eine Beschwerde verfasst, Sie haben sich zeitlich danach eine rechtsanwaltliche Vertretung genommen – auch für die Pressemitteilung –, ohne dass Sie wussten, wen der Partner und Sohn dieses Rechtsanwaltes vertritt. Sie haben im Eingangsstatement ja schon festgehalten, dass es aus rechtsstaatlicher Sicht unzumutbar ist, dass man für die Wahl seines rechtlichen Vertreters einen Vorwurf kriegt und dass das quasi aus grundrechtlicher Sicht auch Ihres Erachtens bedenklich ist. – Ist das richtig?
Dr. Gabriele Aicher: Ja.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Vielen Dank. Dann hätten wir diese Thematik auch, glaube ich, relativ gut auf den Punkt gebracht und zusammengefasst.
Das bringt mich zu dem Schreiben, das schon von der Frau Kollegin vorgelegt wurde. Es geht um die Thematik Ausschluss der Rechtsschutzbeauftragten, das Schreiben von Frau Vrabl-Sanda, vom 21.3.2022, an Ihre Stellvertreterin.
Ist Ihnen dieses Schreiben bekannt? (Die Auskunftsperson spricht bei ausgeschaltetem Mikrofon.)
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe erst nachträglich - -
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Frau Doktorin, Ihre Antwort war für die Stenografen nicht erkennbar. Bitte die vorhergehende Frage noch einmal zu beantworten.
Dr. Gabriele Aicher: Ja, ist zutreffend.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Was war denn Ihr Eindruck von dem Schreiben, als Sie das das erste Mal gelesen haben?
Dr. Gabriele Aicher (erheitert): Ich bin geradezu zusammengebrochen, weil ich eben wieder das hatte, was ich vorhin angesprochen habe: Es wird einfach keine Ruhe gegeben, man kann tun, was man will, sondern es ist zu Unrecht - - Also ich bin zuerst von meiner Mitarbeiterin – also Mitarbeiterin von meiner Stellvertreterin – über diese unzulässigen Zustellversuche, nämlich die direkte Zustellung, informiert worden. Man wollte ja wieder die Kanzlei umgehen.
Ich muss nur eines sagen: Wir wussten bis zum Schluss nicht, was das überhaupt für ein Akt ist, also dass das dann dieser Akt ist, der ja überhaupt von Bedeutung geradezu untergeordnet ist. Es ging um die Einstellung eines Verfahrens gegen einen der Ibizaverdächtigen, Zanoni – das bleibt eh dann irgendwie so –, und um die Frage, ob man hier einen Fortführungsantrag machen kann. Es ist also überhaupt die ganz andere Seite des Rechtsschutzbeauftragten betroffen, nämlich die der Vertreter – Opfervertretung –, also es ist immer unverständlicher geworden.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Haben Sie sich jemals als befangen gesehen?
Dr. Gabriele Aicher: Nein. Ich - - (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Können Sie sich vorstellen, worin Vrabl-Sanda eine Befangenheit gesehen haben könnte?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe das einfach nicht verstanden. Also ich glaube, Vrabl-Sanda meint, ich bin der WKStA gegenüber befangen.
Ich bin aber der - -, also das - - Sie müssten mich ja bei der Befangenheit fragen, ob ich bei den von mir Vertretenen befangen bin und nicht - - von der Staatsanwaltschaft, deren Gegner ich ja ex lege bin.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Kommt das öfter vor, dass eine Rechtsschutzbeauftragte von Ermittlungen ausgeschlossen wird?
Dr. Gabriele Aicher: Natürlich! Ich fühle mich ausgeschlossen, wenn es um Verfahren gegen Personen geht, die ich kenne – also das jetzt von den Beschuldigten her gesehen –, oder wenn ich in irgendeiner Verbindung damit bin, oder wenn ich, ja - - Aber es geht um den Beschuldigten: dass ich da natürlich befangen sein kann, oder zum Beispiel verschiedene - -, ja.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): War das Vorgehen der WKStA Grund für Ihren Rücktritt?
Dr. Gabriele Aicher: Jedenfalls! Es war nur darin begründet, dass man sie nicht kritisieren darf – nicht?
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Ich hätte noch Fragen zu dem Gespräch mit Frau Bundesministerin Zadić. Sie hat bei uns im Ausschuss gesagt, dass am 15. Februar, also noch bevor Sie von den Ermittlungen ausgeschlossen wurden, ein Gespräch mit Ihnen stattgefunden hat. – Wie ist das Gespräch abgelaufen? Was war Inhalt dieses Gespräches?
Dr. Gabriele Aicher: Also ich würde sagen, das Gespräch war sehr angenehm, und inhaltlich habe ich erklärt, warum ich die beiden Anwälte beigezogen habe, dass beides voll akzeptiert worden ist und gesagt worden ist: Nein, um Gottes willen, das ist ganz klar! – Und dann kam eben der Einwand: Ja, es ist die Anscheinsbefangenheit! – Dann begann ich einmal kurz zu sagen: Bitte, wo soll da der Anschein sein? – Und dann wurde mir gesagt, dass Frau Krisper und Frau Griss das so sehen und dass man deswegen dazu Stellung beziehen müsse, und trotzdem: Ich sollte doch besser einen anderen Anwalt nehmen, es gebe sehr viele Anwälte in Wien.
Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Gut, Frau Dr. Aicher, herzlichen Dank für die ausführlichen Beantwortungen! Danke schön. – Ich gebe weiter.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Abgeordneter Matznetter ist jetzt mit seinen Fragen dran. – Bitte sehr.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Dr. Aicher, ich möchte gleich bei genau dem Dokument, das wir sowieso noch auf dem Bildschirm haben, weitermachen. Das ist das Dokument 496854, und ich würde Sie bitten, da noch einmal auf Seite 5 zu gehen. Das ist der Zeitablauf, über den Sie Frau Kollegin Tomaselli vorhin schon befragt hat. Ich verstehe es immer noch nicht: Die Kanzlei Ainedter & Ainedter verlangt die dringende Akteneinsicht am 13. Oktober, aber Ihre Beschwerde ist erst am 14. Oktober eingelangt.
Wie passt das mit dem zusammen, was Sie uns berichtet haben – dass Sie erst lange danach – für die Presseerklärung – die Kanzlei Ainedter damit befasst haben?
Dr. Gabriele Aicher: Das entzieht sich meiner Kenntnis.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Sie haben vorher gesagt, eine zweite Kanzlei, medienrechtlich – ich möchte nach einer dritten fragen und lege dazu das Dokument 478932 vor – ich wiederhole: 478932 –, dort auf Seite 3. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Da schreiten die Anwälte Rast & Rast ein. Am 20. Oktober, das ist acht Tage bevor Ihre Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft veraktet wurde, führt die Kanzlei Rast & Rast aus – und zwar steht das auch in dem Absatz auf Seite 3, wenn ich es richtig habe; Moment!, Sekunde bitte, Verzeihung!, wir müssen zur Seite 5, der Absatz unten –: „Auch die Rechtsschutzbeauftragte der Justiz, Frau Profin Dr.in Gabriele Aicher, scheint von der Richtigkeit der in den Anordnungen geschilderten Abläufen zur objektiven Tatbildmäßigkeit nicht überzeugt zu sein“, und stützt sich dabei auf Ihre Beschwerde. – Am 20. Oktober!
Kann es sein, dass Sie mit dieser Kanzlei über diese Verschlussaktenteile Kontakt hatten?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Verstehen Sie unsere Verwunderung, dass das natürlich zu Irritationen führt – dass also die Kanzlei Ainedter, die Sie erst nachher informiert haben, einen Tag, bevor Sie überhaupt die Beschwerde einbringen, schon in der Akteneinsicht Ihre Beschwerde will? Frau Dr. Aicher, verstehen Sie das?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich möchte noch auf ein zweites Problem hinweisen. In dieser Stellungnahme – das Dokument, das vorher vorgelegt wurde – der WKStA an Ihre Stellvertreterin, Frau Dr. Sperker heißt Sie, glaube ich, vom März dieses Jahres, wird für die Befangenheit auch auf das Problem hingewiesen – hinsichtlich der Tätigkeit –, und das schreibt die WKStA auch: „Die anwaltliche Vertretung betraf die bevorstehende Amtstätigkeit der Rechtsschutzbeauftragten, die einer anwaltlichen Vertretung nicht zugänglich ist. Es können sich auch Staatsanwält*innen oder Richter*innen im Rahmen oder im Zusammenhang mit ihrer amtlichen Tätigkeit keine anwaltlichen Hilfe holen, schon gar nicht bei einer Verfahrenspartei zu dem von ihnen zu prüfenden Sachverhalt.“
Was sagen Sie zu diesem Vorwurf? Ist der berechtigt?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe zu keiner amtlichen Tätigkeit Hilfe beigezogen.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich versuche nur herauszufinden, wie die Kanzlei Ainedter & Ainedter Informationen zu Inhalten Ihrer Arbeit – wie der Beschwerde – am Tag davor bekommen und bereits bei der WKStA Akteneinsicht genau deswegen verlangen kann. Das versuche ich herauszubekommen. Tut mir leid für diese investigative Tätigkeit, aber das wollten wir gerne wissen, wie das sein kann.
Dr. Gabriele Aicher: Da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen.
Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Okay, danke. – Keine weiteren Fragen Euer Ehren.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Herr Abgeordneter Hafenecker, Sie haben verzichtet. Bleibt es bei dem Verzicht? (Abgeordneter Hafenecker bejaht dies.) – Danke sehr.
Frau Abgeordnete Tomaselli, dann gelangen Sie, jetzt zu Wort. Ich bitte um Ihre Fragen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sind Sie mit Linda Poppenwimmer bekannt?
Dr. Gabriele Aicher: Entschuldigung, ich muss die Ohrhörer nehmen. – Mitglieder was?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sind Sie mit Linda Poppenwimmer bekannt?
Dr. Gabriele Aicher: Ja. Linda Poppenwimmer war eine Studentin. Linda Poppenwimmer war als Studentin wie viele andere WKStA-Mitarbeiter in einem Zertifikatskurs oder in einem LL.M.-Kurs – ich weiß es nicht, ich habe verschiedene geleitet –, war sehr interessiert, sehr gut, hat sich wissenschaftlich interessiert und man hat sich eben auf wissenschaftlicher Ebene ausgetauscht und in dem Sinn angefreundet – also ich bin bekannt, ja.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen zum Wechsel Linda Poppenwimmers zur Kanzlei Ainedter?
Dr. Gabriele Aicher: Ja. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Welche?
Dr. Gabriele Aicher: Die, dass sie eines Tages gekommen ist, nachdem sie versucht hat, irgendwo anders einen Job zu kriegen – sie hat ja auch mit Gerhard Nogratnig und mit anderen gesprochen –, und dann beschlossen hat, eben diese Karenzierung und die Anwaltsausbildung zu machen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass die Kanzlei Ainedter sie angesprochen hat, ob sie dort anfangen möchte zu arbeiten?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, das glaube ich nicht, nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie sich mit Frau Poppenwimmer über die Beschwerde, über die wir vorhin gesprochen haben, wegen der Hausdurchsuchung bei den Fellners in der Causa Beinschab unterhalten?
Dr. Gabriele Aicher: Also nicht, bevor ich sie gemacht habe. Danach eigentlich inhaltlich auch nicht. Ich glaube, das war dann im Zuge der allgemeinen Aufregung, wie mich alle durch die Gegend geprügelt haben und gesagt haben: Man darf nicht ins Kurz-Verfahren eingreifen!, und das war eigentlich das Erste. Soweit ich mich erinnere, hat sie in der Generalprokuratur davon erfahren. Sie war ja damals gerade zugeteilt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann hat sie Sie angesprochen – oder wie?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, es ist darüber diskutiert worden – über die Geschichte, also über die Sache, nämlich schon ausgehend von dem ersten Schreiben, und ich möchte noch einmal betonen: Es ist alles bereits im ersten Schreiben vom 5. Oktober, das ich da von 16 - - 15.30 Uhr bis 23 Uhr verfasst habe und dann am nächsten Tag an die WKStA geschickt habe, vorgegeben gewesen und in der Beschwerde nur mehr weiter ausgeführt worden, aber alles steht schon da drinnen; und deswegen sind bereits die ersten Diskussionen - -: Um Gottes Willen, sie kann doch nicht ins Kurz-Verfahren eingreifen! - - und die anderen waren: Ja, sie hat natürlich recht, der dringende Tatverdacht ist immer ein Problem!, und das andere war ja ohnedies sonnenklar: dass die Nichteinholung der Genehmigung nicht gut ist.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie Wahrnehmungen zum Verhältnis Poppenwimmer-Fuchs?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie besondere Wahrnehmungen zum Verhältnis zwischen Frau Poppenwimmer und Herrn Ainedter?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, auch nicht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wieso wollten Sie eigentlich mit Herrn Ratz sprechen?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe im Zusammenhang mit der bereits angesprochenen und von Ihnen angezweifelten Problematik der Beschwerde – ist das eine Anordnung der Staatsanwaltschaft, wenn in Mobiltelefone Einschau genommen wird? - - Und mit dieser Problematik habe ich - -, wollte ich mit ihm sprechen und habe ihm dann auch die Grundkonstellation kurz geschildert, eigentlich mit der Frage: Liege ich hier richtig, glaubst du, kann ich das rechtlich so argumentieren? – vor allem, weil noch nie eine - -, oder es gibt bisher ganz wenige Nichtigkeitsbeschwerden nach § 23 Abs. 1a StPO.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sie haben sich aber zuerst mit Frau Poppenwimmer unterhalten, dass Sie dann mit Eckart Ratz sprechen möchten, oder wie war das?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, ich - -, die Geschichte war anders. Frau Poppenwimmer hat mir erzählt, sie habe mit Eckart Ratz gesprochen und der habe sich auch an meiner Tätigkeit interessiert gezeigt und hat gesagt: Die Gabi kann mich ja jederzeit anrufen! – wenn ich mit ihm diskutieren will.
Eckart Ratz war ein fantastischer Richter und auch Präsident des Obersten Gerichtshofes und der große Vorteil von ihm war, dass man immer mit ihm rechtlich diskutieren konnte; und das ist leider sehr wichtig, wenn Sie Probleme haben, die jetzt nicht auf Seite 1 des Kommentars stehen, dass Sie zumindest einen Ansprechpartner haben, mit dem Sie eine rechtliche Problematik ableiten und dann vielleicht eben Ideen dazu bekommen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Ratz sagt nämlich, dass Frau Poppenwimmer gefragt hat: „Darf die Gabi dich einmal anrufen?“ – Haben Sie dazu Wahrnehmungen?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, ich habe das erst nachher - -, also ich hatte jetzt von mir aus nicht die - -, von mir ist jedenfalls die Initiative nicht ausgegangen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Mhm. Herr Ratz meinte hier im Untersuchungsausschuss: „Die Gabi ist ganz und gar Emotion, die ist eine gescheite Frau, aber Emotion, und ich will eigentlich nicht solche Gespräche. Das Gespräch war dann auch nur Emotion. Zuerst hat sie mir super einen Vierzeiler geschrieben, mit dem Sachverhalt, total präzise, und mit dem war alles erledigt. Nachher hat sie mich angerufen und hat halt ihre Gravamina“ – ich hoffe, ich spreche das richtig aus – „mit mir besprechen wollen, und ich habe gesagt: Ja, aha, da kenne ich jemand, der hat auch so ein Problem!“
Um welchen Vierzeiler ging es denn da?
Dr. Gabriele Aicher: Was ist Gra- -, na, um diesen Vierzeiler.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Gravamina – ich habe es auch googeln müssen – ist eine Beschwerde gegen die Kirchenoberen. (Auskunftsperson Aicher: Wie bitte?) – Das ist ein altes Wort für Beschwerde gegen die Kirchenoberen.
Dr. Gabriele Aicher: Nein, dieser Vierzeiler betraf diese Problematik Handyabnahmen bei Zeugen, aber das in vier Zeilen und vielleicht etwas wohlgesetzter, und dass ich Emotion bin, haben Sie jetzt wahrscheinlich auch schon feststellen können. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Aber welche Handyabnahmen bei Zeugen meinen Sie?
Dr. Gabriele Aicher: Diesen Fall, den ich schon x-mal geschildert habe, weswegen Mitarbeiter an mich herangetreten sind, die sich darüber beschwert haben, dass ihnen bei Einvernahmen die Handys abgenommen worden sind beziehungsweise durchgesehen worden sind, indem ein IT-Mann dabeigesessen ist. Die sind hineingekommen und als Erstes – ohnedies verschüchterte kleine Mädels, denen vorgeworfen wird, was weiß ich was, irgendwas an - - eben diese Geschichten, die ich eingangs geschildert habe: bei jeder Veröffentlichung wird jeder verdächtig – wird ihnen dann das Handy aus der Hand genommen und durchsucht, ob sie vielleicht mit irgendjemandem Kontakt gehabt hätten. Das war die Grundfrage, die es zu lösen galt: ob das eine Anordnung der Staatsanwaltschaft ist, die ja die Vernehmung leitet, und ob ich diese Anordnung fassen kann, als meines Erachtens rechtswidrige Anordnung, um sie vor den Obersten Gerichtshof zu tragen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Das waren Handys von Zeugen, nicht von Beschuldigten oder Verdächtigen, oder wie?
Dr. Gabriele Aicher: Zeuginnen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Zeuginnen, aha, okay.
Dr. Gabriele Aicher: Entschuldigung: deswegen die Sorge um meine Mitarbeiter.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie darüber hinaus nochmals Kontakt mit Eckart Ratz aufgenommen?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, nicht, na – ja, ich glaube, wir haben einmal kommuniziert, weil er mir geschrieben hat, dass er etwas veröffentlicht hat oder ich ihn auch ermutigt habe und er gesagt hat, er mag schon nichts mehr veröffentlichen, dann kommt ein Shitstorm, weil das ja alles als politisch motiviert angesehen wird.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Noch kurz zu einem anderen Thema: Ihr Anwalt meinte noch kürzlich, am 5.5., dass Sie auf einer Abschlussliste der WKStA gestanden sind – übrigens ein Wort, das zwei Tage zuvor Pilnacek auch im Untersuchungsausschuss verwendet hat, nämlich: WKStA-„Abschussliste“.
Was ist denn mit der WKStA-Abschussliste gemeint?
Dr. Gabriele Aicher: Nun, es werden Personen sehr nachhaltig verfolgt. Das mit Fuchs ist immer wieder angekündigt worden. Immer wieder, wenn wir geglaubt haben, es ist Ruhe eingekehrt, weil eben jetzt die Aufsicht, die Dienstaufsicht – ich habe keine Ahnung, so genau verfolge ich das[3] - - woanders hingegangen ist und Fuchs ohnedies draußen ist, haben wieder die Anwürfe begonnen. Und Ähnliches ist auch mir gegenüber angekündigt worden, wobei mir, weil Sie das ja selbst sehen, nicht? - - am 21. März kommt dann fünf Monate nachher wieder etwas völlig - - wo dann – ich weiß nicht, was alles – behauptet wird, ob das jetzt - - egal.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Also wer steht denn jetzt auf der Abschussliste? Sie und Fuchs – oder wer noch?
Dr. Gabriele Aicher: Ich habe mich hoffentlich der Abschussliste entzogen, indem ich mich freiwillig vom Feld begebe. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Und Ihrer Wahrnehmung nach: Steht sonst noch jemand auf der Abschussliste?
Dr. Gabriele Aicher: Nein, also ich - -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Vielleicht noch abschließend: Wer hat Ihnen denn gedroht, dass Ihnen, wie Sie jetzt selber gesagt haben, Ähnliches passiere wie Herrn Oberstaatsanwalt Fuchs?
Dr. Gabriele Aicher: Das ist mir hinterbracht worden, und vermutlich wieder von E. W., aber ich weiß es nicht. Also die WKStA hat es indirekt angedroht, nicht? Die WKStA hat auch öffentlich verkündet, dass ich wegen dieser unhaltbaren Verwicklung zurücktreten muss.
Entschuldigen Sie! Darf ich dann nur noch was - -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sie haben ja jetzt auf Ihre Auskunftsperson gezeigt. Sie haben gesagt, die WKStA hat das indirekt - - und zeigen in dem Moment auf Ihre Auskunftsperson. Hat das jetzt eine Bedeutung? Ah, Vertrauensperson – Pardon! –, auf Ihre Vertrauensperson. Hat das irgendeine Bedeutung? (Die Auskunftsperson schüttelt den Kopf.) – Nein, okay.
Dr. Gabriele Aicher: Auf das ohnedies offenbar- - na ja, das 2348. Ah, ich wollt- -
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Aber Sie wissen nicht, wer das jetzt gesagt hat? Das ist Ihnen verbracht worden, vermutlich von E. W.. Sie wissen es nicht. Aber Sie wissen, wer das ursprünglich gesagt haben soll?
Dr. Gabriele Aicher: Nein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay, passt. – Gut, danke.
*****
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Ich stelle fest, dass die nach der Verfahrensordnung vorgesehen Befragungsdauer aufgrund unserer effizienten Vorgehensweise noch nicht erschöpft ist.
Ich gehe davon aus, dass keine dritte Fragerunde erwünscht ist. Sofern das Gegenteil der Fall ist, bitte ich um Wortmeldungen. – Ich sehe keine Wortmeldungen. Es ist also kein Wunsch nach einer dritten Fragerunde vorhanden.
Ich frage trotz alledem noch den Herrn Verfahrensrichter, ob er noch ergänzende Fragen an die Auskunftsperson richten will. – Herr Verfahrensrichter?
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Danke, nein.
Vorsitzender-Stellvertreterin Mag. Selma Yildirim: Da keine weiteren Fragen mehr vorliegen, erkläre ich die Befragung der Auskunftsperson für beendet.
Ich bedanke mich für Ihr Erscheinen, Frau Dr.in Gabriele Aicher, und das Erscheinen Ihrer Vertrauensperson, Herrn Mag. Michael Mössler, und wünsche Ihnen einen erholsamen Abend und verabschiede Sie hiermit.
[1] Angenommener Einspruch des Verfahrensrichters gem. § 20 Abs. 3 VO-UA: Von der Veröffentlichung des Klarnamens wurde abgesehen. Der Klarname wird im gesamten Befragungsprotokoll mit F. H. anonymisiert.
[2] Angenommene Einwendung der Auskunftsperson: Von der Veröffentlichung des Klarnamens wurde abgesehen. Der Klarname wird im gesamten Befragungsprotokoll mit E. W. anonymisiert.
[3] Abgelehnte erhobene Einwendung der Auskunftsperson: „[…] so genau verfolge ich das nicht - - […]“ statt „[…] so genau verfolge ich das - - […]“