629/KOMM XXVII. GP
Kommuniqué
des
Untersuchungsausschusses betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen
ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) (4/US XXVII.GP)
Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Dr. Gerhard Roiss in der 28. Sitzung vom 6. September 2022
Der Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) hat in seiner 36. Sitzung am 19. Oktober 2022 einstimmig gemäß § 20 Abs. 1 Ziffer 1 der Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse (VOUA) beschlossen, das in der Beilage enthaltene wörtliche Protokoll der öffentlichen Befragung der Auskunftsperson Dr. Gerhard Roiss nach der erfolgten Entscheidung über Einwendungen und Berichtigungen gemäß § 19 Abs. 3 VO-UA zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung erfolgt in sinngemäßer Anwendung von § 39 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates als Kommuniqué im Internetangebot des Parlaments.
Wien, 2022 10 19
Mag. Corinna Scharzenberger Mag. Friedrich Ofenauer
Schriftführerin Vorsitzender-Stellvertreter

Untersuchungsausschuss
betreffend
Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder
(ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss)
Stenographisches Protokoll
28. Sitzung/medienöffentlich
Dienstag, 6. September 2022
XXVII. Gesetzgebungsperiode
Gesamtdauer der 28. Sitzung
10.05 Uhr – 14.09 Uhr
Camineum
Befragung der Auskunftsperson Dr. Gerhard Roiss
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich komme über Ersuchen des Herrn Vorsitzenden zur Belehrung der Auskunftsperson. Es ist dies Herr Dr. Gerhard Roiss. Herr Dr. Roiss, Sie werden vor dem Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder als Auskunftsperson zu den Themen Einflussnahme auf Beteiligungen des Bundes sowie Begünstigung bei der Personalauswahl angehört.
Sie haben mit der Ladung eine schriftliche Belehrung über Ihre Rechte und Pflichten als Auskunftsperson erhalten. Auf diese Belehrung weise ich Sie jetzt ausdrücklich hin. Sie sind verpflichtet, die an Sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß und auch vollständig zu beantworten. Eine vorsätzlich falsche Aussage vor diesem Ausschuss kann wie eine falsche Aussage vor Gericht mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden.
Es besteht vor diesem Ausschuss kein generelles Recht zur Aussageverweigerung. Die Aussageverweigerungsgründe konnten Sie ebenfalls der mit der Ladung zugestellten schriftlichen Belehrung entnehmen. Wenn Sie eine Aussage verweigern wollen, wären die Gründe im Einzelfall anzugeben und über Verlangen auch glaubhaft zu machen.
Auch weise ich Sie auf die bereits schriftlich mitgeteilte Geheimhaltungspflicht nach dem Informationsordnungsgesetz hinsichtlich klassifizierter Informationen hin. Dies gilt auch noch nach Beendigung der Befragung.
Dem Ausschuss vorgelegte Akten und Unterlagen dürfen nicht veröffentlicht werden. Heute vorgelegte Unterlagen dürfen weder von Ihnen noch von Ihrer Vertrauensperson an sich genommen werden. Kopien, Notizen oder Auszüge dürfen nicht angefertigt werden.
Sie selbst sind aber berechtigt, allfällige Beweisstücke vorzulegen, auch die Zulässigkeit an Sie gerichteter Fragen zu bestreiten und den Ausschluss der Öffentlichkeit jederzeit zu beantragen. Damit bin ich schon mit meiner Belehrung, was die Auskunftsperson, Herrn Dr. Roiss, betrifft, am Ende.
Über Ersuchen des Herrn Vorsitzenden komme ich auch unmittelbar zur Belehrung von Herrn Rechtsanwalt Dr. Peter Kunz. Herr Dr. Kunz, auch wenn Sie Rechtsanwalt sind: Die Verfahrensordnung sieht vor, dass ich einige Sätze an Sie richte. Ich habe auch Sie über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage zu belehren. Auch eine Mittäterschaft an einer derartigen Aussagen könnte mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden. Auch für Sie gilt das Informationsordnungsgesetz.
Das ist jetzt wesentlich: Die Auskunftsperson kann Sie als Vertrauensperson jederzeit um Rat fragen, und Sie können sich mit der Auskunftsperson ohne zeitliche Beschränkung beraten. Die Auskunftsperson darf dabei jedoch nicht bei der Ablegung einer freien und vollständigen Aussage beeinflusst oder gar daran gehindert werden. Sie selbst sind nicht berechtigt, hier im Ausschuss das Wort zu ergreifen.
Bei Verletzung der Verfahrensordnung oder Eingriffen in Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson steht es Ihnen frei, sich an mich als den Verfahrensrichter oder den rechts neben mir sitzenden Herrn Verfahrensanwalt zu wenden.
Herr Vorsitzender, damit bin ich mit den Belehrungen am Ende gekommen. – Danke.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.
Als Auskunftsperson haben Sie das Recht, Herr Dr. Roiss, eine einleitende Stellungnahme abzugeben. Diese soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Wollen Sie von diesem Recht Gebrauch machen?
Dr. Gerhard Roiss: Ja, das möchte ich.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann würde ich Sie aufgrund der Akustik bitten, das Mikrofon ein bisschen näher zu sich zu rücken, damit wir Sie gut verstehen können. Danke schön. – Bitte.
Dr. Gerhard Roiss: Können Sie mich gut verstehen? Funktioniert das?
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ja.
Dr. Gerhard Roiss: Dann möchte ich mich zunächst für die Einladung sehr herzlich bedanken. – Es ist mir nicht nur ein Anliegen, Ihnen – soweit mir dies möglich ist – die gewünschten Informationen zu geben, sondern ich möchte auch eingangs meine Sichtweise und einige wichtige allgemeine Informationen offenlegen, möchte mich aber auf Fakten konzentrieren.
Die Kernfrage ist: Wie konnte es zu einer Abhängigkeit von russischem Gas von circa 80 Prozent kommen? – Vielleicht gelingt es mir hier, einen kleinen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Für mich persönlich wesentlicher ist aber: Was können wir für die Zukunft daraus lernen?
Mein Ziel und auch das Ziel meiner Vorgänger in der OMV war immer die Versorgungssicherheit Österreichs. Das ist auch historisch gewachsen – um das zu verstehen –, denn die OMV war zu 100 Prozent im Eigentum des Staates, und da war die Versorgungssicherheit sehr einfach auch manageable, nebst dem kulturellen Bestandteil der Vorsorge, das heißt strategisch abgesichert.
Heute ist, wie Sie wissen, die OMV ein börsennotiertes Unternehmen, an dem der Staat mit 31,5 Prozent beteiligt ist. Die OMV hat keine Strategie – aus meiner Sicht: keine Strategie – der Versorgungssicherheit von Gas im Krisenfall, was wir heute schmerzvoll spüren.
In diesem Zusammenhang war immer mein Motto, meine Ansage: Wenn jemand keine eigene klare Strategie hat, wenn ein Land keine eigene klare Strategie hat, dann läuft es Gefahr, Teil der Strategie eines anderen zu werden, im konkreten Fall: Teil der Strategie von Gazprom.
Ich erblicke auch heute keine klare Strategie der Versorgungssicherheit bei einer leitungsgebundenen Energie, wie wir das beispielsweise bei Öl haben. Sie erinnern sich an die Ölkrise, den autofreien Tag: Eine Reaktion war damals, den Importeuren einen Lagerbestand von drei Monaten vorzuschreiben. Bei Gas, das zu versorgen wesentlich sensibler ist, haben wir heute in etwa ein Monat.
Aus diesem Grund war meine Strategie, Österreich möglichst unabhängig zu machen, sprich: zu diversifizieren, was den Supply, was die Versorgung mit Gas betrifft, und ich habe auch stets darauf geachtet. Sichtbar war für mich und auch für andere damals, dass Gazprom versucht hat, in Europa Marktpositionen auf- und auszubauen. Das ist aus meiner Sicht als Strategie eines Unternehmens auch okay. Das werte ich nicht ideologisch. Gazprom verfolgte dabei eine klare Strategie der Integration in die Abnehmermärkte Deutschland, Österreich und andere, hatte ein gutes Marketing und auch ein perfektes Lobbying, um die Ziele zu erreichen.
Ich habe bei meiner Antrittskonferenz 2011 klar ausgesprochen, meine Prämisse war: Stabilität fürs Unternehmen und Versorgungssicherheit in Österreich.
Erlauben Sie mir kurz einen Rückblick auf meine Zeit als Generaldirektor in der OMV, was ich diesbezüglich gemacht habe – Fakten.
Zum einen: Norwegen. Wir haben, nachdem wir in Libyen das Desaster hatten, dass dort ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist – das war damals der größte Gewinnbringer der OMV –, ein sicheres Land gesucht, von dem wir zudem mit Gas versorgt werden konnten. Wir hatten damals schon, vor unserem Engagement, circa eine Milliarde Gasbezug aus Norwegen; Norwegen ist ja bekanntlich der zweitgrößte Gasproduzent in Europa.
Wir haben damals 3 Milliarden investiert, haben uns eingekauft in ein Portfolio aus produzierenden Feldern, aus Entwicklungsfeldern und aus Explorationsfeldern, circa 60 Explorationsfeldern, um langfristig in Norwegen tätig zu sein. Mein Ziel war es damals, circa ein Drittel des Gasbedarfs Österreichs – das sind 8,5 Milliarden Kubikmeter Gesamtbedarf – aus Norwegen zu sourcen. Das wird, wie Sie wissen, heute auch realisiert, und wir haben mittlerweile auch die Chance, in nächster Zeit auch dieses Gas aus Norwegen nach Österreich zu bekommen. Aber es war eine Sicherheit; das war die erste Säule: ein Drittel.
Die zweite Säule, das zweite Drittel, war Rumänien. Wir haben damals in meiner Zeit als Generaldirektor den größten Gasfund der Geschichte im Schwarzen Meer vor der Küste Rumäniens gemacht, das war ein Fund bis zu 84 Milliarden Kubikmeter Gas, wie wir es damals und heute einschätzen. Das Ziel war, dieses Gas bis 2020 zu entwickeln und on stream zu bringen. Vorgesehen war, davon circa 3 Milliarden jährlich nach Österreich zu bringen. – Zweite Säule.
Die dritte Säule war das österreichische Gas. Damals wurden noch im Weinviertel 1,5 Milliarden Kubikmeter erzeugt. Das waren alte Felder mit starkem decline. Heute sind es circa etwas mehr als eine halbe Milliarde Kubikmeter.
Wir haben damals schon LNG-Gespräche mit Katar geführt. Vor mehr als zehn Jahren haben wir das verhandelt. Wir hatten auch ein Terminal, da hatten wir Rechte in Rotterdam für dieses Flüssiggas, und ich habe damals versucht, das Thema Schiefergas in Österreich zu evaluieren.
Circa 25 Prozent des Gases in dieser dritten Säule waren in meiner Zielsetzung aus Russland vorgesehen. Damals waren es circa 50 bis 60 Prozent.
Das heißt, die drei Säulen: ein Drittel Norwegen, ein Drittel Rumänien, ein Drittel Österreich und Russland. Ich habe das in einem Interview 2013/14 im ORF zum Thema differenzierende Gasversorgung auch gesagt. Ich habe dieses Interview dann wieder vergessen und habe mich sehr gefreut, als ich März/April dieses Jahres im ORF-„Report“ dieses Interview wieder gesehen habe. Das war sehr schön für mich, das zu hören.
Nun, wenn Sie Gas haben, brauchen Sie auch Gasleitungen. Das eine Projekt war Nabucco: Gas von Aserbaidschan nach Österreich; da können Sie weitergehen nach Iran, wo immer – da bin ich gescheitert. Sie haben gestern gelesen, dass man hier wieder Iran angeboten hat, Gas zu liefern. Iran ist ein sehr, sehr großer Gasproduzent. Das Projekt ist leider Gottes gescheitert. Das hätte uns von russischem Supply und auch von der Preisthematik massiv unabhängig gemacht.
Die Kurzform war dann Nabucco-West, in der Folge verhandelt, also nur das Gas aus Rumänien, das wir hatten, nach Österreich zu bringen – ist auch gescheitert. Und dann hat es ein Projekt South Stream gegeben, das hat die Gazprom gemacht. Sie werden sich wundern: Warum habe ich ein Projekt South Stream mit Gazprom gemacht? – Wir haben das im Jahr 2014 unterschrieben. Das war eine Gasleitung nach europäischem Recht, das war im Vertrag. Das heißt, Sie können nach europäischem Recht 50 Prozent Gas, Third-Party Access, beimischen. Das war das Gas für Rumänien und dazu hat das gedient.
Das war sehr interessant, hier im U-Ausschuss wurde von Herrn Wolf berichtet, dass das mit großem Tamtam hier gefeiert wurde. Ich darf Ihnen sagen: Ich glaube, an dem Tag, an dem Putin hier war, war das die einzige Veranstaltung, bei der kein Politiker anwesend war. Aber vielleicht hat er das verwechselt – auch Herr Wolf war nicht anwesend. Wir haben damals South Stream unterschrieben. South Stream ist nur leider Gottes sehr bald Geschichte geworden.
Lassen Sie mich einen kurzen chronologischen Rückblick auf das Jahr 2014 geben: Ich war schon 20 Jahre in der OMV, davon 14 Jahre im Vorstand, und seit April 2011 auch Generaldirektor neben meiner Tätigkeit in der Borealis. Mein Vertrag wurde im März 2014 um drei Jahre bis März 2017 verlängert. Im Juni 2014 wurde Siegfried Wolf zum AR-Vorsitzenden der ÖIAG gewählt. Im September 2014 wurde mir von Herrn Rudolf Kemler – damals unser Aufsichtsratschef – mitgeteilt, dass ich aus dem Unternehmen ausscheiden sollte.
Am gleichen Tag, 16. September, um die Mittagszeit wurde mir anschließend beim Meeting mit Herrn Wolf mitgeteilt, dass meine Strategie der OMV problematisch wäre und ich schriftlich über mein Ausscheiden informiert würde. Zudem sollte ich die Gaslieferverträge mit Gazprom beim nächsten Meeting mit Herrn Wolf mitnehmen und ihm übergeben, was ich aber abgelehnt habe.
12. Oktober 2014: weiteres Meeting mit Herrn Wolf. Die Vorwürfe waren damals: falsche Strategie, Zerwürfnisse im Vorstand, und es wurde mir letztlich sogar Korruption vorgeworfen, was sehr unangenehm war. Natürlich stellten sich all diese Vorwürfe letztendlich als völlig haltlos heraus, aber glauben Sie mir, das ist sehr, sehr unangenehm.
In der Aufsichtsratssitzung am 14. Oktober 2014 gab es eine einvernehmliche Lösung. Das Dienstverhältnis wurde per 30.6.15 gelöst.
Das sind die Fakten, um gewisse Dinge auch zu verstehen.
Den Medien habe ich entnommen, dass ohne mein Wissen, im ersten Halbjahr 2015 – ich war währenddessen noch CEO des Unternehmens – bereits mit Gazprom über North Stream 2 und einen möglichen Asset Swap, das Gas für das Achimow, verhandelt wurde. Erfahren habe ich das durch ein Bild in einer deutschen Zeitung, wo man gesehen hat, dass da verhandelt wird (Heiterkeit der Auskunftsperson), nur ich hatte kein Ahnung.
Es war bekannt, dass ich ein Engagement in Russland durch die OMV immer abgelehnt habe, ebenso eine Beteiligung an North Stream. Das war nicht so schwer, denn ich hatte einen Kollegen im Vorstand, Jaap Huijskes, der lange Zeit bei Shell beschäftigt war, und da in Sachalin, das ist das große Gasfeld in Russland. Das war ein großer Warner an meine Person, denn er hat die Risken selbst, persönlich, an eigener Haut erlebt. Kurioserweise hat er – das habe ich nicht gewusst – am gleichen Tag, an dem ich gehen musste, mitgeteilt, dass auch er ausscheiden möchte, und ist dann ein paar Monate später ausgeschieden. Das war für mich sehr überraschend.
Ich war nicht der einzige Kritiker von Investments in Russland. Auch Medien äußerten sich kritisch. Es war – den Artikel (eine Kopie des Artikels in die Höhe haltend) können Sie haben – auch ein Artikel in der „Wiener Zeitung“, wo man schreibt: „Wird die OMV bald“ zur „,Gazprom West‘?“ Ich darf Ihnen den zur Verteilung geben. (Die Auskunftsperson übergibt die Kopie dem Verfahrensanwältin-Stellvertreter.) Vieles stimmt, manches nicht, aber das war eine frühe Einschätzung.
Auch im „Industriemagazin“: „Der ominöse Deal: Wieviel Gazprom steckt [...] in der OMV?“ – Also es gab kritische Stimmen.
Herr Draxler, langjähriger Aufsichtsrat in der OMV, hat auch, wie der „Kurier“ vor Kurzem berichtet hat, gegen alle Investments in Russland gestimmt, wie er auch gegen North Stream 2 gestimmt hat.
Ich persönlich habe nach meinem Ausscheiden in einer privaten Runde 2016 auch Kanzler Kern informiert, dass ich einen Swap – nämlich damals geplant: Raffinerie Schwechat gegen ein Gasfeld, nämlich Achimow in Russland, bedenklich finde. Glücklicherweise wurde auch davon Abstand genommen, sonst hätten wir heute wahrscheinlich einen um noch ein paar Milliarden höheren Abschreibungsbedarf in Russland.
Interessanterweise startet dann plötzlich 2016 eine massive Medienkampagne gegen meine historischen Investments. Gestatten Sie mir, Ihnen hier auch einige Beispiele zur Kenntnis zu bringen.
Das erste, und das haben Sie auch von Herrn Wolf hier gehört (eine Kopie eines Artikels in die Höhe haltend): „Ich will keine Dividenden mehr auf Pump“. Wir würden massiv Dividenden auf Pump- - lösen. Ich gebe Ihnen auch diesen Artikel. (Die Auskunftsperson übergibt die Kopie dem Verfahrensanwältin-Stellvertreter.) Dividenden auf Pump, das ist dann der Fall, wenn der Free Cash Flow nicht ausreicht, um eine Dividende zu zahlen. Das haben Sie dann, wenn Sie große Investments tätigen.
Zu meiner Zeit waren das 3 Milliarden in Norwegen. Da haben Sie in diesem Jahr nicht ausreichend Free Cash Flow für die Dividende. Ja, es war so gesehen Dividende auf Pump. Nicht gesagt ist, dass auch unter meinem Nachfolger 2019 Dividende auf Pump gezahlt wurde, auch 2020 Dividende auf Pump – ja, natürlich, die haben damals die Borealis übernommen –, und auch vor meiner Zeit wurde das bezahlt. Ich sage es nur, wie damals kampagnisiert wurde, und das sehr laut und sehr häufig. Darum gebe ich es Ihnen auch zur Verteilung.
Es ging dann weiter mit dem nächsten Vorwurf: „Die OMV hat sich übernommen und benötigt Geld“. Das geht dann weiter – Sie kriegen die Artikel –, auch in der „Presse“, wo Seele sagt, eine „überschuldete OMV“ geht zum Insolvenzrichter.
Dass Sie auch die Fakten sehen, die können Sie im Geschäftsbericht nachlesen: In meinem letzten vollen Jahr betrug die Verschuldung 32 Prozent, unser langfristiges Ziel waren 30, im Jahr darauf waren es dann 28. Im letzten Jahr meines Nachfolgers 2021 betrug die Verschuldung 41 Prozent. Das ist keine Kritik. Zum Vergleich nur zur Zahl 2014: Damals hatte die Voest oder der Verbund meines Wissens eine Verschuldung von über 50 Prozent. Aber die Überschriften können Sie nachlesen.
Ich habe mich immer gefragt: Ist das eine Ablenkung von geplanten Dingen, die man in Russland vorhat? Ist das einfach ein Versuch der Profilierung zulasten anderer? – Ich habe bis heute keine Antwort.
Der nächste Punkt, und dann höre ich auf: „Unsere Öl- und Gasreserven schmelzen wie Schnee in der Sonne“. „Wir schaffen es nicht, unsere Reserven vollständig zu ersetzen. Das ist der schleichende Niedergang eines Unternehmens im Öl- und Gasgeschäft.“ Also schlechter kann man die OMV nicht mehr reden oder schreiben. (Die Auskunftsperson übergibt die Kopie eines Zeitungsartikels dem Verfahrensanwältin-Stellvertreter.) Oder: Die OMV ist „in zehn Jahren trocken“. Sie bekommen den Artikel. – Die Reserven waren wirklich kürzer als zehn Jahre, nämlich 9,6 Jahre – 2014; steht im Geschäftsbericht. 2020 betrugen die Reserven 7,9 Jahre. – So, auch das sind Fakten.
Ich habe noch eine letzte Information: „Vor allem Norwegen“ wird als teurer „Fehlgriff“ gesehen. – Das war in der „Presse“ am 2.2.2016.
Noch einmal: Ich war mir nicht klar: Ist das ein Kalkül, eine gezielte Ablenkung von dieser geplanten Ausrichtung auf Russland, ist es eine Begründung für das Investment in Russland oder ist es ein Versuch zur Profilierung zulasten anderer?
Nun, so viel zur Geschichte, ich leite zur Gegenwart über. Das ist wesentlich, deshalb auch die Geschichte, um die Gegenwart zu verstehen. Der geplante Teilverkauf oder Swap der norwegischen Felder an Gazprom wurde von der norwegischen Regierung glücklicherweise gestoppt. Das war 2018. Sonst wäre heute unsere Abhängigkeit von russischem Gas eher bei 90 oder 95 Prozent, hätte die norwegische Regierung das nicht gestoppt.
Und auch zu Norwegen: Norwegen ist heute nach Rumänien der größte Gewinnbringer im Öl- und Gasgeschäft der OMV. Norwegen ist auch der zweitgrößte Gaslieferant Europas. Deshalb auch diese Entwicklung.
Bedauerlicherweise wurde ein weiteres Gasentwicklungsfeld, das wir damals gekauft haben - - diese Beteiligung 2016 verkauft – so hätten wir vielleicht heute die Möglichkeit, 50 Prozent unseres Gases aus Norwegen zu importieren –, bedauerlicherweise.
Neptun in Rumänien, die zweite Säule, dieses Gasfeld sollte 2020 – das war meine Einschätzung damals – in Betrieb gehen, geriet aber in einen Dornröschenschlaf. Da habe ich in der „Neuen Zürcher Zeitung“ vom 6. August 2022 einen interessanten Artikel gelesen, was die Gründe waren, dass man dieses Gasfeld nicht entwickelt hat, die Vermutungen, die hier angestellt wurden – ohne mein Zutun. (Heiterkeit der Auskunftsperson.)
In Oberösterreich wurde dann ein Gasspeicher geschlossen. Und heute wissen wir, in diesem Jahr, jetzt, 2022, musste die Beteiligung am Gasfeld Russkoje, die 2016 um 1,8 Milliarden erworben wurde, mit 1,2 Milliarden abgeschrieben werden. Ein weiterer Abschreibungsbedarf von bis zu einer halben Milliarde wird nicht ausgeschlossen, so entnimmt man es den Medien. Dass Sie sich das auch vorstellen können: Das war ein Gasfeld, wo Sie kein Gas exportieren können, das Gas verkauft die Gazprom, und Sie dürfen dieses Gas auch nicht durch eine Leitung nach Österreich transportieren, denn da hat die Gazprom das Monopol. Das heißt, man hat gewusst, man hat sich an einem Gasfeld beteiligt, hat das natürlich als Versorgungssicherheit für Österreich kommuniziert, aber de facto hat es aus meiner Sicht zur Absicherung der Gasversorgung nicht beigetragen, aber man hat dort Dividenden bekommen.
Noch kritischer sehe ich – und habe ich immer gesehen – die Beteiligung an North Stream 2, einer Pipeline, wo Sie kein eigenes Gas durchleiten durften – niemand, nicht nur die OMV nicht, niemand! Das war ein Monopol der Gazprom. Dessen ungeachtet hat man sich beteiligt und musste eine Milliarde in diesem Jahr abschreiben. Und gleichzeitig hat man die Gaspipelines, die Gastransitpipelines in Österreich, die damals im Besitz der OMV waren, verkauft – die hatten eine sichere Rendite – und hat hier in diese unsichere Pipeline, die Russland mit Deutschland verbindet, investiert, wo man heute eine Milliarde abschreiben musste.
Gut, ich komme zum Schluss. Die Gaslieferverträge take-or-pay bis 2040 sind bekannt, sind ein eigenes Kapitel, darauf möchte ich hier nicht näher eingehen.
So viel aber die Fakten, warum wir heute, oder sagen wir gestern, eine 80-prozentige Abhängigkeit von Gazprom hatten. Aber ich betone: Das ist keine Kritik an Gazprom, die haben aus ihrer Sicht einen super Job gemacht. Es ist auch keine Kritik an Putin, der, wie ich heute der „Kronen Zeitung“ entnommen habe, Gas als Schlüssel der Zusammenarbeit mit Österreich bezeichnet hat. – So viel die Fakten. Vielen Dank.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.
Ich darf den Herrn Verfahrensrichter um die Durchführung der Erstbefragung ersuchen. (Abg. Hanger: Herr Vorsitzender!) – Abgeordneter Hanger, zur Geschäftsordnung.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Mir ist schon wichtig, einleitend etwas festzuhalten: Herr Dr. Roiss, das waren wirklich sehr interessante Ausführungen. Sie wissen auch, dass Ihre Zeit als Generaldirektor auch differenziert gesehen wird. Es waren interessante Ausführungen, aber ich halte schon ganz klar fest: Das hat mit unserem Untersuchungsgegenstand gar nichts zu tun. Wir untersuchen hier im parlamentarischen Kontrollinstrument eine Vollziehungshandlung des Bundes, die inhaltlich und zeitlich klar abgegrenzt ist.
Sie sind 2015 als Generaldirektor dann abberufen worden. Da sind wir vor dem Untersuchungszeitraum. Das muss man in aller Klarheit festhalten; und wir haben auch ein Thema: Es geht um die Vollziehungshandlung des Bundes, und es geht nicht um Fragestellungen eines ausgegliederten Unternehmens, an dem die Republik 31,5 Prozent Beteiligung hält.
Herr Verfahrensrichter, ich möchte Sie wirklich eindringlich ersuchen, auf den Rechtsrahmen zu achten, den wir hier im Untersuchungsausschuss haben, und ausschließlich Fragen zuzulassen, die durch den Untersuchungsgegenstand gedeckt sind.
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Verfahrensrichter, jetzt die Erstbefragung.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Dr. Roiss, meine erste Frage: Die Daten auf dem Personaldatenblatt, das Sie eingangs ausgefüllt haben, entsprechen der Wahrheit, davon darf ich ausgehen, ja?
Dr. Gerhard Roiss: Ja, das dürfen Sie.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja. Ich beginne mit meiner Erstbefragung.
Ich habe Ihre Ausführungen mit Interesse und auch mit Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen, weil sie wirklich tagesaktuell sind. Ich habe mich jedoch an den Untersuchungsgegenstand, wie er dem Ausschuss vorliegt, zu halten und möchte meine erste Frage an Sie richten: Welcher Tätigkeit sind Sie im Zeitraum Dezember 2017 bis Oktober 2021 nachgegangen? Haben Sie da eine berufliche Tätigkeit ausgeübt? Waren Sie Pensionist? Haben Sie Kontakte zur Öbag oder zur OMV oder zu sonstigen staatlichen Unternehmen gepflogen? Wie schaut Ihre berufliche Tätigkeit in diesem Zeitraum aus?
Dr. Gerhard Roiss: Danke für die Frage. Ich war meiner Erinnerung nach hier im Aufsichtsrat von Sulzer in der Schweiz tätig, als Vertreter der unabhängigen Aktionäre, und ich hatte sonst diverse Funktionen.
Ich war aber privat – und das war meine Haupttätigkeit – Investor in Start-ups. Ich habe mit jungen Leuten in aller Welt Start-ups aufgebaut, ich glaube, sehr erfolgreich, und das ist auch meine Welt. Das waren aber nicht Start-ups im Bereich von Öl und Gas oder Energie, das waren Start-Ups in einer neuen Welt. Mir war wichtig, einfach hier neue Dinge zu tun, und ich bin auch heute noch in diesen - -; ich bin Pensionist, aber ich heute weltweit in vielen, vielen Start-Ups mit jungen Menschen tätig, und das mache ich auch mit großer Freude und Engagement. Ich habe auch soziale Engagements, auf die möchte ich hier nicht eingehen.
Kontakte zur Öbag war Ihre Frage: Ja, ich habe von mir aus keine aktiven Kontakte gehabt. Mich hat Herr Schmid einige Male angerufen – das war übrigens im Untersuchungszeitraum – und hat mich über diverse Dinge gefragt. Ich bin aber auch da nicht zu ihm gekommen, ich habe - - Wenn Sie etwas wissen wollen, gerne, dann kommen Sie zu mir, ich kann Ihnen hier gerne Plausibilitäten sagen, aber ich habe keine Details, ich habe keinen Kontakt mit irgendwelchen Mitarbeitern in der OMV!
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Seit wann sind Sie Pensionist?
Dr. Gerhard Roiss: Bitte?
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Seit wann sind Sie Pensionist? Sie haben gesagt, Sie seien Pensionist. Darf ich fragen, seit wann Sie Pensionist sind?
Dr. Gerhard Roiss: Ich glaube - - Ich nehme an, nach meinem Ausscheiden (Heiterkeit der Auskunftsperson), was immer. Da müsste ich nachschauen jetzt konkret.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Also nach Ihrem Ausscheiden aus der OMV im Jahr 2015 – ist das richtig?
Dr. Gerhard Roiss: Kann sein, ein, zwei Jahre später. Ich weiß es nicht. Tut mir leid, muss man nachschauen. Aber ich habe jetzt mit 70 meine Aufsichtsratsfunktionen zurückgelegt, auch bei Sulzer, denn mit 70, habe ich immer gesagt, ist Schluss, da mache ich nur mehr meine Start-ups. Aber ich kann das nachreichen, wenn Sie es wissen wollen. Ich sehe mich als Pensionist, der aktiv ist.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Warum ich nach diesem Zeitraum frage, Herr Dr. Roiss, ist darin begründet, dass im Untersuchungsgegenstand eben dieser Zeitraum festgelegt wurde: Dezember 2017 bis Oktober 2021. Das ist schon der Zeitraum, der hier maßgeblich ist und von dem auszugehen ist, und ich möchte Sie daher fragen: Sie haben die Frage nach den Kontakten mit der Öbag ja einmal bejaht; Sie haben gesagt, Sie haben mit Herrn Thomas Schmid Kontakt gehabt. Ich möchte Sie weiter fragen: Haben Sie in diesem Zeitraum auch Kontakte zur OMV aufrechterhalten?
Dr. Gerhard Roiss: Also was mir heute wissentlich ist, hatte ich keine Kontakte. Das war auch wichtig. Ich war in diesem Zeitraum auch nie in der OMV, und es kann sein, dass mir jemand zum Geburtstag gratuliert hat, aber ich hatte meiner Erinnerung nach keinerlei Kontakte.
Ich habe auch Herrn Seele in der OMV nie getroffen. Der hat sich in der OMV bei mir nie vorgestellt. Ich bin ausgeschieden und habe ihn da auch nie getroffen oder auch telefoniert oder gesprochen.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Aber Sie haben sich doch in der Öffentlichkeit über den Werdegang dieses Unternehmens geäußert. Ist das richtig?
Dr. Gerhard Roiss: Es war ja medial nachvollziehbar, was hier passiert, und das Beklemmende für mich war, dass ich hier die Dinge – ich habe Ihnen ja einige vorgelesen – - -, dass es einfach schwierig war, die Dinge zu lesen, wo man weiß: Das ist einfach falsch. Aber ich habe halt geschwiegen. Ich habe in der Zeit, in diesen Jahren, glaube ich, ein oder zwei Interviews gegeben, aber ansonsten habe ich mich zurückgehalten und habe einfach auch andere Tätigkeiten im Ausland gehabt. Ich war auch wenig im Land und es war mir auch nicht so sehr wichtig, mich hier zu engagieren.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Haben Sie mit dem Aufsichtsrat der Öbag beziehungsweise der OMV Kontakt gehalten oder Gespräche geführt?
Dr. Gerhard Roiss: Es war bekannt, das ich mit Peter Löscher seit 30 Jahren befreundet bin. Peter Löscher war kurze Zeit Aufsichtsratsvorsitzender.
Wir hatten ein - - Erstens einmal hat er mich gefragt, ob er den Job annehmen soll. Ich habe ihm abgeraten. Er hat mir heute auch gesagt: Gerhard, du warst der Einzige (Heiterkeit der Auskunftsperson), leider habe ich dir nicht gefolgt! Wir hatten ein Agreement, Peter und ich, dass wir, nachdem wir gute Freunde sind, dieses Thema ausklammern; und es hat hier auch keinerlei Gespräche gegeben, und das war mir wichtig, weil ich einfach Abstand gewinnen wollte, und er wollte auch frei sein.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Darf ich Sie konkret fragen: Haben Sie Einfluss auf Bestellungen des Aufsichtsrates, von Aufsichtsratsmitgliedern genommen? Oder haben Sie Einfluss auf Regierungsmitglieder, sonstige Politiker genommen, damit die OMV ein Vorgehen in eine gewisse Richtung trifft beziehungsweise Handlungen setzt?
Dr. Gerhard Roiss: Also wenn mich jemand gefragt hat, habe ich meine Meinung gesagt, so wie auch Herrn Schmid. Ich habe mir keine Aufzeichnungen gemacht, wer mich aller gefragt hat. Ich selbst wollte Abstand gewinnen, habe kein Interesse gehabt. Ich persönlich bin an niemanden herangetreten, um irgendetwas zu erfahren, was meine Erinnerung betrifft.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Sie sind also vor allem nicht an Politiker, auch nicht an Mandatare oder Politiker der Österreichischen Volkspartei, herangetreten, um irgendwelche Vorstellungen unterzubringen oder irgendwelche Vorhaben durchzusetzen. Ist das richtig?
Dr. Gerhard Roiss: Also ich habe keinen Wunsch gehabt, wer Aufsichtsrat der OMV sein sollte oder irgendeine Funktion übernehmen sollte. Das war nicht in meiner Interessensphäre (Heiterkeit der Auskunftsperson), soweit ich das heute noch weiß.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Vorsitzender, ich bin damit mit meiner Erstbefragung schon am Ende.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.
*****
Wir kommen zur Befragung durch die Abgeordneten. Abgeordneter Hanger gelangt zu Wort.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Die Reihenfolge ist so? In meinen Vorbereitungsunterlagen steht etwas anderes.
Ich werde mich in der ersten Fragerunde auf den Themenkomplex Vorbereitung auf den Untersuchungsausschuss konzentrieren, weil wir da im Untersuchungszeitraum, im Untersuchungsgegenstand sind.
Herr Doktor Roiss, ich darf Sie auch herzlich begrüßen. Ich möchte noch einmal festhalten, dass es sehr interessante Ausführungen sind, und ich weiß auch, dass sie politisch tagesaktuell sind und eine sehr wesentliche Frage behandeln, aber wie gesagt: Mein Zugang ist der, dass das mit dem Untersuchungsgegenstand nichts zu tun hat.
Meine Frage ist: Haben Sie im Vorfeld zu diesem Untersuchungsausschuss Abgeordnete getroffen, sich mit Abgeordneten ausgetauscht?
Dr. Gerhard Roiss: Also ich kann mich nicht erinnern, dass ich einen Abgeordneten getroffen habe, um mich da auszutauschen.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Sie können sich nicht erinnern, aber Sie können es auch nicht ausschließen?
Dr. Gerhard Roiss: Ich - - Erstens, ich kann - -, wenn jemand Abgeordneter war, ich hab’s nicht gewusst, kann sein, aber ich bin zu wenig in Österreich, ich lebe hauptsächlich in Lanzarote. Ich habe meines Wissens niemanden getroffen (Heiterkeit der Auskunftsperson), also ich habe über diese Frage gar nicht nachgedacht. Wenn Sie einen konkreten Verdacht haben, müssen Sie was sagen. Mir fällt dazu nichts ein, ich habe auch kein Interesse diesbezüglich.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Ganz konkret: Es ist ja nicht ganz unbekannt, dass dieser heutige Befragungstag auf Intention der NEOS zustande gekommen ist. Meine Frage ist: Hatten Sie irgendwelche Kontakte zu Vertretern der NEOS, insbesondere zur Frau Abgeordneten Krisper?
Dr. Gerhard Roiss: Ich sehe Frau Krisper hier zum ersten Mal live. Ich glaube, ich habe sie – entschuldige! (Heiterkeit der Auskunftsperson) – bewusst nie erlebt, gesehen. Ich kenne sie aus dem Fernsehen. Es tut mir leid, ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen (Heiterkeit der Auskunftsperson), Frau Krisper weder getroffen zu haben noch mit ihr telefoniert zu haben.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Gut, dann haben wir diese Frage geklärt, vielen Dank.
Ich würde jetzt gerne abwarten, wie sich die Befragung gestaltet, und nehme meine Zeit mit. Ich habe sehr viele Fragen Ihre Amtszeit und auch die wirtschaftliche Performance betreffend vorbereitet, bin aber persönlich der Meinung, dass wir ganz klar außerhalb des Untersuchungsgegenstandes sind. Ich warte gespannt auf die Entscheidung des Herrn Verfahrensrichters und würde dann meine Fragen in der zweiten Runde stellen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Krainer.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Roiss, ich glaube, wir sehen uns heute auch zum ersten Mal live, also bewusst jedenfalls – nur damit Kollege Hanger beruhigt ist.
Zunächst einmal würde ich gerne den Bereich der Verbund AG mit Ihnen abklären. Sie waren ja im Aufsichtsrat der Verbund. Das waren Sie, glaube ich, bis 2019. Stimmt das?
Dr. Gerhard Roiss: Müsste ich nachschauen, aber könnte stimmen, ja. Ich war Aufsichtsratsvorsitzender im Verbund. Die genauen Daten habe ich nicht hier, aber der Umstand stimmt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Ich lege das Dokument 672948, Seite 43, vor. Das wird dann elektronisch auf Ihren Bildschirm eingespielt.
Da geht es um einen Sideletter zur Koalitionsvereinbarung zwischen der ÖVP und der FPÖ, die 2017 abgeschlossen wurde. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Da steht ganz unten:
„Verbund:
FPÖ erhält 2 AR“ – zwei Aufsichtsräte –, und darunter steht:
„APK eine führende Funktion für die FPÖ bei Auslaufen des bestehenden Vorstandes“.
Dr. Gerhard Roiss: Was ist hier die Frage?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war noch keine Frage, das war nur einmal, worum sich meine Fragen überhaupt drehen.
Die erste Frage ist: Ist Ihnen irgendwie zur Kenntnis gebracht worden, dass es eine Vereinbarung zwischen ÖVP und FPÖ gebe, was die Organe des Verbundes betrifft?
Dr. Gerhard Roiss: Das kann ich mit Nein beantworten. Sie wissen, ich bin nicht Mitglied irgendeiner politischen Partei, und ich habe auch nicht die Nähe, um derlei Informationen zu bekommen. Das war mir auch nicht wichtig.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass dann bei der Bestellung des Aufsichtsrates im Verbund tatsächlich zwei Personen von der FPÖ und die anderen von der ÖVP nominiert wurden?
Dr. Gerhard Roiss: Wenn Sie da bitte nachschauen! Ich kann mich nicht erinnern, dass in meiner Zeit als Aufsichtsrat hier Mitglieder von der FPÖ-Regierung oder Abgeordnete aufgenommen wurden. Das können Sie aber nachlesen; mir ist das nicht bekannt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Da geht es nicht darum, dass Abgeordnete Aufsichtsräte werden, sondern dass die FPÖ Aufsichtsräte nominiert. Diese müssen natürlich gewisse Qualifikationen erfüllen.
Dr. Gerhard Roiss: Also, tut mir leid, mir war nicht bekannt, dass irgendeine Partei hier Wünsche hat, gewisse Personen zu nominieren. Das wurde in der Form an mich auch nicht herangetragen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass Politiker oder ehemalige Politiker in Organfunktionen des Verbundes aufgenommen wurden?
Dr. Gerhard Roiss: Können Sie das wiederholen?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass Politiker oder ehemalige Politiker in Organfunktionen des Verbundes bestellt wurden – im Untersuchungszeitraum?
Dr. Gerhard Roiss: Tut mir leid, da habe ich keine Erinnerungen. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich damit beschäftigt, aber ich habe keinerlei Erinnerung. Das ist nicht - - Ich hab - - Nein, glaube ich auch nicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der Chef, also der Vorstandsvorsitzende des Verbundes, ist ein gewisser Herr Strugl. Kennen Sie ihn?
Dr. Gerhard Roiss: Selbstverständlich kenne ich Strugl.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wissen Sie, was er gemacht hat, bevor er als Vorstand in den Verbund bestellt wurde?
Dr. Gerhard Roiss: Ich bin bekanntlich Oberösterreicher, Strugl ist auch Oberösterreicher, und ich habe ihn gekannt. Ich habe auch gewusst, was er hier als Wirtschaftslandesrat in Oberösterreich geleistet hat, und ich habe ihn auch sehr geschätzt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist ein Politiker. Der wurde direkt vom Landesrat zum Vorstandsvorsitzenden des Verbundes.
Dr. Gerhard Roiss: Wir hatten den Auswahlprozess[1]. Ich habe damals das Anforderungsprofil auch sehr transparent gemeinsam mit dem Aufsichtsrat erstellt und abgestimmt. Ich nehme an, das war einstimmig – da müsste man nachschauen –, und ich habe ihn für den mit Abstand geeignetsten Kandidaten gehalten, ungeachtet, wessen Parteibuch er hat.
Ich muss auch dazusagen, er war – und das war mir wichtig – davor noch eine Zeit lang in Stanford, hat dort die Ausbildung General Management gemacht, und er war nicht einfacher Landesrat, er war Wirtschaftslandesrat. Ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, ob er auch im Aufsichtsrat der Energie AG war oder nicht, aber ich habe ihn absolut für einen geeigneten Kandidaten gehalten, ungeachtet dessen, welches Parteibuch er hat.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Waren Sie in seine Bestellung zum Vorstand involviert, außer bei der Ausschreibung und Ihrer persönlichen Einschätzung, oder waren Sie da auch bereits bei seiner Bestellung noch im Amt?
Dr. Gerhard Roiss: Ah, das - - Bitte schauen Sie das nach! Ich nehme an, ich war noch im Amt. Es kann sein, dass er noch Vize war oder schon im Vorstand war, aber noch nicht General- -, dass Anzengruber noch hier war.
Bitte, das können Sie alles nachschauen, ich habe das nicht im Kopf gespeichert. Fakt ist, dass wir das Thema breit im Unternehmen diskutiert haben, im Vorstand, auch im Aufsichtsrat, und dass ich zu dieser Bestellung stehe; und ich glaube, es war eine richtige Bestellung, ungeachtet dessen, wo jemand - -, von welcher Partei jemand kommt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass es da im Aufsichtsrat unterschiedliche Meinungen zur Frage der Qualifikation von Herrn Strugl gab?
Dr. Gerhard Roiss: Das ist richtig, es hat viele Meinungen gegeben, aber der Kontext war am Schluss, dass wir – schauen Sie bitte nach, ob der Beschluss einstimmig oder nicht, oder mehrheitlich war! – uns auf Strugl geeinigt haben, und Strugl hat in den Hearings – er hat, glaube ich, zwei, drei Hearings gegeben – eine sehr, sehr gute Perfomance abgegeben.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Angeblich ist er mit der knappest möglichen Mehrheit vom Aufsichtsrat bestellt worden – also mit einer Stimme.
Dr. Gerhard Roiss: Können Sie wiederholen?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Angeblich ist er mit der knappest möglichen Mehrheit im Aufsichtsrat bestellt worden, nämlich mit einer Stimme. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter Hanger.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Verfahrensrichter, ich darf Sie ersuchen: Wir diskutieren hier herinnen nicht Vermutungen, sondern Tatsachen. Wenn eine Frage schon mit dem Begriff „angeblich“ eingeleitet wird, ist es eine Vermutung und keine Tatsache. Ich bitte Sie, auf die Einhaltung der Geschäftsordnung zu achten.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Herr Abgeordneter Hanger, wir fragen nach Wahrnehmungen, die er gehabt hat, und diese Wahrnehmungen könnten so oder so sein. Grundsätzlich haben Sie schon recht: Die Fragen sollten klar und präzise gestellt werden und nicht in einer Möglichkeitsform, ich habe aber bisher nichts gefunden, was hier nicht mit der Verfahrensordnung vereinbar wäre. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage, bitte.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Frage ist noch offen, oder? (Abg. Hanger: Die Frage wurde ja schon beantwortet!) Vielleicht kann man sie noch einmal wiederholen, nachdem Kollege Hanger hier gleich stört - - (Auskunftsperson Roiss: Können Sie die Frage bitte noch einmal wiederholen?)
Angeblich ist er mit der knappest möglichen - - (Auskunftsperson Roiss: Ich verstehe Sie sehr schlecht hier!) Ja. Angeblich ist er vom Aufsichtsrat mit der knappest möglichen Mehrheit gewählt worden. Haben Sie dazu Wahrnehmungen?
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe keine Erinnerungen. Bitte sehen Sie in den Protokollen nach. Was immer dort steht, stimmt. Ich habe mir das nicht gemerkt, ich bin auch nicht auf diese Frage vorbereitet.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sind Sie von Eigentümervertretern des Verbundes kontaktiert worden oder waren Sie in regelmäßigem Austausch?
Dr. Gerhard Roiss: Es hat sicher Gespräche mit dem Eigentümervertreter gegeben. Ich habe keine Erinnerungen, wie viele Gespräche und was der Inhalt dieser Gespräche war.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der Verbund hat ja mehrere Eigentümer. Mit welchen Eigentümervertretern haben Sie hier gesprochen oder hatten Sie regelmäßigen Kontakt?
Dr. Gerhard Roiss: Meiner Erinnerung nach war das mit dem Finanzminister und mit dem Wirtschaftsminister.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, mit dem – indirekten – 51-Prozent-Eigentümer, dem Bund. Hatten Sie Kontakt mit Eigentümervertretern von anderen Eigentümern – EVN, Wiener Stadtwerke?
Dr. Gerhard Roiss: Die waren im Aufsichtsrat vertreten und mit diesen Aufsichtsratsmitgliedern habe ich auch Gespräche geführt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, außerhalb des Aufsichtsrates „nur“ – unter Anführungszeichen – mit Finanzminister und Wirtschaftsminister?
Dr. Gerhard Roiss: Soweit es meine Erinnerungen hier sagen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War da die Bestellung von Herrn Strugl auch Thema? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Dr. Gerhard Roiss: Das kann ich Ihnen nicht mehr sagen, wie es zu dem gekommen ist, tut mir leid.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War die Nominierung der Aufsichtsräte durch die Öbib oder durch den Bund – Finanzministerium, Wirtschaftsministerium – bei diesen Gesprächen Thema?
Dr. Gerhard Roiss: Daran kann ich mich nicht erinnern, tut mir leid.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Keine Erinnerung. War Ihre eigene Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrates Thema bei diesen Gesprächen? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Dr. Gerhard Roiss: Nein, ich wurde – ich weiß nicht mehr, wer mich damals angerufen hat – gefragt, ob ich bereit wäre, den AR-Vorsitz zu übernehmen. Ich kann Ihnen jetzt auch nicht sagen, wer das war, aber ich habe dann überlegt und habe das angenommen und ich habe dahinter keine weiteren irgendwelchen Geschichten gesehen. Ich habe das als einen normalen Prozess gesehen. Ich tue mir jetzt etwas schwer, tut mir leid. Was ich weiß, sage ich Ihnen gerne, nur habe ich da keine Erinnerungen (Heiterkeit der Auskunftsperson), ich habe auch keinerlei Vorbereitung in der Hinsicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): War das Ende Ihrer Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender der Verbund AG Thema der Gespräche mit Finanzminister und/oder Wirtschaftsminister?
Dr. Gerhard Roiss: Wie Sie den Medien – wahrscheinlich – entnommen haben, habe ich für mich entschieden, auszuscheiden. Mein Freund Peter Löscher ist vorher bei der OMV ausgeschieden und ich habe mich damals mit ihm darüber beraten (Heiterkeit der Auskunftsperson), dass ich auch gedenke, auszuscheiden. Wir haben aber gesagt, machen wir es ein bisschen später. Es hat dann – das können Sie in den Medien nachlesen – Gespräche mit Schmid gegeben und Schmid hat gemeint - - Ich habe damals den Finanzminister informiert, und ich glaube, da war Schmid dabei, und Schmid hat mich dann zu einem Mittagessen mit Finanzminister Löger eingeladen, das ich aber abgelehnt habe – aber nicht aus persönlichen, sondern aus Zeitgründen. Ich bin nicht so viel in Österreich.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das heißt, Sie hatten mit Finanzminister Löger einen Termin, bei dem Sie ihm mitgeteilt haben, dass Sie als Aufsichtsratsvorsitzender des Verbundes zurücktreten, und bei diesem Gespräch war Herr Schmid anwesend?
Dr. Gerhard Roiss: Soweit ich mich erinnern kann, war er anwesend. Am gleichen Tag, wo das Gespräch bei Finanzminister Löger war, haben wir die Ad-hoc-Meldung herausgegeben, die Sie nachlesen können, wo ich mein Ausscheiden bekannt gegeben habe, wie es börsenrechtlich auch notwendig ist. Diese Einladung zum Mittagessen war dann ein Goodwill, wo man mir einfach signalisiert hat, dass man gern ein Gespräch führt, aber verstehen Sie: Ich habe sehr wenig Zeit, bin viel unterwegs und habe aus dem Grund gebeten, davon Abstand zu nehmen. Vielleicht finden Sie es am Handy von Schmid irgendwie – das Gespräch hat es nicht gegeben.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wir haben das Handy von Schmid nicht, die Staatsanwaltschaft hat das und sie wertet es in unserem Auftrag aus, aber darauf können wir ja vielleicht noch eingehen.
Ich habe noch eine Frage: Sie sind ja, glaube ich, im März 2018 von der Hauptversammlung als Aufsichtsratsvorsitzender verlängert oder wiederbestellt worden. Haben Sie dazu Wahrnehmungen oder Erinnerungen? Das war ein Jahr, bevor Sie ausgeschieden sind.
Dr. Gerhard Roiss: Ja, mag sein, aber ich habe keine Details in Erinnerung, tut mir leid.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist gerade einmal vier Jahre her.
Dr. Gerhard Roiss: Ich würde es gerne beantworten, aber ich habe es nicht.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Haben Sie damals Gespräche geführt? Haben Sie mit Frau Schramböck auch Gespräche geführt?
Dr. Gerhard Roiss: Mit Frau Schramböck habe ich nie Gespräche geführt, das weiß ich noch.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Okay. Das heißt, ab der türkis-blauen Bundesregierung, ab Dezember 2017, haben Sie auf politischer Ebene ausschließlich mit Herrn Löger oder auch mit anderen Mitgliedern der Bundesregierung gesprochen? – Sie sagen, mit Frau Schramböck nicht – ich will jetzt nicht alle einzeln durchgehen. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Dr. Gerhard Roiss: Also, meine Kontakte, soweit ich sie in Erinnerung habe – aber ich kann Ihnen nicht sagen, wann genau die waren –, waren mit dem jeweiligen Finanzminister und mit dem Wirtschaftsminister. Mit Frau Schramböck habe ich in Erinnerung, dass ich keine Gespräche geführt habe – A, weil sie mich nicht eingeladen hat, und B, weil ich nicht um ein Gespräch gebeten habe.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass es auf der politischen Ebene irgendwelche Gespräche über Ihre Wiederbestellung 2018 gegeben hätte? Haben Sie im Vorfeld dieser Bestellung mit Herrn Blümel gesprochen?
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe sicher mit Finanz- und Wirtschaftsminister gesprochen. Ich kann mich nicht an Gespräche betreffend meine Verlängerung erinnern. Ich habe das auch eher nicht kritisch - -, ich glaube, es war nie in Diskussion, ob ich verlängere oder nicht. Ich glaube, das war wenn ein Routinevorgang – so wie ich das heute in Erinnerung habe.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Können Sie sich erinnern, dass Sie mit Herrn Blümel ein Gespräch geführt haben?
Dr. Gerhard Roiss: Mit Herrn Blümel habe ich sicher Gespräche geführt, wie ich auch mit Mitterlehner Gespräche geführt habe.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mit Herrn Blümel in seiner Eigenschaft als nicht amtsführender Stadtrat in Wien oder als Kanzleramtsminister und Mitglied des Nominierungskomitees der Öbib?
Dr. Gerhard Roiss: Nein, ich habe mit ihm nur als Finanzminister gesprochen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Als Finanzminister.
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe auch das erste Mal mit ihm gesprochen, als er Finanzminister war, und habe ihn davor nie gesprochen, noch habe ich ihn getroffen, noch habe ich ihn nachher gesprochen, noch habe ich ihn nachher getroffen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Als Finanzminister heißt: ab 2020 und nicht davor?
Dr. Gerhard Roiss: Moment, dann war er vorher - - Welche Funktion hatte er vorher?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Kanzleramtsminister.
Dr. Gerhard Roiss: Dann habe ich in dieser Funktion mit ihm gesprochen, kann sein. –Tut mir leid, das habe ich - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ergibt auch mehr Sinn.
Dann legen wir ein Dokument vor, und zwar 408671, Seite 88. (Der Auskunftsperson wird ein Schriftstück vorgelegt.) Das ist tatsächlich aus dem Handy von Herrn Schmid.
Auf der Seite 88 haben Sie einen Chat zwischen Blümel und Schmid. Grün ist immer Blümel, blau ist immer Schmid. Das was am 10. April 2018 – ich glaube, das war unmittelbar vor Ihrer Verlängerung – und da schreibt Herr Schmid: „Verbund! Den AR“ – Aufsichtsrat – „Roiss so zu stärken! Gibts nirgends in Österreich. Bitte schaue dir das echt so genau an!“ Gebe „gerne Briefing - ist echt heikel!!“
Dr. Gerhard Roiss: Ich höre nichts. Können Sie es wiederholen?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie können es auch selbst lesen. Ich kann es gerne wiederholen, außerhalb der Fragezeit.
Dr. Gerhard Roiss: Bitte.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): „Verbund! Den AR Roiss“ – also den Aufsichtsrat Roiss – „so zu stärken! Gibts nirgends in Österreich. Bitte schaue dir das echt so genau an!“ Gebe „gerne Briefing - ist echt heikel!!“ – Das schreibt Herr Schmid an Herrn Blümel vor Ihrer Verlängerung. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück und beraten sich.)
Hatten Sie Wahrnehmungen, dass es innerhalb der Bundesregierung Gespräche gab, ob man Sie überhaupt verlängern soll, oder sehen Sie das zum ersten Mal?
Dr. Gerhard Roiss: Tut mir leid, ich sehe das zum ersten Mal, bin auch etwas verwundert drüber. In meiner Erinnerung war es kein Thema, mich zu verlängern. Das ist an mich herangetragen worden. Ich habe nie um so etwas gebeten, und dass ich gefährlich war oder nicht: weiß ich nicht, ist aber interessant.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Im selben Dokument auf Seite 85 setzt sich Herr Schmid dafür ein, dass Herr Kaszanits als Aufsichtsrat abberufen wird und stattdessen entweder „Edi Müller“ oder „Eli Gruber“ – das sind beides Beamte des Bundesministeriums für Finanzen – in den Aufsichtsrat nominiert werden soll. Dieser Wunsch ist auch in demselben Chat, also an Blümel.
Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass es in der Bundesregierung Gespräche darüber gab, Herrn Kaszanits beim Verbund abzuberufen und durch Edi Müller beziehungsweise Eli Gruber zu ersetzen?
Dr. Gerhard Roiss: Also ich lese die Namen Edi Müller und Eli Gruber das erste Mal hier. Ich habe auch keinerlei Erinnerungen (Heiterkeit der Auskunftsperson), dass man hier Kaszanits abberufen wollte – interessant, das zu hören und zu lesen, ja. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Diese ganzen Aufsichtsratsbestellungen und -abberufungen, die es gegeben hat, sowohl 2018 als auch 2019, sind spurlos an - - Da waren Sie nie involviert in die Frage: Soll der bleiben, soll der gehen? Da sind Sie nie gefragt worden: Wer leistet einen positiven Beitrag? Wer ist qualifiziert? – Sind Sie jemals in diese Nominierungsfragen der Öbib einbezogen worden?
Dr. Gerhard Roiss: Ich schließe das nicht aus, aber ich habe – tut mir leid – keinerlei Erinnerungen an diese Dinge.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Dann gebe ich jetzt einmal weiter.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt die FPÖ, und zwar Abgeordneter Ries.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Guten Morgen, Herr Dr. Roiss. Kollege Hanger hat schon vorweggenommen, dass sich Ihre Tätigkeit in der OMV im Wesentlichen auf einen Zeitraum beschränkt, der außerhalb des Untersuchungszeitraumes liegt, aber Sie haben in Ihrem Eingangsstatement schon gesagt, dass Sie bezüglich des Geschäftsfeldes der OMV im Gasbereich aus Ihrer Sicht die Weichen Richtung Norwegen, Rumänien und Aserbaidschan – das weniger erfolgreich – gestellt haben.
Ist es richtig, dass sich das Ganze im Jahr 2014 etwas geändert hat, nachdem Siegfried Wolf bei der Öbag in Position kam?
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe hier - -
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, ich möchte zuerst von Ihnen eine Beurteilung dieser Frage haben.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Für mich erschließt sich der Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand nicht. 2014 ist weit außerhalb unseres Untersuchungszeitraums, Herr Abgeordneter.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Versuchen Sie, den Konnex herzustellen, bitte.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Mir geht es darum: Der Grund der heutigen Ladung ist vermutlich, dass hier eine Verbindung zwischen der schwarz-blauen Regierung und den Geschäften mit Gazprom, mit dem Gaslieferanten aus Russland, hergestellt werden soll. Deswegen wäre es für mich wichtig, zu wissen, wann aus seiner Sicht die Geschäftsintensivierung mit dem russischen Lieferanten begonnen hat, ob das aus seiner Sicht im Untersuchungszeitraum war oder ob das schon zuvor begonnen hat. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson. – Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Hanger, zur Geschäftsordnung.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Also ich glaube, die ersten Verträge wurden 1968 abgeschlossen. Wir könnten jetzt auch eine historische, oder - - Sie wissen das wesentlich besser, in Wirklichkeit rührt die Zusammenarbeit ja schon viel länger her, aber ganz ehrlich, da besteht weit und breit kein Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand.
*****
Dr. Gerhard Roiss: Also unterscheiden möchte ich schon, zur Aufklärung: Es ist richtig, dass die ersten Gasverträge, die Russland mit dem Westen hatte, 1968 waren – der Zeitpunkt des Einmarsches in Tschechien –, da waren hier die Gasverträge mit Österreich. Das ist wichtig und das Gas ist dann hier geflossen – über Österreich nach Italien und auch weiter nach Deutschland –, wovon ich aber gesprochen habe, und da muss man deutlich unterscheiden, sind Investments in Russland. Ich habe mich immer gewehrt, in Russland zu investieren, aus persönlichen Gründen, was ich heute noch genauso tue, was ich auch breit kommuniziert habe. Man soll also nicht: Russland ist gleich Russland, sondern das eine ist, ich beziehe Gas, eine Handelsware, und das Zweite ist, ich investiere als Unternehmen mit hohem Risiko in Russland. Das sind zwei Paar Schuhe, die soll man nicht vermischen. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, ich bitte um Ihre Einschätzung.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, also ich bleibe bei meiner Einschätzung: Ich kann keinen Zusammenhang erkennen, Herr Abgeordneter Ries, es tut mir leid. Der Zeitraum ist schon lang vorher gelegen und dann kommen wir in einen zweiten Bereich, das ist der operative Bereich, und Sie wissen selbst: Fragen im operativen Bereich sind bedauerlicherweise hier auch nicht Gegenstand.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Na dann muss ich so herum fragen: Herr Dr. Roiss, hat die Intensivierung des Russlandinvestments aus Ihrer Sicht im Untersuchungszeitraum stattgefunden oder bereits davor? (Die Auskunftsperson blättert in den Unterlagen.)
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe Ihnen auch hier ein Foto gezeigt, das war vom 12.6.2015, das war während meiner Zeit, zum Ende meiner Zeit, als ich kurz vor dem Ausscheiden war. Da hat es die Gespräche gegeben, hier die - -, da hat es auch eine Presseaussendung gegeben – noch im ersten Halbjahr, wo ich hier war –, dass man hier ein MU unterschrieben hat, wo man hier kooperiert, einen Assetswap, also Gas für Russland gegen Beteiligung in Österreich – aber da war eher die Raffinerie gemeint, in der Absicht, und auch die Beteiligung an North Stream. Das ist zu Ende meines Ausscheidens ohne mein Wissen verhandelt worden. Wer, wie, was, weiß ich nicht.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Um es auf eine leicht nachvollziehbare Antwort zu bringen, Herr Dr. Roiss: Deute ich das richtig: Aus Ihrer Sicht hat die Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland im Bereich der OMV schon vor dem Untersuchungszeitraum begonnen?
Dr. Gerhard Roiss: Ja.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Im Untersuchungszeitraum waren Sie dann Aufsichtsratsvorsitzender des Verbunds. Haben Sie diesbezüglich Wahrnehmungen – die OMV hält da ja Anteile und Sie waren zwar nicht mehr in einer Position in der OMV, das ist schon klar, aber Sie waren beim Verbund – über den Ankauf der Borealis-Anteile, oder entzieht sich das Ihrer Kenntnis? (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Dr. Gerhard Roiss: Also was ich immerhin weiß, habe ich aus den Medien erfahren – aber das war, glaube ich, erst wesentlich später, das war, glaube ich, erst 2019, 2020 – und habe ich auch immer für gut gefunden.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Konkrete persönliche Wahrnehmungen dazu haben Sie aber keine?
Dr. Gerhard Roiss: Nein, aber ich habe - - Zum Verständnis: Ich habe Borealis aufgebaut. Das ist mein Baby, und ich habe auch das Rieseninvestment in Abu Dhabi, Borouge, aufgebaut.
Ich habe erlebt, dass man eben die Anteile der OMV Borealis reduzieren wollte. Ich habe mich da geweigert, und es war für mich sehr schön, zu erleben, dass man hier die Chance hat – das war ganz ein kurzes Fenster, glauben Sie mir –, dass Österreich die Chance hat, die Anteile an der Borealis zu erwerben.
Meine Meinung ist aber immer die gewesen: Man soll Borealis isoliert an die Börse bringen. Das habe ich auch kundgetan, ist auch heute noch meine Meinung. Ich glaube, ich bin ein sehr guter Kenner von Borealis, ein internationales Unternehmen und eine wichtige Funktion. Ich glaube, Borealis hat heute in der Ökologie eine Lifetime von 40 bis 50 Jahren. Wenn Sie heute die Öl- und Gasindustrie ansehen – oder die Ölindustrie –, sehe ich die wesentlich kürzer.
Das sind die strategischen Überlegungen, wo ich der Meinung , Österreich sollte sich dieser Frage stellen. Das ist das, was ich als Strategie bezeichne, und das fehlt mir.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Also der Ankauf dieser zusätzlichen Anteile an der Borealis im Untersuchungszeitraum war aus Ihrer Sicht kein Nachteil für das Unternehmen OMV und damit für den Miteigentümer, die Republik.
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe die Außensicht – und ich kann Ihnen die Außensicht, nur meine Meinung sagen (Heiterkeit der Auskunftsperson) – und ich glaube, das war ein glücklicher Zustand, dass wir ein Fenster hatten, wo das zu verkaufen war.
Ich kann Ihnen heute sagen – ich habe viele Freunde in Abu Dhabi –: Das wäre heute mit dem jetzigen Management ein paar Monate später nicht mehr möglich. Das war eine Chance. Die haben Geld gebraucht. Sie finanzieren ja auch Kriege, wie Sie wissen, im Jemen und in anderen Ländern. Das war eine Chance, ein Window of Opportunity, wie es so schön heißt. Das hat man genutzt.
Deshalb war auch die Dividende auf Pump (Heiterkeit der Auskunftsperson), ich finde das sehr richtig, denn man muss einfach die Dinge tun, wenn sie da sind, wenn man sie machen kann. Also ich finde es positiv, egal wer das gemacht hat.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Okay, dann muss ich mein Fragenkonzept neu sortieren, bin gespannt auf die Befragung der Grünen und der NEOS und würde meine Fragezeit dann gerne mitnehmen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Abgeordnete Tomaselli. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Guten Morgen, Herr Roiss. Ich würde gerne auch mit einem Chat starten. Wir legen das Dokument 673287, Seite 13 vor. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück und beraten sich.) Haben Sie es gelesen?
Dr. Gerhard Roiss: Meinen Sie hier die letzte Zeile?
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ich meine das SMS. Jim Lefebre schreibt:
„Guten Morgen. Habe Zeitungen gesichtet und Radio nachgehört. ,Mehr Staatskontrolle in ÖBAG‘ Spin ist jetzt im Getriebe. Aus meiner Sicht hängt das durchaus mit der eigenen Nicht-Kommunikation zusammen. [...] haben wir, dass keiner über den Hick-Hack geschrieben hat.
Da morgen ÖBAG GV“ – Generalversammlung – „ist, wird der Spin vorerst auch bleiben. Würde dennoch beim Plan bleiben und die GV“ – Generalversammlung – „inkl Kern im Hintergrund kommunizieren. Dabei sollte man auch über das Roiss ‚Fiasko‘ was sagen, oder?“
Dieses SMS ist am 14.2.2019 an den damaligen Finanzminister Löger geschrieben worden. Haben Sie dazu Wahrnehmungen, was das „Roiss ‚Fiasko‘“ ist?
Dr. Gerhard Roiss: Sehr bösartig (Heiterkeit der Auskunftsperson), aber ich bin Kummer gewohnt. Ich weiß nicht, welches Fiasko er meint.
Mir ist aufgefallen, dass in einem Medium – ich weiß nicht mehr, welche Zeitung – dann tatsächlich Schmutzwäsche gekommen ist. Ich habe aber nicht reagiert. Ich bin die Dinge gewohnt und: hat mich nicht weiter irritiert, aber ich erinnere mich schon, dass da irgendwas - - Ich weiß aber nicht mehr, was es war. Ist mir auch völlig wurscht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ich glaube, im Februar 2019 war auch ein Treffen mit Finanzminister Löger. Ging es da vielleicht um den Rücktritt aus dem Aufsichtsrat des Verbundes?
Dr. Gerhard Roiss: Wann bin ich zurückgetreten? Ich weiß es nicht mehr.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Feber 2019. Also es würde zeitlich zusammenpassen.
Dr. Gerhard Roiss: Vermutlich dann, ja, vermutlich. Ich glaube, man war überrascht. Nachdem Peter Löscher damals eine Erklärung abgegeben hat, habe ich das nicht gemacht, tue ich auch heute nicht, sondern ich habe mitgeteilt, dass ich zurücktrete, und das war es – sachlich, aber Faktum.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wie war das? Hat Finanzminister Löger darauf hingewirkt, dass Sie zurücktreten?
Dr. Gerhard Roiss: Es hat auf mich niemand hingewirkt, zurückzutreten. Ich habe mich immer als sehr unabhängigen Manager gesehen und habe das getan, was ich richtig finde.
Für mich war es damals so, dass ich meine Start-ups in Amerika und in aller Welt aufgebaut habe. Für mich war das auch sehr zeitintensiv. Ich habe das emotionslos gemacht. Wenn ich das hier lese mit dem Fiasko: Ja, das ist halt diese Welt, die nicht meine ist.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Wie sind Sie überhaupt Aufsichtsratsvorsitzender geworden? Wer hat Sie darum gebeten?
Dr. Gerhard Roiss: Ich weiß nicht mehr, wer es war. Es kann sein, Mitterlehner, es kann sein, Kern. Ich weiß das nicht mehr. Ich habe keine Erinnerung (Abg. Tomaselli: Gar keine Erinnerung?), aber ich glaube, es war zwischen Kern und Mitterlehner abgestimmt, mich zu fragen, weil ich einfach hier Expertise in der Energiewirtschaft hatte, und zu Ihnen gesagt: Ich wollte es nicht, aber man hat damals – und das ist jetzt sehr persönlich – gemeint: ein Stück der Wiedergutmachung, öffentlich, was mir angetan wurde.
Das war der Grund – jetzt sehr persönlich –, warum ich das angenommen habe. Ich hätte es sonst nicht angenommen, weil ich meine eigene Tätigkeit hatte, und die hat mir viel Spaß gemacht. Da hat das überhaupt nicht hineingepasst, hier Aufsichtsrat im Verbund zu werden, aber das war eine gewisse Dankbarkeit. – Das waren jetzt aber sehr persönliche Worte.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann wollten Sie auch nicht länger bleiben, höre ich hier heraus. Ist das korrekt?
Dr. Gerhard Roiss: Nein, ich kann Ihnen aber die Situation nicht mehr schildern, warum ich jetzt gesagt habe: Jetzt möchte ich ausscheiden! Ich habe mich auch Verbund-spezifisch jetzt nicht vorbereitet (Heiterkeit der Auskunftsperson), tut mir leid, dass ich hier so wenig aussagefähig bin, aber es war so, wie es war.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Gut. Ich würde dann gerne noch eine Rolle mit Ihnen beleuchten, bei der Sie sicher persönliche Wahrnehmungen haben, und zwar: Hat sich für die OMV mit der Übernahme von Sigi Wolf irgendetwas geändert, also als er ÖIAG-Präsident geworden ist?
Dr. Gerhard Roiss: Siegfried Wolf war Aufsichtsratschef der ÖIAG und nicht der OMV, erstens. Das Zweite ist: Warum er die Gespräche mit mir geführt hat, weiß ich nicht, weil er ja nicht zuständig war. Nur wenn Ihnen hier Kemler, der Aufsichtsratschef, sagt, Sie müssen mit dem ein Gespräch führen, dann muss ich das tun. Das habe ich auch getan.
Meine Wahrnehmung war, dass er eben, das habe ich ja erwähnt, einfach die Strategie der OMV, die wir damals hatten, die einmal im Jahr zur Kenntnis genommen wurde – sie legen dem Aufsichtsrat einmal im Jahr die Strategie vor – - -, und plötzlich war die Strategie hier nicht mehr passend.
Es war auch interessant: Herr Berndt, der Aufsichtsrat war, der hier auch schon aufgetreten ist, hat damals dem Wirtschaftsminister Mitterlehner – und der hat es mir vor Kurzem noch bestätigt – in einem Gespräch gesagt, dass diese Strategie der OMV so falsch ist. Mitterlehner hat ihn damals gefragt: Das verstehe ich nicht, was Sie mir sagen, Sie waren Aufsichtsrat, Sie haben ja der Strategie zugestimmt, das ist ja einstimmig zur Kenntnis genommen worden! Wieso kommen Sie jetzt ein halbes Jahr später und sagen mir, die Strategie ist falsch?
Das hat er sich bis heute gemerkt und ist verwundert. Das hat er mir in - - Ich wollte das nur noch einmal sicherstellen, darum habe ich ihn vor einer Woche oder zwei Wochen angerufen. Da hat er gesagt: Du, das habe ich mir bis heute gemerkt, dass plötzlich eine Strategie, die okay war und einstimmig zur Kenntnis genommen wurde (Heiterkeit der Auskunftsperson) – Strategien nimmt man zur Kenntnis, aber das jedes Jahr –, dann plötzlich falsch war.
Sie haben dann auch den Richtungsschwenk dann erkannt. Ich habe das ja deshalb auch erwähnt. Das heißt nicht, dass das falsch war. Ich sage nur, dass das eine andere Orientierung war. Ich habe kein Urteil gegeben, ob richtig oder falsch. Da lege ich großen Wert darauf. Ich sage nur Fakten.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Habe ich es richtig verstanden? Sigi Wolf meinte, die Strategie ist falsch.
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe zwei Gespräche mit Herrn Siegfried Wolf gehabt, wo ich gebeten wurde, zu kommen, und er hat mir in jedem Gespräch mitgeteilt, dass diese Strategie nicht passt.
Er hat aber nicht gewusst, dass die vor Kurzem wieder zur Kenntnis genommen wurde, da er einfach zu weit weg war, aber er hat diese Information wahrscheinlich von irgendwem anderen bekommen und hat sie wiedergegeben.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ihre Strategie, auf Diversifikation zu setzen und weniger auf einen – sagen wir einmal – fast monopolistischen Gaslieferanten aus Russland.
Dr. Gerhard Roiss: Na, meine Strategie war nie gegen jemanden. Man schreibt da nicht in einer Strategie, was man nicht tut. Man schreibt in der Strategie, was man tut, und da waren meine Investments in Norwegen natürlich sehr zentral, weil ich darin einfach den Weg zur Versorgungssicherheit, zur Absicherung gesehen habe. Wir profitieren heute, glaube ich, davon.
Aber Sie haben gesehen, wie das Norwegeninvestment einfach schmutziggeredet wurde. Der Kurs ist auch nach unten gegangen, muss ich auch sagen. Das hat schon große Implikationen gehabt.
Auch der Kapitalmarkt hat das nicht so positiv gesehen, aber aus meiner Sicht – nachhaltig, langfristig – war es ein richtiger Weg. Da wurde das Investment damals aus meiner Sicht – bitte prüfen Sie das! – auch einstimmig genehmigt. Es war dann plötzlich nur falsch.
Ich war dann sehr irritiert, als ich in den Medien gelesen habe, dass man versucht, Norwegen mit Gazprom zu swappen – einen Teil. Das war doch für mich nicht nachvollziehbar.
Nur: Ich muss schon eines sagen: All die Dinge sind transparent passiert. Die Öffentlichkeit hat das alles gesehen. Es war nichts unter der Tuchent, zumindest, was ich weiß. Das hat mich schon sehr irritiert, dass man in Österreich diesen Weg so konsequent geht.
Es sind viele andere Länder den gegenteiligen Weg gegangen. Polen war zu 100 Prozent von Gas abhängig. Auch die Geschichte vom billigen Gas ist ja ein völliger Blödsinn, ein Holler: Polen hat einen wesentlich höheren Gaspreis bezahlt, war in den Neunzigerjahren zu 100 Prozent abhängig. Polen hat sich damals gesagt: Wir müssen unabhängig werden!, hat in LNG-Terminals investiert und, und, und. Darum haben sie heute weniger Probleme.
Wir sind den anderen Weg gegangen. Das heißt, die Dinge waren schon sichtbar, wenn man sie sehen wollte. Das ist der Grund, warum ich heute auch so deutlich gesagt habe: Wir haben Gas in Norwegen, verkauft es nicht woanders, sondern bringt es, wenn der Staat schon beteiligt ist, auch nach Österreich! Das ist meines Erachtens das moralische Recht der Bürger. Ich bin sehr froh, dass das heute passiert. – Tut mir leid, wenn ich da emotional bin, aber das hat mich sehr gestört.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie noch Wahrnehmungen, ob Sigi Wolf dezidiert darauf hingewirkt hat, dass man das russische Engagement bei der OMV verstärkt?
Dr. Gerhard Roiss: Ich war nicht involviert - -
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Moment, Moment, Herr Dr. Roiss!
Ich darf nur den Verfahrensrichter noch einmal zur Einschätzung der Frage fragen. Das sind Unternehmenspolitiken. Sind wir im Untersuchungsgegenstand?
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Nein, ich kann das nicht erkennen, weil es ja um die OMV geht. Damals war Herr Dr. Roiss Generalsdirektor bis Mitte 2015. Diese Gespräche mit Sigi Wolf waren sicherlich davor. Daher kann ich prima vista keinen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand erkennen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann würde ich Sie bitten, den herzustellen, damit wir dem auch folgen können, dass Sie im Untersuchungsgegenstand bleiben. –Bitte.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Na, die ÖIAG hat ja die Anteile der OMV gehalten und war sozusagen auch zwischengeschalten zwischen Politik und der OMV an sich. Die Frage, die sich jetzt stellt: Jetzt haben wir dann doch ein bissel ein größeres Bild auch über die Rolle von Sigi Wolf. Gut, es war damals schon klar, dass er Russlandfreund ist, aber heute ist es noch viel klarer, insbesondere die Verstrickungen von Sigi Wolf auch mit der Politik, insbesondere mit der türkisen ÖVP. Denken Sie nur daran, dass es dann 2018 wirklich intime Treffen gegeben hat, die Sigi Wolf mehrfach im kleinen Kreis eingehängt hat, zum Beispiel rund um den – Zitat – „großen Chef“ mit Sebastian Kurz! Rainer Seele war auch dort.
Sigi Wolf – das wissen Sie selber – ist auch Unterstützer der ÖVP. Die ÖVP – das sieht man bei seinem Steuerakt – ist auch Unterstützer von Sigi Wolf.
Die Frage ist ja schon, wie lange es diese Beziehung gibt. Gibt es da etwaige Gegengeschäfte, Gegendeals, Nebenabsprachen? Sigi Wolf hat neben der ÖIAG doch ein sehr, sehr starkes Russlandengagement. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Kollege Hanger.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Also wir sind ja da genau wieder im Kern, der uns im Untersuchungsausschuss schon länger beschäftigt.
Frau Abgeordnete Tomaselli, ich würde Sie dann halt ersuchen, irgendwann einmal irgendetwas Konkretes auf den Tisch zu legen. Sie stellen einen Zusammenhang mit der Unternehmenspolitik der OMV her, die ganz klar nicht Untersuchungsgegenstand ist. Das haben wir, glaube ich, jetzt schon mehrmals festgehalten.
Wenn Sie einen Zusammenhang zu einer etwaigen Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen herstellen können, so wie es im Untersuchungsgegenstand definiert ist, dann legen Sie das endlich einmal auf den Tisch! Nicht immer nur behaupten! Das ist das, was ich wirklich vehement zurückweise. (Abg. Stocker hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die Auskunftsperson hat nichts - - Bitte, Kollege Stocker.
Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Geschäftsordnung: Fürs Protokoll halte ich fest, dass ich die Unterstellungen der Frau Kollegin Tomaselli, was die Beziehungen von Siegfried Wolf zur Volkspartei anbelangt und wie sie wechselweise hier angegeben wurden, zurückweise. Zum anderen ist es nicht ausreichend, dass hier eine Person allenfalls mit der ÖVP verbunden ist, sondern es handelt sich im Untersuchungsgegenstand immer auch darum, einen Bezug zu einem Verwaltungshandeln herzustellen. Das kann ich überhaupt nicht mehr erkennen. (Abg. Tomaselli hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte nur kurz erwähnen: Es kann sein, dass es jetzt peinlich ist, dass wir die Beziehungen zwischen Sigi Wolf und der ÖVP noch einmal vertiefen, aber ich sage nur Schloss Reifnitz. Sigi Wolf war einer der allerersten Unterstützer von Sebastian Kurz und hat ihm zu Ehren noch im August 2016 sogar eine ganze Party ausgerichtet. (Abg. Hanger: Und?)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter. (Abg Hanger: Diese Unterstellung sind ...!)
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, auch wenn das eine langfristige Linie sein mag, Frau Abgeordnete, ich muss bei meiner Beurteilung bleiben. Selbst August 2016 ist weit vor Dezember 2017, und daher können wir schon aus dem Grund – unabhängig davon, dass wir dann noch den Bezug zum Untersuchungsgegenstand herstellen müssten – - -, das ist verfrüht. (Abg. Krainer hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Krainer zur Geschäftsordnung.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Die Veranstaltung im Schloss Reifnitz ist aber schon ganz klar dem Projekt Ballhausplatz zuzuordnen und damit natürlich im Untersuchungszeitraum, weil natürlich alles, was im Zuge des Projektes Ballhausplatz passiert, im Untersuchungsgegenstand als Vorbereitungshandlung definiert ist.
Dass Herr Wolf mit Herrn Kurz und Herrn Seele nach Russland fährt, sich also der kleine Chef mit den Austro-Oligarchen und dem großen Chef in Russland und mit den russischen Oligarchen trifft: Wieso soll das nicht Untersuchungsgegenstand sein? Es geht ja auch um die Ausübung der Eigentümerrechte – die von der Regierung Kurz auf die OMV. Ich glaube, dass große strategische Entscheidungen wohl kaum ohne Einbindung der Eigentümer passieren werden. Das kann sicher die Auskunftsperson bestätigen. (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter Hanger, zur Geschäftsordnung!
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich halte nur fest, dass es immer Wirtschaftsdelegationen nach Russland gegeben hat, weil Russland natürlich über viele Jahre als Partner gegolten hat, mit dem man Wirtschaftsbeziehungen pflegt, übrigens von allen Couleurs, von den Freiheitlichen ganz besonders. Ich erinnere an die roten Bundeskanzler, die das genauso gemacht haben.
Also was ich damit auch sagen will: Diese Unterstellungen immer, dass dann eine Vorteilsgewährung damit verbunden wird, die weise ich strikt zurück. Oder legen Sie endlich irgendwann einmal irgendetwas auf den Tisch, das das untermauert!
Es sind diese Unterstellungen, die mich wirklich ein bisschen nerven und die wir jetzt schon über Monate diskutieren. Das ist doch das einzige Ziel der heutigen Befragung. Man kann die Auskunftsperson ja gerne dazu befragen, aber mit den permanenten Unterstellungen soll halt irgendwann einmal aufgehört werden. (Abg. Herr hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Herr, zur Geschäftsordnung.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich wollte nur klarstellen: Meiner Wahrnehmung nach war die Auskunftsperson nach der Frage der Abgeordneten Tomaselli eigentlich schon im Antworten und hat schon zu sprechen begonnen. Sie wurde dann von Ihnen, Herr Vorsitzender, unterbrochen.
Deshalb wollte ich nur klarstellen, dass die Auskunftsperson freiwillig sowieso immer auf die Frage antworten kann – ich glaube, die Auskunftsperson war auch schon mitten in der Aussage –, dahin gehend, dass wir das nicht unerwähnt lassen: Dass eine Antwort, wenn sie gegeben werden will, bevor die Unterbrechung stattgefunden hat, sowieso gegeben werden kann.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Herr, wir brauchen auch eine entsprechende Zeit, um zu beurteilen, auch in Absprache mit dem Verfahrensrichter, ob diese Frage als solche zulässig ist.
Dass die Auskunftsperson spontan schon mit der Antwort begonnen hat, ist das eine. Es geht aber zuerst einmal darum, zu prüfen, ob die Frage im Untersuchungsgegenstand ist. Nichts anderem ist das geschuldet, und nicht dem, die Auskunftsperson in irgendeiner Form an ihrer Aussage zu hindern. Ganz im Gegenteil, die Auskunftsperson ist bei ihrer Auskunft – außer an die Wahrheitspflicht – an nichts gebunden.
Bitte, noch eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung: Dann können wir bitte zu einer Stehung unterbrechen, weil es schon die zweite Wortmeldung ist, und jetzt sollte ich - - (Zwischenruf des Abg. Krainer.)
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Wir können gerne eine Stehung machen, aber ich möchte nur noch einmal festhalten: Sie haben gesagt, der Untersuchungszeitraum ist das Problem, Herr Pöschl, oder?
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Der Untersuchungszeitraum ist prima vista das Problem. Natürlich, wenn Sie mit dem Projekt Ballhausplatz kommen, dann wissen wir doch, dass das Projekt Ballhausplatz wesentlich früher begonnen hat, als unser Untersuchungszeitraum. Ich habe die Person des Herrn Dr. Roiss aufgrund meiner Informationen nie in Zusammenhang mit dem Projekt Ballhausplatz gebracht und habe das daher überhaupt nicht angedacht.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann muss man den Zusammenhang herstellen.
Also bitte, stellen Sie die nächste Frage und versuchen Sie, mit dem Untersuchungsgegenstand in Akkordanz zu sein. – Bitte, Frau Abgeordnete Tomaselli.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Also keine Stehung?
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich kann es gerne machen, wenn Sie wollen.
Ich unterbreche zur Stehung, bitte.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 11.41 Uhr bis 11.55 Uhr.)
*****
11.55
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf noch einmal das Resümee darlegen: Natürlich gibt es Fragen, die in dieser Frage des Projektes Ballhausplatz und in der Kombination auch immer wieder mit dem Hinweis auf die Einflussnahme auf Regierungsmitglieder und insbesondere den Vollzug der Bundesregierung – mit der ÖVP – und Vorbereitungshandlungen zu stellen sind.
Ich bitte aber natürlich, auch den Konnex immer klar herzustellen. Nur weil jemand mit jemandem gesprochen hat, oder wenn jemand dort war, ist das noch nicht eine Einflussnahme. Da gibt es natürlich die unterschiedlichen Einschätzungen der Parteien. Das verstehen wir. Schauen wir, dass wir doch so gut wie möglich am Verhandlungsgegenstand bleiben.
Frau Abgeordnete, ich darf Sie noch einmal bitten, Ihre Frage, außerhalb der Fragezeit, zu stellen. – Bitte sehr.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Welche Wahrnehmungen haben Sie darüber, dass Sigi Wolf als ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzender darauf hingewirkt hat, dass man das russische Engagement verstärkt?
Dr. Gerhard Roiss: Darf ich zunächst eine Sache korrigieren: Ich wurde im Zusammenhang mit Verbund von Herrn Abgeordneten Krainer gefragt, ob mir irgendetwas bekannt war, dass bei der Vorstandsbestellung im Verbund jemand ein politisches Amt hatte, und ich habe damals gesagt, nein, meiner Erinnerung nicht.
Ich habe aber natürlich nicht gedacht, dass hier Strugl gemeint war. Und Strugl: War mir natürlich bekannt, dass der ein politisches Amt hatte, als Oberösterreicher, dass er Landesrat war. Ich bedauere diese Aussage, ich darf sie korrigieren. Das ist mir passiert, das war keine Absicht.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Das wird in das Protokoll aufgenommen.
Dr. Gerhard Roiss: Zum Gespräch mit Herrn Siegfried Wolf: Ich habe zwei Gespräche gehabt, wobei der Inhalt der Gespräche nicht der war, aus meiner Erinnerung, dass wir nach Russland gehen sollten, sondern: einfach die Strategie als solche schlecht befunden. Jetzt kann man indirekt mutmaßen, was gemeint war. Das ist nicht mein Thema.
Faktum war, dass er mir gesagt hat, dass die Strategie nicht passt, das wiederholt. Auch andere, also auch Berndt, haben das gesagt; aber es hat keiner von denen gesagt, man sollte nach Russland gehen, zumindest in meiner Erinnerung, und auch in meinen Aufzeichnungen – ich habe mir damals über die Gespräche auch Aufzeichnungen gemacht und da habe ich das nicht vorgefunden. Das heißt, das war nicht der Fall. Bekannt war aber auch mir, dass er in Russland engagiert war, aber es war kein Auftrag da von diesen Leuten, in Russland zu investieren.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Im „Profil“ – dieses Jahr – sagen Sie, dass „die Stimmung auf Ebene der Eigentümervertreter damals wahrnehmbar in Richtung Russland gekippt“ war. „Es gab da eine große Fraktion von Russland- und Putin-Verstehern, die darauf drängte, dass die OMV sich stärker in Russland engagiert.“ – Wer ist damit gemeint?
Dr. Gerhard Roiss: Also es war tatsächlich so: Denken Sie an die Zeit zurück, damals hat sich auch Russland sehr engagiert in Österreich, es waren die Sanktionen wegen der Krim schon da, und ich habe auch in diversen politischen Berichten gelesen, dass man hier einfach in Österreich das Land gesehen hat, wo man am ehesten wieder rehabilitiert wurde.
Es hat die politischen Kontakte gegeben, und im Zuge dieser politischen Kontakte hat es natürlich auch das Thema gegeben: Da sollte man sich auch wirtschaftlich engagieren in diesen Ländern. Nachdem die OMV ein Energieunternehmen ist und viele andere Energieunternehmen – Shell, BP, Total – in Russland engagiert waren, war natürlich auch das Thema: Warum machen wir das nicht?
Man kann sagen, das war falsch oder richtig. Ich habe persönlich in meiner Verantwortung immer abgelehnt, wohin zu gehen, wo ich das Risiko nicht definieren kann. Ich habe aus Libyen gelernt, ich habe damals den Bürgerkrieg nicht angenommen, und mein Ziel war es einfach, hier in Stabilität in sichere Länder zu gehen.
Richtig oder falsch sollen andere beurteilen, aber die Stimmung damals in Österreich war – es hat auch viele Engagements gegeben damals in Russland – sehr breit, dass man sich einfach hier in Russland mehr engagieren sollte. Die OMV hätte hier natürlich die Rolle eines Schneepflugs haben können, weil wenn wir hier das tun - - Wir haben, wie Sie gesehen haben, auch nach meiner Zeit ja hochkarätige Kontakte in Russland gehabt, weil das Gasthema war immer ein Thema der Toppolitik in Russland (Heiterkeit der Auskunftsperson), und somit war das von Interesse.
Aber: Ja, das war so.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Darf ich Sie zur Rolle von Hans Jörg Schelling fragen: Haben Sie dazu Wahrnehmungen? Hat er irgendwie darauf hingewirkt, dass man das Engagement in der OMV in Russland verstärkt?
Dr. Gerhard Roiss: Also bei Schelling ist mir nur aufgefallen – auch den kannte ich von Linz –, dass er sich sehr positiv und sehr engagiert über die Besetzung des Nachfolgers in den Medien geäußert hat. Das war neu, weil: Das hat nie ein Finanzminister gemacht. Das war eine Wahrnehmung – aber es hat keinerlei Gespräche zwischen Schelling und mir gegeben, wo er gemeint hat, wir sollten mehr in Russland machen, zumindest nicht in meiner Erinnerung.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Also dann haben Sie auch keine Wahrnehmung dazu, dass man ihm in Aussicht gestellt hat, dass er im Leben nach der Politik – wie es dann ja tatsächlich eingetreten ist – einen Beratervertrag von Gazprom bekommt?
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe meine Wahrnehmung aus den Medien und habe natürlich festgestellt, dass die Kooperation mit der Politik in Russland um vieles intensiver war als zu meiner Zeit, und Herr Schelling war da mit an Bord – aber ich habe das alles nur aus den Medien, ich habe hier keine konkreten Gespräche gehabt oder sonstiges Wissen diesbezüglich. Es war auffallend, aber nur aus der Sicht der Medien – andere hatte ich nicht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Haben Sie darüber hinaus noch Wahrnehmungen, ob es andere Vorgaben seitens der Politik gegeben hat, die untersuchungsgegenständlich relevant sein könnten?
Dr. Gerhard Roiss: Da fällt mir spontan nichts ein, darum habe ich diese Einleitung sehr ausführlich gemacht, damit Sie die Fakten nachvollziehen können, aber darüber hinaus hat es hier keine Gespräche gegeben.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Hat es irgendwelche Einflussnahmen des damaligen Bundeskanzlers – das war Werner Faymann – auf russisches Engagement gegeben?
Dr. Gerhard Roiss: Nein, Faymann hat sich immer sehr klar aus all diesen Gesprächen herausgehalten, zu Faymann hatte ich eigentlich keine - - Es kann sein, dass ich ein, zwei Gespräche hatte, aber es ging nie um die Unternehmenspolitik der OMV.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Jetzt würde ich Sie noch gerne dazu befragen, wie es zu Ihrer Abberufung gekommen ist. Haben da Hans Jörg Schelling oder andere Vertreter des Finanzministeriums mit Ihnen Gespräche geführt? (Abg. Hanger klopft auf den Tisch und hebt die Hand.) – Es klopft draußen an der Tür. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter Hanger.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Es ist aber nicht der Nikolaus – vielleicht der Krampus.
Ganz klar ist, dass dieser Zeitraum schon so klar außerhalb des Untersuchungszeitraums ist, denn die Abberufung war ja dann 2014, 2015, insofern würde ich wirklich ersuchen, im Untersuchungszeitraum zu bleiben.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter. – Bitte.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, dem kann ich mich anschließen.
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte die nächste Frage.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Gut. Haben Sie Wahrnehmungen zur Bestellung Ihres Nachfolgers Rainer Seele und den Beweggründen, wieso er bestellt worden ist?
Dr. Gerhard Roiss: Die Wahrnehmung, die ich - -
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Entschuldigung, darf ich kurz fragen? – Herr Verfahrensrichter.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete, auch das ist nicht im Untersuchungsgegenstand.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja, aber es wirkt ganz klar in den Untersuchungszeitraum hinein, würde ich sagen, nicht? (Abg. Hanger: ... Vollziehungshandlung des Bundes!)
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Seele fällt nicht in diesen Untersuchungszeitraum hinein, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ja doch, die OMV war ja auch während des Untersuchungszeitraums tätig. Das Interessante bei seiner Bestellung ist ja, dass auch zum Beispiel Hans Jörg Schelling mittendrin statt nur dabei war bei der Bestellung von Rainer Seele, und deshalb ist das sehr wohl untersuchungsgegenständlich, weil es in den Untersuchungszeitraum hineinwirkt. (Abg. Krainer hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Krainer.
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Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): (zur Geschäftsbehandlung): Und Herr Schelling hat nach Ausscheiden aus der Bundesregierung – im Untersuchungszeitraum – einen Konsulentenvertrag, glaube ich, mit der Gazprom erhalten. Diese Vorbereitungshandlungen und die Vorgeschichte, die diese miteinander haben, sind natürlich wesentlich in Hinblick auf dieses mutmaßlich korruptive Verhalten von mit der ÖVP verbundenen Personen, in diesem Fall ein ehemaliger Minister mit der Gazprom. Deren Beziehung und die Vorbereitungshandlungen sind natürlich schon wesentlich, um das Ganze zu verstehen. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Also ich kann den Zusammenhang nicht erkennen. Seele ist Mitte 2015 als Nachfolger des Herrn Dr. Gerhard Roiss bestellt worden, und da eine Vorbereitungshandlung herauszufiltern, fällt mir schwer. Ich kann den Zusammenhang nicht erkennen.
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann bitte die nächste Frage.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann möchte ich gerne die Vorlage 58 digital vorlegen. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Das ist ein Interview in der „Presse“, da sagt die Interviewerin: „Ihr Nachfolger hält den Konzern, so wie Sie ihn übergeben haben, für kein Erfolgsmodell.“
Sie antworten darauf: „Ich habe das Unternehmen Mitte 2015 mit einem Halbjahresergebnis von 450 Mio. Euro Gewinn bei einem Ölpreis von 52 Dollar verlassen. [...] Auffällig war für mich, dass die Kritik erst begann, als das Russland-Engagement hier auf heftigen Widerstand stieß, also ein halbes Jahr nach meinem Ausscheiden aus der OMV. Die Taktik dahinter ist leicht erkennbar: Zuerst redet man das Unternehmen kaputt, um dann den Russland-Swap als Rettung für die OMV zu verkaufen.“
Welche Wahrnehmungen haben Sie dazu? (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)
Dr. Gerhard Roiss: Darf ich hier auf mein - -
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Moment, darf ich den Herrn Verfahrensrichter noch um seine Einschätzung der Frage bitten? Das ist rein operatives Geschäft der OMV, was hat das mit dem Untersuchungszeitraum zu tun?
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ich sehe da auch ein operatives Geschäft der OMV.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Die Frage ist doch: Wer redet die OMV, das Geschäft schlecht? Das ist ja so nicht herauszulesen, und da wollte ich jetzt noch einmal nachfragen, ob das von der Politik aus war oder von der ÖIAG.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wer redet die OMV schlecht – bitte.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, halte ich für zulässig.
Dr. Gerhard Roiss: Das heißt, ich darf antworten? (Zwischenruf des Abg. Krainer. – Auskunftsperson Roiss: Bitte?)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka (in Richtung Abg. Krainer): Bitte.
*****
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Zur Feststellung: Die Auskunftsperson darf immer antworten – immer! Sie muss nicht, aber sie darf immer antworten, auf jede Frage. Auch wenn Herr Hanger sagt, die Frage sei nicht im Untersuchungsgegenstand, und der Verfahrensrichter sagt, er sehe das auch so: Antworten dürfen Sie trotzdem! (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsordnung.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Aber dann darf ich auch die Auskunftsperson darüber informieren, dass wir hier einen Rechtsrahmen haben, in dem wir uns bewegen, und die Befragung hat auf Grundlage eines klar definierten Untersuchungsgegenstandes stattzufinden. Wenn Sie sich innerhalb des Rechtsrahmens bewegen wollen, dann würde ich Sie ersuchen, nur zum Untersuchungsgegenstand Stellung zu beziehen.
*****
Dr. Gerhard Roiss: So, darf ich antworten?
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte sehr.
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe das in meinem Eingangsstatement erwähnt, wo ich gesagt habe: Ich weiß nicht, war es Kalkül, war es eine Ablenkung von der geplanten Ausrichtung der OMV nach Russland, war es eine Begründung für diese Ausrichtung nach Russland oder war es der Versuch der Profilierung einer Person.
Wenn Sie fragen, wer diese Informationen laufend gegeben hat: Die sind aus dem Unternehmen gekommen, das heißt, ob das jetzt der Pressesprecher war oder mein Nachfolger oder wer auch immer: Das war immer eine Kampagne, die aus dem Unternehmen kam. Wer sonst dahinter noch mitgewirkt hat, weiß ich nicht, das entzieht sich meiner Kenntnis, nach meiner Einschätzung von damals war das aus dem Unternehmen, aber schon eine massive Kampagne, die bis heute geht, wie Sie wissen.
Wenn Sie hier einen Sigi Wolf oder einen Berndt hören, hören Sie das heute auch noch. Man muss sich fragen, warum – ich nehme das zur Kenntnis, aber mehr auch nicht, tut mir leid.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Noch ein anderes Thema, ich glaube, das ist ein sehr wichtiges Thema, es geht um den sehr, sehr langfristigen Liefervertrag – vielleicht könnte man auch Knebelvertrag sagen – mit Gazprom, bis 2040. Da wurde ja am 4.6.2018 dieser sehr, sehr lange Liefervertrag unterzeichnet – in Anwesenheit des damaligen Bundeskanzlers Kurz –, zehn Jahre vor Auslaufen des eigentlichen Liefervertrags. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)
Gab es da in Ihrer Zeit irgendwelche Vorbereitungshandlungen dazu? Die Frage dient zur Einschätzung, ob das gewöhnlich ist, dass man derartig langfristige Verträge macht, die wirklich zu einer sehr, sehr starken Abhängigkeit von russischem Gas führen.
Dr. Gerhard Roiss: Erstens einmal sind die Gasverträge immer langfristig gewesen, zehn, 15 Jahre. Sie wurden immer zwei, drei Jahre vor Ablauf verlängert – in diesem Fall wurde er fast zehn Jahre vor Ablauf verlängert. Ich habe nur Medieninformationen. Das hat mich als ehemaligen OMV-Manager irritiert, wenn man fast zehn Jahre vorher einen Vertrag verlängert. Es hat mich noch mehr irritiert, dass wir wissen – das hat auch Stern in der HV bestätigt, dass er gesagt hat, die Annahme war, 2030 wird der Gasverbrauch um 30 Prozent sinken – - -. Wir alle glauben ja auch - - Das war damals die Annahme, offensichtlich auch im Aufsichtsrat. Ich gehe auch davon aus, dass sich hier ungeachtet der Ukrainekrise in der Nachhaltigkeit Dinge verändern. Ich weiß, dass Gas attraktiver als Öl ist, das ist mir schon klar, und ich glaube auch, dass wir Gas noch eine Zeit lang brauchen. Aber wenn Sie mich gefragt haben: Hätte ich einen Gasvertrag mit dieser Dimension – die hatten wir nie –, wie das in den Medien kolportiert wurde, von 6 Milliarden Kubikmeter, und dazu noch einen für Deutschland, das haben wir überhaupt nie gemacht, mit den EKB, wo man dann 95 Prozent zahlen muss, wenn man nichts braucht - - Hätte ich sicher nicht gemacht. Aber vielleicht sind die Informationen in den Medien falsch.
Der zweite Punkt: Wenn man so etwas macht, dann ist es hoffentlich im Risikobericht, im Geschäftsbericht dargestellt – das habe ich nicht gefunden. Das ist aber nicht mein Thema und nicht meine Verantwortung, sondern das sehe ich rein als Österreicher, wenn ich sage, da geht es ja um viele, viele Milliarden – aber ich glaube, das ist nicht Untersuchungsgegenstand, darum höre ich damit auch schon auf, um Sie nicht länger damit zu belästigen. Ich glaube aber, das Thema wird Österreich noch eine Zeit lang beschäftigen, auch wenn wir es nicht wollen.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Herr Roiss, Sie belästigen damit niemanden, und wie gesagt: Sie dürfen antworten, was Sie wollen.
In diesem Vertrag war ja auch inkludiert, dass die OMV 96 Prozent Abschlagszahlungen leisten muss, also vereinfacht gesagt: Bezieht man das Gas nicht, muss man trotzdem 96 Prozent zahlen. War das davor auch schon Teil des anderen Vertrags? (Abg. Hanger klopft auf den Tisch und hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Abgeordneter Hanger, zur Geschäftsordnung.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Um das auch richtig einzuordnen, Herr Dr. Roiss: Ich persönlich teile Ihre Einschätzungen. Ich glaube, in der Ex-post-Betrachtung: Ihre Diversifizierungsstrategie – wäre schön, wenn die auch Realität wäre.
Ich möchte nur sagen: Inhaltlich teile ich Ihre Einschätzungen – die Frage ist nur, ob wir uns innerhalb des Untersuchungsgegenstands befinden, wenn wir die Geschäftspolitik der OMV diskutieren. Es gibt aber hier einen Rechtsrahmen, und ich bin schon sehr dafür, dass wir uns an diesen Rechtsrahmen halten. Auch wenn ich inhaltlich Ihre Einschätzung teile, Herr Doktor, das möchte ich noch einmal betonen, aber es ist schon unsere Aufgabe hier, sich an den Rechtsrahmen zu halten.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte zu Ihrer Einschätzung, ob die Frage in dieser Form zulässig ist.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Frau Abgeordnete, auch wenn Sie versuchen, das als Vorbereitungshandlung darzustellen, was in der Zeit des Herrn Dr. Roiss geschehen ist, also bis Juni 2015, das dann erst später effektuiert worden ist – bei seinem Nachfolger Seele und damit im Untersuchungszeitraum –: Ich habe Verständnis für die Frage, aber ich bringe sie nicht unter. Ich meine, dass es nicht eine Vorbereitungshandlung gewesen sein könnte beziehungsweise dass ich mir damit schwertue, dass wir die Geschäftspolitik der OMV auf diese Art und Weise abfragen können.
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Frage, bitte.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Die abschließende Frage, auch um das einzuordnen. Wie gesagt, es war Sebastian Kurz anwesend, es war Putin anwesend, da gibt es auch sehr schöne Fotos dazu. (Die Abgeordnete hält ein Bild mit der Überschrift „Gasfreundschaft“ in die Höhe.)
Das schaut fast sehr liebevoll aus, kann man sagen. Nein, Sie waren nicht dort, aber war das früher auch der Fall, dass bei Vertragsunterzeichnung die österreichische Regierung und die russische Regierung mit Putin vertreten waren?
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe das schon in meiner Einleitung mit dem Tamtam von Herrn Siegfried Wolf erwähnt. Ich habe damals den Vertrag zu South Stream unterschrieben, und das war ohne Teilnahme eines Politikers, auch nicht mit der Teilnahme eines Botschafters. Wir haben das bewusst getrennt. Ich kann nur sagen, was war, das habe ich so gehandhabt. Das heißt aber nicht, dass ich hier die Politik in solchen Dingen ablehne – damals war es halt so, das heißt nicht, dass es richtig oder falsch war.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ich habe keine weiteren Fragen mehr. – Danke.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann gelangt Frau Abgeordnete Dr. Krisper zu Wort. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Roiss! Wir haben schon wahrgenommen, dass es die Ausrichtung in Richtung Russland anscheinend schon vor den Regierungen Kurz I und II gab, als die ÖVP bekanntermaßen aber ebenfalls in Regierungsverantwortung war. Mich an den Untersuchungszeitraum haltend: Da hätte es ja unter Kurz I und II gegolten, diese Abhängigkeit wieder zu reduzieren und in Richtung Diversifizierung zu gehen. Da Sie ja eine solche vertreten haben, wäre die Frage demnach, ob man an Sie im Untersuchungszeitraum wieder herangetreten ist, um Ihnen anzubieten, eine Funktion in einer Beteiligung teilstaatlicher Unternehmen – Aufsichtsrat – zu übernehmen.
Dr. Gerhard Roiss: Wo? In der OMV oder wo? (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja – oder anderswo in einem teilstaatlichen Unternehmen.
Dr. Gerhard Roiss: Meiner Erinnerung nach war das mit dem Verbund.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mhm.
Dr. Gerhard Roiss: Tut mir leid, ich habe keine Erinnerung – wenn Sie mehr wissen, helfen Sie mir! Es war mir auch nicht so wichtig, aber - -
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Da Thomas Schmid ja geschrieben hat, wie Kollege Krainer Ihnen vorgelegt hat, sehr heikel, als es um die Debatte Aufsichtsrat ging und Ihr Name ins Spiel kam, nehme ich an, nicht. (Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Dr. Gerhard Roiss: Kann ich das noch einmal hören, bitte? Entschuldigung, ich verstehe so schlecht.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ja, das ist auch der Raum. Kollege Krainer hat ja den Chat vorgelegt, in dem Thomas Schmid im Rahmen der Diskussion, wer Aufsichtsrat im Verbund wird, ausführt, dass Ihr Name, als er fällt, als sehr heikel zu deklarieren ist.
Meine Frage ist demnach, ob man an Sie im Untersuchungszeitraum unter Kurz I und II überhaupt herangetreten ist, um Ihre Expertise in einem Aufsichtsrat wieder in Wirkung zu bringen.
Dr. Gerhard Roiss: Dass meine Bestellung „heikel“ ist, das kann ich nachvollziehen, denn ich leiste mir meine eigene Meinung – aber ich habe keine Erinnerung, dass man mir hier etwas angeboten hätte. Ich habe auch kein Interesse gehabt, aus meiner Erinnerung.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Im Gegenteil ist ja unsere Wahrnehmung, dass die, die sehr die Abhängigkeit Richtung Russland verstärken wollten, da in relevante Funktionen gehoben wurden und im Untersuchungszeitraum auch dort verblieben.
Ich darf Ihnen ein Interview mit dem „Profil“ vorlegen, Vorlage 1, Seite 2. Da führen Sie aus, Sie wollten nicht mehr darüber hinwegsehen, „dass Österreich und die OMV von einer Gruppe von Leuten, allesamt Putin-Versteher, gezielt in eine Abhängigkeit von Russland gelenkt wurde. Diese Leute haben ihre eigenen finanziellen Interessen über jede Moral gestellt.“
Vonseiten des „Profil“ wird dann ausgeführt, Namen nennend und beginnend mit Peter Mitterbauer, Sigi Wolf, Nachfolger von Oswald Wolfgang Berndt, und Sie replizieren nicht, dass das nicht stimmt, diese Namen, sondern meinen, diese „Liste ließe sich erweitern“.
Würden Sie zunächst bitte ausführen, was Ihre Wahrnehmungen zu den drei Namen – Mitterbauer, Wolf, Berndt – sind?
Dr. Gerhard Roiss: Zunächst zu den Wahrnehmungen, was Berndt betrifft: Das habe ich hier gesagt, dass er hier Probleme mit der Strategie hatte und auch hier sehr aktiv an meiner Ablöse mitgewirkt hat. Das ist sein Recht.
Zu Sigi Wolf habe ich auch Auskunft gegeben.
Oswald habe ich damals informiert. Der war damals Aufsichtsratschef der OMV, sehr kurz. Ich habe ihn damals informiert, dass ich in den Medien gesehen habe, dass man schon hier mit der Gazprom verhandelt. Er hat mir gesagt, er weiß davon Bescheid und ich solle mich nicht darum kümmern. Ich glaube, das habe ich auch im „Profil“ gesagt, das ist nichts Neues.
Es waren damals sicher mehrere Leute, die es richtig gefunden haben, sich in Russland zu engagieren, das habe ich erwähnt. Ich habe jetzt aber keine konkreten - - Ich habe auch diese Namen im „Profil“ nicht genannt – die hat man vorgegeben –, weil es, glaube ich, nicht seriös ist, wenn man keine konkreten Erinnerungen hat, hier Namen zu nennen.
Das war damals meine Wahrnehmung.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Mhm. Um selbst noch zu diesen Namen nachzufragen: Ich lege Vorlage 7 vor, Protokoll von Sektionschef Gunter Mayr, Seite 35. Da habe ich nämlich zu Wolf den Herrn Sektionschef befragt, ob er Wahrnehmungen hat, warum es Schelling und Schmid so wichtig war, für Sigi Wolf seine Steuercausen zu seinen Gunsten abzuschließen, und da antwortete der Herr Sektionschef, er erinnert sich an etwas „mit Deals“ in einem Gespräch mit Thomas Schmid „und so weiter, dass er in Richtung Russland sehr dienlich wäre“. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück und beraten sich.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Welche Seite, Frau Doktor?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): 35.
Worin könnte Ihrer Wahrnehmung nach diese Dienlichkeit liegen, abgesehen davon, dass er vielleicht nichtrussische Projekte schlechtredet? Aber ich lege Vorlage 2 vor, das Protokoll mit der Befragung mit Sigi Wolf, Seite 16.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wir haben aber das Erste noch nicht einmal gelesen. Es wäre gut, wenn man das - -
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Bei mir war es schon. Aha!
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ja, aber können wir die Protokolle ausdrucken, oder wo bekommen wir sie her?
Dr. Gerhard Roiss: Soll ich - - Kann ich antworten?
Ich nehme an, die Frage ist: Wahrnehmung in den Medien? – Ich habe die Wahrnehmung in den Medien, soweit gelesen, natürlich gehabt, war auch bekannt, dass er gute Russlandkontakte hat, aber ich kann mich nur auf die beiden Gespräche, die ich mit ihm geführt habe, beschränken, und da war kein Angebot dabei, uns in Russland zu unterstützen, auch keine Aufforderung.
Ich habe Herrn Wolf dann vielleicht noch ein, zwei Mal nachher gesehen, aber wir haben kein Gespräch geführt, und ich habe auch keinerlei Kontakt, auch nicht die Absicht.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Entschuldigung, welche Seite war das zweite Dokument?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Das war die Seite 16.
Wolf hat sich da ja ganz im Interesse Russlands negativ über das Projekt Neptun geäußert und kritisiert auch Sie, Herr Roiss – wenn Sie es lesen wollen: Seite 16 –, dass Sie da den Grund für den Stillstand des Projekts Neptun verschweigen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Dr. Gerhard Roiss: Also mir wurde vieles vorgeworfen. Sie können selbst beurteilen, ob das stimmt oder nicht stimmt.
Wenn Sie das Projekt Neptun sehen, wo wir das größte Gasfeld hier damals gefunden haben, das erfreulicherweise jetzt bis 2027 auch entwickelt wird, habe ich gelesen, und ich habe Ihnen empfohlen, den Artikel in der „Zürcher“ (ein Schriftstück in die Höhe haltend) über Neptun zu lesen: Da haben die Journalisten – ohne ein Zutun von mir; ich habe das auch zufällig gelesen – drei mögliche Gründe angeführt, warum diese Entwicklung nicht passiert ist. Sie können sich selbst aussuchen, welchen Grund Sie am ehesten glauben. Bitte lesen Sie das! Sie können es auch kopiert haben. (Abg. Krisper: Danke!)
Ich habe dem aber nichts hinzuzufügen, und ich habe auch nicht vor, das zu kommentieren, was alles gesagt wird. Tut mir leid.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zur Aufzählung des „Profil“ von Mitterbauer, Wolf und Berndt: Zu Berndt möchte ich noch fragen und Ihnen Vorlage 11 vorlegen, Dokument 408348, Zwischenbericht der WKStA, Seite 30, 31, denn da gab es am 20. März 2019 einen Vermerk eines Termins für den 21. März zwischen Thomas „SCHMID“, „berndt“ und „Kern“; da ist wohl der Aufsichtsratsvorsitzende gemeint. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Interessant ist das Datum, weil damals Wolfgang Berndt noch nicht Aufsichtsratsvorsitzender der OMV war und das genau der Tag war, an dem die Frist für Einlangung der Öbag-CEO-Bewerbungen zu Ende ging, als Thomas Schmid wohl schon wusste, dass er es wird.
Meine Frage ist daher, ob Sie Wahrnehmungen zu dem Verhältnis zwischen Thomas Schmid, dem ÖVP-Spender Berndt, der Aufsichtsratsvorsitzender wurde, und Herrn Kern haben, aber besonders zu Thomas Schmid und Berndt.
Dr. Gerhard Roiss: Herr Schmid hat mich – ich habe nicht aufgeschrieben, wann, aber ich glaube, in den Jahren 2020, 2019, 2021 –, wo er hier Aufsichtsratschef der OMV war, mehrmals angerufen und um ein Gespräch gebeten.
Ich habe ihm gesagt, ich bin Pensionist, wie Sie wissen, und ich habe auch keine Insiderinformationen, aber wenn er gern von jemandem, der einmal die Branche kennt, Informationen braucht, dann kann er gern zu mir ins Büro in Wien auf ein Gespräch kommen.
Er hat von dem mehrmals Gebrauch gemacht, und ich weiß, die Frage, die er damals hatte, eine der Fragen, war, dass, wie diese Investments, die da getätigt wurden, die jetzt wertberichtigt sind - - Dazu gibt es auch noch ein Investment einer Raffinerie in Abu Dhabi mit 2,5 Milliarden. Das wurde jetzt um, glaube ich, 600, 700 Millionen wertberichtigt, trotz hoher Margen übrigens, ja, nicht wegen schlechter Margen.
Und er hatte damals ein ungutes Gefühl, und ich habe ihm damals – Entschuldigung, wenn ich das sage! – als Lehrmeister gesagt: Wenn Sie die Ölindustrie, die eine zyklische ist – Sie haben einmal einen Ölpreis von 30, 50, dann 120 –, bewerten wollen, wenn Sie hier die Leistung eines Managers beurteilen wollen, dann müssen Sie - - Das können Sie auf der Manschette ausrechnen!, habe ich damals gesagt. Nehmen Sie einmal 50, oder nehmen Sie 60, oder nehmen Sie die ganzen zehn Jahre durch! Dann wissen Sie ungefähr, was Ihnen eine Investition gebracht hat oder nicht, und dann können Sie vergleichen. Also das war die Art der Gespräche, die ich geführt habe.
Ich habe dann einmal mitbekommen, er hat das seinen Controller machen lassen, und das Ergebnis war nicht sehr berauschend, und ich glaube, es hat auch dann dazu beigetragen, dass er sich selbst ein Bild gemacht hat zwischen dem, was man hier kommuniziert, und dem, was Sache ist. Und es hat ja dann auch die Ablösen gegeben, aber, wie gesagt, ich habe nie mit ihm Namen diskutiert, ich habe ihm hier einfach Orientierung aus der Branche gegeben, was ich jedem gerne tue, wenn er kommt.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Haben Sie Wahrnehmungen zum Bestellvorgang des Herrn Wolfgang Berndt als Aufsichtsratsvorsitzenden und insbesondere auch zu seinen einschlägigen Erfahrungen?
Dr. Gerhard Roiss: Zur Person Berndt oder zu seiner Bestellung?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Berndt.
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe ihn als Aufsichtsrat der OMV kennengelernt und möchte - -
Zur Person Berndt habe ich, inhaltlich gesagt, das Thema der Strategie, dass er zuerst einstimmig mitunterschrieben hat und zugestimmt hat und dann, für mich nicht nachvollziehbar, ein paar Monate später kritisiert hat, Gott sei Dank auch vor Zeugen. Er hat Mitterlehner massiv das gesagt, das habe ich erzählt.
Und ich glaube, mehr möchte ich zu Herrn Berndt nicht sagen, ja. Mich wundert, dass ich heute noch für ihn so ein Thema bin. Er lässt keine Gelegenheit aus, medial, meine Unfähigkeit darzustellen, aber man gewöhnt sich an die Dinge, und ich nehme das zur Kenntnis.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Nach dieser Liste an Namen, die „Profil“ im Interview ventilierte – Mitterbauer, Wolf, Berndt – und zu der Sie geantwortet haben, die Liste an Putin-Verstehern „ließe sich erweitern“, möchte ich gern Seele vorwegnehmend zu Seele kommen und Sie mit der Vorlage 5, „Presse“-Artikel vom 7. Juni 2022, fragen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Da geht es um die Information, dass ein befreundeter Dienst schon 2015 Österreich davor warnte, dass Seele da im Interesse Russlands tätig sein könnte. Hatten Sie eine Wahrnehmung, dass es im Untersuchungszeitraum unter der Regierung Kurz I/II eine Sensibilität dafür gab, dass Seele da nicht sachlich entscheidet, sondern vielleicht im Interesse Russlands aufgrund - - (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Abgeordneter - -
Dr. Gerhard Roiss: Also diesen Geheimdienstartikel habe ich nicht gewusst.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nein, Abgeordneter Hanger ist zuerst zur Geschäftsbehandlung dran.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich muss einmal Frau Kollegin Krisper attestieren, dass die Frage sehr elegant und auch in der Tonalität sehr höflich gestellt worden ist, aber ich weise noch einmal darauf hin: Wir diskutieren jetzt wieder das Verhältnis des Herrn Seele mit Herrn Roiss im Zusammenhang mit der Abberufung.
Ich meine, wir brauchen schon auch einen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand. Ich darf daran erinnern: Es geht um Vorteilsgewährung, gegebenenfalls, mutmaßlich, an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen.
Ich meine, wir diskutieren einen Konflikt, der halt da stattgefunden hat. Ich sage ganz ehrlich, ich werde da nicht Partei ergreifen, sondern wie es halt in einem Konflikt so ist: Da wird es unterschiedliche Sichtweisen geben. Wieso dieser Konflikt aber jetzt hier herinnen im Untersuchungsausschuss wieder neu thematisiert wird, kann ich nicht nachvollziehen. Ich bitte wirklich, den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen.
*****
Dr. Gerhard Roiss: Darf ich Sie korrigieren? Ich hatte keinen Konflikt mit Herrn Seele. Ich konnte auch keinen haben, ich habe ihn auch nicht gesehen. Das heißt, ich hatte keinerlei Konflikt und ich habe auch kein Interesse, das hier konfliktär zu diskutieren. Sie haben von mir auch keine persönliche Kritik gehört. Ich habe Fakten erwähnt, und da ist Herr Seele nur am Rand tangiert. Ich habe nicht über die Person Seele gesprochen.
Wenn Sie mich aber fragen, ob es hier die Information – hier steht „Geheimdienst“ – - -, dann kann ich Ihnen auch sagen, dass mich – ich habe auch sehr viele Freunde in Deutschland – - -, dass mir sehr wohl bekannt war – aber ich habe das nicht kommuniziert – die Thematik mit Wintershall, wo man hier die Gaslager verkauft hat, Rehden, das größte Lager Mitteleuropas, an die Gazprom, dass man hier einfach der Gazprom-Strategie – Vorwärtsintegration – sehr wohlwollend entgegengetreten ist.
Manche haben geschrieben, wir waren eine Blaupause von dem, was bei der Gazprom gemacht wurde. Ob das stimmt oder nicht, ist nicht mein Thema. Ich möchte nur klar sagen, ich kann über Fakten reden. Ich rede nicht über ein Verhältnis zu Herrn Seele, weil ich keines habe.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Jetzt erübrigt sich die Beurteilung der Frage.
Nächste Frage. (Zwischenruf des Abg. Hanger.)
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Ich stelle trotzdem die Frage noch einmal in dem engen Korsett dieses U-Ausschusses, wo man fast keine Luft zur Aufklärung kriegt (Unruhe im Saal): Herr Roiss, haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass es im Untersuchungszeitraum in Regierungskreisen, also auf Bundesebene, auf Vollziehungsebene, ein Bewusstsein, ein Wissen oder Information darüber gab, dass Geheimdienste annehmen, dass Seele in russischen Diensten stehen könnte und deswegen – Beweisthema politische Einflussnahme auf Ermittlungen – auch Ermittlungen vielleicht eingeleitet wurden oder wegen Anfangsverdachts eingestellt wurden?
Dr. Gerhard Roiss: Das habe ich erst seit einigen Wochen, wo das in den Medien war - - Vorher habe ich davon nichts gehört.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Sie nur darauf hinweisen, dass wir überhaupt nichts irgendwo einschränken, Frau Abgeordnete, sondern uns strikt an das halten, was durch die Parlamentarier vorgegeben ist. Ich bitte, diese Unterstellungen nicht zu tätigen. Das Präsidium arbeitet wirklich strikt auf der gesetzlichen Basis.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Die Frage ist: Wie lässt sich die Liste an Putin-Verstehern oder Putin-nahen Personen noch erweitern, wer war denn bei solchen relevanten Terminen noch dabei?
Ich würde da jetzt gerne Vorlage 6 vorlegen, Dokument 496857, Seite 12. Da wird nämlich in einer Korrespondenz zwischen Friesacher und Wolf besprochen, dass sich Rainer Seele für eine Reise nach Sankt Petersburg am 3. Oktober 2018 nominiert habe, und noch dazu Wolf, Benko, und Friesacher schreibt in diesem Chat – Zitat –: „im Kreis um Seb.“ – also wohl Sebastian Kurz – „und großer Chef“. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich um die Seite bitten?
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Seite 12, habe ich schon gesagt.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich habe es nicht gehört.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): „Friesacher“, „27.09.2018“, „16:18:52“, Chat Nummer „7452“. Das ist der Chat vor diesen Enten, Hühnern und sonstigen Austäuschen.
Meine Frage wäre, weil ja Sebastian Kurz auch dabei war, ob Sie Wahrnehmungen zu diesen oder anderen Reisen und Kenntnis von deren Hintergründen haben und warum genau diese Personen teilnehmen, in welcher Funktion für unsere Republik.
Dr. Gerhard Roiss: Hier geht es konkret um die Person Friesacher. Da habe ich keine Ahnung, was der dort gemacht hat.
Dann geht es um die Person René Benko; habe ich auch keine Ahnung.
Gibt es noch eine Person?
Jäger bin ich auch keiner, um hier mehr Beitrag leisten zu können, aber wenn Sie die Frage mit der Enge der Zusammenarbeit haben, dann finde ich das Zitat von Putin heute in der „Kronen Zeitung“ sehr treffend, wo er sagt, dass Gas als Schlüssel der Zusammenarbeit mit Österreich hier gesehen wurde. Das erklärt auch vieles, wenn man dann über diesen Satz nachdenkt.
Und das wurde – wenn Sie die Diskussionen über die North Stream die letzten Jahre verfolgt haben – - -, da wurde – eben nicht Österreich – immer von deutscher Seite gesagt, das ist ein rein wirtschaftliches Projekt, Politik hält sich raus. Auch in Österreich hat man es gern rein wirtschaftlich. Ich habe immer, damals auch, gesagt, das ist ein absoluter Blödsinn, eine Pipeline bauen Sie nicht als rein wirtschaftliches Projekt. Das ist immer, wer immer das ist, ein rein politisch-wirtschaftliches Projekt. Und das waren einfach Versuche, die Dinge anders darzustellen.
Und auch da ist das Agieren von Herrn Seele nicht mein Thema, aber ich kann nur sagen: war sicher nicht zum Vorteil von Österreich, aber die North Stream war ein rein politisch und in Zweitrangigkeit ein wirtschaftliches Projekt, aber ich kann Ihnen nicht sagen, was diese Gesellschaft in Russland gemacht hat.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Genau in dem Jahr kam es auch zu der Verlängerung des Vertrages Gaslieferung mit Gazprom im Beisein von Seele, Putin und Sebastian Kurz. Sie haben vorhin schon ein wenig zu diesem Take-or-pay-Vertrag ausgeführt, die es immer schon in einer gewissen Form gab. Könnten Sie bitte ausführen, was daran so besonders positiv für die Gazprom und ungewöhnlich war? (Abg. Hanger hebt die Hand.)
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Zur Geschäftsbehandlung, Abgeordneter Hanger.
*****
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Wir drehen uns natürlich ein bisschen im Kreis in der Frage der Geschäftsordnung. Wir diskutieren hier aber ganz eindeutig – und das kann man kritisieren, gar keine Frage, ich will da nichts verteidigen oder eine Position einnehmen –, und ich halte nur fest, dass die Geschäftspolitik eines börsennotierten Unternehmens, das zu 31,5 Prozent der Republik gehört, hier nicht Untersuchungsgegenstand sein kann. Deshalb wiederum: Es geht schon auch darum, den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand herzustellen. Ich weiß schon, welche Argumentation jetzt kommt: Da wird wieder irgendwie konstruiert, dass über Umwege Herr Wolf involviert war. Ich würde aber wirklich darum bitten, endlich auch einmal Fakten auf den Tisch zu legen und nicht nur Behauptungen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Herr Verfahrensrichter, bitte.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Ja, die politische Einflussnahme ist natürlich etwas Wesentliches. Wenn Sie behaupten, Frau Abgeordnete Krisper, dass politisch Einfluss genommen worden ist – in Richtung Verstärkung des Russlandgeschäftes, Abschluss des neuen Vertrages bis 2040 und so weiter –, dann würde ich meinen, Herr Abgeordneter Hanger, dass das, wenn es um die politische Einflussnahme geht, schon Teil des Untersuchungsgegenstandes ist.
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Krisper.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Zur Geschäftsordnung, bitte. Es geht mir nicht um Herrn Seele, sondern um Herrn Sebastian Kurz, und der war wohl ÖVP-nah. Ich könnte die Frage auch anders stellen, um Herrn Hanger glücklich zu machen, nämlich, ob Sie Wahrnehmungen dazu haben, dass Herr Sebastian Kurz, damals Bundeskanzler, in seiner Funktion als Bundeskanzler im Interesse der Republik, im Beisein von Putin und Seele, etwas gegen diesen sehr im Interesse von Gazprom und sehr gegen das Interesse von Österreich gelegenen verlängerten Vertrag getan hat.
Dr. Gerhard Roiss: Also ich habe meine Wahrnehmungen nur aus den Medien. Ich war da zu weit weg. Und zum Zweiten: Ja, was war meine Interpretation? Ich habe mich gewundert, dass so bald, so früh ein Vertrag verlängert wird und für so lange. Das habe ich aber auch schon erwähnt.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Frage? – Nichts.
*****
Dann gehen wir in die zweite Runde. Herr Abgeordneter Hanger.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Da ich mich doch an die Geschäftsordnung halten will und mich sehr klar an den Untersuchungsgegenstand und an den Untersuchungszeitraum halte, möchte ich noch einmal fürs Protokoll festhalten, Herr Dr. Roiss, dass ich in der Ex-post-Betrachtung natürlich auch persönlich Ihre Einschätzung teile, dass eine Diversifizierung in der Gasversorgung Österreichs natürlich notwendig und wichtig gewesen wäre. Ich halte auch die politische Frage dahinter für spannend und für diskussionswürdig, gar keine Frage. Nur: Wir sind hier im parlamentarischen Untersuchungsausschuss und haben einen sehr klaren Untersuchungsgegenstand. Zusammenfassend darf ich auch festhalten, dass ja überhaupt kein Zusammenhang zwischen den Gasgeschäften der Republik Österreich und einer mutmaßlichen etwaigen Vorteilsgewährung an mit der ÖVP verbundene natürliche und juristische Personen herausgekommen ist, gerade auch wieder in der heutigen Befragung. – Vielen Dank.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächsten Fragen stellt Abgeordneter Krainer.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Bevor ich zur OMV komme, vielleicht noch zum Verbund: Ich habe mir den Lebenslauf von Herrn Strugl angesehen. Wodurch hat er sich als stellvertretender Generaldirektor eines Energieunternehmens qualifiziert? (Der Vorsitzende berät sich mit dem Verfahrensrichter. – Die Auskunftsperson berät sich mit ihrer Vertrauensperson.)
Dr. Gerhard Roiss: Ist das die Frage? (Abg. Krainer: Ja!) Das entnehmen Sie dem Lebenslauf, dass er das war, oder wie?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein. Ich frage Sie, was in seinem Lebenslauf Sie dazu veranlasst hat, ihn zum stellvertretenden Generaldirektor eines Energieunternehmens, nämlich der Verbund AG, zu bestellen.
Dr. Gerhard Roiss: Wegen der Expertise, die er damals hatte und die auch von anderen diskutiert wurde, habe ich ihn als geeigneten Kandidaten gesehen, und ich glaube, ich bin darin auch bestätigt worden, ja. (Abg. Krainer: Und welche - -?) Er macht einen guten Job.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Also dem Lebenslauf entnehme ich, dass er während des Studiums Pressereferent der ÖVP Oberösterreich wurde, dann stellvertretender Landesparteisekretär, dann Landesparteisekretär, parallel dazu war er Bundesrat und Landtagsabgeordneter. Von 2013 nahtlos bis 2019 war er Landesrat, Wirtschaftslandesrat. Ich sehe überhaupt keine Anknüpfung an irgendein Energieunternehmen. Es stimmt, Sie haben die Energie AG genannt: Er war, glaube ich, zum Zeitpunkt seiner Bestellung ein Jahr und drei Monate Aufsichtsratsvorsitzender der Energie AG Oberösterreich.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Herr Dr. Roiss, da müssen Sie wissen, qualifiziert ist man nur dann, wenn man ...
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Worterteilungen nehme ich vor. Nehmen Sie das zur Kenntnis! Was ist die Frage?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Frage ist noch immer: Was hat ihn aufgrund des Lebenslaufs qualifiziert?
Dr. Gerhard Roiss: Danke für die Frage. Es war nicht so, dass ich den Lebenslauf gelesen habe und mir dann gesagt habe: Der ist es! Das wäre sehr naiv. Es ist aber auch ganz klar die Mitgliedschaft bei einer Partei kein Ausschließungsgrund für einen Job. Ich lege großen Wert auf diese Aussage. Ich habe damals mit ihm viele Gespräche geführt. Ich habe mir das sehr genau angeschaut, weil ich die Bedenken, die Sie hier nennen – so lange in der Politik, zu wenig lange in der Wirtschaft –, geteilt habe. Wenn Sie sich dann mit dem Verbund als Unternehmen auseinandersetzen, dann kommen Sie zu dem Schluss, dass ein sehr guter Fit bestanden hat. Ich freue mich auch, dass ich heute das Gefühl habe, dass es eine richtige Entscheidung war. Mir ist aber egal, von welcher Partei Herr Strugl kommt. Das war für mich nie ein Kriterium und wird es nie sein. Tut mir leid.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie im Vorfeld seiner Bestellung zum stellvertretenden Generaldirektor – das war, glaube ich, im Juni 2018 – mit Mitgliedern der Bundesregierung im Zusammenhang mit seiner Bestellung Gespräche geführt?
Dr. Gerhard Roiss: Mag sein; ich kann Ihnen nicht beantworten, wann, wie, wo, mit wem. Ich habe da keine Erinnerung. Tut mir leid.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist vier Jahre her. Das ist jetzt nicht 40 Jahre her. Vier Jahre!
Dr. Gerhard Roiss: Es tut mir leid. Ich habe mich zur OMV vorbereitet, dazu habe ich noch Unterlagen zu Gesprächen und Zeitungsberichte gesucht. Entschuldigen Sie bitte! Ich habe mich zum Verbund nicht vorbereitet, auch nicht im Gespräch mit Dr. Kunz. Tut mir sehr leid! Ich weiche nicht aus, aber ich habe keine Erinnerung, ich habe mich auch nicht vorbereitet, weil ich Fragen zum Verbund nicht erwartet habe. Sorry.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Mhm. Haben Sie vor der Bestellung von Herrn Strugl zum stellvertretenden Generaldirektor der Verbund AG Gespräche mit anderen Politikern auf Landesebene geführt, zum Beispiel mit dem Landeshauptmann von Oberösterreich Stelzer?
Dr. Gerhard Roiss: Stelzer habe ich sicher das eine oder andere Mal getroffen. Ob ich da Gespräche über Strugl geführt habe, weiß ich nicht. Ich glaube nur, dass Strugl und Stelzer nicht das beste Einvernehmen hatten, aber ich kann mich da an keinerlei Gespräch erinnern. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass mich Stelzer ins Landhaus eingeladen hat, um mit mir darüber zu reden. Also ich habe nichts in Erinnerung, irgendwelche formalen Termine, die man sich merken würde. – Sorry.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie mit anderen Regierungsmitgliedern ab Dezember 2017 Gespräche geführt, vor allem im Jahr 2018, mit Ausnahme der bereits erwähnten Löger und Blümel?
Dr. Gerhard Roiss: Ich kann Ihnen eines sagen, was in meiner Erinnerung jetzt kommt: Ich wurde damals in Oberösterreich von der Wirtschaft sehr kritisiert, weil man Strugl nach Wien ziehen hat lassen. Sie haben gesagt: Der fehlt uns, und das ist ein großer Fehler, lieber Herr Roiss, dass Sie das unterstützt haben. – Die Kritik habe ich bekommen. Mit wem ich wann, wie über Strugl gesprochen habe: Tut mir leid, da habe ich keine Erinnerung, und ich würde das nur sagen, wenn ich konkret weiß, wann ich das habe; die habe ich nicht, tut mir leid.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das war nicht meine Frage. Außerhalb meiner Fragezeit kann ich sie gerne wiederholen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Er antwortet das, was er weiß. Das haben wir zuerst - - (Abg. Krainer: Darf ich - -?) Warten Sie einmal! Noch einmal - - (Abg. Krainer: Wenn Sie noch einmal kurz zuhören würden, was meine Frage war, würde Ihnen die Diskrepanz zwischen Frage und Antwort auffallen!)
Ich unterbreche die Sitzung (Abg. Krainer: Für wie lange? Normalerweise sagt man, für wie lange man eine Sitzung unterbricht, damit sich die Sitzungsteilnehmer daran halten können!) – für eine Viertelstunde.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 12.49 Uhr bis 13.08 Uhr.)
*****
13.08
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen, Abgeordnetem Krainer das Wort erteilen und ihn darum bitten, die Frage außerhalb seiner Redezeit noch einmal zu wiederholen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Meine Frage war: Mit welchen Regierungsmitgliedern – mit Ausnahme von Löger und Blümel, die haben Sie ja schon erwähnt – haben Sie ab Dezember 2017 Gespräche geführt? – Ohne Einschränkung auf ein Thema. (Die Vertrauensperson wendet sich an die Auskunftsperson.)
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe die Frage verstanden, mit welchen Regierungsmitgliedern ich 2017 Gespräche geführt habe?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ab Dezember 2017, ohne Einschränkung auf ein gewisses Thema.
Dr. Gerhard Roiss: Ich glaube, ich habe Ihnen schon einmal gesagt, ich habe sicher Gespräche geführt – ich kann aber das Datum nicht sagen – mit Herrn Blümel, ich habe - - War Mitterlehner damals noch Minister?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, der war damals ein halbes Jahr nicht mehr - -
Dr. Gerhard Roiss: Dann habe ich nicht mit ihm gesprochen – als Minister.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der ist, glaube ich, eine Woche, nachdem Sie Aufsichtsratschef bei der Verbund wurden, aus der Politik ausgeschieden.
Dr. Gerhard Roiss: Mhm. Also ich habe keine Erinnerung, mit wem - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Schramböck nicht. Kurz?
Dr. Gerhard Roiss: Mit Schramböck, weiß ich, habe ich nie gesprochen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Kurz?
Dr. Gerhard Roiss: Hatte ich kein Gespräch.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): FPÖ-Regierungsmitglieder?
Dr. Gerhard Roiss: Habe ich auch keine Erinnerung.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Also Strache, Hofer?
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe Strache, Hofer nie getroffen. (Abg. Krainer: Mhm!) Ich habe auch Haider nie getroffen. (Abg. Krainer: Mhm!)
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Aber Blümel und Löger waren schon Gesprächspartner. Die waren ja auch beide praktischerweise im Nominierungskomitee der Öbib. Daran haben Sie schon Erinnerung?
Dr. Gerhard Roiss: Die waren in welchem Komitee der Öbig?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nominierungskomitee der Öbib. Die haben die Aufsichtsräte nominiert (Auskunftsperson Roiss: Ja, mag sein, ja!); also Sie zum Beispiel.
Dr. Gerhard Roiss: Mag sein, aber meine Nominierung - - kann ich mich erinnern, dass mich entweder Mitterlehner oder Kern oder beide angerufen und mich gefragt haben, ob ich das machen will, ob ich Interesse habe, das zu machen; das habe ich schon ausgeführt. Tut mir leid, wenn ich Ihnen nicht weiterhelfen kann, ich habe das nicht - -
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Nein, das passt schon. Wessen Idee war es überhaupt, dass Strugl stellvertretender Generaldirektor werden soll?
Dr. Gerhard Roiss: Bitte?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wessen Idee war es, dass Strugl stellvertretender Generaldirektor der Verbund AG werden soll? Wessen Idee war das?
Dr. Gerhard Roiss: Dass er stellvertretender Generaldirektor - -? Oder Generaldirektor?
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Moment! Herr Verfahrensrichter, ist die Frage unterstellend: wessen Idee? Meines Wissen ist das ein Ausschreibungsverfahren, oder?
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Als unterstellend, Herr Vorsitzender, Herr Präsident, würde ich das nicht sehen. Wer hat die Idee gehabt, Strugl zum Generaldirektor zu machen? – Also ich würde das nicht als unterstellend ansehen, Herr Präsident.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Irgendjemand muss ja die Idee gehabt haben. Haben Sie Wahrnehmungen, wessen Idee das war?
Sie haben ja selber gesagt, es gab eine Diskussion, es waren viele der Meinung: Bah, der war ja nur in der Politik, der hat nichts gelernt! – Sie haben gesagt, Sie waren selber skeptisch, haben dann mehrere Gespräche mit ihm geführt. Wessen Idee war das, dass der überhaupt stellvertretender Generaldirektor werden soll? (Vorsitzender und Verfahrensrichter beraten sich.)
Dr. Gerhard Roiss: Da hat es eine Liste von Bewerbern gegeben. Erstens hatten wir ein Personalunternehmen, das mit der Suche beauftragt war. Da hat es eine Liste von möglichen Kandidaten gegeben, da hat es eine Shortlist gegeben, da hat es viele Gespräche im Aufsichtsrat gegeben, Hearings et cetera. Sie kennen den Prozess ja so und so; aber ich kann Ihnen nicht mehr sagen, wer welche Idee gehabt hat, wahrscheinlich war er es selber, der sich beworben hat. Ob er dann - - Dass er vorher Stellvertreter war und dann General, das kann sein mit dem Abgang Anzengruber irgendwie, aber ich habe die Daten nicht mehr gespeichert. Es war ein ganz normaler Bestellungsprozess, der abgelaufen ist: mit der Suche, mit den Bewerbungen, mit den Hearings, und da ist rausgekommen: er. Da waren am Schluss drei, vier, fünf Kandidaten. Wir haben uns im Aufsichtsrat, eine Gruppe im Aufsichtsrat, ein Nominierungskomitee, mit mehreren Kandidaten sehr einschlägig beschäftigt und sind dann zu dem Schluss gekommen. Es ist aber mehrheitlich – soweit ich mich erinnern kann.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sind Sie von politischer Ebene auf die Frage angesprochen worden, wer Generaldirektorstellvertreter in der Verbund AG werden soll?
Dr. Gerhard Roiss: Ob ich angesprochen wurde – betreffend?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Die Bestellung des Generaldirektorstellvertreters 2018 in der Verbund AG.
Dr. Gerhard Roiss: Habe ich keinerlei Erinnerung, aber es ist sicher besprochen worden, auch mit Herrschaften, aber ich kann Ihnen nicht mehr sagen, wer mit wem und wann.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gut. Vielleicht eine kleine Anmerkung: Wenn Sie sagen, es war ein ganz normaler Bestellungsprozess, dann stellen sich bei mir alle Haare auf, denn in diesem Untersuchungsausschuss ist ganz normal etwas, was wir hier eher als abnormal erleben, nämlich dass Kriterien wie „steuerbar“ bei Aufsichtsräten im Vordergrund stehen und dass parteipolitische Nähe wichtig ist, sowohl für Aufsichtsräte als auch für Vorstände. Das wollte ich nur kurz als Bemerkung sagen, weil Sie gesagt haben: ganz normal. Ganz normal hier im Ausschuss ist: um Gottes willen! (Abg. Hanger: SPÖ Wien!) Nur dass Sie wissen, wie das bei mir ankommt.
Dr. Gerhard Roiss: Darf ich da antworten?
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Gerne!
Dr. Gerhard Roiss: Darf ich da schon noch antworten: Aus meiner Sicht war das ganz normal, ich war niemandem verpflichtet, hier etwas Spezielles zu tun. Für mich war das ein normaler Prozess, den ich gesteuert habe. Ich habe das gesteuert mit dem Ergebnis, weil ich der Meinung war, das war die beste Lösung für das Unternehmen, und aus meiner Sicht war es ein normaler Prozess. Wenn andere nicht normal sind, ist das wieder etwas anderes.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich lege vor: 136398, Chats zwischen Bonelli und Schmid – Bonelli, Kabinettschef von Kurz, und Schmid, Kabinettschef von Löger –, wie die sich ausmachen, wer wo Aufsichtsrat wird. (Auskunftsperson und Vertrauensperson lesen in dem vorgelegten Schriftstück.)
Da können Sie zum Beispiel auf die Seite 34 gehen oder 33. Auf Seite 33 schlägt Herr Schmid Frau Hlawati vor: „Ist schon in Post und Telekom“, „Aber eben verlässlich und steuerbar“.
Dann geht es weiter: „Die Kollmann“ – Seite 35 –, „die ist Gabi Kreis“, „Steuerbar“, „Sachlich“, „Gut verkaufbar“. Hier steht dann auch: „Fixiert haben wir jetzt
Ohneberg für VERBUND“.
Haben Sie Wahrnehmungen dazu, dass Herr Ohneberg Verbund-Aufsichtsrat wurde? Das finden Sie auf Seite 37.
Dr. Gerhard Roiss: Können Sie das wiederholen bitte, ich habe es nicht verstanden.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie Wahrnehmungen, dass Herr Ohneberg Aufsichtsrat im Verbund wurde?
Dr. Gerhard Roiss: Das habe ich wahrscheinlich ein paar Tage vorher erfahren, bevor er es geworden ist - - Ich habe Herrn Ohneberg nicht gekannt und hatte auch keinerlei Kontakt. Das war auch nicht in meiner Mitwirkung, wer mir nachfolgt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): „Hat HBK mit Ohneberg eh gesprochen“? – „noch nicht!!!!“ – „Bernhard!“, „Verbund wird heute zugemacht“, „Im Ernst“, „Das geht nicht anders“.
Sie merken da einfach: Erstens einmal, die Steuerbarkeit ist wichtig, zweitens: Das letzte Wort hat Herr Kurz bei all diesen Entscheidungen, und dann steht da auch noch drin: „ist eindeutig ÖVP nahe“ dann wieder.
Ich meine, das hat alles nichts mit Qualifikation zu tun, diese Entscheidungen.
Dr. Gerhard Roiss: Ich war nicht Teil – sehr deutlich: war nicht Teil – der Bestellung meines Nachfolgers im Verbund, ich war auch in keinerlei Gespräche eingebunden.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das glaube ich eh, aber ich sage Ihnen nur, was der Ausschuss hier als normal sieht, nämlich: Normal ist steuerbar, Parteipolitik, das letzte Wort hat Herr Kurz, und sonst nichts. Das war alles, als Herr Kurz bereits Bundeskanzler war.
Gut, vielleicht noch zur OMV.
Dr. Gerhard Roiss: Ich darf Ihnen eines sagen: Ich glaube, steuerbar war ich nie – zumindest schwer steuerbar, wenn schon.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Es gibt einen Grund, wieso Sie nicht mehr dort sind und auch nie wieder gefragt wurden. (Abg. Hanger: Au weh, au weh!)
Vielleicht kommen wir noch zur OMV. Sie haben von Versorgungssicherheit gesprochen und dass Ihnen das der wesentliche Punkt war. Das war früher sogar eine gesetzliche Voraussetzung, dass die OMV für die Versorgungssicherheit zuständig war. Haben Sie den Eindruck, dass das Ihre Nachfolger nicht mehr so als zentrales Element ihrer Unternehmungsführung hatten?
Dr. Gerhard Roiss: Ich habe versucht, das eingangs auch darzustellen. Es war für uns – meine Vorgänger, die Sie ja kennen, und auch mich – einfach klar gekommen, dass eine Historie, wo die OMV 100 Prozent Staat war - - No na waren wir da Versorger, und es hat auch damals viele Gespräche mit der Politik gegeben. Ich habe auch immer wieder erwähnt bezüglich der Lager: Da hat es ein, zwei Telefonate mit dem Minister gegeben, wo er gesagt hat: Wie sind die Lager, wie schaut es aus? Das war einfach eine Normalität, wie wir das über - -, geschichtlich gelebt haben.
Es hat sich dann etwas verändert, das muss man auch hier sagen: 2008 waren erstmals die Lieferungen bei Gas aus der Ukraine, aus Russland unterbrochen. Es war eine sehr schwierige Situation damals, aber ich sage das auch deshalb: Man soll heute nicht so tun, als hätte es das nie gegeben. Das war damals auch wiederum ein Anlass für mich, hier in die Diversifizierung zu gehen, auch in die Richtung neuer Pipelines, anderer Pipelines zu gehen. Wenn Sie so etwas erleben - - und das war sehr knapp, denn das Problem, wenn Sie eine Gaspipeline über 1 000 Kilometer haben, ist: Die fahren Sie runter, die müssen Sie auch wieder hochfahren. Das war damals nicht digitalisiert, und das war ein Riesenproblem, ein technisches Problem, ein ehrlich technisches Problem – damals; heute bin ich mir nicht so sicher.
Damals war das Thema Versorgungssicherheit natürlich eines, weil wir gewusst haben, am Gas hängen derartig viele dran: die Industrie und Haushalte, deshalb war das bewusster. Wenn Sie heute aber den Kapitalmarkt sehen und wenn ich heute an der gleichen Stelle sitzen würde, ist es, glaube ich, schwieriger, die Themen so zu handeln, wie wir sie damals gehandelt haben. Man hat ja auch eine Lösung gefunden mit den Gaspipelinekapazitäten, die man aus Norwegen gekauft hat, um das Gas herzubringen.
Rein kapitalmarktmäßig müssen Sie es dort verkaufen, wo Sie am meisten kriegen. Das war halt in Deutschland, das war halt in Belgien, dort haben sie es auch verkauft. Ich habe damals gesagt, da braucht der Staat aber dann nicht beteiligt zu sein.
Wenn ich eine Staatsbeteiligung habe, habe ich aus meiner Sicht – das klingt jetzt auch sehr konservativ – auch eine gewisse Verantwortung für den Staat. Wenn ein Eigentümer mit 31,5 Prozent beteiligt ist, dann kann ich den nicht ignorieren.
Und ich glaube auch, dass der Kapitalmarkt dabei ist, zu verstehen, dass in Krisen andere Gesetze gelten. Wahrscheinlich wird er es noch lernen müssen, der Kapitalmarkt, aus meiner primitiven Sicht. Meine Haltung war damals so, wie sie war, und ich würde es heute wieder so machen. Ob es richtig war, sei dahingestellt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Haben Sie wesentliche strategische Überlegungen auch mit Eigentümervertretern wie mit dem Wirtschaftsminister Mitterlehner besprochen?
Dr. Gerhard Roiss: Ja, das war zum Beispiel das Projekt Nabucco. Da war die Regierung sehr involviert, auch Mitterlehner. Da hat es auch Meetings gegeben mit den Energie- und Wirtschaftsministern anderer Länder in Wien. Die waren alle beteiligt. Das war ein internationales Pipelineprojekt. Wir waren auch in diesen diversen Ländern unterwegs. Wir waren gemeinsam mit Hundstorfer, den ich sehr geschätzt habe, und Mitterlehner in Baku. Also wir haben viele Dinge hier in der Verzahnung - -
Wir haben immer gesagt, ein Pipelineprojekt ist kein wirtschaftliches, darum waren wir auch in der Verzahnung von Politik und Wirtschaft unterwegs. Das war einfach selbstverständlich. Das habe ich gemacht, wiederholt.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Auch andere wesentliche strategische Fragen, also jetzt nicht operatives Geschäft, sondern strategische Fragen?
Dr. Gerhard Roiss: Die Pipeline war eine rein strategische Frage. Es gibt kaum etwas Strategischeres als die Abhängigkeit von Russland zu reduzieren, indem man einen zweiten, dritten Lieferanten hat. Das geht dann auch auf den Preis. Da geht es nicht nur um die Sicherheit, sondern auch um den Preis, wenn Sie verhindern, dass ein Monopol entsteht. Das ist die Frage, die heute viel zu wenig diskutiert wurde. Wenn Sie ein Monopol haben, dann zahlen Sie auch dafür.
Die Geschichte vom billigen russischen Gas, die sollten Sie auch einmal lesen. Da war in der „Frankfurter“ vor Kurzem ein guter Artikel, in dem es darum ging, dass sich ein Brüsseler Thinktank das angeschaut und festgestellt hat, dass sie in Wirklichkeit in Deutschland nicht den billigsten Preis ziehen.
Auch heute ist die Geschichte mit dem billigen Gas ein Blödsinn, weil das an der Börse definiert wird, wie man weiß. Da werden Sie kein billiges Gas kriegen, wenn es an der Börse fixiert wird. Das hängt von Angebot und Nachfrage ab.
Ich höre immer wieder, darum sage ich es hier auch so ausführlich, die Ausreden, das war das billigste Gas und dem haben wir alles zu verdanken gehabt – aus meiner Sicht ein Blödsinn. Aber ich mag falsch liegen, um das deutlich zu sagen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nächste Frage stellt Abgeordneter Ries.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Herr Dr. Roiss! Aus der ersten Runde nehme ich persönlich mit, dass, wenn es um die Frage OMV, Gazprom, Russland geht, die Weichen für das verstärkte Engagement der OMV mit der Gazprom in Russland schon weit vor dem Untersuchungszeitraum gestellt wurden. Der Zug ist bereits abgefahren gewesen, Lokführer Seele, Fahrdienstleiter Wolf, wenn man so will.
Diesbezüglich hätte ich noch viele Fragen, aber das ist, wie gesagt, außerhalb des Untersuchungszeitraums. Deswegen möchte ich Sie fragen: Das Projekt Ballhausplatz, sagt Ihnen das etwas?
Dr. Gerhard Roiss: Aus den Medien ja, aber inhaltlich persönlich nichts.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Verkürzt dargestellt, verstehen wir unter dem Projekt Ballhausplatz, dass hier eine Personengruppe um Sebastian Kurz Fürsprecher und auch Spender gesucht hat, um Sebastian Kurz in eine machtvolle Position in der ÖVP zu bringen und in weiterer Folge ins Bundeskanzleramt zu hieven.
Wir wissen, dass es das Projekt Ballhausplatz gab. Wir wissen aber nicht genau, wann es seinen Ausgang genommen hat. Deswegen unsere konkrete Frage zu Ihrer Zeit in der OMV, wie bereits erwähnt auch vor dem Untersuchungszeitraum, aber noch als Vorbereitungshandlung im Unternehmen Ballhausplatz – bisher so im Untersuchungsausschuss gehandhabt. Ein paar konkrete Nachfragen:
Dr. Michael Spindelegger galt als Entdecker von Sebastian Kurz und sicher auch als Förderer, ebenso wie Hans Jörg Schelling. Können Sie sich erinnern, dass es diesbezüglich Interventionen von Herrn Dr. Spindelegger oder Schelling in der Zeit, als Sie OMV-Chef waren, bei Ihnen gab, sich als Fürsprecher oder als Sponsor für das Unternehmen Ballhausplatz, das natürlich nicht so benamst wurde, zu betätigen?
Dr. Gerhard Roiss: Also ich habe sowohl mit Spindelegger als auch mit Schelling Gespräche geführt, aber es gab nie irgendwelche Wünsche bezüglich Interventionen.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Gab es in dieser Zeit von diesen zwei Personen auch Versuche der politischen Intervention in die Richtung, die Geschäftsgebarung der OMV in eine gewisse Richtung zu lenken?
Dr. Gerhard Roiss: Nein, hat es nie gegeben.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Können Sie sich an solche Versuche der Intervention in der Zeit erinnern, als Sie Aufsichtsratsvorsitzender des Verbunds waren?
Dr. Gerhard Roiss: Nein. Im Aufsichtsrat ist das auch nicht ein Thema. Anzengruber war der General und der hat das Geschäft auch operativ geführt.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Also auch nicht gewisse Geschäftsvorgänge in eine bestimmte Richtung durchzuwinken?
Dr. Gerhard Roiss: Nein.
Abgeordneter Christian Ries (FPÖ): Keine weiteren Fragen. Danke, Herr Doktor.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Tomaselli ist die Nächste. – Bitte.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ich würde gerne einen Artikel vorlegen. (Die Auskunftsperson liest in dem ihr vorgelegten Schriftstück.)
In dem Artikel wird ein Besuch des damaligen Außenministers Kurz bei seinem Amtskollegen Lawrow in Moskau beschrieben. Jetzt würde uns interessieren: Sie waren ja zu dieser Zeit gerade noch OMV-Vorstand. Gab es da irgendeinen Informationslauf in die eine oder andere Richtung, nämlich OMV zum Außenministerium oder Außenministerium zu Ihnen, bezüglich dieses Besuches?
Dr. Gerhard Roiss: Ich nehme das nicht an. Ich habe auch keine Erinnerung. Aber ich erinnere mich an das Thema überhaupt nicht. Das Außenministerium war nicht so - - Wir waren mit dem Außenministerium in der Regel nicht in Kontakt. Das war für uns das Wirtschaftsministerium, das Finanzministerium. Den Besuch habe ich auch nicht in Erinnerung. Es hat aus meiner Sicht keinerlei Abstimmung gegeben, zumindest nicht mit mir.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay. Dann gab es am Rande also auch keine geschäftlichen Vorgänge, Vertragsabschlüsse oder dergleichen?
Dr. Gerhard Roiss: Also mit mir nicht. Was meine Nachfolger damals schon gemacht haben, weiß ich nicht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Dann möchte ich Sie noch fragen, inwiefern der Umgang mit den Sanktionen – aufgrund der Krimannexion – für die OMV relevant war.
Dr. Gerhard Roiss: Wir haben uns strengstens an alle Sanktionen gehalten. Das waren damals die Iran-Sanktionen, ich erinnere mich, und auch die gegenüber Russland. Das war selbstverständlich. Darüber haben wir auch laufend im Aufsichtsrat berichtet. Es war für uns ein ganz, ganz wichtiges Thema, hier konform zu sein.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sind die jemals infrage gestellt worden?
Dr. Gerhard Roiss: Nein, nie.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Auch nicht von der Politik herangetreten?
Dr. Gerhard Roiss: Nein, nein, nie.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Gut. Auch ein wichtiges Thema, vor allem weil es uns auch morgen begleiten wird: Haben Sie Wahrnehmungen dazu, wie Wolfgang Berndt Aufsichtsratschef der OMV geworden ist?
Dr. Gerhard Roiss: Ich war damals nicht mehr im Aufsichtsrat. Ich habe keinerlei Wahrnehmungen, warum und wieso. Ich habe es aus den Medien erfahren. Ich habe seit vielen Jahren keinerlei Kontakt mit Herrn Berndt.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Sie kennen ihn aber ja noch als Aufsichtsrat – damals?
Dr. Gerhard Roiss: Kenne ich, ja.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Zu Ihren Zeiten.
Dr. Gerhard Roiss: Ja.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Hatte er da schon Avancen oder Tendenzen, dass er Aufsichtsratsvorsitzender werden möchte?
Dr. Gerhard Roiss: Ich würde sagen, am Verhalten hätte man das ablesen können, dass das seine Intention ist – aber konkret weiß ich das nicht.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Ist Ihnen bekannt, dass Wolfgang Berndt und seine Frau auch großzügig an die ÖVP gespendet haben?
Dr. Gerhard Roiss: Das habe ich den Zeitungen entnommen, ja.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay. War aber nie Thema im Aufsichtsrat, die Unterstützung oder mögliche Unterstützung oder ein Verhalten, woraus man eine Unterstützung ableiten könnte (Auskunftsperson Roiss: Nein!), Ihrer Wahrnehmung nach?
Dr. Gerhard Roiss: Nein. Da wäre ich auch immer der falsche Gesprächspartner gewesen. Das hat man auch nicht versucht, aber auch nicht von anderer Seite.
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Okay, alles klar. Vielen Dank.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Abgeordnete Krisper ist die Nächste an der Reihe.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Sehr geehrter Herr Dr. Roiss, ich habe nur zwei Nachfragen. Die eine wäre zu Herrn Kemler und, wie wir medial nachgelesen haben, dem MH17-Papier. Sie haben nämlich vorhin gemeint, die Ermittlungen wurden eingestellt, aber ich habe da gelesen, dass die anscheinend dann wieder aufgenommen wurden. Wie war da der Verfahrenslauf und worum ging es da eigentlich?
Dr. Gerhard Roiss: Das ist ein trauriges Kapitel. Ich habe beim Einstieg erwähnt, man hat mir mehrere Dinge vorgeworfen und ist dann auch mit dem Thema Korruption gekommen. Da haben viele Leute Gott sei Dank drei Monate untersucht und das Ergebnis gebracht, dass hier nichts vorliegt.
In der Phase zwischen September und Oktober, als man nicht wusste, ob man mich loswird oder nicht – denn ich war nicht bereit, weil ich nicht wusste, warum ich gehen sollte –, hat es dann einen Brief gegeben, einen Drohbrief, was mir alles bei diesen Vorwürfen passieren würde, Freiheitsstrafe und so weiter.
Dieser Brief war unterschrieben mit MH17 – das ist die Maschine, die man über der Ukraine abgeschossen hat, ich glaube, ein paar Wochen vorher. Es war für mich sehr unangenehm, diesen Brief zu erhalten. Ich musste dann auch mit diesen Korruptionsvorwürfen zu Sigi Wolf, der Termin am Flughafen draußen – Generation[2] – am Sonntag, wo er mich dann befragt hat und wo man dann entschieden hat, die Untersuchung einzuleiten. Aber die hat dann natürlich wesentlich länger gedauert. Mein Verhältnis wurde aber dann eine Woche später beendet.
Dieser Brief hat mich zwar nicht eingeschüchtert, aber wenn man zu solchen Mitteln greift, in einem derartig großen Unternehmen, dann kann das jeder für sich kommentieren. Aber den hat es gegeben, war damals auch im „Kurier“ abgebildet, irgendwann ist er durchgesickert. Das ist das MH17.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Gab es zum Drohbrief Ermittlungen?
Dr. Gerhard Roiss: Das weiß ich nicht. Mir waren keine bekannt. Es hat dann intern die Untersuchung gegeben, wo direkt an die ÖIAG Bericht über die Untersuchung war. Da waren viele Juristen an Bord. Die haben dann bis Weihnachten oder bis Jänner untersucht, zehn Jahre zurück, alle Dokumente. Der Korruptionsvorwurf ging auch Richtung Rumänien. Da hat man alles untersucht und hat dann festgestellt, dass alles nichtig ist.
Ich wollte dann diesen Freibrief auch haben, wo steht: Das ist alles haltlos. – Da war man nicht bereit, mir den zu geben. Auch das hat mich gestört, darum sage ich es auch hier. Man hat aber dann im Aufsichtsrat den Brief vorgelesen, der wurde auch zur Gänze protokolliert. Aber man hat Angst gehabt, dass das dann in die Medien sickert, dass nichts vorliegt, denn man hat ja vorher in die Kamera gesagt: Da gibt es schon noch was gegen den Roiss!
Das war dann das, und das ist das MH17. Das ist ein trauriges Kapitel. Ich möchte mich nicht mehr näher damit beschäftigen. Man würde es in Österreich nicht erwarten.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Meine zweite Frage wäre zur Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft: Waren Sie da je Mitglied oder sind Sie Mitglied?
Dr. Gerhard Roiss: Also die einzige Mitgliedschaft, die ich je hatte, war bei einem Tennisverein im Mühlviertel. (Heiterkeit der Auskunftsperson.) Ich wurde zwar zu vielem eingeladen, aber ich war nie Mitglied – was nicht so positiv gesehen wurde, weil das hat man damals anders gesehen.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Deswegen würde ich gern fragen, was Ihre Wahrnehmung zu dieser Gesellschaft und ihrem Zweck ist, weil das hier oft Thema ist, aufgrund der Funktionen von Herrn Stermann dort, der ja in Korrespondenzen mit Gudenus - -, und das Ganze dann zu Jan Marsalek weiterführt. Das macht diese Gesellschaft immer wieder auch zum Thema in diesem U-Ausschuss. Haben Sie eine Wahrnehmung, welche Themen da wichtig waren, wer die wichtigsten Player waren, im Interesse von wem?
Dr. Gerhard Roiss: Ich war so weit weg von dieser Gesellschaft, dass ich nie irgendeinen Kontakt zu irgendwelchen Personen hatte oder nicht wusste, dass die dort dabei sind. Ich habe das nicht in der Form wahrgenommen. Das war für mich nie ein Thema. Das war immer tabu, so was zu tun.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Warum war es dann sogar tabu? Warum sagen Sie, es war tabu für Sie?
Dr. Gerhard Roiss: Sie haben es ja vielleicht rausgehört: Ich war immer ein sehr unabhängiger Geist und ich war kein Verfechter von derlei Mitgliedschaften oder womöglich Abhängigkeiten – was man nie weiß. Ich habe das gemieden, aus welchen Gründen auch immer, das waren eben persönliche - - (Heiterkeit der Auskunftsperson), egal wie es war.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Danke sehr.
*****
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es noch Bedarf nach einer dritten Runde? – Das ist nicht der Fall.
Dann darf ich mich recht herzlich - - (Abg. Krainer: Ja! Halt, halt, halt!) – Da muss ich eine Stehung machen.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 13.37 Uhr bis 13.41 Uhr.)
*****
13.41
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich entscheide so, dass ich natürlich nicht gebunden bin, das ist eine Kann-Auslegung. Herr Abgeordneter Krainer möchte noch Fragen stellen. Ich bitte ihn, sie zu stellen. – Bitte sehr.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Roiss, Sie haben vorhin gemeint, dass diese Verlängerung 2018 von dem Gaslieferungsvertrag mit der Gazprom bis 2040 unüblich war, dass das immer erst zwei, drei Jahre vorher passiert ist und vor allem nicht mit den Zahlungs- und Lieferverpflichtungen in diesem hohen Ausmaß. Sie haben von 6 Milliarden Kubikmeter im Jahr quasi Abnahmeverpflichtung und Bezahlverpflichtung der Republik oder der OMV gesprochen. Habe ich das richtig verstanden?
Dr. Gerhard Roiss: Also ich habe gesagt, aus meiner Sicht, was ich aus den Medien gesehen habe, habe ich diesen Zeitraum bis 2040 aus dem, was ich damals erlebt habe, als unüblich gesehen, betrachte ich das in meiner persönlichen Einschätzung – die mag falsch sein, zumal ich kein Problem habe, mit 2030 einen Gasbedarf einzuschätzen. Ich habe aber mit meiner bescheidenen Kenntnis in der Industrie und bei dem, was hier technologisch an erneuerbarer Energie kommt, gewisse Bedenken, dass wir 2040 in Österreich noch 6 Milliarden - ‑ Gas, noch dazu mit einer Take-or-pay-Klausel versehen, brauchen. Das ist unabhängig von der Ukrainesituation jetzt. Das ist meine Einschätzung, aber das ist eine private Einschätzung – die mag falsch sein.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Diese Klausel, die Sie erwähnt haben: War die auch in früheren Gaslieferungsverträgen enthalten?
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Entschuldigung, darf ich - - (Auskunftsperson Roiss: ... Geschäftsgeheimnis!) – Entschuldigung, Herr Dr. Roiss, darf ich kurz den Verfahrensrichter fragen: Was hat das mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun? – Bitte. (Abg. Krainer: Weil das eine sehr einseitige Begünstigung wäre!) – Moment! Ich habe zuerst den Herrn Verfahrensrichter gefragt, und dann sind Sie wieder zu Wort gemeldet.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Schon die erste Frage hat meines Erachtens nichts mehr mit dem Untersuchungsgegenstand zu tun gehabt. Das war keine Frage nach einer Wahrnehmung, sondern es war eine Frage der Einschätzung der Auskunftsperson hinsichtlich des Abschlusses eines Vertrages, der bis 2040 gelten sollte. Die Auskunftsperson kann also offensichtlich mangels eigener Wahrnehmungen nur mehr Einschätzungen abgeben, und daher wäre schon die erste Frage meines Erachtens nicht zulässig gewesen.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Stellen Sie bitte die nächste Frage!
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Sie haben gesagt, dass zuerst der Verfahrensrichter dran ist und dann ich. Jetzt haben Sie mich nicht drangenommen. Das ist ein bisschen ein Widerspruch zu dem, was Sie vorher gesagt haben.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Wenn der Verfahrensrichter die Frage für nicht zulässig erklärt, Herr Abgeordneter Krainer, dann müssen Sie die nächste Frage stellen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ich dachte aber, dass ich vielleicht auch im Rahmen der Geschäftsbehandlung hier darstellen darf – er hat außerdem nur über die erste Frage und gar nicht über die zweite Frage gesprochen –, wieso die zweite Frage sehr wohl im Rahmen der Geschäftsbehandlung ist.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Sie ist nicht im Rahmen der Geschäftsbehandlung, also stellen Sie die nächste Frage.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Der Verfahrensrichter hat dazu aber gar kein Wort gesagt.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Dann unterbreche ich zu einer Stehung. – Bitte.
*****
(Sitzungsunterbrechung: 13.44 Uhr bis 13.50 Uhr.)
*****
13.50
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Nach der Beratung darf ich noch einmal sagen, die Frage war so nicht zulässig. Stellen Sie noch einmal den Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand her, Herr Abgeordneter Krainer, probieren Sie es noch einmal! – Bitte.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Wie ich in der Stehung bereits gesagt habe, ist ja der medial erhobene Vorwurf, dass es durch den Gaslieferungsvertrag 2018 – auf 22 Jahre abgeschlossen – zu einem strategischen Nachteil der Republik kam, was die Versorgungssicherheit und die Abhängigkeit von Russland betrifft; unter anderem wird mit dieser quasi Du-musst-bezahlen-auch-wenn-du-das-Gas-gar-nicht-brauchst-Klausel argumentiert.
Meine Frage wäre gewesen: Gab es diese Klausel früher auch? Ich hatte den Eindruck, dass Herr Roiss sagen will: Geschäftsgeheimnis, sage ich nicht!, und das muss ich dann eh zur Kenntnis nehmen. Die Frage ist: Gab es die vorher auch?, denn dann ist ja nur noch die Dauer das Problem und nicht diese Klausel. Wir reden ja einfach über 2018 und über die Einschätzung, was 2018 passiert ist.
Dass der Herr Bundeskanzler hinter dieser Vertragsverlängerung steht und damit dem Ganzen natürlich ein politisches Backing gibt, kann ich Ihnen beweisen. Wenn Sie wollen, kann ich auch gleich herzeigen, dass er hinter der Unterzeichnung steht. Bitte, Sie können das hier genau sehen. (Der Redner hält eine Tafel mit einem Foto in die Höhe, auf dem Wladimir Putin und Sebastian Kurz, hinter auf einem Tisch sitzenden und etwas unterzeichnenden Personen, abgebildet sind.) Er steht hinter der Vertragsunterzeichnung. Da sehen Sie es: Da wird der Vertrag unterschrieben und er steht dahinter; er steht also hinter der Vertragsunterzeichnung. Deswegen ist natürlich die Frage, ob das, was im Vertrag drinnen steht, üblich oder unüblich war.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte.
Dr. Gerhard Roiss: Ich kann Ihnen gerne allgemein antworten, was bei Russenverträgen in Europa üblich war. Das geht ja auf die späten Sechzigerjahre zurück. Sie müssen sich vorstellen, da hat man Tausende Kilometer Pipeline gebaut. Das macht man nicht, um Ihnen ein Jahr lang Gas zu verkaufen, sondern deshalb gibt es einmal langfristige Verträge, und dann braucht es auch eine Sicherheit, dass Sie auch das Gas abnehmen, das Sie brauchen. Ich rede jetzt von Europa, nicht speziell von hier.
Die Abnahmeverpflichtung war unterschiedlich, ob jetzt 70 oder 80 Prozent. Es war damals auch in Europa üblich, dass man einfach diese Verpflichtungen an die Kunden weitergegeben hat, denn es haben ja auch die Kunden die Versorgungssicherheit gebraucht, die Industrieunternehmen. Das ist die Kultur dieser Verträge.
Ich kann Ihnen nicht sagen, ob heute die Zeitdauer zu hoch ist, ob die Take-or-pay-Verpflichtung zu hoch oder zu niedrig ist, ich kenne sie nicht. Wurde was kommuniziert? Dann müssen Sie fragen, ob das stimmt. Und ich kann Ihnen nicht sagen, was die Dimension der 6 Milliarden ist. Das war bei uns früher weniger. Das ist auch in Europa - - Man muss sich anschauen, wie viele Prozent dessen, was man glaubt, zu brauchen, man mit einem Lieferanten absichern muss.
Das ist so das europäische Gasmarktmodell. Dann bin ich beim Geschäftsgeheimnis, wenn ich Ihnen konkret sage, was damals war – das kann nicht. Was heute ist, müssen Sie andere fragen. Ich hoffe, ich habe Ihnen damit geholfen.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Ja. Als Sie Generaldirektor waren: Haben Sie selber einen derartigen Gaslieferungsvertrag unterschrieben?
Dr. Gerhard Roiss: Nein, den hat noch mein Vorgänger unterschrieben. Das sind ja sehr langfristige Verträge. Was ich habe: Ich habe auch mit Russen verhandelt. Wir hatten damals eine Preisrevision zu verhandeln, weil uns die Gasverträge einfach keine Luft gegeben haben, dass wir die Preise runterbringen. Die haben wir lange verhandelt, aber erfolgreich.
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Selber haben Sie so etwas also nie unterschrieben, deswegen kann ich Sie auch nicht fragen, ob Sie damals mit politischen Vertretern der Republik, mit Regierungsmitgliedern darüber gesprochen haben. – Vielen Dank.
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Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich bedanke mich herzlich bei der Auskunftsperson Herrn Dr. Gerhard Roiss und seiner Vertrauensperson.
Da die vorgesehene Befragungsdauer nach der Verfahrensordnung noch nicht erschöpft ist, darf ich den Verfahrensrichter der Form halber fragen, ob er noch Fragen hat.
Verfahrensrichter Dr. Wolfgang Pöschl: Danke vielmals.
Vorsitzender Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf mich bei Ihnen, Herr Dr. Gerhard Roiss, und ihrer Vertrauensperson für Ihr Erscheinen bedanken. Ich darf Sie ersuchen, das Lokal zu verlassen.